Katia Mann

Ehefrau von Thomas Mann (1883–1980)
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Katharina Hedwig (Katia) Mann (* 24. Juli 1883 in Feldafing bei München; † 25. April 1980 in Kilchberg bei Zürich, geborene Pringsheim) war die Ehefrau des deutschen Schriftstellers Thomas Mann. Sie begründete mit ihm eine der bedeutensten deutschen Literaten- und Intellektuellenfamilie.

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Katia Mann, 1905

Familie

Katharina, genannt Katia, war das jüngste Kind und neben den vier Söhnen Erik (1879–1908), Peter (1881–1963), Heinz (1882–1974) und Klaus (1883–1972), die einzige Tochter des Mathematikprofessors Alfred Pringsheim und seiner Frau Hedwig. Ihr Vater entstammte der reichen schlesischen Kaufmannsfamilie Pringsheim und ihre Mutter war eine Tochter der bekannten Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, eine geborene Schleh. Die Familie ihres Großvaters Ernst Dohm hatte ebenfalls in Schlesien ihre Wurzeln und war wie die Familie Pringsheim und Schleh jüdischer Herkunft. Die Berliner Fabrikantenfamilie Schleh war jedoch bereits 1817 und die Kaufmannsfamilie Dohm 1827 zum evangelischen Glauben konvertiert. Katias Vater war Jude, bezeichnete sich selbst aber als konfessionslos und ließ alle seine Kinder evangelisch taufen.

Drei der fünf Pringsheim Kinder machten wissenschaftliche Karrieren. Katias Zwillingsbruder Klaus war unter anderem als Professor für Komposition in Japan tätig. Auch die Brüder Peter und Heinz waren Akademiker. Peter machte sich als Professor für Physik einen Namen und Heinz war ein promovierter Archäologe, der später ebenfalls erfolgreich ins Musikfach wechselte. Lediglich Erik, der Erstgeborene und Jurist, fiel aufgrund seines verschwenderischen Lebenswandels bei seinem Vater in Ungnade und starb nur 29jährig verarmt in Argentinien.

Leben

Kindheit und Jugend

 
München um 1900

Katia Mann und ihre Geschwister wuchsen in äußerst wohlhabenden und liberalen Verhältnissen auf. So hatte die Münchner Villa, in der die Familie ab 1890 lebte, eine Fläche von 1.500 Quadratmetern und verfügte neben Dienstbotentrakt, Musiksaal und Bibliothek über Elektrizität, was für damalige Privathäuser äußerst selten war. Die Villa galt bis Ende der Zwanziger Jahre als gesellschaftlicher Mittelpunkt Münchens. Zu den Dauergästen gehörten neben bekannten Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft wie Walther Rathenau und Franziska zu Reventlow, auch kulturelle Größen wie Else Lasker-Schüler und Hugo von Hofmannsthal. Regelmäßig wurde zu den verschiedensten Anlässen in die Arcisstraße geladen, und schon früh nahmen die Pringsheimer Kinder daran teil. Ihr extravaganter Auftritt bei einem Kostümball wurde von Friedrich August von Kaulbach in dem Bild Kinderkarneval festgehalten. Die als auffallend hübsch bezeichnete Katia Mann wurde zudem von Franz von Lenbach porträtiert.

Hohe Anforderungen stellten die Eltern an die schulische Ausbildung ihrer Kinder. Während ihre Brüder das Gymnasium besuchten, erhielt Katia Mann ab dem siebten Lebensjahr Privatunterricht und war 1901 die erste Abiturientin Münchens. Bis dato waren Frauen von der staatlichen Abiturprüfung ausgeschlossen, und Katia Mann musste als sogenannte Privatstudierende ein Vorexamen ablegen, um an der Prüfung des Münchener Königlichen Wilhelms-Gymnasium, auf das zeitgleich ihr Bruder Klaus ging, teilnehmen zu können. Von der Münchener Universität, an der ihr Vater lehrte, wurde ihr auf Antrag die Erlaubnis erteilt, Vorlesungen als Hörerin zu besuchen. Erst ab 1903 war Frauen in Bayern und damit auch ihr ein reguläres Studium möglich. Katia Mann gehörte zu den ersten sogenannten aktiven Studentinnen und interessierte sich hauptsächlich für die naturwissenschaftlich-mathematischen Fächer, hörte jedoch auch Vorlesungen in Philosophie.

