Outsourcing

Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an externe Dienstleister
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Mit Outsourcing (dt. Auslagerung) wird in der Ökonomie die Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an Drittunternehmen bezeichnet. Outsourcing ist somit eine spezielle Form des Fremdbezugs von bisher intern erbrachter Leistung, wobei die Dauer wie der Gegenstand der Leistung vertraglich fixiert werden. Dadurch wird Outsourcing von sonstigen Partnerschaften abgegrenzt.

Der Begriff

Outsourcing ist ein Kunstwort, das aus den englischen Begriffen outside, resource und using zusammengesetzt ist. Outsourcing ist somit ein Konzept, das die Heranziehung von außerhalb des Unternehmens liegenden Bezugsquellen zur Versorgung vorsieht. Einzelne Unternehmensprozesse werden von einem externen Produzenten oder Dienstleister erbracht, wobei im Unterschied zum Sourcing auch ein Verantwortungsübergang stattfindet.

Outsourcing ist z. B. in der Fertigungsindustrie ein gängiges Konzept, etwa wenn Produktion an Auftragsfertiger („Contract Manufacturer“) ausgelagert wird. Hier spricht man meist von „Verringerung der Wertschöpfungstiefe“ oder allgemein von „Value Networks“. Ein Beispiel sind die sog. „Electronics-Manufacturing Services“ (EMS) oder „Mechanic Manufacturing Services“ (MMS), die von so genannten Fertigungsdienstleistern erbracht werden. Ein anderes klassisches Beispiel für eine Auslagerung ist das Facility Management.

Da der Übergang von Prozessen auch die Übernahme von Personal und Unternehmenswerten („Assets“) beinhaltet, ist die Grenze zu einer Unternehmensübernahme (Mergers & Acquisitions) fließend, insbesondere, wenn der übernommene Unternehmensteil eine eigene Rechtsform hat. Daher ist die Kompetenz zur Integration und zum Management von Personal ein zentrales Erfolgskriterium. Outsourcing findet auch in Form von Joint Ventures statt. Dies gilt insbesondere für den öffentlichen Sektor, in dem sich das Modell der Public Private Partnership (PPP) etabliert hat (s. z. B. Toll Collect). Eine Variante des Outsourcings in Konzernen ist die Gründung einer „Shared Services“-Organisation. Hier liegt dann die Governance-Verantwortung und die Aussteuerung der Dienstleister.

Der Begriff Outsourcing wird meist auf IT-Infrastruktur oder auf IT-intensive Prozesse angewendet, da er in den 80er Jahren im Zusammenhang mit großen EDV-Auslagerungsverträgen von General Motors (EDS) und Eastman Kodak bekannt wurde.

Wirtschaftliche Bedeutung von Outsourcing

Der IT-Outsourcing-Markt hat in Deutschland ein Volumen von rund 8–10 Milliarden € (non-captive, d.h. durch nicht-konzernzugehörige Dienstleister). Das durchschnittliche Marktwachstum (CAGR) von 2002 bis 2008 beträgt etwa 10–12 Prozent. Während der Fokus zunächst auf infrastruktur-orientiertem Outsourcing lag, wachsen aktuell, von geringer Basis ausgehend, vor allem anwendungs- und prozessorientierte Formen des Outsourcings. So wächst Application Management durchschnittlich um etwa 30 %, Business Process Outsourcing sogar um 35 bis 38 %. Im Jahr 2008 wird der Markt für BPO nach Analystenschätzungen bereits über 1 Milliarde Euro groß sein.

Hintergründe

Die Motivation für diese seit den 1990er Jahren vor allem im angelsächsischen Raum populäre Vorgehensweise besteht vor allem in einer Rationalisierung von Geschäftsprozessen, einer Reduzierung von Prozesskomplexität, einer Freisetzung von Management-Kapazitäten, der Flexibilisierung des Unternehmens und einer Fokussierung auf das Kerngeschäft ("Do what you can do best – outsource the rest"). Teure oder selbst nicht effizient ausführbare Aufgaben, die nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens gehören, werden an spezialisierte Dienstleister abgegeben. Meistens wird ein Outsourcing aus Kosten- oder bilanzierungstechnischen Gründen vorgenommen (Vermeidung hoher Investitionen und Mittelbindung, Verbesserung von Kreditratings etc.). Eine aktuelle Form der Kostensenkung ist das sogenannte Offshore-Outsourcing (siehe unten). Die Auslagerung kann aber auch Qualitäts-, Sicherheits- und Know-How-Gründe haben, oder aus einem schnellen Wachstum des Unternehmens resultieren. Outsourcing ist dann eine Make-or-Buy-Entscheidung. Beispielsweise wird der Betrieb der IT-Infrastruktur oft an kompetente IT-Dienstleister übertragen. Risiken eines Ausfalls werden somit teilweise an das Drittunternehmen abgegeben. Oft wird ein Outsourcing auch erwogen, wenn ein Unternehmen sehr schnell wächst und nicht in zeitraubenden Aufbau eigener Infrastruktur oder Prozesse investieren will.

