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Deutsche Burschenschaft

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Die Deutsche Burschenschaft (DB) ist ein fakultativ-schlagender Korporationsverband von etwa 120 Studentenverbindungen aus Deutschland, Österreich und Chile mit etwa 15.000 Mitgliedern.

Herkunft, Aufbau, Ziele

Die Deutsche Burschenschaft entstand 1881 als Allgemeiner Deputierten-Convent (ADC) und erhielt ihren heutigen Namen 1902. Sie führt sich zurück auf die Ideen, die mit der Gründung der "Urburschenschaft" in Jena 1815 verbunden waren (siehe auch: Burschenschaft).

Von dort hat sie ihren Wahlspruch: "Ehre - Freiheit - Vaterland". Als „Vaterland“ versteht die DB im Unterschied zu anderen Korporationsverbänden das deutsche „Volkstum“: Dieses umfasst nach ihrer Auffassung Deutschland und Deutsch-Österreich als Kerngebiete des deutschsprachigen Kulturraums. (Siehe auch Prinzipien von Studentenverbindungen)

Dem Verband gehörten 2003 etwa 15.000 Mitglieder an, davon etwa 12.500 Alte Herren und 2.500 Aktive Studenten. Innerhalb der DB gibt es so genannte Kartelle, d.h. freundschaftlich oder politisch begründete Zusammenschlüsse von Mitgliedsbünden, z.B. das Grün-Weiß-Rote Kartell (GWRK) und den Rheinischen Ring, sowie den mit einer Fraktion vergleichbaren verbandspolitischen Interessenverband Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG).

Die jährliche Verbandstagung, der Burschentag (BT), findet seit 1991 wieder in Eisenach (Thüringen) statt. Dort werden die Vorsitzende Burschenschaft der Deutschen Burschenschaft und die Amtsträger des Verbandes gewählt. Bei Eisenach steht auch das Burschenschaftsdenkmal.

Deutsche Burschenschaften und Antisemitismus

Da sich die DB als legitime Erbin der Urburschenschaft versteht, soll an dieser Stelle das Verhältnis der deutschen Burschenschaftsbewegung zum Antisemitismus thematisiert werden.

Dieses Thema betrifft auch die Geschichte der übrigen Burschenschaften, jedoch in differenziert zu betrachtender Weise. Diese soll keineswegs ein negatives Licht auf alle heutigen Burschenschaften werfen, sondern zum besserem Verständnis der historischen Fehlentwicklungen beitragen.

Das Programm der Urburschenschaft

Die Idee einer Vereinheitlichung der akademischen Jugend als Vorläufer und Wegbereiter eines geeinten Deutschlands stammt von den "Vätern" der Jenaer Urburschenschaft: Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), Jakob Friedrich Fries (1773-1843) und Ernst Moritz Arndt (1769-1860). Deren Haltung lässt eine tiefe Judenfeindlichkeit erkennen, die sich aus verschiedenen Wurzeln speiste:

  • vor allem: einem Volks-, Vaterlands- und Einheitsbegriff, der auf Einschluss aller Deutschstämmigen oder Deutschsprachigen im Ausland, aber Ausschluss aller Fremden und Andersartigen im Inland angelegt war.

So zeigte sich schon bei der Gründungsversammlung der Urburschenschaft auf der Wartburg 1817 neben dem antifranzösischen ein antijüdischer Reflex in Form einer symbolischen Bücherverbrennung mit dem Ausruf: "Wehe den Juden, so da festhalten an ihrem Judenthum und wollen über unser Volksthum und Deutschthum spotten und schmähen!"

Demnach galten Juden, die sich nicht assimilierten, als "Feinde aller unserer Volksthümlichkeit". Das Deutschtum, das doch einen sollte, wurde für nichtgetaufte und "undeutsche" Juden von Anfang an zum Ausgrenzungskriterium. So lag es später nahe, eben diese Minderheit mit anderen als negativ empfundenen Einflüssen in Verbindung zu bringen.

