Leicestershire und Dialektik der Aufklärung: Unterschied zwischen den Seiten
kriminalfall mccann hat nichts mit der grafschaft als solches zu tun |
→Rezeptionsgeschichte und Kritik: präziser |
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Die '''''Dialektik der Aufklärung''''' ist ein philosophischer Essayband von [[Max Horkheimer]] und [[Theodor W. Adorno]] mit dem Untertitel ''Philosophische Fragmente''. Er wurde im amerikanischen Exil geschrieben, als sich bereits das Ende der [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Herrschaft in Deutschland abzeichnete. Die Erstveröffentlichung erfolgte [[1944]] als [[Mimeographie]] unter dem Titel ''Philosophische Fragmente'' im [[Institut für Sozialforschung#Nationalsozialismus und Exil|New York Institute of Social Research]]. [[1947]] wurde das Werk in seiner endgültigen Fassung im Querido-Verlag in Amsterdam als Druck herausgegeben. In den 60er Jahren kursierte der Text in Raubdrucken verbreitet in deutschen Studentenkreisen, wo er intensiv rezipiert wurde. Eine offizielle Neuausgabe erschien erst wieder [[1969]] in Deutschland.<br/> |
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!colspan="2" align="center" bgcolor="#ff9999"|Leicestershire |
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|colspan="2" align="center"|[[Bild:EnglandLeicestershire.svg|200px]] |
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!colspan="2" bgcolor="#ff9999"|Geografie |
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|width="45%"|Status:||[[Zeremonielle Grafschaften Englands|Zeremonielle]] und [[Verwaltungsgrafschaften Englands|Verwaltungsgrafschaft]] |
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|Region:||[[East Midlands]] |
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|Fläche:<br />||2.156 [[Quadratmeter|km²]] |
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|Verwaltungssitz:||[[Leicester]] |
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|[[ISO 3166-2:GB|ISO 3166-2]]:||GB-LEC |
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!colspan=2 bgcolor="#ff9999"|Demografie |
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|[[Bevölkerung]]:<br />— Gesamt (2002)<br />— [[Bevölkerungsdichte|Dichte]]:||<br />899.069<br />417 pro km² |
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!colspan=2 bgcolor="#ff9999"|[[District (Vereinigtes Königreich)|Distrikte]] |
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|colspan=2|<center>[[Bild:Leicestershire Ceremonial Numbered.png]]</center> |
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# [[Charnwood]] |
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#[[Melton]] |
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# [[Harborough]] |
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# [[Oadby and Wigston]] |
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# [[Blaby (District)|Blaby]] |
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# [[Hinckley and Bosworth]] |
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# [[North West Leicestershire]] |
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# [[Leicester]] ([[Unitary Authority|Unitary]]) |
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'''Leicestershire''' ist eine [[Grafschaft (England)|Grafschaft]] im Zentrum [[England]]s. Die Grafschaft ist nach dem Verwaltungssitz, der [[Leicester|City of Leicester]], benannt. Die Grafschaft grenzt an den Stadtkreis ([[Unitary Authority]]) von Leicester sowie an die Grafschaften [[Lincolnshire]], [[Rutland]], [[Northamptonshire]], [[Warwickshire]], [[Staffordshire]], [[Derbyshire]] und [[Nottinghamshire]]. Große Teile des ''National Forest'' sind Teil der Grafschaft. |
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Ohne die Stadt Leicester beträgt die Bevölkerung 609.579 Einwohner (2001), die auf einer Fläche von 2.084 km² leben. |
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Die „Dialektik der Aufklärung“ gilt als ein Hauptwerk der [[Kritische Theorie|Kritischen Theorie]]. |
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== Geschichte == |
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Leicestershire füllte nach dem ''Domesday Book'', einem durch [[Wilhelm I. (England)|Wilhelm dem Eroberer]] im 11. Jahrhundert veranlassten Zensus vier ''wapentakes'' (Hundertschaften): [[Guthlaxton]], [[Framland]], [[Goscote]] und [[Gartree]]. Seit dieser Zeit haben sich die Grenzen der Grafschaft nur wenig verändert. 1974 wurde durch eine Gebietsreform die Grafschaft [[Rutland]] an Leicestershire angeschlossen. 1996 wurde diese Reform wieder aufgehoben. |
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Das Werk beinhaltet die [[These]], dass das Scheitern der [[Zeitalter der Aufklärung|Aufklärung]] bereits in der „instrumentellen [[Vernunft]]“ ihres Denkens angelegt ist. Mit dem Versuch, die Natur zu beherrschen, wird der einst [[Mythos|mythische]] Zugang zur Welt rational aufgeklärt, als „[[Herrschaft]]“ aber schlägt Aufklärung selbst in Mythos zurück, in den „[[Positivismus]]“ einer [[Affirmation]] des Bestehenden, das den „Einzelnen“ in einer verwalteten Welt und ''„gegenüber den ökonomischen Mächten vollends annulliert“''. Horkheimer und Adorno reagierten in ihrer Schrift auf die ''„rätselhafte Bereitschaft der technologisch erzogenen Massen“'', sich dem [[Despotismus]] der [[Totalitarismus|totalitären]] [[Ideologie]]n und Herrschaftsformen auszuliefern, und werteten dieses Verhalten als ''„Zusammenbruch der bürgerlichen Zivilisation“'' und ein Versinken in eine ''„neue Art der Barbarei“''.<!--Zitate aus Vorrede, a.a.O. Frankfurt 69, S.1ff--> |
