Buddenbrooks

Roman von Thomas Mann (1901)
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Buddenbrooks ist ein Roman von Thomas Mann mit dem Untertitel „Verfall einer Familie“. Er erschien 1901 als zweibändige Ausgabe im S. Fischer Verlag. Er ist der erste Roman des damals 26-jährigen Autors. 1929 erhielt Thomas Mann den Nobelpreis für Literatur ausdrücklich für die Buddenbrooks. Das Werk gilt als einer der bedeutendsten Gesellschaftsromane in deutscher Sprache. Es erreichte im deutschsprachigen Raum bis heute eine Auflage von ca. 6 Millionen und wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt.

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Buddenbrooks-Ausgabe von 1903

Der Roman umfasst das Schicksal der Kaufmannsfamilie Buddenbrook in Lübeck von 1835 bis 1877. Er schildert deren Stil, Glanz, Kultur und langsamen Verfall während vier Generationen. Mittelpunkt der Handlung ist das Haus der Familie in der Mengstraße in Lübeck. Am Beginn steht die Einweihung des neuen Firmensitzes unter dem unbeschwert agierenden Inhaber Johann Buddenbrook. Sein Nachfolger Jean Buddenbrook dagegen ist in der Geschäftsführung zunehmend zauderhaft und ängstlich. Dessen Sohn Thomas Buddenbrook wird durch seinen Ästhetizismus und eine untüchtige Vergeistigung beschrieben. Die Geschäfte führt er pflichtbesessen aber lustlos und neigt dabei zu riskanten Manövern. Thomas Buddenbrooks einziger Sohn Hanno ist eine labile Künstlernatur. Hanno besitzt keine Vorraussetzungen zum Kaufmann und scheitert an den Anforderungen von Schule und Leben. Mit dem Typhustod des 17-Jährigen endet der Roman.

Charakteristisch für das Werk ist die starke Anlehnung an reale Personen und Orte. Dadurch ist es heute noch möglich, auf seinen Spuren zu wandeln.

Inhalt

Höhepunkt der Familiengeschichte: Das Haus in der Mengstraße

Der Roman beginnt mit einem Familienfest zur Einweihung des neu erworbenen Hauses der Familie Buddenbrook in der Mengstraße. Mit einem üppigen Mahl feiert die Familie um Johann Buddenbrook den Älteren in Anwesenheit einiger Honoratioren der Stadt den Erwerb eines der besten Häuser im Kaufmannsviertel einer norddeutschen Hansestadt.

Die kaufmännische Tüchtigkeit des alten Johann Buddenbrook hat aus einem kleinen Familienunternehmen eine der wichtigsten Handelsfirmen der Stadt gemacht. Deshalb konnte er das Haus aus dem Besitz der bankrotten Familie Ratenkamp, mit deren Nennung gleich zu Beginn des Romans die Vergänglichkeit gesellschaftlichen Erfolgs dokumentiert wird, erwerben. Es breitet sich Behaglichkeit aus, die Stimmung ist gelöst, der Stadtpoet Jean-Jacques Hoffstede trägt ein Widmungsgedicht vor. Heiter bewegt sich das Gespräch in plattdeutsch, hochdeutsch und französisch durch das Tagesgeschehen, alte Anekdoten werden aufs Neue zum Besten gegeben.

Doch entspricht nicht alles dem schönen Schein: Am gleichen Tag ist ein Brief eingetroffen, der einen länger schon schwelenden Familienkonflikt auf die Spitze treibt. Die Idylle dauert nicht lange, schon erhält das glänzende Familienbild erste matte Stellen.

Dekadenz und geschäftlicher Abstieg

Die Vertreter der folgenden Generationen können dem Vorbild dieses arbeitsamen, tatkräftigen Kaufmanns immer weniger genügen. Stattdessen tritt bei mehreren Familienmitgliedern eine dem entschiedenen Auftreten abträgliche Selbstreflexion immer stärker und von Generation zu Generation fortschreitend hervor.

Äußerlich geht es dabei mit dem Haus Buddenbrook noch längere Zeit bergauf. Das Vermögen der Familie bleibt trotz gelegentlicher finanzieller Rückschläge beträchtlich. Den Höhepunkt an Ruhm und Ansehen erreicht die Familie, als Thomas Buddenbrook zum Senator der Stadt gewählt wird. Nach dessen eigener Überzeugung jedoch tritt dieser äußere Glanz - und zwar stets - erst zutage, wenn das Licht, das diesen Glanz erzeugt, in Wahrheit bereits zu verlöschen beginnt.

Bürger und Künstler – der Lebenskonflikt der Buddenbrooks

Die Rolle als tüchtiger Kaufmann und Politiker wird Thomas Buddenbrook mehr und mehr zur Last. Zunehmend verliert er die Zuversicht in die Wichtigkeit und Unfehlbarkeit seines Handelns. Gesundheitliche und finanzielle Probleme stellen sich ein, die er nur mühsam seiner Umgebung gegenüber verbirgt. So gleicht sein alltägliches Leben, manifestiert durch häufige Toilette und Garderobenwechsel, immer mehr dem eines Schauspielers. Das von Thomas stets willentlich verdrängte künstlerisch-vergeistigte Element seiner Person kommt, von Todesvorahnungen begleitet, deutlich zum Vorschein. So berauscht er sich an der Lektüre von SchopenhauersDie Welt als Wille und Vorstellung“. Das kurzzeitige traumartige Aufflackern philosophischer Erkenntnis bleibt aber letztlich folgenlos, da Thomas sich nicht von seiner öffentlichen Rolle lösen kann und will.

Thomas' innerer Konflikt spiegelt sich in seinem Widerwillen gegen seinen jüngeren undisziplinierten Bruder Christian wider, der all das verkörpert, was Thomas in sich unterdrückt, um als reger Kaufmann zu repräsentieren. Christian fehlt die Disziplin zu konsequenter Arbeit. Sein lebensuntüchtiger Hang zur Selbstbespiegelung macht Thomas rasend.

Mit der Heirat von Thomas Buddenbrook und Gerda Arnoldsen aus Amsterdam kommt die Musik in das Haus der Buddenbrooks und damit der Tod. Der Hang zur Musik und eine damit einhergehende Lebensuntüchtigkeit treten bei Hanno noch deutlicher hervor. Der lang erwartete, einzige Stammhalter erweist sich von Anfang an als kränklich und übersensibel. Thomas' Bemühungen, aus seinem Sohn einen Kaufmann, nach dem Vorbild des Urgroßvaters, zu machen, führen zur gänzlichen Entfremdung von Vater und Sohn. Nach dem frühen Tod von Thomas ist das kaufmännische Ende der Familie besiegelt. Hanno hat Anlagen zum Komponisten, es fehlt ihm aber an Tatkraft und Lebensmut. Er bleibt lebensuntüchtig, ein Außenseiter und findet Trost allein in seiner Musik und bei seinem schriftstellernden Schulfreund Kai.

Hanno fällt frühzeitig einer Typhuserkrankung zum Opfer. Nach seinem Ende zerstreuen sich die wenigen verbliebenen Familienmitglieder. Einzig Antonie, genannt Tony, für die die Familie und das Elternhaus nach zwei gescheiterten Ehen alles gewesen sind, bleibt alleine in einem Haus am Stadtrand zurück, nachdem das große Haus in der Mengstraße durch die einstigen Konkurrenten der Familie gekauft wurde.

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Buddenbrooks-Ausgabe von 1903

Stil

Der Roman besteht aus elf Teilen, die in eine unterschiedliche Anzahl von Kapiteln gegliedert sind. Der Roman wird ausnahmslos aus neutraler Erzählperspektive geschildert. Zugleich werden verschiedene stilistische Formate verwendet: Dialoge, Briefe, Lieder und Gedichte, Dokumente und lexikalische Artikel. Stilistisch charakteristisch ist die so genannte Montagetechnik durch die der Autor verschiedenste Zeitzeugnisse und reale Personen im Roman verwendet hat. Durch dieses Verfahren erhalten Figuren und Begebenheiten eine besondere Authenzität.

Ein weiteres markantes Stilelement ist die Beschreibung von Figuren, durch prägnante und häufig wiederholte Aussagen oder Gesten. Figuren werden nicht nur einführend beschrieben, sondern weisen sich durch typische Ausdrücke immer selber aus.

Figuren des Romans

Hauptfiguren

Johann Buddenbrook, der Ältere

Johann Buddenbrook der Ältere wird 1765 geboren und stirbt 1842. In erster Ehe ist er mit Josephine Buddenbrook verheiratet, die nach der Geburt des Sohnes Gotthold Buddenbrook stirbt. 1799 heiratet er Antoinette Buddenbrook (geb. Duchamps); mit ihr bekommt er eine Tochter und und einen Sohn Johann (Jean) Buddenbrook, den späteren Inhaber der Firma.

