Philipps-Universität Marburg

Universität in Deutschland, gegründet 1527
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Januar 2006 um 01:19 Uhr durch Emha (Diskussion | Beiträge) (erg: Universitätsprivileg, Quelle: Mittelhessen - Aus Vergangenheit und Gegenwart, ISBN 3-89398-066-0, S. 226). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Philipps-Universität Marburg
Mensa auf den Lahnbergen
Daten und Fakten
Präsident: Prof. Dr. Volker Nienhaus
Kanzler: Dr. Friedhelm Nonne
Gründungsdatum: 1. Juli 1527
Ort: Marburg
Trägerschaft: Bundesland Hessen
Semesterbeitrag: 198,70 € inkl. Semesterticket
und Verwaltungskostenbeitrag
(WS 2005/06)
Studiengebühren: normal (noch) keine, bei
Überschreitung der Regelstudienzeit
500-900 € pro Semester
Fachbereiche: 17 + katholisch-
theologisches Seminar
Studiengänge: ca. 160
immatrikulierte Studenten: 18.500 (WS 2005)
Mitarbeiter: ca. 7.500
Universitätsbibliothek: 13 Teil- und ca. 100
dezentrale Bibliotheken
Buchbestand: ca. 1,9 Mio.
Anschrift des Präsidiums: Biegenstrasse 10
D-35032 Marburg
Tel. +49 6421 28-20
Fax +49 6421 28-22500
Offizielle Website: www.uni-marburg.de
Offizielle E-Mail: E-Mail

Die Philipps-Universität (historisch: Alma Mater Philippina) in Marburg wurde im Jahre 1527 von Landgraf Philipp dem Großmütigen als eine der ersten protestantischen Hochschulen der Welt gegründet; lediglich die Universität im schlesischen Liegnitz bestand bereits 1526. Da diese Universität 1530 wieder geschlossen wurde, ist die Philipps-Universität mittlerweile die älteste protestantische Hochschule der Welt. Sie ist heute mit 18.500 Studenten eine der mittelgroßen deutschen Universitäten.

Fächerangebot

Im Zuge des Bologna-Prozesses führt die Marburger Universität zur Zeit eine große Zahl neuer Bachelor- und Master-Studiengänge ein. Parallel dazu werden die klassischen Studiengänge mit Abschluss Magister, Diplom usw. eingestellt. Das aktuelle Studienangebot finden Sie im Internetauftritt der Philipps-Universität unter "Studium" ([1]).

Hervorzuheben ist die bundesweit einzige Qualifikationsmöglichkeit im Bereich des Pharmarechts ([2]).

Geschichte

Datei:Alte-Uni-MR-1.jpg
Alte Universität

Am 1. Juli 1527 gründete Landgraf Philipp die Universität, der damals elf Professoren und 84 Studenten angehörten. Die Hochschule nutzte zunächst in erster Linie die vorhandenen Klostereinrichtungen der Dominikaner, Franziskaner und Kugelherren. Zwei Jahre später war die Universität Schauplatz der Marburger Religionsgespräche zwischen Martin Luther, Ulrich Zwingli und Philipp Melanchthon. Im Jahr 1541 erhielt der Landgraf von Kaiser Karl V. das Universitätsprivileg.

In der Zeit von 1580 bis 1628 war der damals äußerst bekannte Rudolf Goclenius d. Ä. Professor für Philosophie, Logik und Ethik an der Philipps-Universität. Er versuchte, wie zahlreiche andere Professoren seiner Zeit, Melanchthons Philosophie mit der von Petrus Ramus zu verbinden. 1605 wurde Johannes Hartmann zum Professor für Chymiatrie berufen und erhielt damit den weltweit ersten pharmazeutisch-medizinisch orientierten Chemie-Lehrstuhl.

Als Landgraf Moritz zum Calvinismus übertrat, wurde der Universität ebenfalls das reformierte Bekenntnis oktroyiert, was viele lutherische Professoren an die neu gegründete Gießener Universität vertrieb. Als 1624 Marburg vorübergehend an das lutherische Hessen-Darmstadt fiel, wurde die Universität von 1625 bis 1649 mit der Gießener Universität vereinigt und danach geschlossen.

Am 24. Juni 1653 wurde die Universität durch Wilhelm VI. (Hessen-Kassel) wiedereröffnet, der den Universitätsstandort des Landes wieder von Kassel nach Marburg verlegte. Die Hochschule erlebte danach wegen der hinderlichen Konfessionalisierung und Finanzknappheit schwere Jahre. 1866 wurde die Philipps-Universität mit der Annexion Hessens durch Preußen königlich preußische Universität mit 264 Studenten (davon 22 Nicht-Hessen) und 51 Professoren.

