Die Hafenstadt Shanghai (auch: Schanghai; chinesisch: 上海市; Pinyin: Shànghăi) ist nach Chongqing die größte Stadt und die bedeutendste Industriestadt Chinas („Tor zur Welt“, Drachenkopf-Metropole“ - 龙头, „Perle des Orients“ - 东方明珠) mit 13,4 Mio. Einwohnern (im Stadtgebiet), insgesamt im Ballungsgebiet 17 Mio., davon etwa 4,2 Mio. Wanderarbeiter (Stand 2003). Die Bevölkerungsdichte im Stadtgebiet beträgt maximal 4672 Menschen/km². Shanghai ist eine regierungsunmittelbare Stadt, d.h. sie ist direkt der Zentralregierung unterstellt. Die offiziellen Abkürzungen von Shanghai im Chinesischem ist Hù (vereinfacht: 沪; traditionell: 滬) und Shēn (申).
Geographie
Shanghai liegt im Mündungsgebiet des Jangtsekiang (traditionell: 长江; Pinyin: Cháng Jiāng, ) am Huangpu-Fluss (黄浦江), auf 31°4' nördlicher Breite und 121°9' östlicher Länge. Shanghais Status ist der einer Provinz, die Stadt ist direkt der Zentralregierung in Peking (北京, engl. Beijing) unterstellt. Die Nachbarprovinzen sind Jiangsu (江苏) im Nordwesten und Zhejiang (浙江) im Südwesten.
Die Topographie ist flach, die Provinz liegt in der Schwemmebene des Jangtse-Deltas. Durchschnittliche Höhe über dem Meeresspiegel: 4 m. Höchster Berg: She Shan mit 100 m ü. NN (und einer Seilbahn).
Die Fläche der Provinz beträgt 6340,5 km² davon sind 3924,2 km² urbanes Gebiet und 2416,3 km² ländlicher Raum. Die Fläche der eigentlichen Stadt Shanghai beträgt 375 km²
Weitere Orte in der Provinz Shanghai: Anting, Baoshan (宝山), Jiading, Jinshan, Qingpu und Songjiang.
Die Provinz Shanghai besteht aus 6 Kreisen: Chongming, Nanhui, Fengxian, Jinshan, Songjian und Qingpu.
Die Stadt Shanghai ist in 14 Bezirke unterteilt: Huangpu (黄浦), Luwan, Changning, Putuo, Hongkou (虹口), Minhang, Jiading, Xuhui, Jing'an, Zhabei, Yangpu, Baoshan, Pudong (浦东) und Nanshi.
Klima
Shanghai hat ein subtropisch kontinentales Monsunklima mit vier ausgeprägten Jahreszeiten, wobei Frühjahr und Herbst vergleichsweise kurz ausfallen. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 15,3°C. Die Jahresniederschlagssumme liegt bei 1135 mm, davon fallen 50% in die Zeit von Mitte Mai bis Mitte September (Flutsaison). In diesem Jahresabschnitt gibt es 3 ausgeprägte Regenperioden: Die „Frühlingsregen“, die „Pflaumenregen (梅雨)“ und die „Herbstregen“.
Günstigste Reisemonate: April bis Juni und Mitte September bis November.
Ungünstigste Reisemonate: Juli und August, mit Temperaturen bis zu 40°C und Luftfeuchtigkeiten bis 100%.
Umwelt
Shanghai wird von schweren Umweltproblemen geplagt. Die vorherrschenden Probleme sind Smog, Lärmbelastung und die Verschmutzung der Flüsse. Seit 1996 Shanghai zu einer der am stärksten umweltgeschädigten Städte weltweit erklärt wurde, versuchen die Behörden aber die Umweltprobleme in den Griff zu bekommen.
Allgemeines
Shanghai in chinesischer Schrift:
Der Name „Shanghai“ bedeutet in etwa „Stadt über dem Meer“. Der Kurzname für Shanghai ist „Hu“ (nach einem im 3. Jahrhundert verwendeten Fischereigerät), dies wird auch an Autokennzeichen verwendet.
Das Zeichen „hu“:
Das Zeichen hu
Der lokale Dialekt ist eine der Varianten des ostchinesischen Wu-Dialektes 吴.
