In der Kurzgeschichte „Untergetaucht“ von Elisabeth Langgässer, die 1947 in „Der Torso“ veröffentlicht wurde, geht es um eine Frau, die ihrer Freundin erzählt, wie sie vor Jahren eine Jüdin bei sich zu Hause versteckt hat, um sie vor der Gestapo zu schützen.
Inhalt
Ein Mann sitzt am Bahnhof und wartet auf seinen Zug. Um sich die Zeit zu vertreiben, belauscht er ein Gespräch zwischen zwei Frauen. Eine erzählt, wie sie Elsie, eine alte Schulfreundin, die Jüdin war, bei sich zu Hause versteckt hat. Die zweite Frau bewundert sie, da ja die Gestapo auf der Suche nach Juden war. Die Erste fährt fort und erzählt, dass Elsie, obwohl sie versprochen hatte, nur eine Nacht zu bleiben, länger blieb, dass sie dafür aber tatkräftig im Haushalt mitarbeitete. Doch irgendwann, erzählt die erste Frau , fingen sie an sich zu hassen, da Elsie behauptet, dass man die erste Frau auch für eine Jüdin halten könne. Von diesem Zeitpunkt an kamen sie überhaupt nicht mehr miteinander aus. Das ging so weit, bis ihr Ehemann sagte, dass es besser wäre, wenn Elsie das Haus verließe. Außerdem hatte die Gestapo etwas von Elsie bemerkt, was ein weiterer Grund war, warum diese sie verlassen musste. Die Gestapo war jedoch schneller und wollte wissen, ob sich die Jüdin bei ihnen verstecke.
Elsie stellt sich der Gestapo, und erzählt dieser alles. Sie lässt allerdings aus, dass die Frau sie freiwillig bei sich aufgenommen hat und deckt diese somit und nimmt alle Schuld auf sich. Bevor die Gestapo kam, hatte Elsie ein Tuch über den Käfig eines Papageis geworfen, um diesen zum Schweigen zu bringen, da dieser immerzu ihren Namen rief und sie so verraten hätte. Normalerweise, erklärt die Frau, hätte sie dies immer gemacht, nur an diesem Tag habe sie es vergessen und wenn Elsie nicht daran gedacht hätte, wären sie verloren gewesen. So ist die Frau, trotz ihres Hasses auf Elsie, dieser dankbar, dass sie sie gerettet hat.
Interpretationsansatz
Zu Beginn der Kurzgeschichte wird durch die Erzählung der einen Frau nur undeutlich klar, um was es sich handelt. Erst nach und nach kommt die ganze Geschichte ans Licht, wobei das Ende schon am Anfang vorweggenommen wird. Die Handlung wird von einem Mann, dem Ich-Erzähler, erzählt, der die beiden Frauen belauscht, die sich die Geschichte erzählen. Die Geschichte wird also über eine dritte Person vermittelt. In der Geschichte geht es um den Nationalsozialismus und die Judenfeindlichkeit. Zunächst ist die Frau gegenüber der Jüdin freundlich und nimmt sie aus Hilfsbereitschaft, vielleicht jedoch auch aus Pflichtgefühl, weil sie eine Schulkameradin war, bei sich auf. Später wechselt dieses Verhalten jedoch zu einem beidseitigen Hass, der darauf zurückzuführen ist, dass die Frau findet, man könne Juden von anderen Menschen unterscheiden. Als Elsie dann behauptet, die Frau würde ebenfalls wie eine Jüdin aussehen, entwickelt sich der Hass zwischen den beiden Frauen. Dadurch stellt die Autorin die ungerechte, diskriminierende Behandlung gegenüber den Juden dar. Da sie selbst unter den Nazis und der Judenverfolgung gelitten hat, bringt sie ihre eigenen Erfahrungen in die Kurzgeschichte ein. Am Schluss der Geschichte stellt sich die Jüdin der Gestapo und deckt somit ihre Beschützer. Dadurch wurden sie gerettet und kamen nicht vor Gericht. Die Autorin will somit zeigen, dass die Juden nicht alle hinterhältig und falsch sind, wie es ein gängiges Vorurteil zu Zeiten des Nationalsozialismus war, sondern ganz normale Menschen, die ebenfalls ein Recht auf eine humane Behandlung haben. Außerdem zeigt sie dadurch, dass sich die Jüdin freiwillig stellt und die Frau und ihren Mann damit rettet, dass diese der Frau moralisch weit überlegen ist. Dem Mann der Frau droht jetzt nach dem Zweiten Weltkrieg eine Verurteilung, da er ein Staatsdiener war. Er könnte jedoch entlastet werden, da er eine Jüdin bei sich aufgenommen hat. Doch nun kann er es nicht mehr beweisen, da Elsie von der Gestapo abgeführt wurde und der Papagei dies auch nicht „bezeugen“ kann.
Schwerpunkt
Der Schwerpunkt der Kurzgeschichte „Untergetaucht“ von Elisabeth Langgässer liegt auf der Judenverfolgung. Langgässer selbst war Halbjüdin und hat zu Zeiten der Gestapo gelebt und die schlimmen Zeiten des Zweiten Weltkrieges hautnah erlebt. Durch die Kurzgeschichte will sie den Menschen deutlich machen, dass Juden ganz normale Menschen sind und oft auch bessere Charakterzüge aufweisen, als andere Menschen. Somit nimmt sie alle Juden und auch sich selbst in Schutz. Der unbegründete Hass gegen die Juden wird in der Kurzgeschichte dargestellt, aber auch die Erkenntnis, dass nicht alle Juden schlecht sind, sondern dass man ihnen durchaus vertrauen kann.