Jassir Arafat

palästinensischer Politiker und Friedensnobelpreisträger (1929–2004)
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Jassir Arafat (* 4., 24. oder 27. August 1929 in Kairo, nach eigener Aussage in Jerusalem; † 11. November 2004 in Clamart, Département Hauts-de-Seine, Frankreich), arab. ياسر عرفات (Yāsir ʿArafāt), eigentlich Muhammad ʿAbd ar-Rahmān ʿAbd ar-Ra'ūf ʿArafāt al-Qudwa al-Husainī, arab. محمد عبد الرحمن عبد الرؤوف عرفات القدوة الحسيني, genannt Abū ʿAmmār, arab.: أبو عمار) war zuletzt palästinensischer Politiker und Staatsmann und vom 12. Februar 1996 bis zu seinem Tod am 11. November 2004 Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete. 1994 erhielt er den Friedensnobelpreis.

Leben

 
Jassir Arafat 1999

Jassir Arafat wurde entweder in Kairo, Ägypten oder, wie er selbst in seiner offiziellen Biografie sagte, in Jerusalem als Sohn eines erfolgreichen Kaufmanns geboren. Nach seiner Geburtsurkunde, die vom französischen Historiker Rémi Favret eingesehen wurde, ist Arafat in Kairo zur Welt gekommen: „Muhammad Yassir al-Qudwa, Sohn des Abd ar-Ra'uf al-Qudwa und der Zahwa Abu Sa'ud“.

Sein Vater stammte aus Gaza und seine Mutter aus einer angesehenen Jerusalemer Familie. Sie hatten in den 1920er Jahren geheiratet und waren nach Kairo gezogen. Als Arafat etwa vier Jahre alt war, starb seine Mutter. Er kam zur Familie seiner Mutter nach Jerusalem, das damals zum britischen Mandatsgebiet Palästina gehörte. Er lebte teilweise auch in Gaza, bis sein Vater wieder heiratete.

Am 1. Dezember 2004, drei Wochen nach seinem Tod, verstarb auch sein Bruder Fathi Arafat.

Frühe Jahre

Nach Kairo zurückgekehrt, ging er dort zur Schule. Später besuchte er die Universität und studierte Elektrotechnik. Eine Zeitlang beschäftigte er sich mit jüdischer Kultur, hatte jüdische Bekannte und las zionistische Werke z. B. von Theodor Herzl.

1946 kam er unter den ideologischen Einfluss des SS-Mannes und in Europa als Kriegsverbrecher verfolgten Mohammed Amin al-Husseini, der in Ägypten Asyl gefunden hatte und hier versuchte, Mitstreiter für seine antijudaistischen Ziele zu finden. Dieser wurde später zum politischen Mentor der Palästinenser. Arafat, der ein Neffe al-Husseinis war, sah in ihm einen „großen Helden“. Gelegentlich wurde Arafat unterstellt, er habe seinen Namen geändert um die Verwandtschaft zu dem Kriegsverbrecher und Antisemiten zu vertuschen.

Arafat engagierte sich nun aktiv für das palästinensische Recht auf Selbstbestimmung, je nach Standpunkt als Freiheitskampf oder Nationalismus bezeichnet. Zu dieser Zeit war er ein Befürworter einer militärischen Konfrontation und beschaffte Waffen, die nach Palästina geschmuggelt wurden. In Kairo hatte sich Jassir Arafat mit Abdel Khader al-Husseini angefreundet, der die Einheiten palästinensischer Araber in der Region Jerusalem anführte. Als Arafat von Abdel Khader al-Husseinis Tod im Kampf am Kastel-Berg im April 1948 hörte, brach er sein Studium in Kairo ab und nahm am aktivem Kriegseinsatz in Palästina teil. Arafat trat der Moslem-Bruderschaft bei, die im Gazastreifen und in der Schlacht bei Kfar Darom kämpfte.

Als sich die ägyptische Armee am 15. Mai 1948 in den Palästinakrieg einschaltete, wurde ihm und seiner Einheit befohlen, abzuziehen. Dies war für Arafat ein prägendes Erlebnis. Er beschuldigte später die arabischen Staaten des Verrates, weil sie den Palästinensern nicht geholfen hätten, die Schlacht zu gewinnen und ihnen nicht erlaubt hätten zu kämpfen. Die palästinensischen Araber erlitten eine militärische Niederlage gegen Israel. 750.000 Palästinenser wurden staatenlos, der bis heute andauernde Konflikt um die Selbstbestimmung der Palästinenser wurde zementiert.

In den 1950er Jahren studierte Arafat an der Universität Kairo. 1952 gründete er die Generalunion Palästinensischer Studenten (GUPS), der er bis 1957 vorstand. 1956 absolvierte er die Universität als Ingenieur und gründete die Union der Palästinensischen Hochschulabsolventen. Danach meldete er sich freiwillig zur ägyptischen Armee und kämpfte im Sueskrieg 1956 gegen Frankreich, Großbritannien und Israel. Er galt als Sprengstoffexperte und war Leutnant in der ägyptischen Armee. Danach ging er im selben Jahr nach Kuwait, wo er als Ingenieur arbeitete und ein erfolgreicher Bauunternehmer wurde.

Gründung der Fatah

1957 gründete er in Kuwait zusammen mit Abu Dschihad die erste Zelle der Bewegung zur Befreiung Palästinas (al-Fatah), aus der 1959 die gleichnamige politische Partei hervorging. Ab 1958 war Arafat Vorstandsmitglied und ab 1968 Vorsitzender der Fatah.

Durch aktive Teilnahme an der Schlacht von Karame 1968 begründete er seinen Heldenmythos und war seit 1969 Vorsitzender der PLO.

Ende der 1960er Jahre wuchsen die Spannungen zwischen der PLO und der Jordanischen Regierung; schwer bewaffnete paramilitärische Gruppen (Fedayin) hatten nach Auffassung des jordanischen Königs einen "Staat im Staate" in Jordanien etabliert, die bestimmte strategische Positionen inklusive der Öl-Raffinerien bei Zarqa in Jordanien hätten kontrollieren können. Jordanien betrachtete diese Umstände als Bedrohung seiner Souveränität und Sicherheit und versuchte die palästinesischen Milizen zu entwaffnen. Im Juni 1970 brachen offene Kämpfe aus, die mit dem Abzug der PLO-Stützpunkte aus Jordanien in den Libanon endeten. Wurde die Schlacht von Karame als Arafats erster historischer Sieg angesehen, so erlitt er 1970 mit dem Schwarzen September eine schwere Niederlage. Er musste zunächst nach Kairo fliehen.

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Jassir Arafat 1978 in einem palästinensischen Flüchtlingslager in Süd-Libanon

Aufsehen erregte der historische Auftritt Arafats vor der UN-Vollversammlung am 13. November 1974 bei dem er in Uniform, mit der Kufiya und umgeschnalltem Pistolenhalfter eine Rede hielt, die von den arabischen und kommunistischen Staaten mit Begeisterung aufgenommen wurde.

In der Rede proklamierte Arafat den alleinigen Machtanspruch der PLO über Palästina. Er sprach davon, "eine Welt ohne Kolonianismus, Imperialismus, Neokolonialismus und Rassismus in all seinen Ausformungen, einschließlich des Zionismus" schaffen zu wollen. Arafat vermied es von Israel zu sprechen, um dem Staat jegliche Legitimität abzusprechen, stattdessen verwendete er den Begriff zionistische Entität. Zionismus sei eine imperialische, kolonialistische, rasistische Ideologie, die, dezidiert reaktionär und diskriminierend, mit dem Antisemitismus gleichzusetzen sei. Eine bekannte antisemitische Position verbreitete er, indem er meinte, der Zionismus wolle, dass die Juden ihren Heimatländern keine Treue entgegenbrächten und auf einer anderen Ebene als ihre Mitbürger leben sollten. Er sprach der UNO das Recht ab, das unteilbare Heimatland der Palästinenser zu teilen und wies damit den Teilungsbeschluss von 1947 zurück. Der israelische Unabhängigkeitskrieg sei von Israel, nicht von den arabischen Staaten begonnen worden. Die PLO erhielt als legitime politische Vertretung der Palästinenser Beobachterstatus bei der UNO.

Das Palästinensertuch, drapiert wie die Konturen Palästinas, und das Holster blieben auch später Arafats Markenzeichen und er trat selten ohne auf.

Eine weitere bedeutende Rede hielt er am 13. Dezember 1988. Ein Novum war hier, dass die PLO die UN-Resolution anerkannte und einen minimalen Willen zum Kompromis zeigte. Die terroristischen Aktionen der PLO wollte Arafat als legitimen Widerstand verstanden wissen. In dieser Rede wird auch jene Interpretation der Resolution 194 der UN-Vollversammlung bekräftigt, nach der diese das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge garantiere, womit er eine Doktrin für die nächsten Jahre setzte, die auch heute noch zumindest in offiziellen Verlautbarungen der PLO Bestand hat. In der Rede gestand Arafat den Juden ein Recht auf nationale Selbstbestimmung nicht explizit zu und akzeptierte nicht ausdrücklich, dass Israel ein jüdischer Staat sein könnte.

Als Konsequenz des israelischen Libanonfeldzugs gegen das Hauptquartier der PLO in Beirut im Juli/August 1982 musste Arafat nach Tunesien fliehen. Arafat verließ mit seinen Gefolgsleuten das von Israel besetzte Beirut und errichtete den PLO-Sitz in Tunis.

Der Weg zur internationalen Anerkennung

1988 erkannte Arafat Israel indirekt an und erklärte 1989 die PLO-Charta von 1964, in der das Ziel des Verschwindens des Staates Israel definiert wurde, für hinfällig.

Im Jahre 1990 begrüßte Arafat den irakischen Einmarsch in Kuwait und solidarisierte sich mit Saddam Hussein. Die reichen arabischen Ölstaaten an der Seite des Kriegsgegners USA froren daraufhin ihre finanzielle Unterstützung der PLO ein. Heute wird die Unterstützung Saddam Husseins als historischer Fehler Arafats gewertet.

Trotz allem kam es am 13. September 1993 bei der Unterzeichnung des Oslo Abkommens zwischen dem Staat Israel und der PLO in Washington zu einem historischen Handschlag zwischen Arafat und dem israelischen Ministerpräsidenten Jizhak Rabin. Friedensnobelpreisträger Rabin zahlte später für dieses Entgegenkommen im Israelisch-Palästinensischen Konflikt durch einen Terroranschlag eines jüdischen Ultra-Nationalisten mit seinem Leben.

Nach 27 Jahren Exil kehrte Arafat in Folge des Autonomieabkommens im Juli 1994 nach Palästina zurück und bildete in Gaza eine autonome Regierung, die Palästinensische Autonomiebehörde.

Im Dezember 1994 erhielt Arafat gemeinsam mit Shimon Peres und Jitzhak Rabin den Friedensnobelpreis. 1995 erhielt Arafat den Deutschen Medienpreis in Baden-Baden.

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Arafat (r.) mit Ehud Barak (l.) und Bill Clinton in Oslo

2000 verhandelte Arafat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak und US-Präsident Clinton in Camp David über die Schaffung eines palästinensischen Staates. Die Verhandlungen scheiterten jedoch. Der abtretende Präsident Clinton und Barak, der kurz darauf in allgemeinen Wahlen von seinem politischen Gegner Ariel Scharon abgelöst wurde, gaben Arafat die alleinige Schuld am Scheitern dieser Verhandlungen.

Nach Ausbruch der al-Aqsa-Intifada

Als Folge dessen begann ein neuer Palästinenseraufstand, die so genannte zweite Intifada, oder al-Aqsa-Intifada. Sie ist, im Gegensatz zur ersten Intifada, ein blutiger Aufstand, der sich vor allem des Mittels der Selbstmordattentate auf Zivilisten bediente. Als Reaktion auf diese zweite Intifada hat Israel große Teile der autonomen Palästinensergebiete wieder besetzt und betreibt dort eine Politik der gezielten Tötung von Exponenten der radikalen Palästinenserorganisationen wie Hamas oder Dschihad, die für die Selbstmordattentate verantwortlich gemacht werden. Die israelische Regierung machte auch Arafat selbst für die Selbstmordattentate verantwortlich.

Im Mai 2002 stellte der BND fest, dass die Verwendung von EU-Geldern für den Terrorismus „nicht auszuschließen“ sei, da Arafat offensichtlich nicht zwischen der Struktur des Autonomie-Regimes und seiner Fatah-Bewegung trenne. Damit war aus Sicht des BND Arafat für den Terrorismus verantwortlich. Das Gutachten spricht weiterhin von „bekanntem Missmanagement“ und „weit verbreiteter Korruption“ (Aktenzeichen 39C-04/2/02).

Seit 2001 wurde der in Ramallah lebende Arafat von Israel mehrfach unter Hausarrest gestellt. Im Jahr 2002 zerstörte die israelische Armee einen Großteil von Arafats Hauptquartier, der Muqāta'a.

Am 11. September 2003 fasste die israelische Regierung den Beschluss, Arafat auszuweisen. Mit einem Hubschrauber sollte er ins Exil nach Nordafrika gebracht werden. Nach dem Ausweisungsbeschluss gingen zehntausende Palästinenser protestierend auf die Straße. Arafat appellierte an die Bevölkerung, Widerstand gegen den Beschluss zu leisten. Er wolle lieber "sterben, als sich zu ergeben".

Am 14. September 2003 stellte der stellvertretende israelische Ministerpräsident Ehud Olmert auch ein Attentat auf Arafat als eine legitime Möglichkeit seiner Entfernung dar. Am 16. September 2003 ließen die USA eine Resolution des Weltsicherheitsrates gegen die Ausweisung Arafats an ihrem Veto scheitern. Deutschland enthielt sich.

Verheiratet war Arafat seit November 1991 mit Suhā at-Tawīl (سهى الطويل), mit der er eine Tochter namens Zahwa (* 24. Juli 1995 in Neuilly-sur-Seine) hat. Seit Beginn der zweiten Intifada, also seit 2001, leben Frau und Tochter in Paris. Der US-Fernsehsender CBS behauptete, aus der öffentlichen Kasse der Palästinensischen Autonomie (in die auch EU-Gelder fließen) seien monatlich 100.000 Dollar nach Paris überwiesen worden. Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds zufolge verschwanden allein in den Jahren zwischen 1995 und 2000 ca. 900 Millionen Dollar aus den öffentlichen Kassen Palästinas. Es wurde unterstellt, Arafat habe dieses Geld auf Privatkonten überwiesen.

Arafats Tod

Als sich Arafats Gesundheitszustand in der Nacht zum 28. Oktober 2004 akut verschlechterte, hatte er bereits über eine Woche wegen einer Entzündung seines Verdauungstraktes nichts gegessen. Am folgenden Tag wurde Arafat zur weiteren Behandlung nach Paris geflogen. Die israelische Regierung hob aufgrund der schweren Krankheit das Reiseverbot auf und sicherte ihm eine Rückkehr ins Westjordanland zu.

Am 4. November verschlechterte sich sein Zustand noch einmal, es wurde von einem tiefen Koma berichtet. Am 10. November versagten Nieren und Leber. Ein Abschalten der lebenserhaltenden Geräte wurde aus religiösen Gründen abgelehnt. Vor dem Hintergrund der Leberschädigung und einer daraus resultierenden Störung der Synthese der Blutgerinnungsfaktoren kam es zu einer Gehirnblutung. Am 11. November 2004 um 3.30 Uhr (MEZ) starb Arafat.

Nach Verabschiedung mit militärischen Ehren wurde der Leichnam Arafats in Begleitung seiner Witwe mit einer französischen Militärmaschine nach Kairo geflogen.

In Kairo fand die zentrale Trauerfeier am Flughafen am 12. November statt, wozu hochrangige Politiker aus aller Welt eingeladen waren. Die USA entsandte lediglich einen Unterstaatssekretär. Direkt im Anschluss an die militärische Zeremonie in Kairo wurde der Sarg nach Ramallah geflogen, wo die Beisetzungszeremonie am frühen Nachmittag stattfand. Arafats Wunsch, in Ost-Jerusalem am Tempelberg auf dem Gelände der al-Aqsa-Moschee begraben zu werden, wurde von der israelischen Regierung nicht entsprochen. Der Israelische Justizminister Yosef Lapid kommentierte dies mit den Worten „In Jerusalem liegen jüdische Könige begraben, keine arabischen Terroristen“ [1]. Arafat wurde in einem Steinsarg auf dem Gelände seines ehemaligen Amtssitzes in Ramallah beigesetzt. Der Sarg wurde mit Erde vom Jerusalemer Tempelberg umgeben.

Reaktionen auf Arafats Tod

Nur wenige Stunden nachdem der Tod Arafats bekannt gegeben wurde, griffen militante Palästinenser die jüdische Siedlung Netsarim im Gaza-Streifen an. In Ramallah warnten Extremisten die neue palästinensische Führung unter Mahmud Abbas vor einem „Ausverkauf der palästinensischen Sache“ und drohten den Nachfolgern Arafats mit dem Tod, sollte es irgendwelche Zugeständnisse an Israel geben.

Als weitere Reaktion benannte sich die radikale Fatah-Splittergruppe al-Aqsa-Brigaden in Märtyrer-Jassir-Arafat-Brigaden um. Die Brigaden, aber auch die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad, machen Israel für den Tod Arafats verantwortlich und drohten mit Rache. So äußerte sich Dschihad-Anführer Chalid al-Batesch, Israels Ministerpräsident Ariel Scharon habe „bei der Tötung Arafats seine Hand im Spiel“.

Ärzte im Militärkrankenhaus Percy in Clamart bei Paris, in dem Arafat zuletzt behandelt wurde und Vertraute Arafats schlossen aus, dass der Palästinenserchef vergiftet worden sei. Die Spekulation, der Mossad habe Arafat vergiftet, hielt sich auch Tage danach.

Viele Palästinenser und Kritiker der israelischen Palästinapolitik machten auch die Bedingungen, unter denen Arafat in Ramallah unter Hausarrest stand, für die schwere Erkrankung des 75-jährigen und letztlich auch für seinen Tod mitverantwortlich.

Andere verweisen auf Arafats hohes Alter und den ärztlichen Befund und betrachten sein Ableben als durchaus natürlich.

Da weder Arafats Ärzte noch dessen Witwe die genaue Todesursache bekannt gaben, kam es in der Folge zu weiteren öffentlichen Spekulationen. Dabei wurden von Spezialisten besonders Vergiftung und AIDS nahegelegt.

Die israelische Armee hatte das Westjordanland nach Arafats Tod aus Angst vor Anschlägen vollständig abgeriegelt. Auch Palästinenser mit gültiger Arbeitserlaubnis durften nicht mehr nach Israel reisen. Jedoch transportierten mehrere Hundert Busse Palästinenser aus dem Gazastreifen zur Trauerfeier nach Ramalah.

Die radikal-islamische Hamas teilte zudem in einem Flugblatt mit, Arafat sei das Symbol des palästinensischen Volkes gewesen. Die Organisation kündigt daraufhin an, den Kampf gegen Israel und den Widerstand gegen den „zionistischen Feind“ fortzusetzen, bis der Sieg erreicht sei.

Von einigen wurde befürchtet, dass der Tod von Jassir Arafat einen Rückschlag für den Nahost-Friedensprozess bedeutet, da mit ihm der einzige palästinensische Führer gestorben sei, der einen Frieden mit Israel aushandeln und auch vertreten könne. Andere sahen besonders in der letzten Zeit Arafat nicht mehr nur als Teil des Problems, sondern als das Problem im Friedensprozess. In den Monaten nach dem Tod Arafats kam es dann auch zu einigen deeskalierenden Schritten zwischen der israelischen Regierung und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Diese setzte antiisraelische Fernsehspots ab und unternahm Anstrengungen zur Reform der Sicherheitskräfte. Die israelische Regierung ließ ca. 150 palästinensische Gefangene frei; sicherte Unterstützung bei den palästinensischen Wahlen zu und kündigte eine Rückkehr zur Roadmap an.

Die Palästinenserführung ernannte den Parlamentspräsidenten Rauhi Fattuh verfassungsgemäß zum vorläufigen Nachfolger und rief eine 40-tägige Trauer aus.

In den letzten kommunistisch regierten Ländern wurde der Tod Arafats mit großer Bestürzung aufgenommen. Die nordkoreanische Regierung ordnete dreitägige Staatstrauer an. Zu Ehren des „engen Freundes des nordkoreanischen Volkes“ wurden die Flaggen landesweit auf Halbmast gesetzt. Die Staatsagentur erinnerte daran, dass Arafat seit 1981 sechsmal in Nordkorea gewesen sei und den Ehrentitel eines „Helden der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea“ trug.

Auch der kubanische Staatschef Fidel Castro zollte Arafat Tribut. Sein Tod stelle einen „schlimmen Schlag für die fortschrittlichen Bewegungen weltweit“ dar, hieß es in einer Erklärung. Weiterhin heißt es, er habe die Nachricht mit „tiefer Trauer“ aufgenommen und sage dem palästinensischen Volk seine volle „Unterstützung für seinen gerechten Kampf“ zu.

Neuer PLO-Chef wird nun der bisherige Arafat-Vize Mahmud Abbas. Der Chef des Politbüros, Faruk Kaddumi, wurde zum neuen Führer von Arafats Fatah-Bewegung bestimmt. Am 9. Januar 2005 gab es Präsidentschaftswahlen, bei denen Arafats Nachfolger, Mahmud Abbas bestimmt wurde.


Zitate von und über Arafat

- Arafat, im Magazin Time, 11. November 1974:

Palästina ist das Zement, das die arabische Welt zusammenhält oder es ist der Sprengstoff, der es auseinander sprengt.

- Arafat, aus der Rede vor der UNO, New York, 13. November 1974 (Arafat trat mit einem Pistolenhalfter auf und musste vor der Rede aufgefordert werden, die Waffe abzulegen):

Heute bin ich gekommen, einen Olivenzweig und die Pistole eines Friedenskämpfers zu überbringen. Lasst den Olivenzweig nicht aus meiner Hand fallen! Ich betone: Lasst den Olivenzweig nicht aus meiner Hand fallen!

- : „Wer immer für eine gerechte Sache eintritt und kämpft für Freiheit und Befreiung von den Invasoren, Siedlern und Kolonialisten in seinem Land, kann unmöglich ein Terrorist genannt werden.

- ; Der saudi-arabische Dichter Ghassan al-Immam 1992 über Arafat: - :„Dieser alte Mann ist ein Sportler ohne Spielfeld, doch spielt er mit allen Bällen und auf allen Plätzen. Das Problem besteht darin, dass er beim Fußball mit der Hand spielt, beim Basketball mit den Füßen und beim Handball mit dem Kopf. Ertappt ihn der Schiedsrichter, verlangt er, dass ein anderer bestraft werde. Niemals wird er des Feldes verwiesen, denn es gibt für ihn keinen Ersatzspieler. Kein anderer foult wie er. Und verliert er das Spiel, gewinnt er doch den Beifall der Massen.

- ; Arafat, Sender Stimme Palästinas, 11. November 1995: - :„Der Kampf geht weiter, bis ganz Palästina befreit ist.

- ; US-Vermittler Anthony Zinni in Israel im Dezember 2001: - :„In meiner ganzen Armeekarriere bin ich noch nie auf eine solche Unglaubwürdigkeit gestoßen wie bei Arafat.“ - :„Es ist unmöglich, mit dem Palästinenserführer Arafat ein Abkommen zu erreichen.

- ; Jassir Arafat am 18. Januar 2002 in einer Ansprache nach einem Selbstmordattentat, bei dem 6 Israelis starben und 33 verletzt wurden: - :„... wir alle sind Märtyrer im Paradies. Wir sind ein Volk von Helden ... wir werden das Heilige Land mit dem Blut unserer Seele verteidigen ... ich bin bereit 70 Märtyrer für den Tod eines Israelis zu opfern ...“ - ; Jassir Arafat am 21. Januar 2002: - :„Mit Allahs Hilfe wird die Fahne unserer Revolution in Jerusalem auf den Mauern Jerusalems ... und seinen Kirchen gehisst.

- ; Der amerikanische Vizepräsident Dick Cheney am 27. Januar 2002: - :„Es ist eine Tatsache, daß Herr Arafat nicht wirklich daran interessiert ist, den Friedensprozess voranzutreiben.“ - - ==Zitate und Reaktionen über Arafat nach seinem Tod== - - ; Shimon Peres, israel. Politiker; erhielt zusammen mit Arafat den Friedensnobelpreis): - :„Der größte Fehler Arafats war, sich dem Terror zuzuwenden. Seine größten Leistungen vollbrachte er, als er versuchte, Frieden zu schaffen.“ - ; Ariel Scharon, israelischer Ministerpräsident: - :„Es gibt eine historische Chance. Meine Regierung wird sich bemühen, eine friedliche Lösung auszuhandeln.“ - :„Die jüngsten Ereignisse stellen wahrscheinlich einen historischen Wendepunkt im Nahen Osten dar.“ - ; Josef Lapid, israelischer Justizminister: - :„Ich habe ihn gehasst wegen des Todes von Israelis und weil er nicht zugelassen hat, daß der Friedensprozeß vorankommt.“ - :„Ohne Arafat könnte bereits Frieden in der Region herrschen und ein Palästinenser-Staat existieren ... Die israelische Regierung wird ihre Bemühungen um einen Frieden fortsetzen.“ - ; Ehud Barak, ehemaliger israel. Ministerpräsident: - :„Arafats schwerste Sünde war es, die Seelen junger Palästinenser mit einem brennenden Hass auf Israel vergiftet zu haben.“ - ; George W. Bush, Präsident der Vereinigten Staaten: - :„Wir hoffen, dass die Zukunft Frieden bringt und die Erfüllung seines Strebens nach einem unabhängigen Palästina.“ - :„Während der bevorstehenden Übergangszeit rufen wir alle Menschen in der Region und die ganze Welt dazu auf, dabei zu helfen, dass Fortschritte auf dem Weg zu diesen Zielen und zum höchsten Ziel des Friedens gemacht werden können.“ - ; Gerhard Schröder, deutscher Bundeskanzler: - :„Jassir Arafats Streben war zeit seines Lebens darauf gerichtet, die Palästinenser in die Unabhängigkeit zu führen und einen souveränen, lebensfähigen palästinensischen Staat zu errichten.“ - ; Joschka Fischer, deutscher Bundesaußenminister: - :„Mit dem Tod von Präsident Jassir Arafat hat das palästinensische Volk seinen historischen Führer verloren. Mit ihm geht eine Ära zu Ende. … Das Leben Jassir Arafats steht für die wechselvolle und tragische Geschichte des palästinensischen Volkes und des Nahen Ostens insgesamt. In ihm spiegelten sich die Hoffnungen vieler Menschen auf Frieden, immer wieder aber auch ihre Enttäuschungen und Rückschläge wider.“ - ; Jacques Chirac, französischer Staatspräsident: - :„Mit ihm verschwindet ein Mann des Mutes und der Überzeugung, der 40 Jahre den Kampf seines Volkes verkörpert hat.“ - :„Möge der jetzt erlittene Schmerz alle Palästinenser vereinen. Indem sie einig bleiben, halten sie der Erinnerung an Jassir Arafat die Treue und bringen das Ideal zur Geltung, dem er sein Leben gewidmet hat.“ - ; John Howard, Australiens Ministerpräsident: - :„Jassir Arafat hat zu Lebzeiten die Chance auf Frieden im Nahen Osten versäumt.“ - :„Ich denke, dass die Geschichte ihn harsch beurteilen wird.“ - ; Hosni Mubarak, Ägyptens Staatspräsident: - :„Arafat war ein großartiger Mann, der immer die Einheit des palästinensischen Volkes im Blick hatte.“ - ; Kjell Magne Bondevik, Norwegens Ministerpräsident: - :„Wir treten jetzt im Nahen Osten in eine neue historische Phase ein.“ - ; Silvio Berlusconi, Italiens Ministerpräsident: - :„Mit ihm verliert das palästinensische Volk ein Symbol im Streben nach der Behauptung einer eigenen nationalen Identität.“ - ; Per Stig Møller, dänischer Außenminister: - :„Arafats politische Linie ist zeitweise problematisch gewesen. Aber seine Bedeutung als Symbol für den Kampf des palästinensischen Volkes um einen eigenen Staat kann kaum überschätzt werden.“ - ; Ahmet Necdet Sezer, türkischer Staatspräsident: - :„Neben seinem Einsatz für das Wohl und den Wohlstand der palästinensischen Nation wird man Arafat immer wegen seiner Bemühungen gedenken, den gesamten Nahen Osten in eine Region umzuwandeln, in der Frieden herrscht.“ - ; Nelson Mandela, ehemaliger südafrikanischer Staatspräsident: - :„Jassir Arafat ist einer der herausragenden Freiheitskämpfer seiner Generation.“ - ; Javier Solana, EU-Außenbeauftragter: - :„Der beste Beitrag zum Andenken an Präsident Arafat wird es sein, unsere Anstrengungen zur Schaffung eines friedlichen und lebensfähigen Staates Palästina zu verstärken.“ - ; Gerry Adams, Chef von Sinn Féin, dem politischen Flügel der nordirischen IRA: - :„Arafat war eine Inspiration für alle Völker der Erde.“ - ; Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland: - :„Ich glaube, dass jetzt sich alles ändern wird, weil Arafat wirklich in dem palästinensischen Lager so gut wie alles beherrscht hat. Israel sollte sich nun keineswegs einmischen in die internen Angelegenheiten der Palästinenser.“ - ; Muhammad Dahlan, Sicherheitschef im Gaza-Streifen: - :„Es wird einen ruhigen Transfer der Verantwortungsbereiche von Präsident Arafat geben.“ - ; Sami Suhri, Hamas-Vertreter im Gaza-Streifen: - :„Die islamische Widerstandsbewegung Hamas trauert um den großen Anführer Jassir Arafat, voller Stolz auf unser palästinensisches Volk und unsere moslemische und arabische Nation - (Arafat ist) eine Ikone unseres Kampfes und ein großes palästinensisches Symbol.“ - ; Muhammad al-Hindhi, Dschihad-Anführer: - :„Dies ist ein Augenblick, in dem Einheit und Standfestigkeit nötig sind. Wir sind alle ein Volk, das für seine Freiheit kämpft und für die Befreiung des Landes ... Wir erwarten jetzt einen ruhigen Machttransfer innerhalb der Fatah. Später müssen alle Fragen diskutiert werden, einschließlich der Bildung einer vereinigten nationalen Führung oder einer Not-Regierung, die von allen Fraktionen gebildet wird.“ - ; Wolf Biermann (Liedermacher): - :„Arafat hat nur Unglück im uralten Streit um Palästina gebracht.“ - ; Michel Friedman, Rechtsanwalt und Fernsehmoderator: - :„Jassir Arafat war zeitlebens ein Terrorist und korrupter Politiker.

Die Familie Arafats

  • Sein Neffe Mussa Arafat war Leiter des palästinensischen Militärgeheimdienstes.

Literatur

  • Helga Baumgarten: Arafat: zwischen Kampf und Diplomatie. Ullstein-Verlag, München 2002. ISBN 3-548-36419-5
  • Andrew Gowers und Tony Walker: Arafat: hinter dem Mythos. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1994. ISBN 3-434-50035-9 (Übersetzung von Behind the myth: Yasser Arafat and the Palestinian revolution, 1990)
  • Danny Rubinstein: 'Yassir Arafat. Vom Guerillakämpfer zum Staatsmann'. Palmyra Verlag, Heidelberg 1996, ISBN 3-930378-09-4. (Übersetzung von The Mystery of Arafat, 1995)

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Fotoarchiv:

Psychologische Analyse Arafats:

Einige kritische Betrachtungen: