Intervallarithmetik

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. März 2006 um 22:46 Uhr durch Marc van Woerkom (Diskussion | Beiträge) (Lineare Intervallsysteme). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Intervallarithmetik bezeichnet in der Mathematik eine Methodik zur automatisierten Fehlerabschätzung auf Basis abgeschlossener Intervalle. Vereinfacht gesagt, rechnet man nicht mehr mit Zahlen, sondern mit Intervallen, die nicht genau bekannte Werte repräsentieren. Hierfür werden einfache Rechenoperationen, wie die Grundrechenarten oder trigonometrische Funktionen, für das Rechnen mit Intervallen neu definiert, um äußere Grenzen eines gesuchten Wertebereiches zu erhalten. Ähnlich wie ein Fehlerbalken um einen Messwert, drückt ein Intervall das Ausmass der Unsicherheit bezüglich der zu berechnenden Größe aus.

Dieses Konzept eignet sich unter anderem zur Behandlung von Rundungsfehlern während der Berechnung und Unsicherheiten in der Kenntnis der exakten Werte physikalischer und technischer Parameter. Letztere ergeben sich oft aus Messfehlern und Bauteil-Toleranzen. Außerdem kann Intervallarithmetik dabei helfen, verlässliche Lösungen von Gleichungen und Optimierungsproblemen zu erhalten.

Einführung

Das Hauptaugenmerk bei der Intervallarithmetik liegt darauf, auf möglichst einfache Art und Weise obere und untere Schranken für den Wertebereich einer Funktion in einer oder mehreren Variablen zu bestimmen. Dabei müssen diese Schranken nicht unbedingt dem Supremum bzw. Infimum entsprechen, da die genaue Berechnung dieser Werte oft zu schwierig ist. (Es lässt sich zeigen, dass diese Aufgabenstellung im allgemeinen NP-schwer ist.)

Üblicherweise beschränkt man sich auf die Behandlung abgeschlossener, reeller Intervalle, also Mengen der Form

 ,

wobei auch   und   zulässig sind. Dabei entsprechen   und   den meist halboffen geschriebenen Intervallen, die alle reellen Zahlen kleiner oder gleich   bzw. größer oder gleich   umfassen. Entsprechend bezeichnet das Intervall   die gesamte reelle Achse.

Wie beim klassischen Rechnen mit Zahlen, muss zunächst einmal definiert werden, wie die arithmetischen Operationen und elementaren Funktionen auf Intervalle anzuwenden sind. Komplexere Funktionen können dann aus diesen Grundelementen zusammengesetzt werden Vorlage:Lit.

Grundrechenarten

Eine Operation   zwischen zwei Intervallen muss die Bedingung

 

erfüllen. Für die vier Grundrechenarten folgt daraus, dass

 ,

falls   zulässig ist für alle   und  .

Für praktische Anwendungen lässt sich dies noch weiter vereinfachen:

  • Addition:  
  • Subtraktion:  
  • Multiplikation:  
  • Division:  , wobei   falls  .

Für die Division durch ein Intervall, das die Null enthält, definiert man zunächst einmal

  und  .

Für   gilt  , so dass man eigentlich   setzten müsste. Dadurch verliert man allerdings die Lücke   und damit wertvolle Informationen. Üblicherweise rechnet man daher mit den Teilmengen   und   einzeln weiter.

Weil innerhalb einer Intervallrechnung auch mehrere solcher Aufspaltungen auftreten können, ist es manchmal sinnvoll das Rechnen mit sogenannten Multi-Intervallen der Form   zu systematisieren. Die entsprechende Multi-Intervall-Arithmetik pflegt dann eine disjunkte Menge von Intervallen und sorgt dann beispielsweise auch dafür, sich überschneidende Intervalle zu vereinigen Vorlage:Lit.

Da man eine Zahl   als das Intervall   interpretieren kann, erhält man sofort eine Vorschrift zur Kombination von intervall- und reellwertigen Größen.