Johann Buddenbrook der Ältere hat im Roman die Funktion des Rollenvorbilds. In seiner Generation erreicht die Familie den Zenit ihrer bürgerlichen Karriere. Er ist aus seiner ganzen Natur heraus Geschäftsmann mit klaren Begriffen von seiner Umwelt, sicherem kaufmännischem Gespür und der Fähigkeit, das Erreichte in behaglicher Zufriedenheit zu genießen.

Im allerersten Satz des Romans mokiert er sich über die Bemühungen der kleinen Tony, den ersten Artikel des zweiten Hauptstücks („Vom christlichen Glauben“) aus dem Kleinen Katechismus Martin Luthers aufzusagen: „Je, den Düwel ook, c´est la question, ma très chère demoiselle“. Die Mischung aus niederdeutschem Dialekt und französischen Satzteilen kennzeichnet die ältere Generation, besonders aber Johann Buddenbrook den Älteren. Er hat kein Bedürfnis nach Religion oder Welterklärung, er ist ein Mann der Tat, geistig der Aufklärung verpflichtet, Bewunderer Napoleons.

Seiner kaufmännischen Tatkraft als preußischer Heereslieferant während der Befreiungskriege verdankt die Firma ihren Aufstieg. Kraftvoll hat er die Gunst der Stunde genutzt und die Firma zu der Höhe geführt, in der sie sich zu Beginn des Romans zeigt; Die Familie erwirbt das Haus der Ratenkamps, einer einst geachteten Familie, die das Schicksal der Buddenbrooks bereits hinter sich hat, mit dessen Einweihung der Roman beginnt.

In einzelnen Aspekten rührt der „Verfall“ aber doch schon an Johann Buddenbrook: Seine erste Frau ist zum Zeitpunkt des Handlungsbeginns schon tot. Mit ihr verband ihn tiefe Liebe, die in Einklang mit geschäftlichen Interessen stand. Demgegenüber scheint geschäftliches Interesse in seiner zweiten Ehe zu überwiegen. Hat ihn der Tod seiner ersten Frau in „wilde Verzweiflung“ gestürzt, so erlebt er das Ableben seiner zweiten Frau viel distanzierter. Hier zeichnet sich schon die Entfremdung, das Nebeneinander-Leben der Ehepartner ab, das in den Folgegenerationen stärker hervortreten wird.

  • =====Vorlagen zur Figur=====

Als Johann Buddenbrook der Altere wird Johann Siegmund Mann I, der Gründer der Firma Mann, identifiziert. Von ihm stammt der zitierte Wahlspruch „Mein Sohn, arbeite gerne am Tage, aber mache auch nur solche Geschäfte, daß wir bei Nacht ruhig schlafen können“. Er wurde 87 Jahre alt und starb, wie Viktor Mann berichtet „im Revolutionsmärz 1848, wie man erzählt, an einem Schlaganfall, den ihm, dem Feudalrepublikaner, seine kochende Wut über die harmlos randalierende ‚Canaille‘ eingetragen hatte“.

Antoinette Buddenbrook, geb. Duchamps

Antoinette Buddenbrook ist die Gattin von Johann Buddenbrook dem Älteren. Sie ist die Mutter von Jean Buddenbrook und stirbt 1842 nach mehrwöchiger Krankheit.

Johann (Jean) Buddenbrook

Johann (Jean) Buddenbrook ist der erste Sohn aus der zweiten Ehe Johann Buddenbrooks des Älteren mit Antoinette Buddenbrook, geb. Duchamps. Er wird 1800 geboren und stirbt 1855. Jean Buddenbrook ist der Vater von Thomas, Christian, Antonie (Tony) und Clara Buddenbrook.

Er übernimmt die Führung der Firma und setzt sich damit gegen Gotthold Buddenbrook, seinen Halbbruder aus der ersten Ehe des Vaters durch. Er ist durchsetzungsstark, bekleidet wichtige politische Ämter und verkörpert Gelassenheit gegenüber Unruhen und Aufständen. Im Gegensatz zu seinem Vater neigt er zu stärkerer Religiosität, ist weniger intuitiv und zurückhaltender, aber nicht minder erfolgreich in der Führung der Firma. Während sein Vater den Familienpapieren wenig Beachtung schenkt, ist er der redliche Chronist der Familie. Jean Buddenbrook leitet die Ehe zwischen seiner Tochter Antonie (Tony) und dem vorgeblichen Kaufmann Bendix Grünlich in die Wege.

  • =====Vorlagen zur Figur=====

Konsul Johann Siegmund Mann II diente als Vorlage für Jean Buddenbrook. Er war der eigentliche Chronist der Familie Mann, schrieb das vom Großvater, dem ältesten Mann, geerbte Chronikheft in der erblichen „Biebel“ der Familie ab und ergänzte sie durch eigene „Skitzen“ aus dem Leben von Johann Siegmund Mann jr. in Lübeck (GKFA, Kommentarband „Buddenbrook“, S. 571 ff.)

Auch Johann Siegmund Mann verlor seine erste Frau bei der Geburt des Sohnes und legte die Geschäfte in die Hände seines Sohnes aus zweiter Ehe.

Johann Siegmund Mann II wurde nach und nach („successive“) in verschiedene Ämter seiner Heimatstadt gewählt und hätte wahrscheinlich noch mehr politische Erfolge eingebracht, wenn nicht ein Konkurrent, Johann Fehling, ihm geschadet hätte. Die Familie Hagenström des Romans heißt in den ersten Entwürfen noch Fehling, Johann Fehlings Kinder hießen wirklich Julchen und Hermann.

Elisabeth Buddenbrook („Betsy“), geb. Kröger

Elisabeth Buddenbrook, geb. Kröger, ist die Ehefrau von Konsul Johann (Jean) Budenbrook. Sie ist die Mutter von Thomas, Christian, Antoinette (Tony) und Clara. Sie wird als zunächst elegante und lebenslustige, mit zunehmendem Alter aber fromme und frömmelnde Person beschrieben, die nach dem Tod ihres Gatten das Haus in der Mengstraße für caritative Veranstaltungen und protestantische Missionare öffnet. Gegen den Willen ihres Sohnes und Firmenbesitzers Thomas Buddenbrook überträgt sie nach dem Tode ihrer Tochter Clara und deren Gatten, Pastor Tiburtius, 120.000 Kurantmark.

Thomas Buddenbrook

Thomas Buddenbrook ist der erste Sohn von Jean und Elisabeth Buddenbrook, Bruder von Christian, Tony und Clara, Gatte von Gerda Buddenbrook (geb. Arnoldsen) und Vater von Hanno. Er wird 1826 geboren und stirbt 1875 an den Folgen einer Zahnoperation.

Im Gegensatz zu seinen Vorfahren fehlt Thomas Buddenbrook das intuitive Geschick und die „Lust bey den Geschäften“. Seiner Rolle als Firmeninhaber kommt er nur mit großen Anstrengungen, harter Disziplin und verbissenem Pflichtgefühl nach.

Von Johann Buddenbrook dem Älteren hat er zwar die Aufgeschlossenheit geerbt, nicht aber dessen Unbefangenheit, Jovialität und Begabung zum „Behagen“. Differenzierter und gebildeter als seine Vorfahren, sind seine ersten Jahre als Chef der Firma von geschäftlichen Erfolgen gekennzeichnet. Die Geschichte seiner Kaufmannsfamilie und seine fortschrittliche Denkweise gereichen Thomas auch politisch zum Vorteil: Als Mitglied des Stadtparlaments setzt er sich für die Bahnverbindung nach Hamburg und eine moderne Gasbeleuchtung der Straßen ein. In der Politik erreicht er mehr, als seine Vorfahren: Er wird zum Senator seiner Heimatstadt gewählt.

Im Laufe der Zeit erscheint Thomas Buddenbrook zunehmend rastlos. Oft ohne ersichtlichen Grund beginnt er kostspielige und unnötige Projekte wie den Bau eines eigenen Hauses. Seine Rolle als Kaufmann empfindet er als ungenügend. Er wendet sich immer weiter von den Geschäften ab und der Politik zu. Im öffentlichen Leben genießt er ein glänzendes Ansehen, gilt aber bei aller Fähigkeit zum Repräsentieren zugleich als eitel und unnahbar. Als Inhaber der Firma agiert er zunehmend unsicher und schließt Geschäfte ab, die ihn nachts nicht „mehr ruhig schlafen“ lassen. Durch den riskanten Kauf einer noch nicht eingebrachten Ernte „auf den Halm“ erleidet er einen erheblichen Verlust, als die Ernte am Tage des 100jährigen Firmenjubiläums durch Hagel vollständig zerstört wird.

