Spielwürfel
Ein Spielwürfel ist ein Gegenstand, der nach einem Wurf auf einer waagerechten Ebene eine von mehreren unterscheidbaren stabilen Ruhelagen einnimmt und in vielen Spielen als Zufallsgenerator verwendet wird. Dazu ist ein Würfel mit mehreren Symbolen versehen, von denen nach dem Wurf eines eine ausgezeichnete Lage einnimmt. Dieses Symbol zeigt dann das Ergebnis des Wurfes an.

Der mit Abstand meistverbreitete Spielwürfel ist der mit den Ziffern 1-6 (bzw. entsprechend vielen Punkten, den Augen) beschriftete Kubus. Wird im Alltag der Begriff Würfel verwendet, ist meist nur dieser Sechsseiter gemeint, und auch für seine geometrische Form wurde der Name übernommen. Jedoch existieren auch viele andere Würfel, die im folgenden ebenfalls beschrieben werden.
Verwendung
In Würfelspielen sind Würfel das zentrale Spielelement, es kommt nur auf den Vergleich der Würfelergebnisse selbst oder direkt mit ihnen zusammenhängendes Taktieren an. Viele Glücksspiele fallen in diese Kategorie. Hier kommen üblicherweise der klassische Sechserwürfel oder speziell bemalte, jedoch immer noch sechsseitige Würfel zum Einsatz. Darüberhinaus sind Würfel in einer Vielzahl von Brettspielen bedeutend, um etwa die Bewegungsgeschwindigkeit von Spielfiguren oder den Ausgang von Zufallsereignissen zu bestimmen. Auch hier kommen in erster Linie Sechsseiter zum Einsatz. Verwendung finden Würfel auch in Rollenspielen, bei denen sich in den letzten Jahrzehnten die Verwendung einer Vielzahl weiterer Würfel mit anderer Seitenzahl durchgesetzt hat, um die Zufallsentscheidungen flexibler und vielfältiger zu gestalten.
In allen diesen Bereichen gibt es neben dem einfachen Wurf eines Würfels auch Gelegenheiten, bei denen mehrere Würfel gleichzeitig zu werfen sind. Dabei können die Ergebnisse addiert werden (eine Waffe in einem Rollenspiel richtet soviel Schaden an, wie zwei Würfel zusammen anzeigen) oder als Ensemble betrachtet werden (bei vielen Brettspielen folgen auf einen Pasch, mehrere gleiche Zahlen zeigende Würfel, besondere Aktionen). Um das Werfen mehrerer Würfel zu vereinfachen oder wenn das Ergebnis nicht allen Spielern einsichtig sein soll, werden manchmal Würfelbecher (Knobelbecher) benutzt.
Geschichte
Antike
Die ältesten bekannten Würfel stammen aus Tepe Gawra (nördlicher Irak), frühes 3. Jahrtausend v. Chr., und Mohenjo-Daro (Pakistan), spätes 3. Jahrtausend v. Chr [1]. Auch bei einem iranischen Backgammon-Spiel, das auf 3000 v. Chr. datiert wird, fanden sich bereits Würfel [2]. Diese Funde haben bereits die Form eines Kubus und sind mit Augen gekennzeichnet. Auch aus der weiteren Frühgeschichte und Antike des Orients sind zahlreiche sechsseitige Würfel erhalten.
In der griechischen und römischen Kultur wurden zu Orakelzwecken Sprunggelenkknöchelchen von Paarhufern wie Schafen oder Ziegen, die sogenannten Astragali, verwendet. Durch ihre kantige Form haben diese vier verschiedene mögliche Ruhepositionen, die Wahrscheinlichkeit für die Ergebnisse ist unterschiedlich hoch.
Daneben wurden auch Würfel moderner Form verwendet. Schon antike Autoren hatten Theorien zu ihrer Erfindung, unter anderem schrieb Plinius der Ältere sie Palamedes während des Trojanischen Krieges zu und Herodot dem Volk der Lyder [3]. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie aus dem Orient übernommen wurden. Dabei waren neben sechsseitigen auch bereits Würfel mit höheren Seitenzahlen bekannt, unter anderem gibt es Funde von 12-, 18-, 19-, 20- und 24-Seitern [4] An Materialien ist ein weites Spektrum überliefert, unter anderem Ton, Metall, Elfenbein, Kristall, Knochen und Glas. Auch gab es bereits Würfel mit Buchstaben und Wörtern statt Zahlen oder Augen, die für die Wahrsagerei oder komplexe Würfelspiele benutzt wurden.
