Radverkehr in Hannover

Form des Verkehrs
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Radverkehr in Hannover ist eine häufige Art der Fortbewegung innerhalb von Hannover, der Landeshauptstadt Niedersachsens. In Hannover besteht mit 19 % Anteil am Modal Split der Einwohner (Wert für 2011) der zweithöchste Wert nach Bremen, wenn man von den 15 größten Städten in Deutschland ausgeht.

Auf annähernd jedem Foto der inneren Stadtteile Hannovers sind, bei genauer Betrachtung, Radfahrer, Fahrräder oder Fahrradständer zu sehen. Hier: Hauptgebäude der Universität Hannover
Junge Dame auf einem Adler-Fahrrad;
Plakat für die Verkaufsstelle in der Georgstraße 34 in Hannover, anonymer Künstler, um 1900

Stand und Zielsetzungen

 
Fahrradtaxis am Hauptbahnhof
 
Niedersächsischer Landespreis Fahrradfreundliche Kommune, vergeben 2010;
Plakette am Gebäude der Bauverwaltung Hannover
 
1913: Der Katalog von H. Timmann bewarb das 1862 gegründete Unternehmen als „Deutschlands ältestes Spezial-Haus für Fahrräder und Nähmaschinen“

Der Anteil des Fahrradverkehrs am Modal Split betrug im Jahr 2011 19 %, der zweithöchste Wert unter den deutschen Halbmillionenstädten nach Bremen[1] und vor München, Berlin, Leipzig oder Hamburg, die jeweils mehr oder weniger ambitionierte Programme haben, Fahrradstadt zu werden. Die Stadt möchte diesen Anteil laut Beschlusslage künftig erhöhen, bis 2025 auf 25 %.[2]

Infrastruktur

Die Wohnviertel sind annähernd vollständig mit Tempo-30-Zonen ausgestattet. An einigen Stellen wurden seit den 1980er Jahren Fahrradstraßen eingerichtet, in den Jahren 2015 und 2016 wurden einige weitere Fahrradstraßen eingerichtet. Einbahnstraßen innerhalb von Tempo-30-Zonen sind annähernd komplett für Radverkehr in Gegenrichtung frei gegeben, auch viele Einbahnstraßen mit höherer zulässiger Geschwindigkeit sind mit Radwegen oder anderen Maßnahmen für Radverkehr entgegen der Einbahnrichtung passierbar. Die meisten Sackgassen sind entsprechend gekennzeichnet, soweit sie für Fuß- und/oder Radverkehr passierbar sind. Fast alle Fußgängerzonen in der Innenstadt und den Stadtteilen sind außerhalb der Zeiten starken Fußgängerverkehrs für den Radverkehr frei gegeben, einige zentrale Achsen auch ganztägig, z. B. die Allee in der westlichen Georgstraße.

Mit der Anlage von Schutzstreifen in der Podbielskistraße sind inzwischen annähernd alle stark Kfz-belasteten Hauptverkehrsstraßen mit Radverkehrsanlagen ausgestattet, meist in Form von hochbord geführten Radwegen mit typisch hannoverscher Gestaltung, mit einem roten, quer gelegten Ziegelstreifen beidseits einer mit dunklem Verbundpflaster ausgestatteten Fahrfläche für den Radverkehr. Zur Fahrbahn oder zum Parkstreifen ist in der Regel ein Sicherheitstrennstreifen baulich angelegt. In einigen Straßen mit großer Trennwirkung, zum Beispiel mit Mittelstreifen oder Stadtbahn in Mittellage bestehen teils beidseitige Zweirichtungs-Radwege, so inzwischen fast komplett entlang des City-Rings und an einigen größeren Ausfallstraßen wie Teilabschnitten der Hildesheimer Straße oder der Lavesallee am Waterlooplatz.

In der Eilenriede wie auch in einigen größeren Grünanlagen und Grünzügen bestehen Fahrradverbindungen, wobei hier überwiegend eigenständige, asphaltierte Radwege neben oder unabhängig von Gehwegen bestehen, rund um den Maschsee und entlang der Herrenhäuser Allee mit komfortablen Breiten von bis zu 4,00 m. Teilweise sind diese Radwege, wie auch die Fahrradstraße am Maschsee-Strandbad, ausdrücklich für Inline-Skater frei gegeben.

Entlang von Leine, Ihme und Fösse sowie Mittellandkanal bestehen Fahrradverbindungen, wo mit dem hier meist eher geringen Fußgängerverkehr überwiegend gemeinsame Wege genutzt werden, die teilweise asphaltiert oder gepflastert, überwiegend aber mit wassergebundener Decke ausgebaut sind.