Als Pflichtmensch führt er die Firma äußerlich unverändert, doch ohne Elan weiter. Nur in kurzen Augenblicken des Alleinseins weicht seine strenge Selbstbeherrschung einer fatalistischen Hoffnungslosigkeit. Mehr und mehr erstarrt Thomas in den „bewährten“ Geschäftspraktiken seiner Vorfahren, deren er sich zunehmend mit Unbehagen erinnert, während das öffentliche Leben und besonders der Handel sich in der Stadt prächtig entwickeln. Zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäfte zeichnete sich Thomas durch Modernität und Weltoffenheit aus, gegen Ende des Romans wirkt er wie Schatten seiner selbst, bemüht die Contenance zu wahren, mutlos und ohne Tatkraft. Die Firmengeschäfte entwickeln sich entsprechend zurück, der weit dimensionierte Handel ist nicht mehr Sache der Firma Buddenbrook.

Die Begegnung mit Schopenhauers Werk versetzt ihn in einen rauschhaften Zustand der Bewusstwerdung seiner gescheiterten Existenz. Seine Bewunderung für die im Leben Souveränen und Starken schließt die Ablehnung seines eigenen Lebens und die demütige Akzeptanz des eigenen Todes mit ein. Er begegnet so seinem Schicksal in vollem Wissen über den unaufhaltsamen Niedergang. Im Testament verfügt er die Auflösung der Firma Buddenbrook.

  • =====Vorlagen zur Figur=====

Bei der Gestaltung des Thomas Buddenbrook hatte Thomas Mann mehrere Vorbilder zu einer Person verwoben. Viktor Mann erkennt den Vater Thomas Johann Heinrich und Chef der Firma Mann in der Figur wieder. Dieser war im Alter von 29 Jahren in die Lübecker Bürgerschaft gewählt worden, wurde später Finanzsenator seiner Heimatstadt. Nach seinem Tod wurde, entsprechend seinem Testament, die Firma Mann liquidiert.

Im Gegensatz zum Thomas Buddenbrook des Romans verblieb Johann Heinrich Mann zeit seines Lebens in seiner Rolle als Bürger und Kaufmann. Mit den Zweifeln, dem aufklaffenden Gegensatz zwischen bürgerlicher und künstlerischer Existenz, hat Thomas Mann eigene Wesenszüge eingefügt. Auch der „metaphysische Rausch“ nach der Schopenhauer-Lektüre ist ein authentisches Erlebnis Thomas Manns.

Antonie (Tony) Buddenbrook; geschiedene Grünlich, geschiedene Permaneder

Antonie Buddenbrook (geb. 1827), genannt Tony, ist die erste Tochter von Jean und Elisabeth Buddenbrook, Schwester von Thomas, Christian und Clara, die Mutter Erika Weinschenks (geb. Grünlich) und Großmutter von Elisabeth Weinschenk.

Tony wird gekennzeichnet durch einen vernarrten Familiensinn. Sie ist vom vornehmen Stand und der privilegierten Postion ihrer Familie überzeugt. Mitglieder anderer Familien, die es zu Wohlstand und Ansehen gebracht haben, straft sie mit Ignoranz und bezeichnet sie als "Geschmeiß".

Sprunghaft in Stimmungen und Ansichten wie ein Kind, von wenig Bildung behindert, ist sie eher ein seichtes Gewässer, das aber desto lauter plätschert. Bald tieftraurig, bald wieder fröhlich lachend, kann sie nie für längere Zeit gedrückter Stimmung sein. „Das Leben“, welches ihr Thomas Mann ironisch als Leitmotiv zugeordnet hat, ist ihr vergleichsweise hart begegnet. Dennoch bleibt sie nach eigenen Worten eine "Gans", die aus eigenen Erfahrungen nicht klüger geworden, was sich in ihrer zweiten gescheiterten Ehe und dem mitunter grotesken Hochmut zeigt. Durch ihre unerschütterliche Naivität stellt sie eine Konstante im Familienleben dar. Als eine der wenigen Familienmitglieder verfügt sie über emotionale, störrische und amüsante Unbekümmertheit.

Sie ist unbezahlbar, Mutter! Wenn sie heucheln will, ist sie unvergleichlich! Ich schwärme für sie, weil sie einfach nicht imstande ist, sich zu verstellen, nicht über tausend Meilen weg...

Während eines Aufenthaltes in Travemünde verliebt sie sich unstandesgemäß in den Sohn eines Lotsenkommandeurs, Morten Schwarzkopf. Sie macht jedoch keine ernsthaften Anstalten, eine Verbindung mit ihm einzugehen und willigt in den Wunsch ihres Vaters ein, der eine Heirat mit dem Kaufmann Bendix Grünlich vorgesehen hat.

Mit Grünlich lebt sie vier Jahre zusammen in Hamburg (.... vor den Toren der Stadt, in Eimsbüttel) und bekommt eine Tochter, Erika. Nachdem Grünlich Bankrott erklären muss, stellt sich heraus, dass er ein Heiratsschwindler war. Jean Buddenbrook holt daraufhin seine Tochter nach Lübeck zurück und leitet die Ehescheidung ein. Tony lebt fortan zusammen mit ihrer Tochter als geschiedene Frau zurückgezogen im Elternhaus.

1867 heiratet sie den Bierfabrikanten Alois Permaneder. Permaneder entschließt sich gleich nach dem Erhalt der Mitgift, sich zur Ruhe zu setzen, um als Privatier zu leben:

Tonerl, mehr brauchen mer nimmer. I hab' mi allweil g'schunden und jetzt will i mei Ruh, (…) I bin ka Protzen net und mag net allweil a Göld z'sammscharrn; (…) von morgen ab mach' i Schluß und werd' Privatier.

Tony missfällt die untätige Genügsamkeit ihres bayrischen Gatten, der in derber Lebensfreude seine Zeit in Brauereien und Biergärten verbringt. Auch mit München wird sie nicht warm, empört sich über die Umgangsformen und den unvornehmen Umgangston. Zum Bruch zwischen den Eheleuten kommt es, als Tony ihren Gatten bei einem Techtelmechtel mit der Köchin erwischt. Daraufhin verlässt sie 1859 München und kehrt erneut nach Lübeck zurück. Gegen alle Widerstände aus der eigenen Familie setzt sie erneut die Scheidung durch. In Lübeck wendet sie sich wieder dem Luxus im elterlichen Buddenbrookhaus zu, lebt aber aus Gründen des Anstandes weiter zurückgezogen.

Tony, oft als „heimliche Hauptperson“ des Romans bezeichnet, ist eine Konstante im Familienleben. Als einzige der Hauptfiguren bleibt sie während der gesamten Handlung fast unverändert sie selbst: kindlich naiv, unerschütterlich in ihrem Familiensinn, der Firma treu: Eisern hält sie die Illusion der Achtbarkeit fest, „Vornehmheit“ ist ihre Lebensmaxime. Dabei ist es ausgerechnet Antonie, die der Illusion der ehrbaren Firma am meisten opfert. Selbst als zweifach geschiedene Frau besteht sie auf den sozialen Vorrechten, die ihr als höhere Tochter und Mitglied der „ersten Kreise“ zustehen.


  • =====Vorlagen zur Figur=====

Die Tante Elisabeth Mann diente Thomas Mann als Vorlage für Tony Buddenbrook. Auf Thomas Bitte schrieb seine Schwester Julia Mann im Jahr 1897 einen umfangreichen Bericht über das Leben der Tante. Viele Details aus dieser Schilderung sind wörtlich in den Roman übernommen worden (die Kinderstreiche, der „Hang zum Luxus“, die Anekdote mit der Specksuppe). Wie ihr literarisches Abbild war auch Elisabeth Mann zweimal verheiratet, zur ersten Ehe wurde sie ebenfalls von den Eltern gedrängt, auch dieser Ehemann machte Bankrott. Elisabeth Mann war zuerst - laut Viktor Mann – ob der Indiskretion des Romans „indigniert“, begegnete ihrem Schicksal dann „mit Humor und schließlich mit Stolz“, dass die Familie sie nur noch Tony nannte.

Christian Buddenbrook

Christian Buddenbrook (geb. 1828) ist der zweite Sohn von Jean und Elisabeth Buddenbrook. Er ist der Bruder von Thomas, Tony und Clara und hat mit der Schauspielerin Aline Puvogel eine Tochter, Gisela.

Schon zu Jugendzeiten besticht Christian durch sein schauspielerischen Talent. So versteht er es glänzend, Personen der Umgebung zu imitieren und verschafft sich schon als Halbwüchsiger Zugang zur Theaterwelt hinter den Kulissen.