Sowohl Würfel als auch Astragali wurden neben der Wahrsagerei auch für Würfelspiele verwendet. Dabei existierten Spiele für Kinder und Frauen, die teils eher Geschicklichkeits-Wurfspiele, teils Würfelspiele im modernen Sinn waren. Das bekannteste Beispiel ist Astragaloi. Würfel und Astragali darüberhinaus für Glücksspiele um Geld zu verwenden, war im Römischen Reich außerhalb der Saturnalien verboten und galt als schweres Laster, war jedoch dennoch weit verbreitet [5].
Eine weitere unabhängige Entstehung von Spielwürfeln gab es in Indien. Hier existierten seit der Vedischen Zeit rituelle und Gesellschaftsspiele, bei denen die Nüsse des Vibhidaka-Baumes (Terminalia bellerica) als fünfseitiger Würfel verwendet wurden. Später (im Spiel Jataka) entwickelten sich vierseitige Prismenwürfel (s.u.). [6]
Mittelalter
Durch römische Legionäre und Kolonisten wurden Würfel und Würfelspiele ins restliche Europa gebracht. Im Mittelalter waren die Knöchel noch unter dem Namen Buckelhörner bekannt, allmählich setzten sich aber ausschließlich die modernen, regelmäßig geformten Würfel durch. Weiterhin war der sechsseitige Würfel eindeutig dominierend, aber weiterhin tauchten auch vereinzelt andere Seitenzahlen auf: 965 entwarf der französische Kleriker Wibold ein Spiel, das einen vierseitigen Prismenwürfel verwendete, und auch ein mittelalterliches achtseitiges Prisma ist bekannt [7] .
Würfelspiele verschiedenster Ausprägungen waren in allen Ländern Europas und bei allen Schichten beliebt, sie werden in zahlreichen zeitgenössischen Werken erwähnt. Schon früh gab es auch professionelle Glücksspieler [8], 1254 werden in einer Verordnung Ludwigs XI. erstmals spezielle Spielhäuser erwähnt [9]. Auch über gezinkte Würfel gibt es vielfältige Berichte [10].Trotz der großen gesellschaftlichen Verbreitung galten Glücksspiele mit Würfeln weiterhin als Laster und es wurde mit weltlichen wie kirchlichen Verboten gegen sie vorgegangen. In der französischen Literatur wurde der Würfel teils als Erfindung des Teufels gebrandmarkt [11].
Neuzeit und Gegenwart
Eine dem Würfeln verwandte Zufallsentscheidung ist der Münzwurf, der wohl seit der Erfindung der Münzen betrieben wird. Genaugenommen lässt sich eine Münze auch einfach als zweiseitiger Würfel auffassen.
Allgemeine Eigenschaften
Als Zufallsgenerator sollte ein Würfel möglichst eine Gleichverteilung der möglichen Ergebnisse produzieren, jedes Ergebnis soll also mit der gleichen Wahrscheinlichkeit eintreten. Weist ein Würfel diese Eigenschaft auf, nennt man ihn einen idealen Würfel. Physikalisch bedingt treten immer gewisse Abweichungen bei der Fertigung auf, bei einem guten Würfel ist diese Abweichung jedoch sehr gering. Allerdings ist es nicht mit jeder Form möglich, einen idealen Würfel zu konstruieren - damit die Ergebnisse gleich wahrscheinlich sind, muss der Körper eine hohe Symmetrie aufweisen. Deshalb sind bestimmte geometrische Formen besonders geeignet für Würfel, insbesondere die fünf platonischen Körper. Außer diesen erfüllen nur noch catalanische Körper, Spindeln und Walzen die Anforderungen an absolute Idealität. Nebenbei spricht der Mensch diesen Formen auch einen hohen ästhetischen Reiz zu. Jedoch ist es auch bei exotischen, weniger symmetrischen Formen oft möglich, sehr ausgeglichene Verteilungen zu erreichen, sodass die Würfel für den praktischen Einsatz zufällig genug sind.
Außerdem sollte der Würfel gut, aber nicht zu lange, rollen und die Ruhepositionen sollten eine gewisse Stabilität in ihrer Lage aufweisen, was die Formgebung weiter einschränkt und Anlass zu Details wie abgerundeten Ecken gibt.
