Dirmstein

Gemeinde in Deutschland
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. Dezember 2006 um 20:57 Uhr durch D0c (Diskussion | Beiträge) (Edelweinort: npov ("excellente weine", "edelweinort", ...)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Infobox Ort in Deutschland

Ortszentrum: Schlossplatz mit (von rechts) Sturmfederschem Schloss (Rathaus), Café Kempf und St.-Michael-Apotheke

Dirmstein ist mit 3000 Einwohnern der größte Ort der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim. Es liegt im Nordwesten der europäischen Metropolregion Rhein-Neckar.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Dirmstein im Jahre 842. Obwohl es nie den Grafen von Leiningen gehört hat, ist es heute Teil des Leiningerlandes. Der historische und gut restaurierte Ortskern stammt ebenso wie das bedeutendste Wahrzeichen des Dorfes, die barocke Zweikirche St. Laurentius (s. u.), aus der Glanzzeit der Gemeinde im 18. Jahrhundert, an dessen Ende Dirmstein für zwei Jahrzehnte sogar Stadtrechte besaß.

Geographie

Geographische Lage

 
Wehr: Umleitung des Eckbachs von Nord (links) auf Ost (geradeaus nach hinten)
 
Tief in die Lehmschichten eingeschnitten: Floßbach/Landgraben

Dirmstein liegt auf 108 m Höhe in der Oberrheinischen Tiefebene im Nordosten der Pfalz. 12 km östlich (Luftlinie) fließt der Rhein, 9 km westlich beginnt mit dem Haardtgebirge der Pfälzer Wald, 2 km nördlich verläuft die Grenze zu Rheinhessen.

Die Nachbardörfer sind im Uhrzeigersinn Offstein (Rheinhessen) im Norden, Heuchelheim (Verbandsgemeinde Heßheim) im Osten sowie Gerolsheim, Laumersheim und Obersülzen (alle Verbandsgemeinde Grünstadt-Land) im Süden, Südwesten und Westen. Die Entfernung zu ihnen beträgt 4 (Offstein) bzw. 2 km (alle anderen).

Der rheinseitige Ostteil der Gemarkung ist nahezu eben, während nach Westen zu Hügel aufsteigen, welche die Ausläufer der Haardt darstellen, des pfälzischen Weinbaugebietes zwischen Ebene und Mittelgebirge.

Das Gemeindegebiet wird in west-östlicher Richtung vom Eckbach durchflossen, der den Ort im Südwesten, von Laumersheim her, erreicht. In den 1920er Jahren wurde er aus dem Ortszentrum an die südliche Peripherie verlagert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es südlich der Kirche, am Affenstein, neben der Durchgangsstraße eine flache teichartige Erweiterung des Bachbettes gegeben, in der Fuhrwerke von Sand- und Lehmanhaftungen gereinigt werden konnten. Als neues Bachbett (geradeaus statt nach links) wurde offenbar die Rinne gewählt, die noch vom südlichen Graben der mittelalterlichen Befestigung des Dirmsteiner Oberdorfs stammte. Zwischen Ober- und Niederdorf trifft der heutige Eckbach von rechts her wieder auf sein altes Bett.

Der an sich unscheinbare Floßbach oder Landgraben, der, von Obersülzen kommend, Dirmstein im Norden umfließt und am Ostrand des Dorfes von links in den Eckbach mündet, wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begradigt. Der so bewirkte Verlust von Überschwemmungsräumen bereitet zusammen mit der Erhöhung der Fließgeschwindigkeit dem in den 1980er Jahren eröffneten Baugebiet Nördlich der Heuchelheimer Straße bei starken Regenfällen Probleme. 1994 kam es erstmals zu einer großflächigen Überflutung, bei der Keller bis zur Oberkante unter Wasser standen. 2006 wurden verschiedene Varianten für die Renaturierung des Baches sowie die Schaffung von Überschwemmungsflächen zur Diskussion gestellt.

Geologie

Wichtigstes Ereignis in der Landschaftsentwicklung der heutigen Vorderpfalz war der Einbruch des Oberrheingrabens gegenüber dem Haardtgebirge, der im Alttertiär vor etwa 65 Mio. Jahren einsetzte und bis in die Jetztzeit andauert. Vor dem Gebirge breitete sich eine Fläche aus, welche im Dirmsteiner Bereich von den beiden im Pfälzer Wald entspringenden Bächen zerschnitten wurde. Während der Eiszeiten kam es in der räumlichen Umgebung der Vergletscherung großer Teile Europas zu allmählichen Abgleitbewegungen der Hänge und zur Abschleifung durch den Wind. Diese Vorgänge führten zu einer Umformung des ursprünglichen Oberflächenreliefs, es bildete sich eine Schwemmfächerebene mit Aufschüttungs- bzw. Abtragungsterrassen. Zudem entstanden in trockenkalten Phasen der Würmeiszeit durch Windeinflüsse Lössschichten; dabei sammelte sich der Löss vor allem an Verwerfungen sowie im Lee von Kleinmulden an. Spätere Erosion schuf in den Lössflächen einige Steilwände, die heute wertvolle Biotope darstellen (s. u. Natur).

Die oberste Schicht der Ablagerungen stammt fast ausschließlich aus der jüngsten Zeit. In tiefer gelegenen Arealen haben die beiden Bäche die Sedimente hierher verfrachtet, die höheren Flächen wurden mehr durch Witterungseinflüsse überformt. Die Böden sind überwiegend sandig und weisen z. T. Lehmbeimengungen auf, deren Konzentration variiert. Wie auch andernorts in der Gegend werden gelegentlich Vorkommen von Quarzsand entdeckt, die wegen ihrer Reinheit dem Bergbaurecht unterliegen und damit Vorrang vor der Landwirtschaft besitzen. Aus diesem Grund muss die heimische Landwirtschaft mitunter sogar hochwertige Weinberge aufgeben zu Gunsten des Quarzsand-Tagebaues durch auswärtige Unternehmen.

Klima

Angesichts der vorherrschenden Südwest- und Westwinde bedeutet die Lage Dirmsteins im Lee des Pfälzer Waldes, dass der Ort mit maximal 500 mm Jahresniederschlag auskommen muss. Auch bei Nordwestwetterlagen verhindert das immerhin 25 km entfernte Massiv des Donnersberges (689 m) im Nordpfälzer Bergland häufig ebenfalls ergiebigere Niederschläge. Der Grundwasserspiegel liegt deswegen mittlerweile mehr als 10 m unter der Erdoberfläche. Die Regenarmut bedingt einerseits die Notwendigkeit künstlicher Bewässerung im Ackerbau, sie sorgt andererseits aber für ideale Voraussetzungen beim Weinbau: Die oberen - trockenen - Bodenschichten erwärmen sich rascher, und die Weinreben müssen tiefer wurzeln, um an Feuchtigkeit zu gelangen, was die Aufnahme von Mineralstoffen begünstigt.

