Österreichischer Cartellverband

österreichischer Dachverband katholischer Verbindungen
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Der österreichische Cartellverband (ÖCV) ist ein Dachverband von katholischen, nichtschlagenden, farbentragenden Studentenverbindungen in Österreich. Der ÖCV ist Mitglied im Europäischen Kartellverband der christlichen Studentenverbände (EKV).

Entstanden ist der ÖCV am 10. Juli 1933 durch die Abspaltung vom Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV).

Organisation

Der ÖCV ist ein Zusammenschluss von 46 eigenständigen Verbindungen; diese haben zusammen rund 12000 Mitglieder. Entsprechend der Organisation der Verbindungen ist auch der ÖCV gegliedert: es gibt den aus der Aktivitas bestehenden ÖCV-Studentenverband und die aus den jeweiligen Altherrenschaften gebildete Altherrenschaft des ÖCV. Alle Mitgliedsverbindungen des ÖCV sind gleichberechtigt, allerdings gibt es eine »protokollarische« Abfolge der Mitgliedsverbindungen nach dem Beitrittsdatum, die sogenannten »Hausnummern«.

Im jährlichen Wechsel übernimmt eine Verbindung (u.U. auch ein Ortsverband) den Vorort, d.h. den Vorsitz im ÖCV. Das Vorortspräsidium besteht aus dem Vorortspräsidenten, seinen zwei Vertretern und weiteren Fachreferenten. Der Vorort vertritt auf Feierlichkeiten den Gesamtverband und führt dabei die ÖCV-Standarte bei sich. Außerdem steht das Vorortspräsidium dem Studentenverband vor.

Geschichte

Gründung des deutschen Cartellverbandes

Im Rahmen des Kulturkampfes, in dem gerade der preußische Staat den Einfluss der katholischen Kirche zurückdrängen wollte, wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Gegenbewegung der katholischen Studenten an verschiedenen Universitäten katholische Verbindungen gegründet.

Die 1851 gegründete Aenania München suchte bereits früh den Kontakt zu katholischen Verbindungen an anderen Hochschulen. So ging man 1856 ein Cartellverhältnis mit der gerade gegründeten Winfridia Breslau ein, was heute als Geburtsstunde des Cartellverbandes angesehen wird. 1864 traten Guestfalia Tübingen und Austria Innsbruck bei. 1865 trat Bavaria Bonn bei, 1871 Alsatia, später Saxonia Münster, und Markomannia Würzburg. 1873 trat Hercynia Freiburg im Breisgau, 1876 Suevia Berlin, 1880 Rhenania Marburg und Burgundia Leipzig, bei.

In den Anfangsjahren stießen die CV-Verbindungen auf erheblichen Widerstand der etablierten Corps und Burschenschaften sowie der Universitätsverwaltungen, was teilweise zum Verbot des Farbentragens und bis zur Auflösung der Alsatia Münster, später Saxonia Münster, 1878 führte. Trotzdem wuchs der CV in den folgenden Jahrzehnten.

Der Cartellverband hatte sich zunächst auf die Universitäten beschränkt, griff aber ab 1897 auch auf andere Hochschulen über und nahm ab 1899 mehr als eine Verbindung pro Hochschule auf (Singularitätsprinzip). Seither bilden mehrere Verbindungen an einem Ort gemeinsam Ortsverbände wie z. B. der Innsbrucker Cartellverband (ICV).

Diesen Aufschwung nahm der CV trotz und gerade auch wegen erheblicher Widerstände gegen katholisches Farbenstudententum. Der Vorwurf lautete, dass durch katholische, konfessionelle Verbindungen die akademische Freiheit gefährdet werde. Man verdächtigte sie des Ultramontanismus und bezichtigte sie der Reichsfeindschaft.

Während im Kulturkampf (1872 - 1887) die wenigen Verbindungen des CV noch kaum eine Rolle gespielt hatten, änderte sich dies in den Auseinandersetzungen im sogenannten Akademischen Kulturkampf in den Jahren nach der Jahrhundertwende. Einen schweren Stand hatten die österreichischen Verbindungen gegenüber den dortigen nationalen und freiheitlichen Verbindungen.

