Mohammed-Karikaturen

kontroverse Bildserie von Karikaturen des Propheten Mohammed
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Vorlage:Neuigkeiten Das Gesicht Mohammeds (dän.: „Muhammeds ansigt“), in den deutschen Medien fälschlicherweise mit „Die Gesichter Mohammeds“ übersetzt, ist eine Serie von zwölf Karikaturen verschiedener Künstler, die den islamischen Religionsstifter Mohammed zum Thema haben und diesen zum Teil auch darstellen. Ihre Veröffentlichung am 30. September 2005 in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten löste im Februar 2006 weltweite Proteste muslimischer Organisationen und andere Aktionen vom Boykott dänischer Produkte bis hin zu Gewaltakten aus. Dies führte weltweit zu einer Diskussion über die Religions-, Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit.

Hintergrund

Die Karikaturen in Jyllands-Posten

In den Zeichnungen wurde Mohammed unter anderem mit einer Bombe mit brennender Lunte auf seinem Turban oder als Himmelshüter, der Selbstmordattentätern den Zutritt mit den Worten: „Halt! Uns sind die Jungfrauen ausgegangen“ verwehrt, dargestellt. Unter den zwölf Karikaturen gibt es allerdings auch einige, die den Propheten nicht explizit bildlich darstellen oder eher abstrakt gestaltet sind.

Der Karikaturist Lars Refn brachte sogar eine versteckte Botschaft auf seiner Zeichnung unter: Die Karikatur zeigt einen südländisch aussehenden Schüler mit der Unterschrift „Mohammed Valbyskole 7A“. Er steht vor einer Tafel, auf der in Persisch geschrieben steht: „Die Redaktion von Jyllands-Posten ist eine Bande reaktionärer Provokateure“. Es ist unklar, ob sich die Redaktion der Bedeutung des Tafel-Textes bewusst war, als sie die Zeichnung abdruckte.

Die Karikaturen wurden vom Kulturchef der Zeitung bei den Zeichnern extra in Auftrag gegeben. Ursprünglich war nach Angaben der Redaktion von Jyllands-Posten diese Aktion dazu gedacht, um zu prüfen, wie viel Selbstzensur sich dänische Künstler mit Blick auf den Islam auferlegen würden, nachdem der dänische Kinderbuchautor Kåre Bluitgen keinen Zeichner für sein Buch „Der Koran und das Leben des Propheten Mohammed“ („Koranen og profeten Muhammeds liv“, Januar 2006) fand, der mit seinem Namen dafür stehen wollte. Das Buch verzeichnet also neben dem Autor einen anonymen Illustrator.

40 dänische Karikaturisten wurden angesprochen, wovon sich zwölf bereit erklärten, etwas beizutragen. Zwei der Karikaturen spielen direkt auf Bluitgen an, indem sie ihn mit Turban abbilden – anstatt Mohammed, wie von der Zeitung beabsichtigt. Sie kritisieren die Kampagne von Jyllands-Posten indirekt als PR-Gag für das Buch.

Gefälschte Abbildungen

In einem von dänischen Imamen unter Führung von Akhmad Akkari für eine Reise nach Ägypten und dem Libanon angefertigten 42-seitigen Dossier, welches Vertretern der Arabischen Liga überreicht wurde, werden drei - als besonders beleidigend empfundene, von der Zeitung weder in Auftrag gegebene noch veröffentlichte - Abbildungen zusätzlich aufgeführt. In einer Zeichnung wurde Mohammed durch einen Schriftzug als pädophiler Dämon verunglimpft, ein verfremdetes Agenturfoto eines Manns mit Schweinenase vor einem Mikrophon sollte den Propheten darstellen, und eine Fotomontage zeigte einen betenden Moslem, den von hinten ein Hund bestieg. Vorlage:Ref, Vorlage:Ref.

