Das Bavonatal (italienisch Valle Bavona) ist ein Tal im Nordwesten des Kanton Tessin in der Schweiz.


Geographie
Das Bavonatal mündet bei Bignasco in das Maggiatal. Durch das Tal fliesst die Bavona. Es steigt auf einer Länge von 12 Kilometer rund 560 Meter.
Das Tal ist ein enges eiszeitliches Trogtal in U-Form. Die vielen Felsblöcke und Steine, die den Talgrund übersäen, stammen aus der Zeit, als sich die Gletscher zurückzogen und von Bergstürzen wie demjenigen von 1594 bei Fontana.
Im Talboden liegen zwölf Weiler (Terre), deren Bewohner Terrieri genannt wurden. Durch die erst nach 1950 gebaute Strasse und die manchmal heute noch fehlende Elektrizität haben sich die einheitlichen Ortsbilder mit den traditionellen Steinhäusern erhalten, auch wenn letztere manchmal durch Geranien, Wagenräder und Schweizerfahnen ihren ursprünglichen Charakter etwas verloren haben.
Die Weiler sind von Süden nach Norden: Mondada, Fontana, Alnedo, Sabbione, Ritort (Ritorto), Foroglio, Rosed (Roseto), Fontanelada (Fontanellata), Faed (Faedo), Bolla, Sonlèrt (Sonlerto), San Carlo. Das bekannteste ist Foroglio mit seinem grossen Wasserfall. Ausser San Carlo, dem hintersten Dorf im Tal, das zu Bignasco gehörte, waren alle Teil von Cavergno. 2006 wurden das ganze Tal zur politischen Gemeinde Cevio fusioniert. Von San Carlo führt eine Seilbahn nach Robiei.
Weiler im Val Bavona, talaufwärts
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Fontana
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Sabbione
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Ritorto
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Foroglio
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Roseto
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Fontanellata
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Sonlerto
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San Carlo
Geschichte
Das Tal wurde um 1500 wegen des härter werdenden Klimas verlassen. Zuhinterst im Tal stehen die Ruinen des Dorfes Prèsa di San Carlo. Die Bewohner siedelten sich in Cavergno oder Bignasca an und zogen im Frühjahr mit ihren Tieren zurück ins Tal auf die verschiedenen Höhenstufen (Stufenwirtschaft oder Transhumanz), wo sie Wohnstätten und Ställe besassen. Um die knappen Wiesen - siebzig Prozent der Fläche sind unproduktiv - zu bewirtschaften wurden steile Treppenwege in höher gelegene Zonen gebaut und auf grossen Felsbrocken hängende Wiesen (prati pensili) angelegt. Unter grossen herabgestürzten Felsbrocken wurden Ställe, Keller und Unterschlüpfe (splüi) eingerichtet.
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Sabbione: Splüi di Inselmitt auf dem Transhumanzweg
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Alnedo: Splüi di chieuri
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Alnedo: Prati pensili
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Mondada: Splüi del forno
Im Sommer wird das Tal von knapp 2000 Einwohnern bewohnt, im Winter ist es unbewohnt. Die Strasse kann bei schlechten Witterungsverhältnissen (Erdrutsche, Schnee) gesperrt sein[1]. 1983 erstellten die Gemeinden Cavergno und Bignasco einen Zonenplan mit strengen Nutzungs- und Baukriterien, der die Kulturgüter des Tales schützen soll. Im gleichen Jahr wurde das Tal ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgenommen. 1990 wurde die Stiftung Fondazione Valle Bavona gegründet, der die Kontrolle dieser Vorschriften obliegt.
Erreichbarkeit
Das Bavonatal ist von Locarno aus mit dem Auto oder dem Bus in etwa einer Stunde erreichbar. Aus dem Bedrettotal kann man bei guten Verhältnissen über den Cristallinapass in das Bavonatal wandern.
Der regionale Weitwanderweg Sentiero Cristallina (als Wanderroute Nr. 59 ausgeschildert) führt über 41 km in drei Etappen von Airolo (Bedrettotal) nach Bignasco oder umgekehrt. Der Weg verläuft auf der Teilstrecke von Foroglio nach Mondada auf dem gut beschilderten Transhumanz-Themenweg (Percorso della Transumanza).
Gannariente
Zwischen Sonlerto und San Carlo steht die 1595 erbaute Kirche von Gannariente. [2] Am ersten Sonntag im Mai wird seit rund 400 Jahren bei jedem Wetter eine Prozession durchgeführt. Sie beginnt um 6 Uhr früh Morgengrauen in Cavergno und führt vier Stunden lang etwa neun Kilometer durch alle Weiler das Bavonatal hoch. Während der Prozession wird gebetet und gesungen. In der Kirche von Gannariente wird eine Messe gelesen, dann werden die Felder gesegnet. Mit einem gemeinsamen Mittagessen und einer Versteigerung der Gaben endet das Fest. [3]
Literatur
- Martino Signorelli: Storia della Valmaggia. Tipografia Stazione SA, Locarno 1972, S. 53, 56, 84, 175, 240, 253, 256–287,288–289, 336, 349, 386–387, 408.
- Aldo e Nora Cattaneo: Geschichten und Wege des Val Bavona. Verleger Armando Dadò, Locarno 1998
- Val Bavona. Stiftung Val Bavona
- Federico Balli, Giuseppe Martini: Val Bavona - ein Hauch vergangener Tage, Edition Stiftung Val Bavona und Armando Dadò, Locarno
- Val Bavona - Handbuch für den Umbau der Rustici. Edition Stiftung Val Bavona
- Luigi Martini: Transhumanz und Alpwirtschaft im Val Bavona. Edition Stiftung Val Bavona
- Giuseppe Brenna: Giuseppe Zan Zanini und das Val di Foiòi (Val Bavona). Salvioni Edizioni, Bellinzona 2010
- Giuseppe Brenna und Luigi Martini: Alpi di Val Bavona, Informazioni storiche e itinerari. Salvioni Edizioni, Bellinzona e Armando Dadò, Locarno 2011, ISBN 978-88-7967-289-4
Weblinks
- Daniela Pauli Falconi: Bavona, Valle. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Beschreibung des Valle Bavona mit Video des Wasserfalls
- Bundesinventar ISOS: Valle Bavona (PDF; 14,2 MB)
- Stiftung Val Bavona
- alpi-ticinesi - Val Bavona
- Treppenwege in den Himmel über dem Val Bavona
- Valle Bavona: ASTi, catalogo dei fondi fotografici