Im Frühjahr 1904 lernte sie durch Vermittlung der gemeinsamen Bekannten Elsa Bernstein den sieben Jahre älteren Thomas Mann kennen. Mann gab später in einem Briefwechsel mit seinem Bruder Heinrich Mann offen zu, dass er „[…] in Wort und That ein unglaubliche Initiative an den Tag gelegt […]“ hatte (Thomas Mann/ Heinrich Mann: Briefwechsel, S. 30), Katia Mann für sich einzunehmen. Dass bei seinem Interesse auch Katias familiärer Hintergrund eine Rolle spielte, gilt als sehr wahrscheinlich. In dem Roman Königliche Hoheit von 1909 beschreibt er mit starkem autobiographischen Bezug diese Phase.

Katia Mann reagierte zunächst abweisend. „Ich war […] nicht so sehr enthusiasmiert […] ich war zwanzig und fühlte mich sehr wohl und lustig in meiner Haut, auch mit dem Studium, mit den Brüdern, dem Tennisklub und allem, war sehr zufrieden und wußte eigentlich nicht, warum ich nun schon so schnell weg sollte.“ (Katia Mann: Meine ungeschriebenen Memoiren, S. 28). Auch ihre Familie stand dem Bewerber skeptisch gegenüber. Dieser hatte zwar als Schriftsteller mit seinem 1901 veröffentlichen Debütroman Die Buddenbrooks – Verfall einer Familie erste Erfolge vorzuweisen, Katias Vater wünschte sich jedoch für seine Tocher einen Ehemann mit einer bürgerlich solideren Existenzgrundlage. Keine Rolle für diese zweifelnde Haltung dürften jedoch Manns homoerotische Neigungen gespielt haben, über die erst später mit Erscheinen seines Romans Tod in Venedig öffentlich spekuliert wurde.

Katia Mann willigte schließlich im November 1904 in die Ehe ein. Sie heirateten am 11. Februar 1905 standesamtlich in München.

Ehe

Erste Jahre

 
Kulisse der Mann-Villa auf dem Bavaria-Filmgelände in München

Das Ehepaar bezog nicht weit von Katias Elternhaus eine Etagenwohnung, die Pringsheim ihnen einrichtete. Bereits im November 1905 kam ihre Tochter Erika zur Welt. Sie hatte insgesamt sechs Kinder: Erika (1905–1969), Klaus (1906–1949), Golo (1909–1994), Monika (1910–1992), Elisabeth (1918–2002) und Michael (1919–1977). 1907 hatten sich Manns Einkünfte bereits soweit verbessert, dass man neben der Stadtwohnung in München ein Wochenendhaus in der Nähe von Bad Tölz bauen konnte. Um den Lebensunterhalt für seine stetig wachsende Familie finanzieren zu können, ging Mann regelmäßig auf längere Lesereisen, während Katia Mann den Haushalt führte. 1910 waren bereits zwei miteinander verbundene Vierzimmer-Wohnungen vonnöten, um die inzwischen sechsköpfige Familie und die vier Bediensteten unterzubringen. Erst 1914 zog die Familie Mann in ihr bekanntes Haus in der Poschingerstraße 1.

 
Davos um 1915

Im Sommer 1911 bekam Katia Mann Lungenbeschwerden und ging 1912 mit der Diagnose geschlossene Tuberkulose zur Kur nach Davos. Tatsächlich dürften ihre Beschwerden anderen Ursprungs gewesen sein, denn später angefertigte Röntgenbilder zeigten, dass sie nie an Tuberkulose erkrankt gewesen sein konnte. In den folgenden Jahren wiederholten sich regelmäßig und oft monatelang ihre Sanatoriumsaufenthalte im Hochgebirge. Ihre Briefe aus Davos und Arosa, inspirierten Mann zu seinem Roman Der Zauberberg. Ihre Kinder blieben während dessen in München und wurden von Kindermädchen betreut. „In solchen Monaten und halben Jahren herrschten die launischen Damen fast unumschränkt über uns, da unser Vater, wenngleich sehend, nichts von […] erzieherische[m] Furor an sich hatte.“ (Klaus Mann: Kind dieser Zeit, S.22).

Ob es sich bei Katia Mann um eine psychosomatische Erkrankung handelte, wie viele es vermuten, ist nicht abschließend geklärt. Dass sie aber in Haushalts- und Erziehungsfragen auf sich allein gestellt war, was eine Überlastung nahelegt, wird aus diversen Quellen deutlich. So heißt es am Ende des Schuljahres 1916/17 in Klaus Zeugnis: „Der Vater, der Schriftsteller Thomas Mann, erkundigte sich nie nach seinem Sohn, dagegen wiederholt die Mutter, der anscheinend die ganze Erziehung der Kinder obliegt. [..]“ und Katias Mutter soll schon 1906 über den Schwiegersohn geäußert haben, dass er „ein rechter Pimperling […]“ war, der „[…] nicht viel verträgt.“ (Donald A. Prater: Thomas Mann, S.296). Und so sorgte Katia Mann für die gewünschte Stille im Haus und „Wurde draußen im Garten Wäsche aufgehängt, so schloß er die Fenster des Arbeitszimmers und zog die Vorhänge zu.“ (Peter de Mendelssohn: Der Zauberer, S.1550).

Erster Weltkrieg und Weimarer Republik

Den Ersten Weltkrieg erlebte Katia Mann mit ihrer Familie in München. Mann war für den Kriegsdienst zwar für untauglich erklärt worden, aber seine Einnahmen waren rückläufig, und so musste Hauspersonal entlassen und das Landhaus in Bad Tölz 1917 verkauft werden.

 
Postkarte Oberammergau 1918

Um Lebensmittel und Kohle zu beschaffen, radelte die erst mit Elisabeth und dann mit Michael Schwangere durch ganz München. Auch die Nachkriegsjahre wurden mit immerhin nun sechs Kindern aufgrund der allgemeinen Wirtschafts- und Versorgungslage zunächst nicht einfacher. Zudem hatte sich ihr Ehemann während des Krieges mit seinem Essay Gedanken im Krieg deutschnational geäußert und sich deswegen nicht nur mit seinem Bruder Heinrich überworfen. Manns Verdienste, insbesondere aus ausländischen Buchverkäufen, ermöglichten dennoch einen vergleichsweise guten Lebensstandard, jedoch Katia Mann beklagte während eines weiteren Kuraufenthaltes „Ich habe hier soviel Zeit zum Nachdenken, und da denke ich doch manchmal, daß ich mein Leben nicht ganz richtig eingestellt habe, und daß es nicht gut war, es so ausschließlich auf Dich und die Kinder zu stellen.“ (Brief von Katia an Thomas Mann, Oberammergau vom 16. Juni 1920, Thomas-Mann-Archiv). Vor allem da die schulischen Leistungen der Kinder so gar nicht den in sie gesetzten Erwartungen entsprachen. Bis auf Elisabeth mussten alle vor dem Abitur die öffentlichen Gymnasien verlassen und wechselten auf Privatschulen, oftmals Internate.

1923 brach Klaus zur Enttäuschung Katias die Schule ganz ab und wurde zunächst Theaterkritiker. Auch Erika schlug nicht die gewünschte akademische Laufbahn ein, sondern begann 1924 eine Schauspielausbildung. 1926 heiratete sie den Schauspielkollegen Gustaf Gründgens, allerdings währte die Ehe nicht lange. Katia Mann selbst begleitete während dieser Zeit ihren Mann regelmäßig auf offiziellen Reisen und wurde zumindest durch seinen Erfolg für ihre Bemühungen entlohnt. Bereits 1920 war ihm von der Universität Bonn die Ehrendoktorwürde verliehen worden, 1926 ernannte ihn der Lübecker Senat zum Professor und 1929 erhielt er den Literaturnobelpreis.