Gelegentlich wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung auch bewusst zugunsten bestimmter Ergebnisse manipuliert, möglichst ohne den Würfel optisch zu verändern, um sich im Spiel einen Vorteil zu verschaffen. In diesem Fall spricht man von einem gezinkten Würfel. Die Möglichkeiten beinhalten das Verändern der Gewichtsverteilung, unterschiedlich stark abgerundete Kanten bzw. Ecken sowie das Verziehen von manchen Flächen. Zu stark gezinkte Würfel verraten sich durch eine torkelnde Rollbewegung, was beim Einsatz eines Würfelbechers aber nicht auffällt. Eine weitere Manipulationsmöglichkeit ist es, im Inneren des Würfels einen Dauermagneten zu platzieren, um den Würfelwurf bei Bedarf durch einen zweiten, beispielsweise unter die Tischplatte gehaltenen, Magneten zu beeinflussen. Um das Zinken zu erschweren, werden im Kasino transparente Würfel eingesetzt.
Herstellung
Die meisten Würfel sind heute aus Holz oder Kunststoff, es existieren aber auch Varianten aus Kork, Horn, Stein, Metall und anderen Materialien. Der Standardwürfel hat einen Durchmesser von etwa eineinhalb Zentimetern. Plastikwürfel werden üblicherweise gegossen, wobei ein Einfüllpropfen übrigbleibt, der zusammen mit anderen Unebenheiten durch maschinelles Abrollen geglättet wird. Die Beschriftungen sind meist Vertiefungen, in die dann Farbe eingefüllt wird, seltener aufgedruckt. Genaugenommen stellen diese verschiedenen Bearbeitungen der Seiten ein leichtes Zinken dar, der Effekt ist aber minimal und dürfte nicht nachweisbar sein.
Für den Würfel- und Brettspielmassenmarkt gibt es eine Vielzahl an Produzenten, für die exotischeren Rollenspielwürfel existiert jedoch weltweit nur eine kleine Anzahl renommierter Hersteller. Viele der im Folgenden genannten Würfelsorten werden auch ausschließlich von einer dieser Firmen hergestellt, da manche Konstruktionen wie der Zocchihedron sogar patentiert sind. Unter diesen Firmen beherrschen vor allem Koplow und Chessex Games den Massenmarkt, GameScience und Crystal Caste haben sich auf exklusivere Modelle spezialisiert und setzen sich auch teils in den Herstellungsverfahren ab; so lehnt etwa GameScience das Abrollen der Produktionsspuren ab, da dies der Idealität des Würfels stärker schaden soll als die Spuren selbst [12].
Formen
Das wichtigste Unterscheidungskriterium von Würfeln ist die Anzahl ihrer Seiten und damit der Zahlenbereich, aus dem sie Zahlen generieren können. Gemäß der bei Rollenspielern üblichen Terminologie werden im Folgenden die Würfel entsprechend der Anzahl n ihrer Seiten als Wn bezeichnet, der normale sechsseitige Würfel also als W6 (häufig auch D6 von englisch dice).
Die Standard-Würfel
Die folgenden sechs Würfel haben sich unter dem Einfluss von D&D als Standard-Sortiment unter Rollenspielern herausgebildet und sind dadurch die mit Abstand meistverbreiteten Würfeltypen. Mit Ausnahme des W10 sind sie allesamt platonische Körper und in ihrer Form als solche ideal.
Typ | Form | Ideal | Hersteller | Informationen | ||
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W4 | Tetraeder | Ja | Diverse | Beim W4 bleibt stets eine Spitze oben liegen, so dass das normale Ableseverfahren nicht umsetzbar ist. Es existieren zwei Varianten des W4: Bei beiden stehen auf jeder Fläche 3 Zahlen, die so angeordnet sind, dass der Würfel aus jedem Blickwinkel das gleiche Ergebnis zeigt. Diese befinden sich entweder an den Kanten oder den Ecken. Bei der Kantenvariante zählt als Würfelergebnis die an den Kanten mit Bodenkontakt angezeigte Zahl, bei der Eckenvariante die Zahl an der obenliegenden Ecke. Da der W4 sehr schlecht rollt, wird er gewöhnlich hochgeworfen wie bei einem Münzwurf. | ||
W6 | Hexaeder | Ja | Diverse | Platonischer Körper aus 6 Quadraten. Der W6 ist der in nahezu allen Alltagsspielen vorkommende Würfeltyp und wird somit oft als der Spielwürfel betrachtet. Die Summe der gegenüberliegenden Seiten ist in den modernen Anordnungen stets 7. | ||
W8 | Oktaeder | Ja | Diverse | Platonischer Körper aus 8 gleichseitigen Dreiecken. In Standardbeschriftung ist die Summe der gegenüberliegenden Seiten 9. | ||
W10 | Trapezoeder | Ja | Diverse | Körper aus 10 Drachenvierecken (als einziger der gängigen Würfel kein platonischer Körper). Üblicherweise wird er mit den Zahlen 0-9 beschriftet, wobei die 0 dann oft als 10 gewertet wird. Ohne diese Umwertung ist die Summe der gegenüberliegenden Seiten 9. | ||
W12 | Dodekaeder | Ja | Diverse | Platonischer Körper aus 12 regelmäßigen Fünfecken. In Standardbeschriftung ist die Summe der gegenüberliegenden Seiten 13. | ||
W20 | Ikosaeder | Ja | Diverse | Platonischer Körper aus 20 gleichseitigen Dreiecken. In Standardbeschriftung ist die Summe der gegenüberliegenden Seiten 21. |
Sonstige Polyeder
Diese Würfel haben die Form eines stark symmetrischen, aber nicht platonischen Polyeders. Catalanische oder archimedische Körper eignen sich hierfür besonders gut.
Typ | Form | Ideal | Hersteller | Informationen | ||
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W12 | Rhombendodekaeder | Ja | Catalanischer Körper aus 12 identischen Rhomben. | |||
W14 | Kuboktaeder | Nein | Archimedischer Körper aus 6 Vier- und 8 Dreiecken. | |||
W24 | Tetrakishexaeder | Ja | Chessex, GameScience, Koplow | Catalanischer Körper aus 24 gleichschenkligen Dreiecken. Man kann sich das Gebilde als Kubus mit auf allen Seiten aufgepfropften vierseitigen Pyramiden vorstellen. In Standardbeschriftung ist die Summe der gegenüberliegenden Seiten 25. | ||
W24 | Deltoidalikositetraeder | Ja | Catalanischer Körper aus 24 identischen Deltoiden. | |||
W30 | Rhombentriakontaeder | Ja | GameScience, Koplow | Catalanischer Körper aus 30 identischen Rhomben. In Standardbeschriftung ist die Summe der gegenüberliegenden Seiten 31. | ||
W32 | Ikosidodekaeder | Nein | Archimedischer Körper aus 12 Fünfecken und 20 gleichseitigen Dreiecken. | |||
W48 | Hexakisoktaeder | Ja | Catalanischer Körper aus 48 identischen Dreiecken. |
Prismen
Prismen- oder Säulenwürfel bestehen aus zwei Grundflächen und einer beliebigen, meist relativ kleinen ungeraden Anzahl von Seitenflächen. Fällt ein Prismawürfel ungerader Flächenanzahl auf eine seiner Seitenflächen, so weist eine Kante nach oben. Deshalb werden hier die Werte mit über die Seitenkanten verlaufenden, farbig abgegrenzten Punkten angezeigt. Alternativ erfolgt die Beschriftung wie bei einem herkömmlichen W4, da in den möglichen Ruhepositionen keine der Seitenflächen oben liegt.
Prismawürfel mit mehr als zwei Flächen sind nur schwer als ideale Würfel herstellbar, da die korrekten Verhältnisse von Seiten- und Grundflächen für eine ausgeglichene Wahrscheinlichkeitsverteilung schwer zu berechnen sind. GameScience sind aber zumindest angeblich ideale W5 und W7 gelungen - gemeinhin werden derartige Formen aber als nicht ideal angesehen.
Typ | Form | Ideal | Hersteller | Informationen | ||
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W2 | Zylinder (Scheibe) | Nein | Ein W2 ist kein klassischer Würfel, sondern eine scherzhafte Bezeichnung für eine Münze; in der mathematischen Systematik gewissermaßen der einfachste "Würfel". In vielen Rollenspielen sind Münzwürfe erforderlich, aus diesem Grund werden von manchen Würfelherstellern speziell beschriftete Scheiben hergestellt. Der Rand stellt die einzige Seitenfläche dar und wird aufgrund seiner äußerst geringen Trefferwahrscheinlichkeit im Normalfall vernachlässigt. | |||
W3 | Dreiecksprisma | Nein | Keine industrielle Herstellung | In dieser Form nicht gut umgesetzt, da mit unbewerteten Deckflächen mit nicht verschwindender Landewahrscheinlichkeit. Besser wäre eine Walze, s.u. | ||
W5 | Dreiecksprisma | Nein | GameScience | Ein W5 ist eine Dreieckssäule, deren Deckflächen mit 1 und 5 beschriftet sind. Die Werte 2-4 sind auf die Seitenflächen verteilt und an den schmalen Kanten markiert. Der bekannte W5 von GameScience ist genaugenommen kein echter Prismenwürfel, der Übergang von Seiten- zu Deckflächen wurde für besseres Verhalten abgeschrägt. | ||
W7 | Fünfecksprisma | Nein | GameScience | Der W7 ist eine Fünfeckssäule, deren Deckflächen mit 1 und 7 beschriftet sind. Die Werte 2-6 sind auf die Seitenflächen verteilt und an den Kanten markiert. | ||
W9 | Siebenecksprisma | Nein | GameScience | Der W9 ist eine Siebeneckssäule, deren Deckflächen mit 1 und 9 beschriftet sind. Die Werte 2-8 sind auf die Seitenflächen verteilt und an den Kanten markiert. Ein regelmäßiges Siebeneck kann nicht mit euklidische Werkzeugen konstruiert, sondern nur berechnet werden, darum sind derartige Würfel sehr schwierig zu fertigen und äußerst unüblich. Als Abhilfe wird üblicherweise ein W10 verwendet, bei einem 0-Wurf wird erneut geworfen. |
Walzen
Für Walzenwürfel gibt es zwei verschiedene, aber ähnliche Konstruktionsweisen: Zum einen können n-seitige Prismen verwendet werden, denen an den Deckflächen entsprechend n-seitige Pyramiden aufgesetzt werden. Die andere Möglichkeit sind Antiprismen (also wechselseitig versetzte Dreiecke als Seitenflächen) mit -seitigen Pyramiden auf den Deckflächen. In beiden Fällen sorgen die Pyramiden dafür, dass weder die Deckflächen noch die Pyramidenflächen als Ergebnis auftreten können, die Werte verteilen sich also ausschließlich über die Seitenflächen. Das Prisma-Prinzip ermöglicht jede Seitenanzahl , wird aber eher selten verwendet. Bei der Antiprisma-Variante sind ausschließlich gerade Seitenanzahlen möglich, sie ist die stärker verbreitete Form der Walzenwürfel, meist als Alternative zu den Standardwürfeln.
Spindeln
Spindelwürfel bestehen aus zwei mit der Grundfläche zusammengeklebten Pyramiden. Diese wirken bei hohen Seitenzahlen wie angeschnittene Kegel, damit ähneln die Würfel optisch Kreiseln. Prinzipiell sind mit dieser Konstruktion alle geraden Zahlen (auch ein W2) erreichbar, verwendet wird sie aber meist nur für seltene, eher große Zahlenwerte.
Der schon weiter oben aufgeführte W10 sieht auf den ersten Blick einem Spindelwürfel ähnlich, fällt aber nicht in diese Kategorie, da die Flächen der "oberen" und "unteren" Hälfte gegeneinander versetzt sind und so kein knickfreier "Äquator" existiert.
Kugeln
Kugelwürfel sind eine sehr ungewöhnliche Konstruktionsweise, auch gerade deshalb gilt einer von ihnen, der Zocchihedron-W100, jedoch als eine Art Krönung der Rollenspiel- bzw. allgemein exotischen Würfel.
Typ | Form | Ideal | Hersteller | Informationen | ||
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W6 | Kugel | Ja | Diverse | Im Inneren befindet sich ein Oktaeder-förmiger Hohlraum mit einer Kugel, die in einer der sechs Ecken zum Liegen kommt. Die Kugel hat damit sechs stabile Zustände. Dieser W6 ist ebenso ideal wie ein normaler Kubus. Je nach Produktionsqualität kann es bei dieser Form zu sehr langen Rolldauern kommen. | ||
W32 | Kugel | Nein | Eine Kugel mit 32 Vertiefungen. | |||
W50 | Kugel | Nein | Eine Kugel mit 50 Vertiefungen. | |||
W100 | Kugel | Nein | GameScience | Wird nach ihrem Erfinder Lou Zocchi auch Zocchihedron genannt. Es handelt sich um eine Doppelkugel: die äußere hat 100 Vertiefungen für unterscheidbare Ruhelagen, auf der inneren sind die Werte aufgedruckt und sie enthält Kunststoffschrot für kürzere Rollzeiten. Die Verteilung der Werte ist sehr gleichmäßig, wird aber nicht als wirklich ideal anerkannt. |
Sonstige
Neben diesen Familien gibt es einige noch exotischere Modelle, dazu gehören polyederförmige, aber weniger reguläre Körper sowie völlig vereinzelte Konstruktionsprinzipien.
Typ | Form | Ideal | Hersteller | Informationen | ||
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W3 | eingedelltes Ellipsoid | Ja | GameScience | Neben den Zahlen 1-3 mit RPS für Schere, Stein, Papier beschriftet. | ||
W6 | Verzerrter Kubus | Nein | Wegen des seltsamen Rollverhaltens als Witz-Würfel verkauft. | |||
W10 | Irregulärer Polyeder | Nein | Körper aus 2 Quadraten und 8 Trapezen, entspricht einem an 2 Ecken abgeschnittenen Oktaeder. | |||
W14 | Irregulärer Polyeder | Nein | Körper aus 2 regelmäßigen und 12 unregelmäßigen Fünfecken. | |||
W18 | Irregulärer Polyeder | Nein | GameScience | Körper aus 6 Vier- und 12 Sechseckenecken. | ||
W26 | Irregulärer Polyeder | Nein | GameScience | Körper aus 2 regelmäßigen Fünfecken, 8 Rechtecken und 16 Trapezen. |
Beschriftung
Zahlen und Augen
Üblicherweise werden Spielwürfel mit Zahlen beschriftet, da diese das meistens gewollte Zufallsergebnis sind und bei Verwendung mehrerer Würfel Addition und andere Weiterverarbeitung ermöglichen. Statt arabischer Ziffern werden teils, besonders beim W6, auch runde Markierungen, die Augen, verwendet, die völlig äquivalent zu den Ziffern betrachtet werden können.
Bei den meisten Würfeln, deren Konstruktionsprinzip eindeutige gegenüberliegende Seiten beinhaltet, ist es üblich, die Zahlen so anzuordnen, dass sich je zwei entgegengesetzte Seiten eines n-seitigen Würfels zu addieren. Jedoch gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Und auch, wenn sie eingehalten wird, ist dadurch die genaue Anordnung der Zahlen noch nicht eindeutig festgelegt, da es meist mehrere Orientierungen gibt, die diese Regel erfüllen. Für den W6 haben sich zum Beispiel heutzutage 2 Orientierungen durchgesetzt, die beide auch schon seit der Antike verwendet wurden [13].
Die Ziffern 6 und 9 sind bis auf Spiegelung identisch. Bei Würfeln, deren Zahlenbereich beide Ziffern verwendet, muss also ein Unterscheidungsmerkmal hinzugefügt werden. Üblich sind ein Punkt an der Seite, die als unten zu lesen ist, oder ein Unterstreichen dieser.
Andere Aufdrucke
Sehr weit verbreitet sind auch Würfel mit alternativen Beschriftungen. Dazu gehören:
- "Halbierte Würfel": Beispielsweise ein W2, der dadurch erzeugt wird, dass ein W4 mit zwei Einsen und zwei Zweien beschriftet ist, ein W5 durch einen doppelt 1-5 beschrifteten W10, etc.
- Zehnerstellenwürfel: Vom W10 existieren Varianten, die statt mit 0-9 mit 00-90, 000-900 oder 0000-9000 beschriftet sind, es gibt sogar die Beschriftungen .0-.9, .00-.09 und .000-.009. Diese werden in Kombination gewürfelt und die Ergebnisse addiert, sodass man Wurfergebnisse mit allen Zehnerstellen erhält. Verbreitet ist vor allem die Verwendung eines W10 mit 00-90 und eines mit 0-9 als simulierter W100 (auch W% genannt). Dies kann auch durch zwei verschiedenfarbige W10 mit 0-9, bei denen beispielsweise der Rote die Zehnerstelle darstellt, erreicht werden.
- Bilderwürfel: Würfel beliebiger Seitenzahl mit Bildern statt Zahlen (zum Beispiel Pokerwürfel).
- Farbwürfel: meist W6, bei denen statt Zahlen Farbpunkte auf den Flächen sind.
