Strukturformel | |
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Datei:Styrol(Delokalisierung).png | |
Allgemeines | |
Name | Styrol, Styren, Phenylethen |
Summenformel | C8H8 |
CAS-Nummer | 100-42-5 |
Eigenschaften | |
Molmasse | 104,1 g/mol |
Dichte | 0,9045 g/cm³ |
Schmelzpunkt | -30,6 °C |
Siedepunkt | 145 °C |
Dampfdruck | 6 hPa |
Löslichkeit | gut in organischen Lösungsmitteln |
Sicherheitshinweise | |
R- und S-Sätze | R: 10-20-36/38 S: (2-)23 |
MAK | 20 ml/m³ |
Soweit möglich und gebräuchlich, wurden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Normbedingungen. |
Styrol (auch Vinylbenzol, Styren, nach der IUPAC-Nomenklatur Phenylethen) ist eine farblose, süßlich riechende Flüssigkeit. Sie dient vor allem zur Herstellung von Kunststoffen wie dem Polystyrol, sie polymerisiert schon bei Raumtemperatur. Die Polymerisationseigenschaften des Styrols sind außergewöhnlich. Styrol ist ein ungesättigter, aromatischer Kohlenwasserstoff mit der Summenformel C8H8. Styrol ist leicht entzündlich und gesundheitsschädlich. Das Polystyrol, ein Polymer des Styrols, ist unter dem Handelsnamen Styropor bekannt und ist eines der wichtigsten Kunststoffe.
Geschichte
Der Berliner Apotheker Eduard Simon erwarb um 1835 aus Asien Styrax, das Harz des Baumes Liquamber orientalis, der in Vorderasien wächst. Dieses Styrol wurde schon bei den alten Ägypter Pärfums und Heilmitteln beigemengt. Bei der Destillation diese Baumwachses entdeckte er eine farblose Flüssigkeit und benannte sie nach Styrax Styrol. Als er die Flüssigkeit erwärmte, bildete sich ein neuer Stoff. Er nahm an, dass es sich um Styroloxid handelte. Die englischen Chemiker John Blyth und August Wilhelm von Hofmann fanden jedoch 1845 durch Elementaranalyse heraus, dass die beiden Stoffe sich nicht unterschieden. Marcellin Berthelot deutete die Veränderung bei der Erwärmung 1866 als Polymerisation. Hermann Staudinger, der sich hauptsächlich mit der Polymerchemie befasste, beschrieb schließlich in Thesen, dass durch die Erwärmung eine Kettenreaktion gestartet wird, bei der die Makromoleküle des Polystyrols entstehen.
Ungefähr um 1930 begann die Entwicklung von technischen Verfahren zur Styrolherstellung. Vorher musste es aus dem Crackbenzin isoliert werden. Während des Zweiten Weltkrieges stieg der Bedarf, weil es für das Styrol-Butadien Copolymer benötigt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es dann in größeren Mengen synthetisch hergestellt, weil ein hohe Nachfrage nach Polystyrol vorhanden war.
Eigenschaften
Styrol riecht angenehm süßlich, die Geruchsschwelle liegt bei 0,43 - 866 mg/m³. Styrol ist eine farblose, entzündliche Flüssigkeit. In Wasser (0,03 g/100 ml) ist es nur sehr begrenzt löslich, in vielen organischen Lösemitteln ist es hingegen sogar unbegrenzt löslich. Styrol polymerisiert schon bei Raumtempeartur zu einer gelben, klebrigen Flüssigkeit. Deshalb wird sie mit Spuren von 4-tert-Butylcatechol stabilisiert. Bei Licht-, Sauerstoff- oder Wärmeeinwirkung kommt es zu einer deutlichen Beschleunigung der Polymerisation. Deswegen wird es in dunklen Gläsern an kühleren Orten gelagert. Mit einer Dichte von 0,905 g/cm³ ist es leichter als Wasser. Styrol bricht das Licht mit einem Brechungsindex 1,5458 noch stärker als das Benzol. Der Flammpunkt liegt bei 31 °C, die Zündtemperatur bei 490 °C.
Das Reaktionsverhalten des Styrols ist mit dem Benzol ähnlich, Styrol ist jedoch reaktiver. Styrol geht vor allem radikalische Substitutionsreaktionen, elektrophile Substitutionsreaktionen (zum Beispiel Sulfonierung und Nitrierung) und radikalische Additionsreaktionen ein, nukleophile Substitutionsreaktionen sind seltener.
Die Polymerisationseigenschaften des Styrols sind außergewöhnlich: Es geht die thermische, radikalische, koordinative, anionische sowie kationische Polymerisationen ein.
