Robert James "Bobby" Fischer (* 9. März 1943 in Chicago) ist ein ebenso berühmter wie exzentrischer Schachspieler. Er wurde in den USA als Held gefeiert, nachdem er auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges am 1. September 1972 bei der Schach-Weltmeisterschaft in Reykjavik den Russen Boris Spasski bezwungen hatte. Zwanzig Jahre später gewann Fischer eine inoffizielle "WM-Revanche" in Sveti Stefan und Belgrad. Fischer, obwohl selbst jüdischer Herkunft, gilt als extremer Antisemit.
Leben
Bobby Fischer kam als Kind von Regina Fischer, geborene Wender, und Hans-Gerhardt Fischer, einem deutschen Biophysiker, zur Welt. Allerdings ist die Vaterschaft von Hans-Gerhardt Fischer umstritten: es spricht einiges dafür, daß ein jüdischer Physiker und US-Immigrant ungarischer Herkunft namens Paul Felix Nemenyi Fischers leiblicher Vater war. Die Ehe seiner Eltern, die Ende 1933 in Moskau geschlossen worden war, scheiterte als er zwei Jahre alt war. Danach wuchs er bei seiner allein-erziehenden, aus der Schweiz stammenden jüdischen Mutter und seiner fünf Jahre älteren Schwester in New York City auf. Er erlernte Schach mit sechs Jahren. Den Titel eines Großmeisters errang er 1958. Im gleichen Jahr, mit 15, brach er seine Schulausbildung ab, um sich ganz dem Schachspiel zu widmen.
Im Alter von 14 Jahren war Fischer das erste Mal US-Champion - der bis dahin jüngste überhaupt. Zwischen 1957 und 1966 gewann er achtmal in Folge die amerikanische Meisterschaft, 1964 sogar mit dem Ergebnis von 11-0. Auf dem Wege zur Weltmeisterschaft gewann er 1970 überlegen das Interzonenturnier in Palma de Mallorca und 1971 drei Wettkämpfe gegen Taimanow, Larsen (jeweils mit dem sensationellen Ergebnis von 6-0) sowie den Ex-Weltmeister Tigran Petrosjan. Den Titel des Schachweltmeisters eroberte er 1972 in Reykjavik in einem legendären Wettkampf gegen Boris Spasski. Obwohl der Zweikampf wegen seines exzentrischen Verhaltens mehrfach kurz vor dem Scheitern stand und Fischer sogar eine Partie kampflos verlor, gewann er schließlich deutlich mit 12,5-8,5. Es bedurfte allerding einiges an Überredungskunst, damit Fischer überhaupt an dem Turnier teilnahm: so war sowohl ein Telefonat von Henry Kissinger nötig, als auch eine Intervention des britischen Millionärs James Slater, der eigens das Preisgeld erhöhte.
Nachdem er Weltmeister wurde, spielte er jahrelang keine Turnierpartie mehr. 1975 erkannte ihm die Weltschachorganisation FIDE den Titel ab, nachdem Verhandlungen über die Bedingungen einer Titelverteidigung zu keinem Ergebnis geführt hatten. Sein Nachfolger wurde Anatoli Karpow, gegen den er nie eine Partie gespielt hat.
Ein kurzes Comeback feierte er 1992, als er ausgerechnet im Jugoslawien des geächteten Diktators Slobodan Milošević unter großem Medieninteresse einen Schaukampf gegen seinen alten Rivalen Boris Spasski mit 17,5-12,5 gewann. Sein Heimatland USA, in das er fortan nicht mehr zurückkehren konnte, schrieb Fischer daraufhin per Haftbefehl weltweit zur Fahndung aus. Seitdem hat er sich wieder vom Schach zurückgezogen. Seit 2000 lebt Fischer hauptsächlich in Japan, wo er allerdings seit dem 13. Juli 2004 im Internierungszentrum von Ushiku bei Tokio in Abschiebehaft sitzt.