Dagegen stand - ebenfalls von Anfang an - das liberal-demokratische Grundprinzip der Gleichberechtigung aller Studenten einer Universität oder eines Territoriums. Diese Toleranz wurde z.B. von der "Allgemeinen Burschenschaft zu Heidelberg" vertreten. Sie wurde jedoch von der christlich-nationalen Haltung dominiert: Wirklich willkommen waren vielfach nur getaufte und patriotisch gesinnte Juden. Diese waren damals durchaus zahlreich: So nahmen auffällig viele Juden am Lützowschen Freikorps teil und errangen vielfach hohe Auszeichnungen.

Die Jenaer Urburschenschaft schloss "die ewigen Feinde des deutschen Namens, die Welschen und Franzosen" von der Aufnahme aus, ließ aber die Frage der Judenmitgliedschaft in ihrer ersten Verfassung von 1815 offen, wohl weil in Jena damals kaum Juden studierten.

Andere Burschenschaften wurden deutlicher und legten fest: "Deutscher Nation" bzw. "Zunge" und "Christen" mussten alle Mitglieder sein. So entwarf Karl Follen (1796-1840) einen "Ehrenspiegel" für die "Gießener Schwarzen" (1817). Darin wurde Nichtchristen und Nichtdeutschen keine Gleichberechtigung mehr zuerkannt, nur ein Einspracherecht, "wo sie glauben, dass ein Vorschlag den allgemeinen Menschen- und Burschen-Rechten widerstreite".

Wegen der Widersprüche und verschiedenen Auffassung dieser Grundideen kam es bei den folgenden Burschenschaftstagen zu erheblichen Konflikten: gerade um die Frage der Aufnahme von Juden.

"Christlich-deutsche Ausbildung" und Assimilation

Die Aufnahmekriterien festzulegen war generell autonomes Recht jeder Einzelverbindung. Doch der Erste Burschentag in Jena 1818 machte die "christlich-deutsche Ausbildung" zur Bedingung für seine Mitglieder und wurde somit mit zum Vorreiter einer allgemeineren Juden-Ausgrenzung. Auch Burschenschaften, die für sich tolerante Verfassungen eingeführt oder die "Judenfrage" offen gelassen hatten, übernahmen diese Regelung.

Infolge der Karlsbader Beschlüsse 1819 setzte eine staatliche "Demagogenverfolgung" an den Hochschulen ein. Sie bewirkte eine politische Radikalisierung vieler Burschenschaften. Damit einher ging die Verschärfung der Aufnahmeregeln. Schon 1820 beschloss der Dresdner Burschentag, keine Juden aufzunehmen, da sie "als solche, die kein Vaterland haben und für unseres kein Interesse haben können, nicht aufnahmefähig seien". Nicht alle Burschenschaften hielten sich an solche Beschlüsse. Religion und Konfession spielte bei manchen nur eine Nebenrolle. Das praktische Lebensmotto lautete "Tue Recht und fürchte niemand". Dennoch wurde "christlich-deutsche Ausbildung" nun strenger eingegrenzt und führte für Juden zum Taufzwang.

Viktor Adler (1852-1918) ließ sich als junger Mann taufen und eine Reihe jüdischer Eltern ließ ihre Kinder taufen, um ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen: z.B. Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847, evang. Taufe 1816), Karl Marx (1818-1883, evang. Taufe 1824) und Ferdinand Lassalle (1825-1864, Taufe ca. 1831/32). Bis 1880 konnten sie der christlich-nationalen Judenfeindschaft noch durch Taufe entkommen.

Ab 1827 wurden die Karlsbader Beschlüsse etwas gelockert. Nun nahmen einige Burschentage die Bedingung des Christseins für ihre Mitglieder wieder zurück und gestatteten Juden damit unbegrenzten Zutritt. Diese nahmen das Angebot vermehrt wahr, da die Mitgliedschaft in betont nationalen Vereinen ihnen bessere soziale Aufstiegsmöglichkeiten eröffnete. In dieser Form wurde der Patriotismus auch für Juden zu einem Dach, das ihnen bürgerliche Emanzipation in Deutschland zu versprechen schien. Auch Theodor Herzl (1860-1904) wurde Burschenschafter, verließ die Burschenschaft aber wegen antisemitischer Äußerungen anderer Mitglieder nach drei Jahren wieder.