- Sonstige Beschriftungen: Gelegentlich zu finden sind auch Sonderanfertigungen wie W4 mit den vier Grundrechenarten, W8 mit acht Himmelsrichtungen, W30 mit den Buchstaben des Alphabets und ähnliches.
- "normale" W6-Würfel, bei denen eine Seite (meist die 6) durch ein Bild - in der Regel ein Firmenlogo wie etwa das Shadowrun-Symbol oder ein Symbol aus den Warhammer-Universen ersetzt wurde.
Wahrscheinlichkeitsrechnung
Als Alltagsgegenstände und leicht zu überblickende Systeme sind Würfel beliebte Beispiele in der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Umgekehrt liefert die Wahrscheinlichkeitstheorie wichtige Erkenntnisse für den Einsatz von Würfeln in Spielen.
Der Wurf eines einzelnen idealen Würfels, gleich welcher Seitenzahl n, ist das klassische Beispiel für eine Gleichverteilung: jedes der möglichen Ergebnisse hat exakt die gleiche Wahrscheinlichkeit, bei langen Spielen ist also gemäß dem Gesetz der großen Zahlen zu erwarten, dass die Häufigkeiten der Zahlen ähnlich werden. Der Erwartungswert eines solchen Wurfes liegt stets bei .
Beim in vielen Spielen verwendeten gleichzeitigen Wurf zweier gleicher Würfel mit Addieren des Ergebnisses nimmt das Wahrscheinlichkeitsdiagramm dagegen die Form eines Dreiecks an, ein Ergebnis ist umso häufiger, je näher es am Mittelwert des Ergebnisbereiches liegt. Nimmt man weitere Würfel hinzu, rundet sich die Kurve ab, die Verteilung nähert sich immer mehr einer Normalverteilung an.
Darüberhinaus verwenden viele Spiele kompliziertere Würfelsysteme, zu denen sich ebenfalls Wahrscheinlichkeitsrechnungen anstellen lassen. Häufige Probleme sind die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Ergebnisklassen (etwa einen Pasch, zwei gleiche Ergebnisse, beim Monopoly), das Über- oder Unterschreiten einer bestimmten Schranke durch das Gesamtergebnis (in vielen Rollenspielsystemen, genannt „Überwürfeln“ und „Unterwürfeln“) oder die Risikoabwägung zwischen verschiedenen Verteilungen (wenn man etwa in einem Rollenspiel die Wahl zwischen einer Waffe mit Schadenswurf gemäß 2W10 oder einer mit 1W20 hat).
Zitate
- Gott würfelt nicht. – Albert Einstein
- Gott würfelt nicht nur mit dem Universum, sondern wirft die Würfel manchmal so, dass wir sie nicht sehen können. - Stephen Hawking
- Alea iacta est (Der Würfel ist geworfen). - Julius Caesar
Literatur
- Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit - Stochastisches Denken in der Antike. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg-Berlin-Oxford 1996, ISBN 3-8274-0071-6.
- Franz Semrau: Würfel und Würfelspiel im alten Frankreich. Druck von Ehrhardt Karras, Halle a.S., 1909.
Weblinks
- Wie Würfel aussehen können
- Kevin Cook's Dice Collection – Weltgrößte private Würfelsammlung, mit Bildern (Englisch)
- Properties of Dice – Mathematische Untersuchung zu möglichen Würfeldesigns (Englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit, S. 41
- ↑ Persian Journal: Iran's Burnt City Throws up World’s Oldest Backgammon
- ↑ Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit, S. 43
- ↑ Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit, S. 66, 53 f., 65
- ↑ Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit, S. 49
- ↑ Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit, S. 16 f.
- ↑ Franz Semrau: Würfel und Würfelspiel im alten Frankreich, S. 25
- ↑ Franz Semrau: Würfel und Würfelspiel im alten Frankreich, S. 7
- ↑ Franz Semrau: Würfel und Würfelspiel im alten Frankreich, S. 11
- ↑ Franz Semrau: Würfel und Würfelspiel im alten Frankreich, S. 30
- ↑ Franz Semrau: Würfel und Würfelspiel im alten Frankreich, S. 24
- ↑ AdvancingHordes.com: GameScience FAQ: What does 'Precision Edged™' mean? und How fair are Gamescience Dice?
- ↑ Robert Ineichen: Würfel und Wahrscheinlichkeit, S. 42