- Gesetzeskonflikt
- Eine so genannte Grand Jury hatte 1992 Fischer angeklagt, weil er trotz eines offiziellen US-Verbots für eine Siegprämie von 3,3 Millionen Dollar nach Sveti Stefan, Jugoslawien gereist war. Ein amerikanisches Gesetz hatte seinerzeit alle "kommerziellen Aktivitäten" mit Jugoslawien wegen dessen Rolle in Bosnien und Herzegowina untersagt.
- Dem ehemaligen Weltmeister drohen wegen dieses Sanktionsbruchs in den USA bis zu zehn Jahre Haft und eine Geldstrafe bis zu 250.000 Dollar. Fischer kehrte daraufhin nicht in die USA zurück, sondern hielt sich zeitweise in Deutschland, Ungarn, den Philippinen und Japan auf. Im Juli 2004 wurde er von japanischen Beamten aufgrund eines ungültigen Ausweises festgenommen. Japan lehnte den Asylantrag Ende August 2004 ab, da die Anklagen gegen Fischer in den USA nicht politischer Natur seien. Gegen diese Entscheidung sind noch Rechtsmittel möglich. Unterstützung findet Fischer bei den rund 600 Mitgliedern des japanischen Schachverbands. Seine glühendste Verehrerin ist wohl die Verbandspräsidentin Miyoko Watai selbst, die seit August 2004 Fischers Verlobte ist - das Paar hat mittlerweile die Heirat in Tokyo beantragt. Ob die beabsichtigte Heirat ein Schachzug zur Abwendung der drohenden Abschiebung ist, bleibt ungewiss.
Ein 1988 erschienenes und 1993 auch verfilmtes Buch Searching for Bobby Fischer handelt nicht von ihm, sondern der Schachkarriere des Nachwuchstalents Joshua Waitzkin. Fischer, der keine Zustimmung zu diesem Titel gegeben hatte, ist der Meinung, sein Name sei nur zu Werbezwecken missbraucht worden.
Eine von Fischer propagierte neue Art des Schachs ist das Fischer-Random-Chess. Außerdem entwickelte er eine mittlerweile weit verbreitete elektronische Schachuhr, bei der die Spieler für jeden ausgeführten Zug zusätzliche Bedenkzeit erhalten. Dadurch wird extreme Zeitnot vermieden.
Fischer, dem ein Intelligenzquotient von 184 attestiert wurde, gilt als einer der genialsten Schachspieler aller Zeiten. Sein Charakter gibt allerdings Anlass zu Kontroversen; so äußerte er sich - obwohl selbst jüdischer Herkunft - wiederholt antisemitisch und auch antiamerikanisch. So verbreitete der bekennende Hitler-Fan im Internet und bei Radio-Interviews antijüdische Hetztiraden und leugnete den Holocaust. Kenner von Fischer deuten diese Ausfälle mitunter als nachträglichen Aufstand gegen seine 1997 verstorbene jüdische Mutter Regina.
Besonders empört waren seine amerikanischen Mitbürger jedoch erst, als Fischer sich am 11. September 2001 in einem Radio-Interview in Tokio begeistert über den Terrorangriff auf das World Trade Center äußerte. Wörtlich sagte er: "Das sind wundervolle Neuigkeiten." und "Tod den USA". Aufgrund dieser und anderer Aussagen wurde Fischer die Mitgliedschaft im US-Schachverband entzogen. Mittlerweile hat Fischer seine US-Staatsbürgerschaft aufgegeben.
Zitat
Er ist im Versteckspiel genauso gut wie im Schach (Freund Jack Collins anläßlich des Untertauchens von Fischer 1992)
Literatur
- Frank Brady: Bobby Fischer, profile of a prodigy. New York: McKay 1973
- David Edmonds und John Eidinow: Bobby Fischer goes to war. London: Faber and Faber 2004. ISBN 0-571-21411-8
Links
- http://www.schachecke.de/weltmeister/weltmeister2/fischer/fischer.html
- http://www.schachgeschichte.de/chess/champs/fischer.htm
- Bobby Fischer: Schachspieler, Sonderling, Genie
- Süddeutsche Zeitung: Vom Schachweltmeister zum Flüchtling