Mapuche

indigenes Volk, welches das historische Gebiet der Araucanía in den heutigen Staaten Chile und Argentinien bewohnt
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Die Mapuche (früher auch Araukaner) sind ein indigenes Volk Südamerikas. Ihr angestammtes Gebiet erstreckt sich auf die Staaten Chile und Argentinien. Im Gegensatz zu allen anderen indigenen Völkern widersetzten sich die Mapuche der spanischen Kolonialisation mit heftiger und oft erfolgreicher Gegenwehr. Die Mapuche teilen sich in drei Volksgruppen auf, die Picunche, Huilliches, Pehuelche und Pehuenche, wobei die Pehuenche die bekannste und größte Gruppe bilden.

Die Picunche waren das Volk des Nordens und bereits seit der Inkazeit für Fronarbeiten einsetzt. Die Huilliches waren das Volk des Südens und meist Fischer oder Ackerbauern. Nur die Pehuenche und Teile der Huilliches leisteten den Spaniern erbitterten Widerstand.

Geschichte

Kolonisation

Den Mapuche ist es als einzigem indigenen Volk Amerikas über lange Zeit hinweg gelungen, die Unabhängigkeit zu wahren. Das Siedlungsgebiet der Mapuche erstreckte sich vom Río Choapa im mittleren Norden Chiles bis zur Insel Chiloé, es hatte also eine Nord-Südausdehnung von ca. 1600 km. In der Sprache der Mapuche, dem Mapudungun, bedeutet Mapu Erde und Che soviel wie Mensch. Die Mapuche nennen sich selbst folglich „Menschen der Erde“.

Die Mapuche sehen sich als eine Volkseinheit, Yekmonchi genannt, die sich in mehrere nach geografischen Herkunftsgebieten benannte Stämme oder Gruppen gliedert. Beim vorkolonialen Volk der Mapuche handelte es sich um Halbnomaden, die nur in geringem Maße Land- und Viehwirtschaft betrieben. Sie lebten in zahlenmäßig kleinen Familienverbänden, so genannten Lofches, die autarke und autonome Einheiten bildeten. Sie kannten weder größere Dörfer noch Städte.

Datei:Araukanische haeuptlingsfamilie.jpg
Araukanische Häuptlingsfamilie Ende des 19 Jahrhunderts
 
Araukanerinnen beim Weben (Ende des 19. Jahrhunderts
 
Zusammentreffen mit Mapuches, Expedition von Hans Steffen (1895).

1546 trafen spanische Konquistadoren unter Pedro de Valdivia am Fluss Bío Bío erstmals auf die Mapuche, die die Kolonisatoren zunächst erfolgreich am Aufbau einer Festung hinderten. Erst 1550 gelang den Spaniern die Gründung der Stadt Concepción. Die Mapuche entschlossen sich daraufhin zum Krieg. Unter ihrem gemeinsamen Kriegshäuptling (Toqui) Lautaro zerstörten sie 1555 nach mehreren Angriffen die befestigte Stadt Concepción, wurden dann aber auf dem Marsch nach Santiago de Chile von Pedro de Villagrán bei einem Überraschungsangriff geschlagen, bei dem auch Lautaro ums Leben kam. Sein Nachfolger Caupolican wurde 1558 von den Spaniern grausam getötet und diente dem spanischen Schriftsteller Alonso de Ercilla y Zúñiga 1569 als Vorbild für seinen Roman "La Araucana".

Der Chronist des Königreich Chiles Pedro Mariño de Lobera (1528-1594) beschreibt in seinem Werk Crónica del Reino de Chile, die Kämpfe mit den Mapuche, allerdings aus der Sicht der Eroberer.

Der andauernde Widerstand der Ureinwohner zwang die Spanier 1641 zur Anerkennung einer unabhängigen Mapuche-Nation im Vertrag von Quillín. Darin wurde der Bio-Bio-Fluss als Grenze festgeschrieben und dem Volk der Mapuche Souveränität zugebilligt, ein in der Geschichte indigener Bevölkerungen in Südamerika einzigartiger Vorgang.