Während Lübeck für Thomas stets das vorbestimmte Lebenszentrum bleibt, ist Christian welterfahren. Er lebt lange Zeit in Hamburg, London, Amsterdam und Südamerika und kehrt erst nach dem Tod seines Vaters endgültig nach Lübeck zurück. Zu Disziplin und steter Arbeit ist er jedoch völlig unfähig. Seiner Rolle als Mitglied der Firma Buddenbrook wird er nie gerecht.

Zur Arbeit im Kontor der Firma erscheint er nach eigenem Gutdünken und belustigt die Angestellten mit heiteren Anekdoten von Arbeitsverweigerern aus fremden Ländern. Durch sein Talent der lebhaften Erzählung wird er rasch zum Liebling des Lübecker Clubs. Trotz seiner körperlichen Leiden besitzt er eine unbeschwerte Art. Er achtet nicht auf die Konsequenzen seiner Äußerungen und Taten, sagt einmal „alle Kaufleute sind Schwindler" und geht ein offenes Verhältnis mit einer Schauspielerin der Stadt ein. In seiner bohèmehaften Existenz verkörpert Christian Buddenbrook im Roman - neben Gerda und Hanno - am reinsten den Typus des Künstlers als äußersten Gegensatz zum Bürger. Im Gegensatz zu Gerda vermag er es aber weder sich mit den bürgerlichen Konventionen zu arangieren, noch ihnen etwas entgegenzusetzen. Während Gerda das bürgerliche Milieu mit ihrer Exotik und Musikalität überstrahlt, resigniert Christian und fügt sich in seine Rolle als amüsanten Tunichtgut. „Wie satt ich das alles habe, dies Taktgefühl und Feingefühl und Gleichgewicht, diese Haltung und Würde, wie sterbenssatt!

Ähnlich wie Thomas besitzt Christian einen starken Hang zur Selbstbeobachtung. Während sein Bruder diesen Hang jedoch als untüchtig und verwerflich bekämpft und mitunter mit zwanghaften Verhaltensweisen überspielt, überlässt sich Christian ihnen uneingeschränkt. Die akribisch hypochondrische Beobachtung seiner körperlichen Befindlichkeiten ist sein am konsequentesten durchgehaltenes Lebens- und Gesprächsthema.

Christian ist als Zwillingsgestalt und Spiegelbild zu seinem Bruder Thomas angelegt. Thomas Mann hat sich in den beiden Figuren in dem Roman „verwirklicht“. Das Gegensatzpaar Bürger-Künstler tritt hier am deutlichsten hervor. Während sein Bruder die Pflicht und das Geschäft als Lebensprinzip annimmt, lebt Christian in der Welt der Emotionen, des „Tingeltangel fünfter Ordnung“, im Theater und im Club der „Suitiers“. Im Gegensatz zu Christian vermag es hingegen Thomas nicht, Schwächen, Gefühle und Ängste einzugestehen.

  • =====Vorlagen zur Figur=====

Friedrich Wilhelm Lebrecht Mann, in der Familie „Onkel Friedel“ genannt, ist ein Vorbild für Christian Buddenbrook. Klaus Mann berichtete, Onkel Friedel sei „ein neurotischer Tunichtgut“ gewesen, „der sich in der Welt herumtrieb und über eingebildete Krankheiten klagte“. Friedrich Mann hat sich am 28. Oktober 1913 gegen die seiner Meinung nach ehrabschneidende Darstellung in dem Roman in einer viel belachten Annonce in den Lübeckischen Anzeigen gewehrt:

Wenn der Verfasser der ‚Buddenbroks‘ in karikierender Weise seine allernächsten Verwandten in den Schmutz zieht und deren Lebensschicksale eklatant preisgibt, so wird jeder rechtdenkende Mensch finden, dass dieses verwerflich ist. Ein trauriger Vogel, der sein eignes Nest beschmutzt!“.

Christian Buddenbrook ist jedoch kein bloßes Abbild des schrulligen Onkels. In der Auseinandersetzung zwischen Christian und Thomas Buddenbrook spiegelt sich auch der Konflikt zwischen dem konservativen Dichter und Repräsentanten Thomas Mann und seinem Bruder, dem linken Gesellschaftskritiker und progressiven Literaten, Heinrich Mann wider.

Clara Tiburtius, geb. Buddenbrook

Clara Tiburtius, geb. Buddenbrook (geb. 1838, gest. 1864), ist das vierte Kind von Jean und Elisabeth Buddenbrook. Sie wird als andächtig, still und mager beschrieben. 1856 heiratet sie den im Hause der Buddenbrooks verkehrenden Pastor Tiburtius und zieht mit ihm nach Riga, wo sie einer qualvollen Krankheit erliegt. Vom Totenbett schreibt sie ihrer Mutter einen Brief, indem sie darum bittet, Tiburtius das auf sie ausgesetzte Erbe auszuzahlen. Ungeklärt bleibt, ob sie den Brief aus eigenem Antrieb verfasste, oder ob er diktiert wurde. Ihre Mutter folgt unverzüglich dem Ansinnen ohne Thomas davon in Kenntnis zu setzen und untergräbt damit seine Position als Leiter der Firma und Familienoberhaupt.

Gerda Buddenbrook, geb. Arnoldsen

Gerda Buddenbrook ist die Tochter des „große(n) Kaufmann(s) und beinahe noch größeren Geigenvirtuos(en)“ Arnoldsen. Sie ist das einzige Kind des Witwers und lebt mit ihrem Vater in Amsterdam. Gerda ist durch eine faszinierende und zugleich reservierte Musikalität gekennzeichnet. Sie ist eine begnadete Violinistin mit einer echten Stradivari und Verehrerin der Werke Wagners. Auch ihr Äußeres ist von rätselhafter Schönheit, üppig und groß gewachsen, mit schwerem, dunkelrotem Haar. Die nahe beieinander liegenden braunen Augen sind von bläulichen Schatten umlagert. Ihr Lächeln zeigt weiße, starke Zähne. Das „Gesicht war mattweiß und ein wenig hochmütig.“

Thomas Buddenbrook gewinnt Gerda auf der Höhe seiner Karriere, obwohl sie „bislang ihren Entschluß, niemals zu heiraten mit Festigkeit aufrechterhalten“ hatte. Ihre Musikalität beeindruckt ihn, auch wenn ihm die Musik ein wesensfremder Bereich ist. In einem Brief an seine Mutter schreibt er: „Diese oder keine, jetzt oder niemals!“. Darüber hinaus ist sie eine glänzende Partie, deren Mitgift frisches Kapital in die Firma fließen lässt.

Im Verkehr mit ihren Mitmenschen macht sie einen geheimnisvollen, unnahbaren und exotischen Eindruck. Die rätselhafte Aura, die sie umgibt, veranlasst den Makler und Kunstliebhaber Gosch, sie „Hera und Aphrodite, Brünhilde und Melusine in einer Person“ zu nennen. Ihren Pflichten als Frau Senatorin Buddenbrook kommt sie mit Mühe nach, ohne darin aufzugehen.

Gerdas Musikalität kontrastiert mit dem von praktischen Fragen bestimmten Alltag der Firma und Familie Buddenbrook. Während ihr Mann den Geschäften nachgeht, musiziert sie mit anderen Männern und erreicht dabei eine Seelenverwandschaft, die ihrem Gatten schmerzlich verwehrt bleibt. In der Gestalt von Gerda Buddenbrook verkörpert die Musik in dem Roman auch ein weltenthobenes und destruktives Element, das frischer Tatkraft und geschäftigem Fleiß entgegensteht und ihnen zugleich erhaben ist. Auch in ihrem Sohn Hanno schlägt sich ihr musikalischer Charakter durch.

Alterslos und von der Zeit unverändert, verlässt sie nach dem Tod von Ehemann und Sohn Lübeck und kehrt in ihre Heimatstadt Amsterdam zurück, als habe sich ihre Sendung erfüllt.

  • =====Vorlagen zur Figur=====

Gerda Buddenbrook weist gewisse Parallelen zur Mutter Thomas Manns, Julia Mann auf. Beide wachsen mutterlos auf und verbringen Zeit in einem Lübecker Mädchenpensionat. Auch Julia Mann verlässt nach dem Tod ihres Mannes bald die vornehme Heimatstadt.

Jedoch handelt es sich bei der Figur von Gerda nicht um ein einfaches Abbild der Mutter. Dazu sind die Charaktere zu verschieden. Vielmehr kann in Gerda Buddenbrook eine Weiterentwicklung einer Figur aus der Novelle „Der kleine Herr Friedemann“ erkannt werden. Dort ist es Gerda von Rinnlingen, die dem Titelhelden den Tod bringt.