Mit Hilfe dieser Definitionen lässt sich bereits der Wertebereich einfacher Funktionen, wie   bestimmen. Setzt man beispielsweise  ,   und  , so ergibt sich

 .

Interpretiert man   als Funktion einer Variablen   mit intervallwertigen Parametern   und  , dann lässt sich die Menge aller Nullstellen dieser Funktionenschar leicht bestimmen. Es gilt dann

 ,

die möglichen Nullstellen liegen also im Intervall  .

 
Multiplikation positiver Intervalle

Wie im obigen Beispiel, kann die Multiplikation von Intervallen oft auf die Multiplikation nur zweier Zahlen zurückgeführt werden. Es gilt nämlich

 , falls  .

Die Multiplikation lässt sich hier als Flächenbestimmung eines Rechtecks mit variierenden Kantenlängen interpretieren. Das intervallwertige Ergebnis deckt dann alle Werte von der kleinst- bis zu größtmöglichen Fläche ab.

Entsprechendes gilt, wenn eines der beiden Intervalle ganz im nicht-positiven und das andere ganz im nicht-negativen Bereich der reellen Achse liegt. Generell muss bei der Multiplikation noch beachtet werden, dass das Ergebnis sofort auf   gesetzt werden muss, falls unbestimmte Werte, wie   auftreten. Dies tritt z. B. bei einer Division auf, bei der Zähler und Nenner beide Null enthalten.

Notation

Um intervallwertige Größen leichter in Formeln zu erkennen, zweckentfremdet man die eckigen Klammern zur „Markierung“.

Dementsprechend bezeichnet   ein Intervall und die Menge aller reellen Intervalle wird als   abgekürzt. Für eine Box oder einen Vektor von Intervallen   verwendet man zusätzlich fetten Schriftschnitt:  .

Bei einer derart kompakten Notation ist zu beachten, dass   nicht mit einem sogenannten uneigentlichen Intervall   verwechselt wird, bei dem obere und untere Grenze übereinstimmen.

Elementare Funktionen

 
Wertebereich einer monotonen Funktion

Da man auch Funktionen mit Intervallmethoden behandeln möchte, die Terme enthalten, die sich nicht aus den Grundrechenarten ergeben, muss man auch noch weitere elementare Funktionen für Intervalle neu definieren. Dabei nutzt man vorhandene Monotonieeigenschaften aus.

Für monotone Funktionen in einer Variablen lässt sich der Wertebereich ebenfalls leicht bestimmen. Ist   monoton steigend oder fallend in einem Intervall  , dann gilt für alle Werte   mit   die Ungleichung

 , bzw.  .

Den Wertebereich des Intervalles   erhält man durch Auswerten der Funktion an den Endpunkten   und  :

 .

Daher lassen sich folgende Intervallisierungen elementarer Funktionen leicht definieren:

  • Exponentialfunktion:  ,
  • Logarithmus:  , bzw.  , für positive Intervalle  
  • Ungerade Potenzen:  , für ungerade  .

Es ist außerdem noch wichtig, den Wertebereich für gerade Potenzen bestimmen zu können. Im Gegensatz zur üblichen Numerik, ist es hier nicht sinnvoll, die Berechnung auf die Multiplikation zurückzuführen. Beispielsweise bewegt sich   für   innerhalb des Intervalles  , wenn  . Versucht man   aber durch Multiplikationen der Form   zu bestimmen, so erhält man in jedem Fall als Ergebnis  .

Sinnvoller ist es hier, die Parabel   als Zusammensetzung einer monoton fallenden (für  ) und einer monoton steigenden Funktion (für  ) zu betrachten. Es gilt also für gerade  :

  •  , falls  ,
  •  , falls  ,
  •  , sonst.

Allgemeiner kann man sagen, dass es für stückweise monotone Funktionen ausreicht, das diese an den Endpunkten  eines Intervalls  , sowie an den in   enthaltenen sogenannten kritischen Punkten ausgerechnet werden. Die kritischen Punkte entsprechen hierbei den Stellen, an denen sich die Monotonieeigenschaften ändern.