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== Städte und Ortschaften in Leicestershire == |
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* [[Anstey]], [[Arnesby]], [[Ashby-de-la-Zouch]], [[Ashby Magna]], [[Aston Flamville]] |
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* [[Barrow-on-Soar]], [[Barwell]], [[Birstall (Leicestershire)|Birstall]], [[Blaby]], [[Bottesford]], [[Breedon on the Hill]], [[Broughton Astley]], [[Burbage (Leicestershire)|Burbage]], [[Bushby]] |
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* [[Cadeby]], [[Coalville (Leicestershire)|Coalville]], [[Countesthorpe]], [[Croft (Leicestershire)|Croft]] |
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* [[Desford]], [[Donisthorpe]] |
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* [[Earl Shilton]], [[East Norton]], [[Edith Weston]], [[Enderby]] |
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* [[Gaddesby]], [[Glenfield]] |
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* [[Hallaton]], [[Hinckley]], [[Horninghold]], [[Husbands Bosworth]] |
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* [[Ibstock]] |
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* [[Kegworth]], [[Kirby Muxloe]] |
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* [[Little Dalby]], [[Loughborough]], [[Lutterworth]] |
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* [[Market Bosworth]], [[Market Harborough]], [[Measham]], [[Melton Mowbray]], [[Moira (Leicestershire)|Moira]], [[Mountsorrel]] |
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* [[Newton Harcourt]], [[Newtown Linford]], [[Normanton (Leicestershire)]] |
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* [[Oadby]] |
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* [[Peatling Parva]] |
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* [[Queniborough]], [[Quorndon]] |
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* [[Rothley (Leicestershire)|Rothley]] |
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* [[Shackerstone]], [[Shearsby]], [[Sheepy Magna]], [[Sheepy Parva]], [[Shepshed]], [[Sileby]], [[Stoney Stanton]], [[Sutton Cheney]], [[Swinford]], [[Syston]] |
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* [[Thurmaston]], [[Thurnby]], [[Twycross]] |
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* [[Waltham-on-the-Wolds]], [[Whitwick]], [[Walton (Leicestershire)|Walton]], [[Wigston]], [[Woodhouse Eaves]] |
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Das Werk ist [[Friedrich Pollock]] gewidmet und sollte ursprünglich zu seinem 50. Geburtstag vollendet werden, was nicht gelang. |
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== Sehenswürdigkeiten == |
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== Gliederung/Überblick == |
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* [[Belvoir Castle]] |
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Das Buch gliedert sich in ein Vorwort und fünf essayistische Abhandlungen, sowie daran anschließend als letzten Teil skizzenhafte „Aufzeichnungen und Entwürfe“, die schon vor Abschluss der Essays entstanden waren. |
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* [[Schlacht von Bosworth Field|Schlachtfeld von Bosworth]] |
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* [[Bradgate Park]] |
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* [[Donington Park]] |
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* [[Foxton Locks]] |
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* [[Abtei Launde]] |
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* Botanische Gärten von Leicester |
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* [[Moira Furnace]] |
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* [[Stanford Hall]] |
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* [[Twycross Zoo]] |
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<br style="clear: both;" /> |
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# Kapitel: ''Begriff der Aufklärung'' - Hier werden die theoretischen Grundlagen des [[Begriff (Philosophie)|Begriffs]] der „Aufklärung“ erörtert, die [[Dialektik]] von Natur und Naturbeherrschung, von Mythos und Aufklärung und wie die aufgeklärte Rationalität mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit verknüpft ist. |
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{{Navigationsleiste Traditionelle Grafschaften Englands}} |
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# Kapitel: ''[[Exkurs]] I Odysseus oder Mythos und Aufklärung'' - Anhand der „[[Odyssee]]“ als einem frühen Zeugnis abendländischer Zivilisation wird die Dialektik von Mythos und Aufklärung bereits als vormoderne Auseinandersetzung mit einer mythisch verstandenen Natur durch elementare Vorformen einer aufgeklärten Naturbeherrschung veranschaulicht. |
