Faschismus
Der Begriff Faschismus leitet sich ab v. ital. fascio, lat.: fascis Bund. Er geht zurück auf die Fasces, Rutenbündel, welche die antiken Liktoren als Zeichen des Zusammenhalts trugen. Ein Beil im Bündel symbolisierte ihre Macht, insbesondere die Blutgerichtsbarkeit.
Zunächst der war Faschismus nur ein positiv besetzter Begriff für Mussolinis "Fasci Italiano" (s.u.), da Mussolinis Propaganda sich wesentlich auf die Symbolik der fasces stützte. Später wurde der Begriff verallgemeinert, da der italienische Faschismus als Prototyp eines gesamteuropäischen Phänomens gilt.
Denn im 20. Jahrhundert beschreibt der Faschismus nun eine Reihe politischer Strömungen und Systeme autoritär-korporativer Herrschaft.
Diese sind gekennzeichnet durch
- das Führerprinzip: Nach diesem Prinzip wird eine einzige Ideologie als verbindlich erklärt, die das gesellschaftlichen Leben in allen Bereichen durchdringen soll. Sowohl Staat wie Verwaltung wurden weltanschaulich und dem Führerprinzip gemäß organisiert. Ebenso gestaltete man in den Betrieben die Beziehung Arbeitgeber - Arbeiter um, in das Verhältnis Betriebsführer - Gefolgschaft.
- Nationalismus: Bereits das 19. Jahrhundert war von einer globalen Renaissance des Nationalen durchdrungen, die im 20. Jahrhundert in vielfältigen und extremen Nationalismen gipfelte.
- Antikommunismus: Besonders die Revolution in Russland und die Furcht vor ihrer weiteren Ausbreitung nach Europa machten sich faschistische Führer zu Nutze, um mit Liberalen und Konservativen Bündnisse zu schließen.
- Demokratiefeindlichkeit: Im Gedanken der Demokratie, Freiheit und Pluralismus und der Trennung zwischen Staat, Ökonomie und Privatem sah der Faschismus seine Hauptbedrohung.
- gewaltsames Machtstreben: Häufige, oftmals misslungene, Putsche faschistischer Militärs kennzeichnen den jeweiligen Weg zur Macht.
- Militarismus: Das Erscheinungsbild des Faschismus wurde durch militärische Massenaufmärsche und Großkundgebungen bestimmt.
- eine ideologisch geprägte Weltanschauung: Faschismus tritt mit seinen Blut- und Weiheritualen, seiner mystisch-irrationalen Weltanschauung als antiaufklärerisches Programm auf.
- das Verständnis des Volkes als Masse: Seit Mussolinis Konzept des "stato totalitario" durchdringt der faschistische Anspruch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens bis ins Privatleben. So wurde die Familie als Kameradschaftsverband aufgefasst, die mit Kindern zum Wachstum der Volksgemeinschaft beizutragen hatte..
- Antisemitismus und Rassismus: Dabei trat der Terror des deutschen Nationalsozialismus gegen ganze Teile der Bevölkerung deutlicher als in anderen Ländern hervor.
- schließlich in einigen Ländern auf der einen Seite eine reaktionäre Tendenz zur Monarchie und zum Klerikalismus.
- auf der anderen Seite durch eine mit religiösen Elementen durchsetzte Fortschritts- und Technikgläubigkeit. (Tausendjähriges Reich etc.)
Diese Charakteristika werden verkürzt im Drei-Säulen-Modell zusammengefasst, in dem Faschismus als Nationalismus - Militarismus - Chauvinismus definiert wird.
Geschichte des Faschismus
Gestalt gewann der Faschismus in Italien 1919 unter Benito Mussolini, der die "fasci Italiani di combattimento" (Italienische Kampfbünde) gründete. Im selben Jahr schafft der Schriftsteller Gabriele D'Annunzio mit seiner Eroberung von Fiume ein erstes faschistisches System. Die "fasci" wachsen rasch und Mussolini wird, als er 1922 mit einem Putsch droht, Ministerpräsident. 1925 verbietet er die sozialistische Partei und antifaschistische Organisationen und schafft mit seinem Führerkult - dem "mussolinismo" - das Modell für andere faschistische Diktaturen. Der "Duce" präsentiert sich als Mann des Volkes: Arbeiter, Vater, Sportler, mit Uniform und martialischem Auftreten. Der Großmachtanspruch des antiken römischen Weltreiches blieb leitende Idee des italienischen Faschismus.
In Deutschland tritt der Nationalsozialismus zunächst als eine Spielart des italienischen Faschismus in Erscheinung: Angefangen von den ähnlich uniformierten Kampfverbänden der Sturmabteilung (SA) über die Straßenschlachten bis in das nationalistische Sprachgut der Führer. Hitlers Putsch 1923 misslingt. Antisemitismus, Rassismus und Blut- und BodenMythologie werden im Nationalsozialismus Grundlage der Ausrottung und des Feldzuges gegen ideologisch als minderwertig eingestufte Menschen und Menschengruppen.
In Spanien übernahm 1936 General Franco nach dem Bürgerkrieg die Macht mit einem Programm nach italienischem Vorbild. Die katholische Kirche behielt starken Einfluss und baute ihn durch die fundamentalistische Laienbruderschaft Opus Dei weiter aus. Da Franco sich am 2. Weltkrieg nicht beteiligte, blieb seine Diktatur später bis zu Francos Tod 1975 bestehen.
In Portugal kam 1926 eine Militärjunta unter General Carmona durch einen Putsch an die Macht. Mehr als Spanien bemühte sich auch Portugal besonders ab 1932 unter Carmonas Nachfolger António de Oliveira Salazar um eine Distanzierung vom italienischen Faschismus und vom deutschen Nationalsozialismus. 1933 baute Salazar seine Macht durch eine neue Verfassung und die Abschaffung des Parlamentarismus aus. Portugal verbündete sich im 2. Weltkrieg mit Spanien zum Bloco Ibérico. Die Junta wurde am 25. April 1974 durch die Nelkenrevolution gestürzt (drei Tote). Im November 1975 wurde der kommunistisch orientierte Revolutionsrat der MFA zugunsten eines demokratischen Systems abgesetzt. Die portugiesische Dekolonialisierungspolitik der Kommunisten wurde weiter vorangetrieben.
In Österreich gab es nach dem 1. Weltkrieg eine Reihe faschistischer Gruppierungen z. B. die "Heimwehr", die den Anschluss an Deutschland propagierten. Es kam zu einem gescheiterten Putsch gegen die Regierung Dollfuß.
In Ungarn existierten Gruppierungen wie in Österreich, die sich am Vorbild der SA und SS orientierten, z.B. die Pfeilkreuzler. Ihr Führer Ferenc Szalasi war Katholik und glaubte an ein "Karpato-danubisches" Vaterland. Auch hier war der Antisemitismus verbreitet.
In Rumänien kommt nach dem 1. Weltkrieg mit der "Legion Erzengel Michael" ("Eiserne Garde") unter Codreanu in den 30er Jahren eine faschistische Bewegung auf , die sich als weltanschauliche Bewegung, religiöse Kampfgemeinschaft, mit starken Elementen des Führerkultes, Militarismus und Antisemitismus herausbildet.
In Frankreich treten faschistisch orientierte Gruppen auf; die bedeutendste war die "Action francaise" Charles Maurras. Mit der Besetzung Frankreichs durch das nationalsozialistische Deutschland scheiterte die faschistische Bewegung an eigenen Widersprüchen.
In Großbritannien gründete Oswald Mosley 1932 die "British Union of Fascists" (BUF), die das Übermenschentum und die Weltbedeutung Großbritanniens hervorhob, welche aber mit dem Weltkrieg endete.
In Griechenland herrschte 1936 -1941 die vom italienischen Faschismus und vom deutschen Nationalsozialismus beeinflusste Metaxas - Diktatur.
In den skandinavischen Ländern Dänemark, Schweden und Norwegen kamen mit der Schwedischen Nationalsozialistischen Partei, der Dänischen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei und der norwegischen Nationalen Sammlung faschistische Bewegungen auf, welche die nordische Herrenmenschenideologie zum Programm machten. Mit der deutschen Besetzung gewannen die Faschisten in Dänemark und Norwegen Einfluss. Das NS-Regime rekrutierte aus diesen Bewegungen bereitwillige Partner. Zum Synonym der willfährigen Nazi-Marionette wurde dabei die Gestalt des norwegischen Führers Vidkun Quisling.
Nach 1945 kam ein faschistisches Regime durch einen Putsch der Obristen 1967 wiederum in Griechenland mit einer bis 1974 währenden Junta an die Macht.
In Chile stürzte 1973 General Augusto Pinochet ebenfalls durch einen faschistischen Putsch die Regierung Salvador Allendes.
Faschistische Theoretiker
- Benito Mussolini ist der Begründer des Faschismus. Mussolini kommt aus dem syndikalistischen Flügel der Sozialistischen Partei Italiens und ist stark von Georges Sorel beeinflußt.
- Robert Michels ist deutscher Soziologe. Michels kommt aus der SPD und wird als Parteiensoziologe bedeutend. Er wechselt nach Italien, wendet sich dem Syndikalismus und später dem Faschismus zu. 1928 errichtet ihm Mussolini einen Lehrstuhl in Perugia, um die Theorie des Faschismus weiterzuentwickeln.
- Julius Evola ist Kulturphilosoph und entstammt einer katholisch-traditionellen Familie in Rom. Später entwickelt er den an der Antike ausgerichteten (heidnischen) Traditionalismus. Evola repräsentiert den traditionalistischen Teil des Faschismus, der immer wieder in Gegensatz zum modernistischen Flügel gerät, welchen Evola als Entartung des Faschismus kritisierte.
Links
Siehe auch: Historikerstreit