Bei dem verfremdeten Foto, welches Mohammed mit Schweinenase darstellen solle, handelt es sich um keine mit Mohammed in Zusammenhang stehende Darstellung:

„Das Farbfoto des AP-Fotografen Bob Edme zeigt den Franzosen Jaques Barrot, der sich ein Schweineohr aus Plastik angelegt und eine kleine Schweinsnase über die Nase gezogen hat. Vor ihm ist ein Mikrofon zu sehen, wie auf der angeblichen Mohammad-Karikatur. Das Bild wurde am 15. August 2005 in der französischen Ortschaft Trie-sur-Baise aufgenommen und ist bis heute als Reportage über ein "Schweinequieken Wettbewerb" unter der Internetadresse [1] zu sehen.“

Ulrich W. Sahm in n-tv [2]

Nach Angaben der Imame seien diese Abbildungen anonyme Zuschriften an empörte muslimische Leserbriefschreiber der Jyllands-Posten. Das gefälschte Agenturfoto soll den dänischen Muslimen in höhnischer Absicht anonym als Mohammed-Darstellung zugeschickt worden sein, sagte Akhmad Akkari.

Am 6. Februar 2006 hat Akhmad Akkari, der Sprecher von 21 dänisch-islamischen Organisationen, gegenüber „Brussels Journal“ zugegeben, den ursprünglichen 12 Mohammed-Karikaturen die weiteren hinzugefügt zu haben, „um einen Einblick in die hasserfüllte Stimmung gegen Moslems in Dänemark“ zu ermöglichen. Der Imam an der Spitze der Delegation, Ahmed Abdel Rahman Abu Laban, hatte sich schon im August 2005 nach Angaben der Washington Post entsprechend geäußert: "Die Dänen fürchten, im größeren europäischen Ozean zu verschwinden. Sie ließen dafür die Immigranten den Preis bezahlen. Moslems machten sie zu ihren Sündenböcken." Vorlage:Ref

Juristische Auseinandersetzung im Vorfeld des weltweiten Konflikts

Bereits am 27. Oktober 2005 erstatteten elf Vertreter dänischer islamischer Organisationen aufgrund des Blasphemie-Paragraphen § 140 im dänischen Strafgesetzbuch Strafanzeige gegen Jyllands-Posten. Die Sprecherin der Anzeigeerstatter erklärte:

„Wir haben uns auf den Artikel gestützt, der mit den Zeichnungen gebracht wurde, und die Absicht hinter dem Artikel. Wir meinen, dass es die Absicht der Zeitung war, zu verhöhnen und zu spotten.“ (Die Erklärung in dänischer Sprache).

Es ging demnach weniger um die Zeichnungen selbst, sondern um den redaktionellen Zusammenhang. Hier die Übersetzung der fraglichen Passage mit der Zwischenüberschrift „Latterliggørelsen“ („Die Lächerlichmachung“):

Lächerlichmachung
Die moderne säkulare Gesellschaft wird von einigen Muslimen abgelehnt. Sie fordern eine Sonderstellung, wenn sie auf besonderer Rücksichtnahme auf ihre eigenen religiösen Gefühle beharren. Das ist unvereinbar mit der weltlichen Demokratie und Redefreiheit, in der man bereit sein muss, Hohn, Spott und Lächerlichmachung ausgesetzt zu sein. Das ist bestimmt nicht immer sympathisch und schön anzusehen, und es bedeutet nicht, dass religiöse Gefühle zu jedem Preis verspottet werden sollen, aber das ist in diesem Zusammenhang untergeordnet.“

Flemming Rose in Jyllands-Posten

Der dänische Blasphemie-Paragraph lautet:

„§ 140. Derjenige, der öffentlich die Glaubenslehre oder Gottesverehrung irgendeiner legal in diesem Land bestehenden Religionsgemeinschaft verspottet oder verhöhnt, wird zu einer Geldstrafe oder Haftstrafe bis zu vier Monaten verurteilt.“


Am 6. Januar 2006 stellte der Staatsanwalt in Viborg das Verfahren ein, da keine Hinweise auf eine Straftat nach dänischem Recht vorlägen. Die letzte Verurteilung aufgrund des § 140 wurde 1938 gegen eine Gruppe dänischer Nationalsozialisten aufgrund von Antisemitismus ausgesprochen.

