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„Margarete Himmler“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1990-080-04, Marga Himmler.jpg|miniatur|Margarete Siegroth, 1918]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1990-080-04, Marga Himmler.jpg|mini|hochkant|Margarete Siegroth (1918)]]

'''Margarete Himmler''', Kurzform ''Marga Himmler'', geborene ''Boden'', geschiedene ''Siegroth'' (* [[9. September]] [[1893]] in [[Goncerzewo]] bei [[Bydgoszcz|Bromberg]]; † [[25. August]] [[1967]] in [[München]]<ref>Lebensdaten nach Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 194 und S. 200</ref>) war die Ehefrau des späteren [[Reichsführer-SS|Reichsführers-SS]] [[Heinrich Himmler]].
'''Margarete Himmler''', Kurzform ''Marga Himmler'', geb. ''Boden'', geschiedene ''Siegroth'', (* [[9. September]] [[1893]] in [[Goncarzewy|Goncerzewo]] bei [[Bydgoszcz|Bromberg]]; † [[25. August]] [[1967]] in [[München]])<ref>Lebensdaten nach Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;194 und 200.</ref> war eine deutsche [[Krankenpfleger|Krankenschwester]] und die Ehefrau des [[Reichsführer SS|Reichsführers SS]] [[Heinrich Himmler]].


== Leben ==
== Leben ==
=== Jugend, erste Ehe und Scheidung ===
=== Jugend, erste Ehe und Scheidung ===
Margarete Boden war die Tochter des Gutsbesitzers Hans Boden und dessen Ehefrau Elfriede, geborene Popp.<ref name="Wittler194">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 194</ref> Sie hatte vier Geschwister.<ref name="Himmler120">Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 120</ref> Ihre Schullaufbahn schloss sie 1909 an der [[Höhere Töchterschule|Höheren Töchterschule]] in Bromberg ab.<ref name="Wittler194"/> Sie absolvierte eine Ausbildung zur [[Krankenschwester]], die sie während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] beendete, und war danach in einem [[Lazarett]] des [[Deutsches Rotes Kreuz|Deutschen Roten Kreuzes]] (DRK) tätig.<ref name="Wittler194">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 194</ref> Nach dem Scheitern ihrer ersten, nicht lange währenden kinderlosen Ehe, folgte die Scheidung. Von ihrem Vater wirtschaftlich unterstützt, leitete sie danach in Berlin den Pflegedienst innerhalb einer Privatklinik.<ref name="Matthäus75">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 75</ref> Am wirtschaftlichen Erfolg der Privatklinik war sie beteiligt.<ref name="Wittler194"/>
Margarete Boden war die Tochter des Gutsbesitzers Hans Boden und dessen Ehefrau Elfriede, geb. Popp.<ref name="Wittler194">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;194.</ref> Sie hatte vier Geschwister.<ref name="Himmler120">Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;120.</ref> Ihre Schullaufbahn schloss sie 1909 an der [[Höhere Töchterschule|Höheren Töchterschule]] in [[Bydgoszcz|Bromberg]] ab.<ref name="Wittler194"/> Sie absolvierte eine Ausbildung zur [[Krankenschwester]], die sie während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] beendete, und war danach in einem [[Lazarett]] des [[Deutsches Rotes Kreuz|Deutschen Roten Kreuzes]] (DRK) tätig.<ref name="Wittler194" /> Ihre erste Ehe blieb kinderlos und wurde nach kurzer Zeit geschieden. Durch die wirtschaftliche Unterstützung ihres Vaters war es ihr möglich, Teilhaberin einer Privatklinik in Berlin zu werden und dort den Pflegedienst zu leiten.<ref name="Matthäus75">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S.&nbsp;75.</ref> Am wirtschaftlichen Erfolg der Privatklinik war sie beteiligt.<ref name="Wittler194"/>


=== Ehefrau von Heinrich Himmler ===
=== Ehe mit Heinrich Himmler ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1969-056-55, Heinrich Himmler mit Frau und Tochter Gudrun.jpg|miniatur|210px|Margarete (mitte) und Heinrich Himmler mit Tochter Gudrun]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1969-056-55, Heinrich Himmler mit Frau und Tochter Gudrun.jpg|mini|210px|Margarete (Mitte) und Heinrich Himmler mit Tochter Gudrun]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1969-056-11, Heinrich Himmler mit seiner Frau, Wiesbaden.jpg|miniatur|Himmler mit Ehefrau im November/Dezember 1936 vor dem Kurhaus Wiesbaden.]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1969-056-11, Heinrich Himmler mit seiner Frau, Wiesbaden.jpg|mini|Himmler mit Ehefrau im November/Dezember 1936 vor dem [[Kurhaus Wiesbaden]].]]
Im Dezember 1926 in [[Bad Reichenhall]]<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 201</ref> oder im September 1927 im bayerischen Sulzbach machte sie mit dem sieben Jahre jüngeren Heinrich Himmler während einer seiner Vortragsreisen Bekanntschaft und blieb mit ihm in engem brieflichen Kontakt.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 112</ref> Während Himmlers Briefe an sie verschollen sind, blieben ihre erhalten.Darin bezeichnet sie ihn als „Dickkopp“ oder „Landsknecht mit dem harten Herzen“ und zeigte sich von seinem romantischen Schreibstil und seiner aufrichtigen Liebe beeindruckt.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 121f.</ref> Die blonde und blauäugige Krankenschwester entsprach Himmlers Frauenideal.<ref name="Himmler120"/> Beide verband zudem das Interesse an [[Homöopathie]], Heilkräutern und der Landwirtschaft. Über Himmler erhielt sie [[Antisemitismus bis 1945|antisemitische]] und gegen [[Freimaurerei]] gerichtete [[Lektüre]]. In einem Schreiben an Himmler vom 22. Juni 1928 äußerte sie sich abfällig über den Miteigner der Privatklinik, den Gynäkologen und Chirurgen Bernhard Hauschildt: „Dieser Hauschildt! Jud bleibt Jud!“.<ref name="Himmler121">Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 121</ref>


Im Dezember 1926 in [[Bad Reichenhall]]<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;201.</ref> oder im September 1927 im bayerischen [[Sulzbach-Rosenberg|Sulzbach]] lernte sie während einer seiner Vortragsreisen den sieben Jahre jüngeren Heinrich Himmler kennen und blieb mit ihm in engem brieflichen Kontakt.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;112.</ref> In ihren Briefen an Himmler bezeichnete sie ihn beispielsweise als „Dickkopp“ oder „Landsknecht mit dem harten Herzen“ und zeigte sich von seinem romantischen Schreibstil und seiner aufrichtigen Liebe beeindruckt.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;121 f.</ref> Himmlers Briefe an seine Frau wurden im Januar 2014 nach Informationen der Zeitung ''[[Die Welt]]'' in [[Israel]] entdeckt und in einem Gutachten des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchivs]] als zweifelsfrei echt eingestuft.<ref>[https://www.welt.de/geschichte/himmler/article124171985/Verschollene-Briefe-Heinrich-Himmlers-aufgetaucht.html ''Verschollene Briefe Heinrich Himmlers aufgetaucht''], In: ''Die Welt'' vom 24. Januar 2014 auf welt.de.</ref><ref>{{Webarchiv|url=http://news.de.msn.com/politik/ich-fahre-nach-auschwitz-k%C3%BCsse-dein-heini |wayback=20140222215907 |text=„Ich fahre nach Auschwitz. Küsse, Dein Heini“ }}, Auf: ''msn.com'' am 26. Januar 2014.</ref> Die blonde und blauäugige Krankenschwester entsprach Himmlers [[Frauen in der Zeit des Nationalsozialismus|Frauenideal]].<ref name="Himmler120"/> Beide verband zudem das Interesse an [[Homöopathie]], Heilkräutern und der Landwirtschaft. Von Himmler erhielt sie [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitische]] und gegen [[Freimaurerei]] gerichtete [[Lektüre]]. In einem Schreiben an Himmler vom 22. Juni 1928 äußerte sie sich abfällig über den Miteigner der Privatklinik, den Gynäkologen und Chirurgen Bernhard Hauschildt: „Dieser Hauschildt! Jud bleibt Jud!“<ref name="Himmler121">Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;121.</ref>
Nach mehreren persönlichen Treffen am jeweiligen Wohnort beschlossen beide im Februar 1928 zu heiraten.<ref name="Longerich117">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 117</ref> Himmler tat sich schwer diese Beziehung seinen Eltern zu offenbaren, da seine zukünftige Braut geschieden, sieben Jahre älter und von der Konfession her [[Protestantismus|evangelisch]] war.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 120f.</ref> Die standesamtliche Trauung fand am 3. Juli 1928 in Berlin-Schöneberg statt, die kirchliche gegen den Widerstand der Familie im brandenburgischen [[Zepernick]]. Von Himmlers Familie kam kein Angehöriger zur Hochzeit, Trauzeugen waren der Vater und der Bruder der Braut.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 125</ref> Letztlich akzeptierten Himmlers Eltern jedoch seine Entscheidung, das Verhältnis seiner Ehefrau zur Familie Himmler blieb jedoch distanziert.<ref name="Himmler140">Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 140</ref> [[Gebhard Himmler]], der Bruder Heinrich Himmlers, charakterisierte sie später als eine „kühle, harte, keinerlei Gemütlichkeit ausstrahlende, hochgradig nervöse, allzu oft lamentierende Frau“, die aber eine „vorbildliche Hausfrau gewesen“ sei und „immer zu ihrem Mann gehalten habe“.<ref>Zitiert bei Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 195</ref> Seit 1928 war Margarete Himmler Mitglied der [[Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]<ref name="Wittler198">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 198</ref> (Mitgliedsnr. 97.252<ref name="Matthäus77">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 77</ref>).


