Schreckenstage von Nidwalden
Vorlage:Schlacht Die Schreckenstage von Nidwalden, auch Nidwalder Aufstand oder Überfall genannt, waren eine militärische Auseinandersetzung zwischen Nidwalden und Frankreich während des Franzoseneinfalls. Sie fanden vom 7. - 9. September 1798 im Kanton Nidwalden statt.
Vorgeschichte
Im Jahre 1798, nachdem Bern am 5. März gefallen war (Schlacht am Grauholz), waren ausser dem Wallis nur die eidgenössischen Urkantone zu Widerstand bereit, namentlich Uri, Schwyz, Nidwalden, Glarus und Zug. Unter General Schauenburg griffen die Franzosen die Kantone am Rand des Aufstandgebietes, Glarus und Zug an. Sie ergaben sich nach den ersten Gefechten. Uri kämpfte wenig.
Das unscheinbare Nidwalden schien sich vorerst zu ducken. Kurzfristig befestigten die Nidwaldner schwimmende Tannenstämme an den Palisaden in Stansstad. Die Sperre hielt dem Ansturm der Franzosen vom See her stand. Am 9. April 1798 erfolgte jedoch deren Durchbruch, und die Stansstader Verteidiger mussten sich ergeben.
Ende April 1798 stellten die fünf Kantone unter der Führung von Aloys von Reding (1765 - 1818) aus Schwyz ein Heer von 10'000 Mann auf, Schwyzer, Urner und Nidwaldner, die sich zwischen dem 30. April und dem 3. Mai teilweise erfolgreich gegen die 12'000 Franzosen wehrten. Am 3. Mai schlossen sie einen Waffenstillstand mit Schauenburg. Durch die militärische Übermacht der Franzosen wurden die Landsgemeinden der Innerschweiz dazu gebracht, die Helvetische Ordnung von Peter Ochs zu akzeptieren. Zur besseren Kontrolle wurden die widerspenstigen Kantone zu einem einzigen Kanton Waldstätten zusammengefasst. Am 17. Mai erhoben sich auch die Walliser erfolglos gegen Frankreich.
Im September 1798 erhoben sich die Nidwaldner gegen das "höllische Ochsenbüchlein". Am 29. August lehnten sie eigensinnig an einer Landsgemeinde die Helvetische Verfassung sowie die Eingliederung in den neuen Verwaltungsbezirk ab. Besonderer Stein des Anstosses war, dass die helvetischen Räte wenig später von allen Bürgern einen Treueeid auf die neue Verfassung verlangten, in dem erst noch die traditionelle Anrufung Gottes fehlte. Dies veranlasste das Direktorium in Frankreich, aus Angst eines gesamtschweizerischen Aufstandes, ein Heer nach Nidwalden zu schicken. Er sollte die helvetische Verfassung mit Gewalt durchsetzen. Der Anführer in Nidwalden, Kapuzinerpater Paul Styger, wollte nicht zulassen, "dass die blutdürstigen fränkischen Gessler ihnen das kostbare Kleinod der Religion und der Freiheit" entrissen. Er stand in Kontakt mit den Emigranten und machte den Nidwaldnern falsche Hoffnungen auf militärische Hilfe aus Österreich. Vor allem sahen sie die christliche Religion durch die neuen Herren bedroht.
Verlauf
Am 9. September stürmten 10'000 Franzosen unter General Balthasar Alexis Henri Antoine von Schauenburg aus allen Richtungen in das kleine Land. Die Aussichtslosigkeit des Aufstandes in Nidwalden war voraussehbar. Das Volk war in den Kampf getrieben von Verheissungen auf Gottes Hilfe, kugelsicheren Amuletten und der Hoffnung auf österreichische Intervention. Die etwa 1600 Nidwaldner kämpften mit einer rasenden Todesverachtung gegen die Truppen Schauenburgs. Am Kehrsitenberg gelang es 30 Nidwaldnern, während fünf Stunden 800 Franzosen in Schach zu halten. General Schauenburg berichtete von der "unglaublichen Hartnäckigkeit dieser Menschen, deren Kühnheit bis zur Raserei ging. Man schlug sich mit Keulen. Man zermalmte sich mit Felsstücken." Dieser dermassen verbissene Widerstand der Nidwaldner versetzte die französischen Soldaten in so grosse Wut, dass es selbst Schauenburg nicht mehr gelang, sie im Zaum zu halten. Sie fingen an, selbst auf Frauen und Kinder zu schiessen, sie plünderten und verbrannten Häuser, sie massakrierten Flüchtlinge in den Kirchen. Die Frauen des Hauptortes Stans wurden der Vergewaltigung ausgesetzt. Ennetmoos, Stansstad und Buochs wurden dem Erdboden gleichgemacht, alle Gebäude wurden in Brand gesetzt (Buochs bis auf drei Häuser). Auch der Hauptort Stans hatte viele Zerstörungen zu beklagen.
Folgen
Es sind bei diesem Gefecht etwa 400 Nidwaldner umgekommen, darunter über hundert Frauen und 26 Kinder. Die Franzosen sollen bei diesem Gefecht an die 2000 Mann verloren haben.
Am Abend dieses schwarzen Tages sah das unglückliche Ländchen so aus: Die Ortschaften waren verwüstet, 600 Wohnhäuser und viele Kirchen niedergebrannt, Vergewaltigungen, Plünderung. Das Elend der Überlebenden war so gross, dass selbst die Gegner unter dem kriegserfahrenen abgehärteten Schauenburg vom Mitleid über das angerichtete Unheil überwältigt wurden und Nahrungsmittel unter der Bevölkerung verteilten. Das Direktorium in Paris erhob eine freiwillige "Liebessteuer", die Solidarität in den anderen Kantonen war gross. Heinrich Pestalozzi bekam den Auftrag, ein Heim für Kriegswaisen in Stans zu bauen.
Schauenburg nahm die Unterstützung durch Schwyz und Uri als Vorwand, die ganze übrige Innerschweiz zu besetzen und zu entwaffnen.
Die Nidwaldner mussten auf dem Stanser Hauptplatz antreten, wo sie unter einem Freiheitsbaum den Eid zu leisten hatten. Der Winkelriedfigur, Symbol des Widerstandes (Schlacht bei Sempach), wurden Speer und Schwert abgenommen worden. Die Aufstand in Nidwalden wurde jedoch weit über die Grenzen des kleinen Landes bekannt, die Kämpfenden wurden als Helden gefeiert. Überall in Europa nahm man zur Kenntnis, dass eidgenössischer Unabhängigkeitswille und Kämpfermut immer noch lebendig waren. So kam dem Heldenkampf der Nidwaldner symbolische Bedeutung bis in die Gegenwart zu.