Laura Nyro

US-amerikanische Sängerin und Songautorin
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Laura Nyro (eigentlich Laura Nigro) (* 18. Oktober 1947 in New York City; † 8. April 1997 in Danbury, Connecticut) war eine amerikanische Sängerin und Songautorin; den Künstlernamen Nyro wählte sie als Hommage an ihre Geburtsstadt. Ihr wird großer Einfluss auf die Popmusik der späten 1960er und der 1970er Jahre zugeschrieben, wobei das breite Publikum sie eher als Songwriter, die Fachwelt sie eher als Sängerin und Pianistin wahrnahm.

Frühe Karriere

Ein „Shooting star“ zwischen Pop und Jazz

Geboren und aufgewachsen ist die Tochter einer Familie mit italienischen und jüdischen Wurzeln im New Yorker Stadtteil Bronx; ihr Vater war Jazztrompeter und Klavierstimmer, ihre Mutter liebte die Musik von Debussy, Persichetti und Price. Laura selbst erlernte früh das Klavierspiel. Über ihre Kindheit erzählte sie dem Life Magazine 1970: „Ich habe immer gesungen, seit ich Töne von mir geben konnte. Und ich habe immer kleine Gedichte geschrieben; mit 8 oder 9 begann ich, kleine Lieder zu verfassen“. Mit 17 verließ sie vorzeitig die Manhattan High School of Music and Art, um Songs zu schreiben und aufzunehmen. 1966 veröffentlichte sie ihre erste LP More Than A New Discovery auf dem Verve-Label; 1967 trat sie beim legendären Monterey Pop Festival auf (zwischen den Byrds und Jefferson Airplane) und .

Ihre frühen LPs (ab ihrer 1968 erschienenen zweiten Platte, Eli and the Thirteenth Confession, bei Columbia) verkauften sich jeweils in Stückzahlen zwischen 200.000 und 400.000 Exemplaren – eher wenig für Pop-Alben, aber relativ viel für eine Sängerin, die „die Zuhörer mit einem Stakkato surrealer Assoziationen bombardierte. Sie schrie, kreischte und stöhnte mit einer schrillen Drei-Oktaven-Stimme ... und erzählte von den psychischen Störungen, den perversen Wunschträumen und der panischen Todesfurcht einer jungen Frau“ (Graves/Schmidt-Joos). Zeitgenössische Kritiker und zahlreiche Rock- und Jazz-Musiker hingegen hielten sie für eine der musikalisch wegweisendsten Persönlichkeiten dieser Jahre; vermutlich einer von diesen gab ihr den Beinamen „Bronx Ophelia“. Auch Sängerinnen wie Joni Mitchell betonten später die Bedeutung, die Laura Nyro sowohl als Interpretin als auch als Autorin für ihre eigene Karriere gehabt hatte. Beinahe wäre die meist in schwarzen Samt gekleidete Nyro nach dem Weggang von Bandgründer Al Kooper 1968 Frontfrau bei Blood, Sweat & Tears geworden, ehe die Wahl dann statt ihrer auf David Clayton-Thomas fiel.

Nach der Veröffentlichung ihrer fünften Langspielplatte – auf der Laura Nyro gemeinsam mit dem Soul-Trio LaBelle Remakes von Rhythm and Blues- bzw. Rockklassikern einspielte und die sie selbst „meine Teenage-Love-Songs“ nannte – zog sie sich 1971 in eine abgelegene Region von Massachusetts zurück, heiratete und brachte einen Sohn namens Gil zur Welt.

Laura Nyro als Komponistin und Textautorin

Kommerziell weitaus erfolgreicher war sie seit Mitte der 1960er als Songschreiberin: aus ihrer Feder stammt eine Vielzahl von Evergreens, darunter And When I Die (für Peter, Paul and Mary, danach auch von Blood, Sweat & Tears interpretiert), Eli's Coming (ein großer Hit für Three Dog Night), Stoney End (interpretiert von Barbra Streisand), Wedding Bell Blues, Stoned Soul Picnic, Sweet Blindness (alle Titel von Fifth Dimension gesungen) und Save the Country (Julie Driscoll & The Brian Auger Trinity). Ihr Werk schöpfte aus zahllosen musikalischen Quellen: sie verwendete Elemente des Soul, Jazz, Blues, der Folk Music, des R&B und selbst der Klassik auf eine Weise, die eine simple Einordnung ihrer Musik unter einem der gängigen stilistischen Oberbegriffe verbietet.

Die Vielfalt der Stilrichtungen, die in ihre Lieder einflossen, spiegelt sich in dem unglaublich breiten Spektrum von Künstlern wider, die Nyro-Titel aufnahmen: dazu zählen Suzanne Vega, Mongo Santamaría, Junior Walker and The All Stars, Chet Atkins, Frank Sinatra, Linda Ronstadt, George Duke, Thelma Houston und viele mehr. Sie komponierte auch den Titelsong Broken Rainbow zu dem gleichnamigen Film über die Vertreibung der Navajo, der 1985 den Academy Award in der Sparte "Dokumentation" gewann. Ironischerweise war Laura Nyros bestverkaufte Single als Sängerin (Up on the Roof) keine eigene, sondern eine Goffin/King-Komposition.

Trotz ihrer beeindruckenden Musikalität und der Fähigkeit, in ihren Liedern verschiedene Stilelemente zu mischen und damit erfolgreiche Titel zu komponieren, war Laura Nyro, die auf der Bühne bis zur Erschöpfung aus sich herausgehen konnte, überaus zurückhaltend und selbstkritisch. Nach ihrem Auftritt in Monterey hatte sie das Gefühl, nahezu versagt zu haben und vom Publikum ausgebuht worden zu sein – der Film über das Festival, den VH-1 im Juni 1997 ausstrahlte, zeigt hingegen, wieviel Zuspruch ihr Vortrag (sie sang ihren Song Poverty Train) dort gefunden hatte. Sie aber behielt ihre ausgeprägte Scheu vor Kameras bis an ihr Karriereende, so dass es zwar einige Radiointerviews, aber kaum Filme oder Videos von dieser für die Entwicklung der populären Musik so wichtigen Frau gibt. In den 1990ern lehnte sie sogar ab, sich in David Lettermans Fernsehshow interviewen zu lassen.

Zweimaliges Comeback

1976 kehrte Laura Nyro, die inzwischen eine große Fangemeinde in Japan besaß, nach ihrer zwischenzeitlichen Scheidung überraschend in den "Big Apple" zurück, schrieb wieder Songs, veröffentlichte ein neues Studio-Album und gab Live-Konzerte. Ihre Musik der anschließenden Jahre tendierte stärker zum Jazz Rock, was sich auch an den Musikern ablesen lässt, mit denen sie zusammenarbeitete (unter anderem Joe Farrell, Randy und Michael Brecker). Reifer geworden und immer noch mit einer bemerkenswert brillanten Stimme, trug sie ihre neuen, selbst arrangierten Kompositionen vor, möglicherweise gegenüber den früheren Jahren etwas weniger intensiv, dafür aber vielschichtiger und subtiler. Laura Nyros folgende Platten waren keine Verkaufsschlager – auch nicht die 1984 von Todd Rundgren produzierte LP Mother's Spiritual –, aber ihre Live-Auftritte immer gut besucht.

1984 wandte sie dem Business erneut den Rücken zu und zog mit ihrem Sohn und ihrer Lebenspartnerin, der Malerin Maria Desiderio, nach Danbury in Connecticut – um 1989 doch wieder auf den New Yorker Bühnen zu stehen und auf mehreren Tourneen durch die USA zu ziehen. In diesen Jahren engagierte sie sich finanziell und propagandistisch in der Tierrechtsbewegung und schrieb mit Lite a Flame (The Animal Rights Song) auch ein Lied zu diesem Thema. Von einem ihrer ersten Konzerte im Bottom Line entstand ein Live-Mitschnitt, den die Künstlerin auf eigene Rechnung bei dem kleinen Cypress-Label von A&M Records veröffentlichte, weil Columbia auf einem vertraglich vereinbarten Studioalbum bestand. Dessen Produktion zog sich rund vier Jahre hin, wurde von den Kritikern hoch gelobt, aber deutlich seltener verkauft als Laura: Live at the Bottom Line. Ab 1989 gab sie jährlich ein ausverkauftes Weihnachtskonzert in Greenwich Village, 1994 gastierte sie in Japan; 1997 brachte Columbia eine Best-of-Platte heraus, an deren Zusammenstellung Laura Nyro maßgeblich beteiligt war.

Kurz nach dem Erscheinen dieses letzten Albums (Stoned Soul Picnic) starb Laura Nyro, 49-jährig, in ihrem Haus an einer schon Jahre zuvor diagnostizierten Krebserkrankung.

Unter dem Titel December's Boudoir – benannt nach einem ihrer Songs von der LP Eli and the Thirteenth Confession – drehten Maria Florio und Patty DiLauria einen Film über Nyros Leben und Werk; die musikalische Leitung lag bei Jimmie Haskell, der schon ihre frühe Platte New York Tendaberry produziert hatte.

Diskographie

Studioaufnahmen

  • 1967 - More Than a New Discovery (1969 als Laura Nyro, 1973 als The First Songs wiederveröffentlicht)
  • 1968 - Eli and the Thirteenth Confession
  • 1969 - New York Tendaberry (in Deutschland auf CBS erschienen)
  • 1970 - Christmas and the Beads of Sweat
  • 1971 - Gonna Take a Miracle (mit LaBelle)
  • 1976 - Smile
  • 1978 - Nested
  • 1984 - Mother's Spiritual
  • 1993 - Walk the Dog and Light the Light
  • 2001 - Angel in the Dark (post mortem veröffentlicht, 1994/95 aufgenommen)

Liveaufnahmen

  • 1971 - Spread Your Wings and Fly: Live at the Fillmore East (post mortem veröffentlicht)
  • 1977 - Season of Lights
  • 1989 - Laura: Live at the Bottom Line
  • 1990 - Live at Mountain Stage (post mortem veröffentlicht)
  • 1993 - Live: The Loom's Desire (post mortem veröffentlicht)
  • 1994 - Live in Japan (post mortem veröffentlicht)

Zusammenstellungen

  • 1972 - Laura Nyro sings her Greatest Hits (nur in Japan veröffentlicht)
  • 1980 - Impressions
  • 1997 - Stoned Soul Picnic: The Best of Laura Nyro
  • 2000 - Time and Love: The Essential Masters

Literatur

  • Barry Graves/Siegfried Schmidt-Joos/Bernward Halbscheffel: Rock-Lexikon. Rowohlt, Reinbek 2003 (einbändige Sonderausgabe)
  • Michele Kort: Soul Picnic: The Music and Passion of Laura Nyro. Thomas Dunne Books/St. Martin's Press, 2002 (Biographie)