Geschichte
Erste Spuren von Besiedelung in der Region reichen bis etwa 4000 v. Chr. Shanghai wird erstmals 960 als Dorf erwähnt. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Jangtse-Deltas wächst auch Shanghai. 1074 erhält Shanghai ein eigenes Steuerbüro. 1264 wird es mit drei anderen Dörfern zusammengelegt. Als Hafen gewinnt Shanghai immer weiter an Bedeutung, insbesondere für Suzhou (苏州) dient Shanghai als Umschlagplatz. Mitte des 16. Jahrhunderts Befestigung mit einer Stadtmauer, zum Schutz gegen japanische Piraten (倭寇). Ab Mitte des 17. Jahrhunderts bedeutendes Baumwoll- und Textilzentrum, bereits 200.000 Einwohner. Shanghai hat jedoch bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts keine weltbedeutende Rolle.
Die westliche Prägung von Shanghai begann nach dem ersten Opiumkrieg (鸦片战争). Die neuen Kolonialmächte legten als Bedingung im Frieden von Nanking (南京) 1842 (ratifiziert 1843)) die Herausgabe von Konzessionen für eine französische, britische und amerikanische Zone auf. 1854 wird das Shanghai Municipal Council gegründet, eine Verwaltungsorganisation für die Handelsniederlassung der Europäer und Amerikaner. Die Ausländer dehnen ihre Konzessionen immer weiter aus und erhalten Exterritorialrechte. Daher dienen diese Gebiete als Fluchtort für viele Menschen während Taiping-Rebellion (太平起义). Dadurch wächst die Einwohnerzahl Shanghais beträchtlich, auch die wirtschaftliche Bedeutung wächst inmitten der verwüsteten Umgebung. Auch später beim Boxeraufstand (1900) und dem Sturz des letzten Kaisers (1911) flüchten viele Menschen in die internationalen Konzessionen.
Mit Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre wurde Shanghai eine echte Weltstadt. Um 1900 erreicht Shanghais Bevölkerungszahl die Millionengrenze. Von 1918 ist Shanghai der Wirkungsort von Dr. Sun Yatsen (孙逸仙). Aldous Huxley hatte 1926 in keiner Stadt je einen solchen Eindruck von einem dichten Morast üppig verflochtenen Lebens wie hier. Die Stadt wurde zum Synonym für Sünde, Abenteuertum und Reichtum.
Auch der Kommunismus in China findet in Shanghai seine Wurzeln. 1915 begann Chen Duxiu (陈独秀) mit der Herausgabe der Zeitschrift 'Jugend', die später unter dem Namen 'Neue Jugend' (Xin Qingnian, 新青年) großen Einfluss auf die Bevölkerung ausübte. Die Chinesen entwickelten zunehmendes Interesse für Politik und erlangten ihr Nationalbewusstsein zurück. Mit dem Versailler Vertrag fielen nach dem Ersten Weltkrieg alle deutschen Besitztümer in China an Japan, anstatt China zurückgegeben zu werden. Dies führt 1919 zur Bewegung des 4. Mai. Chen Duxiu ist einer der Organisatoren der Proteste. In Shanghai schlossen sich Studenten mit Arbeitern zusammen, Streiks wurden organisiert. Am 5. Juni 1919 fand ein großer Generalstreik statt. Die Proteste führen zu zunehmendem Interesse am Marxismus. 1921 wurde in Shanghai u.a. von Mao Zedong (Mao Tse-tung, 毛泽东) die Kommunistische Partei Chinas gegründet. Die 'ausländischen Imperialisten' wurden zunehmend zum Gegner für die Proteste. Am 30. Mai 1925 eröffneten Briten das Feuer auf Demonstranten. 1927 werden Massenaufstände durch Chiang Kai-shek (蒋介石) brutal niedergeschlagen. Innerhalb weniger Wochen werden in Shanghai über 5000 Menschen ohne Gerichtsverhandlung exekutiert.
Shanghai ist auch ein Ort deutscher und österreichischer Geschichte, es war der letzte Zufluchtsort vor der Verfolgung durch Nazi-Deutschland, weil hier kein Visum benötigt wurde: unter anderem waren 4000 Österreicher (u.a. Jakob Rosenfeld) hierhergeflüchtet. 1943 internierten die Japaner alle Ausländer (so genannte Shanghailänder). Der Film Escape to Shanghai von Chen Yi Fei begleitet den Violinisten Heinz Gruenberg nach 50 Jahren zurück nach Shanghai [1].