Das Königreich von Araukarien und Patagonien

Das Königreich von Araukarien und Patagonien gehört zu den skurillsten Episoden der chilenischen Geschichte. Im Jahre 1858 reiste ein unbekannter französischer Rechtsanwalt namens Orélie Antoine de Tounens nach Chile. Er war von der Idee besessen mit den Mapuche und den Indianern Patagoniens ein eigenes Königreich zu errichten. Nach Verhandlungen mit dem Kaziken Manil reiste er in die Region Bio-Bio. Manil war inzwischen verstorben, aber sein Nachfolger Quilapan, nahm ihn herzlich auf. Tounens legte den Mapuche eine eigene Verfassung vor und konnte die Indianer überzeugen ihn am 17. November 1860 zum König von Araukarien und Patagonien zu wählen. Die chilenische Regierung und andere Regierungen ignorierten ihn einfach vorläufig. Schließlich verriet ihn sein Diener Juan Rosales Baptist an die chilenischen Behörden, die ihn festnehmen ließen. 1862 wurde Tounens nach Frankreich abgeschoben, trotzdem versuchte er mehrmals nach Südamerika zurückzugelangen, um sein Königreich erneut aufzubauen.

Erst 1881 wurde der Mapuche-Staat gewaltsam an das mittlerweile unabhängige Chile angegliedert. 1934 scheitert ein großer Aufstand der Mapuche bei Ranquil.

20. Jahrhundert

Bedingt durch den Verlust ihres Landes an Großgrundbesitzer (latifundistas) und Holzfirmen wanderten im 20. Jh. viele Mapuche in die Städte ab, ca. 40 % leben heute in der chilenischen Hauptstadt Santiago, in Temuco und anderen Ballungsräumen. Auf Verbesserungen unter der Regierung Salvador Allendes (Rückgabe von Land, geplante Ermöglichung zweisprachigen Schulunterrichts) folgten neuerliche schwere Repressalien unter der Pinochet-Diktatur (v. a. die faktische Enteignung durch Abschaffung des Gemeineigentums).

In nationalistischen Kreisen Chiles wird die eigenständige Existenz des Mapuche-Volkes mit dem Ziel der Integration relativisiert (da durch starke "Vermischung" –mestizaje– als als eigenes Volk stark reduziert), bezeichnend ist der Ausspruch Pinochets: "Es gibt keine Ureinwohner, wir sind alle Chilenen." Dagegen betonen die meisten Vertreter der Mapuche-Gemeinschaften (comunidades) ihre Eigenständigkeit und zumindest die Radikaleren unter ihnen lehnen es ab, sich als Chilenen zu bezeichnen, wobei diese Position häufig von militanten Elementen mißbraucht wird. Historisch bedingte gegenseitige Vorbehalte prägen das Verhältnis zwischen den Kulturen der Mapuche und der Spanisch-stämmigen teilweise bis heute.

Der chilenische Zensus von 2002 ergab 604.349 Mapuche auf chilenischem Staatsgebiet (928.500 im Jahre 1992). Inwieweit dieser neutral und transparent (aber trotzdem im eigenen Interesse von Mapuche-Organisationen angezweifelte) Rückgang Assimilierungseffekte bzw. die angesprochene Integration und Vermischung widerspiegelt oder auf Erhebungstechniken zurückgeht, ist umstritten. Die ursprüngliche Sprache der Mapuche, das Mapudungun, wird in Chile nur noch von etwa 400.000 Menschen verstanden. In Argentinien beläuft sich die Mapuche-Bevölkerung auf ungefähr 250.000 Menschen, von denen ca. 40.000 Mapudungun verstehen. Die Alphabetisierungsrate sowohl in der Amtssprache Spanisch als auch in Mapudungun ist sehr gering. Das Gros der Mapuche lebt in einfachen Verhältnissen. Männer arbeiten häufig als Gelegenheitsarbeiter, z. B. in der Landwirtschaft, Frauen oft als Hausangestellte in Häusern der Oberschicht.