Ursachen und Beurteilungen des Konflikts

Erst auf Anfragen von Journalisten, einer Reise dänischer Imame durch einige islamische Staaten wie Ägypten im November und Dezember 2005 Vorlage:Ref, bei der die Gruppe Vertreter der Arabischen Liga sowie muslimische Kleriker und Akademiker traf und ein selbsterstelltes 42-seitiges Dossier vorstellte, welches die beanstandeten und drei weitere Abbildungen enthält, und nachdem die christliche norwegische Zeitung Magazinet die Karikaturen am 10. Januar 2006 nachdruckte, kam es zu weltweiten Protesten empörter Muslime, die diese Karikaturen als Blasphemie empfanden. In weiten Teilen der Islamischen Welt sind Abbildungen von Allah, Mohammed und anderen Propheten in menschlicher Gestalt verboten. Das in der Debatte herangezogene Bilderverbot in der islamischen Welt wurde jedoch in dieser nicht immer strikt ausgelegt. Zahlreiche bildliche Darstellungen sind belegt Vorlage:Ref.

Die Kritik richtete sich vor allem gegen eine aus Sicht der dänischen Imame wachsende islamfeindliche Haltung im Westen mit der Bedienung von Vorurteilen, etwa der Gleichsetzung des Islam mit dem Terrorismus. In Dänemark haben sich zudem die Beziehungen zwischen der muslimischen Minderheit und der dänischen Mehrheit in den letzten Jahren insbesondere unter der derzeitigen Regierung Anders Fogh Rasmussens, die aus der rechtsliberalen Partei Venstre und der Konservativen Volkspartei Det Konservative Folkeparti aufgrund einer restriktiven Einwanderungspolitik und einer scharf geführten Ausländerdebatte zunehmend verschlechtert. So bezeichneten beispielsweise Abgeordnete der Volkspartei den Islam als "Krebsgeschwür" und "Terrorbewegung".Vorlage:Ref

Kritiker, wie etwa Günter Grass verurteilten die Aktion des dänischen Blattes: "Es war eine bewusste und geplante Provokation eines rechten dänischen Blattes" und "Sie haben aber weitergemacht, weil sie rechtsradikal und fremdenfeindlich sind"Vorlage:Ref

Darüberhinaus wird vermutet, dass islamische Proteste bewusst instrumentalisiert wurden. So sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice, dass radikale Islamisten die Karikaturen als Anlass benutzen den Konflikt mit den westlichen Ländern anzuheizen. [3] Vor allem in Syrien versuchen radikale Islamisten den Konflikt für ihre eigene Sache zu nutzen. Hier, wie auch in den palästinensischen Autonomiegebieten wird der Konflikt instrumentalisiert, um den Libanon zu destabilisieren. Dies wird unter anderem vom iranischen Vizepräsidenten Maschai bestritten und zurückgewiesen.

Die dänische Regierung ist der Auffassung, dass sie sich nicht für Veröffentlichungen der Presse entschuldigen müsse. In einer am 2. Februar von Danmarks Radio veröffentlichten Umfrage äußerten 79% der Befragten die Meinung, dass sich Dänemark nicht entschuldigen solle. Zugleich halten mehr als zwei Drittel der Dänen die Reaktion der arabischen Länder für inakzeptabel.

Der entstandene Konflikt besteht zwischen dem gesetzlich geschützten Wertesystem einer Religionsgemeinschaft und dem demokratischen Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgelegt ist.

Internationaler Konflikt

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Boykottaufruf gegen dänische Produkte

Drei Wochen nach Veröffentlichung am 19. Oktober 2005 baten elf Botschafter islamischer Staaten den dänischen Premier Anders Fogh Rasmussen um ein Treffen, welches dieser ablehnte mit der Begründung, er könne über die Forderungen der Botschafter nicht diskutieren. Die Botschafter hatten zuvor gefordert, dass die Regierung ein gerichtliches Verfahren gegen die Zeitung einleiten sollte. Die Veröffentlichungen führten seit dem 26. Januar 2006 zum Boykott dänischer und norwegischer Waren in einigen arabischen Staaten. Libyen schloss am 29. Januar 2006 seine Botschaft in Kopenhagen, Saudi-Arabien zog seinen Botschafter ab. Die EU ihrerseits drohte mit der Anrufung der WTO, sollten arabische Regierungen den Boykott unterstützen. In Tunis verabschiedeten die Innenminister von 17 arabischen Staaten am 31. Januar 2006 eine Resolution, der zufolge die dänische Regierung die Urheber der Karikaturen „streng bestrafen“ müsse.

Am 31. Januar entschuldigte sich der Chefredakteur dafür, dass die Zeitung die Gefühle vieler Muslime verletzt habe. Er wollte sich aber nicht für die Veröffentlichung der Bilder entschuldigen (siehe hier). Diese Entschuldigung des Chefredakteurs wurde von verschiedenen islamischen Vereinigungen Dänemarks als nicht weitgehend genug zurückgewiesen.

Ebenfalls am 31. Januar 2006 übertrug der arabische Fernsehsender al-Dschasira eine Rede des in der muslimischen Welt bekannten und in Dänemark lebenden Führers der Muslim-Bruderschaft Mouhammed Fouad al-Barazi, der unter Tränen behauptete, in Dänemark würde geplant, den Koran zu verbrennen. Diese erfundene Behauptung hat in der ganzen islamischen Welt Empörung ausgelöst (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,400019,00.html).

Die Reaktionen der islamischen Geistlichkeit war scharf. Die Karikaturen wurden in arabischen und anderen islamischen Ländern nicht gezeigt, wohl aber verschiedene Gelehrte, die zum Widerstand gegen die angeblich von Juden und Amerikanern gesteuerten Kampagne aufriefen. So verbreitete beispielsweise Ali Muhi Al-Din Al-Qardaghi, ein Professor der Universität Quatar im Sender al-Dschasira, es handele sich um eine "kreuzzüglerische Zionistenkampagne". Der Autor des Kinderbuches über Mohammed sei selbst Jude, in dem Buch heiße es, der Prophet Mohammed sei ein Nazi, der den ersten Holocaust durchgeführt hätte (Memri TV Clip 1030 http://www.memritv.org/).

Der iranische Führer Ali Khamenei behauptete im iranischen Fernsehen, die Zeichner der Karikaturen seien von Juden bezahlt worden. Die ganze Kampagne sei gesteuert von "schmutzigen Zionisten", die nicht nur die Zeitungen und Medien, sondern auch die US-Amerikanische Regierung "voll unter ihrer Kontrolle" hätten (Memri TV Clip 1031 http://www.memritv.org/).

Radikale Islamisten im Irak veröffentlichten einen Aufruf, dänische Soldaten anzugreifen. Am 31. Januar 2006 kam es zu der Stürmung eines EU-Büros in Gaza sowie zu Bombendrohungen und der anschließenden Räumung von Redaktionsgebäuden in Århus und Kopenhagen.

Am 2. Februar 2006 schloss die EU ihr Büro in Gaza, nachdem dieses von palästinensischen Extremisten belagert worden war. Unterdessen drohten al-Aqsa-Brigaden und der Islamische Dschihad mit der Entführung von Staatsangehörigen von fünf europäischen Staaten (darunter Frankreich, Norwegen, Dänemark und Deutschland) im Westjordanland. Tatsächlich wurde ein Deutscher entführt, jedoch bald wieder freigelassen.

Am 3. Februar stürmten 150 Demonstranten das Gelände der dänischen Botschaft in Jakarta. Unter anderem riefen sie „Wir sind keine Terroristen, wir sind keine Anarchisten, aber wir sind gegen Leute, die den Islam beleidigen“. Zugleich war auf den mitgeführten Plakaten zu lesen: „Wir sind bereit für den Dschihad“ und „Lasst uns den dänischen Botschafter abschlachten“. Der dänische Botschafter konnte die Demonstranten beruhigen, indem er ihnen die Entschuldigung der Zeitung und die Haltung der Regierung erklärte.