Es gab in jenen Jahren auch bereits Versuche, einen eigenständigen österreichischen Cartellverband zu gründen - siehe 1. ÖCV und 2. ÖCV.

Erster Weltkrieg

Im Juli 1914 zählte der CV in 80 Verbindungen 12.398 Urmitglieder, von denen während des Ersten Weltkrieges 7199 einberufen wurden. Davon fielen oder starben an Kriegsfolgen 1282, das sind knapp mehr als 10 Prozent aller Mitglieder.

Das Ende des Krieges brachte aber auch starke Veränderungen für den CV. Der Verband bestand nunmehr innerhalb der Grenzen sieben verschiedener Staaten. Beherrschend für die aus dem Kriege heimkehrenden Cartellbrüder, die vielfach in Freikorps gegen die Spartakisten weiterkämpften, war jedoch das gemeinsame Fronterlebnis. Aus ihm ging überall ein aufrichtiger Wille zum Neubeginn hervor.

Deutlichen Ausdruck fand die Beendigung der Vorkriegsspannungen im Abschluss des Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen im Jahre 1921. Damit war der Ehrenstandpunkt der nichtschlagenden von den waffenstudentischen Verbänden als gleichwertig anerkannt.

Zwischenkriegszeit

Erste Republik

In dieser – vom ständigen Kampf zwischen den beiden großen Lagern – geprägten Epoche standen viele CVer, ihrer katholischen Herkunft zu Folge, im Dienste der Christlichsozialen Partei. Zahlreiche hohe Politiker dieser Zeit waren Mitglieder im Cartellverband. Beispielhaft seien Ignaz Seipel, Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg, allesamt Bundeskanzler der 1.Republik, genannt. Vor allem über Engelbert Dollfuß gehen bis heute die Meinungen auseinander. Während Dollfuß von Seiten seiner Befürworter immer noch als „Heldenkanzler“ und „Märtyrer“ verehrt wird, der als einziger gegen die Nazis Stellung bezogen hätte, bezeichnen ihn andere als „Diktator“, „Arbeitermörder“ und „Faschist“.

Gründung des Österreichischen Cartellverbandes

Auf der Cartellversammlung 1932 beschloss man, dass die Mitgliedschaft im CV mit einer Mitgliedschaft in der NSDAP oder dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund unvereinbar seien, solange die deutschen Bischöfe den Nationalsozialismus verurteilten. Bereits ein Jahr später wurde aber das strikte Verbot der Parteizugehörigkeit in Folge des Reichskonkordats zurückgenommen. Ab 1933 begann in Deutschland der Prozess der Gleichschaltung mit Einführung des Führerprinzips und der daraus resultierenden Annäherung an den Nationalsozialistischen deutschen Studentenbund.

Die Vorgänge veranlassten die österreichischen Studentenvertretungen aus der gesamtdeutschen Studentenschaft auszutreten. Das Nazi-Regime tobte. Die österreichischen Verbindungen wurden aufgefordert, Bundeskanzler Dollfuß und Heeresminister Vaugoin sofort auszuschließen und sich als gute deutsche Verbindungen zu verhalten. Die österreichischen CV-Korporationen verweigerten diesen Befehl und stellten sich auf den Standpunkt, Österreich wäre eine unabhängige Nation und die Aufforderung eine Zumutung.

So entgingen die CV-Mitgliedsverbindungen im damals noch souveränen Österreich der Gleichschaltung, indem sie aus dem Cartellverband austraten und den Österreichischen Cartellverband gründeten.

Austrofaschismus

Während des Austrofaschismus nahm der Österreichische Cartellverband eine wichtige Rolle ein. Dem Historiker und Politologen Stephan Neuhäuser zu Folge „unterstützten mindestens 37 % aller studierenden Mitglieder des ÖCV in verschiedenen Wehrformationen Bundesheer und Heimwehr während der Februarereignisse 1934 (...) In Graz beteiligten sich 70 % der aktiven ÖCVer auf Seiten der Regierungstruppen und Heimwehren, in Leoben 45 %, in Wien 33 % und in Innsbruck 29 %. Die größten Kontingente stellten Babenberg Graz (40), Carolina Graz (40), Austria Wien (53), Austria Innsbruck (49), Norica Wien (64) und Rudolfina Wien (54)“. Nach dem Februar übernahm die dem ÖCV nahe stehende Akademikerhilfe die zuvor sozialistischen Akademikerheime in der Säulengasse 18 sowie der Billrothstraße 9 in Wien.