Nach mehreren Treffen am jeweiligen Wohnort beschlossen beide im Februar 1928, zu heiraten.<ref name="Longerich117">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;117.</ref> Himmler tat sich zunächst schwer, diese Beziehung seinen Eltern zu offenbaren, da seine zukünftige Braut geschieden, sieben Jahre älter und [[Protestantismus|evangelisch]] war.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;120&nbsp;f.</ref> Die standesamtliche Trauung fand am 3. Juli 1928 in [[Berlin-Schöneberg]] statt, die kirchliche im brandenburgischen [[Zepernick]]. Von Himmlers Familie kam kein Angehöriger zur Hochzeit, [[Trauzeugen]] waren der Vater und der Bruder der Braut.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;125.</ref> Letztlich akzeptierten Himmlers Eltern seine Entscheidung, das Verhältnis seiner Ehefrau zur Familie Himmler blieb jedoch distanziert.<ref name="Himmler140">Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;140.</ref> [[Gebhard Ludwig Himmler]], der Bruder Heinrich Himmlers, charakterisierte sie später als eine „kühle, harte, keinerlei Gemütlichkeit ausstrahlende, hochgradig nervöse, allzu oft lamentierende Frau“, die aber eine „vorbildliche Hausfrau gewesen“ sei und „immer zu ihrem Mann gehalten habe“.<ref>Zitiert bei Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;195.</ref> Zum 1. August 1928 trat Margarete Himmler der [[Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] bei ([[Liste der NSDAP-Mitgliedsnummern|Mitgliedsnummer]] 97.252).<ref>Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/15731442</ref><ref name="Matthäus77">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S.&nbsp;77.</ref><ref name="Wittler198">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;198.</ref>
Nach der Eheschließung veräußerte sie ihren Anteil an der Privatklinik für 10.000 Reichsmark und zog von Berlin nach [[Waldtrudering]] bei München, wo das Paar mit dem Erlös aus dem Klinikverkauf ein Haus erworben hatte.<ref>Hans Peter Bleuel: ''Das saubere Reich. Die verheimlichte Wahrheit. Eros und Sexualität im Dritten Reich''. Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach 1981, S. 266.</ref> Heinrichs geringes Einkommen als Parteiangestellter versuchte das Ehepaar ziemlich erfolglos durch den Verkauf eigener landwirtschaftlicher Produkte und einer Hühnerzucht aufzubessern.<ref name="Longerich117"/> Die Himmlers bekamen eine Tochter, [[Gudrun Burwitz|Gudrun]] (* 8. August 1929 in München), die ''Püppi'' genannt wurde. Als [[Adoption|Adoptivkind]] kam später noch Gerhard von der Ahé (* 28. Juli 1928) in die Familie.<ref name="Matthäus75">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 75</ref>


Nach der Eheschließung veräußerte sie ihren Anteil an der Privatklinik für 12.000 [[Reichsmark]].<ref name="Longerich117"/> Sie zog von Berlin nach [[Waldtrudering]] bei München, wo das Paar mit dem Erlös aus dem Klinikverkauf ein Haus erworben hatte.<ref>Hans Peter Bleuel: ''Das saubere Reich. Die verheimlichte Wahrheit. Eros und Sexualität im Dritten Reich''. Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach 1981, S.&nbsp;266.</ref> Himmlers geringes Einkommen als Parteiangestellter versuchte das Ehepaar erfolglos durch den Verkauf eigener landwirtschaftlicher Produkte aufzubessern. Das Ehepaar betrieb eine Hühnerzucht.<ref name="Longerich117"/> Die Himmlers bekamen eine Tochter, [[Gudrun Burwitz|Gudrun]] (* 8. August 1929 in München; † 24. Mai 2018), die ''Püppi'' genannt wurde. Als [[Adoption|Adoptivkind]] kam im März 1933 noch der Halbwaise [[Gerhard von der Ahé]] (28. Juli 1928 Dez. 2010<ref>{{Internetquelle|url=https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article124437648/Himmlers-Nachwuchs.html|titel=Himmlers Nachwuchs – WELT|zugriff=2017-09-03}}</ref>) in die Familie, dessen der [[Schutzstaffel|SS]] angehörender Vater Kurt von der Ahé am 19. Februar 1933 bei einer Straßenschlacht in Berlin erschossen worden war.<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]], Simone Meyer, Jaques Schuster: Himmlers Nachwuchs. In: [[Die Welt]], 1. Februar 2014, S.&nbsp;6.</ref><ref name="Matthäus75" />
Im Februar 1933 nahm die Familie Himmler nach dem Hausverkauf ihren Wohnsitz zunächst in der Münchner [[Prinzregentenstraße]], wo auch [[Adolf Hitler]] lebte.<ref name="Himmler140"/> 1934 erwarben die Eheleute das Anwesen ''Lindenfycht'' in [[Gmund]] am [[Tegernsee]]; Heinrich Himmler hielt sich in dieser Zeit schon hauptsächlich in [[Berlin]] auf.<ref name="Wittler195">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 195</ref>


Im Februar 1933 nahm die Familie Himmler nach dem Hausverkauf ihren Wohnsitz zunächst in der Münchner [[Prinzregentenstraße]], wo auch [[Adolf Hitler]] lebte.<ref name="Himmler140"/> 1934 erwarben die Eheleute das Anwesen ''Lindenfycht'' in [[Gmund am Tegernsee|Gmund]] am [[Tegernsee]]; Heinrich Himmler hielt sich in dieser Zeit schon hauptsächlich in [[Berlin]] auf.<ref name="Wittler195">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;195.</ref>
Aufgrund Heinrich Himmlers Dienstverpflichtungen wurden die Familienzusammenkünfte allmählich sporadisch, der regelhafte Kontakt bestand aus Telefonaten und Briefen.<ref name="Matthäus76">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 76</ref> Das Paar lebte sich immer mehr auseinander. Bei wenigen offiziellen Anlässen wie [[Reichsparteitage]]n oder Empfängen bei Hitler, kam Margarete Himmler ihren Repräsentationspflichten als Ehefrau des Reichsführer-SS nach.<ref name="Wittler196">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 196</ref> In [[Berlin-Dahlem]] erwarb das Paar 1937 ein weiteres Haus, wo sich Margarete Himmler anfangs auch zeitweise aufhielt. Gegen Ende des Jahres 1937 unternahmen beide eine vierwöchige Reise nach Italien.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 140</ref> Obwohl mit dem Reichsführer-SS verheiratet, war Margarete Himmler bei den SS-Frauen unbeliebt und nicht anerkannt. Während des Reichsparteitages 1938 geriet sie mit anderen SS-Frauen in Konflikt, da diese sich von ihr nicht das Tagesprogramm diktieren lassen wollten. [[Lina Heydrich]] äußerte sich nach Kriegsende in der Zeitschrift ''[[Der Spiegel]]'' über Margarete Himmler folgendermaßen:


