Der 3er-Ringzug (kurz: Ringzug) ist ein Schienen-Nahverkehrskonzept der Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen und Rottweil, das zum 1. September 2003 eingeführt wurde und seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2004 in seiner heutigen Form durch die Hohenzollerische Landesbahn betrieben wird. Es handelt sich um ein S-Bahn-ähnliches Nahverkehrsangebot in einem weitgehend ländlich strukturiertem Raum, das im März 2006 von Pro Bahn als vorbildliches Nahverkehrsystem mit dem "Fahrgastpreis 2006" ausgezeichnet wurde.
Bezeichnung „Ring“zug
Die Bezeichnung „Ringzug“ wurde gewählt, weil die Streckenführung des Ringzugs von Immendingen über Tuttlingen und Rottweil nach Donaueschingen fast einem Ring entspricht. Der Zug fährt also fast im Kreis. Dieser „Ring“ ist zurzeit (2006) aber noch unvollständig, denn in der Lücke Immendingen - Donaueschingen fährt der Ringzug Ausnahme eines Zugpaares nicht. Dies hat zur Folge, dass die Kernstadt Geisingen nicht direkt an den Ringzug angeschlossen ist, und es normalerweise keine direkte Ringzugverbindung von Tuttlingen nach Donaueschingen gibt. Weil der Ring deshalb unvollständig ist, wird auch die kritisch-ironische Bezeichnung „Hufeisen-Zug“ verwendet.
Neben den „Ring“strecken besteht der Ringzug aber ebenfalls aus Strecken, die nicht zum „Ring“ beitragen, so aus der Trossinger Eisenbahn von Trossingen Bahnhof nach Trossingen Stadt, der Bregtalbahn-Strecke von Donaueschingen nach Bräunlingen, der Wutachtalbahn-Strecke von Immendingen nach Zollhaus-Blumberg sowie dem Donautalbahn-Abschnitt Tuttlingen-Fridingen.
Ebenfalls wird die Bezeichnung „3er Ringzug“ verwendet, die darauf hinweist, dass sich drei Landkreise am Projekt Ringzug beteiligen.
Geschichte
Ausgangslage Mitte der 1990er Jahre
Mitte der 1990er Jahre lag die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg und so Teile des heutigen Ringzug-Gebietes im Kreuzungsgebiet vierer überregionaler Schienenverkehrsverbindungen. Auf dem Schwarzwaldbahn-Abschnitt Villingen-Donaueschingen verkehrten im 2-Stunden-Takt InterRegio-Züge der Relation Hamburg - Konstanz. Auf der Gäubahn verkehrten D-Züge von Stuttgart über Zürich nach Italien, die im Abschnitt Rottweil - Tuttlingen auch das Gebiet des heutigen Ringzug-Gebietes erschlossen. Außerdem gab es die überregionalen Nahverkehrszüge Ulm - Tuttlingen - Donaueschingen Neustadt (Schwarzwald) sowie die Züge Rottweil - Villingen - Doanueschingen - Neustadt (Schwarzwald). Nimmt man diese überregionalen Schienenverbindungen zusammen, ergab sich zwischen Tuttlingen, Rottweil, Villingen-Schwenningen, Donaueschingen und Tuttlingen ein Ring, auf dem es zwar überregionalen Verkehr bis nach Hamburg und Oberitalien gab, dem aber der Schienennahverkehr mit Feinerschließungsfunktion völlig abhanden gekommen war.