Der Anteil von ÖCVern in verschiedenen Gremien des austrofaschistischen Staates war enorm hoch. Im Bundesrat lag er bei 90 Prozent. Mit Otto Kemptner wurde ein Bundesbruder von Engelbert Dollfuß mit dem Aufbau der Vaterländischen Front beauftragt. Für Mitglieder des ÖCV bestand ab 1933 Beitrittspflicht. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß sorgte dafür, dass junge Akademiker, die dem ÖCV angehörten, schnell zu Spitzenpositionen in Politik und Verwaltung vordringen konnten. Im Gegenzug wurde dem Regierungschef ein Mitspracherecht bei der Besetzung von Ämtern innerhalb des ÖCV eingeräumt.

In der Regierung Dollfuß I gehörten sechs von zehn Ministern dem Verband an, nach drei Regierungsumbildungen waren es schließlich acht von zehn. Die Regierung Dollfuß II (dieses Kabinett verantwortet die Niederschlagung der Aufstände im Februar 1934) bestand überwiegend aus Mitgliedern des ÖCV, in der nunmehrigen Diktatur unter Dollfuß waren immerhin noch sechs von 13 Ministern Korporierte. Teilweise anders verhielt es sich in den Regierungen des CVers Schuschnigg nach 1936. Nachdem sich Mussolini und Hitler verständigt hatten, lies Schuschnigg die NSDAP allmählich wieder zu.

Nichtsdestotrotz befanden sich sogar noch im kurzlebigen nationalsozialistischen Marionettenkabinett Seyss-Inquart von 1938 zwei Mitglieder des CV: Oswald Menghin (Unterrichtsminister) und Wilhelm Wolff (Aussenminister). Beide gelten heute im ÖCV als "Märzveilchen", also als Verräter, deren wahre Gesinnung im März '38 "aufgeblüht" ist.

“Einer der besten des CV, unser verewigter Kanzler Dr. Dollfuß“, hieß es im Juni 1935 im Mitteilungsblatt des ÖCV – und noch 1937 konnte man dort Lesen: “Die Dollfußstraße ist keine andere als die traditionelle CV-Straße.“

Engelbert Dollfuß war bis zu seinem Tod Ehrenmitglied in 16 ÖCV-Verbindungen, sein Nachfolger Kurt Schuschnigg brachte es auf neun Ehrenmitgliedschaften.

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

Nach dem „Anschluss“ wurde der Österreichische Cartellverband von den Nationalsozialisten verboten. Viele Mitglieder des Österreichischen Cartellverbandes, die sich während des Austrofaschismus politisch engagierten wurden in der Zeit des Nationalsozialismus selbst zu politisch Verfolgten. In sogenannten "Prominententransporten" gehörten sie mit zu den ersten, die ins Konzentrationslager deportiert wurden, vorwiegend landeten sie im KZ Dachau.

ÖCVer die sich mit dem neuen System anfreundeten gab es auch, jedoch wurden sie deswegen aus dem Verband ausgeschlossen. Etwa befanden sich 1938 in der nationalsozialistischen Marionettenregierung unter Arthur Seyß-Inquart mit Wilhelm Wolf und Oswald Menghin zwei ÖCVer. Menghin wurde wegen seines Verbleibens in der NS-geführten Regierung von seiner Verbindung "unehrenhaft" entlassen. Gegen Wolf lief ein selbiges Verfahren - dessen Abwicklung durch das Versammlungsverbot erschwert wurde - als er bei einem mysteriösen Autounfall ums Leben kam. Auch Taras Borodajkewycz gehörte dem ÖCV an. Der Welthandelprofessor der in den 60er Jahren durch antisemitische Agitationen auf Hochschulboden Aufsehen erregte wurde allerdings bereits 1945 von seiner ÖCV-Verbindung ausgeschlossen. Auch wenn er ein Beispiel für ein Mitglied des Cartellverbandes ist, der weder mit dem austrofaschistischen Regime noch mit den Nationalsozialisten sonderliche Berührungsängste hatte ist er ebenso ein Beispiel für die frühe und strikte Entnazifizierung (Ausschlussgrund: Mitgliedschaft in der NSDAP) im ÖCV.

25 Mitglieder wurden zu Opfern des Nationalsozialismus:

  • Ludwig Bernegger wurde bei seiner Verhaftung am 13. März 1938 erschossen
  • Karl Black wurde 1944 wegen 'Vorbereitung zum Hochverrat' und Hörens eines 'Feindsenders' zum Tode verurteilt
  • Walter Caldonazzi wurde wegen seiner Mitgliedschaft bei der Widerstandsgruppe 'Maier-Messner-Caldonazzi' Anfang 1945 hingerichtet
  • Franz Deutsch ist als „Volljude“ (nach Definition der NS-Rassengesetze) 1942 im KZ Riga umgekommen
  • Engelbert Dollfuß wurde am 25. Juli 1934 von nationalsozialistischen Putschisten ermordet
  • Josef Dungel fiel 1940 infolge einer Geisteskrankheit dem Euthanasieprogramm zum Opfer
  • Max Gererstorfer ist als Mitglied der militärischen Widerstandsgruppe 'Käs' umgekommen
  • Johann Gruber wurde im April 1944 im KZ Mauthausen erdrosselt
  • Ferdinand Habel starb in 1939 im KZ Mauthausen an Hungertyphus
  • Johann Hardeck ist als "Volljude" (nach Definition der NS-Rassengesetze) im KZ Dachau 1945 umgekommen
  • Adolf Hörhager starb 1940 im KZ Mauthausen an den Strapazen der Steinbruch-Arbeit
  • Walter Krajnc] verweigerte 1944 einen Erschießungsbefehl und wurde deswegen standrechtlich erschossen
  • Karl Krczmar wurde wegen Wehrkraftzersetzung 1942 standrechtlich erschossen
  • Karl von Kummer war 'Mischling 1. Grades' und kam 1944 im KZ Buchenwald um
  • Heinrich Maier war der führender Kopf der Widerstandsgruppe 'Maier-Messner-Caldonazzi' und wurde 1945 geköpft
  • Ludwig Mooslechner wurde wegen Kontakts zu den 'Koralmpartisanen' 1945 erschossen
  • Johan Kapistran Pieller war Mitglied der "Antifaschistischen Freiheitsbewegung Österreichs" und wurde 1945 erschossen
  • Heinrich Pühringer wurde nach einem kriegsgerichtlichem Verfahren 1944 erschossen
  • Franz Reinisch verweigerte den Militärdienst und wurde 1942 hingerichtet
  • Franz Seywald wurde wegen des Abhörens ausländischer Rundfunksender 1944 zum Tode verurteilt
  • Herman Sinz wurde im Rahmen eines kriesgerichtlichen Verfahrens im 1944 erschossen
  • Richard Steidle wurde im KZ Buchenwald 1940 'auf der Flucht' erschossen
  • Hans Sylvester erlag im KZ Dachau 1939 den Qualen der Haft
  • Franz Virnich wurde wegen Volksverleumdung verurteilt und starb an den Folgen der Haft 1943
  • Hans Karl von Zeßner-Spitzenberg erlag im KZ Dachau 1938 schweren Misshandlungen.

Nachkriegszeit bis heute

Nach dem Kriegsende erfolgte die Wiederbegründung der einzelnen Verbindungen. In Deutschland begründete sich der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen wieder, in Österreich der Österreichische Cartellverband. Eine Wiedervereinigung der beiden Verbände fand nicht statt, stand auch nicht zur Diskussion. 1945 änderten die Österreichischen Verbindungen, die das Kürzel "Katholische Deutsche Studentenverbindung" (K.D.St.V.) in ihrem Namen führen in "Katholische Österreichische Studentenverbindung" (K.Ö.St.V).