Nach der Übernahme durch Preußen bis zum Ersten Weltkrieg wurde die Universität allmählich ausgebaut. Bedingt durch die Grundstückssituation und das Bestreben, geeignete Gebäude in Staatsbesitz zu nutzen, bleiben die Einrichtungen der Hochschule über die Stadt verteilt.

1880 waren 500 Studenten eingeschrieben, und 1887 stieg die Studentenzahl erstmals auf 1.000. Bis 1909 verdoppelte sie sich wiederum. 1908 wurden die ersten Frauen zum Studium zugelassen, und im Jubiläumsjahr 1927 war die Zahl von 3.000 Immatrikulierten erreicht. Ab 1931 (4.387) erlebte die Studentenzahl auch auf Grund geburtenschwacher Jahrgänge einen Rückgang auf knapp über 1.000 Studenten.

Historisch gab es zahlreiche prominente Universitäts-Angehörige.

Der Machtübernahme der Nazis im Jahre 1933 folgte die Amtsenthebung Röpkes und seine Emigration in die Türkei sowie die Selbsttötung des jüdischen Professors für indogermanische Sprachen, Hermann Jacobsohn am 27. April.

Marburg verfügte historisch über ein ausgeprägtes Corpsstudententum, was bis heute insbesondere anlässlich des alljährlich am ersten Julisonntag stattfinden Marktfrühschoppens der Verbindungsstudenten zu Konflikten und großen Polizeiaufgeboten führt. Marburger Verbindungsstudenten spielten 1920 eine maßgebliche Rolle bei den Mechterstädter Morden. Bis 1936 erfolgte die weitgehende Selbstauflösung der Marburger Studentenverbindungen im Zuge der Gleichschaltung der Verbindungen in Form so genannter Kameradschaften im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund.

 
Hörsaalgebäude
 
Geisteswissenschaften und UB
 
Universitätsbibliothek

Ab 1960 wurde die Universität wiederum ausgebaut und erweitert, auch um den Anforderungen der nach 1945 stark anschwellenden Studentenschaft zu begegnen (im Sommersemester 1964 zählte diese 8.000 Köpfe). Die Neubauten des Verwaltungsgebäudes, der Mensa und des Auditoriengebäudes beendeten die ärgste Platznot der weit über ihre Kapazitäten belasteten Universität. Daneben entstand die Philosophische Fakultät an der B 3, und die alte Elisabethschule musste dem Savignyhaus der Rechtswissenschaften weichen. Die Auslagerung der Naturwissenschaften auf den Campus auf den Lahnbergen außerhalb der Stadt fand Ende der 1960er Jahre statt. Alle diese Maßnahmen minderten die Verstreuung der Universitätsgebäude auf das Stadtgebiet, hoben sie aber nicht auf.

In den 70er und 80er Jahren galt die Marburger Universität und insbesondere der Fachbereich 03 "Gesellschaftswissenschaften und Philosophie" als linke Hochburg. Bereits seit den 50er Jahren wirkte hier der marxistische Politologe Wolfgang Abendroth. Nach 1968 wurden viele seiner Schüler wie Frank Deppe, Georg Fülberth, Reinhard Kühnl und Dieter Boris auf Professorenstellen in der Politikwissenschaft und der Soziologie berufen. Auch die Vetretung der Studierenden war in den 70er Jahren vom DKP nahen Marxistischen Studentenbund Spartakus (MSB) und in den 80er Jahren von der Grün Bunt Alternativen Liste (GBAL) geprägt.

Heute kommt schätzungsweise ein Drittel der Studenten aus Hessen und der Großteil aus anderen Gebieten Deutschlands (vor allem NRW und Baden-Württemberg). Seit Ende der 90er Jahre liegt die Zahl der Immatrikulierten bei durchschnittlich 18.500 (im Sommersemester 2004 um rund 1000 eingebrochen aufgrund überproportinal vieler Exmatrikulationen in Folge des hessischen StuGuG; die Zahl der ehemals 21 Fachbereiche ist auf 17 reduziert.

Vertretung der Studierenden

Die Marburger Studierenden werden durch den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und den Fachschaften vertreten. Der AStA besteht aus einer Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden und einer Finanzreferentin sowie Referaten und autonomen Referaten. Die drei Erstgenannten werden vom Studierendenparlament (StuPa) meist in der konstituierenden Sitzung gewähltu nd sind diesem in jeder Sitzung Rechenschaft schuldig (TOP 3 jeder Tagesordnung). Das Studierendenparlament wird im Sommersemester für ein Jahr von allen wahlberechtigten Studierenden gewählt. In der Wahl zum 41. StuPa zum Ende des Sommersemesters 2005 wurden nach einem auf das neue Hessische Hochschulgesetz ausgerichteten Wahlkampf 38,77% Wahlbeteiligung (SoSe 2004: 22,59%) erreicht. (Durch die Änderungen des Hessischen Hochschulgesetzes vom 20.12.2004, veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen I, GVBl. I, S. 466, insb. Art. 51: Änderungen des § 95, S. 475f., müssen in jeder Wahl des Studierendenparlaments mindestens 25% Wahlbeteiligung erreicht werden, da sonst die Beiträge der Studierenden drastisch gekürzt werden - dies wiederum würde den AStA nahezu handlungsunfähig machen. Kritik daran: "Das ist genauso, als ob weniger Steuern zahlen müsste, wenn man bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag zu Hause bleiben würde.")

