Rainer Maria Rilke
Rainer Maria Rilke war ein bedeutender deutschsprachiger Lyriker. Er wurde am 4. Dezember 1875 in Prag als René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke geboren, und starb am 29. Dezember 1926 in Val-Mont (Schweiz).
Biografisches
Rilkes Kindheit und Jugend in Prag sind wenig glücklich. Der Vater, Josef Rilke, war nach misslungener militärischer Karriere Bahnbeamter, seine Mutter, Sophie Entz, entstammte einer wohlhabenden Prager Fabrikantenfamilie. Die Ehe der Eltern bricht 1884 auseinander. Das Verhältnis zwischen der Mutter und dem einzigen Sohn ist belastet, weil die Mutter den frühen Tod der älteren Schwester nicht verkraftet und René (frz. "Der Wiedergeborene"!) in deren Rolle drängt und ihn aus emotionaler Hilflosigkeit heraus an sich bindet.
Auf Druck der Eltern besucht der dichterisch und zeichnerisch begabte Junge ab 1886 eine Militärrealschule, die er 1891 wegen Krankheit verlässt. 1892-1895 kann er sich in privatem Unterricht auf das Abitur vorbereiten, das er 1895 besteht. 1895/96 studierte er Literatur, Kunstgeschichte, Philosophie in Prag und München. Nach seinem Weggang aus Prag nimmt René den Vornamen Rainer an und dokumentiert damit nach außen den radikalen Versuch, die unglückliche Bindung an die Herkunftsfamilie kritisch zu verarbeiten.
1897 trifft Rainer Maria Rilke in München die weit gereiste Intellektuelle und Literatin Lou Andreas Salomé (1861-1937) und verliebt sich in sie. Die folgende intensive Beziehung mit der verheirateten Frau dauert bis 1899 an. Lou Andreas Salomé erweist sich auch nach der äußerlichen Trennung bis an Rilkes Lebensende als seine bedeutendste Liebhaberin, Förderin und mütterliche Beraterin.
1898 unternimmt Rilke eine mehrwöchige Reise nach Italien. In den beiden Jahren darauf besucht er zweimal Russland. 1899 ist er mit dem Ehepaar Andreas in Moskau, wo er Leo Tolstoj trifft. Im Jahr 1900 (Mai-August) folgt eine zweite Russlandreise mit Lou Andreas Salomé allein, wiederum nach Moskau und St. Petersburg.
Im Herbst 1900 hält sich Rilke in Worpswede auf, wo er die Bildhauerin Clara Westhoff (1878-1954) trifft. Die beiden Künstler heiraten im Frühjahr des folgenden Jahres. Im Dezember wird die gemeinsame Tochter Ruth geboren. Bereits im Sommer 1902 jedoch gibt Rilke die gemeinsame Wohnung auf und nimmt in Paris einen Auftrag zur Erstellung einer Monographie über den Bildhauer Auguste Rodin (1840-1917) an. Die Beziehung zwischen Rilke und Clara Westhoff bleibt Zeit seines Lebens bestehen, doch ist er nicht der Mensch für ein bürgerliches Familienleben. Außerdem drücken Rilke finanzielle Sorgen, die durch Auftragsarbeiten nur mühsam gemildert werden können.
Im Sommer 1905 erreicht ihn das Angebot Rodins zu einer Anstellung als Sekretär. In Rodin begegnet Rilke eine Vaterfigur, deren menschlicher und künstlerischer Einfluss erheblich ist. Allerdings endet auch diese Beziehung eher tragisch, denn kurz nachdem Rilkes leiblicher Vater stirbt (März 1906), entlässt ihn Rodin aus eher banalen Gründen.
Die folgenden Jahre 1907-1912 sind geprägt von intensiver schriftstellerischer Arbeit. Es entstehen jetzt die Neuen Gedichte (1907), Requiem sowie Der neuen Gedichte anderer Teil (1908). 1909 dann kann Rilke seinen einzigen Roman, die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge fertigstellen. Hier verarbeitet Rilke insbesondere seine dunklen Kindheitserinnerungen.
Nach Erscheinen des Romans beginnt eine tiefe Schaffenskrise, die bis 1922 andauert und im Wesentlichen lediglich von der Niederschrift der ersten Duineser Elegien 1912 unterbrochen wird. Dieser Gedichtzyklus verdankt seinen Namen dem Aufenthalt Rilkes auf dem Schloss Duino der Gräfin Marie von Thurn und Taxis bei Triest in der Zeit von Oktober 1911 bis Mai 1912.
Den 1. Weltkrieg kann Rilke unbeschadet überstehen, weil er durch mannigfache Initiativen vor einem zuerst geplanten Kampfeinsatz bewahrt bleibt und Arbeit im Kriegsarchiv in Wien leistet. 1916 wird er nach einem halben Jahr Militärdienst entlassen. Die Zeit danach verbringt er vor allem in München, unterbrochen durch einen Aufenthalt auf Hertha Koenigs Gut Böckel in Westfalen. Diese Jahre sind erneut von großer Unruhe gekennzeichnet und dem Unvermögen, nahe und feste (Liebes-) Beziehungen zu leben.
In den Jahren 1919 und 1920 begibt sich Rilke mehrmals zu Vortragsreisen in die Schweiz, verbunden mit längeren Aufenthalten in Locarno und Berg am Irchel. Hier findet Rilke unter Vermittlung eines Mäzens im Turm von Muzot, frz. Chateau de Muzot, in der Nähe von Sierre im Kanton Wallis eine endgültige Wohnstätte. Hier entstehen in einer letzten intensiven Schaffenszeit innerhalb weniger Wochen im Frühjahhr 1922 die fünfte bis zehnte der Duineser Elegien, sowie der Gedichtzyklus Sonette an Orpheus, die zu den Höhepunkten in Rilkes Werk zählen.
Danach hat Rilke immer mehr mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu kämpfen. Offenbar hat die immense künstlerische Anstrengung des Jahres 1922 zu einer körperlichen Erschöpfung geführt, in der sich auch die Folgen eines langen dichterischen Ringens ausdrücken.
Rilke erkrankt letztlich nach sich über mehrere Jahre erstreckenden wiederholten Aufenthalten in Schweizer Sanatorien an akuter Leukämie. Er stirbt am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Val-Mont und wird am 02. Januar 1927 auf dem Bergfriedhof von Rauris beigesetzt. Auf seinem Grabstein steht der selbst ausgewählte Spruch:
Niemandes Schlaf zu sein unter soviel
Werke (Auswahl)
Gedichtbände
- Leben und Lieder (1894)
- Larenopfer (1895)
- Traumgekrönt (1897)
- Advent (1898)
- Mir zur Feier (1909)
- Das Stunden-Buch
- Das Buch der Bilder (4 Teile, 1902-1906)
- Neue Gedichte (1907)
- Der neuen Gedichte anderer Teil (1908)
- Requiem (1908)
- Das Marien-Leben (1912)
- Duineser Elegien (1912/1922)
- Die Sonette an Orpheus (1922)
Prosa
- Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (Roman, 1910)
Textbeispiele
Herbsttag (1902, aus: Das Buch der Bilder) Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. |
Der Panther Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille |
Sieh, wie sie zu einander erwachsen: |
Rilke im Internet
- http://www.rilke.de
- http://rainer-maria-rilke.de
- http://blackink.de/literatur/texte/duineser_elegien/titel.html ein Beispiel für eine gelungene Bildschirmedition der Duineser Elegien