Tonartencharakter

inhaerente Charaktere der Tonarten in verschiedenen Stimmungen
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Seit dem 17. Jahrhundert schreiben viele europäische Musiker den verschiedenen Tonarten immer wieder unterschiedliche "Charaktere" zu. Solche Bewertungen waren in jedem Fall subjektiv und änderten sich durch die Epochen immer wieder, aber es finden sich auch gewisse Übereinstimmungen.

Mögliche Ursachen

  • Bei den in der Musikgeschichte überwiegend verwendeten nicht-gleichstufigen Stimmungen fielen die Intervalle der Töne bei verschiedenen Tonarten hörbar unterschiedlich aus und verliehen so den Tonarten individuelle Charakteristiken. Mit Auftreten der temperierten Stimmung hat sich dies allerdings verflüchtigt. Jemand, der nicht über das absolute Gehör verfügt, wird nicht bemerken, ob ein Stück in C, Cis oder D gespielt wird. Was blieb, war viel mehr die Tradition. Ein Stück in Hirtenstimmung hatte eben in F-Dur zu stehen usw.
  • In ihrer absoluten Tonhöhe stimmen Tonarten mit körpereigenen Frequenzen, wie z. B. den feststehenden Formanten menschlicher Vokale, überein oder weichen von ihnen ab, damit gehen möglicherweise synästhetische Verknüpfungen einher;
  • Eine Hauptursache für Tonartencharakterisierung dürfte in traditionellen Festlegungen zu finden sein. Beispielsweise war die Hauptstimmung der "festlichen" Trompeten über die Jahrhunderte hinweg D-Dur. Allerdings gab es immer auch anders gestimmte Trompeten. Und mit der Einführung der Ventiltrompete ist auch diese Festlegung obsolet geworden.
  • Unterschiedliches Spielgefühl auf Musikinstrumenten.

Bewertung

In jedem Fall ist Vorsicht geboten. Beispielsweise ist bekannt, daß Johann Sebastian Bach im Wohltemperierten Klavier die Fuge in Cis-Dur keineswegs neu komponierte, sondern sie schlichtweg von C-Dur einen Halbton nach oben transponierte. Würde man heute das Stück in C-Dur spielen, dürfte kaum jemand einen Unterschied bemerken.

Geschichte

Bereits aus der Antike sind Erörterungen über die Wirkung bestimmter Modi überliefert.

C. Matthaei stellte 1652 in einer Abhandlung Äußerungen älterer Theoretiker zu den Kirchentonarten zusammen.

Beschreibungen vom Charakter einiger Dur- und Molltonarten durch Komponisten und Musiklehren sind seit Ende des 17. Jahrhunderts bekannt, jedoch nicht als Systematik für alle Tonarten. Bei Rousseau (J. Rousseau, 1691, S. 24) findet sich eine Beschreibung von 11 Tonarten, bei Marc-Antoine Charpentier (um 1692, f. 13r-13v) 18 und bei Ch. Masson (1697, S. 8ff) 8. Der Deutsche Johann Mattheson beschreibt 1713 (S. 236-252) sehr umfangreich die bis dahin gebräuchlichsten 17 Tonarten.