Motorrad

einspuriges Kraftfahrzeug
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Das Motorrad, auch Krad (Kurzwort für Kraftrad), ist ein Landfahrzeug mit einem Antriebsmotor und zwei Rädern. Sonderformen mit drei (Gespann, Trike) und vier Rädern (Quad) werden meist trotz unterschiedlichem Aussehen den Motorrädern zugeordnet, da zu deren Betrieb in den meisten Ländern die gleiche Klasse der Fahrerlaubnis benötigt wird. Mofas (=Motorfahrrad) und Mopeds (=Motorpedalfahrzeug) sind motorisierte Zweiräder, die eine geringere Leistung haben und deshalb z.T. auch ohne Motorrad-Führerschein gefahren werden dürfen.

diverse Motorräder kühlen sich am Biggesee ab; Supersportler, Naked Bike, Enduro, Sporttourer und Reisedampfer freuen sich aufs Sauerland

Der Antriebsmotor ist meist ein Verbrennungsmotor nach dem Zwei- oder Viertaktprinzip. Selten wurde auch ein Wankelmotor (Hercules W 2000, Suzuki RE 5, Van Veen OCR, Norton Commander und TT), noch seltener wurde/wird ein Dieselmotor (Taurus 325/Centaurus 851) eingesetzt. Die Motorleistung wird mittels einer Kette, einer Kardanwelle oder durch einen Zahnriemen auf das Hinterrad übertragen.

Ein Motorrad zeichnet sich durch ein im Verhältnis zum PKW niedrigeres Leistungsgewicht aus, das heißt die Motorleistung muß weniger Masse beschleunigen. Hier gilt die Formel Kilogramm/PS. Diese Tatsache ermöglicht relativ hohe Beschleunigungswerte (z.B.: 0-100 km/h unter 3 Sekunden).

Die leistungsstärksten serienmäßigen Straßenmotorräder können bedingt durch den gegenüber Pkw höheren Luftwiderstand (das Verhältnis aus Luftwiderstandsbeiwert (cw-Wert) mal der Stirnfläche (m²) keine wesentlich höheren Geschwindigkeiten als 300 km/h erreichen. (In Deutschland haben sich die Importeure und Hersteller 2002 eine freiwillige Geschwindigkeitsobergrenze von 299 km/h auferlegt, um dem Entstehen einer gesetzlichen Regelung entgegenzuwirken.)


Typen

Entsprechend ihres Einsatzes und ihrer Charakteristik werden Motorräder in Typen unterteilt:


 
Daimlers Reitwagen Nachbau von 1885

Historie

Als erstes käufliches Motorrad bezeichnet man die Hildebrand und Wolfmüller von 1894. Zwar gab es von Gottlieb Daimler bereits 1885 den so genannten Reitwagen, doch dieser blieb als Versuchsträger nur ein Einzelstück. Erst mit weiteren Erfindungen im Motorenbereich (Spritzdüsenvergaser von Wilhelm Maybach, Patent von 1893), (Magnetzündung Patent von Robert Bosch 1901) war das Motorrad wirklich "fahrbar".

Wesentliche Entwicklungen gingen von Frankreich Gebrüder Werner (durch den Motoreinbau im Rahmen) , Belgien (F.N mit dem Vierzylindermotorrad von 1904 sowie Kardanwelle), England (Kickstarter und Bremse sowie Zweitaktmotor von Scott), USA (Anlasser und elektrische Beleuchtung) und Deutschland aus. Bis zum Ersten Weltkrieg war Indian die größte Motorradfabrik weltweit. Danach wurde dieser "Titel" weitergegeben an Harley Davidson, ab 1928 an DKW und nach dem Zweiten Weltkrieg an NSU. Anfang der 1970er Jahre kam dann mit Honda ein japanischer Hersteller zu diesen Ehren (bis heute).

Honda stellte 1969 mit der CB 750 four ein richtungsweisendes Motorrad mit einem quer eingebauten Vierzylinder-Viertaktmotor vor, nachdem bereits Gilera seit den 1930er Jahren mit einer Rennmaschine dieses Konzept sehr erfolgreich durchführte. Auch MV-Agusta konnte sich mit dieser Bauweise seit 1966 nicht richtig durchsetzen und blieb ein Kleinserienanbieter auf hohem Preisniveau.

