Die Münchner Räterepublik gilt als eines der ersten deutschen sozialistischen Staatsgebilde und eine der ersten Räterepubliken in Deutschland.
Ende der Monarchie
Demonstration auf der Theresienwiese
Am 7. November 1918, als sich die russische Oktoberrevolution zum ersten Mal jährt, veranstalten die SPD, Gewerkschaften und USPD eine gemeinsame Friedenskundgebung. Um nicht den von ihm angestrebten Übergang zur parlamentarischen Monarchie zu gefährden, fordert der König die Polizei zur Zurückhaltung auf obwohl Hinweise auf einen Umsturzversuch durch die USPD vorliegen.
Um 15 Uhr beginnt die Demonstration auf der Theresienwiese und es versammeln sich 60000 Menschen. Zuerst sprechen zwölf verschiedene Redner, unter anderem Erhard Auer, der Vorsitzende der bayerischen SPD, Ludwig Gandorfer, ein radikaler Bauernführer, sowie Kurt Eisner, der Vorsitzende der USPD, die sich bereits im Norden aufstellt, um gut zu den Kasernen zu kommen. Der Hauptzug bewegt sich nach der Annahme einer Resolution, die einen sofortigen Friedensschluss, einen Rücktritt des deutschen Kaisers, einen Achtstundentag und eine Arbeitslosenversicherung forderte zum Friedensengel. Dort löst sich der Zug nach einer Rede von Franz Schmitt, einem Abgeordneten der SPD, auf.
Die meisten Betriebe, Geschäfte und Ämter haben geschlossen, um ihren Angestellten die Möglichkeit zu geben, an der Kundgebung teilzunehmen.
Marsch zu den Kasernen
Ohne dass es die meisten Anderen bemerken entfernt sich ein kleinerer Teil (2000 Menschen) unter Führung von Kurt Eisner und Ludwig Gandorfer zuerst zur Kraftwagenkolonne der Kraftfahr-Ersatzabteilung in der Kazmairstraße. Die Behörden vertrauen auf die Münchner Garnisonstruppen und messen der Aktion keine große Bedeutung bei. Die Kraftfahrer schließen sich dem Zug an, der zur Ersatzkompanie des Münchner Landsturmbataillons, zur Marsfeldkaserne, Türkenkaserne und zu den Kasernen auf dem Oberwiesenfeld und an der Dachauerstraße marschiert. Auch dort schließen sich ihnen aufgrund der Kriegsmüdigkeit, der Überzeugungskraft der Revolutionäre und der Teilnahme anderer Soldaten, viele Soldaten an.
Um ungefähr 19 Uhr erscheinen Demonstranten vor der Residenz. Philipp von Hellingrath, der Kriegsminister, muss gestehen, dass in München keine Truppen zur Verfügung stehen. Mit auswärtiger Hilfe kann nicht gerechnet werden, da Meldungen von Unruhen eintreffen. Otto Ritter von Dandl rät Ludwig III. zu fliehen. Er verlässt in Zivilkleidung zusammen mit seine schwerkranken Frau, drei Töchtern, dem Erbprinzen Albrecht und einem kleinen Hofstaat München in drei Mietautos. Sein Ziel ist Schloss Wildenwart am Chiemsee.
Übernahme der Regierung
Nachdem die Revolutionäre Einrichtungen wie den Hauptbahnhof, Gebäude der Regierung oder militärische Einrichtungen ohne Widerstand besetzt haben hält Kurt Eisner eine Versammlung im Franziskaner-Bierkeller ab und nimmt danach im Mathäserbräu an einer Massenveranstaltung Teil. Dort bildete er einen Arbeiter- und Soldatenrat. Zum Vorsitzenden wurde Franz Schmitt, ein SPD Abgeordneter gewählt.
Eisner verkündet in der ersten Stunde des 8. November den "Freien Volksstaat Bayern" (-->Freistaat).
