Allukrainische Vereinigung „Swoboda“
Die Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ (ukrainisch Всеукраїнське об'єднання «Свобода» , deutsch kurz Freiheit) ist eine ukrainische rechtspopulistische und nationalistische Partei, die nach Meinung vieler Beobachter auch rechtsextreme Positionen vertritt.[2][3][4][5] Ihr Parteivorsitzender ist Oleh Tjahnybok.
Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ | |
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Parteivorsitzender | Oleh Tjahnybok |
Gründung | 1991/1995 |
Hauptsitz | Velyka-Zhytomyrs'ka-Straße 17, Kiew, Ukraine |
Farbe(n) | gelb und blau |
Mitgliederzahl | 15.000[1] |
Europapartei | Allianz der europäischen nationalen Bewegungen |
Website | svoboda.org.ua/ |
Geschichte
Die Partei wurde im Jahr 1991 gegründet, aber erst 1995 offiziell registriert. Bis Februar 2004 hatte sie den Namen Sozial-Nationale Partei der Ukraine. Die Partei ging aus einer Vereinigung von studentischen Bruderschaften, lokalen nationalukrainischen Verbänden und Afghanistan-Veteranen hervor.[6]
Seit 2009 hat Swoboda einen Beobachterstatus in der Allianz der Europäischen nationalen Bewegungen, zu dieser Vereinigung gehören auch die ungarische Jobbik und die British National Party.
Nachdem nationalistische Jugendliche am 9. Mai 2011 in Lemberg Kriegsveteranen beleidigt und Besuchern, die das russische bzw. sowjetische Georgsband an ihrer Kleidung trugen, den Zugang zum Grabmal des Unbekannten Soldaten verwehrt hatten, kam es zu einer Debatte über ein mögliches Verbot der Partei.[7]
Im Dezember 2012 wurde Swobodas Parteichef Tjahnybok vom Simon-Wiesenthal-Zentrum auf Platz 5 seiner „Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs“ gesetzt.[8]
Im Mai 2013 stufte der Jüdische Weltkongress Swoboda als neonazistisch ein und forderte ein Verbot der Partei.[9]
Im selben Monat fand ein Besuch von Mandatsträgern der Swoboda bei der Fraktion der NPD im Sächsischen Landtag statt.[10]
In München hat die Partei im August 2013 einen Ableger gegründet.[11]
Seit Beginn der Proteste in der Ukraine 2013 bildet die Swoboda gemeinsam mit der UDAR von Vitali Klitschko und der Batkiwschtschyna-Partei von Julija Tymoschenko ein oppositionelles Dreierbündnis, das den ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch absetzen will.[12][13] Swoboda-Parteichef Tjahnybok äußerte diesbezüglich, dass die Opposition eine Zeltstadt auf dem Majdan (Unabhängigkeitsplatz) errichten und einen landesweiten Streik starten werde, mit dem das Bündnis Neuwahlen erzwingen möchte.[12][13]
Programmatik
Die Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ bezeichnet ihre Parteiideologie in ihren Programmen als „Sozialnationalismus“ und knüpft an das von der Organisation der Ukrainischen Nationalisten (OUN) in den 1930er Jahren formulierte Konzept der „Natiokratie“ an. Der nationalistische Politiker Stepan Bandera wird von „Swoboda“ als Nationalheld verehrt.
Die Partei macht eine „antiukrainische politische Elite“ für den kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Niedergang der Ukraine verantwortlich[6] und forderte in ihren Wahlprogrammen und den programmatischen Aussagen ihres Kandidaten zur Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2010 unter anderem die Abschaffung der Autonomie der Krim sowie die Abschaffung des Sonderstatus von Sewastopol sowie ein Programm für eine Integration der Krim in den ukrainischen Staat. In der Ausländerpolitik fordert sie unter anderem die Unzulässigkeit der doppelten Staatsangehörigkeit und Vorzugsbedingungen für die Rückkehr ethnischer Ukrainer aus der Emigration. Außenpolitisch befürwortet die Partei den Austritt aus allen „eurasischen Bündnissen mit Zentrum in Moskau“, insbesondere der GUS, die Schaffung einer Baltikum-Schwarzmeer-Achse sowie den Status einer Atommacht für die Ukraine. Wirtschaftspolitisch sollen alle strategischen Unternehmen in Staatseigentum überführt und Importprodukte durch Güter aus ukrainischer Produktion ersetzt werden. Weiterhin wird ein Verbot der Werbung für Tabakerzeugnisse und Alkohol sowie eine strafrechtliche Verantwortung für die Propagierung von Drogenkonsum und „sexuellen Perversionen“ gefordert.[14]
Nach einer Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung mobilisiere der Parteivorsitzender Tjahnybok „antisemitische Ressentiments, Fremdenfeindlichkeit und ukrainischen Isolationismus“. Er äußere sich „dezidiert antirussisch und gleichzeitig antiwestlich und trifft damit Stimmungen, die in einigen Regionen der Westukraine prävalent sind.“[15]
Wahlergebnisse
Die Partei trat zu den Parlamentswahlen 2006 und 2007 an, verfehlte mit landesweit 0,36 bzw. 0,76 % jedoch klar die für einen Parlamentssitz notwendige Stimmenzahl.
Die höchsten Stimmenanteile erlangte die Partei stets in der Westukraine, vor allem in Ost-Galizien. Sie konnte bei den Kommunalwahlen Vertreter in die Regional- und Stadtparlamente von Lemberg, Ternopil und Iwano-Frankiwsk entsenden. Weiterhin stellt sie einige Bürgermeister in Kommunen.[6] In den vorgezogenen Regionalwahlen im Gebiet von Ternopil am 15. März 2009 erreichte „Swoboda“ 35 Prozent der Stimmen und erlangte im Gebietsparlament 50 der insgesamt 120 Sitze.[16] Bei der Präsidentschaftswahl 2010 erreichte der Parteivorsitzende Tjahnybok einen Stimmenanteil von 1,43 %. Bei der Parlamentswahl 2012 erreichte die Partei mit 10,4 % der Wählerstimmen ein überraschend hohes Resultat. Damit zog sie mit 37 Mandaten erstmals in die Werchowna Rada ein.[17]
Parlamentswahl 2006 | Parlamentswahl 2007 |
Präsidentschaftswahl 2010 (Tjahnybok) | Wahlen in den Oblasten (Oblast-Parlamente, Oktober 2010) |
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Всеукраїнське об’єднання «Свобода» — Історія
- ↑ Shekhovtsov, Anton (2011)."The Creeping Resurgence of the Ukrainian Radical Right? The Case of the Freedom Party". Europe-Asia Studies, Bd. 63, S. 203-228.
- ↑ Kuzio, Taras: Populism in Ukraine in a Comparative European Context Problems of Post-Communism, Bd. 57, S. 15.
- ↑ Rudling, Per Anders (2012), "Anti-Semitism and the Extreme Right in Contemporary Ukraine", Mapping the Extreme Right in Contemporary Europe: From Local to Transnational (Routledge), S. 200.
- ↑ Bojcun, Marko (2012), "The Socioeconomic and Political Outcomes of Global Financial Crisis in Ukraine", Socioeconomic Outcomes of the Global Financial Crisis: Theoretical Discussion and Empirical Case Studies (Routledge), S. 151.
- ↑ a b c Ingmar Bredies: Alarmierende Generalprobe für die Präsidentschaftswahlen. Die Regionalwahl in Ternopil. (PDF; 876 kB)
- ↑ Ukrainischer Premier Asarow schließt Verbot von Partei Swoboda nicht aus
- ↑ 2012 Top Ten Anti-Israel/Anti-Semitic Slurs:Mainstream Anti-Semitism Threatens World Peace, Simon Wiesenthal Center (27. Dezember 2012).
- ↑ [1], Ukrinform (14. Mai 2013).
- ↑ Webseite der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 19. Juni 2013
- ↑ 25. August 2013: Die ukrainische ultra-nationalistische Partei „Swoboda“ („Freiheit“) gründet eine Parteizelle in München
- ↑ a b Erster Erfolg für die Opposition in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2013.
- ↑ a b Proteste gegen die Regierung in der Ukraine. Vitali Klitschko ruft Demonstranten zum Durchhalten auf in: RP Online, 02.12.2013.
- ↑ Wahlhandbuch Ukraine 2010 (PDF; 701 kB) der Konrad-Adenauer-Stiftung S.72/73
- ↑ Wahlhandbuch Ukraine 2010 (PDF; 701 kB) der Konrad-Adenauer-Stiftung S.53
- ↑ Der verspätete Aufstieg des ukrainophonen Rechtsradikalismus in der postsowjetischen Ukraine, aus Ukraine-Nachrichten, 28. Oktober 2012
- ↑ Webseite der Zentralen Wahlkommission zur Parlamentswahl 2012