Durch den Film "Easy Rider" von 1969 kamen Motorradfahrer in den Ruf, Aussenseiter zu sein. Nach dem Krieg heimkehrende Flugzeugbesatzungen, Bomber und Piloten, die keine Arbeitsplätze und oft auch ihre Frauen nicht mehr hatten, schlossen sich zu Motorradgangs zusammen (in Californien die "Hells Angels"), um gegen die etablierte Gesellschaft zu protestieren. Nach den schlechten Verkaufszahlen der 1960er wurde das Motorrad fahren in den 1980ern als Freizeittrend wieder entdeckt. Motorradhersteller wie Triumph und MV Agusta erlebten ihre Wiederauferstehung.

Siehe auch: Themenliste Motorradhersteller Themenliste Straßenverkehr Motorradsport

Gefahrenlehre

Dinge wie Handhabung, Fahrtechnik, Fahrstil, Fahrphysik sind im Vergleich zu Gefahren, die von anderen Verkehrsteilnehmern ausgehen, unwesentlich, weil leicht zu erlernen. Die eigentlichen Gefahren erfordern ein prinzipielles Misstrauen. Man überlebt nur dann viele Jahrzehnte auf dem Motorrad, wenn man sich unterwegs die Grundüberzeugung aneignet, dass Autofahrer potenzielle Mörder sind - selbstverständlich ist dies falsch, aber es hilft, wenn man es sich einbildet, solange man fährt. Hier sind einige Empfehlungen:

  • Im dichten Verkehr jederzeit damit rechnen, dass auf der Nachbarspur schräg vor einem abrupt und ohne zu blinken jemand die Spur wechselt.
  • Nicht länger als unbedingt nötig im "toten Winkel" schräg hinter einem Auto verweilen.
  • Sich nie darauf verlassen, dass der andere die Vorfahrt beachtet.
  • An Kreuzungen mit entgegenkommenden Linksabbiegern rechnen, die tief schlafen.
  • Vorm Überholen ausserorts und vorm Vorbeifahren auf der linken Spur innerorts den zu Überholenden sorgfältig studieren, ob er unplausibel langsam oder in Schlangenlinien oder verunsichert fährt. Wenn ja, ist damit zu rechnen, dass er plötzlich und ohne zu blinken abrupt nach links ausschert oder abbiegt.
  • Nie selbst vergessen, zu blinken.
  • In dicht bewohnten und zugeparkten Gegenden die Räder der geparkten Autos systematisch absuchen, ob dazwischen Kinder zu sehen sind, die gleich auf die Straße rennen.
  • Bei sehr engen Verhältnissen mit Auto-Türen rechnen, die sich plötzlich öffnen. Vor allem deswegen ist das Durchschlängeln im Stau problematisch.
  • Im Winter bei Schnee und Glatteis die Geschwindigkeit erforderlichenfalls so wählen, dass ein Sturz dieselben Schäden und Verletzungen verursacht wie im Stand. Sie können durchaus hinnehmbar sein. Diese Gelegenheit nutzen, um bei geringsten Geschwindigkeiten das Gefühl für das Motorrad zu trainieren. Ein paar blaue Flecken, ein abgebrochener Spiegel, ein abgerissener Koffer sind ein sehr billiger Preis für dieses Fahrtraining, dass im Sommer bei höheren Geschwindigkeiten das Leben retten kann.
  • Auf Autobahnen, vor allem auf kurvenreichen, nachts und bei schlechtem Wetter, mit einem unverkleideten Motorrad, erst recht im Fall einer lenkerfesten Scheibe, die Wirbelschleppe von LKW meiden und besser nicht in Kurven überholen.
  • Manche Motorräder können Resonanzerscheinungen aufweisen und bei höheren Geschwindigkeiten urplötzlich zu schwingen anfangen (Lenkerflattern). Wenn man schon sehr verkrampft gewesen war, die Arme lockern. Wenn man locker gesessen hatte, verkrampfen. Man muss die Systemsteifigkeit ändern, damit sich die Eigenfrequenz ändert und das Flattern aufhört.
  • Durchsichtige Kartentaschen in Tankrucksäcken sind nicht dazu da, dass man während der Fahrt in die Karte guckt, denn dies ist lebensgefährlich.
  • Für Notbremsungen ist in erster linie die Vorderradbremse da, denn das Vorderrad wird zusätzlich auf den Asphalt gedrückt, während das Hinterrad entlastet wird.
  • Wenn im Notfall der Bremsweg nicht ausreicht, einen Ausweichhaken versuchen.
  • Auf Autobahnen sich nie auf einen ausreichenden Abstand zum Vordermann verlassen, sondern möglichst am Rand des Fahrstreifens fahren, d.h. auf der Überholspur möglichst weit rechts, um notfalls ausweichen zu können. Dabei mit Verkehrsrowdies rechnen, die sich auf derselben Spur links an Motorrädern vorbeizuquetschen versuchen.
  • Wenn auf der Autobahn die linke Spur voll und die rechte gähnend leer ist, kann man rechts neben seiner "eigentlichen" Lücke herfahren, bis man nahe genug am LKW heran ist, und genießt während dieser Zeit ein Maximum an Bremsweg.
  • Zwei Finger immer an der Kupplung können helfen, im Fall eines Motorschadens blitzschnell zu reagieren, andererseits muss jeder selbst wissen, ob dieses Risiko groß genug ist, um ihm ein bisschen Handhabbarkeit des Motorrades zu opfern. Es hilft eher psychisch, ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Der Verfasser dieses Tips hat einen Ventilabriss mitten auf der Kochertalbrücke problemlos überlebt.
  • Auf Autobahnen sind Autos, die verdächtig lange hinter einem LKW "kleben" und dabei womöglich noch bremsen, eine große Gefahr, denn sie können jederzeit abrupt und ohne zu blinken auf die linke Spur wechseln.
  • An Autobahneinfahrten mit Verkehrsrowdies rechnen, die sich sofort schwungvoll auf die Überholspur begeben, vor einem LKW, der die Sicht versperrt.
  • An besonders unübersichtlichen Stellen kann es nicht schaden, tagsüber das Fernlicht einzuschalten oder lange die Lichthupe zu betätigen um - bevor es kracht - begreiflich zu machen, dass da auch wirklich kein Mofa angeschlichen kommt.

Technische Checkliste

Folgende Details können vor Reiseantritt, vor dem Gebrauchtkauf, bei Inspektionen oder vor der Fahrt zum TÜV von Bedeutung sein:

  • Fahrwerk:
    • Lenkkopflager, "Autobahnrille": Bei frei schwebendem Vorderrad prüfen, ob der Lenker in der Mitte merkbar einrastet. Wenn ja, beide Lager ersetzen.
    • Lenkkopflager, Spiel: Gabel unten packen und in Längs- und Querrichtung hin- und herbiegen. Falls Spiel: Lenkkopflager (Kegelrollenlager) mehr spannen oder ersetzen.
    • Radlager, Spiel: Es darf weder axial noch in Kipprichtung Spiel spürbar sein.
    • Seilzüge für Gas und Kupplung: Spiel nach Herstellerangaben einstellen. Sie müssen mit möglichst wenig Krümmung und ohne Knicke verlegt sein und sich leichtgängig betätigen lassen. Sie müssen so verlegt sein, dass sie auch bei maximalem Einschlagen des Lenkers nicht knicken. Soweit man das Stahlseil an den Enden sehen kann, dürfen keine gebrochenen Litzen zu sehen sein. Verhaken ist ein Anzeichen für gebrochene Litzen. Auf Langstrecken-Reisen prophylaktisch Ersatz mitnehmen. Zur Pflege mit Öl-Benzin-Gemisch schmieren. Nippel an den Enden mit Hochleistungsfett schmieren.
    • Reifen: Mindestprofiltiefe (mindestens 1,6 mm) beachten, auf ungleichen Abrieb und auf kleine Risse untersuchen.
    • Hinterrad-Federbein(e): Auf Ölverlust untersuchen, Motorrad darf nicht nachschwingen (hüpfen).
    • Vorderrad-Gabel: Es darf nach dem Fahren kein dicker, ungleichmäßiger Ölfilm zu sehen sein, sonst sind die Simmerringe beschädigt und auszutauschen.
  • Bremssystem
    • Bremsbeläge: Restliche Dicke mit zulässigem Mindestwert laut Hersteller vergleichen, ggf. austauschen. Schabende Geräusche beim Rollen bedeuten: es kratzt Metall auf Metall. Nach dem Austauschen vor der Montage die neuen Beläge nicht mit scharfkantigen Gegenständen auseinanderdrücken.
    • Bremsscheiben: Restliche Dicke mit zulässigem Wert laut Hersteller vergleichen, ggf. austauschen. Auf Riefen (Kratzer) achten.
    • Bremsflüssigkeitsleitungen auf Beschädigungen und feuchte Stellen (nach dem kraftvollen Bremsen) untersuchen. Ggf. instandsetzen.
    • Bremsflüssigkeit wechseln: Durch koordiniertes Betätigen der Bremse und entsprechendes Auf- und Zuschrauben der Ablasschrauben alte Bremsflüssigkeit hinauspumpen und frische nachfüllen, bis frische (helle) an der Ablasschraube austritt. Alte nicht wegkippen, sondern sachgemäß entsorgen.
  • Motor und Getriebe
    • Getriebeöl wechseln: Bei Kardanantrieb auch am Hinterradantrieb. Falls Ablassschraube magnetisch ist (BMW) anhaftende Späne untersuchen: Es darf nur maximal eine erbsengroße Menge dran haften, und es dürfen keine einzelnen Späne, Krümel oder Brocken mit dem bloßen Auge erkennbar sein, anderenfalls kann mit einem baldigen schweren Schaden (blockiertes Hinterrad) gerechnet werden.
    • Motoröl: Auf Langstrecken bei schneller Fahrt möglichst häufig beobachten und nachfüllen. Ansonsten regelmäßig inkl. Filter nach Herstellerangaben wechseln.
    • Motor synchronisieren: mit Synchrontester (bei Zweizylindern notfalls mit durchsichtigem benzingefülltem U-Schlauch, mind. 2m hoch) die Leerlaufgemisch-Regulierschrauben (beim Einspritzer: die Umluftschrauben) einstellen.
    • Zündzeitpunkt einstellen nach Herstellerangaben, falls einstellbar
    • Zündkerzen: möglichst ersetzen, notfalls reinigen und Elektrodenabstand messen. Die Farbe muss "rehbraun" sein, also weder verrußt noch hellgrau/weiss.
    • Ventilspiel nach Herstellerangaben messen und ggf. einstellen. Bei Boxern (BMW) nicht vergessen, dass sich beide Zylinder um 1 Kurbelwellenumdrehung unterscheiden.
  • Kraftstoff-Versorgung
    • Vergaser von innen reinigen
    • Benzinfilter ersetzen, Luftfilter reinigen.
    • Tankinhalt: Eingedrungenes Regenwasser verklumpt (emulgiert) zu einer gallertigen weißen Masse am Boden.
  • Elektrik
    • Licht: Abblend-, Fern-, Brems- und Blinklichter prüfen, Höhe des Abblendlichts einstellen und ggf. unterwegs nachstellen.
    • Ersatzbirnen mitnehmen.
    • Evtl. motorradtaugliche Starthilfekabel immer dabei haben, die Krokodilklemmen von Auto-Starthilfekabeln sind zu groß.
    • Batteriepflege nach Herstellerangaben, ggf. vorm Winter austauschen.
    • Bei mangelnder Stromversorgung Lichtmaschine prüfen: die Schleifringe (Kupfer) dürfen keinerlei schwarzen Belag aufweisen, ggf. reinigen. Ggf. Kohlebürsten ersetzen

Literatur

  • Spiegel, Bernt: Die obere Hälfte des Motorrads. Heinrich Vogel Verlag, München. 3. Auflage 1999. (wichtig für den mentalen Hintergrund - hier erklärt ein Verhaltensforscher, Motorradfahrer und Instruktor die Grundlagen, Hilfen und Techniken des Fahrens)
  • Stoffregen, Jürgen: Motorradtechnik. Vieweg Verlag, Braunschweig. 4.Auflage 2001. (technisches Fachbuch auf dem neuesten Stand)
  • Wilson, Hugo: Das Lexikon vom Motorrad. Motorbuch Verlag, Stuttgart. 1. Auflage 2000. (gute Übersicht)
  • T. Krens, M. Drutt: The Art of the Motorcycle. Solomon R Guggenheim Museum