Attac

globalisierungskritische Nichtregierungsorganisation
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Attac("Association pour une Taxation des Transactions financières pour l'Aide aux Citoyens", auf Deutsch "Verein für eine Besteuerung von Finanztransaktionen zum Wohle der Bürger") wurde am 3. Juni 1998 in Frankreich gegründet. Die Idee dazu kam von einem Leitartikel von Ignacio Ramonet, der im Dezember 1997 in der Zeitung Le Monde diplomatique veröffentlicht wurde. Attac agiert als Netzwerk in 50 Ländern, hauptsächlich jedoch in Europa, und hat nach eigenen Auskünften 90.000 Mitglieder, davon zur Zeit ca. 17.000 in Deutschland. Das Netzwerk besteht aus einem großen Spektrum von sozialen und politischen Bündnissen und Einzelpersonen.

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Logo von Attac Deutschland

Themen

Ursprünglich setzte sich Attac ausschließlich für die Einführung der Tobin-Steuer auf Finanztransaktionen ein. Inzwischen hat sich Attac auch anderer Themen der globalisierungskritischen Bewegung angenommen, als deren Teil es sich sieht. Seine Mitglieder nehmen häufig an Aktionen und Demonstrationen teil, die tendenziell dem linken politischen Spektrum zuzuordnen sind. Attac kritisiert dabei die "neoliberale Ideologie", die derzeit in der wirtschaftlichen Globalisierung vorherrsche.

Attac befasst sich unter anderem mit folgenden Themen:

Attacs Hauptkritik an den Kräften der neoliberalen Globalisierung (zu unterscheiden von kultureller, ökologischer, politischer Globalisierung) ist, dass diese das Versprechen eines "Wohlstands für alle" bislang nicht einlösen konnte.

Der Begriff "Ökonomische Alphabetisierung" bezeichnet die Strategie von Attac, eine Vermittlung von ökonomischen Grundkenntnissen an weite Teile der Bevölkerung vorzunehmen. Da immer mehr Bereiche des öffentlichen Lebens den marktwirtschaftlichen Prinzipien unterworfen würden, seien immer öfter ökonomische Grundkenntnisse für eine Partizipation im demokratischen Prozess und für die Meinungsbildung erforderlich.

Attac im deutschsprachigen Raum

 
Lokalgruppe von Attac Deutschland

Attac versteht sich als Netzwerk, in dem sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen aktiv sein können. In Deutschland gehören zirka 150 Organisationen Attac an, darunter ver.di, BUND, Pax Christi und viele entwicklungspolitische und kapitalismuskritische Gruppen. Zurzeit (November 2005) hat Attac in der Bundesrepublik Deutschland rund 17.000 Mitglieder, von denen sich die aktiven in etwa 250 Regionalgruppen und einem runden Dutzend bundesweiter Arbeitsgruppen organisieren. In Österreich hatte Attac im Jahr 2005 über 2.400 Einzelmitglieder und außerdem mehr als 70 Mitgliedsorganisationen. In der Schweiz wurde Attac schon 1999 gegründet und besteht aus zirka einem Dutzend Lokalgruppen.

Arbeitsweise

Attac sagt über sich selbst, Grundsatz sei ein ideologischer Pluralismus. Darunter zählt Attac Überzeugungen, die sich als humanistisch, kommunistisch, sozialdemokratisch, basisdemokratisch oder religiös verstehen. Das gegnerische Lager, von dem es sich abzugrenzen gilt, benennt Attac so: "Für Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Chauvinismus und verwandte Ideologien gibt es keinen Platz.“[1]. Inhaltlich besteht allerdings auch ein unüberbrückbarer Gegensatz zum wirtschaftlichen Liberalismus. Attac lehnt Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ab.

Entscheidungen werden bei Attac nicht nach dem Mehrheits-, sondern nach dem Konsensprinzip getroffen. Das heißt, dass Entscheidungen zunächst diskutiert und – falls niemand ablehnt (also bspw. Veto einlegt) – von allen mitgetragen werden. Das bedeutet nicht, dass alle einer Meinung sein müssen. So können Entscheidungen auch auf vorläufiger Basis getroffen werden und später erneut diskutiert werden, falls eine Seite dazu anrät. Auf diese Weise kann das Meinungsspektrum der Mitglieder und Mitgliedsorganisationen besser integriert werden. Da Attac keine politische Partei ist, die zu jedem Thema einen abrufbaren und einheitlichen Standpunkt bereit halten muss, fallen die Nachteile des Konsenprinzips kaum ins Gewicht. Die Mitwirkung bei Attac findet vorwiegend in Arbeitskreisen (AKs) oder Arbeitsgemeinschaften (AGs) statt, die es sowohl auf regionaler als auch auf nationaler Ebene zu den verschiedenen Themengebieten gibt, sowie in zahlreichen Regionalgruppen.

Meinungen von Attac zu wirtschaftspolitischen Themen werden gesellschaftlich immer mehr wahr- und ernstgenommen, wie die vermehrten Auftritte von Attac-Mitgliedern bei Politik-Talkshows (z.B. Sven Giegold bei Sabine Christiansen, Berlin-Mitte) zeigen.

Attac-Ratschlag

Der Ratschlag ist bei Attac Deutschland das höchste Entscheidungsgremium. Er trifft sich zweimal jährlich und zwar einmal als “Attac-Basistreffen” mit dem Schwerpunkt auf Erfahrungsaustausch und ein weiteres Mal mit dem Schwerpunkt Entscheidungsgremium u.a. mit den jährlichen Wahlen zum Attac-Rat und zum Koordinierungskreis. Beide Treffen sind öffentliche Vollversammlungen.

Der Attac-Ratschlag ist ein bundesweites,öffentliches Treffen aller interessierten Menschen aus den Mitgliedsorganisationen, Ortsgruppen sowie den bundesweiten Arbeitszusammenhängen und aktiver Nichtmitglieder. Entscheidungen werden im Konsensverfahren getroffen. Abstimmungen sollen die Ausnahme sein. Für den Fall von Abstimmungen und Wahlen werden von den Mitgliedorganisationen und Ortsgruppen Delegierte bestimmt.

Auf dem Ratschlag haben alle Anwesenden, egal ob Attac-Mitglieder oder nicht, Rede- und Stimmrecht zu inhaltlichen Fragen. Die Verabschiedung des Haushaltes und die Wahlen der Gremien sind jedoch den Delegierten vorbehalten. Diese Delegierten werden von Attac-Gruppen, Mitgliedsorganisationen und bundesweiten Arbeitszusammenhängen gewählt; jeweils nach ihren eigenen Verfahren, die nicht zentral geregelt sind.

(Beschluss Ratschlag Frankfurt 2002)

 
attac Fahne vor dem Dom in Köln, 2004

Aktionen von Attac (kleine Auswahl)

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Mainzer attac-Mitglieder bei der Lidl-Aktion, 2005

Kritik an Attac

Kritiker werfen Attac mangelnde Stringenz in den vorgeschlagenen Lösungen vor, die ein breites Band politischer Konzepte von nationaler Souveränität bis zu weltweiten Sozialsystemen umfassen. Damit einher geht auch der Vorwurf, Attac verfüge nur über ein unzureichendes Verständnis der Marktwirtschaft, was von Seiten Attacs mit dem Hinweis auf Wirtschaftsprofessoren, die Attac unterstützen und beraten (Wissenschaftlicher Beirat), zurückgewiesen wird. Eine weltweit verbindliche Gesetzgebung in Wirtschaft und Gesellschaft, wie von Attac gefordert, wird von Kritikern als illusorisch betrachtet.

Marxisten werfen Attac eine verkürzte personalisierende Kapitalismuskritik vor. Attac nehme bewusst keine einheitliche Haltung zur Systemfrage ein, sondern gerate mit ihrem Modell des guten und bösen Kapitals stark in die Nähe von rechtsextremen Positionen, die von schaffendem (nicht-jüdischem) und raffendem (jüdischem) Kapital sprechen. Attac sehe auf der einen Seite die Notwendigkeit einer Veränderung der Wirtschaft, auf der anderen Seite jedoch wünsche Attac (anscheinend) ohne genaue Kenntnis der Grundstrukturen des Kapitalismus eine Art "guten Kapitalismus" herbei.

 
Transparent der Heidelberger attac Gruppe bei der europaweiten Protestkundgebung gegen die EU Dienstleistungsrichtlinie am 19. März 2005 in Brüssel

Literatur

Brandes und Apsel Verlag, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3860997963

Siehe auch

G7, G8, Internationaler Währungsfonds, Weltbank, Genua, GATT, GATS, TRIPS, Agenda 2010, Sozialforum, weed

  1. Quelle: Selbstverständnispapier von Attac - hier als PDF-Datei)