Fahrradparken

 
Radfahrer und abgestelltes Rad in der Fußgängerzone Limmerstraße, die für Stadtbahnen, Busse und den Radverkehr freigegeben ist

In Hannover werden seit den 1990er Jahren regelmäßig Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Straßenraum angelegt, meist in der Form einfacher Fahrradbügel für zwei Räder, an Aufkommensschwerpunkten wie in der Innenstadt und am Hauptbahnhof auch mit überlangen Fahrradbügeln, die für bis zu vier Räder Anlehn- und Anschlussmöglichkeit bieten. Auch an öffentlichen Gebäuden, wie dem Neuen Rathaus oder Veranstaltungsorten wie dem Niedersachsenstadion stehen zahlreiche Abstellmöglichkeiten zur Verfügung. Einige Wohnungsbaugesellschaften oder Hauseigentümer bieten, teilweise im Vorgarten, hochwertige, überdachte und auch abschließbare Fahrradstellplätze für ihre Mieter an. In der Fundstraße steht ein Fahrradhäuschen nach Hamburger Vorbild, mit Sondernutzungsgenehmigung im öffentlichen Straßenraum.

Fahrradverleih und Service

Die beiden Fahrradstationen am Hauptbahnhof bieten den radstationstypischen Service inklusive Waschanlage und verleihen 80 Räder.[3] Hinter dem Bahnhof stehen einige Callbikes an einem Standort für Entleihe und Rückgabe.[4] An der Fahrradstation II und zwei weiteren Standorten in der Innenstadt können Pedelecs und elektrisch unterstützte Lastenräder ausgeliehen werden, die Lastenräder dank eines E-Mobilitäts-Förderprogramms derzeit kostenlos (nach Voranmeldung).[5] Im März 2015 wurde gemeinsam von ADFC und einem Lastenrad-Spezialgeschäft Hannovers erstes Projekt für freie Lastenfahrräder "Hannah!"[6] gestartet. Es ermöglicht die kostenfreie Ausleihe an wechselnden Orten in der Region. Nextbike war bis 2015 im Stadtgebiet mit seinem Leihradsystem aktiv, allerdings nur mit wenigen Standorten und geringen Nutzungszahlen. Seit 2017 ist oBike hier vertreten.[7]

Hannover gibt seit den frühen 1980er Jahren die Radwege- und Freizeitkarte im Maßstab 1:20.000 heraus, die von der Stadt mit Unterstützung des ADFC erarbeitet und regelmäßig aktualisiert wird.[8] Das Stadtgebiet wird umfasst vom Radroutenplaner für das Land Niedersachsen[9] sowie weiteren Radroutenplanern wie Naviki, BBBike.

Fahrräder können in der S-Bahn Hannover ganztägig, in der Stadtbahn Hannover und den Üstra-Bussen (mit Ausschlusszeiten im Berufsverkehr von Montag bis Freitag, vor 8:30 und zwischen 15:00 und 19:00 Uhr) mitgenommen werden. In Regiobussen ist die Fahrradmitnahme erst ab 19:00 Uhr, am Wochenende ganztägig möglich.[10][11] In Regionalzügen innerhalb der Region Hannover und während des Berufsverkehrs in der S-Bahn muss ein Einzelticket gelöst werden.

Touristischer und Freizeit-Radverkehr

Hannover ist nicht an das primäre deutsche Fernradwegenetz der D-Routen angebunden. Von dem im Auftrag des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums entwickelten, aber nur unvollständig realisierten Niedersachsennetz sollten drei Wege über Hannover verlaufen: Der Leine-Heide-Radweg (N-Netz 4)[12], der West-Ost-Radweg (N-Netz 10)[13] und der Weser-Elbe-Radweg (N-Netz 12)[14]. Wegetechnisch existieren heute alle drei Routen mit kleineren Einschränkungen bezüglich der Wegebeschaffenheit; einen offiziellen Status mit Beschilderung und eigener Webseite hat davon aber nur der Leine-Heide-Radweg bekommen, der im Stadtgebiet dem Verlauf von Leine und Ihme folgt. Die anderen beiden Routen sind nicht weiterentwickelt worden, fungieren aber heute als Wege des regionalen Radverkehrs. Weiterhin verläuft der Initiativ-Fernradweg Amsterdam-Berlin[15] von Osnabrück und Minden kommend über Hannover weiter nach Braunschweig und Magdeburg.