Mit dem Zweiten Weltkrieg und der Besetzung durch die Japaner verlor die Stadt an Bedeutung. Aber auch nach der Niederlage Japans ging es Shanghai nicht besser. Die Staatsführung der neuen Volksrepublik betrachtete Shanghai als Steuerzahler, Investitionen wurden aber kaum getätigt. Die Stadt blutete aus. Auch die neue Öffnung Chinas 1978 besserte vorläufig nichts an der Situation der Stadt. 1990 wird die Wirtschaftssonderzone Pudong gegründet. 1992 bedauerte Deng Xiaoping (邓小平) die Vernachlässigung der Stadt. Shanghai wird das Zentrum der Öffnung Chinas zum „Westen“. Die Wirtschaft wächst in den 1990ern um durchschnittlich 17%, Shanghai ist die neue 'Lokomotive' des chinesischen Wirtschaftswachstums.
Von 1987 bis 1991 war Zhu Rongji Bürgermeister der Stadt. Er förderte Shanghai später in seiner Funktion als Ministerpräsident des Staatsrates (1998-2003).
Shanghai ist heute die modernste und westlichste Stadt in China. Der historische Kern ist nur noch als Touristenattraktion vorhanden, zunehmend Bau von Wolkenkratzern bei 24-stündiger Bautätigkeit. Der historische ferne Osten drückt sich lediglich noch in den Schriftzeichen und Touristenattraktionen aus. Shanghai hat kein altes Zentrum mehr. Die Stadtväter bauten am Renmin Guang Chang (人民广场, Peoples Square, Platz des Volkes), der zu Kolonialzeiten eine Pferderennbahn war, ein extravagantes Opernhaus und von 1993 bis 1996 ein Museum von internationalem Rang, das Shanghai Museum (上海博物馆). Es ist das viertgrößte in China und über 30 Meter hoch. Es zeigt auf 7 Geschossen einen Blick über die chinesische Kulturgeschichte.
Die alten Li Longs [2] in den ehemaligen französischen und englischen Bezirken, wo drei Generationen in einem Apartment lebten, wurden abgerissen. Sie waren oft aus einer Kombination Holz/Ziegel/Gips oder Beton/Stahl gebaut. Der sog. Glockenmann, der früher bei Feuer Alarm gab oder zum Schlafen mahnte, ist heute ein Job armer Leute: er zieht von Tür zu Tür und kauft Plastik und alte Recycel-Ware.
Die meisten Wolkenkratzer werden in Pudong (浦东) errichtet, dort steht auch das höchste Gebäude in Shanghai, der Jinmao Tower mit 420,6 m. Die höchste Struktur in Shanghai ist der Fernsehturm in Pudong (Pearl Of The Orient Tower) mit 467,9 m. Ebenfalls in Pudong soll das Shanghai World Financial Center mit 494,0 m Höhe errichtet werden.
Wirtschaft
Mit Beginn der Chinesischen Wirtschaftsreformen Anfang der 1980er Jahre wurde Shanghai zunächst von den südlichen Provinzen, wie z. B. Guangdong überflügelt. Mit Beginn der 1990er Jahre wurde von der chinesischen Regierung unter Jiang Zemin (将泽民) heftig in Shanghai investiert, mit dem Ziel ein neues Wirtschaftszentrum in Ostasien zu gründen.
Shanghai und Hongkong sind Rivalen um den Rang der größten Wirtschaftsmetropole in China. Hongkong hat hier den Vorteil der längeren Erfahrung, besonders im Bankwesen. Shanghai hat engere Verbindungen zum chinesischen Hinterland und ist enger mit der Zentralregierung verbunden. Gleichzeitig hat Shanghai mehr Raum für Neuinvestitionen, während in Hongkong der Platz eher begrenzt ist.
Das jährliche Wirtschaftswachstum in Shanghai beträgt zurzeit etwa 12%.
1984 wurde in Anting von VW als Joint Venture die erste Autofabrik mit „westlichen“ Fahrzeugen gebaut. Shanghai Volkswagen (上海大众车, SVW) hat einen ca. 50%igen Marktanteil in China, obwohl die Fahrzeuge verhältnismäßig teuer angeboten werden. Die hohen Importzölle auf Autos aus dem Ausland machen diese jedoch noch teurer. Das Straßenbild in Shanghai ist geprägt von „Santana“- und „Santana 2000“-Taxis.
Ein Schanghaier Autokennzeichen (AY=Mietwagen) an einem Shanghai Volkswagen Santana 2000 Eine Autonummer |
Nach dem WTO-Beitritt Chinas anlässlich der APEC-Konferenz 2001 werden stufenweise die Importzölle gesenkt.
