Taufliegen | ||||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||||
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Die Familie der Taufliegen (Drosophilidae), auch Frucht- oder Essigfliegen genannt, gehört innerhalb der Ordnung der Diptera (Fliegen und Mücken) zur Unterordnung der Brachycera (Fliegen). Es handelt sich bei ihnen um kleine, nur ca. 1-6 (meist 2) mm große Fliegen, die fast überall vorkommen, so in feuchten Laubwäldern, aber auch in der Nähe menschlicher Behausungen, wo sie von faulenden Früchten sowie Getränkeresten in offenen Flaschen angezogen werden, von deren gärenden Substanzen sie sich ernähren (daher auch der deutsche Trivialname "Fruchtfliege"). Sie sind überwiegend morgens und abends fliegend unterwegs, also zur Zeit des Taus (daher der deutsche Name "Taufliege"). Weltweit kennt man über 3000 Arten.
Am bekanntesten ist die Art Drosophila melanogaster, die 2-3 mm lang wird, gelbbraun gefärbt ist, schwarze Hinterleibsringe und rote Augen besitzt und im 20. Jahrhundert zu einem Standard-Untersuchungsobjekt der Genetik wurde.
Entwicklung und Larvenstadien
Die Weibchen der Taufliegen legen bis zu 400 Eier. Die daraus schlüpfenden Larven durchlaufen wie bei anderen Fliegen drei Larvenstadien in Form eines typischen Madenstadiums. Am Ende der Entwicklung bildet sich eine braune Tönnchenpuppe, die überwintert. Die meisten Larven sind saprophag, ernähren sich also von abgestorbenen Pflanzenresten oder fauligen Früchten, insbesondere fressen sie hier die Mikroorganismen, die die Früchte zersetzen, zum Beispiel Hefen. Andere sind phytophag und leben in Pflanzenstängeln oder Blättern, wieder andere entwickeln sich in Pilzen und manche ernähren sich sogar räuberisch von Insekten, die an Pflanzen saugen. Oft entwickeln sich mehrere Taufliegen-Generationen im Jahr. Der Zeitraum vom Ei bis zur fertig entwickelten Fliege beträgt nur ca. 14 Tage.
Taufliegen als Lästlinge
Eigentlich sind Taufliegen für den Menschen völlig ungefährlich, höchstens durch ihr massenhaftes Vorkommen lästig, so auch in Mostereien, bei der Weinherstellung oder in Essigfabriken. Allerdings übertragen sie Hefepilze und Bakterien und sorgen so dafür, dass Obst schneller schlecht wird.
Bauanleitung für eine Taufliegenfalle
Eine einfache Taufliegenfalle kann man sich leicht aus einer leeren Plastikflasche basteln. Dazu die Flasche mit einer Schere durchschneiden. Den oberen Teil dreht man um 180 Grad und steckt ihn als Trichter in den unteren Teil. Zuvor bohrt man ein kleines Loch in den Schraubdeckel. Bevor man beide Teile z.B. mit Klebeband fest verbindet, legt man ein kleines Stück Banane, am besten zerdrückt, in den unteren Teil. Die Fliegen werden von dem Geruch angelockt und gelangen durch den Trichter hinein, aber nicht mehr hinaus.
Ebenfalls sehr wirkungsvoll: In eine Tasse Wasser, Apfelessig und einen Spritzer Spülmittel geben. Die Fliegen werden von dem fruchtig-gärenden Geruch des Apfelessigs angelockt und ertrinken im seifigen Wasser.
Zusätzlich sollte man dafür sorgen, dass keine weiteren Nahrungsquellen für die Fliegen vorhanden sind und den Müll regelmäßig leeren. Dann sollte sich die Zahl der Taufliegen schnell reduzieren.