Dies lässt sich z. B. auf Sinus und Kosinus anwenden, die zusätzlich an Stellen   bzw.   für alle   ausgewertet werden müssen. Hierbei spielen höchstens fünf Punkte eine Rolle, da man als Ergebnis sofort   festlegen kann, wenn das Eingangintervall mindestens eine ganze Periode enthält. Außerdem müssen Sinus und Kosinus lediglich an den Randpunken neu evaluiert werden, da die entsprechenden Werte an den kritischen Stellen – nämlich -1, 0 , +1 – vorab abgespeichert werden können.

Intervallerweiterungen allgemeiner Funktionen

Im Allgemeinen findet man für beliebige Funktionen keine derart einfache Beschreibung des Wertebereiches. Man kann aber diese aber oft auf Intervalle ausdehnen. Wenn   eine Funktion ist, die einen reellwertigen Vektor auf eine reelle Zahl abbildet, dann nennt man   eine Intervallerweiterung von  , wenn gilt

 .

Dies definiert die Intervallerweiterung nicht eindeutig. So sind beispielsweise sowohl   als auch   zulässige Erweiterungen der Exponentialfunktion. Da möglichst scharfe Erweiterungen gewünscht sind, also solche, die so genau wie möglich den gesuchten Wertebereich approximieren, wird man in diesem Fall eher   wählen, da sie sogar den exakten Bereich bestimmt.

Die natürliche Intervallerweiterung erhält man, indem man in der Funktionsvorschrift   die Grundrechenarten und elementaren Funktionen durch ihre intervallwertigen Äquivalente ersetzt.

Die Taylor-Intervallerweiterung (vom Grad   ) einer   mal differenzierbaren Funktion   ist definiert durch

  ,

für ein  ,

wobei   das Differential  -ter Ordnung am Punkt   und   eine Intervallerweiterung des Taylorrestgliedes

 

bezeichnet.

 
Mittelwert-Erweiterung

Da der Vektor   zwischen   und   mit   liegt, lässt sich   ebenfalls durch   abschätzen. Üblicherweise wählt man für   den Mittelpunkt des Intervallvektors und die natürliche Intervallerweiterung zur Abschätzung des Restgliedes.

Den Spezialfall der Taylor-Intervallerweiterung vom Grad   bezeichnet man auch als Mittelwert-Intervallerweiterung. Für eine Intervallerweiterung der Jacobi-Matrix   erhält man hier

 .

Eine nichtlineare Funktion kann so durch lineare Funktionen eingegrenzt werden.

Intervallverfahren

Die Methoden der klassischen Numerik können nicht 1:1 für die Intervallarithmetik umgesetzt werden.

Gerundete Intervallarithmetik

 
Äußeres Runden bei Gleitkommazahlen

Um effizient mit Intervallen rechnen zu können, muss eine konkrete Implementierung kompatibel zum Rechnen mit Gleitkommazahlen sein. Die oben definierten Operationen basieren auf exakter Arithmetik, die bei schnellen numerischen Lösungsverfahren nicht zur Verfügung steht. Der Wertebereich der Funktion   für   und   wäre beispielsweise  . Führt man die gleiche Rechnung mit einstelliger Präzision durch, so würde das Ergebnis üblicherweise zu   gerundet. Da aber   würde dieser Ansatz den Grundprinzipien der Intervallarithmetik widersprechen, da ein Teil des Wertebereiches von   verloren geht. Stattdessen ist hier die nach außen gerundete Lösung   vorzuziehen.

Die Norm IEEE 754 definiert hierfür neben Standarddarstellungen für binäre Gleitkommazahlen auch genaue Verfahren für das Durchführung von Rundungen. Demnach muss ein zu IEEE 754 konformes System dem Programmierer neben dem mathematischen Runden (zur nächsten Gleitkommazahl) noch weitere Rundungsmodi bereitstellen: immer aufrunden, immer abrunden und Rundung gegen 0 (Ergebnis betragsmäßig verkleinern).