Seit Jahren ist das Verhältnis zwischen Mapuchen und dem chilenischen Staat durch Landrechtskonflikte getrübt. Mittlerweile gab es in gewissem Umfang Landrückgaben, aber auch neue Konflikte und umstrittene Gerichtsurteile gegen militante Mapuche-Angehörige. Der rechtliche Stellung ist auch deshalb schwierig, weil die chilenische Verfassung indigenen Gruppen (anders als in den meisten südamerikanischen Ländern) keine ethnisch-kulturelle Sonderstellung einräumt.

Religion

Die Mapuche glauben an insgesamt sieben Gottheiten. Der oberste Gott ist Nguenechen. Für die Mapuche ist er sogleich Vater, Mutter, Bruder und Schwester. Der Osten und der Süden sind den Mapuche heilig, da von dort die guten Winde kommen. Auch das Blau des Himmels ist heilig. Die heiligen Tiere der Mapuche sind die Pferde, die hauptsächlich zum Reiten verwendet werden, und die man an hohen Feiertagen wie dem Nguillantùn auch schlachtet und verspeist.

Das grösste Fest des Jahres ist das sogenannte We Xipantu, das neue Jahr der Mapuche, das jeweils am kürzesten Tag im Jahr gefeiert wird. Dem Tag an dem die Sonne sich ausruht und der Mond die Rolle der Sonne übernimmt, damit die Sonne sich ausruhen kann und gestärkt für ein neues Jahr wieder erscheint. Die Mapuche baden sich jeweils im Morgengrauen in den Gewässern um sich zu reinigen, weil die Wasser an diesem Tag am wärmsten sind.

Das wichtigste Ritual der Mapuche ist der Nguillantùn. Das kleine Nguillantun findet jährlich, das große alle 4 Jahre um die Weihnachtszeit statt. für die Mapuche kommt alles paarweise vor, Gut & Böse, Mann & Frau, etc. Es ist ein Bitt- und Dankesritual das mehrere tage dauern kann. Dabei wird einerseits den Göttern der Dank für die vergangenen Jahre erwiesen und gleichzeitig für die nächsten Jahre gebetet. Dem Nguillantùn kommt auch eine grosse soziale Bedeutung zu, da es das Ritual ist, in dem jeweils die Gemeinde zusammenkommt und die Tage zusammen verbringt, wobei den bekannten Familien und Menschen die Ehre erwiesen wird, in dem man mit Ihnen Essen teilt, typischerweise ein Stück Fleisch (Pferd, Schwein, Rind oder Schaf, gekocht oder gegrillt) und ein Stück Iwiñ Kofke, eine in Pferdefett fritiertes Brot. Nicht selten schlachtet eine Familie mindestens ein Pferd und ein Schwein um alle Gäste und Bekannte bedienen zu können. Eine wichtige Stellung in der Gemeinschaft nimmt die oder der Schamane (Machi) ein. 95% aller Machis sind Frauen.

Kultur

Die Mapuche haben eine vergleichsweise arme Kultur. Etwas bekannter sind sie aber in der Silberschmiedkunst. Jedes Schmuckstück hat seinen eigenen Namen und seine eigene magische Bedeutung. Auch erwähnenswert sind daneben Weberei, Töpferei, Schnitzerei und das Steinmetzhandwerk.

Behausung

Die Mapuche lebten in grossen Häusern (Ruka) aus Holz und Lehm. Diese haben keinen Fussboden, da die Mapuche die Erde als Mutter ansehen und nichts zwischen sich und der Erde haben wollen. Eine Ruka hat keine Fenster. Die Türöffnung weist immer Richtung Osten. In der Mitte befindet sich stets das Feuer, dem die Mapuche heilende Kräfte zuschreiben.

Kleidung

Traditionell tragen die Frauen den Camal oder Kemal, ein viereckiges schwarzes Tuch, das man um den Körper wickelt und ein Ende über die Schulter zieht. Über den Schultern tragen die Frauen die Ikulla, ein -ebenfalls schwarzes- Umhängetuch mitblauen Ecken. Um die Hüfte trägt man eine reich verzierte Schärpe. Männer tragen die Chiripa -eine Art dreiviertellange Hose- und einen fein gewebten Poncho mit Verzierungen. Beide Geschlechter tragen Stirnbänder.

Siehe auch

Literatur