Herstellung
Es gibt heutzutage zwei Verfahren mit technischer Bedeutung. Bei der Indirekten Propenoxidation (SM/PO-Verfahren) wird Ethylbenzol bei ungefähr 2 bar und 150 °C zu Ethylbenzolhydroperoxid peroxidiert. Das Ethylbenzolhydroperoxid wird bei hohem Druck und 115 °C an Siliciumdioxid mit Propen epoxidiert. Hierbei entsteht α-Phenylethanol. Dieses wird bei circa 200 °C über Aluminiumoxid zu Styrol dehydratisiert. In Deutschland werden etwa 10% des hergestellten Styrols durch dieses Verfahren hergestellt.
Das zweite Verfahren ist die katalytische Dehydrierung. Bei 600 °C bis 650 °C und in Anwesenheit eines Katalysators (Eisenoxid, Kaliumhydroxid) wird Ethylenbenzol dehydriert. Um die Effizienz zu steigern, wird hierbei der Druck verringert oder bei der Reaktion Wasserdampf eingesetzt. Dieses Verfahren ist das weitaus bedeutendere.
1996 betrug die jährliche Weltproduktion 19,2 Millionen Tonnen.
Verwendung und Vorkommen
Styrol wird zu vielen Kunststoffen weiterverarbeitet; der wichtigste hiervon ist das Polystyrol (Handelsname: Styropor). 1997 wurden 0,66 Millionen Tonnen Polystyrol hergestellt; Polystyrol ist einer der wichtigsten Kunststoffe, über 60 Prozent des Styrols werden zu Polystyrol verarbeitet. Copolymere des Styrols (Polymer aus mehreren Monomeren) sind zum Beispiel das Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), das Styrol-Acrylnitril (SAN), das Styrol-Butadien (SB) und das Acrylnitril-Styrol-Acrylester (ASA). Styrol wird in geringen, unbedenklichen Mengen als Zusatzstoff für Parfüms benutzt und auch in Gummi und Medikamenten eingesetzt. Styrol ist außerdem ein Lösemittel und wird zum Beispiel zur Herstellung von Polyesterharzen benötigt. Styrol ist zudem ein wichtiges Zwischenprodukt in der chemischen Industrie.
Styrol kommt in geringen Mengen im Styrax (Baumharz), von dem sich sein Name ableitet, im Steinkohlenteer und in Pyrolyseprodukten des Erdöls vor (ungefähr 7% im Crackbenzin). In den letzten beiden Jahrzehnten ist eine Zunahme der Styrolemissionen durch vermehrten Einsatz von Styrol-Kunstoffen zu verzeichnen. Styrol wird in der Natur als Aromatstoff verwendet. So kommt Styrol zum Beispiel in kleinen Mengen in Weintrauben und Kiwis vor, auch im Duft der Orchideenblüten ist es enthalten.
Gefahren und Metabolismus
Styrol ist leichtentzündlich. Es reizt die Atemwege, Haut, Augen und Schleimhäute. Bei Inhalation kann es zu unspezifischen Symptomen wie Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Erregungszuständen kommen. Styrol kann fruchtschädigend wirken, wenn es in größeren Mengen eingenommen wird. Styrol wird über die Atmungsorgane (weniger über die Haut) aufgenommen und lagert sich hauptsächlich in Leber, Niere, Gehirn und im Fettgewebe ab. Beim Verschlucken treten die gleichen Symptome wie bei der Inhalation ein. Im Körper wird es zu Styroloxid oxidiert und danach zu Phenylethylenglykol, Mandelsäure, Phenylglyoxylsäure, Benzoesäure und Hippursäure abgebaut. Styrol wird nach etwa einem halben Tag über den Harn ausgeschieden. Der MAK-Wert wurde 1987 von 100 ml/m³ auf 20 ml/m³ heruntergesetzt.
Styrol steht im Verdacht krebserregend zu sein; dies wird momentan überprüft. Styrol ist wassergefährdend (WGK 2), jedoch ist es biologisch abbaubar. Der Abbau dauert jedoch lange; Styrol kann dabei mit sich selbst in Reaktion treten und sogar Explosionen verursachen. Ab einem Luftvolumenanteil von 0,9 bis 6,8% bildet es explosive Gemische, was bei Unfällen mit Styrolaustritt schnell passieren kann.
Literatur
- Styrol (Ethenylbenzol). Wiley/VCH, Weinh. (1990), ISBN 3527282556
- Frank-Dieter Kuchta:Thermische und laserinduzierte radikalische Polymerisationen von Styrol bis zu hohen Drücken, Temperaturen und Umsätzen. Cuvillier (1995), ISBN 3895884685
- Petra Schneider:Photoinitiierte Polymerisation von Styrol in festem Paraffin. Shaker Verlag (1996), ISBN 3826515218
- Peter Quicker:Dehydrierung von Ethylbenzol zu Styrol : Ein Beitrag zur Entwicklung eines Membranreaktorverfahrens. Mensch & Buch, ISBN 3898201775