Das benötigte nach außen Runden lässt sich also durch entsprechendes Umschalten der Rundungseinstellungen der CPU beim Berechnen von oberer und unterer Grenze bewerkstelligen. Alternativ kann dies durch Hinzuaddition eines geeigneten schmalen Intervalls   erreicht werden.

Abhängigkeitsproblem und Einhüllungseffekt

 
Überschätzung des Wertebereiches

Das sogenannte Abhängigkeitsproblem ist ein Haupthindernis bei der Anwendung der Intervallarithmetik. Obwohl der Wertebereich der elementaren arithmetischen Operationen und Funktionen mit Intervallmethoden sehr genau bestimmt werden kann, gilt dies nicht mehr für zusammengesetzte Funktionen. Falls ein intervallwertiger Parameter mehrfach in einer Rechnung auftritt, wird jedes Auftreten unabhängig voneinander behandelt. Dies führt zu einer ungewollten Aufblähung der resultierenden Intervalle.

 
Unabhängige Betrachtung jedes Auftretens einer Variablen

Zur Illustration sei eine Funktion   durch den Ausdruck   gegeben. Der Wertebereich dieser Funktion über dem Intervall   beträgt eigentlich  . Um die natürliche Intervallerweiterung zu erhalten, rechnet man aber  , was einen etwas größeren Bereich ergibt. In der Tat berechnet man eigentlich Infimum und Supremum der Funktion   über  . Hier würde man also besser eine alternative Formulierung für   verwenden, die die Variable   nur einmal verwendet. In diesem Fall kann man den Ausdruck   einfach durch quadratische Ergänzung zu   umformen.

Dann liefert die entsprechende Intervallrechnung

 

auch den richtigen Wertebereich.

Im Allgemeinen lässt sich zeigen, dass man tatsächlich den genauen Wertebereich erhält, wenn jede Variable nur einmal auftaucht. Allerdings lässt sich nicht jede Funktion geeignet auflösen.

 
Einhüllungs- oder „Wrapping“-Effekt

Die durch das Abhängigkeitsproblem verursachte Überschätzung des Wertebereiches, kann soweit gehen, dass das Resultat einen derart großen Bereich umfasst, der keine sinnvollen Schlüsse mehr zulässt.

Eine zusätzliche Vergrößerung des Wertebereichs ergibt sich aus dem Einhüllen von Bereichen, die nicht die Form eines Intervallvektors haben. Die Lösungsmenge des linearen Systems

 , für  

ist genau die Gerade zwischen den Punkte   und  . Intervallmethoden liefern hier aber im besten Fall das Quadrat  , das die tatsächliche Lösung einhüllt (Einhüllungs- oder „Wrapping“-Effekt).

Lineare Intervallsysteme

Ein lineares Intervallsystem besteht aus einer intervallwertigen Matrix   und einem Intervallvektor  . Gesucht ist dann eine möglichst schmale Box  , die alle Vektoren   enthält, für die es ein Paar   mit   und   gibt, welches die Gleichung

 

erfüllt.

Für quadratische Systeme - also für   - lässt sich ein solcher Intervallvektor   der alle möglichen Lösungen enthält sehr einfach mit dem Intervall-Gauß Verfahren bestimmen. Hierfür ersetzt man einfach die numerischen Operationen, die bei dem aus der linearen Algebra bekannten gaußschen Eliminationsverfahren auftauchen, durch ihre Intervallversionen. Da allerdings während der Abarbeitung dieser Methode die intervallwertigen Einträge von   und   mehrfach in die Rechnung eingehen, leidet dieser Ansatz sehr stark an dem Abhängigkeitsproblem. Daher biete sich der Intervall-Gauß nur für grobe erste Abschätzungen an, die zwar die gesamten Lösungsmenge enthalten, aber auch einen sehr großen Bereich außerhalb davon.