Formen des Outsourcings

Es werden verschiedene Arten des Outsourcings unterschieden, wobei die Definitionen erheblich variieren:

  • Out-tasking: Einzelne Funktionen oder Prozesse eines Unternehmens werden an einen Dienstleister übertragen, Personal oder Assets gehen nicht über. Alternativ kann auf technischer Ebene das Out-tasking auch als das Auslagern einfacher elementarer Operationen, Funktionen und Methoden z. B. Lese-/Schreiboperationen oder Lookup-Methoden von Applikationen verstanden werden. Häufig wird diese Bezeichnung auch bei der Auslagerung bzw. Integration von Web Services, die von Service Providern angeboten werden, verwendet.
  • Selective Outsourcing: Spezielle Teile eines Bereiches werden an ein Drittunternehmen vergeben. Das primäre Ziel ist meist nicht Kosteneinsparung, sondern etwa die Kompensation mangelnden Wissens oder mangelnder kritischer Masse im Unternehmen. Werden z. B. IT-Applikation im Unternehmen eingeführt, ist dies oft der Anlass den Betrieb dieser Lösungen an ein Drittunternehmen zu vergeben und dieses Spezialwissen nicht aufzubauen. Outtasking und Selective Outsourcing werden jedoch häufig synonym verwendet.
  • Transitional Outsourcing: Ein Prozess wird während des Technologiewechsels in einem Unternehmen an einen Dienstleister übertragen, der sowohl Kompetenzen in der Ist- und Ziel-Technologie besitzt.
  • Comprehensive Outsourcing oder Complete Outsourcing: Ein ganzer Unternehmensbereich wird ausgelagert, beispielsweise die EDV eines Unternehmens wird an einen IT-Dienstleister für eine Vertragslaufzeit von 10 Jahren übergeben. Dabei wechseln nicht nur die „Assets“, sondern auch große Teile der betroffenen Belegschaft in das Drittunternehmen.
  • Business Transformation Outsourcing oder Transformational Outsourcing meint die integrale Verbindung von Business Consulting und Outsourcing. Ein übernommener Unternehmensteil oder -prozess wird nach „Best-in-Class“-Methoden reorganisiert und dann entweder betrieben oder rücküberführt. Im Gegensatz zu klassischem Business Consulting übernimmt der Dienstleister Verantwortung für die Realisierung der identifizierten Optimierungspotentiale. Eine Zwischenform zwischen Transformational Outsourcing und Business Process Outsourcing wird zum Teil auch unter dem Stichwort „Business Innovation and Transformation Partner“ (BITP) diskutiert.
  • Business Process Outsourcing: Bei dieser Spielart wird ein ganzer Unternehmensprozess an ein Drittunternehmen gegeben. Beispielsweise kann der Unternehmensprozess Einkauf ausgelagert werden, das heißt, das Drittunternehmen verhandelt und besorgt für den auslagernden Betrieb beispielsweise günstigere Konditionen bei der Beschaffung. Weitere Beispiele sind HR-Management, Payroll-Processing oder Transaktions-Banking. Oft handelt es sich um IT-intensive Prozesse, die an entsprechend spezialisierte Dienstleister abgegeben werden.
  • Out-servicing: Hierbei werden in Anlehnung an das Business Process Outsourcing Geschäftsprozesse oder Aggregationen von Geschäftsprozessen ausgelagert, die nach dem Paradigma Serviceorientierter Architekturen (SOA) gestaltet wurden. Hierbei können Services – gekapselte, wiederverwendbare und lose koppelbare betriebliche Funktionseinheiten – in unterschiedlichen Feinheitsgraden, d. h. sehr fein als Elementarfunktion und gröber als gesamthafter Geschäftsprozess ausgelagert werden. Out-servicing kann als Outsourcing bzw. Out-tasking unter Anwendung der Paradigmen des SOA verstanden werden.
  • Out-Sourcing (tlw. Sprachgebrauch): Teilweise wird im deutschen Sprachraum der Begriff Out-Sourcing auch als Synonym für Spin-Off (Auslagern von Unternehmensteilen in die Eigenverantwortung) verwendet. Dies ist streng genommen nicht richtig, da es sich um zwei unterschiedliche, nicht zwangsläufig aufeinanderfolgende Schritte handelt.

Trendprognose

Der Trend zum Outsourcing ist laut Analysten noch nicht an seinem Höhepunkt angelangt. Dennoch lässt sich zunehmend auch eine Abkehr von diesem Vorgehen beobachten. Viele Unternehmen haben festgestellt, dass sich zwar unmittelbar Kosten sparen lassen, aber mittelfristig bzw. langfristig trotzdem höhere Kosten auf das Unternehmen zukommen können. Ursächlich hierbei sind häufig Faktoren die in der Kalkulation und im Vergleich vernachlässigt oder schlimmstenfalls vergessen wurden. Die Motivation für Outsourcing verlagert sich dabei zunehmend von einer reinen Kostenorientierung („run my mess for less“) zu einer Qualitäts-, Wachstums- und Innovationsorientierung.

Risiken

Ein entscheidender Punkt ist die Qualität der ausgelagerten Prozesse, die nur indirekt beeinflusst werden kann.

Durch das Outsourcing vor allem bei Schlüsselprozessen kommt es zu einer risikobehafteten Abhängigkeit von Drittunternehmen.

Weiterhin ist der Schutz des Know-Hows bei der Vergabe von Leistungen an Dritte oft nicht sicher gestellt. Auch informelle Kontakte z.B. zwischen Fertigung und Konstruktion, aus denen neue Ideen für Verbesserungen entstehen, werden beim Outsourcing einzelner Prozesse oft unterbunden.

Schließlich wird es beim Rückgriff auf externe Dienstleister, die prinzipiell auch den Konkurrenten zur Verfügung stehen schwer sich vom Wettbewerb zu differenzieren.

Rechtliches

Outsourcingverträge laufen für gewöhnlich zwischen zwei und zehn Jahren. Bei dem Outsourcing der Verarbeitung personenbezogener Daten sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben der Datenverarbeitung im Auftrag zu beachten. Die Qualität und Quantität der vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen wird dabei in sogenannten Service Level Agreements festgelegt. Nur ein Teil der Outsourcingverträge wird nach dieser Zeit ausschreibungslos verlängert (Analysten schätzen in Deutschland ca. 20 %), meistens findet eine erneute Ausschreibung statt. In geschätzten zwei Dritteln der Fälle handelt es sich dabei aber um ein Benchmarking, das nur die marktgängigen Preise ermitteln soll. Aufgrund hoher Wechselkosten ist gerade in Deutschland ein Wechsel des Anbieters eher die Ausnahme. Möglich ist auch, dass der Outsourcer den Teilbereich wieder ins eigene Unternehmen eingliedert (Backsourcing).

Outsourcing in Billiglohnländer

Bisweilen verlagern Unternehmen auf diese Weise Arbeitsplätze von ihrem eigentlichen an kostengünstigere Standorte, in der Regel in Niedriglohnländer. Je nach geographischer Ausrichtung wird dies als Nearshoring (in der Regel nach Ost-Europa) oder Offshoring (in der Regel nach Asien) bezeichnet. Ein Beispiel hierfür ist die Auslagerung der IT-Anwendungsentwicklung nach Indien oder Osteuropa (Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Ukraine). Das Outsourcing in der IT-Entwicklung hat meist Kostengründe; in Osteuropa und Indien gibt es überdies eine hohe Anzahl an gut ausgebildeten und hochqualifizierten IT-Spezialisten, so dass eine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel mitgespielt haben kann.

Die Erfahrung zeigt jedoch enorme Aufwände für Kommunikation und Abstimmung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, so dass Outsourcing in Billiglohnländer zumindest in der Projektarbeit zurückgeht.

Derzeit leiden Outsouringprojekte in den Billiglohnländern unter einer hohen Fluktuation der Mitarbeiter und steigenden Löhnen in diesen Ländern. Für den Auftraggeber steigen damit die Projektrisiken stark an.

Das Outsourcing verschiebt sich zum Beispiel auch innerhalb Chinas künftig weiter in das Landesinnere, wo sehr viele mögliche Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, wenn an der Küste die Löhne steigen. Noch exportiert der deutsche Maschinenbau, allerdings wird geschätzt, dass das eigene Know-how das in zirka vier Jahren überflüssig macht.

Eine entscheidende Weiterentwicklung des Outsourcing-Gedankens ist die Entwicklung neuer Preis- und Deliverymodelle, die eine bedarfsgerechte Nutzung der bezogenen Leistungen ermöglicht (bekannte Schlagworte sind z. B. „On demand“, „Pay per use“, „Business Flexibility“ oder „atmende Infrastruktur“).

Literatur

  • Holger von Jouanne-Diedrich (Universität St. Gallen): „15 Jahre Outsourcing-Forschung: Systematisierung und Lessons Learned“. In: Informationsmanagement. Konzepte und Strategien für die Praxis, dpunkt.verlag 2004, S. 125–133 (.pdf)
  • Deutsche Bank Research: „IT-Outsourcing: Zwischen Hungerkur und Nouvelle Cuisine“, e-conomics Nr. 43, 6. April 2004. (.pdf)
  • Jörg Dittrich, Marc Braun: Business Process Outsourcing, Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart 2004, ISBN 3791022857
  • Christof Ebert: Outsourcing kompakt, Elsevier - Spektrum Akademischer Verlag 2005, ISBN 3827416450
  • Dietmar Fink, Thomas Köhler, Stephan Scholtissek: „Die dritte Revolution der Wertschöpfung“. Econ 2004, ISBN 3430127998
  • Heinz-Josef Hermes, Gerd Schwarz: "OUTSOURCING - Chancen und Risiken, Erfolgsfaktoren, rechtssichere Umsetzung", Ein Kompendium zum Outsourcing mit CD-ROM, Haufe Verlag 2005, ISBN 3448065609
  • Klaus-Dieter Leciejewski: „Lemming im deutschen Management“ in Frankfurter Allgemeine Zeitung Rubrik Wirtschaft, 17. November 2003, S. 20
  • Stephan Scholtissek: „New Outsourcing“. Econ 2004, ISBN 3430179629

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