Justus Johann Kaspar (Hanno) Buddenbrook

Justus Johann Kaspar Buddenbrook (geb. 1861, gest. 1877), genannt Hanno, ist der einzige Sohn von Thomas und Gerda Buddenbrook.

Hanno wird als schön, schwächlich, introvertiert und außerordentlich musikalisch beschrieben. Mit allen Forderungen des Alltags tut er sich schwer. Er kommt seiner Mutter nach und ist nicht der Mensch, das kaufmännische Erbe der väterlichen Familie fortzuführen. In eigentümlicher kindlicher Vorsehungskraft erkennt er es selber, als er in der Familienchronik einen Doppelstrich unter seinen Namen zieht. Vom Vater „zu dem Unfug“ zur Rede gestellt, antwortet er; „ich glaubte - ich glaubte - es käme nichts mehr“ und behält recht. Hanno stirbt 15jährig an Typhus.

Statt einer individuellen Beschreibung des Herganges wird im nüchtern sachlichen Stil der tödliche Verlauf der Krankheit aus Meyers Konversationslexikon rezitiert. Nach seinem Tod zieht Gerda zurück nach Amsterdam, „um mit ihrem alten Vater Duos zu spielen“. Mit Hanno bricht die Genealogie der Buddenbrooks ab.

  • =====Vorlagen zur Figur=====

Für Hanno gibt es kein Mitglied der Familie Mann, das Pate gestanden hätte. Thomas Mann hat vielen Figuren des Romans eigene Charakterzüge geliehen. Wiederholt hat er betont, dass ihm Hanno Buddenbrook am nächsten steht.

Nebenfiguren

Weitere Mitglieder der Familie

  • =====Gotthold Buddenbrook=====*

ist der ungeliebte Sohn von Johann Buddenbrook aus erster Ehe. Er wird als beleibt und kurzbeinig beschrieben und ist eifersüchtig auf seinen Halbbruder Jean Buddenbrook, der statt seiner zum Inhaber der Firma bestimmt wird. Seine Töchter Frederike, Henriette und Pfiffi Buddenbrook bleiben unverheiratet und treten immer wieder als neidische Spötterinnen auf, die Rückschläge der Familie mit Schadenfreude kommentieren.

  • =====Klothilde Buddenbrook===== *

ist die Nichte von Johann Buddenbrook dem Älteren. Sie stammt aus einem eingegangenen Nebenzweig der Familie. Klothilde, Spitzname Thildchen, ist im Alter von Thomas Buddenbrook, wächst mit ihm und seinen Geschwistern im Haus in der Mengstraße auf und wird später in einem Kloster versorgt. Sie wird als magere, blasse und phlegmatische Person beschrieben, die bei jedem Anlass mit großem Appetit zur Stelle ist.

  • =====Familie Kröger=====*

Lebrecht Kröger (geb. unbekannt, gest. 1848) ist verheiratet mit seiner Cousine Catharina Kröger. Er ist der Vater der Konsulin Elisabeth Buddenbrook. Die Enkelin Tony ist als Kind oft auf einige Wochen zu Gast in dem noch reicheren und luxuriöseren Haus. Er ist ein gutmütiger und fröhlicher Herr alter Schule. Bei einem Bürgeraufstand vor dem Rathaus versagen ihm die Nerven und er stirbt. Sein Sohn Justus Kröger (geb. 1800, gest. 1875) heiratet die menschenscheue Rosalie Overdiek und hat mit ihr die Kinder Jacob und Jürgen. Er setzt sich bald zur Ruhe und genießt das Leben als Suitier. Beide Kinder aber machen Sorgen. Jacob fällt immer wieder durch seinen Leichtsinn und zwielichtige Geschäfte auf. Das geht so weit, dass Justus mit ihm bricht und das untragbare Kind nach Amerika geschickt wird. Jürgen schließt sein Jurastudium nicht ab und wird Postangestellter. Justus stirbt an seinen alten Lastern. Nach dem ärztlichen Verbot von Zuckerwaren besorgt er sich ein kleines Zimmer, in das er die Konditorwaren heimlich kommen lässt; dort stirbt er.

Morten Schwarzkopf

Morten Schwarzkopf ist der Sohn des Lotsenkommandeurs Schwarzkopf aus Travemünde und Medizinstudent aus Göttingen. Tony Buddenbrook lernt er kennen, als sie während eines Urlaubs im Hause seiner Eltern wohnt. Hintergrund ihres Urlaubs ist der Antrag des ungeliebten Kaufmanns Bendix Grünlich, der ihr zuvor gestellt wurde.

Zwischen Morten und Tony entwickelt sich eine "Sommerliebe". Bezeichnend für ihr Verhältnis zu dem attraktiven, aber nicht standesgemäßen Morten ist der Terminus "auf den Steinen sitzen", der verschiedene Male im Laufe des Romans wieder erscheint. Morten Schwarzkopf muss wiederholt auf einigen Steinen am Strand sitzen bleiben und warten, während Tony ihre höher gestellten Freundinnen und Bekannten trifft, vor denen er sich nicht sehen lassen kann. "Auf den Steinen sitzen" wird zum Begriff für ausgegrenzt-Sein, für den Wartestand. Trotz der Standesunterschiede versprechen sich Morten und Tony. Auf Anraten ihres Vaters nimmt Tony jedoch bald nach ihrer Rückkehr nach Lübeck den Antrag von Bendix Grünlich an.

Morten Schwarzkopf wird später Arzt in Breslau.

Bendix Grünlich

Bendix Grünlich ist die erste Figur, die im Verlaufe des Romans von außen in die Familie der Buddenbrooks eintritt. Eingeladen als Geschäftspartner, lernt er Tony als junge Frau kennen. Antonie verabscheut ihn allerdings vom ersten Moment an wegen seines manierierten Auftretens. Grünlich macht ihr nach einigen Wochen einen Antrag und lässt dabei jede Distanz vermissen; er verknüpft in aufdringlicher und überzogener Weise sein Leben mit der Annahme dieses Heiratsantrags, dessen sich Tony kaum zu erwehren weiß. Was wie echte Verliebtheit aussieht, erweist sich im Laufe des Romans immer mehr als kaltblütiges Manöver Grünlichs. Nach der Heirat und Übersiedelung nach Hamburg nimmt er kaum mehr Notiz von seiner jungen Frau. Am Ende stellt sich heraus, dass es ihm ausschließlich auf die Mitgift und das Renommé, privat mit der Familie Buddenbrook verbunden zu sein, angekommen war. Nach Grünlichs Bankrott folgt die Ehescheidung, Tony kehrt in ihr Elternhaus zurück und Grünlichs Spur verliert sich.

Alois Permaneder und sein schreckliches Wort

Unverzeihlich und in gepflegter Konversation unter keinen Umständen wiederzugeben ist jenes Schimpfwort, das Alois Permaneder seiner Frau Antonie an den Kopf wirft: Ein einziges Schimpfwort von äußerster, nicht wiederzugebender Unanständigkeit aus dem Munde Permaneders („Geh zum Deifi, Sauluada, dreckats!“) treibt die unwiderrufliche Zerrüttung auch der zweiten Ehe Antonie Buddenbrooks zu ihrer krisenhaften Zuspitzung. Über mehrere Kapitel hinweg werden die Leser im Unklaren gelassen, in welche Worte der endgültige Bruch wohl gefasst worden sei. Leitmotivisch spielt Thomas Mann hier nicht nur mit seinen Romanfiguren, sondern auch mit seinen Lesern.

Erika, Elisabeth und Hugo Weinschenk

Erika Grünlich ist das einzige Kind aus der Ehe zwischen Tony Buddenbrook und Bendix Grünlich. Sie zieht mit ihrer Mutter nach der Trennung von Grünlich zurück in deren Elternhaus in die Mengstraße. Als junge Frau heiratet sie Hugo Weinschenk. Weinschenk ist der Direktor einer Feuerversicherungsgesellschaft. Er wird als "tüchtiger Büromensch" und gesellschaftlich unerfahrener Mann beschrieben, dessen "Konversation von Herzen ungewandt" ist. Mit ihm hat Erika eine Tochter Elisabeth. Weinschenk wird wegen dienstlicher Unregelmäßigkeiten zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Danach ist er in der Lübecker Gesellschaft untragbar geworden. Nachdem er die Haftstrafe verbüßt hat, verzieht er sich alleine nach England.

Graf Kai Mölln

Kai ist der einzige Freund von Hanno. Er ist ein „Kind von vornehmer Herkunft und gänzlich verwahrlostem Äußeren“. Mit seinem Vater, Eberhard Graf Mölln, lebt er auf einem Gehöft und „winzigen, fast wertlosen Anwesen, das überhaupt keinen Namen hatte“ vor den Toren der Stadt. „Mutterlos [...] war der kleine Kai hier wild wie ein Tier unter Hühnern und Hunden herangewachsen“. Die Familie Mölln ist bereits verfallen. In Kai haben sich jedoch die edlen Züge erhalten. Er strotzt voll Lebenskraft, ist begeistert von englischer Literatur und ein phantasiereicher Erzähler. Auf ihm lastet keine (Familien-) Geschichte mehr, bürgerliche Konventionen haben für ihn keine Gültigkeit, der Verfall hat ihn frei gemacht. Kai und Hanno fühlen sich vom ersten Anblick an voneinander angezogen. Ihre Freundschaft besitzt eine ausgeprägte homoerotische Komponente. Kai „hatte mit einer stürmisch aggressiven Männlichkeit und die Gunst des stillen [...] Hanno geworben, der gar nicht zu widerstehen gewesen war“.

Ida Jungmann

Ida Jungmann ist die "Bonne" der Familie Buddenbrook. Sie zieht bereits Thomas und Christian auf und kümmert sich später um Erika, Elisabeth und Hanno. Gekennzeichnet wird sie unter Anderem durch ihren westpreußischen Dialekt und skurrile Geschichten, die sie ihren Zöglingen erzählt.

Therese (Sesemi) Weichbrodt

Therese Weichbrodt, von allen Sesemi genannt, ist die Leiterin eines Mädchenpensionates, das von Gerda Arnoldsen, Tony Buddenbrook und ihrer Tochter Erika besucht wird. Sie ist eine alte, ungeheuer kleine und mild gestimmte Person, die zu jedem Anlass mit ihrer eigentümlichen Sprechweise die Worte „sei glöcklich, du gutes Kend!“, sagt. Mit diesem Wunsch besiegelt die alte Erzieherin Hochzeiten und andere feierliche Anlässe im Leben ihrer ehemaligen Schützlinge. Oft hat sie bei diesen Anlässen das letzte Wort. Angesichts des Scheiterns vieler trotz ihrer Glückwünsche geschiedenen Ehen kommt dem Ausspruch im Verlauf des Romans die Bedeutung eines bösen Omens zu. So sind ist es dann auch Sesemi Weichbrodt, die die letzten Worte des Romanes spricht und das Schicksal der auseinandergefallenen Familie besiegelt: „Es ist so!

Blumenmädchen Anna (Iwersen)

Anna (Geburtsname unbekannt, spätere Iwersen) arbeitet als Blumenhändlerin in einem kleinen Geschäft in der Fischergrube. Sie ist die frühe Geliebte von Thomas Buddenbrook. Sie wird als „wunderbar hübsch“, „zart wie eine Gazelle“ und Mensch mit „beinahe malaiischen Gesichtstypus“ beschrieben. Thomas löst die unstandesgemäße Verbindung, als er für einen längeren Aufenthalt nach Amsterdam aufbricht und bekennt ihr, welchen Gang sein Leben nehmen wird. Zum Abschied bittet er sie: „Aber wirf dich nicht weg, hörst Du?“ Anna heiratet. Jahrzehnte später begegnet sie dem aufgebahrten Thomas Buddenbrook wieder, antwortet: „Ja...“, schluchzt ein einziges Mal auf und „wandte sich zum Gehen“. Das Blumenmädchen Anna stellt scheinbar nur eine kleine Episode im Roman und im Leben des Thomas Buddenbrook dar. An kaum einer anderen Stelle des Romans aber zeigt sich Thomas zugeneigter, unverstellter und unmittelbarer, als in dieser kleinen Liebe.

Familie Hagenström

Familie Hagenström, eine der "bedeutenden" Patrizierfamilien des Orts, erweist sich im Laufe des Romans als die zunehmend potentere Gegenkraft zu den Buddenbrooks. Konkurrenz tritt bereits im Kinderalter auf als Tony den ältesten Sohn der Familie, Hermann, ohrfeigt als dieser versucht sie zu küssen. Hermann Hagenström wird als "freisinniger und loyaler Kopf" beschrieben, "den der Reichtum heiter und wohlwollend machte". Während Tony Buddenbrook ihre kindliche Feindseligkeit gegen das "Gänseleberpastetengesicht" aufrecht erhält, kann Thomas Buddenbrook die Fähigkeiten seines geschäftlichen und politischen Konkurrenten schätzen. Nach dem Tod der Mutter verkauft er das Haus in der Mengstraße an die Familie Hagenström.

Die Hagenströms sind gewissermaßen der vitalere, erfolgreichere Gegenpol zu den "verfallenden" Buddenbrooks.

Interpretation

Motive und Symbole im Roman

Verfall

Leitmotiv des Romans ist der bereits im Untertitel erwähnte "Verfall einer Familie". Der almähliche Niedergang wird durch einen Verlust heiteren Unternehmenslust markiert. Während die Firma Buddenbrook dem ökonomischen Aufbruch zumindest stagnierend gewachsend bleibt, sind es es die Mitglieder der Familie, die ihren festen Halt und Mittelpunkt verlieren und den Verfall verkörpern. Etappen des Verfalls sind: Die zauderhafte Geschäftsführung durch Jean Buddenbrook, die zweifach geschiedene Ehe von Tony, der kränkelnde Lebenswandel Christians, die Frömmellei der Konsulin, die Heirat Thomas mit einer Fremden und myteriösen Schönheit, Thomas zwanghafte Eitelkeit, sein Hang zum Repräsentieren und nihelistischer Literatur, die Aufgabe des Firmensitzes und Hauses in der Mengstraße, die Geburt des labilen, musikalischen und zur praktischen Geschäften gänzlich untalentierten Hannos.

"Sey mit Lust bey den Geschäften"

"Mein Sohn, sey mit Lust bey den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, daß wir bey Nacht ruhig schlafen können." Diese Maxime und Mahnung stammt aus den Chroniken der Familie und zieht sich durch den ganzen Roman. Als Verfasser wird der Vater Johann Buddenbrooks des Älteren genannt, eine Figur also, die vor der Zeit des Romans lebte und nur im Rückblick auftaucht. Sein Sohn Johann der Ältere vermag noch weitestgehend nach diesem Grundsatz zu leben. Bei Jean sind die Unternehmungen bereits von Sorgen eingetrübt, Thomas schließlich führt die Geschäfte mit wenig Lust, beständiger Unruhe, täglicher und nächtlicher Sorge. Hanno wird schließlich gar nicht mehr fähig sein, irgendwelche Geschäfte zu führen.

„Das Leben“

Bevorzugtes Gesprächsthema Antonie Buddenbrooks. Ihre Behauptung, sie kenne „das Leben“, widerlegt sie selbst durch ihre fehlgeschlagenen Eheschließungen und mit ihren Ratschlägen, die für die Firma katastrophale Folgen haben (z. B. Kauf des Pöppenrader Getreides „auf dem Halm“).

Musik

Bis auf Hanno sind alle Mitglieder der Familie Buddenbrook unmusikalisch. Einzig Johann Buddenbrook der Ältere bläst ab und an etwas auf der Flöte, doch drückt sich hierin mehr Vergnügen und oberflächliche Lebenslustigkeit aus, als eine Verbundenheit mit der zweideutigen Kunst. Musikalität und tätiges Leben sind in dem Roman als Gegensätze angelegt. Thomas Buddenbrook wird von der Musikalität seiner Gattin ergriffen, er sehnt sich nach ihrer Sphäre, ohne sie je erreichen, oder verstehen zu können. Der Musik wird eine durchaus moralisch zersetzende Kraft zugemessen. Zum Ausdruck kommt dies u. A. in einer Szene zwischen Gerda Buddenbrook und Edmund Pühl, dem Domorganisten und Klavierlehrer Hannos. Er weigert sich zunächst entschieden, Gerdas Bitte nachzukommen und mit ihr Stücke von Wagner zu spielen: "Ich spiele dies nicht gnädige Frau, ich bin ihr ergebener Diener, aber ich spiele dies nicht." Später erliegt ihr doch.

Hanno Buddenbrook kommt nach seiner Mutter. Er kann sich Klavierfantasien rauschhaft hingeben. Doch seine Musik ist nicht selbst geschaffen. Seine Komposition paraphrasiert unfruchtbar das Werk eines anderen, Wagners „Tristan“. Das Klavierspiel ist in seiner orgienhaften Ausdehnung deutlich autoerotisch geprägt. Hanno schöpft daraus keine Kraft, er verliert sich darin, ohne produktiv zu werden. Die Hoffnungen Tonys, Hanno könnte in der Musik eine neue Familientradition begründen, erfüllen sich nicht.