Der Österreichische Cartellverband wurde von den Besatzungsmächten als Opfer des Nationalsozialismus eingestuft. Vergessen wurde dabei, dass einige ÖCVer ihre Beamtenposten wieder zurückbekamen, obwohl sie diese erst während der Zeit des Austrofaschismus erhielten, als die Mitglieder der SDAP und andere Regimekritiker ihrer Ämter enthoben wurden.

Vor allem die gelungene Entnazifizierung des ÖCV wurde von den Alliierten begrüßt, so musste ein ÖCVer 3 Unterschriften von bereits entnazifizierten Bürgen beibringen, um weiterhin Mitglied bleiben zu können, später genügte jedoch das Wort eines Bürgen. Insbesondere das Engagement bei der Befreiung Innsbrucks und in der Standarte 105 kam den ÖCVern zugute.

In der Politik des Nachkriegs-Österreich spielten ÖCVer eine wesentliche Rolle. Die Väter des Staatsvertrages, Leopold Figl und Julius Raab waren ebenso CVer wie Alfons Gorbach und Josef Klaus. Diese vier aufeinander folgenden Bundeskanzler lenkten insgesamt für 25 Jahre die Geschicke Österreichs.

Auch in der Studentenpolitik spielte der Cartellverband immer wieder eine Rolle. Mit dem Wahlblock und später als ÖSU (Österreichische Studenten Union) wurden viele Jahre hindurch die Hochschülerschaftswahlen gewonnen.

Schon sehr früh findet der ÖCV Zuspruch zur europäischen Idee und tritt 1975 dem Europäischen Kartellverband bei. 20 Jahre später führte mit Außenminster Alois Mock ein ÖCVer die Republik auch in die Europäische Union.

2006 wird anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Cartellverbandes in München eine gemeinsame Cartellversammlung des CVs und des ÖCVs abgehalten.

Ziele

  • Der ÖCV fördert akademische Ausbildung und fördert in vielfältiger Weise das akademische Leben.
  • Die Mitglieder der Vereinigungen, die dem Österreichischen Cartellverband zusammengeschlossen sind, sind Katholiken; sie engagieren sich in Kirche, Staat, Gesellschaft, Hochschulen und Universitäten.
  • Der ÖCV als Organisation und die Mitglieder der in ihm organisierten Vereinigungen gestalten die Gesellschaft im gemeinsamen, zusammenwachsenden Europa im Sinne der christlichen Grundwerte.

Prinzipien und Wahlspruch

Wahlspruch des ÖCV ist: In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas (»Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit, über allem aber Nächstenliebe«). Neben diesem Grundsatz ist die gemeinsame Basis für alle Cartellbrüder (Mitglieder der Studentenvereinigungen im ÖCV) eine in vier Prinzipien gegliederte Lebenseinstellung:

  • Religio: Die Förderung des katholischen Seins, die Förderung der Toleranz der christlichen Konfessionen untereinander und die aktive Gestaltung des eigenen Lebens aus dem katholischen Glauben in Verantwortung vor Gott, den Menschen und der Schöpfung.
  • Scientia: Für den ÖCV ist die Pflege der Wissenschaft eine wichtige Aufgabe, der er sich verpflichtet fühlt. Dazu gehört für die Cartellbrüder ein erfolgreicher Studienabschluss begleitet von zahlreichen Qualifikationen.
  • Amicitia: Als prägendes Element des Verbandes ist die persönliche Freundschaft quer durch alle Generationen als Lebensbundprinzip eine Selbstverständlichkeit, die über das Studium hinaus geht. Der Umgang miteinander ist von der Verantwortung für diese lebenslange geistige und materielle Verpflichtung geprägt.
  • Patria: Jeder demokratische Staat lebt durch die Verantwortung eines jeden Bürgers für den Staat. Die aktive Mitgestaltung auf allen Ebenen des Gemeinwesens ist eine Bürgerpflicht. Die Verwurzelung in der Geschichte und die demokratische Entwicklung Österreichs sind wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung dieses Gemeinwesens zu einem vereinten Europa als gemeinsames Vaterland.

Soziales Wirken

Im Lauf seiner Geschichte hat der ÖCVauf vielfältige Weise karitatives Wirken gezeigt. Für die Aktion Nachbar in Not wurden 200t Lebensmittel gespendet, die Aktion Licht ins Dunkel entstand auf Initiative des ÖCVers Kurt Bergmann. Ebenso engagieren sich viele Mitglieder in Projekten der Caritas oder anderen Hilfsprojekten. Für ÖCVer gilt das Prinzip der christlichen Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft, fußend auf dem Grundwert "Religio".


Prominente Mitglieder

Immer wieder waren und sind ÖCV Mitglieder in hohen politischen und wirtschaftlichen Funktionen tätig bzw. bekleiden höhere Ämter in Österreich:

Politik

Öffentliche Verwaltung

  • Präsident des Verfassungsgerichtshofs Karl Korinek - K.Ö.H.V. Franco-Bavaria Wien
  • Präsident des Rechnungshofes Franz Fiedler - K.a.V. Norica Wien

Kirche

Medien, Kunst und Kultur

Wissenschaft und Forschung

Wirtschaft

Personen in der Politik bzw. politisch besetzten Ämtern in der öffentlichen Verwaltung sind oder waren in der Regel Mitglieder der ÖVP oder einer ihrer Vorgängerorganisationen (Vaterländische Front oder vor 1933 der Christlichsozialen Partei).

Eine Aufzählung bekannter Cartellbrüder mit eigenem Wikipedia-Eintrag findet sich in der Kategorie:Korporierter im CV

Kritik

Hinweis: Der Eintrag Studentenverbindungen erläutert die häufig auftauchenden Kritikpunkte ausführlich.

Verhältnis zu Frauen

Oftmals kritisiert wird die Tatsache, dass der Österreichische Cartellverband eine ausschließlich aus Männern bestehende Organisation ist. Obwohl die Verbindungen des ÖCV eigenen Angaben zu Folge gute Kontakte zu Frauenverbindungen haben, dürfen diese dem Verband nicht beitreten. Die Wiener Verbindung K.a.V. Norica hat im Jahr 1996 auf einem Cumulativconvent (Vollversammlung), an der über 400 Mitglieder teilnahmen, die Aufnahme von Frauen als Vollmitglieder beschlossen. In der Folge wurden eine Reihe von Mitgliedern der K.a.V. Norica Nova in die Norica aufgenommen. Das Oberste CV-Gericht hat diese Beschlüsse jedoch kurze Zeit später als nicht mit dem ÖCV-Recht vereinbar aufgehoben. Nichts desto trotz wird von der Norica nach wie vor defacto ein gemeinsames Verbindungsleben mit der (weiblichen) Norica Nova gelebt, lediglich formale Beschlüsse werden von gesonderten Organen gefasst.

Neben K.a.V. Norica und Norica Nova arbeiten auch einige andere ÖCV Verbindungen eng mit Frauen- bzw. Damenverbindungen zusammen. So hat die K.H.V. Babenberg Wien ein enges Verhältnis zur Damenverbindung C.St.V. Salia - Babenberg. Die Verbindungen K.Ö.H.V. Amelungia und K.Ö.H.V Rugia arbeiten eng mit der C.Ö.St.V. Arcadia Wien zusammen. (Anmerkung: Arcadia und Salia-Babenberg sind Mitglieder der Vereinigung christlicher Studentinnenverbindungen Österreichs.)

In den 90er Jahren gab es Bestrebungen, den Verband gemischtgeschlechtlich zu gestalten, es fand sich auch eine Mehrheit innerhalb der Altherrenschaft, jedoch zogen es die aktiven Burschen und Mädchen vor, getrennt zu bleiben und zwei protokollarisch gleichrangige Verbände innerhalb des Europäischen Kartellverbandes zu bilden. Durch das schiere Überwiegen des Männeranteils hätten die Frauen weniger zu bestimmen gehabt, ebenso wurden drohende Beziehungsprobleme befürchtet. Siehe auch die Artikel Probleme bei gemischten Verbindungen und Anerkennung durch ÖCV/MKV.

