Kurt Waldheim (* 21. Dezember 1918 in St. Andrä-Wördern, Niederösterreich) ist ein österreichischer Diplomat und Politiker (ÖVP).
Biographie
Seine politischen Stationen waren:
- 1968-1970 österreichischer Außenminister
- 1972-1981 vierter Generalsekretär der Vereinten Nationen
- 1986-1992 österreichischer Bundespräsident
bis 1972
Er besuchte das Stiftsgymnasium in Klosterneuburg. Über Waldheims Tätigkeit während des Zweiten Weltkriegs gibt es widersprüchliche Aussagen, siehe Absatz "Die Waldheim-Affäre". 1945 promovierte er an der Universität Wien zum Doktor der Rechtswissenschaft. Als Sekretär von Außenminister Karl Gruber kam er ins Außenministerium, wo er anschließend als Diplomat in Paris, Toronto und New York tätig war.
Als Außenminister von 1968 bis 1970 hatte er die schwierige Situation des Prager Frühlings zu bewältigen. Waldheim gab damals dem österreichischen Botschafter in Prag Rudolf Kirchschläger die Weisung, die Botschaft zu schließen und keine Flüchtlinge aufzunehmen, was dieser jedoch ignorierte.
Bereits 1971 kandidierte er bei der Wahl zum Bundespräsidenten gegen Franz Jonas, bei der er aber unterlag.
Die UNO-Zeit
Bereits von 1955 - 1956 war er ständiger österreichischer Beobachter bei der UNO. Von 1964 - 1968 und von 1970 - 1971 war er ständiger österreichischer Vertreter bei den Vereinten Nationen. 1972 wurde er zum UN-Generalsekretär gewählt und übte dieses Amt für zwei je fünfjährige Amtsperioden aus. Seine Bewerbung für eine dritte Amtszeit wurde im Dezember 1981 durch ein Veto Chinas abgelehnt.
Die "Waldheim-Affäre"
1986 kam es in Österreich zu Neuwahlen für das Amt Bundespräsidenten, da der unumstrittene Rudolf Kirchschläger verfassungsgemäß nicht mehr für eine dritte Amtszeit kandidieren durfte.
Dabei ging Kurt Waldheim für die ÖVP ins Rennen. Die Volkspartei rechnete sich gute Chancen aus, gegen den von der SPÖ unterstützten Gesundheitsminister Kurt Steyrer zu gewinnen und erstmals in der Zweiten Republik den Bundespräsidenten zu stellen. Waldheims Vorteil war seine grosse internationaler Erfahrung, was man mit dem Wahlplakat "Ein Österreicher, dem die Welt vertraut" vor der Skyline New Yorks zu unterstreichen suchte.
Im Februar 1986 wurde jedoch durch Recherchen des Nachrichtenmagazins "profil" bekannt, dass Waldheim in seiner kurz zuvor erschienenen Autobiographie "Im Glaspalast der Weltpolitik" über sein Verhalten während der Nazizeit und im Zweiten Weltkrieg nur sehr lückenhaft informiert hatte. Insbesondere hatte er seine Mitgliedschaft in NS-Organisationen wie dem SA-Reiterkorps und seine Tätigkeit als Ordonnanzoffizier in Saloniki von 1942 bis 1943 verschwiegen. Stattdessen hatte er behauptet, er sei an der Ostfront verwundet worden und habe die restliche Kriegszeit in Österreich verbracht.
Mit der neuen Sachlage und weiteren Vorwürfen v.a. durch den Jüdischen Weltkongress konfrontiert, stritt Waldheim zunächst alles ab. Berühmt wurde seine Äußerung:
"Ich habe im Krieg nichts anderes getan als hunderttausende Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt."
In der Folge wurde der Wahlkampf immer aggressiver geführt. Waldheims Anhänger sprachen von einer "Schmutzkübel-Campaign"; nach der Auffassung von Kritikern griff die ÖVP, die Waldheim unterstützte, dabei auch auf antisemitische Argumente zurück; Michael Graff, der Generalsekretär der ÖVP, meinte: "Solange nicht erwiesen ist, dass er eigenhändig sechs Juden erwürgt hat, gibt es kein Problem". Der offizielle Slogan für Waldheim lautete: "Jetzt erst recht!". Im 1. Wahlgang am 4. Mai 1986 verfehlte Waldheim mit 49,6% der gültigen Stimmen knapp die absolute Mehrheit. Die Stichwahl vom 8. Juni 1986 gegen Kurt Steyrer entschied er mit 53,9% für sich.
Seine Wahl hatte den Rücktritt des Bundeskanzlers Fred Sinowatz und des Außenministers Leopold Gratz zur Folge. Wie 1991 durch ein gerichtliches Verfahren festgestellt wurde, hatte Sinowatz schon vor den ersten Veröffentlichungen in der Presse parteiintern davon gesprochen, man werde Österreich rechtzeitig auf "Waldheims braune Vergangenheit" aufmerksam machen. Erst mit diesen Bemerkungen hatte er die Recherchen von "profil" ausgelöst, die Waldheims Unterlassungen aufdeckten.
Nach der Wahl ebbte die Aufregung nicht ab. In den USA kam Waldheim 1987 auf die "watchlist". Dies bedeutete u.a. ein Einreiseverbot für ihn als Privatperson. Auch sonst blieb Waldheim (mit Österreich) isoliert; gern gesehener Gast war er nur im Vatikan und im Nahen Osten.
Deshalb setzte die österreichische Bundesregierung eine internationale Historikerkommission unter dem Schweizer Hans Rudolf Kurz ein. Diese konnte keinen Beweis für eine Beteiligung Waldheims an Kriegsverbrechen erbringen, wies ihm aber nach, mehr gewusst zu haben, als er zugeben wollte. Die Veröffentlichung dieser Erkenntnisse 1988, kurz vor dem 50. Jahrestag des "Anschlusses", führten zu einer Regierungskrise, da Bundespräsident Waldheim und die mitregierende ÖVP den Bericht zunächst ablehnen wollten. Schließlich beschränkte sich die Regierung unter Bundeskanzler Franz Vranitzky darauf, den Bericht einfach "zur Kenntnis" zu nehmen.
Die schon aus seiner Zeit als UNO-Generalsekretär herrührenden guten Kontakte in den arabische Welt führten 1990 zu einem diplomatischen Erfolg: Als Saddam Hussein vor dem Beginn des Zweiten Golfkriegs zahlreiche westliche Ausländer als Geiseln in Irak festhielt, reiste Waldheim persönlich nach Bagdad und erreichte, dass die Österreicher ausreisen durften.
Obwohl sich die Emotionen in Österreich nach 1988 beruhigten und Waldheim selbst nun ausgewogenere Worte über die Rolle Österreichs im Nationalsozialismus fand, polarisierte er sein Land weiterhin: Manche Anhänger sahen Waldheim als Opfer "gewisser Kreise" an der "Ostküste" (einer antisemitischen Chiffre); seine Gegner nahmen ihm die späte Einsicht nicht ab; damals kam die ironisch-ehrerbietige Abkürzung UHBP ("Unser Herr Bundespräsident") auf. Weit davon entfernt, zu einer über den Parteien stehenden Autorität zu werden, verzichtete Waldheim nach dem Auslaufen seiner ersten Amtszeit 1992 auf eine erneute Kandidatur für ein zweites Mandat.
Kritiker sahen im Verhalten Waldheims während des Wahlkampfs und danach ein Charakteristikum für den unbewältigten Umgang vieler Österreicher mit der NS-Vergangenheit, der häufig aus Verdrängen und Nicht-Wissen(-Wollen) bestehe.
Weblinks
- Einsam in der Hofburg (NÖN)