Aufgrund Heinrich Himmlers Dienstverpflichtungen wurden die Familienzusammenkünfte allmählich sporadisch, der regelhafte Kontakt bestand aus Telefonaten und Briefen.<ref name="Matthäus76">Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S.&nbsp;76.</ref> Das Paar lebte sich immer mehr auseinander. Bei wenigen offiziellen Anlässen wie [[Reichsparteitag]]en oder Empfängen bei Hitler kam Margarete Himmler ihren Repräsentationspflichten als Ehefrau des Reichsführers SS nach.<ref name="Wittler196">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;196.</ref> In [[Berlin-Dahlem]] erwarb das Paar 1937 ein weiteres Haus, wo sich Margarete Himmler anfangs auch zeitweise aufhielt. Gegen Ende des Jahres 1937 unternahmen beide eine vierwöchige Reise nach [[Italien]].<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;140.</ref> Obwohl mit dem Reichsführer SS verheiratet, war Margarete Himmler in SS-Kreisen unbeliebt und wurde nicht anerkannt. Während des Reichsparteitages 1938 geriet sie beispielsweise in Konflikt mit anwesenden Ehefrauen der ranghöchsten SS-Führer, da diese sich von ihr nicht das Tagesprogramm diktieren lassen wollten. [[Lina Heydrich]], die dem Heydrich-Biographen und Historiker [[Robert Gerwarth]] zufolge gegen Margarete Himmler eine „heftige Abneigung“ hegte,<ref>Robert Gerwarth: ''Reinhard Heydrich. Biographie''. Siedler, München 2011, ISBN 978-3-88680-894-6, S.&nbsp;83.</ref> äußerte sich nach Kriegsende in der Zeitschrift ''[[Der Spiegel]]'' abfällig über Himmlers Frau. Diese sei eine „spießige, humorlose und von Platzangst besessene blonde Frau“ gewesen. Sie habe „ihren Mann bis mindestens 1936“ beherrscht.<ref>Lina Heydrich 1950 in der Zeitschrift ''Der Spiegel'' über Margarete Himmler. Zitiert bei: Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;237; Kontext und teils zitiert, teils paraphrasiert bei Gerwarth, ''Heydrich'', S.&nbsp;83. {{Der Spiegel |ID=44446464 |Titel=DAS SPIEL IST AUS – ARTHUR NEBE. 19. Fortsetzung |Jahr=1950 |Nr=6}}</ref>
{{Zitat|Als ich sie zum ersten Mal sah, war ich entgeistert. Und diese spießige, humorlose und von Platzangst bessene blonde Frau mit ihrem Gesichtszucken beherrschte ihren Mann bis mindestens 1936 und hatte allen Einfluß auf ihn. So kleinbürgerlich und geizig wie sie selbst war auch ihre Einrichtung in Dahlem.|ref=<ref>Lina Heydrich 1950 in der Zeitschrift ''Der Spiegel'' über Margarete Himmler. Zitiert bei: Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 237</ref>}}


Nach dem Eindruck [[Baldur von Schirach]]s stand Heinrich Himmler „unter dem Pantoffel“ seiner Frau: „Der Chef der Polizei und SS war zu Hause eine Null, mußte immer nachgeben“.<ref>Baldur von Schirach: ''Ich glaubte an Hitler.'' Mosaik-Verlag, Hamburg 1967, S. 213.</ref>
[[Baldur von Schirach]] schrieb in seinen [[Memoiren]], Heinrich Himmler habe „''unter dem Pantoffel''“ seiner Frau gestanden: „[[Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei|Der Chef der Polizei und SS]] war zu Hause eine Null, mußte immer nachgeben“.<ref>Baldur von Schirach: ''Ich glaubte an Hitler.'' Mosaik-Verlag, Hamburg 1967, S.&nbsp;213.</ref>


=== Zweiter Weltkrieg ===
=== Zweiter Weltkrieg ===
Nach Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] wurde sie in einem Lazarett des [[Deutsches Rotes Kreuz|Deutschen Roten Kreuzes]] (DRK) tätig. Ab Anfang Dezember 1939 führte sie die Aufsicht über die DRK-Lazarette im [[Wehrkreis]] III (Berlin-Brandenburg). Im Rahmen dieser Tätigkeit führte sie auch Dienstreisen in die von der [[Wehrmacht]] besetzten Länder durch.<ref name="Longerich482f">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 482f.</ref> Im März 1940 notierte sie während einer Dienstreise ins [[Deutsche Besetzung Polens 1939–1945|deutsch besetzte Polen]]:
Nach Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] wurde sie in einem Lazarett des [[Deutsches Rotes Kreuz|Deutschen Roten Kreuzes]] (DRK) tätig. Ab Anfang Dezember 1939 führte sie die Aufsicht über die DRK-Lazarette im [[Wehrkreis]] III (Berlin-Brandenburg). Im Rahmen dieser Tätigkeit führte sie auch Dienstreisen in die von der [[Wehrmacht]] besetzten Länder durch.<ref name="Longerich482f">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;482&nbsp;f.</ref> Im März 1940 notierte sie während einer Dienstreise ins [[Deutsche Besetzung Polens 1939–1945|deutsch besetzte Polen]]:


{{Zitat|Nun war ich in Posen, Lodsch und Warschau. Dieses Judenpack, die Pollaken, die meisten sehen gar nicht wie Menschen aus, u. der unbeschreibliche Dreck. Es ist eine unerhörte Aufgabe, dort Ordnung zu schaffen.|ref=<ref>Notiz Margarete Himmlers über eine Dienstreise ins besetzte Polen vom März 1940. Zitiert nach: Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 483</ref>}}
{{Zitat|Nun war ich in Posen, Lodsch und Warschau. Dieses Judenpack, die Pollaken, die meisten sehen gar nicht wie Menschen aus, u. der unbeschreibliche Dreck. Es ist eine unerhörte Aufgabe, dort Ordnung zu schaffen.|ref=<ref>Notiz Margarete Himmlers über eine Dienstreise ins besetzte Polen vom März 1940. Zitiert nach: Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;483.</ref>}}


Sie erreichte beim DRK den Rang einer Oberstführerin.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 198</ref> Da es zwischen ihr und den dort arbeitenden Ärzten zu Konflikten kam, gab sie ihre Tätigkeit für das DRK schließlich auf.<ref name="Wittler196"/> Anschließend zog sie sich ins Privatleben zurück und lebte zurückgezogen wieder in Gmund. Sie erfuhr spätestens im Februar 1941 von der Beziehung ihres Ehemannes zu dessen Privatsekretärin [[Hedwig Potthast]], durch die sie sich erniedrigt fühlte und worauf sie mit Verbitterung reagierte. Obwohl die Ehe bereits zerrüttet war, trennten sich die Eheleute nicht. Heinrich Himmler besuchte seine Ehefrau und Tochter weiterhin am gemeinsamen Wohnsitz in Gmund, insbesondere um seine innige Beziehung zur Tochter zu pflegen.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 482ff.</ref>
Sie erreichte beim DRK den Rang einer Oberstführerin.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;198.</ref> Da es zwischen ihr und den dort arbeitenden Ärzten immer häufiger zu Konflikten kam, gab sie ihre Tätigkeit für das DRK schließlich auf.<ref name="Wittler196"/> Anschließend lebte sie zurückgezogen wieder in Gmund. Sie erfuhr spätestens im Februar 1941 von der Beziehung ihres Ehemannes zu dessen Privatsekretärin [[Hedwig Potthast]], durch die sie sich erniedrigt fühlte und mit Verbitterung reagierte. Obwohl die Ehe bereits zerrüttet war, ließen sich die Eheleute nicht scheiden. Heinrich Himmler besuchte seine Ehefrau und Tochter weiterhin am gemeinsamen Wohnsitz in Gmund, insbesondere um seine innige Beziehung zur Tochter zu pflegen.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;484.</ref> Mit Potthast führte Himmler eine Art ''„Zweitehe“'', die er durch das Zeugen von Kindern legitimiert sah. Das Paar bekam zwei Kinder.<ref name="Longerich482f"/> Sowohl seine Ehefrau als auch seine Geliebte „hielten bis zuletzt unbeirrt zu ihm“.<ref name="Longerich">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;753.</ref>