Seit 1936 verläuft einen Kilometer südlich von Dirmstein die Autobahn 6 (MannheimSaarbrücken). Mit ihrer Erhöhung auf Dammlage, im Mittel 5 m über dem Niveau der Umgebung, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellt sie eine deutliche Barriere dar, die sich von Ost nach West durch die Rheinebene und die Hügel der Haardt zieht und nur von wenigen Unterführungen durchbrochen ist. Inwieweit die Trasse das kleinräumige Klima beeinflusst und beispielsweise bei Inversionswetterlagen zur Ausbildung von Kaltluftseen führen kann, wurde nie systematisch untersucht.

Geschichte

Eckdaten

Die wichtigsten Daten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Kelten, Römer und Germanen

Als kurz vor der christlichen Zeitenwende die Römer die Region eroberten, siedelten hier neben Kelten auch Angehörige des germanischen Stammes der Vangionen. Die Römer wurden in der Spätzeit ihrer Herrschaft um 400 durch eindringende Germanen vom Stamm der Alemannen abgelöst, diese im Verlauf eines knappen Jahrhunderts durch ebenfalls germanische Franken. Bis hierher gibt es keine schriftlichen Zeugnisse über Dirmstein.

Frankenzeit

Gräberfelder

Drei fränkische Gräberfelder aus dem Frühmittelalter, am Nordostrand des Ortes gelegen, wurden ab 1954 entdeckt[1]. Das zuletzt gefundene wurde in den 1980er Jahren archäologisch untersucht. Die geborgenen Funde wurden nach Speyer ins Historische Museum der Pfalz verbracht. Manche der mit den Fundstücken befassten Experten vertreten sogar die Meinung, dass die Grabstätten zumindest teilweise schon zu alemannischer Zeit in Gebrauch waren.

Entstehung des Ortes
 
Altes Zollhaus: Keimzelle des Oberdorfes?

Im 8. Jahrhundert bestand Dirmstein bereits als fränkische Ansiedlung „Díramestein“, die im Weißenburger Codex ohne genaue Datierung genannt wird. Keimzelle des Ortes war das heutige Oberdorf. In erster Linie kommt der Bereich im Südwesten in Frage, wo in späterer Zeit am Eckbach die „Burg“ errichtet wurde. Eine geringere Wahrscheinlichkeit spricht für den jetzigen nordwestlichen Ortseingang; dort gehen in der Gegend des ehemaligen Zollhauses die Hügel der Haardt in die Rheinebene über, und früher floss ein kleines Gewässer in Richtung Eckbach. Sicher ist, dass bald anschließend das wenige hundert Meter östlich gelegene Niederdorf in der Gegend entstand, wo der Floßbach/Landgraben in den Eckbach mündet.

Name des Ortes

Unter Berücksichtigung vor allem der frühen Formen deutet die Wissenschaft den Namen „Dirmstein“ heute als „Diermuntstein“, also etwa „Stein(haus) des Diermunt“. Offenbar hatte hier ein wohlhabender Mann es sich leisten können, sein Haus dauerhafter aus Stein als aus Holz zu errichten.

Der Ortsname entwickelte sich über zahlreiche Formen, von denen hier einige markante herausgegriffen seien: Im 9. Jahrhundert erfolgte die erste datierte Erwähnung des Dorfes in einer Urkunde, die Frankenkönig Karl der Kahle am 23. November 842 in „Theormsthein“ oder „Thiormsthein“ unterzeichnet hat. Da dieses Dokument lediglich in einer Abschrift aus dem 17. Jahrhundert existiert, nimmt die Forschung an, dass nach damaliger Gepflogenheit ein ursprüngliches „Díermstein“ transkribiert wurde. Von 1110 stammt eine Urkunde des Probstes Hartwig von St. Paul zu Worms, wo der Ort unter dem Namen „Díeremestein“ aufgeführt ist. Mit einer weiteren Wormser Urkunde von 1190 übertrug König Heinrich IV. die Vogtei über „Dirmenstein“ dem Bischof Konrad II. von Sternberg von Worms. 1315 wurde erstmals der Name „Dirmstein“ in der heute üblichen Schreibung verwendet.

Entwicklung des Namens
8. Jh. Díramestein
842 Theormsthein oder Thiormsthein, eig. wohl „Díermstein“
1044 Díermundestein
1110 und 1120 Díeremestein
1141 Díermestein
1190 Dirmenstein
12.–15. Jh. Dirmestein, Dirmenstein, Dirminstein
1315 Dirmstein (erstmals)
1529 Nebenform: Durmstein
1561 Nebenform: Dirmbstein

Adel und Kirche

Adel
Datei:2006 Dirmstein-Neidkopf2.jpg
„Neidkopf“ am Michelstor

Dirmsteiner Adelsfamilien wurden erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Die bekannteste war die Familie von Lerch, die vom Ende des 13. Jahrhunderts bis zu ihrem namentlichen Aussterben Ende des 17. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle sowohl im Dorf als auch – wegen ihrer ausgedehnten Besitztümer – im gesamten pfälzischen Raum und darüber hinaus spielte. Ihr Name ist an mehreren historischen Dirmsteiner Gebäuden in Stein gemeißelt, so am Torbogen zum Spitalhof und an der Mauer der heutigen „Fechtschule“ am Kellergarten.

Herausragender Vertreter der Familie war Caspar Lerch (1575–1642), nach dem eine Straße im Ort benannt ist. Er war zunächst Kämmerer des Bischofs von Speyer, dann kurmainzischer Amtmann in Tauberbischofsheim und schließlich Direktor der oberrheinischen Ritterschaft. Außerdem verfasste er zahlreiche juristische Werke.

Freiherr Marsilius Franz Sturmfeder von Oppenweiler, Enkel der zweitältesten Tochter Caspar Lerchs, wurde legendär durch seinen Hader mit der Obrigkeit, den er 1738 auf dem Michelstor – neben zahlreichen Inschriften – in Form einer Skulptur als seinen siegreichen Kampf mit dem Drachen verewigen ließ. Über der Seitenpforte des Tores, das zum Sturmfederschen Schloss gehört, ist zudem ein steinerner „Neidkopf“ eingelassen. Der letzte Namensträger des Geschlechtes starb 1901.

Weitere Adelsgeschlechter des Mittelalters waren u. a. die Familien Nagel von Dirmstein, von der Hauben und von Affenstein.

Kirche
 
Südportal der Laurentiuskirche

Die erste Pfarrkirche Dirmsteins lag im Niederdorf. Sie wurde in der Zeit der Romanik deutlich vor 1044 und vermutlich auf Initiative eines Wormser Bischofs erbaut, denn sie war dem Patron des Bistums Worms, St. Petrus, geweiht. Aufgrund mehrerer übereinstimmender Quellen schätzen die Historiker ihr Fassungsvermögen auf nur etwa hundert Personen. Das Oberdorf verfügte über die 1240 erstmals erwähnte gotische Kapelle „St. Laurentius“, die als Filialkirche eingestuft war. Im 14. Jahrhundert kamen die Kapelle „St. Antonius“ auf dem Friedhof im Niederdorf und die Spitalhof-Kapelle „St. Maria Magdalena“ im Oberdorf hinzu.

Die Laurentiuskapelle wurde im 16. Jahrhundert zu einer reformierten Kirche umgebaut und, beim Brand von 1689 zur Ruine geworden, schließlich 1742–46 an gleicher Stelle durch die heutige Barockkirche ersetzt (s. u.), die wiederum St. Laurentius geweiht wurde. Der alte Turm wurde beibehalten. Die Peterskirche, die im Verlauf des 18. Jahrhunderts immer mehr verfallen war, wurde 1809 versteigert und abgerissen. Die Antoniuskapelle wurde mit der Aufgabe und Verlegung des Friedhofs um 1850 ebenfalls abgetragen. Die Spitalhof-Kapelle hat, wenn auch profanisiert und mehrmals umgebaut, bis heute überdauert.

1367 wurde im Norden des Ortszentrums eine Augustiner-Probstei gegründet, im Jahre 1500 unmittelbar daneben ein Jesuiten-Kloster.

Kriegszeiten

Unter dem Bauernkrieg hatte der Ort selbst wenig zu leiden, obwohl am 4. Juni 1525 aufständische Bauern unter Führung des Dirmsteiner Vasallen Erasmus von der Hauben das Bischöfliche und das Kurpfälzische Schloss sowie das Augustiner-Kloster schleiften.

Ebenfalls nur zu kleineren Zerstörungen kam es während des Dreißigjährigen Krieges. Repressionen musste vor allem der bekennende katholische Parteigänger Caspar Lerch erdulden, dessen „Burg“ geplündert wurde und der samt seiner Familie zu Flucht und neunzehnjährigem Exil gezwungen war.

1689 allerdings wurde Dirmstein durch französische Truppen fast gänzlich niedergebrannt. 1688–97 führte nämlich der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV., um an das Erbe seiner Schwägerin Liselotte von der Pfalz zu kommen, den Pfälzischen Erbfolgekrieg - und ließ paradoxerweise die von ihm begehrte Kurpfalz in Schutt und Asche legen. In Dirmstein wütete die Feuersbrunst drei Tage lang, vom 7. bis 9. September. Nur einige wenige Häuser blieben unversehrt.

Barockzeit

 
Plan von 1746 (Oberdorf), Süden ist oben

Im Verlauf der Barockzeit wurde aus den beiden ursprünglichen Siedlungskernen, dem Ober- und dem Niederdorf, wieder ein ansehnliches Gemeinwesen, dem von 1780 bis 1801, nur hundert Jahre nach dem Inferno, sogar Stadtrechte gewährt wurden.

Dirmstein hatte von 1419 bis 1705 gemeinsam zwei Herrschaften gehört: In der Form eines Kondominiums war es sowohl dem pfälzischen Kurfürsten zu Eigen als auch dem Fürstbischof von Worms. Einer späteren interkonfessionellen Kooperation zwischen dem katholischen Würdenträger und dem protestantischen Kurfürsten verdankt Dirmstein seine berühmte Zweikirche St. Laurentius.

„Fremdherrschaft“

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts griffen die Wirren der Französischen Revolution auch auf die Kurpfalz über. Deren linksrheinische Gebiete wurden von 1797 an, zunächst de facto, ab 1801 offiziell, dem französischen Staat eingegliedert. Dabei gingen Dirmsteins Stadtrechte wieder verloren. Bis zum Ende der napoleonischen Ära (1815) wurden die annektierten Territorien als Teil des Departements „Mont Tonnerre“ verwaltet.

Nach dem Wiener Kongress wurde 1816 mit der linksrheinischen Pfalz auch Dirmstein dem Königreich Bayern zugeschlagen, weil dessen Wittelsbacher-Herrscherhaus aus der Kurpfalz stammte. Der so entstandene Rheinkreis, der später, auch zum Unterschied von der ebenfalls bayerischen Oberpfalz, in Rheinpfalz umbenannt wurde, blieb bayerisch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.

Das weitere 19. Jahrhundert verlief unspektakulär. An die Stelle der durch die Franzosen enteigneten Adeligen traten „neureiche“ Angehörige des gehobenen Bürgertums, welche die ersteigerten Schlösser und Herrenhäuser ausbauten, bestehende Parkanlagen vergrößerten und neue anlegen ließen. Die Mehrzahl der Dorfbewohner war jedoch sehr arm; viele Familien suchten in dieser Zeit ihr Glück im Ausland. Wie beträchtlich die Migrationsverluste waren, wird weiter unten (s. Auswanderung) behandelt.

Lokalbahn

Fast ein halbes Jahrhundert lang lag Dirmstein an der Lokalbahn, einer eingleisigen Schmalspurstrecke (1.000 mm). Diese führte ab 1. Juli 1891 vom Frankenthaler Bahnhof, wo die Anbindung an die Reichsbahn erfolgte, westwärts über Heßheim und Dirmstein bis nach Großkarlbach. Die sämtlich im gleichen Baustil - rotbraune Backsteingebäude - errichteten Bahnhöfe sind teilweise noch heute erhalten, so auch in Dirmstein, und werden zu Wohnzwecken genutzt. Außer dem alten Bahnhof erinnern noch die „Bahnhof-“ und die „Lokalbahnstraße“ an die am 14. Mai 1939 stillgelegte Strecke.

Weltkriege und Nationalsozialismus

Den Ersten Weltkrieg überstand Dirmstein unversehrt, was seinen Gebäudebestand angeht; indessen waren 53 Gefallene zu beklagen.

1933, zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus, lebten im Ort 15 jüdische Mitbürger und ein „Mischling 2. Grades“; elf von ihnen gehörten zur Großfamilie Hirsch. Familie Liebmann mit Tochter gelang 1937 die Flucht nach Argentinien. Frieda Hirsch (* 1907) floh 1938 ebenfalls nach Argentinien, musste aber ihren Sohn David (* 1928) zurücklassen. Er wurde wie die anderen elf Personen ins KZ deportiert. Außer ihm überlebte nur die weitläufig mit ihm verwandte Elisabeth Klara Hirsch geb. Lorch (1866–1958); sie emigrierte in die USA. David Hirsch folgte 1947 seiner Mutter nach Argentinien; 2005 besuchte er seinen Schulfreund Arthur Maurer in Dirmstein. Die restlichen zehn Deportierten starben im KZ oder sind dort verschollen[2].

Während des Zweiten Weltkrieges kam es durch Flugzeugbeschuss zu einigen Bordkanonentreffern an Häusern, nicht jedoch zu Bombenschäden. 89 gefallene und 41 vermisste Soldaten wurden verzeichnet.

Im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg verdienen zwei völlig konträre Geschichten Erwähnung:

Der ehemalige Kriegsgefangene Stanislaus Swiatek (* 1920) aus dem heute polnischen Stettin, der von 1940 an fünf Jahre in Dirmstein verbracht hatte, bewahrte auf Grund seiner guten Erfahrungen dem Dorf eine lebenslange Freundschaft über mehr als ein halbes Jahrhundert und vermittelte jungen Landsleuten, die er zu Besuchen mitbrachte, seine Ansichten von Völkerverständigung. Nach dem ersten Besuch erschien darüber von Albert H. Keil im Heimatjahrbuch des Landkreises Bad Dürkheim die Reportage „Freunde nennen mich Stani“[3].

Andererseits wurde am 21. Februar 1945 der abgeschossene britische Flieger Cyril William Sibley (* 1923), der verwundet in Gefangenschaft geraten war, vom Ortsgruppenleiter der NSDAP, Adolf Wolfert, ermordet. 1946 wurden der für Sibleys Tod Verantwortliche und sein Mittäter Georg Hartleb von einem britischen Militärgericht zum Tod verurteilt und ein halbes Jahr später hingerichtet[4]. 40 Jahre später fand die Bluttat an Sibley ihre literarische Aufarbeitung durch den Dirmsteiner Dichter Walter Landin in der Erzählung „Wenn erst Gras wächst“[5].

Nachkriegszeit

 
Ortsschild seit der Landkreisreform 1969

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlief die Geschichte des Ortes relativ undramatisch. Die Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz führte 1969 zum Wechsel vom damals erloschenen Landkreis Frankenthal in den neuen Kreis Bad Dürkheim, 1972 folgte die Eingemeindung in die gleichfalls neue Verbandsgemeinde Grünstadt-Land.

Einschneidender zumindest für einen Teil der Einwohner gestaltete sich 1994 die großräumige Überschwemmung des erst zehn Jahre zuvor eröffneten Wohngebietes „Nördlich der Heuchelheimer Straße“. 1996 feierte die Gemeinde die 250. Wiederkehr der Einweihung der Laurentiuskirche. Anfang des Jahres 2000 kam es zu einem Großbrand, der den einzigen Verbrauchermarkt am Ort für Monate zur Ruine machte. Am 23. November 2005, dem 1163. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung, erschien nach mehr als zwanzigjähriger Vorarbeit die Ortschronik. An ihr haben neben dem Herausgeber, der in jahrelanger Arbeit das ungewöhnlich reichhaltige Gemeindearchiv geordnet hatte, und einigen weiteren externen Fachleuten der Kulturverein St. Michael Dirmstein sowie zahlreiche Autoren aus dem Dorf mitgearbeitet.

Politik

Wappen

 

Das Gemeindewappen ist geteilt. Die obere Hälfte ist in Schwarz und Blau gespalten. Oben rechts steht auf den Hinterbeinen ein nach rechts gewendeter goldener Löwe, der rot bewehrt und rot bezungt ist, oben links liegt in mit goldenen Kreuzchen bestreutem Feld ein mit der Spitze schräg zur Mitte oben weisender silberfarbener Schlüssel. Die untere Hälfte zeigt in rotem Feld drei vollständige und zwei angeschnittene silberfarbene Helme.

Löwe und Schlüssel symbolisieren die während drei Jahrhunderten geteilte Herrschaft durch die Kurpfalz und das Hochstift Worms, die Helme stellen die „Eisenhüte“ der ortsansässigen niederen Adeligen dar, die ab dem 15. Jahrhundert eine Ganerbschaft bildeten.

Der rote Hintergrund der Helme wird mitunter als „Dachziegeln“ missdeutet. Und sogar in offiziellen Wappenverzeichnissen ist eine fehlerhafte Version des Dirmsteiner Wappens gebräuchlich, bei der die Eisenhüte der unteren Reihe farblich mit dem Hintergrund vertauscht sind. Dadurch ist der harmonische Wechsel von silbernen und roten Feldern gestört, die unteren Helme stehen auf dem Kopf, und es stoßen zweimal zwei Helme flächig aneinander.

Gemeinderat

Die Wahl zum Gemeinderat am 13. Juni 2004 hatte folgendes Ergebnis:

 
Das Rathaus:
Sturmfedersches Schloss
Gruppierung Anteil % ± % Sitze ± Sitze
CDU 51,1 -4,7 11 =
SPD 26,3 +2,0 5 =
FWG 22,7 +2,8 4 =
Gemeinderat 100,0 ./. 20 ./.

Bürgermeister

Die Liste der Bürgermeister seit dem Dreißigjährigen Krieg ist noch nicht vollständig, weist aber nur wenige Lücken und Unklarheiten auf.

Sehenswürdigkeiten und Kultur

Herausragende Anlagen

 
Laurentiuskirche
 
„Ältestes Haus“ von Dirmstein
 
Café Kempf
 
Backhaus
  • Barockkirche – Der historische Kern des Winzerdorfes stammt aus der Barockzeit. Prunkstück ist die Laurentiuskirche, die ab 1742 nach den vor Ort modifizierten Plänen des Baumeisters Balthasar Neumann als Zweikirche errichtet und 1746 geweiht wurde. Die im Jahr 1900 gebaute und 1986 renovierte Voit-Orgel im katholischen Teil zieht von weither Kenner an; auch das noch ältere Instrument im protestantischen Teil, das über ein 1869 gebautes Walcker-Werk verfügt, besitzt unter Fachleuten einen guten Ruf.
  • Ältestes Haus – Das „Älteste Haus“ Dirmsteins liegt an der Ecke Metzger-/Salzgasse. Es trägt die eingemeißelte Jahreszahl 1596 und wurde von einem wohlhabenden Bürger erbaut. 1689 überstand es mit nur fünf oder sechs anderen Gebäuden das Niederbrennen des Ortes durch die Franzosen; als einziges überdauerte es bis heute. Es wurde um die Jahrtausendwende ansprechend restauriert.
  • Bischöfliches Schloss – Das Bischöfliche Schloss, ehemals Sommersitz des Fürstbischofs von Worms, in der Nähe des östlichen Ortsrandes ist das älteste zumindest teilweise noch erhaltene Dirmsteiner Schloss. Von ihm stehen - auf dem Gelände eines heutigen Hofgutes - allerdings nur noch wenige originale Reste.
  • Quadtsches Schloss – Dasselbe gilt von den zwei Klöstern der Augustiner und Jesuiten, die im Norden des Ortszentrums nebeneinander lagen. An der Stelle des Augustinerklosters wurde später das Quadtsche Schloss errichtet, das heute, historisch unkorrekt, als „Jesuitenhof“ firmiert. Vom eigentlichen Jesuitenkloster sind lediglich einige Nebengebäude erhalten.
  • Sturmfedersches und Koeth-Wanscheidsches Schloss – Das Sturmfedersche und das Koeth-Wanscheidsche Schloss waren schlossartige Herrenhäuser der adeligen Familien von Sturmfeder sowie von Koeth-Wanscheid und wurden in jüngerer Zeit restauriert.
  • Englische Gärten: Schlosspark und Kellergarten – Der im Stil eines Englischen Landschaftsgartens angelegte und heute sanierte Schlosspark ermöglicht Veranstaltungen vor allem musikalischer Art. Geplant wurde er um 1830 durch den Landschaftsarchitekten Johann Christian Metzger. Für den vor der Sanierung stehenden Kellergarten, einen weiteren der einstmals sieben Englischen Gärten am Ort, zeichnete um 1790 Metzgers noch bekannterer Berufskollege Friedrich Ludwig von Sckell verantwortlich.
  • Spormühle – Die Spormühle liegt im Südwesten des Dorfes am Eckbach und beherbergt neben einer Kunstgalerie ein kleines Landhotel.
  • Fechtschule – Die „Fechtschule“ liegt südlich des Ortszentrums am Rande des Kellergartens. Ein Vorgängerbau des klassizistischen Gebäudes, die „Burg“, war ab 1602 das Wohnhaus Caspar Lerchs. Seit mehreren Jahrzehnten wird dort die Landesfechtschule des Südwestdeutschen Fechtverbandes betrieben; aus dieser Verwendung hat sich die aktuelle Bezeichnung entwickelt.
  • Badehaus – Eine Besonderheit ist, ebenfalls auf dem Gelände des Kellergartens, das ehemalige „Badehaus der Gräfin von Brühl“, deren fürstliche Badewanne heute als übergroßer Blumentopf im Vorgarten steht.
  • Spitalhof – Gegenüber der Kirche im Spitalhof, der früher ein Hospiz war und zu dem die in gotischem Stil errichtete und heute profanisierte Kapelle St. Maria Magdalena gehört, ist nun der Gemeindekindergarten untergebracht.
  • Haus Marktstraße 1 – Das Haus Marktstraße 1 wurde im frühen 18. Jahrhundert als Stein- und Fachwerkbau erstellt. Für vorbildliche Sanierung wurde den Eigentümern im Jahre 2006 der erstmals vergebene Balthasar-Neumann-Preis des Kulturvereins St. Michael Dirmstein zuerkannt[6].
  • Apotheke – Die St.-Michael-Apotheke wurde im frühen 18. Jahrhundert als Fachwerkgebäude errichtet. Der Vorgängerbau aus dem Mittelalter enthielt den Rittersaal, in dem die Ortsadeligen, die eine Ganerbschaft bildeten, ihre Zusammenkünfte abhielten.
  • Altes Rathaus – Das historische Alte Rathaus von 1714 wird als „Haus der Vereine“ genutzt, die das Gebäude in ehrenamtlicher Arbeit restauriert haben.
  • Café Kempf – Die Marktstraße, deren Südteil auf 80 m als „Deutschlands kleinste Fußgängerzone“ ausgewiesen ist, verläuft zwischen dem Sturmfederschen Schloss und dem Hotel Café Kempf, das - 1926 gegründet und im Ort nur „das Kempf“ genannt - nach vollständiger Renovierung wieder seinen Platz als führender gastronomischer Betrieb am Ort und als optischer Blickfang einnimmt.
  • Backhaus – Als kleines, aber feines Pendant zum Café Kempf fungiert um die Ecke, am Eingang zur Herrengasse, das zur Weinstube ausgebaute einstige Backhaus.
  • Fachwerk- und Sandsteinfassaden – Eine ganze Anzahl weiterer Winzerhöfe und Weinstuben sind mit großem Aufwand saniert worden und tragen durch prächtige Fachwerk- oder Sandsteinfassaden, die teilweise mit Hausreben begrünt sind, zur Atmosphäre des Dorfes bei.

Friedhöfe

 
Friedhofskapelle

Die oben erwähnten frühmittelalterlichen Gräberfelder lagen etwa 300 m nördlich bzw. nordwestlich des Zusammenflusses von Eckbach und Floßbach/Landgraben, wo später das Niederdorf entstand. Sie sind allerdings noch nicht als organisiert angelegte Friedhöfe anzusehen.

Bis etwa 1850 besaß der Ort seinen Friedhof im Osten der Gemeinde, im Niederdorf. Das bekannteste Grab dort ist dasjenige des Arztes Johann Hubertus.

Der heute in Gebrauch befindliche Friedhof liegt im Norden des Dorfes. Zahlreiche kulturhistorisch wertvolle Grabsteine aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert wurden vom alten Friedhof übernommen und hier aufgestellt. Die Kapelle, in der ein Teil der ursprünglichen Fresken restauriert worden ist, ist eine neuromanische Anlage mit rechteckigem Grundriss aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und birgt die Gruft der adeligen Familie Camuzi.

Natur

 
Lösswand an der Obersülzer Straße

Die Fläche zwischen der Südspitze des Kellergartens und dem Eckbach nimmt der „Dicke Baum“ ein, eine ca. zweihundertjährige Platane. Mit einem Stammumfang von etwa 6 und einer Höhe von mehr als 20 m gilt der mächtige Baum als Naturdenkmal.

Im Bereich des nordwestlichen Ortsausgangs (Obersülzer Straße) gibt es eine nach Süden ausgerichtete steile Lösswand, die ein Biotop für zahlreiche Arten von wärmeliebenden Insekten darstellt, so z. B. für solitäre Wildbienen und Grabwespen. Auch höhlenbrütende Vogelarten, z. B. Mauersegler, werden beobachtet.

Der Chorbrünnel-Rundweg im Nordwesten der Dirmsteiner Gemarkung verbindet die Wörschberger Hohl, einen ebenfalls durch Lösswände gekennzeichneten Hohlweg, mit dem Chorbrünnel. Dieser kleine Brunnen wird von einer schwefelhaltigen Quelle gespeist, deren Wasser Jahrhunderte lang zu Heilzwecken genutzt wurde. Im Spätmittelalter wurde die Quelle durch die ortsansässigen Jesuitenmönche in Stein gefasst. Unter Bezugnahme hierauf zeigen die grünen Hinweisschilder auf den Rundweg eine orangegelbe Steinarkade samt dem blauen Symbol eines Brunnens.

Der mit rustikalen Holztafeln markierte Eckbachmühlen-Rad- und Wanderweg führt von Dirmstein aus bachaufwärts über 19 km bis nach Altleiningen und verbindet dabei acht malerische Weindörfer und den Eckbachweiher. Er ermöglicht Bewegung in freier Natur und ist auch für Mühlenliebhaber wegen der 23 teils restaurierten Mühlen begehenswert.

Veranstaltungen

Veranstaltungsorte

Die zahlreichen örtlichen Vereine bescheren dem Ort einen wohlgefüllten Terminkalender. Vor allem der Kulturverein St. Michael Dirmstein betätigt sich auf vielen Gebieten und lädt ein zu Auftritten seiner historischen Tanzgruppe, zu Literaturabenden und zu Musik im Schlosspark. Größere Veranstaltungen finden in der Unterhaardter Festhalle (UHF) statt, die südlich der Laurentiuskirche am Rande des Ortszentrums liegt und mehrere hundert Besucher aufnehmen kann. Sie wurde Anfang des neuen Jahrtausends durch ehrenamtliche Helfer baulich und technisch saniert. Für Veranstaltungen mit maximal 80–100 Besuchern steht der Eux-Stocké-Ratssaal im Sturmfederschen Schloss zur Verfügung, speziell für Orgelmusik bieten sich die beiden historischen Instrumente in der Laurentiuskirche an, eine Walcker-Orgel von 1869 und eine Voit-Orgel von 1900.

Konzerte

Im Ratssaal, wo auch ein historischer Bechstein-Flügel zur Verfügung steht, werden Konzerte veranstaltet. Zu den Spielorten der deutsch-französischen Konzertreihe „Printemps Rhénan - Rheinischer Frühling“ gehört die Laurentiuskirche.

 
Schlosspark

Im Schlosspark findet jährlich eine Open-Air-Gala der Reihe „palatiajazz“ statt, bei der beispielsweise schon die original Blues-Brothers-Band, Branford Marsalis und Cassandra Wilson aufgetreten sind.

Felix Hell, der aus dem Nachbarort Laumersheim stammende Organist, kehrt zu jedem Jahreswechsel nach Dirmstein zurück, um in der Laurentiuskirche auf dem Instrument seiner Lehrjahre ein Silvesterkonzert zu geben.

Literaturlesungen

In Dirmstein wird eine Variante des Vorderpfälzischen gesprochen, das zu den pfälzischen Dialektgruppen gehört. Die kulturelle Pflege der Mundart wird im Ort groß geschrieben; mehrere hier geborene bzw. ansässig gewordene Autoren gehören seit Jahren zu den Preisträgern bei den pfälzischen Mundartdichterwettbewerben und veranstalten auch im Ratssaal immer wieder Lesungen. Dort finden ebenfalls Veranstaltungen statt, die sich mit hochdeutscher Literatur beschäftigen.

Volksfeste

Der Dirmsteiner Jahrmarkt jedes Jahr am 2. Septemberwochenende und das Bayerische Bierfest alle zwei Jahre im Sommer gemeinsam mit der bayerischen Partnergemeinde Neuötting sorgen dafür, dass der bogenförmig gepflasterte Schlossplatz sowie die Weinstuben und Winzerhöfe dicht bevölkert sind. Das schon mehrmals im Hochsommer durchgeführte Schlossparkfest hat sich ebenfalls als Publikumsmagnet etabliert.

Bildung und Erziehung

  • Kindergärten – Die Gemeinde verfügt über den katholischen Kindergarten „St. Laurentius“ und die kommunale Kindertagesstätte „Himmelszelt“. Beide haben zwei Gruppen. Im „Himmelszelt“ gibt es zudem Ganztagsplätze, ferner können vier Zweijährige aufgenommen werden.
  • Grundschule und Sporthalle – Dirmstein ist Standort einer zweizügigen Grundschule, die eine Ganztagsbetreuung anbietet. Neben der Schule liegt eine Allzweck-Sporthalle, die auch für überörtliche Ereignisse zur Verfügung steht.
  • Musikschule – Das Sturmfedersche Schloss beherbergt die einzige Außenstelle der Musikschule Leiningerland, die ihren Sitz in Grünstadt hat.
  • Jugendraum – Mit maßgeblichem Engagement der Landjugend Dirmstein, die dem Bund der Deutschen Landjugend angehört, wurde 1997/98 im Alten Rathaus ein Jugendraum geschaffen, der nach Art eines Internet-Cafés ausgestattet ist. Neben individuell und kollektiv möglicher Freizeitbeschäftigung wird dort auch Arbeit für die Gemeinschaft geleistet, indem ein freiwillig tätiges Team von interessierten jungen Leuten die offizielle Website der Gemeinde gestaltet.
  • Erwachsenenbildung – Bildung für Erwachsene wird von der örtlichen Volkshochschule angeboten, die in die Kreisvolkshochschule Bad Dürkheim integriert ist. Unterrichtsräume liegen unter anderem im Sturmfederschen Schloss.
  • Öffentliche Bücherei – Im Sturmfederschen Schloss befindet sich die zentrale öffentliche Bücherei für die Verbandsgemeinde Grünstadt-Land.

Sport

Am Ort gibt es fünf Sportvereine (Mitgliederstand 2006):

  • Fechten – Der FC Dirmstein verwaltet die Landesfechtschule des Südwestdeutschen Fechtverbandes. Sie wird am Ort des ehemaligen Wohnanwesens von Caspar Lerch am Kellergarten betrieben.
  • Fußball und Gymnastik – Der TuS Dirmstein 1946 hat 491 Mitglieder. Er unterhält Fußballmannschaften für Jugendliche, Aktive sowie AH und bietet zudem Gymnastik für Frauen an. Seine Sportanlagen samt Vereinsheim liegen am Südrand des Ortes.
  • Tennis – Der TC Grün-Weiß Dirmstein wurde 1979 gegründet und hat 230 Mitglieder. Er verfügt am Südrand des Ortes über eine Tennisanlage mit acht Sandplätzen und dem Vereinslokal.
  • Tischtennis – Der TTC Dirmstein wurde 1997 gegründet und hat 65 Mitglieder. Er unterhält drei Tischtennis-Herrenmannschaften und eine Schülermannschaft.
  • Turnen–Spiel–Gymnastik – Die TSG Dirmstein 1986 hat 466 Mitglieder. Sie verfügt über ein breites Angebot hinsichtlich Turnen, Fitness, Aerobic u. dgl.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaftstrends

 
Ortseingang

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Dirmstein von einer rein landwirtschaftlich geprägten Gemeinde zu einem Ort, in dem sowohl Landwirtschaft - und hier vor allem der Weinbau - als auch Dienstleistung gleichberechtigt nebeneinander stehen. Heute gibt es mehr als 200 eingetragene Gewerbebetriebe. Dennoch pendeln viele Dirmsteiner aufgrund der sehr dichten wirtschaftlichen Verflechtung in der Metropolregion Rhein-Neckar in andere Orte.

Dirmstein öffnet sich seit den 1960er-Jahren auch dem Tourismus. Der Ort wurde zunächst als „Perle der Unterhaardt“ beworben, ab 1972 als „Perle des Leiningerlandes“. Im Jahr 2005 beschloss der Gemeinderat den Slogan „Perle zwischen Worms und Weinstraße“.

 
Weinkelter, Nachbau 1984

Weinbau

Bereits seit der Römerzeit wird in der Vorderpfalz Wein angebaut. Im Jahr 1141 wurde der Weinbau erstmals urkundlich erwähnt. Das sonnige Klima des Leiningerlandes begünstigt auch in Dirmstein die Produktion von Qualitätsweinen.

Rund 2,5 der 14,67 km² Fläche des Ortes sind mit Reben bestockt. Die am häufigsten angebauten Sorten sind Riesling, Portugieser und Dornfelder, nennenswerten Zuwachs verzeichnen auch Spät-, Grau- und Weißburgunder. Die früher zahlreichen kleinen Einzellagen Dirmsteins wurden mittlerweile zu dreien zusammengefasst: Herrgottsacker (im Norden), Mandelpfad (im Westen) und Jesuitenhofgarten. Dieser liegt nördlich des Zentrums, mit leicht nach Süden geneigten Hang direkt am Ort und ist eine der flächenmäßig kleinsten Einzellagen Deutschlands. Sämtliche Dirmsteiner Weinlagen gehören zur Großlage Schwarzerde.

Am Rande des südlichen Kirchplatzes steht eine große hölzerne Kelter, die 1984 durch den Dirmsteiner Küfermeister Emil Steigner funktionsfähig nachgebaut wurde.

Sonstiges zur Wirtschaft

 
Mandelblüte in Dirmstein

Neben dem Weinbau besitzt in Dirmstein noch der Anbau von Obst, besonders von Äpfeln, einige Bedeutung; aus den Früchten werden vor allem Obstbrände hergestellt. Mandeln und Feigen sind dagegen nur von geringer wirtschaftlicher Relevanz. Ein typisches Saisongemüse ist der Spargel, der im flacheren östlichen Gemarkungsbereich Dirmsteins angebaut wird. Dort erstrecken sich überwiegend Getreide- und Kartoffelfelder. Durch die Gemeinde führt vom unmittelbar östlich angrenzenden Rhein-Pfalz-Kreis her, der den Beinamen „Gemüsegarten Deutschlands“ führt, ein Seitenarm der Deutschen Grumbeer- und Gemüsestraße.

Von 1778 bis 1788 bestand im Zentrum des Oberdorfes eine Steingutfabrik, welche die „Dirmsteiner Fayence“ herstellte, deren wenige erhalten gebliebene Exemplare in Sammlerkreisen begehrt sind. Das alte Fabrikgebäude an der Nordseite des Schlossplatzes wurde in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts abgerissen.

Verkehr

Verkehrsmäßig wird Dirmstein nicht über die einen Kilometer südlich verlaufende Autobahn 6 (MannheimSaarbrücken) erschlossen, sondern über die Landesstraße 453, die etwa parallel zu dieser Autobahn verläuft und Frankenthal (im Osten) mit Grünstadt (im Westen) verbindet. Am Rande der beiden Städte gibt es auch die nächsten Anschlussstellen. Nach Südwesten stellt die Landesstraße 455 die Verbindung mit der Kleinstadt Freinsheim her, nach Norden über Offstein mit dem Landkreis Alzey-Worms. Die Kreisstraße 24 führt nach Süden zum Nachbarort Gerolsheim. Zur Autobahn 61 (Koblenz–Speyer), die zwei Kilometer südöstlich des Ortes im Autobahnkreuz Frankenthal die A 6 überquert, gibt es keine direkte Verbindung.

Die fehlende Anbindung ans Autobahnnetz bedingt ein hohes Fahrzeugaufkommen durch den Ort. Bauliche Maßnahmen, die Ende der 1990er Jahre an zwei Stellen der Landesstraße 453 vorgenommen wurden, konnten dort die Situation, dass innerörtlich zu hohe Geschwindigkeiten gefahren werden, teilweise entschärfen.

Über zwei Buslininen des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) kann man von Dirmstein aus praktisch im Stundentakt zu den Bahnhöfen Grünstadt (ca. 7 km) und Frankenthal (ca. 10 km) gelangen.

Medien

Für den Ort gilt die Lokalausgabe Frankenthal (Frankenthaler Zeitung) der Tageszeitung Die Rheinpfalz. Wöchentlich erscheint das Amtsblatt der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land, außerdem werden drei Anzeigenblätter - eines aus Frankenthal, zwei aus Grünstadt - verteilt. Seit den 1980er Jahren gibt die örtliche Gliederung einer Partei in unregelmäßigen Abständen die Ortszeitung „De Michel“ heraus; der pfälzische Titel assoziiert zum einen das Michelstor als eines der Wahrzeichen des Dorfes, zum anderen den Deutschen Michel als wenig kritikfreudigen Bürger.

Bevölkerung

Einwohnerzahlen

Erst ab 1771 verfügt das Gemeindearchiv über konkrete Unterlagen zur Entwicklung der Einwohnerzahlen[7]; die vorher festgehaltenen Daten (*markiert) beruhen auf den Schatzungsbüchern und bedeuten Untergrenzen, die erheblich zu niedrig liegen dürften, weil die nicht Steuerpflichtigen fehlen:

Jahr 1682 1710 1771 1802 1815 1835 1871 1905 1939 1950 1961 1970 1986 2004 2005
Einwohner *445 *516 945 1.252 1.500 2.049 1.517 1.467 1.672 1.924 2.091 2.252 2.587 3.100 3.030

Die starke Zunahme am Ende des 18. Jahrhunderts geht möglicherweise auf die Perspektiven zurück, welche die Stadt, die Dirmstein von 1780–1801 war, ihren Bürgern zu bieten vermochte. Das Wachstum hielt auch noch bis zum Beginn der Industrialisierung an, die sich in Dirmstein um die Mitte des 19. Jahrhunderts bemerkbar machte. Auswanderung und Landflucht führten dann aber zu einem 100 Jahre anhaltenden Rückgang der Bevölkerung, der erst wieder nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine Wachstumsphase abgelöst wurde. Diese fiel bis in die 1980er Jahre noch verhalten aus, um sich dann zu intensivieren. Seit 1996 die Marke von 3.000 Einwohnern überschritten wurde, ist eine Stagnation auf dem erreichten hohen Niveau zu beobachten.

Altersstruktur

Die Altersstruktur[7] der örtlichen Bevölkerung ist stark im Wandel begriffen. 1682 waren mehr als die Hälfte der Einwohner Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre. Um 1850 war ihr Anteil auf ein gutes Drittel gesunken, 2003 lag er noch bei 21,5 %. Andererseits wuchs die Zahl der über 40-Jährigen von 19 % im Jahre 1682 auf 48,7 % 2003. Im tabellarischen Vergleich der Jahre 1710 (allerdings beruhen die Einwohnerzahlen, wie oben erwähnt, auf dem Schatzungsbuch, betreffen also nur die Steuerpflichtigen) und 2002 zeigt sich eine deutliche Verschiebung der Effektivzahlen nach rechts zum höheren Lebensalter sowie eine gewisse Nivellierung zwischen den mittleren Dekaden:

Altersgruppe     1–9 10–19 20–29 30–39 40–49 50–59 60–69 70–79 80–89 90–99 alle
Jahr 2002
(%)
336
(11)
363
(12)
346
(11)
537
(18)
532
(17)
448
(15)
379
(12)
209
(7)
92
(3)
18
(0,6)
3.051
(100)
Jahr 1710
(%)
205
(40)
70
(14)
62
(12)
83
(16)
61
(12)
21
(4)
13
(3)
1
(0,2)

 

 
516
(100)

Damit zeigt sich auch in Dirmstein der Trend zur Überalterung; allerdings wurden die Werte des Bundesdurchschnitts von 1995 erst mit achtjähriger Verzögerung erreicht. Die Zahlen von 2002 weisen auch aus: Mehr als 3,5 % der Einwohner sind alte und sehr alte Menschen, die überwiegend noch innerhalb des Familienverbandes leben; denn ein Senioren- oder Pflegeheim gibt es in Dirmstein nicht.

Religion

Die Religonszugehörigkeit[7] ist in den letzten 250 Jahren gut dokumentiert und war in diesem Zeitraum hinsichtlich der Bevölkerungsanteile einem starken Wandel unterworfen.

Die 1746 errichtete Zweikirche mit einem Grundflächenverhältnis von 2:1 zu Gunsten des katholischen Teiles belegt, dass die Dirmsteiner Bevölkerung um die Mitte des 18. Jahrhunderts zu 2/3 katholischen und zu 1/3 protestantischen bzw. reformierten Bekenntnisses war. Doch schon gut 50 Jahre später (1802) wurden nur noch 56 % Katholiken gezählt, aber bereits 40 % Protestanten. Nach 2000 gibt es 45,46 % Protestanten, 33,74 % Katholiken sowie 20,79 % Andersgläubige und Konfessionslose.

Die jüdischen Mitbürger, deren Anzahl vom ersten schriftlichen Zeugnis 1464 bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts stets bei einigen Dutzend gelegen hatte, fielen alle dem Holocaust zum Opfer mit Ausnahme der vier, denen die Flucht ins Ausland gelang, und der beiden, die das KZ überlebten[2].

Auswanderung

Die Pfalz, die über Jahrhunderte von Armut und Kriegen geprägt war, verlor im Laufe der Zeit viele ihrer Bewohner ans Ausland. In Dirmstein betraf die Auswanderung in ganz geringem Maße Ost- und Südosteuropa (Galizien, Banat, Batschka); erheblich sind dagegen die Zahlen derjenigen, die in Amerika ein neues Glück suchten.

Anfangs wanderten dorthin nur einzelne Personen oder auch Familien aus, so 1708, 1742 und 1752. Im 19. Jahrhundert setzte dann eine Welle ein, die in einem Dirmsteiner „Auswanderungsregister“ festgehalten ist, das hundert Jahre lang sehr sorgfältig geführt wurde und nach digitaler Erfassung über 600 Datensätze enthält. Hiernach verließen zwischen 1806 und 1905 mehr als 1.200 Dirmsteiner die Heimat, vor allem jüngere Familien mit teilweise vielen Kindern. Die letzten Eintragungen betreffen zwei Dirmsteiner Juden, die 1937 noch nach Argentinien ausreisen konnten.

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Söhne und Töchter der Gemeinde

Weitere Persönlichkeiten

Nicht in Dirmstein geborene, aber mit der Gemeinde verbundene Persönlichkeiten:

 
Von Walter Perron bemalter Gartenpavillon (Aufnahme 2006 vor der Sanierung)

Quellen

  1. Joachim Kauppert, Melanie Lebschy: Das merowingerzeitliche Gräberfeld von Dirmstein aus anthropologischer Sicht, in: Dirmstein - Adel, Bauern und Bürger, Chronik der Gemeinde Dirmstein, S. 25–35 (s. Literatur)
  2. a b Michael Martin: Juden in Dirmstein, in: Dirmstein - Adel, Bauern und Bürger, Chronik der Gemeinde Dirmstein, S. 327–338 (s. Literatur)
  3. Albert H. Keil: „Freunde nennen mich Stani“, in: Heimatjahrbuch 1996, Haßloch 1995 (s. Literatur)
  4. Marie-Christine Werner: Der englische Flieger - Der Mord an Cyril William Sibley, Südwestrundfunk Mainz, 10. Februar 2001 (s. Literatur)
  5. Walter Landin: Wenn erst Gras wächst, Landau 1985 (s. Literatur)
  6. Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthal: Ein „zugelaufenes“ Fachwerkhaus voller Überraschungen, 13. September 2006
  7. a b c Margret Schwerdt: Ein Blick auf die Sozialgeschichte vom Ende des 17. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts mit Bezügen zur Gegenwart, in: Dirmstein - Adel, Bauern und Bürger, Chronik der Gemeinde Dirmstein, S. 119–140 (s. Literatur)
  8. Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthal: Vereine wollen Pavillon sanieren, 20. September 2006

Literatur

  • Walter Landin: Wenn erst Gras wächst, Erzählungen, Pfälzische Verlagsanstalt, Landau 1985
  • Albert H. Keil: „Freunde nennen mich Stani“, Reportage, in: Heimatjahrbuch 1996, Herausgeber: Landkreis Bad Dürkheim, Verlag H. Englram, Haßloch 1995, ISBN 3-926775-13-0
  • Marie-Christine Werner: Der englische Flieger - Der Mord an Cyril William Sibley, Sendung des Südwestrundfunks in Mainz am 10. Februar 2001, 21 bis 22 Uhr; Typoskript
  • Isolde Stauder: Wo das Dorf zu Ende geht, Eine authentische Geschichte, Sommer Druck und Verlag, Grünstadt 2004
  • Dirmstein - Adel, Bauern und Bürger, Chronik der Gemeinde Dirmstein, Herausgeber: Michael Martin, Selbstverlag der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2005, ISBN 3-9808304-6-2
Vorlage:Navigationsleiste Orte der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land