Shanghai war der Initialmarkt für westliche Supermärkte in China. Auffallend sind die „Hygienebestrebungen“ der ausländische Konzerne, die sich deutlich von denen der chinesischen Märkte unterscheiden: frisch ist in China gleichbedeutend mit lebend. So werden hier lebende Schlangen, Schildkröten und Frösche angeboten, dagegen bieten die westlichen Supermärkte nur abgepackte Ware mit - nach chinesischer Auffassung - zweifelhafter Frische an.
Nahezu jedes Produkt wird gefälscht: Das „Faking“ von Produkten hat sich als einträglicher Markt entwickelt, die den Investoren das „Entwickeln von Gewinnspannen“ erschweren. China ist ein großer, aber schwieriger Markt. Trotz Studien verhält sich der chinesische Konsument anders als vorhergesagt: So verkaufte sich Kernseife als absolutes Billigprodukt überraschend gut; 20% aller Produkte sind Hightech-Güter, wie etwa der Legend Computer, Firmengründung 1984 als Ableger der staatlichen „Chinese Academy of Sciences“ [3] oder Haier-Kühlschränke, die auch auf dem USA-Markt einen großen Anteil haben [4].
Am 31. Dezember 2002 startete der in Kooperation mit Deutschland gebaute Transrapid (eine Magnetbahn) seine Jungfernfahrt zum 32 km entfernten internationalen Flughafen Pudong. Die Baukosten betrugen etwa 1,2 Milliarden Euro. Die Höchstgeschwindigkeit ist 430 km/h.
Am 8. Juni 2003 startete der Bau der mit 36 km Länge längsten Brücke der Welt im Süden der Stadt. Das Investitionsvolumen beträgt 11,8 Milliarden Renminbi Yuan (人民币 元), entsprechend 1,42 Milliarden US-Dollar. Die sechsspurige Brücke wird nach ihrer Fertigstellung im Jahr 2008 die Hangzhou-Bucht überspannen und Shanghai mit Ningbo (宁波) in der Provinz Zhejiang verbinden. Die Öffnung für den Verkehr ist für 2009 geplant.
Die Weltausstellung (EXPO) 2010 wird in Shanghai stattfinden.
Kultur
Shanghai Museum
Das bereits erwähnte Shanghai Museum ist eines der kulturellen Zentren der Stadt. Gegründet 1952 an der Nanjing West Road und zunächst im ehemaligen Pferderennklub angesiedelt, wurde es 1959 in die Henan South Road (河南南路) ausgelagert. 1992 wurde beschlossen, das Museum am Renmin Guang Chang (人民广场, Peoples Square) anzusiedeln. Der Architekt des Neubaus war Xing Tonghe. Baubeginn war 1993, das Gebäude wurde 1996 fertig gestellt. Das Museum hat 10 Galerien, die einen vollständigen Überblick über die chinesische Kunstgeschichte bieten.
Shanghai Grand Theater
Das Opernhaus (Shanghai Grand Theater) steht ebenfalls am Renmin Guang Chang. Ein beeindruckendes Gebäude mit 40 m Höhe. Baubeginn 1994, Einweihung 1998. Es gibt 3 Aufführungsräume: Der Hauptraum bietet 1800 Sitzplätze, daneben ein mittelgroßer Raum mit 600 Plätzen und einen Raum mit 250 Sitzplätze für Kammermusikaufführungen. Die Designer waren: France's Arte Jean-Marie Charpentier & Associates.
Partnerstädte
Shanghai unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten (in Klammer das Jahr der Etablierung):
Literatur
- Steffi Schmitt: Shanghai - Promenade. Old China Hand, 2003. ISBN 3-89687-384-9
- Nien Cheng: Leben und Tod in Schanghai. Ullstein Fachverlage, 1989. ISBN 3550079923
- Ting-Xing Ye: Bitterer Wind. Econ Taschenbuch, 2001. ISBN 3548750680
- Wei Hui: Shanghai Baby. Ullstein, 2001. ISBN 3548255108
- Ching Tsao: Auf den Flügeln der Zeit: mein Leben in Shanghai. München: von Schröder, 2002. ISBN 3453869699
Siehe auch
Weblinks
- http://www.shanghai.gov.cn/ (Offizielle Webseite der Stadt, chinesisch und englisch)
- http://www.smartShanghai.com - Aktuelle Informationen über Nachtleben, Dining und Kultur
- http://www.chinaservice.de/staedte.htm#shanghai
- http://www.schanghai.com
- http://www.zanhe.com/ - Shanghainese (Wu Chinese, Shanghaiisch): Introduction and Development