Farbsymbolik: Blau, Gelb

Durch den gesamten Roman zieht sich die konsequente Erwähnung der Farben Blau und Gelb, die nicht nur in Thomas Manns ausführlichen Erstbeschreibungen von Personen und Szenarien zum Tragen kommen, sondern auch in leitmotivischer Intention wiederholt werden. Dies legt die Vermutung nahe, dass sie eine zentrale Rolle im Buch spielen, also eng verknüpft sind mit dem Hauptproblem, dem Verfall der Familie Buddenbrook und gesellschaftlichen Umschichtung im allgemeinen.

Innerhalb der Linie der erstgeborenen männlichen Buddenbrooks zeigt sich, dass die Farbe Blau in Zusammenhang mit jener Entwicklung steht, die sich in den buddenbrookschen Nachkommen zeigt. Mit dem Verfall ist aber bei der Verwendung der Farbe Blau als Leitmotiv immer auch ein Aspekt der Verfeinerung verbunden, insbesondere bei Thomas, Gerda und Hanno. Meist werden „künstlerische“ Organe wie Augen, Hände oder die Schläfen als „bläulich schimmernd“ bezeichnet. Außerhalb der Linie der Erstgeborenen steht Blau für allgemeines Scheitern und negative Einflüsse auf die Familie Buddenbrook und tritt bei anderen Personen und sogar der Natur auf.

Im Gegensatz zur blauen Farbe weist Gelb auf Tradition, Stärke, Hoffnung und Aufschwung hin. Auch diese Farbe tritt sowohl in direkter Nähe zu den Buddenbrooks (Einrichtung ihres Hauses und ihres Gartens) als auch außerhalb der Familie (z. B. einfaches Volk, aufstrebendes Bürgertum und Haus der Bürgerschaft) auf. Außerhalb der Familie Buddenbrook steht die Farbe Gelb für Solidität und Konstanz.

Alternative Interpretation der Farbe Gelb

Die Farbe Gelb kann alternativ ebenfalls als leitmotivisch für den Verfall angesehen werden: Die Farbe tritt in der Einrichtung des „Landschaftszimmers“ in den Vordergrund, ausdrücklich werden die gelblichen Sonnenuntergänge erwähnt. In diesem Zimmer versammeln sich die Buddenbrooks zu Beginn des Romans. Bei seinem Tod ist Lebrecht Krögers Gesicht „gelb und von schlaffen Furchen zerrissen“, gleichermaßen gelblich wirken Konsul und Konsulin im Tode. Das neugeborene Kind Clara (sie wird als junge Frau an Tuberkulose versterben) hat „gelbe, runzlige Fingerchen“. Die Romanze zwischen Tony Buddenbrook und Morten Schwarzkopf steht unter „gelben“ Vorzeichen; der Leuchtturm ist gelb, die Abhänge aus gelbem Lehm, das Seegras gelbgrün, die Quallen rotgelb. Grünlichs „goldgelbe Favoris“ werden vielfach zitiert. Das Licht in Hannos Zimmer in Travemünde ist „gelblich“, er schläft in einem „gelbhölzernen“ Bett. Die Ernte von Pöppenrade ist „gelbreif“. Nach dieser Interpretation ist „Gelb“ eindeutig dem Scheitern, dem Versagen zugeordnet und hat keine positive Assoziation.

Sprache, Dialekte

Thomas Mann erweist sich bei der Beobachtung von Sprachdialekten als Besitzer eines feinen musikalischen Gehörs. Die verschiedenen Figuren werden immmer auch durch ihre Redensart charakterisiert. Beispiele hierfür sind die verschiedenen Lehrerfiguren, oder Ida Jungmann.

Hände

Die Hände der Romanfiguren spielen in „Buddenbrooks“ eine wichtige Rolle. Grünlich hat „lange, weiße“, „von bläulichen Adern durchzogene“ Hände, Permaneder „weiße, feiste“ Hände. Die stärkeren Familienmitglieder der frühen Generationen haben weiße Hände (Johann, Konsulin, Tony), „kurzfingrig“ und zum Musizieren ungeeignet.

Besonders auffällig und ungewöhnlich sind Hannos Hände: Gerda Buddenbrook behauptet im Gespräch mit Hannos künftigem Klavierlehrer Pfühl, „die Buddenbrooks könn[t]en alle Nonen und Dezimen greifen“. Die Familienmitglieder der zweiten Generation verfügen also bereits über die körperlichen Voraussetzungen zum Künstlertum, setzen diese Fähigkeit aber nicht ein: „Aber sie haben noch niemals Gewicht darauf gelegt.

In Hanno Buddenbrook vereinigen sich schließlich Veranlagung und Physis in der Person des Künstlers.

Protestantische Ethik

Besondere Bedeutung für die Interpretation des Romans hat die Frage, wie sehr Mann hier, wie er selbst später schreibt, Gedanken vorweg nimmt, die Max Weber in seinen Beiträgen zur Protestantischen Ethik und zum Geist des Kapitalismus ein paar Jahre nach Erscheinen des Romans theoretisch formulieren wird.

Lübeck

Obwohl der Roman kein einziges Mal den Namen der Stadt nennt, in der die Geschichte spielt, kann man anhand detaillierter Ortsangaben (Fischergrube, Mengstraße), der Erwähnung der Gruben und Twieten, der Trave, Travemündes und Schwartaus sowie der auszugsweisen Wiedergabe der Stadtgeschichte unmissverständlich erkennen, dass Thomas Manns Heimatstadt Lübeck gemeint ist.

Viele Figuren des Romans haben reale Vorbilder aus der Familiengeschichte der Manns, viele Nebenfiguren sind Lübecker Bürgern nachgestaltet. Aufgrund der ausgeprägten, zuweilen karikierenden Ironie der Schilderung waren die Portraitierten oft nicht begeistert, sich im Buch wiederzufinden. Die Beziehungen zwischen Thomas Mann und seiner Vaterstadt waren noch viele Jahre nach dem Erscheinen des Romans angespannt.

Buddenbrooks als zeitgeschichtliche Darstellung

Auch wenn der Roman primär nicht zu diesem Zweck geschrieben wurde, spiegelt er einige Aspekte der Zeitgeschichte anschaulich wieder. An folgenden Themen wird dies besonders deutlich:

  • Handel und Geschäft: Die aufstrebende Familie Hagenström setzt sich mit rauen Methoden gegen die 'vornehme' Familie Buddenbrook durch.
  • Schule: Aus der liberalen Schule mit dem Lehrer Marcus Stengl wird die preußische Schule mit dem furchterregenden Direktor Wulicke. Tucholsky hat dies als beste Beschreibung des preußischen Schulwesens bezeichnet.
  • Medizin: An vielen Stellen im Roman spielt die (Zahn-)Medizin (wie später auch im „Zauberberg“) eine Rolle. Dabei wird deutlich, dass man zu dieser Zeit zwar bereits über ein großes Wissen über Krankheiten verfügte, ihnen aber weitgehend machtlos gegenüberstand. Besonders eindringlich ist der Todeskampf der an Lungenentzündung erkrankten Konsulin, der man die erflehte Sterbehilfe verweigert. Der Zahnarzt Brecht [sic!] leidet mit den Patienten und ob seiner Ohnmacht. Nachdem ihm bei Thomas B. eine Zahnextraktion (zu der Zeit ohne Betäubung) missglückte, „lehnte er am Instrumentenschrank, [und] sah aus wie der Tod.

Entstehungsgeschichte

Im Rückblick auf sein erstes bekanntes Werk berichtet Thomas Mann 1926 in der Rede „Lübeck als geistige Lebensform“ von einem Brief seines Verlegers Samuel Fischer vom 29. Mai 1897, in dem dieser ihm anbietet, „ein größeres Prosawerk“ zu veröffentlichen.

Buddenbrooks entstand vom Oktober 1897 bis 18. Juli 1900. Mann erwähnt den Roman erstmals in einem Brief an einen Freund, Otto Grautoff, vom 20. August 1897. Im Verlauf der nächsten Jahre wuchs der Roman zu seinem heute bekannten Umfang an. Am 18. Juli 1900 schloss Thomas Mann das Manuskript ab und schickte es am 13. August 1900 an den Verleger Samuel Fischer.

Wirkungsgeschichte

Schleppender Verkauf und Nobelpreis für Literatur

Das Werk wurde am 26. Februar 1901 veröffentlicht, war aber nicht von Anfang an ein Erfolg. Die ersten 1.000 Exemplare verkauften sich innerhalb eines Jahres. Der für die damalige Zeit hohe Preis von 12 Mark (geheftet) bzw. 14 Mark (gebunden) behinderten wahrscheinlich zunächst den Absatz. Die 2. Auflage (1903) von 2000 Exemplaren zu einem geringeren Preis war schnell vergriffen, Nachdrucke wurden notwendig. 1918 waren 100.000 Exemplare verkauft, im Dezember 1930 eine Million. Am 12. November 1929 erhielt Thomas Mann für die Buddenbrooks den Nobelpreis für Literatur.