Der studentische Antisemitismus seit der Reichsgründung

Die Gründung des ersten deutschen Nationalstaates 1871 kam durch mehrere Kriege zustande, die von schweren Wirtschaftskrisen begleitet waren. Innenpolitisch bedeutete die Reichseinung einen enormen Schub für die Burschenschaften, die sich dem nationalen Einheitsgedanken verpflichtet hatten. Sie konnten nun selbstbewusst auftreten und Mitglieder werben.

Die Reichsverfassung bot nun auch den Juden die Möglichkeit, zu studieren. Der darauffolgende Ansturm jüdischer Studenten an Hochschulen löste Ängste bei Nichtjuden aus, verdrängt zu werden. So kam es in diesem Jahrzehnt öfter zu antijüdischen Studentenunruhen, vor allem in Wien, Berlin und Leipzig. Zugleich begann eine rassistische Propaganda um sich zu greifen, vorangetrieben von der Antisemiten-Liga unter Federführung von Wilhelm Marr.

Nun wirkte sich die antijüdische Haltung vieler Verbindungen so aus, dass sie für diesen Antisemitismus anfällig waren und ihn übernahmen. Er wurde ein Kennzeichen gerade der deutschen und österreichischen akademischen Bildungsschicht. Dennoch blieben viele jüdische Bürger genauso wie andere ihren patriotischen Traditionen treu verbunden.

Nach 1880 setzte dann bei fast allen Dachverbänden der Burschenschaften im Kaiserreich und in Österreich eine Art Wettlauf um das "judenreinste" Programm ein. Als erster vertrat der Kyffhäuserverband den "Rassestandpunkt" und schloss 1896 nicht nur Menschen mit jüdischer Religion, sondern auch jüdischer Herkunft aus. Der außerordentliche Burschentag desselben Jahres verlangte bereits ein "Bekenntnis" seiner Mitglieder zu Deutschtum und Taufe. Das "Waidhofener Prinzip" besagte, dass Juden nicht satisfaktionsfähig seien, so dass man mit ihnen keine "Ehrenhändel" auszutragen habe. 1900 vertrat der Allgemeine Burschenschafterbund der Ostmark (Österreichs) (ABO) die "arische Rasse" als Zugehörigkeitsmerkmal. Christlich-deutsche, Ehren- und Rasse-Kriterien wirkten also Hand in Hand ausgrenzend.

Die "Alten Herren" konnten diesen Trend, der bis zum 1. Weltkrieg anhielt und sich danach fortsetzte, nicht einmal bremsen.

Von Weimar bis zur Selbstauflösung 1935

Nur in ihrer Gründungsphase bekannten sich die meisten Burschenschafter zur Weimarer Republik, die doch eigentlich die Erfüllung ihrer nationalen und demokratischen Ziele war. Zwar unterstützten sie die Wahlen zur Nationalversammlung, aber dann gingen sie schnell ins Lager der Republikgegner über. Auslöser dazu war die Bestimmung des Versailler Vertrags, die festlegte, dass es zu keiner Vereinigung zwischen Deutschland und Deutsch-Österreich kommen dürfe. Diese war jedoch immer ein wichtiges Anliegen der DB mit ihrer großdeutschen Tradition gewesen.

Um die Gebiete, die Deutschland im Versailler Vertrag verloren hatte - das sogenannte "Grenzland" -, mindestens kulturell weiter an Deutschland zu binden, engagierte sich die DB dort. Sie organisierte Reisen dorthin, hielt Kontakt zu dortigen Universitäten und betreute besonders Studenten, die von dort kamen und an deutschen Universitäten studierten.

