Insulin ist ein für Menschen und Tiere lebenswichtiges Hormon, das die Konzentration von Glukose im Blut (sog. Blutzucker) reguliert, die ein wichtiger Energielieferant des Körpers ist. Nach einer Mahlzeit, wenn der Anteil der Glukose im Blut steigt, führt Insulin dazu, dass er wieder sinkt, indem es die Aufnahme der Glukose in die Körperzellen ermöglicht. Es ist ein Peptid-Hormon. Das wichtigste Hormon, das Insulin entgegenwirkt, heißt Glucagon.


Der Name Insulin leitet sich vom lateinischen Wort "insula" her, weil das Hormon in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet wird. Siehe auch Forschungsgeschichte_des_Insulins.
Wird vom Körper zu wenig Insulin produziert oder kann er nicht adäquat darauf reagieren, so entsteht Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).
Chemische Struktur
Insulin ist für alle Tiere und den Menschen notwendig. Es kommt auch schon in Fadenwürmern wie dem Caenorhabditis_elegans vor und hat sich im Laufe der Evolution in seiner Struktur kaum verändert. Über die chemische Struktur der Insuline des Menschen, anderer Säugetiere und die Struktur von "Kunstinsulinen" siehe Insulinpräparat.
Insulin besteht aus zwei Peptidketten, der A-Kette mit 21 und der B-Kette mit 30 Aminosäuren, welche durch zwei Schwefelbrücken (Disulfidbrücken) zusammengehalten werden. Eine dritte Disulfidbrücke verbindet die Cysteinreste der Positionen 6 und 11 der A-Kette.
Die Halbwertszeit liegt etwa bei einer halben Stunde.
Biosynthese von Insulin
Insulin wird in den so genannten Beta-Zellen der Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse synthetisiert.
1. Preproinsulin (Leader, B chain, C chain, A chain); proinsulin consists of BCA, without L 2. Spontaneous folding 3. A and B chains linked by sulphide bonds 4. Leader and C chain are cut off 5. Insulin molecule remains
Die mRNA wird zunächst in ein inaktives Präproinsulin übersetzt (Peptid aus 107 Aminosäuren), bestehend aus einer Signalsequenz (leader), an die sich zunächst die 30 Aminosäuren der B-Kette schließen und nach einem C-Peptid (connecting peptide) die A-Kette aus 21 Aminosäuren folgt.
Durch Abspaltung der Signalsequenz und Bildung von drei Disulfidbrücken (zwei zwischen A-und B-Peptid, eine innerhalb des A-Peptids) entsteht das Proinsulin (84 Aminosäuren). Im Verlauf der weiteren Reifung wird die C-Kette durch spezifische Peptidasen abgespalten. Das Insulinmolekül liegt dann als Hexamer durch ein Zink-Ion stabilisiert in Granula an der Zellmembran der Beta-Zelle gespeichert vor.
Ein steigender Blutzuckerspiegel (ab ca. 4 mmol Glucose/l Blut) als Sekretionsreiz führt schließlich durch Verschmelzen der Membranen (Exozytose) zur Entleerung des Granulainhaltes in den Extrazellulärraum.
Insulinrezeptoren, Signalwege, Insulinfreisetzung
Insulinrezeptor
Der Insulinrezeptor wird nahezu in allen Zellen exprimiert. Seine Anzahl reicht von wenigen hundert Rezeptoren auf Erythrocyten bis zu mehreren hunderttausend auf Adipocyten und Hepatocyten. Der Insulinrezeptor ist ein heterotetrameres Glykoprotein und setzt sich aus zwei extrazellulären alpha-Untereinheiten und zwei die Zellmembran durchspannenden beta-Untereinheiten zusammen, welche durch Disulfidbrücken kovalent miteinander verbunden sind.
Nach der Bindung von Insulin an die alpha-Untereinheiten kommt es im Zellinneren zur Autophosphorylierung der beta-Untereinheiten des Rezeptors. Intrazelluläre Adaptorproteine binden daraufhin an den Rezeptor und werden an spezifischen Aminosäureresten phosphoryliert. Das Insulinsignal wird dann über diese Adaptorproteine durch die Bildung von Signalkomplexen an verschiedene intrazelluläre Signalkaskaden gekoppelt. Zwei Hauptkaskaden propagieren das durch den Insulinrezeptor generierte Signal, der PI 3-Kinase-Signalweg und der MAP-Kinase-Signalweg.
Signalwege
Der auslösende Reiz zur Ausschüttung des Insulins ist ein steigender Blutzuckerspiegel.
Diese Signalwege koordinieren konzertiert die vielfältigen Prozesse in der Zelle, wie beispielsweise die rasche Glucoseaufnahme durch Translokation des Glucosetransporters GLUT4, aus intrazellulären Vesikeln an die Zelloberfläche, den Glucose-, Lipid- und Proteinmetabolismus und die Genexpression.
Dieses Signal wird durch Anschalten Glucose-verbrauchender Wege, insbesondere in der Leber, beantwortet.
Drei dieser Wege sind im folgenden schematisch dargestellt: Signalwege des Insulins
Abbildung: Drei wichtige durch Insulin ausgelöste Signalwege
- PLC/IP3-Weg: Phospholipase C (PLC) reagiert nicht nur auf Signale von 7-Transmembranhelix Rezeptoren (7TMR) sondern auf solche des Insulin Rezeptors (InsR). Aus Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP2) werden damit die second messenger Inositol-1,4,5-triphosphat (IP3) und Diacylglycerin freigesetzt, die zusammen Proteinkinase C aktivieren. Ein Substrat der PKC ist der Natrium-Protonen Antiport, der bei Na+-Einstrom gleichzeitig H+ aus der Zelle pumpt und damit den pH-Wert des Cytosols leicht anhebt. Diese Milieuänderung hat die Aktivierung des Schlüsselenzyms Phosphofructokinase und damit erhöhten Glucoseverbrauch zur Folge.
- MAP-Kinasekaskade: wie unter Blutzucker besprochen, aktiviert dieser Weg die Insulin-stimulierte Proteinkinase (ISPK). Diese phosphoryliert und aktiviert die Proteinphosphatase PP1G. PP1G dephosphoryliert Glykogen-Synthase, die hierdurch aktiviert wird. Durch diesen Vorgang wird Glucose (bei hoher Energieladung) dem Glykogenspeicher zugeführt.
- PI3K-Weg. Phosphatidylinosit-3-kinase (PI3K) phosphoryliert Membrankomponenten, d.h. Phosphatidylinosite an der 3-Position, wodurch Weg 1 gesperrt wird. Diese Gruppe von Phospholipiden dient stattdessen als Membrananker für Proteinkinase B (PKB), die dann durch eine andere Phosphatidylinosit-abhängige Proteinkinase (PDK) aktiviert werden kann. PKB bewirkt, dass Vesikel, mit dem sonst auf der Zelloberfläche nicht vorhandenen Glucose-Transporter 4 (GLUT4) mit der Zellmembran in Muskel- und Fettzellen verschmelzen. Dadurch wird GLUT 4 funktionsfähig und es kann Glukose vermehrt für die Energiegewinnung herangezogen werden. Über diesen Mechanismus wird der Blutglukosespiegel rasch und effektiv gesenkt
Die drei geschilderten Wege bewirken also ein Sinken des Blutglucosespiegels durch
- Förderung der Glucose-Aufnahme (GLUT4-Translokation zur Zelloberfläche);
- Förderung der Glucose-Speicherung (Glykogen-Synthese);
- Unterstützende Maßnahmen bestehen im Abschalten Glucose-liefernder Wege, so zum Beispiel durch Abbau des second messenger cAMP über eine Phosphodiesterase.
Freisetzungsmechanismus
Quellen: [1], [2] Eine detaillierte Beschreibung gibt es auch in Blutzucker-Sensorsystem.
- Blutzucker wird in B-Zelle aufgenommen
- Glykolyse in B-Zelle führt zu erhöhter ATP-Konzentration
- ATP schließt ATP-abhängigen Kaliumkanal
- Kaliumpermeabilität der Zellmembran sinkt, Kaliumausstrom sinkt
- Membranpotential wird weniger negativ
- spannungsabhängige Calciumkanäle öffnen sich
- erhöhter Calciumgehalt in B-Zellen aktiviert Transport von Insulin-Speichervesikeln und führt so zu vermehrter Exozytose von Insulin
- Insulinspiegel im Blut steigt an
Wirkungen und Wirkorte von Insulin
Glukoseaufnahme im Muskelgewebe
Glukoseaufnahme im Gehirn
Steuerung der Leber
Auf- und Abbau von Fettgewebe
Förderung des Zellwachstums
Eine weitere zentrale Funktion des Peptidhormons Insulin besteht in der Regulation von Zellwachstum und Proliferation durch die Aktivierung der Transkription von Genen, die für Kontrolle und Ablauf des Zellzyklus von großer Bedeutung sind.
noch zuzuordnen
- In der Leber und der Muskulatur werden die mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate als Glykogen gespeichert. Dies hat ein Absinken der Glucosekonzentration im Blut zur Folge.
- In der Leber, dem Fettgewebe und der Muskulatur wird unter Insulineinfluss die Triglyceridsynthese stimuliert. Substrate dafür sind neben den Kohlenhydraten mit der Nahrung aufgenommene Lipide.
- In den drei genannten Geweben werden Aminosäuren verstärkt aufgenommen und für die Proteinsynthese verwendet.
Die metabolischen und mitogenen Effekte von Insulin werden über die Bindung an dessen Rezeptor auf der Zelloberfläche der Zielgewebe Leber, Muskel und Fett initiiert.
Eine der wichtigsten biologischen Wirkungen des Insulins ist die rasche Beschleunigung der Glucoseaufnahme in Muskel- und Fettzellen.
Insulin induziert weiterhin die Glykogensynthese und -speicherung in Leber und Muskel, die Triglyceridsynthese in Leber und Fettgewebe sowie die Speicherung von Aminosäuren im Muskel.
Gleichzeitig hemmt Insulin die hepatische Gluconeogenese und zählt daher insgesamt zu den wichtigsten Regulatoren des Glucosemetabolismus.
Gegenspieler des Insulins
Fällt der Blutzuckerspiegel im Körper unter einen Wert von 80 mg/dl ab, wird die Insulinproduktion bereits stark reduziert.
Sinkt der Blutzucker weiter ab, treten verschiedene Gegenspieler des Insulins auf:
Die Spiegel dieser gegenregulierenden Hormone steigen bereits deutlich an, wenn der Blutzucker unter 60 mg/dl absinkt.
Beim Typ 1 Diabetes ist oft auch der Gegenregulationmechanismus gestört, was zu zusätzlichen Problemen mit Hypoglykämien führt.
Somatostatin hat einen Einfluss auf die Sekretion von Insulin und Glucagon.
Insulin als Medikament
- Hauptartikel: Insulinpräparat, Insulintherapie
In der Insulintherapie werden verschiedene Insulinpräparate verwendet. Die wichtigste und am längsten verwendete Verabreichungsart ist die Injektion, neueren Datums sind Präparate zur Inhalation. Oral gegeben ist Insulin unwirksam, da die Eiweißketten im Magen-Darm-Trakt von körpereigenen Enzymen abgebaut werden, bevor sie ihre Wirkung entfalten können.
Weiterhin steht Insulin auf der Liste der verbotenen Doping-Substanzen.
Phänomene, bei denen Insulin eine Rolle spielt
Forschungsgeschichte
Die Ereignisse rund um das Insulin, seine Entdeckung und seine Entwicklung zum Medikament gegen den Diabetes werden im Artikel Forschungsgeschichte des Insulins beschrieben. Hier nur die wichtigsten Meilensteine:
1869 | Paul Langerhans entdeckt die Inselzellen im Gewebe der Bauchspeicheldrüse. |
1889 | Oskar Minkowski und Joseph von Mering entfernen an Hunden die Bauchspeicheldrüse und lösen dadurch Diabetes mellitus aus. Kurz darauf werden die Inselzellen als endokrines (= hormon-produzierendes) Gewebe vermutet. |
1909 | taucht erstmals der Begriff „Insulin“ = von den Inseln kommend auf. |
1916 | gelang es Nicolae Paulescu erstmals, Insulin aus Pankreasgewebe zu gewinnen. |
1921 | gelang auch Frederick Banting und Charles Best die Extraktion von Insulin, sie nannten es „isletin“. |
1928 | gelang Oskar Wintersteiner der Nachweis, dass Insulin ein Protein ist. |
1958 | Der Nobelpreis geht an Frederick Sanger „für seine Arbeiten über die Struktur der Proteine, besonders des Insulins“. |
1963 | gelang Professor Helmut Zahn und seinem Team die weltweit erste chemische Synthese des Insulins. |
1982 | gelang es erstmals, Humaninsulin durch gentechnisch veränderte Bakterien in großer Menge herzustellen. |
1996 | Lyspro/Humalog war das erste schnellwirkende Insulinanalogon. |
Einzelnachweise
- ↑ http://www.medsana.net/artikel.php?id=168&page_no=4
- ↑ Ernst Mutschler: Arzneimittelwirkungen 8. Auflage
Weblinks
- http://www.medizinfo.com/diabetes/diasto3.htm Insulin-Artikel auf MedizInfo®