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# Kapitel: ''Exkurs II [[Juliette (de Sade)|Juliette]] oder Aufklärung und Moral'' - In einer Gegenüberstellung von [[Immanuel Kant|Kants]] kritischen Schriften der „[[Kritik der praktischen Vernunft|praktischen]]“ und der „[[Kritik der reinen Vernunft|theoretischen“ Vernunft]] mit den Schriften [[Marquis de Sade|de Sades]] und [[Friedrich Nietzsche|Nietzsches]] wird aufgezeigt, dass die Philosophen der Gegenaufklärung letztlich als konsequente Vollender der [[Nihilismus|nihilistischen]] Selbstzerstörung der aufgeklärten Vernunft in Erscheinung treten und wie die ''„Unterwerfung alles Natürlichen unter das selbstherrliche Subjekt“'' in eine blinde Herrschaft objektiver Gleichgültigkeit gegen jeglichen Sinn und jegliche Humanität ausufert.<!-- Vorwort a.a.O. S.5--> (Siehe auch: [[Juliette (de Sade)#Exkurs „Juliette oder Aufklärung und Moral“|Juliette oder Aufklärung und Moral im Artikel „Juliette“]]) |
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# Kapitel: ''[[Kulturindustrie - Aufklärung als Massenbetrug]]'' - Hier wird gezeigt, dass die Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität in eine Ökonomisierung aller Lebensbereiche fortschreitet und damit letztlich in einem „Ausverkauf der Kultur“ endet, wo Sinn durch die kalkulierten Dummheiten des Amüsements ersetzt wird, und das Wirtschaftsgeschehen als Ausfluss der objektivierten Macht logischer Rationalisierungsprozesse unreflektiert verherrlicht wird. |
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# Kapitel: ''Elemente des [[Antisemitismus]]. Grenzen der Aufklärung'' - Anhand der Ideengeschichte des Antisemitismus wird thesenhaft dargelegt, dass der herrschenden Vernunft wesensgemäß ein Irrationalismus innewohnt, der sich im faschistischen Denken einen antizivilisatorischen Ausdruck verschaffte. Insoweit wird die Rückkehr zur Barbarei als integraler Teil der Moderne verstanden, der nicht einfach abgespalten werden kann. |
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# Kapitel: ''Aufzeichnungen und Entwürfe'' - Im Schlusskapitel versammeln sich unvollendete Gedanken teils aus den vorhergehenden Abschnitten, von denen sich die meisten auf eine „dialektische [[Anthropologie]]“ beziehen. |
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Die Gliederung lässt erkennen, dass es Horkheimer und Adorno nicht um ein logisch strukturiertes und abgeschlossenes Werk ging. |
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„“ |
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== Begriff der Aufklärung == |
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[[Kategorie:Englische Grafschaft]] |
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Horkheimer/Adorno rekapitulierten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dass im Zeichen der Aufklärung es der Menschheit nicht gelang, ''„in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten“''.<!-- a.a.O., S.1--> Sie erörterten die Frage, wie der Rationalitätsglaube in Form einer „instrumentellen Vernunft“ als Verblendung auf die Subjekte des Denkens zurückwirken konnte. |
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[[Kategorie:Leicestershire| ]] |
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Die Anfangssätze des ersten Kapitels, das dem „Begriff der Aufklärung“ gewidmet ist, lauten: |
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[[br:Leicestershire]] |
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[[ca:Leicestershire]] |
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''„Seit je hat Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils. Das Programm der Aufklärung war die Entzauberung der Welt. Sie sollte die Mythen auflösen und Einbildung durch Wissen stürzen.“''<!--a.a.O., S.7--> |
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[[cy:Swydd Gaerlŷr]] |
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[[en:Leicestershire]] |
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Es scheine nur so, als ob das aufgeklärte Weltbild dem mythischen überlegen sei. In Wahrheit seien diese beiden Ansätze sehr eng miteinander verwandt. Das Ideal der Aufklärung ist die rationale Erklärung der Welt um die Natur zu beherrschen. In ihr werde der Begriff durch die Formel ersetzt. Durch die argumentative Verteidigung der mythischen Weltdeutung werde das Prinzip der Rationalität der Aufklärung schon anerkannt. Dadurch werde sie in jeder Auseinandersetzung mächtiger. ''"Als Sein und Geschehen wird von der Aufklärung nur anerkannt, was durch Einheit sich erfassen lässt; ihr Ideal ist das System, aus dem alles und jedes folgt."''<ref> Vgl. {{Literatur | Autor=Max Horkheimer | Titel=Gesammelte Schriften | Band=Band 5, Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950 | Verlag=Fischer | Ort=Frankfurt am Main | Jahr=1987 | ISBN= | Seiten=29}}</ref> Alle Götter und Qualitäten sollen zerstört werden. Dabei übersieht sie, dass die Mythen schon ein Produkt der Aufklärung sind. ''"Als Gebieter über Natur gleichen sich der schaffende Gott und der ordnende Geist."''<ref>{{Literatur | Autor=Max Horkheimer | Titel=Gesammelte Schriften | Band=Band 5, Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950 | Verlag=Fischer | Ort=Frankfurt am Main | Jahr=1987 | ISBN= | Seiten=31.}}</ref> Sie haben die gleichen Wurzeln, denn ''"Mythen wie magische Riten meinen sich wiederholende Natur."''<ref>{{Literatur | Autor=Max Horkheimer | Titel=Gesammelte Schriften | Band=Band 5, Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950 | Verlag=Fischer | Ort=Frankfurt am Main | Jahr=1987 | ISBN= | Seiten=39}}</ref> |
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[[eo:Leicestershire]] |
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[[es:Leicestershire]] |
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=== Instrumentelle Vernunft === |
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[[eu:Leicestershire]] |
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Nach Horkheimer/Adorno ist die [[Abstraktion]] das Werkzeug, mit der die [[Logik]] von der Masse der Dinge geschieden wird. Das Mannigfaltige wird quantitativ unter eine abstrakte Größe gestellt und vereinheitlicht, um es handhabbar zu machen. Das symbolisch Benannte wird formalisiert; in der Formel wird es berechenbar und damit einem Nützlichkeitsaspekt unterzogen, verfügbar und manipulierbar zu sein. Das Schema der Berechenbarkeit wird zum System der Welterklärung. Alles, was sich dem instrumentellen Denken entzieht, wird des [[Aberglauben]]s verdächtigt. Der moderne Positivismus verbannt es in die Sphäre des Unobjektiven, des Scheins. |
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[[fi:Leicestershire]] |
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[[fr:Leicestershire]] |
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Aber diese Logik ist eine Logik des Subjekts, die unter dem Zeichen der Herrschaft, der [[Naturbeherrschung]], auf die Dinge wirkt. Diese Herrschaft tritt dem Einzelnen nunmehr als Vernunft gegenüber, die die objektive Weltsicht organisiert. |
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[[hi:लेस्टरशायर]] |
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[[id:Leicestershire]] |
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In der Vereinheitlichung des Denkens auf den Menschen angewendet, werden die gesellschaftlichen Subjekte zum manipulierbaren Kollektiv. Die wissenschaftliche Weltherrschaft wendet sich gegen die denkenden Subjekte und verdinglicht in der Industrie, der Planung, der Arbeitsteilung, der [[Ökonomie]] die Menschen zu Objekten. Unter der Herrschaft des Allgemeinen werden die Subjekte nicht nur den Dingen entfremdet, sondern die Menschen selbst versachlicht. Das Allgemeine tritt ihnen als totalitäre Herrschaftsform gegenüber, die sich die Einzelnen nach ihrem Maß zurichtet. Der [[Fortschritt]] wird destruktiv; statt Befreiung von den Zwängen der überwältigenden Natur wird Anpassung an die [[Technologie]] und das Marktgeschehen gefordert, an die Stelle der befreienden Aufklärung aus der Unmündigkeit, tritt das wirtschaftliche und politische Interesse, das Bewusstsein der Menschen zu manipulieren. Aufklärung wird zum Massenbetrug. |
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[[is:Leicestershire]] |
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[[it:Leicestershire]] |
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== Kritik der Kulturindustrie == |
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[[ja:レスターシャー]] |
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[[kw:Leicestershire]] |
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Ein Kernpunkt der ''Dialektik der Aufklärung'' ist die „Aufklärung als Massenbetrug“. |
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[[la:Comitatus Leicestriensis]] |
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Unter Kulturindustrie ist die kommerzielle Vermarktung von Kultur zu verstehen; der Industriezweig, der sich gezielt mit der Herstellung von Kultur beschäftigt. Im Gegensatz dazu steht die authentische Kultur. |
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[[lb:Leicestershire]] |
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[[lv:Lesteršīra]] |
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Nach der Auffassung Horkheimers und Adornos raubt industriell hergestellte Kultur dem Menschen die Phantasie und übernimmt das Nachdenken für ihn. Die Kulturindustrie liefert die „Ware“ so, dass dem Menschen nur noch die Aufgabe des Konsumenten zukommt. Durch Massenproduktion ist alles gleichartig und unterscheidet sich höchstens in Kleinigkeiten. Alles wird in ein Schema gepresst und erwünscht ist es, die reale Welt so gut wie möglich nachzuahmen. Triebe werden so weit geschürt, dass eine Sublimierung nicht mehr möglich ist. |
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[[nl:Leicestershire]] |
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[[no:Leicestershire]] |
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Als Beispiel lässt sich der Kinofilm anführen. Prinzipiell sind alle Filme ähnlich. Sie sind darauf ausgelegt, die Wirklichkeit möglichst gut wiederzugeben. Auch Fantasy-Filme, die den Anspruch erheben, nicht realitätsnah zu sein, werden den Anforderungen nicht gerecht. Egal, wie außergewöhnlich sie sein wollen, das Ende ist zumeist schon sehr schnell absehbar, da es nun mal viele Filme gibt, die nach dem gleichen Schema produziert wurden. Des Weiteren werden z.B. durch erotische Darstellungen Triebe so weit gestärkt, dass eine Umwälzung auf anderes nicht mehr möglich ist. |