Durch das Stadtgebiet verlaufen einige mit Ziel- und Routenwegweisern ausgeschilderte Freizeitrouten in Verantwortung der Region Hannover, deren zentraler Treffpunkt das Maschsee-Nordufer unweit des Neuen Rathauses ist.[11] Im Stadtgebiet werden dabei überwiegend Verbindungen genutzt, die bereits Anfang der 1980er Jahre als städtische Freizeitrouten mit Tiersymbolen bewegweist wurden (damals reine Routenwegweisung), mit nur wenigen Zielwegweisern in Form der damals in Niedersachsen genutzten Wegweisungs-Pilze. Die städtischen Freizeitrouten wurden inzwischen ersetzt durch sechs Routen, die in die Regionswegweisung eingebunden sind.[11]

Verwaltungsstruktur und Rahmenbedingungen

Die Stadt Hannover hat seit den frühen 1980er Jahren einen Radverkehrsbeauftragten innerhalb der für Tiefbau zuständigen Verwaltungsstelle. Damals gab es auch erstmals eigene Planungsrichtlinien zum Radverkehr in städtischen Straßen, die über die damals bundesweit geltenden Empfehlungen für Bau, Betrieb und Unterhaltung von Radverkehrsanlagen (ERA 82) hinausgingen. Auch im (damaligen) Grünflächenamt wurde das Thema bereits verhältnismäßig früh bis hin in die Leitungsebene ernsthaft verfolgt. Mit den langjährigen rot-grünen Bündnissen im Stadtrat gab es außerdem regelmäßig politische Aufmerksamkeit, eine spezielle Berücksichtigung bei Straßenplanungen und finanzielle Mittel. Auch bei der Region Hannover ist eine Radverkehrs-Koordinatorin tätig.[16][17]

Bei der Erstellung der Bausteine des Verkehrsentwicklungsplans Anfang der 1990er Jahre ermöglichte die Stadtverwaltung die Veröffentlichung von zwei Gutachten der Verkehrsinitiativen (ADFC, Bürgerinitiative Umweltschutz (BiU), VCD und FUSS e. V.) zur gewünschten Verkehrs-Entwicklung in der Innenstadt und zu einem Radverkehrskonzept, außerdem ein Gutachten der damaligen Aktionsgemeinschaft City für Alle, einem Zusammenschluss von Gewerbetreibenden und Geschäftsleuten, zu deren Vorstellungen zum Innenstadt-Verkehr. Auch auf diesen Grundlagen wurden zahlreiche Entscheidungen für die Innenstadt mit teilweise weitreichenden verkehrlichen Folgen getroffen, so die Sperrung der Umfahrt am Ernst-August-Platz für den Autoverkehr, die Ausdehnung der Fußgängerzonen, so in der Andreaestraße und Großen Packhofstraße und die Anlage zusätzlicher Querungsstellen am zuvor als Barriere wirkenden Cityring.

Besonderheiten

Im Innenstadtbereich verkehren Fahrradtaxis.

Die monatliche Critical-Mass-Veranstaltung findet in Hannover regelmäßig am letzten Freitag im Monat statt und startet um 18:30 Uhr auf dem Klagesmarkt.

Rezeption

„Aber die besten Städte, die man sich als Besucher anschauen sollte, sind wahrscheinlich diejenigen, die 'auf dem Sprung' sind, die hart daran arbeiten, den Radverkehr voranzubringen. Städte, die eigene Fahrradbudgets und Personal haben, die Geld für Infrastruktur und Kampagnen ausgeben und ehrgeizige Pläne vorantreiben. Beispiele hierfür sind München, Frankfurt und Hannover.“

David Greve: ADFC[18]

Literatur

Commons: Bicycles in Hanover – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mobilität in der Region Hannover 2011. (PDF; 1,3 MB) Bericht. infas (Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH), 2013, S. 48, abgerufen am 14. Juli 2016.
  2. Leitbild Radverkehr. (PDF; 1,5 MB) Landeshauptstadt Hannover, 2010, abgerufen am 14. Juli 2016.
  3. Radstation Hannover, abgerufen am 10. Juli 2016
  4. CallBike-Webseite
  5. PedsBlitz Hannover auf den Seiten der Region Hannover, abgerufen am 10. Juli 2016
  6. https://www.hannah-lastenrad.de/
  7. Bernd Haase: 500 Leihfahrräder kommen in die Stadt. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 17. November 2017.
  8. im Hannover-GIS auch online verfügbar
  9. Radroutenplaner Niedersachsen
  10. GVH zu Fahrradmitnahme, mit Übersichts-Darstellung, abgerufen am 10. Juli 2016
  11. a b c Broschüre Hannover sattelt auf
  12. Leine-Heide-Radweg (N-Netz 4). Archiviert vom Original; abgerufen am 29. August 2017.
  13. West-Ost-Radweg (N-Netz 10). Archiviert vom Original; abgerufen am 29. August 2017.
  14. Weser-Elbe-Radweg (N-Netz 12). Archiviert vom Original; abgerufen am 29. August 2017.
  15. http://www.bike-amsterdam-berlin.info
  16. Liste mit Zuständigkeiten und Service zum Radverkehr
  17. Region Hannover: umsteigen:aufsteigen. Handlungskonzept Radverkehr. Hannover 2015.
  18. David Greve: Radverkehr: Warum Deutschland alle Antworten hat. ADFC-Bundesverband, 23. Januar 2013, abgerufen am 18. Juli 2016.