Machtübernahme Hitlers und Schweizer Exil

Von der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 erfuhren sie während einer Erholungsreise in Arosa. Mann hatte sich mit seinem Appell an die Vernunft, eine Rede, die er 1930 im Berliner Beethovensaal hielt, gegen den Nationalsozialismus gewandt, und auch Erika und Klaus hatten sich noch im Januar 1933 bei der Premiere ihres politischen Kabaretts Die Pfeffermühle als im Sinne der Nationalsozialisten deutschlandfeindlich gezeigt. Hinzu kam Katias jüdische Herkunft. Ein Rückkehr nach Deutschland schien deshalb beiden als zu riskant, und Katia Mann begann die Auflösung des Münchner Haushaltes und vor allem die Ausreise ihrer Kinder zu organisieren. Tatsächlich wurde ihr Haus in München noch im selben Jahr enteignet und gegen Mann ein Schutzhaftbefehl erlassen.

Als Zufluchtsort hatten sie sich zunächst für Südfrankreich entschieden, bis sie sich schließlich im Schweizer Küsnacht für die nächsten fünf Jahre niederließen. Außer Klaus, der in Amsterdam an der Gründung einer Zeitschrift arbeitete, hatte sich dort inzwischen die gesamte Familie versammelt. Ein Teil ihres Hausrats war über Umwege in die Schweiz geschafft worden, und dank Vermögenseinlagen im Ausland war die Existenzgrundlage weiterhin gesichert. Mann nahm 1934 seine Lesereisen wieder auf, und Katia Mann reiste mit ihm mehrmals in die USA. 1936 wurde ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, und bis auf Erika, die 1935 den englischen Lyriker Wystan Hugh Auden geheiratet hatte, waren die Mitglieder der Familie Mann dank guter Beziehungen nach Prag nun tschechische Staatsbürger. Für beide war die Aberkennung ein schwerer Schlag, doch mehr noch setzten Katia familiäre Schwierigkeiten zu. Erika, Klaus und auch Michael hatten bereits zu dieser Zeit Alkohol- und Drogenprobleme, Monika litt an Depressionen und schrieb Katia „[…] fatale […]“ Briefe (Thomas Mann: Tagebücher, Eintrag vom 9. März 1937), wie Mann in seinem Tagebuch vermerkte. 1938 kam Klaus zur Entziehungskur nach Zürich, da sein Drogenkonsum außer Kontrolle geraten war.

Amerikanische Jahre

 
Princeton University

Im März 1938 waren die deutschen Truppen in Österreich einmarschiert. Die Situation jüdischer Flüchtlinge hatte sich auch innerhalb der Schweiz verschärft, und auf ein verkürztes Einbürgerungsverfahren bestand trotz Manns Prominenz kaum Hoffnung. In dieser unsicheren Lage bot ein Lehrauftrag der Princeton University die Möglichkeit, Europa zu verlassen. Im September 1938 schifften sie sich mit Elisabeth in Southampton Richtung USA ein und wurden begeistert empfangen. „Erschütternd war der Empfang […] wir haben so etwa so etwas noch nie erlebt. Es ist ja gewissermaßen ein Glück hier in Sicherheit zu sein, aber ich persönlich wäre den Ereignissen doch lieber näher.“ (Brief von Katia Mann an Ida Herz, New York vom 25. September 1938, Thomas-Mann-Archiv). Und erneut lag es an ihr, das neue Haus schnellstens nach Manns Gewohnheiten herzurichten. „Genaue Wiederherstellung des Schreibtisches, jedes Stück […] genau an seinem Platz wie in Küsnacht u. schon in München.“ (Thomas Mann: Tagebücher, Eintrag vom 07. Oktober 1938) notierte er nur eine Woche nach ihrer Ankunft in Princeton.

Katias Wunsch, den Ereignissen näher sein zu wollen, begründete sich auch in der Sorge um ihre Eltern, die sich noch bis Mitte November 1940 in Deutschland aufhielten. Zudem waren ihnen nur Klaus und Elisabeth dauerhaft in die USA gefolgt. Die übrigen lehnten eine Emigration zunächst ab. Golo kehrte schon Anfang 1939 nach Zürich zurück, und Michael ließ sich nach seiner Hochzeit im März 1939, wie schon Erika zuvor, in London nieder. Monika war in Europa geblieben und heiratete ebenfalls im März in Wien. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bemühte sich Katia, alle Familienmitglieder ins amerikanische Exil in Sicherheit zu bringen. Michael erreichte unbehelligt im Januar per Schiff und Erika im September 1940 mit dem Flugzeug die USA. Anders als Golo, der noch im Mai 1940 als Kriegsfreiwilliger nach Frankreich gegangen war, dort interniert wurde und erst nach einer dramatischen Flucht zu Fuß über die Pyrenäen in Lissabon eine Überfahrt bekommen hatte. Monikas Schiff war bei einem ersten Fluchtversuch von deutschen U-Booten versenkt worden, wobei ihr Ehemann Jenö Lányi sein Leben verloren hatte. Sie selbst erreichte als letztes von Katias Kindern am 28. Oktober 1940 den Hafen von New York.