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[[pl:Leicestershire]] |
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[[pt:Leicestershire]] |
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Das Ziel der Kulturindustrie ist – wie in jedem Industriezweig – ökonomischer Art. Alles Bemühen ist auf wirtschaftliche Erfolge ausgerichtet. |
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[[ro:Leicestershire]] |
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[[ru:Лестершир]] |
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Die authentische Kultur hingegen ist nicht zielgerichtet, sondern Selbstzweck. Sie fördert die Phantasie des Menschen, indem sie Anregungen gibt, aber anders als die Kulturindustrie, den Freiraum für eigenständiges menschliches Denken lässt. Authentische Kultur will nicht die Wirklichkeit nachstellen, sondern weit über sie hinausgehen. Sie ist individuell und lässt sich nicht in ein Schema pressen. |
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[[simple:Leicestershire]] |
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[[sk:Leicestershire]] |
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Als Ursachen für die Entstehung von Kulturindustrie führen Horkheimer und Adorno an, dass sich Firmen finden, die Kultur vermarkten und dadurch das ökonomische Ziel der Profitmaximierung verfolgen. Durch diesen Umstand bleibt Kultur nicht, was sie ist bzw. sein soll, sondern wird eine Ware wie jede andere. |
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[[sv:Leicestershire]] |
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[[tr:Leicestershire, İngiltere]] |
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== Rezeptionsgeschichte und Kritik == |
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[[vo:Leicestershire]] |
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[[zh:莱斯特郡]] |
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Ursprünglich waren die Fragmente nur als „Flaschenpost“ gedacht, die vielleicht in ferner Zeit gefunden und dann als brauchbar erkannt werden wird. Deshalb waren die Autoren auch sehr von dem Publikumserfolg der ''Dialektik der Aufklärung'' überrascht, der bereits etwa 20 Jahre nach Erscheinen des Buches — bewirkt durch die internationale [[68er-Bewegung]] — in Europa und den USA eintrat. Seither gilt das Werk als eine Grundlage der Vernunftkritik. |
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Von Seiten des kritischen Rationalismus ist durch [[Hans-Joachim Niemann]] kritisiert worden, dass [[Immanuel Kant]] in eine Reihe mit [[Marquis de Sade]] und [[Friedrich Nietzsche]] gestellt wird, um mit Kant die gesamte aufklärerische Bewegung zu diskreditieren und in die Nähe des Faschismus zu rücken.<ref>{{Literatur | Autor=Hans-Joachim Niemann | Titel=Die Strategie der Vernunft | Verlag=Vieweg | Ort=Braunschweig/Wiesbaden | Jahr=1993 | ISBN= | Seiten=91sq.}}</ref> Hiergegen lässt sich einwenden, dass das Buch keineswegs den Faschismus logisch aus der Aufklärung folgen sieht sondern mehrfach betont, dass dieser eine Folge der instrumentellen Vernunft ist, welche von der Aufklärung übriggeblieben ist, nachdem diese ihr kritisches Potential verloren hat. |
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== Literatur == |
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=== Textausgaben === |
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* {{Literatur |
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| Autor=[[Theodor Adorno]] und [[Max Horkheimer]] |
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| Titel=Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente |
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| Herausgeber=Gunzelin Schmid Noerr |
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| Sammelwerk=Gesammelte Schriften |
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| Band=Band 5 ''Dialektik der Aufklärung'' und Schriften 1940–1950 |
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| Verlag=Fischer |
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| Ort=Frankfurt am Main |
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| Jahr=1987 |
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| ISBN= |
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}} |
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=== Sekundärliteratur === |
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* {{Literatur |
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| Autor=[[Theodor Adorno]] und [[Max Horkheimer]] |
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| Titel=Zur Dialektik der Aufklärung |
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| Sammelwerk=[[Frankfurter Rundschau]] |
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| Tag= |
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| Monat= |
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| Jahr=1968 |
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| Nummer= |
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| Online=[http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/zeitgeschichte/die_68er/1968_aktuelle_artikel/1327243_Zur-Dialektik-der-Aufklaerung.html online] |
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| Seiten= |
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}} |
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* {{Literatur |
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| Autor=[[Clemens Albrecht]] |
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| Titel=Die Dialektik des Scheiterns. Aufklärung mit Horkheimer und Adorno |
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| Sammelwerk=Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe |
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| Jahr=2004 |
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| Nummer=2 |
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| Online=[http://www.zeithistorische-forschungen.de/site/40208223/default.aspx online] |
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}} |
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* {{Literatur |
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| Autor=Stefano Cochetti |
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| Titel=Mythos und „Dialektik der Aufklärung“ |
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| Verlag= |
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| Ort=Königstein im Taunus |
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| Jahr=1985 |
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| ISBN=978-3445024527 |
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}} |
|||
* {{Literatur |
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| Herausgeber=Manfred Gangl und Gérard Raulet |
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| Titel=Jenseits instrumenteller Vernunft. Kritische Studien zur „Dialektik der Aufklärung“ |
|||
| Sammelwerk=Schriftenreihe zur politischen Kultur der Weimarer Republik |
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| Band=Band 3 |
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| Verlag=Peter Lang |
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| Ort=Frankfurt am Main |
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| Jahr=1998 |
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| ISBN=978-3631331842 |
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}} |
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* {{Literatur |
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| Autor=Jürgen Habermas |
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| Titel=Die Verschlingung von Mythos und Aufklärung: Horkheimer und Adorno |
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| Herausgeber=Jürgen Habermas |
|||
| Sammelwerk=Der Philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen |
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| Verlag=Suhrkamp |
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| Ort=Frankfurt am Main |
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| Jahr=2007 |
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| ISBN=978-3518283493 |
|||
| Seiten=130–157 |
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}} |
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* {{Literatur |
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| Autor=Andreas Hetzel |
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| Titel=Interpretation. Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung |
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| Sammelwerk=Interpretationen. Hauptwerke der Sozialphilosophie |
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| Verlag=Reclam |
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| Ort=Stuttgart |
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| Jahr=2001 |
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| ISBN=3-15-018114-3 |
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| Seiten=148–172 |
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}} |
|||
* {{Literatur |
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| Autor=Harry Kunnemann und Hent de Vries |
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| Titel=Die Aktualität der „Dialektik der Aufklärung“. Zwischen Moderne und Postmoderne |
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| Verlag=Campus |
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| Ort=Frankfurt am Main/New York |
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| Jahr=1989 |
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| ISBN=978-3593340128 |
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}} |
|||
* {{Literatur |
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| Autor=Marc-Pierre Möll |
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| Titel=Ist Aufklärung totalitär? Zur „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno |
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| Sammelwerk=[[Aufklärung und Kritik]] |
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| Jahr=2003 |
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| Nummer=2 |
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| Seiten=12–22 |