Eine grobe Lösung   kann oft durch eine Intervallisierung des Gauß-Seidel-Verfahrens verbessert werden. Diese ist folgendermaßen motiviert: Die  -te Zeile des der intervallwertigen linearen Gleichung

 

lässt sich nach der Variablen   auflösen, falls die Division   erlaubt ist. Es gilt demnach gleichzeitig   und  . Man kann also nun   durch   ersetzen, und so den Vektor   elementweise verbessern. Da das Verfahren effizienter für diagonaldominante Matrizen ist, versucht man oft statt dem System   die durch Multiplikation mit einer geeigneten reellen Matrix   entstandene Matrixgleichung   zu lösen. Wählt man beispielsweise   für die Mittelpunktsmatrix   so ist   eine äußere Näherung der Einheitsmatrix.

Für die oben genannten Methoden gilt allerdings, dass sie nur dann gut funktionieren, wenn die Breite der vorkommenden Intervalle hinreichend klein ist. Für breitere Intervalle kann es sinnvoll sein, das Intervall-lineare System auf mehrere reellwertige lineare Systeme zurückzuführen. Sind nämlich alle Matrizen   invertierbar, dann ist es vollkommen ausreichend alle möglichen Kombinationen der (oberen und unteren) Endpunkte vorkommenden Intervalle zu betrachten. Dieser Ansatz ist allerdings nur für Systeme kleinerer Dimension möglich, da bei einer vollbesetzten   Matrix schon   reelle Matrizen invertiert werden müssen, mit jeweils   Vektoren für die rechte Seite. Diese Ansatz wurde von J. Rohn noch weitergeführt und verbessert [1].

Intervall-Newton Verfahren

 
Reduktion des Suchgebietes im Intervall-Newton-Schritt

Ein Intervall-Variante des Newton-Verfahrens zu Bestimmung der Nullstellen in einem Intervall-Vektor  lässt sich einfach aus der Mittelwert-Erweiterung ableiten Vorlage:Lit. Für einen unbekannten Vektor   gilt für ein festes  , dass

 .

Für eine Nullstelle   ist  , und somit muss

 .

erfüllt sein. Man erhält also  . Eine äußere Abschätzung von   kann hierbei durch eines der linearen Verfahren bestimmen.

In jedem Newton-Schritt wird nun ein grober Startwert   durch   ersetzt und so iterativ verbessert. Im Gegensatz zum klassischen Verfahren nähert sich diese Methode von außen den Nullstellen. Daher ist immer garantiert, dass das Ergebnis immer alle Nullstellen im Startwert enthält. Umgekehrt hat man bewiesen, dass   keine Nullstelle in   hat, wenn der Newton-Schritt die leere Menge zurückliefert.

Das Verfahren konvergiert gegen eine Menge, die alle Nullstellen (innerhalb der Startregion) enthält. Durch in diesem Fall vorhandenen Divisionen durch Null entstehen oft mehrere Intervallvektoren, die die Nullstellen voneinander trennen. Diese Trennung ist nicht immer vollständig, und kann dann durch Bisektion forciert werden.

Als Beispiel betrachte man die Funktion   und das Startwert   und den Punkt  . Man hat dann   und der erste Newton-Schritt ist gegeben durch

 .

Es gilt also für eine Nullstelle  . Weitere Newtonschritte werden dann jeweils auf   und   getrennt angewendet. Diese konvergieren zu beliebig kleinen Intervallen um   und  .

Das Intervall-Newton-Verfahren lässt sich auch ohne weiteres bei dicken Funktionen anwenden, also Funktionen wie  , die bereits dann Intervalle zurückliefern, wenn man reelle Zahlen einsetzt. Die Lösung besteht dann aus mehreren Intervallen  .

Bisektion und Überdeckungen

Die verschiedenen Intervall-Methoden liefern nur äußerst konservative Abschätzungen eines jeweils gesuchten Bereiches, da Abhängigkeiten zwischen den intervallwertigen Größen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Das Abhängigkeitsproblem spielt aber eine desto geringere Rolle je dünner die Intervalle sind.