Offizielle Diffamierung ab 1936

Zu Beginn des Nationalsozialismus 1933 war das Verhältnis Thomas Manns zum offiziellen, politischen Deutschland von Ambivalenz geprägt. Bis 1936 durften seine Bücher noch in Deutschland erscheinen. Erst nachdem Mann sich in einem offenen Brief an den Rektor der Universität Bonn gegen das Regime aussprach und die tschechische Staatsbürgerschaft annahm, erscheint sein Gesamtwerk auf der Liste des „schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ des Propagandaministeriums. Erstmals belegt ist dies für den 9. Dezember 1936. Seine Bücher wurden in deutschen Buchhandlungen beschlagnahmt, die Presse angewiesen, über ihn zu schweigen.

Nach 1945

Insbesondere mit der Erscheinung preiswerter Taschenbuchausgaben nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Gesamtauflage des Romans erneut auf mehrere Millionen an. Bis 1994 waren die „Buddenbrooks“ in über 30 Sprachen übersetzt worden. Neues Interesse erwachte mit dem Film von Heinrich Breloer, Die Manns – Ein Jahrhundertroman, und der Feier von Thomas Manns 50. Todestag am 12. August 2005. 2002 erschien eine neu edierte Ausgabe der „Buddenbrooks“ mit Kommentarband im Rahmen der „Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe der Werke“ Thomas Manns.

Zeittafel

  • 1768
    • Gründung der Firma Joh. Buddenbrook
  • 1802
    • Geburt Johann Buddenbrook
  • 1825
    • Johann Buddenbrook und Elisabeth Kröger heiraten
  • 1826
    • Geburt Thomas Buddenbrook
  • 1827
    • Geburt Antonie Buddenbrook
  • 1828
    • Geburt Christian Buddenbrook
  • 1835
    • Mitte Oktober: Familienfeier zur Einweihung des neuen Hauses in der Mengstraße
    • Erbstreit mit Gotthold Buddenbrook
  • 1838
    • Geburt Clara Buddenbrook
  • 1842
    • Jan.: Antoinette Buddenbrook, geb. Duchamps, zweite Ehefrau von Johann Buddenbrook
    • März: Johann Buddenbrook d. Ä., Konsul Johann (Jean) Buddenbrook übernimmt die Firma
    • Thomas Buddenbrook wird mit 16 Jahren Lehrling im Firmenkontor
    • Antonie Buddenbrook („Tony“) im Pensionat von Sesemi Weichbrodt


  • 1846
    • Jahresbeginn: Heirat Tony Buddenbrook und Bendix Grünlich
    • Thomas geht nach Amsterdam
    • Christian geht nach London
    • 8. Oktober: Geburt Erika Grünlich
  • 1848
    • 1. Oktober „Revolutschon“ in Lübeck; Konsul Jean Buddenbrook beruhigt das Volk
    • Lebrecht Kröger, Schwiegervater Johann Buddenbrook d. J.
  • 1850
    • betrügerischer Bankrott Grünlichs; Rückkehr von Tony ins Elternhaus; Scheidung von Grünlich
    • Thomas Rückkehr aus Amsterdam
  • 1855
    • September: Konsul Johann (Jean) Buddenbrook
  • 1856
    • Thomas übernimmt die Leitung der Firma
    • Febr.: Rückkehr Christians, erfolgloser Einstieg in die Firma
    • Thomas wird niederländischer Konsul
    • Heirat von Clara Buddenbrook mit Pastor Tiburtius aus Riga
  • 1857
    • Frühjahr: Thomas Buddenbrook heiratet Gerda Arnoldsen
    • Juni: geschäftliche Trennung von Thomas und Christian; Christian geht nach Hamburg
    • Herbst: Heirat von Tony Buddenbrook und Alois Permaneder
  • 1859
    • November: Trennung und Scheidung Tonys von Permaneder; Rückkehr nach Lübeck
  • 1861
    • 15. April: Geburt von Justus Johann Kaspar (Hanno) Buddenbrook
    • Christian nach London
  • 1862
    • Februar: Wahl Thomas Buddenbrooks zum Senator
  • 1864
    • Frühjahr: Richtfest neuen Firmensitzes und Hauses von Thomas Buddenbrook in der Fischergrube
    • Juli: Clara Tiburtius stirbt; gegen den Willen von Thomas Buddenbrook fällt ihr Erbe an ihren Mann
    • Deutsch-dänischer Krieg
  • 1867
    • April: Erika Grünlich heiratet Hugo Weinschenk
    • Christian zurück in Lübeck
  • 1868
    • Januar: Geburt von Elisabeth Weinschenk
    • Mai: Thomas Buddenbrook kauft die Getreideernte von Gut Pöppenrade „auf dem Halm“
    • 7. Juli: 100-jähriges Firmenjubiläum; Pöppenrader Ernte wird durch Hagelschlag vernichtet, erhebliche Verluste der Firma
  • 1870
    • Letztes Weihnachtsfest in der Mengstraße
  • 1871
    • Januar: Hugo Weinschenk zu 3 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt
    • Herbst: Konsulin Elisabeth Buddenbrook
    • Dezember: Veräußerung des Hauses in der Mengstraße an Hermann Hangenström
  • 1873
    • Frühjahr: Hugo Weinschenk aus der Haft entlassen, geht nach England
  • 1874
    • Frühjahr/Sommer: Gerda Buddenbrook 45 Jahre alt; musiziert mit Leutnant von Throta
    • Thomas Buddenbrook 48 Jahre alt. Lektüre Schopenhauers, schreibt Testament, indem er die Auflösung der Firma verfügt
  • 1875
    • Januar: Thomas Buddenbrook
  • 1876
    • Christian Buddenbrook heiratet Aline Puvogel
    • Liquidation der Firma Buddenbrook
    • Herbst: Gerda zieht mit Hanno in eine Villa vor der Stadt
  • 1877
    • Anfang d.J.: Hanno 15 Jahre alt
    • Frühjahr: Hanno stirbt an Typhus
    • Herbst: Gerda verlässt nach 21 Jahren die Stadt; Rückkehr in die Niederlande

Literatur

Textausgaben, kommentierte Ausgaben

  • Buddenbrooks. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Band 1/1-2. S. Fischer, Frankfurt am Main 2002. ISBN 310048312X. Gut edierte Ausgabe, umfangreicher Kommentarband.

Sekundärliteratur

Von Thomas Mann und Mitgliedern der Familie Mann

  • Mann, Thomas: Über mich selbst. Fischer, Frankfurt, 1994. ISBN 3596123895
  • Mann, Thomas: Selbstkommentare: Buddenbrooks. Fischer, Frankfurt 1989.
  • Mann, Viktor: Wir waren fünf. Fischer, Frankfurt, 2001, ISBN 3596122759

Von anderen Verfassern

Zu den Buddenbrooks
  • Ken Moulden und Gero von Wilpert (Hrsg.): Buddenbrooks-Handbuch. Stuttgart: Kröner, 1988
  • Sommer, Andreas Urs: Der Bankrott 'protestantischer Ethik': Thomas Manns "Buddenbrooks". Prolegomena einer religionsphilosophischen Romaninterpretation, in: Wirkendes Wort. Deutsche Sprache und Literatur in Forschung und Lehre, Jg. 44 (1994), S. 88-110.
  • Gutjahr, Ortrud (Hg.): Buddenbrooks : von und nach Thomas Mann. Würzburg : Königshausen & Neumann, 2006.
  • Eickhölter, Manfred: Das Geld in Thomas Manns "Buddenbrooks". Lübeck : Schmidt-Römhild, 2003.
Allgemeine Darstelungen und Biographieen
  • Mendelssohn, Peter de: Der Zauberer. Das Leben des deutschen Schriftstellers Thomas Mann. S. Fischer Verlag, Frankfurt
  • Harprecht; Klaus: Thomas Mann. Eine Biographie. Rohwolt Verlag, Hamburg
  • Reich-Ranicki, Marcel: Thomas Mann und die Seinen. Fischer, Frankfurt a.M., 1994.
  • Koopmann, Helmut: Thomas Mann – Heinrich Mann. Die ungleichen Brüder. C.H. Beck, München 2005. ISBN 3406527302

Filme

Theater

2005 wurde der Roman erstmals für die Theaterbühne vom Dramaturgen und Schriftsteller John von Düffel dramatisiert. Die Uraufführung wurde am Thalia Theater von Stephan Kimmig inszeniert und hatte am 3. Dezember 2005 Premiere. 1 1/2 Jahre arbeitete von Düffel an der Bearbeitung.