Präzisionsgelenkte Munition

selbststeuernde Raketen, Flugkörper, Bomben und Artilleriegranaten
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. Oktober 2006 um 08:49 Uhr durch Rainer Lippert (Diskussion | Beiträge) (Prinzip: linkfix). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Präzisionsgelenkte Munition (engl. Smart Munition oder Smart Bombs) werden selbststeuernde Raketen, Flugkörper und Bomben bezeichnet, die nach dem Verlassen des Trägersystems ihre Fluglage beeinflussen können und eine gegenüber ungelenkter Munition größere Zielgenauigkeit erreichen.

BOLT-117 Laser-gelenkte Bombe

Prinzip

Da der Schadenseffekt von Explosivwaffen nach dem Potenzgesetz mit zunehmender Entfernung zum Ziel überproportional abnimmt, kann ein Ziel bei höherer Treffergenauigkeit mit weniger bzw. kleinerer Munition vernichtet werden. Im Ergebnis bewirkt eine präzisere Munition einen größeren Wirkschaden und einen reduzierten Begleitschaden (Kollateralschaden, engl. collateral damage).

Präzisionsgelenkte Waffen haben gegenüber ungelenkter Munition zusätzlich einen elektronischen Sensor zur Erkennung der Position (GPS) oder auch von Licht-, Infrarot- oder Radarsignalen, ein (heute stets elektronisches) Steuersystem, steuerbare Leitwerke und eine Energieversorgung in Form einer Batterie.

Typen von präzisions-gelenkter Munition

Funk-gelenkte Waffen

Die US-Armee begann während des Ersten Weltkriegs mit Experimenten von ferngesteuerten, funk-gelenkten Flugzeugen, jedoch mit geringem Erfolg. Erst während des Zweiten Weltkriegs wurden maßgeblich die technischen Grundlagen steuerbarer Bomben entwickelt. Die erste einsatzfähige, funkgesteuerte Waffe war der in Deutschland entwickelte Seezielflugkörper mit der Bezeichnung Fritz X, welcher am 9. September 1943 das italienische Schlachtschiff Roma versenkte.

Optisch-gelenkte Waffen

Bei optisch-gelenkten Waffen wird von einer an der Spitze montierten Kameraoptik während der Flugphase eine "Bombensicht" des Ziels an den Waffensystemoffizier übermittelt, der mittels an der Bombe angebrachter steuerbarer Leitwerke den Kurs korrigiert und die Zielführung bis zum Einschlag vornimmt.

Das nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellte US-amerikanische Entwicklungsprogramm für optisch-geführte Waffen wurde während des Koreakriegs fortgesetzt. In den 1960er Jahren wurden dann erstmals elektro-optische Kamera-Bomben eingesetzt. Derartige Waffen kamen auch zunehmend durch die United States Air Force in den letzten Jahren des Vietnamkriegs zum Einsatz, da sich das politische Klima zunehmend gegen die Tolerierung von sogenannten Kollateralschäden durch Flächenbombardements wendete.

Obwohl optisch-geführte Waffen nicht die Präzision von laser- und satellitengelenkten Waffen erreichen, kommen diese nach wie vor zum Einsatz. Die United States Navy verwendet die TV-geführte Gleitbombe AGM-62 Walleye in Verbindung mit dem AAW-144 Data Link Pod an dem trägergestützten Jagdbomber McDonnell Douglas F/A-18.

Laser-gelenkte Waffen

 
Ein A-10-Pilot inspiziert eine AGM-65G

Laser-gelenkte Waffen haben einen Lasersucher aus Fotodioden anstatt einer Kameraoptik. Die Photodioden registrieren nur ein bestimmtes Wellenspektrum von monochromatischem Laserlicht, das in der Regel außerhalb des wahrnehmenbaren Lichtspektrums gewählt wird. Damit das Ziel von dem Sensor erkannt wird, muss dieses vom Boden oder aus der Luft mit einem Laserstrahl bis zum Einschlag markiert werden. Der Nachteil dieses Systems ist die Notwendigkeit, dass die Bombe während der gesamten Flugphase Sichtkontakt zum Ziel haben muss. Wird der Sichtkontakt durch Wolken oder Hindernisse versperrt oder die Lasermarkierung behindert, verliert die Bombe ihr Ziel und kommt vom Kurs ab.

Laser-gelenkte Waffen waren bis zur Entwicklung von Mikroprozessoren nur in geringen Umfang verfügbar. Sie wurden in begrenzter Stückzahl erstmalig durch die britischen Streitkräfte im Falklandkrieg im Jahr 1982 eingesetzt. Der erste umfangreichere Einsatz war 1991 während der Operation Desert Storm in Kuweit, auch wenn in diesem Konflikt nach wie vor 93% aller Bomben ungelenkt waren. 1999 wurden Laser-gelenkte Waffen wie die AGM-114 Hellfire und AGM-65E Maverick in großer Stückzahl im Kosovo-Krieg eingesetzt, wo deren Effektivität jedoch unter den schlechten Wetterbedingungen in der südlichen Balkanhalbinsel litt.

Satelliten-gelenkte Waffen

Datei:Agm-86.jpg
Boeing AGM-86 Cruise Missile

Satelliten-geführte Waffen bestimmen ihre Position durch Satellitennavigationssysteme wie dem US-amerikanischen Global Positioning System (GPS) oder dem russischen GLONASS, weshalb ihre Einsatzfähigkeit nicht durch schlechte Sichtverhältnisse oder unzureichende Lasermarkierungen gestört werden kann. Aufgrund der geringen Sendeleistung der Navigationssatelliten kann jedoch deren Signal durch Funkstörquellen, so genannte Jammer, beeinträchtigt werden. Deshalb besitzen diese Waffen zusätzlich noch ein Trägheitsnavigationssystem, das bei Signalverlust die Flugsteuerung übernimmt.

Die Kreisfehlerwahrscheinlichkeit, also der Radius in dem der Sprengkopf mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% einschlägt, beträgt bei GPS-Systemen 13 m. Die Trägheitsnavigation erreicht im Vergleich dazu nur 30 m und steigt (im Gegensatz zum GPS) mit zunehmender Abwurfshöhe an. Die Zielgenauigkeit satellitengelenkter Waffen ist sowohl von der Präzision des Messsystems zur Lagebestimmung als auch von der Genauigkeit der Zielkoordinaten abhängig. Letztere sind maßgeblich von Geheimdienstinformationen beeinflusst, welche oft nicht präzise sind.

Satellitengelenkte Marschflugkörper wie die BGM-109 Tomahawk und AGM-86 Cruise Missile wurden 2003 erstmalig in großer Zahl durch die US-Streitkräfte bei der Operation Iraqi Freedom eingesetzt, um in einer ersten Angriffswelle ohne Gefährdung eigener Piloten die irakischen Luftabwehrstellungen und Kommunikationszentren zu vernichten.

Siehe auch