Einen Tag später proklamiert Karl Liebknecht vom Spartakusbund in Berlin die Freie Sozialistische Republik Deutschland. In vielen Teilen Deutschlands gibt es revolutionäre politische Volksaufstände, wie in Kiel (Matrosenaufstand), Berlin, Bremen und Hamburg, sie führten zur deutschen Novemberrevolution.
Auf Grund der Ereignisse in Bayern kam es in bayerischen Städten (z.B.: Kaiserslautern, Ingolstadt, Kempten) zur Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten durch Mitglieder von SPD und USPD. Die Teilnahme von SPD Mitgliedern zeigt, dass gemäßigte Kräfte die Revolution dominieren.
Am 12. November entbindet der König die Beamten vom Treueeid.
Der Arbeiter- und Soldatenrat wählte eine Revolutionsregierung aus USPD und SPD mit Kurt Eisner als Ministerpräsident und Außenminister, Auer (SPD) als Innenminister, Johanner Hoffmann (SPD) Kultusminister, Albert Roßhaupter (SPD) Militärminister, Johannes Timm (SPD) Justizminister, Hans Unterleitner Sozialminister, Edgar Jaffé Finanzminister und Heinrich von Frauendorfer Verkehrsminister.
Ein Provisorischen Nationalrat, der sich aus Vertretern des Arbeiter- und Soldatenrates, der Gewerkschaften, der Berufs- und Frauenverbände und der sozialdemokratischen und Bauernbundfraktion des Landtags zusammensetzt, tritt an die Stelle des Landtags.
Haltung der Öffentlichkeit
Die Stimmung der Bevölkerung schwankte zwischen Hoffnung auf Demokratie und Abneigung.
Die Katholische und die Evangelische Kirche standen auf der Seite der Monarchie und sahen in den Linken eine größere Gefahr für Deutschland eine größere Gefahr als in den Rechten. Die Kirchen spielten allerdings keine große Rolle.
Wahlen und Mord an Eisner
Auf Druck der SPD gibt es am 12. Januar 1919 Wahlen zu einem verfassungsgebenden Landtag. Die Verlierer dieser Wahl sind der Bayerische Bauernbund (9%) und die USPD (2,5%), also die Träger der Revolution. Die Gewinner der Wahl sind die Bayerische Volkspartei, die Nachfolgepartei des Bayerischen Zentrums mit 35% und die SPD mit 33%.
Eisner wird am 21. Februar auf dem Weg zur konstituierenden Sitzung des Landtags, wo er den Rücktritt seines Kabinetts anbieten will, vom rechtsradikalen Anton Graf von Arco auf Valley erschossen. Die Rechte hatte sich Eisner durch die Anerkennung der deutschen Kriegsschuld und seinen Versuch, die Sozialistische Internationale wiederzubeleben, zum Feind gemacht.
Ein Mitglied des ASBR erschießt als Rache zwei konservative Abgeordnete und verletzt Auer schwer. Als Reaktion vertagt sich der Landtag, es kommt zu einem Generalstreik, zu einer Radikalisierung der bisher eher unblutigen Revolution und einer zunehmenden Auseinandersetzung zwischen Vertretern des Rätesystems und des Parlamentarismus.
Am 17. März wählen die Abgeordneten Johannes Hoffmann (SPD) zum neuen Ministerpräsidenten, es gelingt aber nicht die Spannungen zwischen Anhängern des Rätesystems und des Parlamentarismus abzubauen.
"Scheinräterepublik"
Schließlich rufen am 7. April die anarchistischen Literaten Ernst Toller und Erich Mühsam, sowie der Philosoph Gustav Landauer die Räterepublik Baiern aus (Photo unten) und die Regierung Hoffmann flieht nach Bamberg, wo auch die Bamberger Verfassung entsteht. Diese Räterepublik hat nur geringe Bedeutung und besteht nur kurz.
Am 13. April kommt es unter der Anführung von Heinrich Aschenbrenner, einem Kommandant der Regierungstreuen Republikanischen Schutzwehr zu der Verhaftung von Mitgliedern der Räterepublik. Die Aktion wurde von der Roten Armee unter Soldatenrat Rudolf Egelhofer am selben Tag Niedergeschlagen, wobei 17 Personen starben.
kommunistische Räterepublik
Als Reaktion rufen die Betriebs- und Soldatenräte noch während der Kämpfe die "kommunistische Räterepublik" aus. Die gesetzgebende und die Vollziehende Gewalt werden an einen Aktionsausschuss aus 15 Personen unter Führung von Eugen Leviné übertragen. Durch den Aktionsausschuss wird ein aus 4 Personen bestehender Vollzugsrat gewählt, dem auch die aus Russland kommenden Eugen Leviné und Max Levien angehören. Um die Räterepublik zu schützen wird eine Rote Armee aufgebaut, ein Verbot der bürgerlichen Presse verfügt und ein zehntägiger Generalstreik ausgerufen. Die Führung beabsichtigte keinen eigenen Weg zu gehen, sondern die Revolution in Bayern zu einem Teil der internationalen Revolution unter Moskauer Führung zu machen und nahm dazu Kontakt zu Russland auf.
Ende der Räterepublik
Inzwischen verbreiten sich Gerüchte über angebliche Greueltaten in München, die zu einer massiven Gegenbewegung führen. Die Regierung Hoffmann in Bamberg hetzt die Landbevölkerung gegen die »Diktatur der Russen und Juden« in der Stadt auf, die angeblich die Frauen zu Gemeineigentum erklärt hätten. Eine Hungerblockade gegen die Münchner Räterepublik ist die Folge. Die Regierung unterstützt die Bildung von Freikorps und bittet Reichswehrminister Gustav Noske um Hilfe.
Dennoch gelang es nicht, ausreichend bayerische Truppen zu rekrutieren, die bereit waren, gegen ihre Landsleute in München zu kämpfen. So forderte der Ministerpräsident Hoffmann (SPD), vom Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) Freikorps aus Berlin an. In der zweiten Aprilhälfte rückten 35 000 Soldaten der Weißen Armee unter General von Oven auf München zu. Mit dabei waren Offiziere wie der Franz Ritter von Epp, der bereits bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China und an dem berüchtigten Massaker an den Hereros in Deutsch Süd-West beteiligt war. Viele Soldaten trugen schon das Hakenkreuz, das Symbol der völkischen Thule-Gesellschaft am Helm.
Die "weiße" Armee aus preußischen und württembergische Truppen sowie Freikorps besetzt am 20. April Augsburg, wo daraufhin ein Generalstreik ausbricht, schließt am 1. Mai 1919 München ein und erobert sie bis zum darauffolgenden Tag vollständig. Die Regierung Hoffmann kehrt daraufhin zurück. Im Bürgerkrieg zwischen "weißer" und Roter Armee kommt es auf beiden Seiten zu Greueltaten und Geiselerschießungen, die folgende Terrorherrschaft der Freikorps forderte zahlreiche Menschenleben.
Bilanz
Die Bilanz der Niederschlagung der Revolution belief sich auf einige dutzend Revolutionsgegner und Freikorpsoldaten und mehr als 600 tote Revolutionäre und Verteidiger der Münchner Republik: Arbeiter, Soldaten und Intellektuelle.
In den folgenden Wochen ergehen über 2200 Todesurteile. Am 3. Mai wird Eglhofer, am 5. Juni wird Leviné erschossen. Auch Landauer wird hingerichtet.
Der entstandene Hass vergiftete lange die politischen Verhältnisse und die Tatsache, dass Juden (unter anderem Eisner, Landauer, Mühsam) führende Rollen eingenommen haben verstärkte den Antisemitismus. Das Trauma der Revolutionszeit begünstigte auch den Aufstieg der Nationalsozialisten.
siehe auch: Geschichte Bayerns