Am 19. April 2005 wurde u.a. durch Referenten des Marburger AStA mit den Verkehrsverbünden RMV und NVV die Fortsetzung des Semestertickets bis 2011 unterzeichnet, was durch das 40. StuPa bestätigt wurde. Damit können Marburger Studenten im gesamten NVV und großen Teilen des RMV alle öffentlichen Verkehrsmittel (bis einschl. RegionalExpress der Deutschen Bahn) nutzen. Studierendenvertretungen anderer hessischer Universitäten haben sich an den Verhandlungen mit dem RMV ebenfalls beteiligt (daher der Verhandlungserfolg), allerdings haben deren Tickets auf Grund anderer ÖPNV-Bedingungen eine andere (i.d.R. nicht so große) Reichweite. Daher wird das "Marburger" Semesterticket inoffiziell gerne als "bestes Semesterticket Deutschlands" bezeichnet.

Die Deutsche Bahn war aus Verhandlungen über einen InterCity(IC)-Zuschlag ausgestiegen, so dass die IC-Nutzung ab Sommersemester 2005 nicht mehr möglich war. Im Wintersemester 2005/2006 gelang es dem AStA, die Deutsche Bahn wieder an den Verhandlungstisch zu holen, so dass ab Sommersemester 2006 allen Marburger Studierenden erneut das IC-Ticket (jetzt ohne Zusatzticket) zur Verfügung steht.

In fast allen Fachbereichen gibt es einzelne Fachschaften, die in der Fachschaftenkonferenz zusammengeschlossen sind.


Studentenwohnheime

Das Christian-Wolff-Haus (CWH-Marburg) ist eines der Marburger Studentenwohnheime. Es wurde nach dem Universalgelehrten Christian Wolff (1679 - 1754) benannt und ist bei vielen ehemaligen Marburger Studenten bekannt. Das Gebäude in der Friedrich-Ebert-Straße 111 wurde 1962 als Wohnheim für ca. 100 Promotionsstudenten erbaut und in den Jahren 1990 und 1992 zu einem Wohnheimkomplex mit 5 Gebäuden und insgesamt 258 Wohnheimplätzen erweitert (Friedrich-Ebert-Str. 113, 115, 117 und 119). Es ist inzwischen für Studenten jeder Art geöffnet und gehört zum Eigentum das Studentenwerks Marburg. Der Gebäudekomplex liegt in der Nähe des Marburger Waldes und der Universitätsgebäude der naturwissenschaftlichen Fachbereiche auf den Lahnbergen.

Das Collegium Philippinum ist ein selbstverwaltetes Studentenwohnheim, dessen Träger die Universität ist. Es dient seit 1946 den Stipendiaten der Hessischen Stipendiatenanstalt als Wohnheim, steht aber prinzipiell allen Studierenden offen. In traumhafter Lage, soweit man den Schlossberg hochzusteigen nicht scheut, am Marburger Schloss stehen 38 Wohnheimplätze zur Verfügung, davon 6 in Doppelzimmern.

Das in der Nachkriegszeit mit Erlass der US-Truppen eingerichtete "Collegium Gentium" im Obergeschoss der Psychologie-Fakultät, einem ehemaligen preußischen Kasernengebäude, wird nach knapp 60 Jahren Bestehens gegenwärtig wegen Baumängeln abgewickelt.

Literatur

  • Hans Günter Bickert, Norbert Nail: Marburger Karzerbuch. 2. Auflage, 1995
  • Holger Zinn: Zwischen Republik und Diktatur. Die Studentenschaft der Philipps-Universität Marburg in den Jahren von 1925 bis 1945
  • Anne Chr. Nagel (Hg.): Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus, Stuttgart 2001.
  • Konvent der Philipps-Universität Marburg (Hg.): Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus. Veranstaltungen der Universität zum 50. Jahrestag des Kriegsendes 8. Mai 1995, Marburg 1996. ISBN 3-8185-0217-X

Siehe auch

Wahlen zum Studierendenparlament, Fachschafts- und Fachbereichsräten:

Semesterticket:

Hessisches Hochschulgesetz im GVBl. I: