Blutgruppen entstehen durch unterschiedliche Proteine auf der Oberfläche hauptsächlich der roten Blutkörperchen.
Diese Proteine wirken als Antigene und bilden Angriffspunkte für die Antikörper des Immunsystems. Mischt man daher Blut verschiedener Blutgruppen, so kommt es zur Verklumpung. Vor der Entdeckung der Blutgruppen waren daher Blutübertragungen nur selten erfolgreich und endeten oft tödlich.
Blutgruppen sind erblich und sind daher ein Merkmal, um Verwandtschaftsverhältnisse belegen zu können, z.B. beim Vaterschaftsnachweis.
Beim Menschen gibt es rund 20 verschiedene Blutgruppensysteme. Die wichtigsten davon sind das AB0-System und das Rhesus-System.
Blutgruppensysteme
AB0-System
Das AB0-System wurde 1901 von Karl Landsteiner entdeckt, wofür er 1930 den Nobelpreis für Medizin bekam. Es ist das wichtigste Blutgruppenmerkmal bei der Bluttransfusion und umfasst 4 verschiedene Gruppen: A, B, AB u. 0, z.T. mit Untergruppen [A1, A2; A1B, A2B] u. Varianten [z.B. A3, Ax; letztere umfasst A0 u. A4]. Bei der Blutgruppe A sind Antigene vom Typ A auf den roten Blutkörperchen vorhanden, bei der Blutgruppe B andere Antigene vom Typ B. Menschen mit der Blutgruppe AB haben beide Arten von Antigenen, bei Blutgruppe 0 sind dagegen keine Antigene vorhanden. Umgekehrt besitzen Menschen immer Antikörper gegen die fehlenden Antigene, bei Blutgruppe A also Antikörper gegen B und umgekehrt, bei Blutgruppe AB keine Antikörper und bei Blutgruppe 0 Antikörper gegen A und B. Diese Antikörper können nicht die Plazenta überwinden, können also nicht zu Problemen während der Schwangerschaft führen.
Die Blutgruppen werden durch die Gene A1/A2, B u. 0 bestimmt. Die Produkte des 0-Gens sind nicht nachweisbar, d.h. das Gen ist amorph = stumm. Die Produkte der anderen Gene sind antigen wirksame Glykoproteine. Die jeweils 2 Erbanlagen sind auf dem langen Arm des Chromosoms 9 (9q34) lokalisiert. Ferner besitzen alle Erythrozyten eine sog. heterogenetische Substanz »H« (= Vorläufersubstanz = Präkursor der A- u. B-Substanzen). Chemisch ist die Spezifität von A gebunden an ?-N-Acetyl-D-Galactosamin, von B an D-Galactosid u. von H an L-Fucose (Anlagerung der letzteren an das Blutgruppen-Lipoproteinskelett enzymatisch gesteuert [Glucosyltransferase] durch das H-Gen; ist Voraussetzung für Wirksamwerden der anderen Blutgruppen-Gene). Die Blutgruppensubstanzen sind auch in Zellen anderer Organsysteme nachweisbar, bei Sekretoren auch im Speichel, Schweiß, Harn. Der Nachweis der Gruppen erfolgt mit Hilfe von Testseren (mit entsprechenden Antikörpern): Untergruppe A1 durch Anti-A1-Seren u. Anti-A1-Phytagglutinine (= Lectine); Untergruppe A2: indirekter Nachweis (als nicht mit Anti-A1-Seren reagierendes A); B: durch Anti-B-Seren; s.a. Tab., Abb. (A-Untergruppen, -Varianten unberücksichtigt). - Die H-Substanz wird durch Anti-H-Phytagglutinine nachgewiesen. Die Blutgruppen A und B sind kodominant gegenüber Blutgruppe 0.
Rhesus-System
Die Antikörper gegen den Rhesusfaktor D werden bei Menschen ohne diesen Faktor nur gebildet, wenn sie mit ihm in Berührung kommen. Das kann bei Bluttransfusionen geschehen, bei Frauen auch während der Schwangerschaft, besonders bei der Geburt. Diese Antikörper können die Plazenta überwinden und ins Blut des Kindes eindringen. Falls die Mutter Rhesus negativ und der Fötus Rhesus positiv ist, bildet die Mutter Antikörper gegen den Rhesusfaktor des Kindes, die dann zur Blutverklumpung des Kindes und somit zu dessen Tod führen können. Falls die Mutter nicht schon vorher Kontakt mit Rhesus-positivem Blut gehabt hatte, tritt das Problem gewöhnlich jedoch nicht bei der ersten Schwangerschaft auf, da die Sensibilisierung des Immunsystems normalerweise erst bei der Geburt ausgelöst wird, wenn größere Mengen Blut des Kindes in den Blutkreislauf der Mutter übertreten. Die Sensibilisierung (und eine damit verbundene Gefährdung künftiger Kinder) kann verhindert werden, wenn rechtzeitig Medikamente gegeben werden.
Der Rhesusfaktor wird dominant vererbt.
Der Name Rhesusfaktor kommt von den Rhesusaffen, bei denen man diesen Faktor zuerst entdeckt hatte.
Kell-System
Das Kell-System ist das drittwichtigste System bei Bluttransfusionen. Die Vererbung ist noch nicht vollständig geklärt.
Weitere Systeme
Duffy, Cellano, Kidd (Jk), Lewis, Lutheran (Lu), MNSs, P und Xg.
Häufigkeit der Blutgruppen
Die Häufigkeiten der Blutgruppen sind regional unterschiedlich. In Asien kommt Blutgruppe B am häufigsten vor, in Europa Blutgruppe A. Über die Häufigkeiten lassen sich Wanderungen der Bevölkerung in der Vergangenheit rekonstruieren.
Blutgruppen- merkmal |
Häufigkeit | ||
---|---|---|---|
Deutschland | Österreich | Schweiz | |
A | 43% | 43% | 47% |
0 | 39% | 41% | 41% |
B | 13% | 11% | 8% |
AB | 5% | 5% | 4% |
Rhesus positiv | 83% | 85% | 85% |
Rhesus negativ | 17% | 15% | 15% |
Kell negativ | 91% | ||
Kell positiv | 9% |