Am 03. Februar strahlte al-Dschasira eine Predigt des Hamas Führers Khaled Mash'al in der großen Moschee von Damaskus aus, in der er die Europäer zu einer Entschuldigung aufforderte. Es gebe kein Gesetz über dem Allahs. "Unsere Nation wird nicht vergeben ... Morgen schon werden wir auf dem Weltenthron sitzen ... entschuldigt Euch heute, bevor es zu spät ist ... Bevor Israel stirbt, wird es erniedrigt werden ..." Die Besucher der Moschee antworteten. "Tod Israel, Tod Amerika" (Memri TV Clip 1024 http://www.memritv.org/).

Am 4. Februar wurden die dänische und norwegische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus von Demonstranten in Brand gesteckt. Dabei gingen auch die schwedische und chilenische Botschaft, die sich im gleichen Gebäude wie die dänische Botschaft befinden, in Flammen auf.

Dänische und norwegische Staatsbürger wurden von ihren Regierungen aufgefordert, Syrien zu verlassen. In Gaza wurde das deutsche Kulturzentrum angegriffen und die deutsche Nationalflagge verbrannt. Das Verbrennen von Flaggen gilt im Nahen Osten als Zeichen der Verachtung. Die USA warfen Syrien vor, die Angriffe auf die dänische Botschaft geduldet zu haben.

Der Iran kündigte Wirtschaftssanktionen gegen europäische Staaten an, in denen die Karikaturen erschienen sind.

Am 5. Februar wurde die dänische Botschaft in Beirut von Demonstranten in Brand gesetzt, nachdem es Sicherheitskräften nicht gelungen war, die demonstrierende Menge zu zerstreuen. Einige der Demonstranten waren mit der Brandstiftung jedoch nicht einverstanden und versuchten, friedlich zu demonstrieren. Der libanesische Innenminister Hassan al-Sabaa trat daraufhin zurück. Die iranische Regierung hat angekündigt, dass sie ihre Botschafter aus Dänemark abziehen will. Eine irakische Terrorgruppe mit Verbindungen zu Al-Qaida droht, alle Dänen zu töten[4].

Am 6. Februar attackierten gewalttätige Demonstranten in Teheran die Botschaft Österreichs. Dabei wurde auch eine deutsche und eine österreichische Nationalflagge verbrannt. In Afghanistan kamen bei Auseinandersetzung mit Sicherheitskräften zwei Menschen ums Leben. Im Irak forderten schiitische Demonstranten eine Fatwa gegen die dänischen Karikaturisten. In Pakistan boykottieren muslimische Ärzte wegen der Mohammed-Karikaturen Medikamente aus europäischen Staaten. Der Boykott richtet sich gegen Dänemark, Norwegen, Frankreich, Deutschland und die Schweiz. Es wurden in vielen islamischen Ländern Flaggen europäischer Länder verbrannt, insbesondere die Flaggen Dänemarks, Norwegens und Deutschlands. In Österreich weigern sich 30 muslimische Zeitungsboten eine Zeitung auszutragen, welche die Karikaturen abgedruckt hat. In der Türkei traten Demonstranten die EU-Flagge mit Füßen.

Am 7. Februar kamen bei einem Angriff auf norwegische ISAF-Soldaten im afghanischen Mainama mindesten vier Muslime ums Leben. Die UNO kündigte den Abzug von Mitarbeitern an.

Am 8. Februar wurden vier Demonstranten in Afghanistan in der Nähe eines US-Stützpunktes von Sicherheitskräften erschossen. Die bisher größte Demonstration fand am 9. Februar im Libanon statt, wo bis zu 250.000 weitgehend friedlich demonstrierten.

Während einer Rede vor mehreren hunderttausend Shiiten in Beirut forderte Sayyid Hassan Nasrallah, Führer der Hisbollah, am 9. Februar US-Präsident George W. Bush und US-Außenministerin Condoleezza Rice auf, sie sollten in diesem Konflikt „das Maul halten“ und verlangte von den europäischen Regierungen ein Verbot der Beleidigung des Propheten. Dabei drohte er: „wir werden den Gesandten Gottes nicht nur mit unserer Stimme, sondern auch mit unserem Blut verteidigen[5].

Am 10. Februar beschädigten Demonstranten die französische Botschaft in Teheran; der dänische Botschafter wurde aus Syrien abgezogen, weil der Syrische Staat nicht ausreichend für seine Sicherheit sorge; In Kairo wurde ein Korrespondent der ARD von Demonstranten angegriffen.

Reaktionen der Medien

Am 1. Februar 2006 druckten einige europäische Zeitungen eine oder mehrere der umstrittenen Karikaturen. In Deutschland veröffentlichte Die Welt alle zwölf Karikaturen Vorlage:Ref, Die Zeit, FAZ, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und die taz einige, während Bild und Spiegel Online Vorlage:Ref einen Abdruck ablehnten. Der Nachrichtensender n-tv zitierte einen Redakteur der Welt mit den Worten „Das ist ein politischer Vorgang“. Bei der Tageszeitung Die Welt sind sechs der Karikaturen im Online-Angebot hier abrufbar.

Später veröffentlichten die beiden Magazine Der Spiegel und Focus im Zuge der Berichterstattung einige Karikaturen, woraufhin Ägypten den Verkauf der aktuellen Ausgaben verbot.

Der französische France Soir titelte „Ja, wir haben das Recht, Gott zu karikieren!“. Ein Vertreter französischer Muslime sprach daraufhin von einem „abscheulichen Vorgang“. Am folgenden Tag wurde der France-Soir-Chefredakteur Jacques Lefranc vom Besitzer der Zeitung, Raymond Lakah, entlassen, der jedoch nicht verhindern konnte, dass die Zeitung mit der Schlagzeile Voltaire hilf, sie sind verrückt geworden!“ erschien. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Entlassene laut Focus einer der wenigen innerhalb der Redaktion war, der sich gegen den Abdruck der Karikaturen ausgesprochen hatte. Sein Nachfolger im Amt des Chefredakteurs kündigte nach Protesten der Redaktion kurz darauf. Weiterhin ist bemerkenswert, dass Lakah in der deutschsprachigen Presse meistens als Ägypter bezeichnet wird – neben der ägyptischen besitzt er allerdings auch die französische Staatsbürgerschaft und ist römisch-katholisch. Seit dem 3. Februar 2006 ist die Website der Zeitung France Soir nicht mehr erreichbar. Ebenso wurde die jüdische Webseite Hagalil von Katar aus gehackt und ihr Inhalt, sowie der von über 62 weiteren Domains, vollständig gelöscht.

Am 8. Februar 2006 erschien eine Sonderausgabe des "Charlie Hebdo", die auch einige andere Karikaturen zeigte. Auf dem Titelblatt befand sich ein Abbild Mohammeds, der die Hände vor das Gesicht schlägt und sagt: "C'est dur d'être aimé par des cons." ("Es ist hart, von Idioten geliebt zu werden.") (Le Monde).

In der islamischen Welt kam es zu Veröffentlichungen in zwei jordanischen Zeitungen, darunter Shihan. In dem Artikel „Eine islamische Intifada - Gegen die dänische Beleidigung des Islam“ wurden drei Karikaturen gezeigt und kommentiert: „Was ist schlimmer? Solche Bilder oder Selbstmordanschläge?“ Der Chefredakteur von Shihan wurde daraufhin von seinem Verleger entlassen, die gesamte Auflage zurückgezogen.

Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), kritisierte den Nachdruck der Karikaturen in einigen deutschen Zeitungen; nach Ziffer 10 des Pressekodex seien „Veröffentlichungen in Wort und Bild, die das sittliche oder religiöse Empfinden einer Personengruppe nach Form und Inhalt wesentlich verletzen können, mit der Verantwortung der Presse nicht zu vereinbaren“. Der DJV-Vorsitzende Michael Konken jedoch widersprach und verteidigte den Nachdruck: „Der Nachdruck der Karikaturen in deutschen Zeitungen ist ein notwendiger Beitrag zur Meinungsbildung, dessen Ziel nicht die Verletzung religiöser Gefühle gewesen ist.“ Zugleich verurteile der DJV-Vorsitzende die Entlassung des Chefredakteurs von France Soir scharf und forderte dessen Wiedereinstellung.Vorlage:Ref

Jyllands-Posten erwägt eine gemeinsame Erklärung mit den dänischen Imamen, der Chefredakteur der Zeitung Carsten Juste sagte im dänischen Rundfunk, ein entsprechender Vorschlag von muslimischer Seite sei "ganz bestimmt bedenkenswert". Auch arabische Zeitungen versuchen zu deeskalieren, so kommentierte die überregionale „Al-Sharq Al-Awsat“, dass die anfangs noch spontane Kampagne gegen die Karikaturen inzwischen von Extremisten instrumentalisiert worden sei: „Drauflos schlagen ohne konkretes Ziel, das macht keinen Sinn“ und „Wir dürfen die westlichen Staaten nicht als Feindesland betrachten“.

Die größte iranische Zeitung Hamshahri kündigte an, in einem Karikaturenwettbewerb zum Holocaust die besten zwölf Holocaust-Karikaturen zu prämieren. Damit soll nach Angaben von Farid Mortazavi, Chef der Graphikabteilung, das westliche Verständnis von Pressefreiheit auf die Probe gestellt werden. Auch die Website der Arab-European League hat eine sogenannte "Kampagne zur Meinungsfreiheit" um "Tabus in Europa zu brechen" gestartet.

Nachdem bereits Behörden gegen Zeitungen in Ägypten und Jordanien eingeschritten sind, wurde in Jemen die Schließung der Wochenzeitung "Al-Hurya" (Freiheit) angeordnet, nachdem sie die Karikaturen nachdruckte. Gegen den Verleger ist Haftbefehl erlassen worden.

In einem CNN-Interview am 8. Februar kündigte Kulturredakteur Flemming Rose an, dass „Jyllands-Posten“ eine Zusammenarbeit mit der iranischen Zeitung Hamshahri suchen würde, um die Holocaust-Karikaturen abzubilden. Später dementierte Chefredakteur Carsten Juste dies jedoch, dieses sei "ein Missverständnis und eine Übertreibung" . Flemming Rose wurde danach unbefristet beurlaubt.

Auch das französische Satireblatt „Charlie Hebdo“ erwägt einen Abdruck, nachdem sie bereits die Mohammed-Karikaturen veröffentlicht hat. Der Chefradakteur sagte dazu "Dieses Mal werden wir es nicht im Namen der Meinungsfreiheit tun, sondern um den Negationismus zu bekämpfen."

Wie am 8. Februar 2006 bekannt wurde, hatte die Jyllands-Posten es im Jahre 2003 abgelehnt, eine Reihe provokativer Jesus-Karikaturen in der Oster-Sonntags-Ausgabe abzudrucken, mit dem Hinweis, dies sei den Lesern nicht zuzumuten. Der verantwortliche Redakteur gibt dazu allerdings an, dass der Hinweis auf eine angebliche Unzumutbarkeit von ihm nur vorgeschützt worden sei, da er dem Zeichner den tatsächlichen Grund, nämlich die seiner Meinung nach mangelnden Qualität der Karikaturen, aus Höflichkeitsgründen nicht mitteilen wollte.

Reaktionen der Politik

Der UNO-Generalsekretär Kofi Annan zeigte sich besorgt und sagte, die Pressefreiheit sollte keine Ausrede sein, um Religionsgemeinschaften zu beleidigen. Wörtlich sagte er: „Die Pressefreiheit sollte immer in einer Weise angewendet werden, die den Glauben und die Lehren aller Religionen vollständig respektiert“.

Der Sprecher des US-Außenministeriums Sean McCormack sowie der britische Außenminister Jack Straw bezeichneten die Karikaturen als „beleidigend“, zu jeder Demokratie gehöre „neben der Meinungsfreiheit auch Aspekte wie die Förderung von Verständnis und der Respekt von Minderheitenrechten“.

Auch ein Sprecher des Vatikans bezeichnete die Veröffentlichung als „inakzeptable Provokation“, verurteilte jedoch alle Gewaltaktionen. Der italienische Kardinal Achille Silvestrini sagte, man könne über christliche Priester und die Bräuche der Moslems Satire betreiben, nicht aber über Gott, den Koran oder Mohammed.

Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg verurteilte die Veröffentlichung. Es sei paradox, dass mit „Magazinet“ eine christliche Zeitschrift die Karikaturen nachgedruckt habe.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete das Verhalten der Karikaturisten als einen Fehler und nicht tolerierbar, aber Gewalt als Antwort darauf sei ebenfalls ein Fehler. Das Problem könne nicht auf der Straße mit Gewalt, sondern nur politisch gelöst werden.

Deutsche Politiker betonten sowohl Meinungs- und Pressefreiheit wie Dialogbereitschaft. Eine Entschuldigung durch staatliche Stellen wird wie in Dänemark abgelehnt. Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble sagte am 2. Februar in der Welt: „Warum sollte sich die Regierung für etwas entschuldigen, was in Ausübung der Pressefreiheit passiert ist? Wenn sich da der Staat einmischt, dann ist das der erste Schritt zur Einschränkung der Pressefreiheit.“ Der Geschäftsführer der Grünen im Bundestag Volker Beck sagte: „Muslime müssen genau so wie die christlichen Kirchen und Juden Kritik und Satire ertragen.“

Angesichts des Angriffs radikaler Palästinenser auf ein deutsches Kulturzentrum in Gaza äußerte auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ihr Unverständnis: Der Umstand, dass man sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühle, legitimiere keine Gewalt. Zugleich betonte sie, dass die Pressefreiheit ein unerlässlicher Bestandteil der Demokratie sei.

Der Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich besorgt, dass die Bemühungen um die Freilassung der deutschen Geiseln im Irak durch die Karikaturen belastet seien. Weiter sagte er bei der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik "Noch haben wir keinen Kampf der Kulturen, aber wir sind vom angestrebten Dialog weiter entfernt als gewünscht".

Dänemark versucht unterdessen, zu beschwichtigen und die Krise zu deeskalieren. So wendet sich die dänische Regierung auf der Homepage des Außenministeriums nun in englisch und arabisch an die Besucher. Auch ist Premierminister Anders Fogh Rasmussens Interview mit dem arabischen Sender Al Dschasira dort als Transkript zu finden. Ebenso hat Dänemark Hilfe für das Fährunglück im Roten Meer angeboten. [6]

Am 6. Februar rief auch das Generalsekretariat der Arabischen Liga in einer Erklärung zum Dialog und zur Mäßigung auf. Die Grünen beantragten eine Aktuelle Stunde im Bundestag.

Am 7. Februar forderte der ehemalige dänische Außenminister Uffe Ellemann-Jensen den Rücktritt von Carsten Juste, Chefredakteur der Jyllands-Posten. Dieser wies die Forderung als "absonderlich" zurück.

Nach einem Bericht von tagesschau.de kündigte Pakistans Gesundheitsminister Nasir Khan an, die Einfuhr von Medikamenten aus jenen europäischen Ländern zu verbieten, in denen die Karikaturen erschienen waren.

Siehe auch


Ähnliche Konflikte:

Quellen

  1. Vorlage:Fußnote
  2. Vorlage:Fußnote
  3. Vorlage:Fußnote
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  6. Vorlage:Fußnote
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Karikaturen und Erklärung des Jyllands-Posten

Hintergrundberichte und Pressereaktion

Kommentare und Essays

Initiativen zum Dialog

  • SorryNorwayDenmark.com (Website junger Palästinenser, die sich für Dialog, Pressefreiheit und Verantwortung ausspricht)

Das Thema im Schulunterricht