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| Online=[http://www.gkpn.de/moell_dda.pdf online] |
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}} |
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* {{Literatur |
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| Autor=Willem van Reijen und Gunzelin Schmid Noerr |
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| Titel=Vierzig Jahre Flaschenpost: Dialektik der Aufklärung 1947–1987 |
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| Verlag=Fischer |
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| Ort=Frankfurt am Main |
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| Jahr=1987 |
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| ISBN=978-3596265664 |
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}} |
|||
* {{Literatur |
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| Autor=[[Reiner Rumold]] |
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| Titel=NO!art und die Dialektik der Aufklärung – Negative Ästhetik und moralische Bildlichkeit |
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| Verlag= |
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| Ort=Leipzig |
|||
| Jahr=2002 |
|||
| Online=[http://www.no-art.info/_text/rumold_no-art_de.pdf online] |
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}} |
|||
* {{Literatur |
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| Autor=[[Helmut Seidel]] |
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| Titel=Aufklärung und die Gegenwart. Zur Kritik der „Dialektik der Aufklarung“ von Adorno und Horkheimer |
|||
| Sammelwerk=UTOPIE kreativ |
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| Nummer=109/110 |
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| Monat=November/Dezember |
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| Jahr=1999 |
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| Online=[http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/109_10_Seidel.pdf online] |
|||
| Seiten=101–110 |
|||
| Kommentar=Vortrag an der [[Rosa-Luxemburg-Stiftung]] |
|||
}} |
|||
== Weblinks == |
|||
* [[Radio Bremen]]: [http://www.radiobremen.de/online/adorno/aufklaerung.html ''50 Jahre ''Dialektik der Aufklärung'' '']. Stellungnahmen von [[Ulrich Beck]], [[Norbert Bolz]], [[Sylvia Bovenschen]], [[Wolf Lepenies]], [[Margarete Mitscherlich]], [[Stefan Müller-Doohm]], [[Oskar Negt]], [[Hans-Ulrich Wehler]] und [[Wolfgang Welsch (Philosoph)|Wolfgang Welsch]] |
|||
== Einzelnachweise == |
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<references/> |
|||
[[Kategorie:Philosophisches Werk]] |
|||
[[Kategorie:Kritische Theorie]] |
|||
[[Kategorie:Aufklärung (Literatur)]] |
|||
[[Kategorie:Neomarxistische Literatur]] |
|||
[[bs:Dijalektika prosvjetiteljstva]] |
|||
[[en:Dialectic of Enlightenment]] |
|||
[[ro:Dialectica Iluminismului]] |
Version vom 23. Dezember 2008, 23:43 Uhr
Die Dialektik der Aufklärung ist ein philosophischer Essayband von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno mit dem Untertitel Philosophische Fragmente. Er wurde im amerikanischen Exil geschrieben, als sich bereits das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland abzeichnete. Die Erstveröffentlichung erfolgte 1944 als Mimeographie unter dem Titel Philosophische Fragmente im New York Institute of Social Research. 1947 wurde das Werk in seiner endgültigen Fassung im Querido-Verlag in Amsterdam als Druck herausgegeben. In den 60er Jahren kursierte der Text in Raubdrucken verbreitet in deutschen Studentenkreisen, wo er intensiv rezipiert wurde. Eine offizielle Neuausgabe erschien erst wieder 1969 in Deutschland.
Die „Dialektik der Aufklärung“ gilt als ein Hauptwerk der Kritischen Theorie.
Das Werk beinhaltet die These, dass das Scheitern der Aufklärung bereits in der „instrumentellen Vernunft“ ihres Denkens angelegt ist. Mit dem Versuch, die Natur zu beherrschen, wird der einst mythische Zugang zur Welt rational aufgeklärt, als „Herrschaft“ aber schlägt Aufklärung selbst in Mythos zurück, in den „Positivismus“ einer Affirmation des Bestehenden, das den „Einzelnen“ in einer verwalteten Welt und „gegenüber den ökonomischen Mächten vollends annulliert“. Horkheimer und Adorno reagierten in ihrer Schrift auf die „rätselhafte Bereitschaft der technologisch erzogenen Massen“, sich dem Despotismus der totalitären Ideologien und Herrschaftsformen auszuliefern, und werteten dieses Verhalten als „Zusammenbruch der bürgerlichen Zivilisation“ und ein Versinken in eine „neue Art der Barbarei“.
Das Werk ist Friedrich Pollock gewidmet und sollte ursprünglich zu seinem 50. Geburtstag vollendet werden, was nicht gelang.
Gliederung/Überblick
Das Buch gliedert sich in ein Vorwort und fünf essayistische Abhandlungen, sowie daran anschließend als letzten Teil skizzenhafte „Aufzeichnungen und Entwürfe“, die schon vor Abschluss der Essays entstanden waren.
- Kapitel: Begriff der Aufklärung - Hier werden die theoretischen Grundlagen des Begriffs der „Aufklärung“ erörtert, die Dialektik von Natur und Naturbeherrschung, von Mythos und Aufklärung und wie die aufgeklärte Rationalität mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit verknüpft ist.