Taufliegen als Forschungsobjekt der Genetik
Drosophila melanogaster wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Forschungen des amerikanischen Zoologen und Genetikers Thomas Hunt Morgan und seiner Schule zum Versuchstier der klassischen Genetik. Diese Art besitzt im diploiden Zustand nur 8 Chromosomen. Andere Drosophila-Arten haben 6, 10 oder 12 Chromosomen; aber immer sind es relativ geringe Chromosomenzahlen, die relativ überschaubar sind. Ideal für die Forschung ist auch, dass die Zucht einer großen Anzahl von Fliegen in Flaschen leicht möglich und die Generationenfolge kurz ist. "Eine halbe Milchtüte mit einem Stück verfaulender Banane genügte, um zweihundert Fruchtfliegen vierzehn Tagen lang bei Laune zu halten", schreibt Martin Brookes in seinem 2002 erschienenen Buch über Drosophila. So hat man eine Unzahl von Kreuzungsexperimenten mit den Taufliegen durchführen können, dabei Kopplungsgruppen von Genen, die auf ein und demselben Chromosom sitzen, festgestellt, dabei das Phänomen des Crossing Over entdeckt und auch etliche Mutanten beschrieben und näher untersucht, etwa Fliegen mit weißen statt mit roten Augen oder Exemplare mit Stummelflügeln, die flugunfähig sind. Hermann Muller war der erste, der die mutationsauslösende Wirkung von Röntgenstrahlen auf die Erbsubstanz der Taufliege erkannte. Seitdem wurden die harten Strahlen sehr oft eingesetzt, um bei den Fliegen eine Vielzahl von unterschiedlichen Mutationen auszulösen.
Um die Jahrtausendwende wurden sämtliche 13.600 Gene im Erbgut der Taufliege entschlüsselt, die zum Teil erstaunliche Ähnlichkeit mit den Genen des Menschen haben. Forscher haben herausgefunden, dass etwa 70% der menschlichen Krebsgene auch im Erbgut der Taufliege vorkommen. Eines dieser Tumorgene ist das tid-Gen, durch dessen Analyse man sich neue Behandlungsmöglichkeiten bei der Krebstherapie erhofft, denn die Genprodukte dieses Gens, die tid-Proteine, die als Tumorsuppressoren fungieren und durch Regulierung der Zellteilung die Entstehung von Krebs unterdrücken, sind auch beim Menschen aktiv.
Auch im Rahmen entwicklungsbiologischer Untersuchungen hat man an den Embryonalstadien der Taufliegen zahlreiche Erkenntnisse gewinnen können. Schon um 1900 war der Harvard-Professor William Castle der erste, der auf der Suche nach einem Organismus, der sich als Objekt für embryologische Studien eignete, auf die Taufliege stieß. Seitdem hat sich auf diesem Gebiet viel getan. In den 1970er Jahren begann sich Christiane Nüsslein-Volhard mit den Entwicklungsgenen von Drosophila zu beschäftigen. Sie kam dabei zu der Erkenntnis, dass nur vier Gene innerhalb des Eis die weitere Entwicklung des Embryos bestimmen und kontrollieren (siehe auch Homöobox und Hox-Gen). 1980 veröffentlichte sie ihre bahnbrechende Studie über die "Mutationen, die Zahl und Polarität der Segmente bei Drosophila beeinflussen", für die sie 1995 den Nobelpreis für Medizin erhielt.
Siehe auch: Zeittafel der Evolutionsforschung Andere Modellorganismen: Zebrafisch
Literatur
- G. Bächli / H. Burla: Insecta Helvetica 7: Diptera - Drosophilidae. Schweizerische Entomologische Gesellschaft 1985
- Martin Brookes: Drosophila. Die Erfolgsgeschichte der Fruchtfliege. Reinbek 2002
Hinweis zum Begriff "Fruchtfliege"
Neben Vertretern der Gattung Drosophila werden im deutschen Sprachgebrauch auch Fliegen aus der Familie Tephritidae als "Fruchtfliegen" bezeichnet, weshalb in diesem Artikel überwiegend der deutsche Name "Taufliege" für Drosophila verwendet wurde.