Abtreibungsfrage

Im Frühjahr 2004 veröffentlichte der ÖCV eine Stellungnahme zur Verfassungsreform, demzufolge die Straflosigkeit von Abtreibungen ohne Indikation (z. B. medizinisch) in Österreich ausgesetzt werden sollte. Der ÖCV sieht sich darin konform mit den Lehren der katholischen Kirche. Dieser Vorstoß wurde von Frauenorganisationen, der Katholischen Aktion sowie Politikern und Politikerinnen von SPÖ, ÖVP und Grünen kritisiert.

Elemente des Antisemitismus

Anfang der dreißiger Jahre stellte Dollfuß auf der Generalversammlung des CV den Antrag, dass Mitglieder der Verbindungen bis zur Generation der Großeltern keine direkten jüdischen Verwandten haben dürfen. Der Antrag wurde damals von der Mehrheit der Stimmberechtigten abgelehnt. Jedoch befürwortete die Mehrheit der österreichischen Verbindungen den Antrag, dessen Annahme nur aufgrund der ablehnenden Haltung der deutschen CVer verhindert werden konnte.

Innerhalb des Österreichischen Cartellverbandes gab es antisemitische Haltungen, die einzelnen Mitgliedern oder Verbindungen angelastet werden. Der Verband selbst war jedoch nie antisemitisch ausgerichtet. Bedenken gegen einzelne jüdische Mitstudenten gab es lediglich aufgrund des aggressiven Verhaltens einiger jüdischer schlagender Verbindungen, die sich in blutigen Mensuren mit deutschnationalen Burschenschaften um die Vorherrschaft an der Uni Wien stritten. Spätestens 1935 schlug dieser Antisemitismus in Gewalt um, als es in der Universität Wien zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern des ÖCV und jüdischen Verbindungsstudenten kam. Diese Ereignisse wurden daraufhin im offiziellen Mitteilungsblatt des Österreichischen Cartellverbands gerechtfertigt (Academia 9/1935 S.5).

Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte ist problematisch, da es innerhalb des Cartellverbandes sowohl Befürworter als auch Gegner der damaligen Politik gab. Der Psychologe und Schriftsteller Wilfried Daim, selbst Mitglied des Österreichischen Cartellverbands, merkte 1968 an: "Und so haben wir bis heute mit Antisemitismus in unseren Reihen zu kämpfen, mit einem schleichenden Deutschnationalismus, der immer noch die Deutschen für etwas besseres hält als den Rest der Welt und von der österreichischen Nation nichts wissen will." Jedoch ist dieses Zitat mittlererweile fast 40 Jahre alt, zu diesem Zeitpunkt wurde auch in der SPÖ teilweise noch nicht aufgearbeitet.

Auch heute wird dem ÖCV in verschiedenen Zusammenhängen hin und wieder Antisemitismus vorgeworfen. Der Historiker und Politologe Stephan Neuhäuser weist darauf hin, dass auf der Homepage der ÖCV-Verbindung Kürnberg in einem Text über die Geschichte zur austrofaschistischen und nationalsozialistische Zeit damalige Kampfbegriffe aufgeführt werden, in denen das Judentum als "volksfremdes Element" bezeichnet wurde. Eine genauere Überprüfung ergibt, dass der Begriff nicht die Meinung Kürnbergs wiedergab, sondern die Nazi-Diktion, über die an dieser Stelle berichtet wurde. Im Gegenteil, die Verbindung distanziert sich von solchen Gedanken und gedenkt ihrer Mitglieder in der Widerstandsgruppe "105".

Nach Neuhäuser soll auch auf der Homepage eines ausgeschlossenene ÖCVers couleurstudent.at am 9. April 2004 unter anderem vom "jüdischen Mob", der den Tod Christi gefordert hätte, die Rede gewesen sein.

Der ÖCV selbst widersprach und widerspricht diesen Äußerungen. Mit Deutschnationalismus hätte der ÖCV nie etwas zu tun gehabt - weder früher noch heute, sei man doch schon seit dem Bestehen österreichisch gesinnt gewesen, heißt es in offiziellen Stellungnahmen. Dass es zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen klerikal motivierten Antisemitismus gab, der sich auch im ÖCV breit machte, wird nicht bestritten, sondern als historisches Faktum betrachtet. Alle Anschuldigungen, es hätte auch nach 1945 noch Antisemitismus in den Reihen des ÖCV gegäben, wurden vom Verband stets auf das Schärfste zurückgewiesen.

Verbindungen des ÖCV

Tirol und Südtirol

Innsbrucker Cartellverband (ICV)

  • A.V. Austria Innsbruck (AIn)
  • K.Ö.H.V. Leopoldina Innsbruck (Le)
  • A.V. Raeto-Bavaria Innsbruck (R-B)
  • K.a.V. Rheno-Danubia Innsbruck (R-D)
  • A.V. Vindelicia Innsbruck (Vi)
  • K.Ö.H.V. Alpinia-Innsbruck (AlIn)

Bozen:

  • A.V. Meinhardia Bozen (M-B)

Wien

  • K.a.V. Norica
  • K.Ö.St.V. Austria-Wien
  • K.Ö.St.V. Rudolfina
  • K.Ö.H.V. Nordgau Wien
  • K.Ö.St.V. Kürnberg
  • K.a.V. Saxo-Bavaria-Prag in Wien
  • K.Ö.St.V. Nibelungia
  • K.Ö.H.V. Rugia
  • K.a.V. Marco-Danubia
  • K.Ö.St.V. Aargau
  • K.Ö.H.V. Franco-Bavaria
  • K.Ö.H.V. Amelungia
  • K.H.V. Babenberg Wien
  • K.Ö.H.V. Alpenland
  • K.a.V. Bajuvaria
  • K.a.V. Danubia
  • Ö.k.a.V. Rhaeto-Danubia
  • K.Ö.H.V. Pannonia
  • K.Ö.H.V. Mercuria
  • K.Ö.H.V. Sängerschaft Waltharia
  • K.a.V. Austro-Peisonia

Steiermark

  • K.Ö.H.V. Carolina Graz
  • K.Ö.St.V. Traungau Graz
  • K.Ö.St.V. Babenberg Graz
  • K.Ö.St.V. Glückauf Leoben
  • K.Ö.St.V. Kristall Leoben
  • K.Ö.a.V. Albertina Graz

Niederösterreich

  • K.H.V. Welfia Klosterneuburg
  • K.Ö.H.V. Neostadia Wiener Neustadt
  • Ö.K.a.V. Theresiana Wiener Neustadt
  • K.Ö.St.V. Veritas-Baden
  • K.Ö.a.V. Floriana Sankt-Pölten

Salzburg

  • K.Ö.H.V. Rheno-Juvavia Salzburg
  • K.Ö.H.V. Rupertina Salzburg
  • K.SH.V. Lodronia Salzburg

Oberösterreich

  • K.a.V. Austro-Danubia Linz
  • K.Ö.St.V. Severina Linz

Kärnten

  • K.Ö.a.V. Carinthia Klagenfurt

Burgenland

  • A.V. Austro-Ferrea Eisenstadt

Befreundete Verbindungen des ÖCV

  • A.V. Austria-Sagitta Wien
  • A.V. Claudiana Innsbruck
  • K.A.V. Capitolina Rom im CV (Italien)
  • A.V. Edo-Rhenania Tokio (Japan)
  • K.Ö.St.V. Golania Arne (Syrien)
  • S.K.A.S. Istropolitan Bratislava (Slowakei)
  • E.St.V. Robert Schuman Argentorata (Frankreich)

Siehe auch

Studentenverbindung, Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen, Liste verbindungsstudentischer Begriffe,

Literatur

  • Gerhard Hartmann: "Der CV in Österreich - Seine Entstehung, Geschichte und Bedeutung", Lahn- Verlag, Wien 2001, ISBN 3-7840-3229-X
  • Stephan Neuhäuser: "Wer wenn nicht wir?" 1934 begann der Aufstieg des CV (in „Wir werden ganze Arbeit leisten“- Der austrofaschistische Staatsstreich 1934, BoD, Norderstedt 2004, ISBN 3833408731)
  • Österreichischer Verein für Studentengeschichte: "Farben tragen - Farbe bekennen, 1938 - 1945, Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung"; Wien 1988


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