Mittelwertsatz der Differentialrechnung

mathematischer Satz
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Januar 2006 um 13:00 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Beweis: Tippfehler entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Mittelwertsatz ist ein zentraler Satz der Differentialrechnung, eines Teilgebiets der Analysis (Mathematik).

Veranschaulicht lässt sich der Mittelwertsatz geometrisch so deuten, dass es unter den unten genannten Voraussetzungen zwischen zwei Punkten eines Funktionsgraphen mindestens einen Kurvenpunkt gibt, für den die Tangente parallel zur Sekante durch die beiden gegebenen Punkte ist.

Die Aussage des Satzes lässt sich sowohl auf den Quotienten zweier Funktionen übertragen als auch auf Funktionen mehrerer Veränderlicher anwenden.


Aussage des Mittelwertsatzes

Es sei   eine Funktion, die auf dem abgeschlossenen Intervall   (mit a < b) definiert und stetig ist. Außerdem sei die Funktion f im offenen Intervall   differenzierbar. Unter diesen Voraussetzungen gibt es mindestens ein  , sodass

 

gilt.

 


Beweis

Es sei eine Hilfsfunktion   definiert, mit

 

  ist stetig in   und in   differenzierbar. Wie man leicht sieht, ist  .

Nach dem Satz von Rolle existiert daher ein   mit  . Da

 

folgt die Behauptung.

Erweiterter Mittelwertsatz der Differenzialrechnung

Der Mittelwertsatz lässt sich in folgender Weise verallgemeinern:

Es seien   und   zwei Funktionen, die auf dem abgeschlossenen Intervall   (mit a < b) definiert und stetig und auf dem offenen Intervall   differenzierbar sind. Außerdem gelte für   stets  . Unter diesen Voraussetzungen existiert mindestens ein  , sodass

 

gilt.


Mittelwertsatz für reellwertige Funktionen mehrerer Veränderlicher

In der mehrdimensionalen Analysis lautet der Mittelwertsatz wie folgt:

Es sei   eine Abbildung mit  , weiter sei   differenzierbar auf einer offenen Menge  . Außerdem seien   und ihre Verbindungsstrecke  . Dann existiert mindestens ein   mit   und es gilt:

 

Für   entspricht der Satz dem oben erwähnten Mittelwertsatz der eindimensionalen Differenzialrechnung.   bezeichnet hierbei den Gradienten an der Stelle  , der in einem Skalarprodukt auftritt.

Die anschauliche Vorstellung der Aussage des Mittelwertsatzes bezüglich mehrerer Variablen lautet: Wer sich geradliniger und schneller bewegt, kommt weiter.

Beweis

Betrachtet man die Funktion   mit

 ,

so ist   stetig auf   und differenzierbar auf  . Somit folgt aus dem Mittelwertsatz der eindimensionalen Analysis, dass ein   derart existiert, dass

 .

Aus der Kettenregel folgt nun:

 .

Dies lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

 

Substituiert man nun   durch  , so ergibt sich

 ,

womit die Aussage des Satzes bewiesen wäre.

Mittelwertsatz für vektorwertige Funktionen mehrerer Veränderlicher

Eine Ausdehnung des Satzes auf Funktionen   ist nur unter veränderten geometrischen Voraussetzungen bzw. Verschärfungen möglich. Insbesondere wird der "Pool" der in Frage kommenden linearen Abbildungen erheblich über die Ableitungen auf der Strecke   hinaus erweitert:

Falls die Ableitungen von   auf der gesamten Strecke   beschränkt sind (es handelt sich um Jakobimatrizen, also beschränkt bezüglich einer Norm auf  , z.B. der Operatornorm), so gibt es eine lineare Abbildung   aus der abgeschlossenen konvexen Hülle der Ableitungen auf der Verbindungsstrecke, sodass

 

gilt.

Der Beweis hierfür erfordert einige Vorarbeit, u.a. die Hahn-Banach'schen Trennungssätze, folgt aber letztlich dem Prinzip der Rückführung auf den reellwertigen Fall. Warum die Ableitungen auf der Strecke   nicht ausreichen, kann man folgendermaßen verstehen: Auf die einzelnen Komponenten   der vektorwertigen Funktion   kann einerseits der Mittelwertsatz für reellwertige Funktionen mehrerer Veränderlicher angewandt werden. Andererseits ist keinesfalls gewährleistet, dass die zugehörige Stelle auf  , an der die passende Ableitung gefunden wird, für alle Komponentenfunktionen dieselbe ist. Man muss sich daher in einer größeren Menge umschauen, eben der konvexen Hülle der Ableitungen auf der Strecke.