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Old Hollywood

1941 starb Katias Vater und ein Jahr später ihre Mutter im Exil in Zürich. Beide Todesnachrichten erhielt Katia Mann in Kalifornien, wohin sie im April 1941 gezogen waren. Mann hatte dort mit der Filmgesellschaft Warner Brothers einen Autorenvertrag abgeschlossen, der ihnen nicht nur die finanzielle Unterstützung ihrer Kinder, sondern auch den Unterhalt eines großen Anwesens einschließlich Personal ermöglichte. Katia Mann war mittlerweile durch die Geburt von Angelica Borgese (* 30. Oktober 1939), Tochter von Elisabeth, die noch 1939 den Italiener Giuseppe Borgese geheiratet hatte, und Fridolin Mann (* 31. Juli 1940), Sohn Michaels, zweifache Großmutter geworden. Kurz vor ihrem neunundfünfzigsten Geburtstag folgte mit Antony Mann (* 20. Juli 1942) der dritte Enkel, wiederum ein Sohn Michaels. Im selben Jahr traten die USA in den Krieg ein. Erika, Klaus und Golo meldeten sich trotz Missbilligung Katias freiwillig zur amerikanischen Armee und leisteten bis Kriegsende ihren Dienst in Europa. Beide waren 1943 amerikanische Staatsbürger geworden, Katia und Thomas Mann wurde sie erst im Juni 1944 verliehen.

Im April 1946 wurde Mann an der Lunge operiert, und die besorgte Katia Mann schrieb in die Heimat „Eine solche Lungenoperation ist unter allen Umständen ein schwerer Eingriff und in hohem Alter doppelt ernst.“ (Brief von Katia Mann an Ida Herz, Chicago vom 06. Mai 1946, Thomas-Mann-Archiv). Ein Krebstumor war bei dem über Siebzigjährigen entfernt worden. Von dem Eingriff erholte er sich so gut, dass sie ein Jahr später auf Vortragsreise nach Europa gehen konnten. Erika, beruflich glücklos, kehrte 1948 in ihr Elternhaus zurück, um Katia „[…] als Sekräterin, Biographin, Nachlaßhüterin […]“ zu unterstützen (Thomas Mann: Tagebücher, Eintrag vom 26. Januar 1948). Sie begleitete ihre Eltern auch auf einer weiteren Vortragsreise 1949, als Katia Mann in Stockholm die Nachricht erreichte, dass sich Klaus in Cannes mit Tabletten das Leben genommen hatte. „Mein Mitleid innerlich mit dem Mutterherzen und mit E. Er hätte es ihnen nicht antun dürfen.“ (Thomas Mann: Tagebücher, Eintrag vom 22. Mai 1949). Dem Selbstmord gingen bereits mehrere Versuche voraus. An seiner Beerdigung nahm nur sein Bruder Michael teil.

Katia Mann war bereits 1942 an der Gebärmutter operiert worden, und 1950 folgte eine weitere Operation am Unterleib. Kurz darauf ließ sich die vierfache Großmutter – ihre Enkelin Domenica Borgese (* 6. April 1944) kam noch vor Kriegsende auf die Welt -, mit fast 67 Jahren die Brüste straffen. Doch viel Zeit zur Erholung blieb ihr nicht. In Chicago besuchte sie Elisabeth, die sich in einer schweren Ehekrise befand und stand auch Michael bei, dessen Ehe und Musikkarriere aufgrund einer unglücklichen Affäre mit der Schwester Yehudi Menuhins zu scheitern drohten. Und Erika, durch den Tod ihres Bruders zutiefst deprimiert, glitt immer tiefer in ihre Drogensucht ab. „Es schmerzt mich, dass Erika ihre geliebte Mutter enerviert und deprimiert, ja reizt durch ihre große Bitterkeit.“ (Thomas Mann: Tagebücher, Eintrag vom 16. Januar 1951). Hinzu kamen 1951 auch, angesichts des veränderten gesellschaftlichen und politischen Klimas der McCarthy-Ära, erste Überlegungen, nach Europa zurückzukehren. Die Schweiz sollte die neuerliche Wahlheimat werden, eine Rückkehr nach Deutschland wurde nicht in Betracht gezogen.

Rückkehr in die Schweiz

Mitte 1952 erreichten sie Zürich und mieteten sich übergangsweise in Erlenbach nahe Küsnacht ein. Ihnen vorausgereist waren Golo und Erika, während Elisabeth mit ihrer Familie in die Heimat ihres Mannes nach Florenz gezogen war. Borgese verstarb noch 1952 an einem Hirnschlag, und Elisabeth kehrte vorübergehend zu ihren Eltern zurück. Während sich in den USA das Interesse an dem Schriftsteller Mann allmählich verloren hatte, wurde er in der Schweiz, Deutschland und Italien nun wieder mit Ehrungen und Vortragsanfragen überhäuft, die koordiniert werden mussten, und weiterhin war die Frage ihres zukünftigen Wohnorts ungeklärt. 1954 fand Katia Mann nach längeren Bemühungen ein Haus in Kilchberg, das Manns Vorstellungen entsprach. „[…] entschieden angenehm und erfreulich, nicht herausfordernd, aber anständig und bequem.“ (Thomas Mann: Tagebücher, Eintrag vom 15. Mai 1954) lautete sein Urteil. Im Juli 1955 klagte Mann gegenüber Katia erstmals von Schmerzen im Bein. Er starb in ihrem Beisein am 12. August 1955 im Kantonsspital in Zürich an den Folgen von Arteriosklerose. Sie ließ ihn in Kilchberg beerdigen.

Letzte Jahre

 

Katia blieb mit Erika, die sich um Manns Nachlass sowie die literarischen Hinterlassenschaften von Klaus kümmerte, in dem Kilchberger Haus wohnen. Erika begleitete Katia auch zu den seltener gewordenen öffentlichen Auftritten, da sie sich anders als ihre Tochter weiterhin lieber im Hintergrund hielt. Dass sie „so gar nicht zum […] sich pfauenhaft aufplusternden Typus der Schriftstellergemahlin gehört[e] […]“ wurde ihr in einem Artikel zu ihrem 75. Geburtstag im Badener Tageblatt vom 24. Juli 1958 attestiert. Gesellschaftlich war es mit Manns Tod ruhiger um sie geworden, aber einsam war sie in ihren letzten Lebensjahrzehnten nicht. Golo hatte eine Professur für Geschichtswissenschaften in Kalifornien angenommen und besuchte seine Mutter regelmäßig in den Sommermonaten. 1959 erhielt er einen Lehrstuhl für Politik in Stuttgart und machte Katias Haus zu seinem Hauptwohnsitz. Auch Elisabeth kam regelmäßig aus der Toskana angereist, wo sie als Schriftstellerin und Journalistin arbeitete. Monika hatte auf Capri ihr Glück gefunden und kam wie Michael nur selten zu Besuch. Letzterer hatte in den USA ein Germanistikstudium aufgenommen, jedoch seine Söhne bei Katia in der Schweiz gelassen. Fridolin, Katias ausgewiesener Lieblingsenkel, wohnte dort bis zum Abschluss seine Musikstudiums.

Im November 1962 wurde nach den hierfür erforderlichen zehn Jahren aus der US-Amerikanerin Katia Mann eine Schweizerin. Zuvor hatte sie wie jeder Antragsteller ausreichend gute Kenntnisse der Landesgeschichte und -kunde nachweisen müssen. Nach mehreren Unfällen wurde ihr 1964 die Fahrerlaubnis entzogen. Bereits seit Anfang der 30er Jahre war sie eine begeisterte Automobilistin, aber „Technisch eine glänzende Fahrerin, ängstigt[e] sie uns gelegentlich durch übertriebenes Gottvertrauen.“ (Erika Mann: Mein Vater der Zauberer, S.274). 1969 starb Erika an einem Gehirntumor und wurde im Familiengrab in Kilchberg beigesetzt. Und nach Ehemann und zwei Kindern verlor sie 1972 mit ihrem Zwillingsbruder einen weiteren wichtigen Menschen. „Wer so lange lebt, muss viele überleben.“ (Brief von Katia an Genia Starer, Kilchberg vom 13.01.1973, Thomas-Mann-Archiv), stellte sie im Jahr ihres neunzigsten Geburtstags dazu fest. 1975 jährte sich der zwanzigste Todestag Thomas Manns, und Katia öffnete nach Ablauf der Sperrfrist seine Tagebücher. Michael übernahm auf Bitte seiner Mutter die Hauptvorbereitungsarbeit der Veröffentlichung. In der Silvesternacht 1976/1977 starb er an der Kombination von Alkohol mit Barbituraten und wurde neben Vater und Schwester bestattet. Sein Tod wurde vor der inzwischen an Altersdemenz leidenden Katia jedoch geheim gehalten.

Katia starb mit fast 97 Jahren an Altersschwäche. Sie wurde im Kilchberger Familiengrab beerdigt.

Wirken

Marcel Reich-Ranicki bezeichnete sie in einem Nachruf als „Eine literaturhistorische Figur, […] – in einer Reihe also mit Goethes Christiane und Schillers Charlotte, mit Heines Mathilde und Fontanes Emilie.“ (Frankfurter Allgemeinen, 29. April 1980). So findet sich ein starker Bezug zur Person Katia Mann bei Figuren folgender Werke:

  • Imma Spoelmann in Königliche Hoheit (Roman 1909)
  • Sieglind in Wälsungenblut (Novelle 1906)
  • Madame Chauchat in Der Zauberberg (Roman 1924)
  • Frau Professor Cornelius in Unordnung und frühes Leid (Erzählung 1926)
  • Rosalie von Tümmler in Die Betrogene (Erzählung 1953)

Gottfried Bermann Fischer, Verleger Thomas Manns äußerte gegenüber Katia 1935 in einem Brief: „Ich weiß, wieviel es Ihrer Stärke und Unermüdlichkeit zu verdanken ist, daß Thomas Mann sein großes Werk schaffen und vollenden konnte. Gegenüber allem, was seine labile und feinnervige Natur so tief erschüttern mußte, waren Sie die Bewahrerin und Beschützerin, die durch kluge Aktivität den brutalen Anprall ausglich und das Gleichgewicht wieder herstellte.“ (Gottfried Berman Fischer / Brigitte Bermann Fischer: Briefwechsel mit Autoren, S. 55).

„Ich habe tatsächlich mein ganzes, allzu langes Leben immer im strikt Privaten gehalten. Nie bin ich hervor getreten, ich fand das ziemte sich nicht. Ich sollte immer meine Erinnerungen schreiben. Dazu sage ich: In dieser Familie muß es einen Menschen geben, der nicht schreibt. Daß ich mich jetzt auf dieses Interview einlasse, ist ausschließlich meiner Schwäche und Gutmütigkeit zuzuschreiben.“ (Katia Mann, 1973). Aus diesem Interview mit ihrem Sohn Michael und Elisabeth Plessen enstand der umfassende Lebensbericht Katia Mann: Meine ungeschriebenen Memoiren, der 1974 erschien.

Literatur

  • Vorlage:PND
  • Michael Mann (Hrsg.): Katia Mann: Meine ungeschriebenen Memoiren. Fischer 2000. ISBN 3596146739
  • Inge und Walter Jens: Frau Thomas Mann. Das Leben der Katharina Pringsheim. Rowohlt 2003. ISBN 3498033387
  • Kirsten Jüngling/Brigitte Roßbeck: Katia Mann. Die Frau des Zauberers. Brigitte Propyläen, 2003. ISBN 3549071914
  • Hildegard Möller: Die Frauen der Familie Mann. Piper 2005. ISBN 3-492-24576-5

Weitere Quellen


Film


Siehe auch