Jacques Lacan (* 13. April 1901, † 9. September 1981) war ein französischer Psychoanalytiker, der die Schriften Sigmund Freuds neu interpretierte und radikalisierte. Dies beinhaltete das Ziel "Freud gegen Freud" zu lesen, also ihn dort weiter zu entwicklen, wo er hinter seinen eigenen Annahmen zurückblieb.
Eine seiner wichtigen Thesen ist, dass das Unbewußte eine symbolische Struktur hat, die der Sprache. Er baut damit auf auf die Arbeiten des strukturalen Linguisten Ferdinand de Saussures.
Die Psychosemiologie Lacans basiert im wesentlichen auf zwei Grundannahmen:
- Das Subjekt ist ein Sprachwesen, d.h. durch Spreche determiniert; der Psychismus konstituiert sich wie ein (dreiwertiges) sprachliches Zeichen als Imaginäres, Reales und dem Symbolischen. dem Symbolischen. Sigmund Freuds "Das Es spricht" heißt bei Lacan: "Die Sprache spricht" [1].
- Das Subjekt ist ein begehrendes Subjekt. Da das Objekt des Begehrens immer schon verloren ist, ist es ein grundsätzlicher Mangel, der das Begehren des Menschen aufrecht erhält
Das Subjekt ist ein Sprachwesen
Die Psychogenese (d.h. die psychische Entwicklung bis hin zum vollständig ausgereiften Psychismus) des Subjekts erfährt im Spiegelstadium (etwa im 18. Lebensmonat des Kleinkinds) eine erste Krise. In dieser Phase beginnt das Kleinkind, wenn man es vor einen Spiegel hält, eine Intuition des anderen (des "klein a") zu entwickeln. In dieser Situation des absoluten Dualität zwischen ego und alter ego reagiert das Kleinkind zugleich mit der größten Freude und Aufmerksamkeit und einer tiefen Aversion und Aggression gegen diesen anderen, der es gewissermaßen aus seinem Paradies vertreibt und als Rivale wahrgenommen wird.
Dieses initialistische Spiegelstadium, das dem Subjekt eine erste Ahnung von sich selbst gibt (es erfährt hier zum ersten Mal "das andere" und insofern sich selbst), bedeutet, dass das Subjekt sich zuallererst als entfremdetes erfährt, Lacan sagt, das Subjekt ex-sistiert.
Die dualistische Situation im Spiegelstadium (der Bereich des Imaginären) wird erst durch das Erreichen des symbolischen Bereichs überwunden, d.h. in dem Augenblick, in dem das Subjekt beginnt zu sprechen. Lacan reformuliert hiermit im Grunde Freuds Theorie des Ödipuskomplexes, indem er davon ausgeht, dass neben dem rivalistischen "kleinen anderen" eine dritte Instanz, der große Andere hinzutreten muss, der zwischen den beiden Rivalen vermittelt, Regeln einführt, Distanz schafft - das Gesetz einführt. Die Sprachkompetenz bedeutet dabei im weitesten Sinne die Fähigkeit, nicht unmittelbar auf den "klein anderen" reagieren zu müssen, sondern im "Bereich des Symbolischen" agieren zu können, d.h. beobachten und kommentieren zu können.
Lacan beschreibt das Universum des Subjekts somit bestehend aus den Bereichen des imaginären und des Symbolischen - ergänzt werden diese Bereiche noch durch den Bereich des Realen. Das Reale ist nicht mit der Realität zu verwechseln, sondern bildet den für das Subjekt völlig unzugänglichen Grund seiner Ex-sistenz.
Das "begehrendes Subjekt"
Unmittelbar damit zusammen hängt das grundlegende Begehren des Subjekts. Da es sich zuerst im Spiegelstadium als entfremdetes Subjekt erfährt, erlebt es sich im Zustand des Mangels. Das Objekt seines Begehrens muss das "klein andere" (im Spiegel) sein, da das Subjekt in diesem Stadium schlichtweg nichts anders "hat" als dieses "klein andere". Allerdings ist dieses "klein andere" nun eben "weg" - "aussen", im Spiegel.
Das Objekt des Begehrens heisst daher bei Lacan Objekt klein a. Unter diesem Objekt wird ein "immer schon verlorenengegangenes" Objekt verstanden. Es kann niemals erreicht, zurückerhalten werden, da seine einzige "Seinsweise" eben darin besteht, verloren zu sein.
Um diese Theorie des Mangels und des Begehrens errichtet Lacan den Teil seiner psychoanalytischen Theorie, die die klassischen psychonalaytischen Persönlichkeitsstrukturen, etwa die neurotischen oder psychotischen Persönlichkeitsstrukturen, als spezifische Weisen, mit dem Mangel und dem Begehren umzugehen, rekonstruiert.
Eine Übertragung der Lacanschen Psychosemiologie in die philosophische Beobachtung insbesondere der Populärkultur (Kino, Science Fiction etc.) leistet Slavoj Zizek.