Präzedenzfall

juristischer Fall als Maßstab ähnlicher Fälle
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Ein Präzedenzfall beschreibt einen juristischen Fall, dessen Entscheidung sich zum Maßstab anderer Fälle entwickelt hat.

Relevant werden solche Präzedenzfälle vor allem im anglo-amerikanischen Rechtskreis (engl. Precedent). Das dortige Rechtssystem basiert auf der Auswertung vergleichbarer Gerichtsentscheidungen. Die gerichtliche Entscheidung wird selbst Teil des Rechtssystems und ist Grundlage für weitere Urteile. Binding precedents binden vor allem rangniedrigere Gerichte.

Im deutschen und im kontinentaleuropäischen Rechtskreis orientieren sich rechtliche Entscheidungen an Gesetzen und nicht an den Entscheidungen anderer Gerichte. Von einem Präzedenzfall kann man dann sprechen, wenn ein Obergericht in einem Urteil Grundsätzliches zur Auslegung dieses Gesetzes festlegt. Entscheidend ist aber, dass auch künftig das Gesetz angewandt wird, und der Präzedenzfall hierzu nur eine Auslegungshilfe bietet. Andere Gerichte werden durch Präzedenzfälle selbst nicht direkt gebunden. Deshalb spricht man in Deutschland in der Regel nicht von Präzedenzfällen sondern von Grundsatzentscheidungen.

Eine Ausnahme bilden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, da sie eine gesetzesgleiche Wirkung entfalten bzw. auf die Wirkung und Gültigkeit von Gesetzen Einfluss nehmen können. Sie und die dazugehörigen Begründungen und Auslegungen sind für alle anderen Gerichte bindend.

Siehe auch: common law, case law, Obiter Dictum, Ratio Decidendi