Margarete Himmler stand letztmalig im April 1945 in Kontakt zu ihrem Ehemann und setzte sich danach gemeinsam mit ihrer Tochter aus Gmund ab.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 753</ref> In Begleitung von SS-Männern gelangte sie mit ihrer Tochter nach [[Südtirol]], wo beide in [[Bozen]] untertauchten.<ref name="Schröm/Röpke106f">Oliver Schröm, [[Andrea Röpke]]: ''Stille Hilfe für braune Kameraden.'' Christoph Links Verlag, Berlin 2002, ISBN 386153231X, S. 106f.</ref>
Margarete Himmler stand letztmals im April 1945 in Kontakt zu ihrem Ehemann und setzte sich danach gemeinsam mit ihrer Tochter aus Gmund ab.<ref name="Longerich" /> In Begleitung von SS-Männern gelangte sie mit ihrer Tochter nach [[Südtirol]], wo beide in [[Bozen]] untertauchten.<ref name="Schröm/Röpke106f">Oliver Schröm, [[Andrea Röpke]]: ''Stille Hilfe für braune Kameraden. Das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis.'' Christoph Links Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-86153-231-X, S.&nbsp;106&nbsp;f.</ref>


=== Nachkriegszeit ===
=== Nachkriegszeit ===
[[Datei:Margaret and Gudrun Himmler.jpg|miniatur|210px|Margarete Himmler (links) mit Tochter Gudrun in alliierter Internierung während der Nürnberger Prozesse in [[Nürnberg]]. Aufnahme vom 24. November 1945.]]
[[Datei:Margaret and Gudrun Himmler.jpg|mini|210px|Margarete Himmler (links) mit Tochter Gudrun in alliierter Internierung während der Nürnberger Prozesse in [[Nürnberg]]. Aufnahme vom 24. November 1945.]]
Nach dem Einmarsch der [[United States Army|US-Armee]] in Bozen im Mai 1945 verrieten SS-Männer das Versteck an amerikanische Soldaten.<ref name="Schröm/Röpke106f"/> Margarete Himmler wurde am 13. Mai 1945 mit ihrer Tochter in Bozen festgenommen und in Italien sowie Frankreich interniert.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005, S. 264</ref> Danach wurde sie umgehend vernommen, jedoch nicht intensiv befragt. Während des Verhörs wurde deutlich, dass sie über die Dienstgeschäfte ihres Ehemannes nicht informiert war und in einer „Kleinstadtmentalität“ verharrte.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 753</ref> Im September 1945 wurde Margarete Himmler im Zuge der [[Nürnberger Prozesse]] verhört. Zuletzt wurden beide Frauen im [[Flak-Kaserne Ludwigsburg#Die Flakkaserne als Internierungslager|Internierungslager Ludwigsburg 77]] festgehalten.<ref name="Wittler193">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 193</ref> Da sie keine Beschuldigte war und die [[Alliierte]]n auch keine weitere Verwendung für sie hatten, wurden Mutter und Tochter im November 1946 aus der Internierung entlassen. Sie kamen beide zunächst in dem geschützten Rahmen der [[Von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel|Bodelschwinghschen Anstalten Bethel]] in [[Bielefeld]] unter.<ref name="Schröm/Röpke106f"/> In der diakonischen Einrichtung arbeiteten Mutter und Tochter in der Weberei und Spinnerei.<ref name="Wittler193"/> [[Verpflegung|Kost]] und [[Unterkunft|Logis]] der Himmlers wurden teils über Spenden finanziert, so dass sie mit ihrer Tochter in der Einrichtung ein bescheidenes Leben führen konnte. Ihr Aufenthalt dort wurde vom Vorstand der Anstalt Bethel ausdrücklich befürwortet und wurde auch nach außen vertreten, war jedoch nicht unumstritten. Mutmaßungen, dass sie es sich in den Bodelschwinghschen Anstalten gutgehen lasse, kamen auf. So erschien am 4. Juni 1947 ein Artikel in der Europaausgabe der ''[[New York Tribune]]'', der mit „Widow of Heinrich Himmler Lives Like a Gentlewoman“ betitelt war.<ref name="Wittler196"/> Das Zusammenleben mit Margarete Himmler gestaltete sich für die Mitbewohner zunehmend schwieriger.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 197</ref>


Nach dem Einmarsch der [[United States Army|US-Armee]] in Bozen im Mai 1945 verrieten SS-Männer das Versteck an amerikanische Soldaten.<ref name="Schröm/Röpke106f"/> Margarete Himmler wurde am 13. Mai 1945 mit ihrer Tochter in Bozen festgenommen und in Italien sowie Frankreich interniert.<ref>Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, S.&nbsp;264.</ref> Danach wurde sie umgehend vernommen. Während des Verhörs wurde jedoch deutlich, dass sie über die Dienstgeschäfte ihres Ehemannes nicht informiert war und in einer „Kleinstadtmentalität“ verharrte.<ref name="Longerich" /> Im September 1945 wurde Margarete Himmler im Zuge der [[Nürnberger Prozesse]] verhört. Zuletzt wurden beide Frauen im [[Flak-Kaserne Ludwigsburg#Die Flakkaserne als Internierungslager|Internierungslager Ludwigsburg 77]] festgehalten.<ref name="Wittler193">Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;193.</ref> Da sie keine Beschuldigten waren und die [[Alliierte]]n auch keine weitere Verwendung für sie hatten, wurden Mutter und Tochter im November 1946 aus der Internierung entlassen. Sie kamen beide zunächst in den [[Von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel|Bodelschwinghschen Anstalten Bethel]] in [[Bielefeld]] unter.<ref name="Schröm/Röpke106f"/> In der diakonischen Einrichtung arbeiteten Mutter und Tochter in der Weberei und Spinnerei.<ref name="Wittler193"/> [[Verpflegung|Kost]] und [[Unterkunft|Logis]] der Himmlers wurden teils über Spenden finanziert, so dass sie in der Einrichtung ein bescheidenes Leben führen konnten. Ihr Aufenthalt dort wurde vom Vorstand der Anstalt Bethel ausdrücklich befürwortet und auch nach außen vertreten, war jedoch nicht unumstritten. Mutmaßungen, dass sie es sich in den Bodelschwinghschen Anstalten gutgehen ließen, kamen auf. So erschien am 4. Juni 1947 ein Artikel in der Europaausgabe der ''[[New York Tribune]]'', der mit „Widow of Heinrich Himmler Lives Like a Gentlewoman“ betitelt war.<ref name="Wittler196"/> Das Zusammenleben mit Margarete Himmler gestaltete sich für die Mitbewohner schwierig.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;197.</ref>
Margarete Himmler wurde 1948 in [[Bielefeld]] zunächst als Minderbelastete (Kategorie III) [[Entnazifizierung|entnazifiziert]]. Über einen Rechtsanwalt ging sie 1950 gegen diese Einstufung an, da ihre frühe NSDAP-Mitgliedschaft nur "nominell" gewesen sei, ihr hoher Rang beim DRK aus ihrer seit 1914 bestehenden Mitgliedschaft resultiere und sie selbst als Ehefrau des Reichsführer-SS nicht im Rampenlicht gestanden hätte. Dennoch revidierte der Entnazifizierungsausschuss in [[Detmold]] nicht ihre Einstufung, da sie wohl die Ziele der NSDAP vertreten und die Machenschaften ihres Ehemannes gutgeheißen habe. Ihr Rechtsanwalt insistierte daraufhin in einem folgenden Berufungsverfahren, dass sie nicht für die Taten ihres Ehemannes verantwortlich gemacht werden könne und und diese Entscheidung vom Gedanken der [[Sippenhaft]] geleitet sei. Am 19. März 1951 wurde sie schließlich als [[Mitläufer]] (Kategorie IV) eingestuft. In dem Urteil wurde anerkannt, dass sie nicht für die Verbrechen ihres Ehemannes verantwortlich sei aber sich auch nicht davon distanziert habe. Darüber hinaus habe sie aber vom Aufstieg ihres Ehemannes profitiert. Da dieses in der [[Britische Besatzungszone|Britischen Besatzungszone]] begonnene Entnazifizierungsverfahren durch den bayrischen Ministerpräsidenten nicht anerkannt wurde, wurde ein weiteres Entnazifierungsverfahren durchgeführt aufgrund der ungeklärten Eigentumsfrage ihres Hauses in Gmund. Sie wurde am 15. Januar 1953 schließlich in München als Nutznießer des NS-Regimes und damit Belastete (Kategorie II) eingestuft und u.a. zu 30 Tagen Sonderarbeit sowie dem Verlust von Rentenansprüchen und des Wahlrechts verurteilt.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 197f.</ref>


Margarete Himmler wurde 1948 in [[Bielefeld]] zunächst als Minderbelastete (Kategorie III) [[Entnazifizierung|entnazifiziert]]. Über einen Rechtsanwalt ging sie 1950 gegen diese Einstufung an, da ihre frühe NSDAP-Mitgliedschaft nur „nominell“ gewesen sei, ihr hoher Rang beim DRK aus ihrer seit 1914 bestehenden Mitgliedschaft resultiere und sie selbst als Ehefrau des Reichsführers SS nicht im Rampenlicht gestanden hätte. Dennoch revidierte der Entnazifizierungsausschuss in [[Detmold]] ihre Einstufung nicht, da sie wohl die Ziele der NSDAP vertreten und die Taten ihres Ehemannes gutgeheißen habe. Ihr Rechtsanwalt insistierte daraufhin im folgenden Berufungsverfahren, dass sie nicht für die Taten ihres Ehemannes verantwortlich gemacht werden könne und diese Entscheidung vom Gedanken der [[Sippenhaftung|Sippenhaft]] geleitet sei. Am 19. März 1951 wurde sie schließlich als [[Mitläufer]] (Kategorie IV) eingestuft. In dem Urteil wurde anerkannt, dass sie nicht für die Verbrechen ihres Ehemannes verantwortlich sei, sich aber auch nicht davon distanziert habe. Darüber hinaus habe sie vom Aufstieg ihres Ehemannes profitiert. Da dieses in der [[Britische Besatzungszone|Britischen Besatzungszone]] begonnene Entnazifizierungsverfahren durch den [[Bayerischer Ministerpräsident|Bayerischen Ministerpräsidenten]] [[Hans Ehard]] nicht anerkannt wurde, wurde aufgrund der ungeklärten Eigentumsfrage ihres Hauses in Gmund ein weiteres Entnazifizierungsverfahren durchgeführt. Schließlich wurde sie am 15. Januar 1953 in München als Nutznießerin des NS-Regimes und damit Belastete (Kategorie II) eingestuft und u.&nbsp;a. zu 30 Tagen Sonderarbeit sowie dem Verlust von Rentenansprüchen und des [[Wahlrecht#Deutschland|Wahlrecht]]s verurteilt.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;197&nbsp;f.</ref>
Ihre Tochter hatte Bethel bereits 1952 verlassen.<ref name="Schröm/Röpke106f"/> Sie selbst zog im Sommer 1954 aus den Bodelschwinghschen Anstalten aus und nahm in Bethel ein Privatzimmer. Ab Herbst 1955 lebte sie mit ihrer Schwester Lydia in [[Heepen]]. Ihr Adoptivsohn Gerhard lebte als [[Spätheimkehrer]] zunächst in ihrer Wohnung. Von der Öffentlichkeit kaum beachtet führte sie ein unauffälliges Leben.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 199f.</ref> Auf kritische Nachfragen bezüglich der etwa neunjährigen Beherbergung Margarete Himmlers in den Bodelschwinghschen Anstalten äußerte der Anstaltsleiter [[Friedrich von Bodelschwingh (1902–1977)|Friedrich von Bodelschwingh]] im April 1962:


{{Zitat|Eine erbauliche Geschichte ist auch nicht daraus entstanden, indem Frau Himmler in absoluter Verblendung verharrte, bis sie uns ohne Dank verließ und zu ihren inzwischen wieder auf die Beine gekommenen braunen Spießgesellen abgewandert ist. Auch dies kann uns in keiner Weise beeindrucken, denn wir gehorchen ja nicht dem Befehl Jesu, um hernach irgendwelche frommen Erfolgsgeschichten erzählen zu können.|ref=<ref>Friedrich von Bodelschwingh im April 1962 zur Unterbringung Margarete Himmlers in den Bodelschwinghschen Anstalten. Zitiert bei: Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 200</ref>}}
Ihre Tochter hatte Bethel bereits im Jahr 1952 verlassen.<ref name="Schröm/Röpke106f"/> Sie selbst zog im Sommer 1954 aus den Bodelschwinghschen Anstalten aus und nahm in Bethel ein Privatzimmer. Ab Herbst 1955 lebte sie mit ihrer Schwester Lydia in [[Heepen]]. Ihr Adoptivsohn Gerhard lebte als [[Spätheimkehrer]] zunächst in ihrer Wohnung. Von der Öffentlichkeit wurde ihr weiterer Werdegang kaum beachtet.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;199&nbsp;f.</ref> Auf kritische Nachfragen bezüglich der etwa neunjährigen Beherbergung Margarete Himmlers in den Bodelschwinghschen Anstalten äußerte der Anstaltsleiter [[Friedrich von Bodelschwingh (Theologe, 1902)|Friedrich von Bodelschwingh]] im April 1962:


{{Zitat|Eine erbauliche Geschichte ist auch nicht daraus entstanden, indem Frau Himmler in absoluter Verblendung verharrte, bis sie uns ohne Dank verließ und zu ihren inzwischen wieder auf die Beine gekommenen braunen Spießgesellen abgewandert ist. Auch dies kann uns in keiner Weise beeindrucken, denn wir gehorchen ja nicht dem Befehl Jesu, um hernach irgendwelche frommen Erfolgsgeschichten erzählen zu können.|ref=<ref>Friedrich von Bodelschwingh im April 1962 zur Unterbringung Margarete Himmlers in den Bodelschwinghschen Anstalten. Zitiert bei: Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;200.</ref>}}
Später verbrachte Margarete Himmler den Lebensabend bei ihrer Tochter in München.<ref>[[Ernst Klee]]: ''Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945.'' S.Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 248</ref> Sie führte von 1937 bis 1945 unregelmäßig Tagebuch.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 409</ref> Insgesamt umfasst das Tagebuch 122 Seiten, das Original befindet sich heute im [[United States Holocaust Memorial Museum]]. Tagebuchauszüge wurden von Jürgen Matthäus veröffentlicht.<ref>Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 78</ref>

Ihren Lebensabend verbrachte Margarete Himmler bei ihrer Tochter in München.<ref>[[Ernst Klee]]: ''Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945.'' S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S.&nbsp;248.</ref>

Sie führte von 1937 bis 1945 unregelmäßig [[Tagebuch]].<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;409.</ref> Insgesamt umfasst das Tagebuch 122 Seiten, das Original befindet sich heute im [[United States Holocaust Memorial Museum]]. Tagebuchauszüge wurden von [[Jürgen Matthäus]] veröffentlicht.<ref>Jürgen Matthäus: ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S.&nbsp;78.</ref>


== Wertungen ==
== Wertungen ==
[[Peter Longerich]] merkt an, dass Margarete Himmler wahrscheinlich während der NS-Zeit nichts von den Dienstgeheimnissen oder geplanten Projekten ihres Ehemanns wusste.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S. 482</ref> Sie selbst gab nach Kriegsende an von Verbrechen keine Kenntnis gehabt zu haben, distanzierte sich jedoch auch nicht davon. Margarete Himmler war jedoch eine überzeugte Nationalsozialistin mit antisemitischer Grundhaltung.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S. 200</ref> Laut Jürgen Matthäus gefiel sie sich während der NS-Zeit „im Repräsentieren und litt zugleich unter der selbstverursachten Isolation von ihrer Umwelt. Ihr Versuch […] im Deutschen Roten Kreuz in Berlin eine in ihren Augen sinnvolle Tätigkeit aufzunehmen durchbrach die Vereinsamung nicht. […] Als Parteimitglied […] glaubte sie bis zuletzt an den ''[[Führer]]'' und verachtete Juden als Pack, das zu verschwinden habe. Besuche in Ghettos bestätigten ihre Vorurteile, an ''Beutegut'' aus dem Osten scheint sie sich dennoch wie andere SS-Frauen auch bereichert zu haben“.<ref name="Matthäus77"/>
Peter Longerich merkt an, dass Margarete Himmler während der NS-Zeit wahrscheinlich nichts von den Dienstgeheimnissen oder geplanten Projekten ihres Ehemanns wusste.<ref>Peter Longerich: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, S.&nbsp;482.</ref> Sie selbst gab nach Kriegsende an, von Verbrechen keine Kenntnis gehabt zu haben, distanzierte sich aber auch nicht davon. Margarete Himmler war eine überzeugte [[Nationalsozialismus|Nationalsozialistin]] mit antisemitischer Grundhaltung.<ref>Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte'', Bielefeld 2010, S.&nbsp;200.</ref> Laut Jürgen Matthäus gefiel sie sich während der NS-Zeit „im Repräsentieren und litt zugleich unter der selbstverursachten Isolation von ihrer Umwelt. Ihr Versuch […], im Deutschen Roten Kreuz in Berlin eine in ihren Augen sinnvolle Tätigkeit aufzunehmen, durchbrach die Vereinsamung nicht. […] Als Parteimitglied […] glaubte sie bis zuletzt an den ''[[Führer]]'' und verachtete Juden als ‚Pack‘, das zu verschwinden habe. Besuche in [[Ghetto#Jüdische Wohnbezirke / Ghettos unter dem Nationalsozialismus|Ghettos]] bestätigten ihre Vorurteile, an ''[[Kriegsbeute#20. Jahrhundert|Beutegut]]'' aus dem Osten scheint sie sich dennoch wie andere SS-Frauen auch bereichert zu haben“.<ref name="Matthäus77"/>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Jürgen Matthäus: [http://www.werkstattgeschichte.de/werkstatt_site/archiv/WG25_075-093_MATTHAEUS_NETT.pdf ''„Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945''] (pdf; 7,92&nbsp;MB). In: [[Werkstatt Geschichte|Werkstatt''Geschichte'']] 25 (2000), S. 75–93.
* Jürgen Matthäus: ''[https://werkstattgeschichte.de/wp-content/uploads/2017/01/WG25_075-093_MATTHAEUS_NETT.pdf „Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945]'' (PDF; 7,92&nbsp;MB). In: [[Werkstatt Geschichte|Werkstatt''Geschichte'']]. Jg. 9, Heft 25, 2000, S.&nbsp;75–93.
* [[Susanne zur Nieden]]: ''Banalitäten aus dem Schlafzimmer der Macht. Zu den Tagebuchaufzeichnungen von Margarete Himmler''. In: ''WerkstattGeschichte''. Jg. 9, Heft 25, 2000, S. 94–100 ([https://werkstattgeschichte.de/wp-content/uploads/2017/01/WG25_094-100_NIEDEN_BANALITAETEN.pdf pdf]).
* [[Peter Longerich]]: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, ISBN 978-3-88680-859-5.
* [[Peter Longerich]]: ''Heinrich Himmler.'' Biographie, Siedler, München 2008, ISBN 978-3-88680-859-5.
* Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893−1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte.'' Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-89534-795-5, S. 193–205.
* Christina Wittler: ''Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967)'' In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): ''Frauen in der Bielefelder Geschichte.'' Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-89534-795-5, S.&nbsp;193–205.
* [[Katrin Himmler]]: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, ISBN 3-10-033629-1.
* [[Katrin Himmler]], [[Michael Wildt]] (Hrsg.): ''Himmler privat. Briefe eines Massenmörders.'' Piper, München. 2014, ISBN 978-3-492-05632-8. (nicht ausgewertet)
* Katrin Himmler: ''Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte.'' S. Fischer, Frankfurt a.&nbsp;M. 2005, ISBN 3-10-033629-1.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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|GEBURTSDATUM=9. September 1893
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|GEBURTSORT=[[Goncarzewo]] bei [[Bydgoszcz|Bromberg]]
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Aktuelle Version vom 8. August 2025, 14:36 Uhr

Margarete Siegroth (1918)

Margarete Himmler, Kurzform Marga Himmler, geb. Boden, geschiedene Siegroth, (* 9. September 1893 in Goncerzewo bei Bromberg; † 25. August 1967 in München)[1] war eine deutsche Krankenschwester und die Ehefrau des Reichsführers SS Heinrich Himmler.

Jugend, erste Ehe und Scheidung

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Margarete Boden war die Tochter des Gutsbesitzers Hans Boden und dessen Ehefrau Elfriede, geb. Popp.[2] Sie hatte vier Geschwister.[3] Ihre Schullaufbahn schloss sie 1909 an der Höheren Töchterschule in Bromberg ab.[2] Sie absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester, die sie während des Ersten Weltkrieges beendete, und war danach in einem Lazarett des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) tätig.[2] Ihre erste Ehe blieb kinderlos und wurde nach kurzer Zeit geschieden. Durch die wirtschaftliche Unterstützung ihres Vaters war es ihr möglich, Teilhaberin einer Privatklinik in Berlin zu werden und dort den Pflegedienst zu leiten.[4] Am wirtschaftlichen Erfolg der Privatklinik war sie beteiligt.[2]

Ehe mit Heinrich Himmler

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Margarete (Mitte) und Heinrich Himmler mit Tochter Gudrun
Himmler mit Ehefrau im November/Dezember 1936 vor dem Kurhaus Wiesbaden.

Im Dezember 1926 in Bad Reichenhall[5] oder im September 1927 im bayerischen Sulzbach lernte sie während einer seiner Vortragsreisen den sieben Jahre jüngeren Heinrich Himmler kennen und blieb mit ihm in engem brieflichen Kontakt.[6] In ihren Briefen an Himmler bezeichnete sie ihn beispielsweise als „Dickkopp“ oder „Landsknecht mit dem harten Herzen“ und zeigte sich von seinem romantischen Schreibstil und seiner aufrichtigen Liebe beeindruckt.[7] Himmlers Briefe an seine Frau wurden im Januar 2014 nach Informationen der Zeitung Die Welt in Israel entdeckt und in einem Gutachten des Bundesarchivs als zweifelsfrei echt eingestuft.[8][9] Die blonde und blauäugige Krankenschwester entsprach Himmlers Frauenideal.[3] Beide verband zudem das Interesse an Homöopathie, Heilkräutern und der Landwirtschaft. Von Himmler erhielt sie antisemitische und gegen Freimaurerei gerichtete Lektüre. In einem Schreiben an Himmler vom 22. Juni 1928 äußerte sie sich abfällig über den Miteigner der Privatklinik, den Gynäkologen und Chirurgen Bernhard Hauschildt: „Dieser Hauschildt! Jud bleibt Jud!“[10]

Nach mehreren Treffen am jeweiligen Wohnort beschlossen beide im Februar 1928, zu heiraten.[11] Himmler tat sich zunächst schwer, diese Beziehung seinen Eltern zu offenbaren, da seine zukünftige Braut geschieden, sieben Jahre älter und evangelisch war.[12] Die standesamtliche Trauung fand am 3. Juli 1928 in Berlin-Schöneberg statt, die kirchliche im brandenburgischen Zepernick. Von Himmlers Familie kam kein Angehöriger zur Hochzeit, Trauzeugen waren der Vater und der Bruder der Braut.[13] Letztlich akzeptierten Himmlers Eltern seine Entscheidung, das Verhältnis seiner Ehefrau zur Familie Himmler blieb jedoch distanziert.[14] Gebhard Ludwig Himmler, der Bruder Heinrich Himmlers, charakterisierte sie später als eine „kühle, harte, keinerlei Gemütlichkeit ausstrahlende, hochgradig nervöse, allzu oft lamentierende Frau“, die aber eine „vorbildliche Hausfrau gewesen“ sei und „immer zu ihrem Mann gehalten habe“.[15] Zum 1. August 1928 trat Margarete Himmler der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 97.252).[16][17][18]

Nach der Eheschließung veräußerte sie ihren Anteil an der Privatklinik für 12.000 Reichsmark.[11] Sie zog von Berlin nach Waldtrudering bei München, wo das Paar mit dem Erlös aus dem Klinikverkauf ein Haus erworben hatte.[19] Himmlers geringes Einkommen als Parteiangestellter versuchte das Ehepaar erfolglos durch den Verkauf eigener landwirtschaftlicher Produkte aufzubessern. Das Ehepaar betrieb eine Hühnerzucht.[11] Die Himmlers bekamen eine Tochter, Gudrun (* 8. August 1929 in München; † 24. Mai 2018), die Püppi genannt wurde. Als Adoptivkind kam im März 1933 noch der Halbwaise Gerhard von der Ahé (28. Juli 1928 – Dez. 2010[20]) in die Familie, dessen der SS angehörender Vater Kurt von der Ahé am 19. Februar 1933 bei einer Straßenschlacht in Berlin erschossen worden war.[21][4]

Im Februar 1933 nahm die Familie Himmler nach dem Hausverkauf ihren Wohnsitz zunächst in der Münchner Prinzregentenstraße, wo auch Adolf Hitler lebte.[14] 1934 erwarben die Eheleute das Anwesen Lindenfycht in Gmund am Tegernsee; Heinrich Himmler hielt sich in dieser Zeit schon hauptsächlich in Berlin auf.[22]

Aufgrund Heinrich Himmlers Dienstverpflichtungen wurden die Familienzusammenkünfte allmählich sporadisch, der regelhafte Kontakt bestand aus Telefonaten und Briefen.[23] Das Paar lebte sich immer mehr auseinander. Bei wenigen offiziellen Anlässen wie Reichsparteitagen oder Empfängen bei Hitler kam Margarete Himmler ihren Repräsentationspflichten als Ehefrau des Reichsführers SS nach.[24] In Berlin-Dahlem erwarb das Paar 1937 ein weiteres Haus, wo sich Margarete Himmler anfangs auch zeitweise aufhielt. Gegen Ende des Jahres 1937 unternahmen beide eine vierwöchige Reise nach Italien.[25] Obwohl mit dem Reichsführer SS verheiratet, war Margarete Himmler in SS-Kreisen unbeliebt und wurde nicht anerkannt. Während des Reichsparteitages 1938 geriet sie beispielsweise in Konflikt mit anwesenden Ehefrauen der ranghöchsten SS-Führer, da diese sich von ihr nicht das Tagesprogramm diktieren lassen wollten. Lina Heydrich, die dem Heydrich-Biographen und Historiker Robert Gerwarth zufolge gegen Margarete Himmler eine „heftige Abneigung“ hegte,[26] äußerte sich nach Kriegsende in der Zeitschrift Der Spiegel abfällig über Himmlers Frau. Diese sei eine „spießige, humorlose und von Platzangst besessene blonde Frau“ gewesen. Sie habe „ihren Mann bis mindestens 1936“ beherrscht.[27]

Baldur von Schirach schrieb in seinen Memoiren, Heinrich Himmler habe „unter dem Pantoffel“ seiner Frau gestanden: „Der Chef der Polizei und SS war zu Hause eine Null, mußte immer nachgeben“.[28]

Zweiter Weltkrieg

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Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde sie in einem Lazarett des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) tätig. Ab Anfang Dezember 1939 führte sie die Aufsicht über die DRK-Lazarette im Wehrkreis III (Berlin-Brandenburg). Im Rahmen dieser Tätigkeit führte sie auch Dienstreisen in die von der Wehrmacht besetzten Länder durch.[29] Im März 1940 notierte sie während einer Dienstreise ins deutsch besetzte Polen:

„Nun war ich in Posen, Lodsch und Warschau. Dieses Judenpack, die Pollaken, die meisten sehen gar nicht wie Menschen aus, u. der unbeschreibliche Dreck. Es ist eine unerhörte Aufgabe, dort Ordnung zu schaffen.“[30]

Sie erreichte beim DRK den Rang einer Oberstführerin.[31] Da es zwischen ihr und den dort arbeitenden Ärzten immer häufiger zu Konflikten kam, gab sie ihre Tätigkeit für das DRK schließlich auf.[24] Anschließend lebte sie zurückgezogen wieder in Gmund. Sie erfuhr spätestens im Februar 1941 von der Beziehung ihres Ehemannes zu dessen Privatsekretärin Hedwig Potthast, durch die sie sich erniedrigt fühlte und mit Verbitterung reagierte. Obwohl die Ehe bereits zerrüttet war, ließen sich die Eheleute nicht scheiden. Heinrich Himmler besuchte seine Ehefrau und Tochter weiterhin am gemeinsamen Wohnsitz in Gmund, insbesondere um seine innige Beziehung zur Tochter zu pflegen.[32] Mit Potthast führte Himmler eine Art „Zweitehe“, die er durch das Zeugen von Kindern legitimiert sah. Das Paar bekam zwei Kinder.[29] Sowohl seine Ehefrau als auch seine Geliebte „hielten bis zuletzt unbeirrt zu ihm“.[33]

Margarete Himmler stand letztmals im April 1945 in Kontakt zu ihrem Ehemann und setzte sich danach gemeinsam mit ihrer Tochter aus Gmund ab.[33] In Begleitung von SS-Männern gelangte sie mit ihrer Tochter nach Südtirol, wo beide in Bozen untertauchten.[34]

Margarete Himmler (links) mit Tochter Gudrun in alliierter Internierung während der Nürnberger Prozesse in Nürnberg. Aufnahme vom 24. November 1945.

Nach dem Einmarsch der US-Armee in Bozen im Mai 1945 verrieten SS-Männer das Versteck an amerikanische Soldaten.[34] Margarete Himmler wurde am 13. Mai 1945 mit ihrer Tochter in Bozen festgenommen und in Italien sowie Frankreich interniert.[35] Danach wurde sie umgehend vernommen. Während des Verhörs wurde jedoch deutlich, dass sie über die Dienstgeschäfte ihres Ehemannes nicht informiert war und in einer „Kleinstadtmentalität“ verharrte.[33] Im September 1945 wurde Margarete Himmler im Zuge der Nürnberger Prozesse verhört. Zuletzt wurden beide Frauen im Internierungslager Ludwigsburg 77 festgehalten.[36] Da sie keine Beschuldigten waren und die Alliierten auch keine weitere Verwendung für sie hatten, wurden Mutter und Tochter im November 1946 aus der Internierung entlassen. Sie kamen beide zunächst in den Bodelschwinghschen Anstalten Bethel in Bielefeld unter.[34] In der diakonischen Einrichtung arbeiteten Mutter und Tochter in der Weberei und Spinnerei.[36] Kost und Logis der Himmlers wurden teils über Spenden finanziert, so dass sie in der Einrichtung ein bescheidenes Leben führen konnten. Ihr Aufenthalt dort wurde vom Vorstand der Anstalt Bethel ausdrücklich befürwortet und auch nach außen vertreten, war jedoch nicht unumstritten. Mutmaßungen, dass sie es sich in den Bodelschwinghschen Anstalten gutgehen ließen, kamen auf. So erschien am 4. Juni 1947 ein Artikel in der Europaausgabe der New York Tribune, der mit „Widow of Heinrich Himmler Lives Like a Gentlewoman“ betitelt war.[24] Das Zusammenleben mit Margarete Himmler gestaltete sich für die Mitbewohner schwierig.[37]

Margarete Himmler wurde 1948 in Bielefeld zunächst als Minderbelastete (Kategorie III) entnazifiziert. Über einen Rechtsanwalt ging sie 1950 gegen diese Einstufung an, da ihre frühe NSDAP-Mitgliedschaft nur „nominell“ gewesen sei, ihr hoher Rang beim DRK aus ihrer seit 1914 bestehenden Mitgliedschaft resultiere und sie selbst als Ehefrau des Reichsführers SS nicht im Rampenlicht gestanden hätte. Dennoch revidierte der Entnazifizierungsausschuss in Detmold ihre Einstufung nicht, da sie wohl die Ziele der NSDAP vertreten und die Taten ihres Ehemannes gutgeheißen habe. Ihr Rechtsanwalt insistierte daraufhin im folgenden Berufungsverfahren, dass sie nicht für die Taten ihres Ehemannes verantwortlich gemacht werden könne und diese Entscheidung vom Gedanken der Sippenhaft geleitet sei. Am 19. März 1951 wurde sie schließlich als Mitläufer (Kategorie IV) eingestuft. In dem Urteil wurde anerkannt, dass sie nicht für die Verbrechen ihres Ehemannes verantwortlich sei, sich aber auch nicht davon distanziert habe. Darüber hinaus habe sie vom Aufstieg ihres Ehemannes profitiert. Da dieses in der Britischen Besatzungszone begonnene Entnazifizierungsverfahren durch den Bayerischen Ministerpräsidenten Hans Ehard nicht anerkannt wurde, wurde aufgrund der ungeklärten Eigentumsfrage ihres Hauses in Gmund ein weiteres Entnazifizierungsverfahren durchgeführt. Schließlich wurde sie am 15. Januar 1953 in München als Nutznießerin des NS-Regimes und damit Belastete (Kategorie II) eingestuft und u. a. zu 30 Tagen Sonderarbeit sowie dem Verlust von Rentenansprüchen und des Wahlrechts verurteilt.[38]

Ihre Tochter hatte Bethel bereits im Jahr 1952 verlassen.[34] Sie selbst zog im Sommer 1954 aus den Bodelschwinghschen Anstalten aus und nahm in Bethel ein Privatzimmer. Ab Herbst 1955 lebte sie mit ihrer Schwester Lydia in Heepen. Ihr Adoptivsohn Gerhard lebte als Spätheimkehrer zunächst in ihrer Wohnung. Von der Öffentlichkeit wurde ihr weiterer Werdegang kaum beachtet.[39] Auf kritische Nachfragen bezüglich der etwa neunjährigen Beherbergung Margarete Himmlers in den Bodelschwinghschen Anstalten äußerte der Anstaltsleiter Friedrich von Bodelschwingh im April 1962:

„Eine erbauliche Geschichte ist auch nicht daraus entstanden, indem Frau Himmler in absoluter Verblendung verharrte, bis sie uns ohne Dank verließ und zu ihren inzwischen wieder auf die Beine gekommenen braunen Spießgesellen abgewandert ist. Auch dies kann uns in keiner Weise beeindrucken, denn wir gehorchen ja nicht dem Befehl Jesu, um hernach irgendwelche frommen Erfolgsgeschichten erzählen zu können.“[40]

Ihren Lebensabend verbrachte Margarete Himmler bei ihrer Tochter in München.[41]

Sie führte von 1937 bis 1945 unregelmäßig Tagebuch.[42] Insgesamt umfasst das Tagebuch 122 Seiten, das Original befindet sich heute im United States Holocaust Memorial Museum. Tagebuchauszüge wurden von Jürgen Matthäus veröffentlicht.[43]

Peter Longerich merkt an, dass Margarete Himmler während der NS-Zeit wahrscheinlich nichts von den Dienstgeheimnissen oder geplanten Projekten ihres Ehemanns wusste.[44] Sie selbst gab nach Kriegsende an, von Verbrechen keine Kenntnis gehabt zu haben, distanzierte sich aber auch nicht davon. Margarete Himmler war eine überzeugte Nationalsozialistin mit antisemitischer Grundhaltung.[45] Laut Jürgen Matthäus gefiel sie sich während der NS-Zeit „im Repräsentieren und litt zugleich unter der selbstverursachten Isolation von ihrer Umwelt. Ihr Versuch […], im Deutschen Roten Kreuz in Berlin eine in ihren Augen sinnvolle Tätigkeit aufzunehmen, durchbrach die Vereinsamung nicht. […] Als Parteimitglied […] glaubte sie bis zuletzt an den Führer und verachtete Juden als ‚Pack‘, das zu verschwinden habe. Besuche in Ghettos bestätigten ihre Vorurteile, an Beutegut aus dem Osten scheint sie sich dennoch – wie andere SS-Frauen auch – bereichert zu haben“.[17]

Commons: Margarete Himmler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Lebensdaten nach Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 194 und 200.
  2. a b c d Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 194.
  3. a b Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 120.
  4. a b Jürgen Matthäus: „Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 75.
  5. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 201.
  6. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 112.
  7. Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 121 f.
  8. Verschollene Briefe Heinrich Himmlers aufgetaucht, In: Die Welt vom 24. Januar 2014 auf welt.de.
  9. „Ich fahre nach Auschwitz. Küsse, Dein Heini“ (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive), Auf: msn.com am 26. Januar 2014.
  10. Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 121.
  11. a b c Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 117.
  12. Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 120 f.
  13. Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 125.
  14. a b Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 140.
  15. Zitiert bei Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 195.
  16. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/15731442
  17. a b Jürgen Matthäus: „Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 77.
  18. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 198.
  19. Hans Peter Bleuel: Das saubere Reich. Die verheimlichte Wahrheit. Eros und Sexualität im Dritten Reich. Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach 1981, S. 266.
  20. Himmlers Nachwuchs – WELT. Abgerufen am 3. September 2017.
  21. Sven Felix Kellerhoff, Simone Meyer, Jaques Schuster: Himmlers Nachwuchs. In: Die Welt, 1. Februar 2014, S. 6.
  22. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 195.
  23. Jürgen Matthäus: „Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 76.
  24. a b c Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 196.
  25. Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 140.
  26. Robert Gerwarth: Reinhard Heydrich. Biographie. Siedler, München 2011, ISBN 978-3-88680-894-6, S. 83.
  27. Lina Heydrich 1950 in der Zeitschrift Der Spiegel über Margarete Himmler. Zitiert bei: Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 237; Kontext und teils zitiert, teils paraphrasiert bei Gerwarth, Heydrich, S. 83. DAS SPIEL IST AUS – ARTHUR NEBE. 19. Fortsetzung. In: Der Spiegel. Nr. 6, 1950 (online).
  28. Baldur von Schirach: Ich glaubte an Hitler. Mosaik-Verlag, Hamburg 1967, S. 213.
  29. a b Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 482 f.
  30. Notiz Margarete Himmlers über eine Dienstreise ins besetzte Polen vom März 1940. Zitiert nach: Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 483.
  31. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 198.
  32. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 484.
  33. a b c Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 753.
  34. a b c d Oliver Schröm, Andrea Röpke: Stille Hilfe für braune Kameraden. Das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis. Christoph Links Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-86153-231-X, S. 106 f.
  35. Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, S. 264.
  36. a b Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 193.
  37. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 197.
  38. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 197 f.
  39. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 199 f.
  40. Friedrich von Bodelschwingh im April 1962 zur Unterbringung Margarete Himmlers in den Bodelschwinghschen Anstalten. Zitiert bei: Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 200.
  41. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 248.
  42. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 409.
  43. Jürgen Matthäus: „Es war sehr nett“. Auszüge aus dem Tagebuch der Margarete Himmler, 1937–1945. In: WerkstattGeschichte 25 (2000), S. 78.
  44. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie, Siedler, München 2008, S. 482.
  45. Christina Wittler: Leben im Verborgenen. Die Witwe des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler Margarete Himmler (1893–1967) In: Bärbel Sunderbrink (Hrsg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte, Bielefeld 2010, S. 200.