Im Flaggenstreit befürwortete die DB die schwarz-weiß-rote Staatsflagge, um die Kontinuität zum wilhelminischen Kaiserreich zu betonen. Die Farben schwarz-rot-gold wollten sie nur als Burschenschaftsfarben gelten lassen. Auch politisch driftete die DB mehr und mehr nach rechts ab, indem sie den "vaterländischen Gedanken" ideologisch gegen Demokratie und Sozialismus wendete. Seit 1920 durften ihre Mitglieder nicht zugleich in der KPD und SPD sein, seit 1929 auch nicht mehr im Zentrum. Deshalb gingen katholische Verbindungen nun auf Distanz zur DB.

Der Antisemitismus setzte sich fort. Der Erlanger Burschentag 1920 übernahm nahtlos den "Rassestandpunkt" der Kyffhäuser. Dort beschloss die DB, ab sofort keine Juden mehr aufzunehmen und von allen Mitgliedern das "Ehrenwort" zu verlangen, dass sie "nach bestem Wissen und Gewissen frei von jüdischem oder farbigem Bluteinschlag" seien. - Dieser Beschluss markiert eine tiefe Zäsur in der Geschichte der Burschenschaften: Nun wurde der Rassismus zum Programm erhoben. Die christliche Taufe konnte die "Vererbung" angeblich "jüdischer" Charaktermerkmale nicht mehr lindern. Darum mussten nun auch mit Juden oder Farbigen verheiratete Mitglieder die Segel streichen. Das markiert nicht den Anfang, sondern den vorläufigen Höhepunkt einer Entwicklung, die schon beim Wartburgfest 1817 ansatzweise erkennbar war.

Zugleich gab es jedoch bei vielen Einzelverbindungen bis dahin eine große Selbstverständlichkeit, Menschen anderen Glaubens und anderer Herkunft aufzunehmen. Daher wiegt die Durchsetzung des Rasseantisemitismus in der DB umso schwerer. Nur ganz wenige Burschenschaften (Alemannia Bonn, Heidelberg) widersprachen.

Einige Alte Herren empfanden den Erlanger Beschluss als tiefe Entwürdigung und wiesen ihn entschieden zurück. Der Völkerrechtler und Pazifist Hans Wehberg (1885-1962) schrieb einen heftigen Artikel und sammelte ablehnende Unterschriften. Doch nur 100 von damals etwa 15000 Alten Herren folgten ihm. - Der Berliner Alte Herr und Historiker Friedrich Meinecke (1862-1954) warnte noch 1925 vor der antisemitischen "Verirrung und Verwirrung": "Eine gute politische Sache wird dadurch gewiss nicht schlechter, dass sie auch von Juden vertreten wird." Auch er fand kein Gehör.

Antisemitismus war keineswegs nur in der DB, sondern in den meisten übrigen Korporationsverbänden verwurzelt. So wirkten diese Organisationen der akademischen Elite als Träger und Verbreiter eines immer aggressiveren Judenhasses. Als die Burschenschaften mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) ab etwa 1926 ernsthafte Konkurrenz bekamen, war der Ausschluss von Juden bereits Konsens.

Im Kontext der Weltwirtschaftskrise von 1929 nahm der Einfluss des NSDStB an fast allen Universitäten - außer der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität - sprunghaft zu. Anders als bei den Linksparteien erlaubte die DB ihren Mitgliedern hier die Doppelmitgliedschaft, da es ideologisch eine große Übereinstimmung gab. Sie erhoffte sich dadurch, Einfluss auf ihre Mitglieder zu behalten, da zu befürchten stand, sonst vom NSDStB überrollt zu werden. Während die aktiven Studenten der DB wenig Berührungsängste zur NS-Ideologie hatten, blieben die "Alten Herren" auf Distanz.

Erst die rigorose Durchsetzung des "Führerprinzips" seit 1933, die in die Rechte der Einzelverbindungen eingriff und sie zur Umwandlung in "Kameradschaften" zwang, löste wachsenden Unmut und teilweise Gegenwehr einiger Burschenschaften aus. Dies half nun nichts mehr: Am 18. 10. 1935 löste sich die DB mit einem an das Wartburgfest erinnernden Festakt auf.

Ansätze zur Aufarbeitung

1950 gründete sich die DB wieder. Seitdem setzen sich viele ihrer Mitglieder auf zahlreichen Tagungen, Seminaren, in den "Burschenschaftlichen Blättern" intensiv und selbstkritisch mit der eigenen Geschichte auseinander.

Die DB bekennt sich zur "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" und hat sich von jeder Form des Antisemitismus distanziert. 1958 nahm sie den Fall "Zind" - eines Mitglieds, das sich antisemitisch geäußert hatte - zum Anlass, sich erneut zu Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes zu bekennen und sich "mit Nachdruck von jedem Antisemitismus und Rassenwahn zu distanzieren." Die Verbrechen des Dritten Reiches "verpflichten jeden Deutschen, alles in seinen Kräften stehende zu tun, um zur Verständigung unter den Völkern beizutragen." Die DB "bekräftigt daher ihren Willen, auch in Zukunft antisemitischen Tendenzen, wo immer sie auftreten, energisch entgegenzutreten."

Dieser Beschluss ist bis heute für alle Burschenschafter der DB bindend. Doch die Energie führte nicht immer zum Ausschluss von Mitgliedern, die sich antisemitisch, ausländerfeindlich oder revisionistisch äußerten.

(Quellen zu diesem Abschnitt: siehe Link "Burschenschaften und Antisemitismus")

Die Entwicklung der DB in der Gegenwart

Die jüngere Geschichte der DB ist von einem immer stärker rechtsgerichteten Verbandskurs gekennzeichnet. Einige gravierende Konflikte in der DB haben das öffentliche Bild von diesem Verband, darüber hinaus auch von Burschenschaften allgemein mit geprägt.

Großdeutsche und revisionistische Ambitionen

1961 wurde ein Versuch österreichischer Bünde, in die DB aufgenommen zu werden, mehrheitlich abgewiesen. Man fürchtete ihren Einfluss auf die ganze DB, da sie nach wie vor 1933 eine stärkere antisemitische, großdeutsche und pflichtschlagende Tradition pflegten. Daraufhin gründeten vor allem die Burschenschaft Olympia Wien und die Burschenschaft Danubia München gemeinsam einen neuen Dachverband innerhalb der DB: die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG). Durch diese Neugründung war es nun auch österreichischen Bünden möglich, in der DB Mitglied zu werden. Es gelang ihnen, über die Führungsorgane der DB Einfluss auf die gesamte Organisation zu nehmen. Da etwa für die Neuaufnahme von Bünden Zwei-Drittel-Mehrheiten benötigt werden, konnte die BG als Sperrminorität wirken.

Ihre politische Ausrichtung war schon bald durch eine Nähe zum Rechtsradikalismus gekennzeichnet. Sie tritt für ein "Großdeutsches Reich" ein und behauptet auch seit der deutschen Einheit weiterhin, "dass keine Abtretung der Ostgebiete stattgefunden hat, sondern dass sich diese Gebiete im Schwebezustand befinden, da keine Abstimmung darüber unter den Vertriebenen durchgeführt wurde." Diese Position ist zwar innerhalb der DB umstritten, wird aber nicht ausgeschlossen.

"Wehrbeitrag" und Öffnung zum Rechtsextremismus

1973 beschloss ein DB-Burschentag mehrheitlich, keine Kriegsdienstverweigerer mehr in DB-Burschenschaften aufzunehmen. Antragsteller war die BG-Burschenschaft Germania Halle zu Mainz, Antraggegner etwa die Burschenschaft Germania Jena (Göttingen).

Die Stärkung der "Wehrbereitschaft" wurde nun als "selbstverständliche Pflicht" jedes Burschen aus dem Vaterlands-Prinzip abgeleitet. Nur bereits anerkannte Verweigerer durften noch Mitglied bleiben, um einen Konflikt mit dem Lebensbundprinzip zu vermeiden. Ein Verstoß von DB-Mitgliedsverbänden dagegen wurde nun durch den Rechtsausschuß der DB, dessen Vorsitzender Rechtsanwalt Dieter Niederhausen, ein alter Herr der Germania Halle, war, als "automatischer Selbstausschluss" ausgelegt. Dies führte dazu, dass die DB fortan immer wieder einzelne Burschenschaften ausschloss, die weiterhin auch Kriegsdienstverweigerer aufnahmen.

Zugleich wurde bei diesem Treffen beschlossen, dass Mitgliedschaft bei der DB, der NPD, ihrem Hochschulbund NHB und der rechtsradikalen Gruppe "Aktion Widerstand" miteinander vereinbar seien. Mit diesen Beschlüssen wurde die Vereinsautonomie der DB faktisch zum ersten Mal seit 1950 klar über die Treue zum Grundgesetz gestellt, das die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Grundrecht jedes Staatsbürgers verankert und zur Bekämpfung von verfassungsfeindlichen Gruppierungen verpflichtet.

Durch Vortragsreihen, die oft als Weiterbildungsveranstaltungen oder Diskurse in den lokalen Häusern veranstaltet werden und über Themengebiete von Wirtschaft bis Kunst reichen, ist eine Plattform geschaffen, die es den eingeladenen Dozenten erlaubt rechtspopulistische bis rechtsradikale Themen in geselliger Runde zu verbreiten. Die Dozenten haben oft Verbindungen zur NPD oder anderen rechtsradikalen Verbänden.

Aufwertung der Pflichtmensur

1953 wurde die Bestimmungsmensur durch ein Gerichtsurteil endgültig von jeder internen "Ehrenreinigung" gelöst (siehe dazu: Mensur (Studentenverbindung)). 1971 gab die DB - anders als andere Verbände z.B. die Corps und Landsmannschaften - das Prinzip des Pflichtschlagens auf. Dies war auch eine Reaktion auf das durch die Studentenbewegung veränderte Gesellschaftsklima (siehe dazu Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen).

Das akademische Fechten, das aus dem Duell hervorging, hatte jedoch schon lange eine wichtige Rolle in dem Erziehungs- und Sozialisationsauftrag, zu dem die Burschenschaften sich selbst verpflichtet sehen. Es war besonders im Kaiserreich eine Art Ausbildung zu einem virilen Habitus, der den sozialen Aufstieg in Führungspositionen begünstigte und oft erst ermöglichte. Dieses Selbstverständnis blieb nun gerade in den pflichtschlagenden Verbindungen der DB weitgehend ungebrochen und wurde umso mehr konserviert.

So formulierte etwa Werner Lackner 1980 in den "Burschenschaftlichen Blättern": Die Mensur sei das probateste Mittel, um "laue Kandidaten" vom Eintritt in die Verbindung abzuhalten. Sie stärke durch ihren Initiationscharakter die "Solidarität der Waffenstudenten" und vermittle "ganz nebenbei Einstellungen und Werthaltungen". So drücke sie den "Willen zum heldischen Männerbund" und zugleich ein "Bekenntnis zur männlichen Gesellschaft" aus. Sie vertrage sich nicht mit der "sozialistischen Idee der Gleichheit", wohl aber mit dem liberalen "Bekenntnis zur persönlichen Leistung, mit der nationalen Idee der Gemeinschaft und mit konservativen Elitevorstellungen" bis hin zu einer "opferbereiten Gemeinschaftsideologie". Lackner sprach hier den Zusammenhang der Mensur mit Männerbund-Ideen und davon untrennbaren politischen Orientierungen offen aus.

Die integrative, zugleich Frauen ausgrenzende Funktion der Pflichtmensur ist in der Sozialpsychologie schon oft als patriarchalischer Initiationsritus analysiert worden (z.B. von Norbert Elias, Klaus Theweleit, Ute Frevert): Sie macht dem Einzelnen seinen männlichen Status bewusst und lehrt ihn, sich mit den bereits als erwachsen anerkannten Männern zu identifizieren. Sie festigt die emotionale Bindung an eine Gruppe, die sie zugleich nach außen "verteidigt". Sie trägt wesentlich zum Gruppenzusammenhalt bei, da die Angst des Einzelnen in einer bedrohlichen Symbolhandlung durch die Gruppe - die über die Anerkennung seiner Mensur entscheidet - aufgefangen wird.

Spaltung der DB

Die lange schwelenden Konflikte innerhalb der DB und ihre zunehmende Rechtsradikalisierung führten 1996 schließlich zum Austritt mehrerer Mitglieds-Burschenschaften. Diese haben sich mit anderen nicht zur DB gehörenden Burschenschaften als Neue Deutsche Burschenschaft (NeueDB) vereinigt und betonen in ihrer Satzung die Treue zum Grundgesetz.

Auch danach gingen die Auseinandersetzungen in der restlichen DB um ihren gesamtpolitischen Kurs weiter. 1998 kam es beim Festakt der Korporationen in der Frankfurter Paulskirche zu einem Eklat: Die Kösener und Weinheimer Alten Herren lehnten eine offizielle Teilnahme ab, da die DB einen zu großen Einfluss auf die Veranstaltung genommen habe. Es gebe in ihr Verbindungen, "in denen nachweisbar rechtsextremistisches und nationalistisches Gedankengut vertreten wird und in denen frauenfeindliche und rassistische Ideen fröhliche Urständ feiern". Dies wolle man nicht durch Teilnahme unterstützen.

Verfassungsfeindlichkeit in Teilen der DB

Seit der Abspaltung der liberaleren Neuen DB verfolgt die Führung der DB umso ungehemmter eine klar rechtsgerichtete Verbandspolitik. Auf dem Burschentag 1999 forderte sie die Abschaffung des Volksverhetzungsparagraphen, der unter anderem die Leugnung des Holocaust unter Strafe stellt. Zahlreiche Redner wandten sich ferner gegen die Anerkennung der deutschen Grenzen und äußerten die Befürchtung, das deutsche Volk sei vom Aussterben bedroht.

2001 kam die Burschenschaft Danubia München, die zur DB gehört, bundesweit in die Schlagzeilen: Eins ihrer Mitglieder sollte einen Skinhead, der nach einem rassistischen Angriff auf einen Ausländer polizeilich gesucht wurde, in ihren Räumlichkeiten versteckt haben. In diesem Zusammenhang wurde bekannt, dass der Bayerische Innenminister Günther Beckstein diese Burschenschaft neben weiteren, die der DB angehören, wegen ihrer Nähe zu rechtsextremen und Neonazi-Gruppen vom Verfassungsschutz beobachten lässt. Dazu gehören die „Burschenschaft Teutonia“ in Regensburg und die „Burschenschaft Frankonia“ in Erlangen.

Zwar gibt es in diesen Städten auch andere DB-Burschenschaften, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Aber auch unabhängig davon gilt die DB in der bundesdeutschen Öffentlichkeit als ein sehr rechtslastiger Verband mit unklarer Abgrenzung zu rechtsradikalen und verfassungsfeindlichen Einstellungen einiger ihrer Mitgliedsbünde. Das Festhalten an einem so genannten großdeutschen Kulturraum mit Einschluss von Österreich führt zu vielen Verstimmungen; der Vorstoß zur Legalisierung der Holocaustleugnung wird als klar verfassungswidrig gesehen.

Die Kritik an der politischen Ausrichtung der DB wird nicht zuletzt von anderen Studentenverbindungen erhoben. Während ein Teil der Studentenschaft sich darum von allen Burschenschaften der DB fernhält, betonen andere, dass die meisten Mitgliedsbünde der DB eine klar verfassungstreue Einstellung verträten. Doch spätestens seit der deutschen Einheit 1990 ist eine Tendenz zur Wiederbelebung von männlichen Wertvorstellungen, "preußischen Tugenden", Aufwertung des Militärischen in der DB und revisionistischen Zielen unverkennbar. Hier liegt der Grund für die genannten Konflikte.

Namhafte Angehörige von DB-Verbindungen

  • Hans Berger, (1873 - 1941), Psychiater in Jena. Entwickelte das Elektroencephalogramm des Menschen (EEG). Ihm wurde der Nobelpreis zugedacht, den er wegen des Verbots der Entgegennahme in Deutschland seit 1936 nicht in Empfang nehmen durfte. Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller Jena
  • Carl Bosch, Chemiker, Nobelpreis für Chemie 1931, war Aktiver und Alter Herr bei der Burschenschaft Cimbria Berlin
  • Georg Büchner, Schriftsteller, wurde 1831 bei der Burschenschaft Germania Gießen aktiv
  • Eberhard Diepgen, Politiker (CDU), Alter Herr der Burschenschaft Saravia Berlin
  • Hans Fischer, Chemiker, Nobelpreis für Chemie 1930, war seit 1899 Mitglied der Burschenschaft Alemannia Marburg und später auch der Burschenschaft Alemannia Stuttgart
  • Hans Geiger, deutscher Physiker, Erfinder des Geigerzähler, wurde 1901 aktiv bei Burschenschaft der Bubenreuther Erlangen (heute Neue Deutsche Burschenschaft)
  • Bernhard von Gudden (1824-1886), Psychiater, Miterstatter des Gutachtens über König Ludwig II. von Bayern (Diagnose: Paranoia), ertrank mit dem König unter ungeklärten Umständen im Starnberger See, Mitglied der Bonner Burschenschaft Frankonia
  • Dieter Haack, Politiker (SPD), Bundesbauminister a.D., ist Alter Herr der Burschenschaft der Bubenreuther Erlangen (heute Neue Deutsche Burschenschaft)

Literatur

  • Helma Brunck: Die Deutsche Burschenschaft in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. München, 2000, ISBN: 3800413809
  • Diana Auth, Alexandra Kurth: Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick. in: Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges (Hrsg.): Alte und Neue Rechte an den Hochschulen. Agenda-Verlag, Münster, 1999, ISBN 3896880608
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute. Papyrossa-Verlag, Köln, 1993, ISBN 3-89438-050-0
  • Georg Heer: "Geschichte der Deutschen Burschenschaft. II. Band: Die Demagogenzeit. Von den Karlsbader Beschlüssen bis zum Frankfurter Wachensturm. (1820-1833)", Heidelberg, 1965, ISBN: 3825313425
  • Georg Heer: "Geschichte der Deutschen Burschenschaft. III. Band: Die Zeit des Progresses. Von 1833 bis 1859", Heidelberg, 1965, ISBN: 3825313433
  • Georg Heer: "Geschichte der Deutschen Burschenschaft. IV. Band: Die Burschenschaft in der Zeit der Vorbereitung des zweiten Reiches, im zweiten Reich und im Weltkrieg. Von 1859 bis 1919", Heidelberg, 1977, ISBN: 3533013480
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus. in: Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin, 1996, ISBN 3885205858
  • Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth: Blut und Paukboden. Fischer (Tb.), Frankfurt, 2001 ISBN 3596133785
  • Dietrich Heither: Verbündete Männer. Die Deutsche Burschenschaft - Weltanschauung, Politik und Brauchtum. PapyRossa Verlag, ISBN 3-89438-208-2
  • Horst Grimm/Leo Besser-Walzel: "Die Corporationen". Umschau Verlag Breidenstein GmbH, Frankfurt am Main, 1986.
  • Peter Krause: "O alte Burschenherrlichkeit - Die Studenten und ihr Brauchtum", Verlag Styria, Graz, Wien, Köln, 1997, ISBN 3-222-12478-7
  • Paul Wentzcke: "Geschichte der Deutschen Burschenschaft. I. Band: Vor- und Frühzeit bis zu den Karlsbader Beschlüssen", Heidelberg, 1965, ISBN: 3825313387
  • Alfred Thullen: "Der Burgkeller zu Jena und die Burschenschaft auf dem Burgkeller von 1933-1945", Heidenheim a.d.B., 2002, ISBN: 393389249X