Überdeckt man einen Intervallvektor   durch kleinere Boxen   so dass   dann gilt für den Wertebereich   Für die oben genannten Intervallerweiterungen gilt dann  . Da   oft eine echte Obermenge der rechten Seite ist, erhält man somit meist eine verbesserte Abschätzung.

 
Überschätzung (türkis) und verbesserte Abschätzung durch „Mincing“ (rot)

Eine solche Überdeckung kann man zum einen durch Bisektion generiert werden, indem man besonders dicke Elemente   des Intervallvektors   beispielsweise in der Mitte teilt und durch zwei Intervalle   und   ersetzt. Sollte das daraus folgende Resultat immer noch nicht geeignet sein, kann sukzessive weiterzerlegt werden. Hierbei gilt allerdings zu beachten, dass durch   geteilte Vektorelemente eine Überdeckung aus   Intervallvektoren entsteht, was den Rechenaufwand natürlich stark erhöht.

Bei sehr breiten Intervallen kann es sogar sinnvoll sein, alle Intervalle gleich in mehrere Teilintervalle mit (kleiner) konstanter Breite zu zerlegen („Mincing“). Damit spart man die Zwischenrechnung für die einzelnen Bisektionsschritte. Beide Herangehensweisen sind allerdings nur für Probleme niedriger Dimension geeignet.

Anwendung

Die Intervallarithmetik kommt auf verschiedenen Gebieten zum Einsatz, um Größen zu behandeln für die keine genauen Zahlenwerte festgelegt werden können Vorlage:Lit.

Rundungsfehleranalyse

Die Intervallarithmetik wird bei der Fehleranalyse angewendet, um Kontrolle über die bei jeder Berechnung auftretenden Rundungsfehler zu bekommen. Der Vorteil der Intervallarithmetik liegt darin, dass man nach jeder Operation ein Intervall erhält welches das Ergebnis sicher einschließt. Aus dem Abstand der Intervallgrenzen kann man den aktuellen Berechnungsfehler direkt ablesen:

Fehler =   für gegebenes Intervall  .

Intervallanalyse bietet hierbei keinen Ersatz für die klassischen Methoden zur Fehlerreduktion, wie Pivotisierung, sondern ergänzt diese lediglich.

Toleranzanalyse

Bei der Simulation technischer und physikalischer Prozesse treten oft Parameter auf, für die keine exakten Zahlenwerte zugeordnet werden können. So unterliegt der Produktionsprozess technischer Bauteile gewissen Toleranzen, so bestimmte Parameter innerhalb bestimmter Intervalle schwanken können. Außerdem können viele Naturkonstanten nicht mit beliebiger Genauigkeit gemessen werden Vorlage:Lit.

Wird das Verhalten eines solchen toleranzbehafteten Systems beispielsweise durch eine Gleichung  , für   und Unbekannten  , beschrieben, dann kann die Menge aller möglichen Lösungen

 ,

durch Intervallmethoden abgeschätzt werden. Diese stellen hier eine Alternative zur klassischen Fehlerrechnung dar. Im Gegensatz zu punktbasierten Methoden, wie der Monte-Carlo-Simulation, stellt die verwendete Methodik sicher, dass keine Teile des Lösungsgebietes übersehen werden. Allerdings entspricht das Ergebnis immer einer Worst Case-Analyse für gleichverteilte Fehler, andere Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind nicht möglich.

Fuzzy-Arithmetik

 
Approximation der Normalverteilung durch eine Sequenz von Intervallen

Intervallarithmetik kann auch dazu verwendet werden Fuzzy-Logik auf allgemeine Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu erweitern. Neben den Aussagen   und   werden auch endlich viele Zwischenwerte, die Zugehörigkeitsstufen  , betrachtet. Für die Fuzzy-Arithmetik[2] wird die Form einer solchen Verteilung für einen unscharfen Wert durch eine Reihe von Intervallen

 

angenähert. Dabei entspricht das Intervall   dem Schwankungsbereich für die Stufe  .