Auf dem 28 Kilometer langen Gäubahn-Abschnitt zwischen Tuttlingen und Rottweil gab es so beispielsweise nur noch den Bahnhof Spaichingen, an dem überhaupt noch Züge hielten. Selbst in der 7500-Einwohner-Gemeinde Aldingen hielt kein Zug mehr. Die Trossinger Eisenbahn sollte nach Beschluss des Trossinger Gemeinderats von 1996 sogar ganz stillgelegt werden. Auf der Wutachtalbahn von Immendingen nach Waldshut gab es lediglich noch einen Museumsbahn-Verkehr, der nördliche Abschnitt war sogar ganz stillgelegt. Schon seit den 1970er Jahren war die Bregtalbahn von Donaueschingen nach Furtwangen ohne Personenverkehr. Der Abschnitt Bräunlingen - Furtwangen war sogar ganz abgebaut, ebenso wie die Heubergbahn von Spaichingen nach Reichenbach am Heuberg abgebaut worden ist. Lediglich im Donautal wurde mit dem 1990 gestarteten „Donautalbahn-Konzept“ des Landkreises Tuttlingen eine Rückverlagerung eines Teils des Schülerverkehrs auf die Schiene erreicht. Ansonsten war der Nahverkehr der Region weitgehend auf Schülerbeförderung per Bus ausgerichtet.
Politische Entscheidungen auf dem Weg zum Ringzug 1995-2001
Im Januar 1995 präsentierte der Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg die von den beiden Tübinger Nahverkehrsberatern Ulrich Grosse und Gerd Hickmann erarbeitete Verkehrsstudie „Integraler Taktfahrplan Bus und Bahn für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg“. Diese Studie schlug vor, einen integralen Taktfahrplan in der Region einzuführen und so Schienen- und Busverkehr miteinander zu verknüpfen. Rückgrat dieses neuen Verkehrskonzepts sollte eine Art „Ringzug“ sein. Ein Jahr später, im Januar 1996, beschlossen die Landräte der Kreise Tuttlingen, Rottweil sowie Schwarzwald-Baar in der so genannten „Trossinger Vereinbarung“, das erarbeitete Konzept umzusetzten. Der in Spaichingen und so in der Region wohnenede ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel sicherte als Vertreter des Landes Baden-Württemberg zu, das neu einzuführende Nahverkehrssystem großzügig fördern zu wollen.
Nachdem die Kreistage sich nach der Trossinger Vereinbarung mit dem Konzept befasst hatten, stimmten alle drei Kreistage dem Konzept 1999 zu. Daraufhin begann das Land Baden-Württemberg mittels einer Preisanfrage, nach einem Betreiber für das Ringzug-System zu suchen. Unter mehreren eingegangenen Angeboten verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen, darunter auch ein Angebot der Deutschen Bahn AG, setzte sich Ende 1999 schließlich die Hohenzollerische Landesbahn mit ihrem Angebot durch. 2001 wurde der Finanzierungsvertrag mit dem Land Baden-Württemberg abgeschlossen und im Dezember 2001 der Zweckverband Ringzug ins Leben gerufen.
Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur 2001-2003
Die teilweise seit Jahrzehnten stillgelegten Strecken sowie die fehlenden Haltepunkte erforderten massive Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Auch die Sicherungstechnik, die teilweise aus der Frühzeit des 20. Jahrhunderts stammte, musste grundlegend erneuert werden und wurde durch ein computergesteuertes System ersetzt. Auch wurden elektronische Stellwerke eingeführt, die nun aus Karlsruhe ferngesteuert werden. Insgesamt kostete alleine die neue Sicherungstechnik, die Haltepunkte und die Ertüchtigung des Streckennetzes ca. 67 Millionen Euro. Dazu kamen 33 Millionen Euro für die Anfang 2003 insgesamt 20 ausgelieferten Regio-Shuttles, die als Ringzug das neue Streckennetz befahren. Für diese wurde ein neues Betriebswerk in Immendingen gebaut.
Eingeschränkter Ringzug-Betrieb 2003/2004
Ursprünglich war der 15. Dezember 2002 als Ringzug-Start vorgesehen. Erhebliche Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten verschoben den Start. So fiel erst am 1. September 2003 der Startschuss für den Ringzug. Da allerdings auch zu diesem Zeitpunkt die Infrastruktur noch nicht vollständig zur Verfügung stand, startete nur ein eingeschränkter Ringzug-Betrieb. Viele der vorgesehenen neuen Ringzug-Haltepunkte waren noch nicht fertiggestellt, so dass diese monatelang nicht angefahren werden konnten. Außerdem waren die Sanierungsarbeiten an der zuvor im Regelverkehr stillgelegten Wutachtalbahn noch nicht abgeschlossen. Der Ringzug startete also mit unvollständigem Streckennetz und zu wenigen Haltepunkten, was dazu führte, dass im ersten Betriebsjahr noch Busverkehre parallel zu den Ringzugstrecken fuhren. Der Ringzug-Verkehr in seiner heutigen Form wurde erst zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2004 aufgenommen.
Streckennetz
Beteiligte Strecken
Das Ringzug-Streckennetz besteht aus folgenden 7 Eisenbahnstrecken:
- der Bregtalbahn von Bräunlingen (früher von Furtwangen) nach Donaueschingen in ihrer gesamten noch vorhandenen Länge
- der Badische Schwarzwaldbahn von Offenburg nach Konstanz im Abschnitt Donaueschingen - Villingen
- der Bahnstrecke Rottweil–Villingen in ihrer ganzen Länge
- der Gäubahn von Stuttgart nach Singen (Hohentwiel) im Abschnitt Rottweil - Tuttlingen
- der Donautalbahn von Ulm nach Donaueschingen im Abschnitt Immendingen - Tuttlingen - Fridingen an der Donau
- der Wutachtalbahn von Immendingen nach Waldshut im Abschnitt Immendingen - Blumberg-Zollhaus.
- der Trossinger Eisenbahn von Trossingen Bahnhof nach Trossingen Stadt in ihrer ganzen Länge
Keine der genannten Bahnstrecken gehört zum Stammnetz der Hohenzollerischen Landesbahn. Die Wutachtalbahn ist vielmehr im Besitz der Stadt Blumberg und die Trossinger Eisenbahn gehört den Stadtwerken Trossingen. Alle anderen genannten Strecken sind im Eigentum der Deutschen Bahn AG.
Haltepolitik
Der durchschnittliche Abstand zwischen den Haltepunkten ist mit 1,9 km für ein Nahverkehrssystem im ländlichen Raum sehr gering. Es wurden in der Regel alle an der Schiene liegenden Gemeinden und Gemeindeteile an den Ringzug angeschlossen, sodass auch kleine Orte heute wieder über einen - und oft sogar mehrere - Bahn-Haltepunkte verfügen. Der Ringzug hält in aller Regel an allen vorhandenen Haltepunkten und Bahnhöfen.
Bahnhöfe und Haltepunkte
Betrieb
Das Ringzug-System
Mit dem Start des Ringzug-Betriebes wurde der Nahverkehr in der Ringzug-Region grundlegend neu organisiert. Parallele Busverkehre entlang der Ringzugstrecken wurden weitgehend eingestellt und der Ringzug als Rückgrat des ÖPNVs etabliert. Die Busverkehre in der Region dienen jetzt weitgehend als Zubringer zur Schiene und wurden konsequent mit dem Ringzug vertaktet. Wichtige Verknüpfungspunkte zwischen Schiene und Bus sind Bräunlingen Bf, Donaueschingen Bf, Brigachtal-Klengen, Brigachtal-Kirchdorf, Villingen (Schwarzw), Schwenningen, Rottweil, Aldingen, Tuttlingen, Immendingen, Geisingen-Hausen und Geisingen-Leipferdingen. Am Bahnhof Rottweil wurden außerdem die aus Leipferdingen bzw. Zollhaus-Blumberg kommenden Ringzüge mit dem ICE- und Cisalpino-Fernverkehr auf der Gäubahn vertaktet, so dass alle Ringzug-Haltepunkte zwischen Leipferdingen und Rottweil grundsätzlich Anschluss an die im Zwei-Stunden-Takt verkehrenden Fernverkehrszüge nach Stuttgart haben. Im Sommer, wenn die Museumsbahn der Sauschwänzlebahn zwischen Zollhaus-Blumberg und Weizen verkehrt, dient der Ringzug ebenfalls als Zubringer für diesen Nostalgie-Dampflok-Verkehr. Neben diesen eher ungewöhnlichen neuen Verbindungen sowohl zum ICE als auch zu Nostalgiefahrten, stellt der Ringzug zahlreiche weitere Verbindungen zu den Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn her, so z. B. in Immendingen und Villingen zu den Zügen der Schwarzwaldbahn nach Karlsruhe und nach Konstanz. Auf Grund dieser Rückgratfunktion mit zahlreichen Verknüpfungen zu anderem öffentlichen Verkehrsangeboten ist oft auch vom Ringzug-System die Rede, das mehr ist als nur der Ringzug für sich alleine genommen.
Verkehr und Taktung
Werktags verkehren die Regio-Shuttles des Ringzugs im Stunden-Takt; am Wochenende hingegen nur zweistündlich. Nicht alle Ringzüge fahren hingegen den kompletten Ring von Bräunlingen bis Zollhaus-Blumberg bzw. Leipferdingen durch. Den kompletten Ring fahren die Ringzüge auch werktags nur im Zwei-Stunden-Takt. Dazu kommen hingegen Ringzüge, die in Rottweil oder auch in Trossingen Stadt ihren Anfangs- bzw. Endpunkt haben.
Einige Ringzüge fallen ganz aus diesem Taktschema heraus. So verkehren die Ringzüge auf der Trossinger Eisenbahn so, dass in Trossingen Bahnhof grundsätzlich alle dort haltenden Züge erreicht werden können. Auf dem Donautalbahn-Abschnitt Tuttlingen - Fridingen an der Donau hingegen ist der Ringzug-Verkehr nicht vertaktet. Dort verkehren nur einzelne Züge an Werktagen. Am Wochenende gibt es dort keinen Ringzug-Verkehr. Hier wird der Großteil des Öffentlichen Verkehrs auch weiterhin über Busse abgedeckt. Auf der Wutachtalbahn enden und beginnen werktags die meisten Ringzüge in Leipferdingen anstatt in Zollhaus-Blumberg, so dass der Wutachtalbahn-Abschnitt Leipferdingen - Zollhaus werktags großteils ebenfalls von Bussen befahren wird. Neben den Ringzug-Strecken verkehren einige wenige Ringzüge ebenfalls über das eigentliche Ringzug-Streckennetz hinaus bis nach Sigmaringen und nach Neustadt (Schwarzwald). Ein Zugpaar fährt an Schultagen ebenfalls von Immendingen über Geisingen Bahnhof nach Donaueschingen.
Es werden jährlich 1.258.000 Zugkilometer gefahren.
Fahrgastzahlen - Pünktlichkeit - Betriebsdefizit
Der Ringzug hat sich in den ersten drei Betriebsjahren als attraktives und pünktliches Verkehrssystem in der Region etabliert und befördert an Schultagen zwischen 12.000 und 12.500 Fahrgäste täglich. Die Pünktlichkeit des Ringzugs liegt bei überdurchschnittlich guten 98,5 Prozent. Es ist ein jährliches Betriebsdefizit von 2,9 Millionen Euro vorgesehen, das zur Hälfte vom Land Baden-Württemberg und zur anderen Hälfte von den drei beteiligten Landkreisen finanziert wird.
Verkehrsverbünde
Für den Ringzug-Start wurde kein einheitlicher Verkehrsverbund für das gemeinsame neue Verkehrssystem geschaffen. Vielmehr existieren drei Verkehrsverbünde auf Landkreis-Ebene: TUTicket für den Landkreis Tuttlingen, der Verkehrsverbund Rottweil für den Landkreis Rottweil und der Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar für den gleichnamigen Landkreis. Es wurde jedoch mit der Tarifkooperation Schwarzwald-Baar-Heuberg ein Kooperation zwischen den drei unterschiedlichen Verbünden geschaffen, die Fahrten auch über die Verbundgrenzen hinaus ermöglicht.
Literatur
- Zweckverband Ringzug Schwarzwald-Baar-Heuberg (Hrsg.): Der 3er Ringzug: Eine Investition für die Zukunft der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Villingen-Schwenningen, 2006.