Die entsprechende Verteilung für eine Funktion   bezüglich unscharfer Werte   und den entsprechenden Sequenzen   lässt sich dann durch die Intervallsequenz   approximieren. Die Werte   sind gegeben durch   und können durch Intervallverfahren abgeschätzt werden.

Geschichtliches

Als Geburtsstunde der Intervallarithmetik wird das Erscheinen des Buches Interval Analysis von Ramon E. Moore im Jahr 1966 Vorlage:Lit angesehen. Die Idee dazu hatte er im Frühjahr 1958 und bereits ein knappes Jahr später veröffentlichte er einen Artikel über computerunterstützte Intervallarithmetik [3].

Unabhängig davon hatte Mieczyslaw Warmus zwar schon 1956 Formeln für das Rechnen mit Intervallen vorgeschlagen [4], bei Moore fanden sich aber neben Implementierungshinweisen auch erste nicht-triviale Anwendungen.

Implementierungen

Es gibt viele Softwarepakete, welche die Entwicklung numerischer Anwendungen unter Nutzung der Intervallarithmetik erlauben [5]. Diese sind meist in Form von Programmbibliotheken umgesetzt [6]. Es gibt allerdings auch C++- und Fortran-Übersetzer, welche Intervall Datentypen und entsprechend geeignete Operationen als Spracherweiterung [7] besitzen, so dass Intervallarithmetik direkt unterstützt wird.

Patente

William G. Walster (Sun Microsystems) hat – teilweise zusammen mit Ramon E. Moore und Eldon R. Hansen – mehrere Patente im Bereich der Intervallarithmetik beim U.S. Patent and Trademark Office angemeldet [8]. Die Gültigkeit dieser Ansprüche ist jedoch in der Intervallarithmetik-Forschungsgemeinde stark umstritten, da sie möglicherweise lediglich den bisherigen Stand der Technik wiedergeben.

Siehe auch

Referenzen

Literatur

  • Alexander Dreyer: Interval Analysis of Analog Circuits with Component Tolerances. Doktorarbeit, Shaker Verlag, Aachen, 2005, ISBN 3-8322-4555-3.
  • Eldon R. Hansen: Global optimization using interval methods. Band 165 von Monographs and textbooks in pure and applied mathematics. Marcel Dekker, New York, 1992, ISBN 0-8247-4059-9.
  • Jürgen Herzberger. Basic definitions and properties of interval arithmetic. In Jürgen Herzberger (Hrsg.), Topics in validated computations, Seiten 1-6. Elsevier Science B.V., Amsterdam, 1993, ISBN 0-12-049820-0.
  • L. Jaulin, M. Kieffer, O. Didrit, and É.Walter: Applied Interval Analysis: With examples in parameter estimation robust control and robotics. Springer, London, 2001, ISBN 1-85233-219-0.
  • Günter Mayer, Grundbegriffe der Intervallrechnung. In Ulrich Kulisch (Hrsg.): Wissenschaftliches Rechnen mit Ergebnisverifikation, S. 101-118, Akademie-Verlag, Berlin 1989; auch: Vieweg-Verlag, Wiesbaden 1989, ISBN 3528089431.
  • R. E. Moore: Interval Analysis. Prentice-Hall, Englewood Cliff, NJ, 1966, ISBN 0134768531.

Quellen

  1. Veröffentlichugen von Jiří Rohn
  2. Fuzzy-Methoden, Zusammenstellung von Michael Hanss, Universität Stuttgart
  3. Abhandlung über frühe Artikel von R. E. Moore
  4. Frühe Arbeiten von M. Warmus
  5. Software für Intervallrechnungen, zusammengestellt von Vladik Kreinovich, University of Texas, El Paso
  6. Beispiel einer Intervallarithmetik-Klasse in C++ von Sun Microsystems
  7. C++- und Fortran-Compiler mit Intervallunterstützung von Sun Microsystems
  8. U.S. Patent and Trademark Office und Patentschriften unter Anwendung von Intervallarithmetik