- Kapitel: Exkurs I Odysseus oder Mythos und Aufklärung - Anhand der „Odyssee“ als einem frühen Zeugnis abendländischer Zivilisation wird die Dialektik von Mythos und Aufklärung bereits als vormoderne Auseinandersetzung mit einer mythisch verstandenen Natur durch elementare Vorformen einer aufgeklärten Naturbeherrschung veranschaulicht.
- Kapitel: Exkurs II Juliette oder Aufklärung und Moral - In einer Gegenüberstellung von Kants kritischen Schriften der „praktischen“ und der „theoretischen“ Vernunft mit den Schriften de Sades und Nietzsches wird aufgezeigt, dass die Philosophen der Gegenaufklärung letztlich als konsequente Vollender der nihilistischen Selbstzerstörung der aufgeklärten Vernunft in Erscheinung treten und wie die „Unterwerfung alles Natürlichen unter das selbstherrliche Subjekt“ in eine blinde Herrschaft objektiver Gleichgültigkeit gegen jeglichen Sinn und jegliche Humanität ausufert. (Siehe auch: Juliette oder Aufklärung und Moral im Artikel „Juliette“)
- Kapitel: Kulturindustrie - Aufklärung als Massenbetrug - Hier wird gezeigt, dass die Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität in eine Ökonomisierung aller Lebensbereiche fortschreitet und damit letztlich in einem „Ausverkauf der Kultur“ endet, wo Sinn durch die kalkulierten Dummheiten des Amüsements ersetzt wird, und das Wirtschaftsgeschehen als Ausfluss der objektivierten Macht logischer Rationalisierungsprozesse unreflektiert verherrlicht wird.
- Kapitel: Elemente des Antisemitismus. Grenzen der Aufklärung - Anhand der Ideengeschichte des Antisemitismus wird thesenhaft dargelegt, dass der herrschenden Vernunft wesensgemäß ein Irrationalismus innewohnt, der sich im faschistischen Denken einen antizivilisatorischen Ausdruck verschaffte. Insoweit wird die Rückkehr zur Barbarei als integraler Teil der Moderne verstanden, der nicht einfach abgespalten werden kann.
- Kapitel: Aufzeichnungen und Entwürfe - Im Schlusskapitel versammeln sich unvollendete Gedanken teils aus den vorhergehenden Abschnitten, von denen sich die meisten auf eine „dialektische Anthropologie“ beziehen.
Die Gliederung lässt erkennen, dass es Horkheimer und Adorno nicht um ein logisch strukturiertes und abgeschlossenes Werk ging. „“
Begriff der Aufklärung
Horkheimer/Adorno rekapitulierten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dass im Zeichen der Aufklärung es der Menschheit nicht gelang, „in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten“. Sie erörterten die Frage, wie der Rationalitätsglaube in Form einer „instrumentellen Vernunft“ als Verblendung auf die Subjekte des Denkens zurückwirken konnte.
Die Anfangssätze des ersten Kapitels, das dem „Begriff der Aufklärung“ gewidmet ist, lauten:
„Seit je hat Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils. Das Programm der Aufklärung war die Entzauberung der Welt. Sie sollte die Mythen auflösen und Einbildung durch Wissen stürzen.“
Es scheine nur so, als ob das aufgeklärte Weltbild dem mythischen überlegen sei. In Wahrheit seien diese beiden Ansätze sehr eng miteinander verwandt. Das Ideal der Aufklärung ist die rationale Erklärung der Welt um die Natur zu beherrschen. In ihr werde der Begriff durch die Formel ersetzt. Durch die argumentative Verteidigung der mythischen Weltdeutung werde das Prinzip der Rationalität der Aufklärung schon anerkannt. Dadurch werde sie in jeder Auseinandersetzung mächtiger. "Als Sein und Geschehen wird von der Aufklärung nur anerkannt, was durch Einheit sich erfassen lässt; ihr Ideal ist das System, aus dem alles und jedes folgt."[1] Alle Götter und Qualitäten sollen zerstört werden. Dabei übersieht sie, dass die Mythen schon ein Produkt der Aufklärung sind. "Als Gebieter über Natur gleichen sich der schaffende Gott und der ordnende Geist."[2] Sie haben die gleichen Wurzeln, denn "Mythen wie magische Riten meinen sich wiederholende Natur."[3]
Instrumentelle Vernunft
Nach Horkheimer/Adorno ist die Abstraktion das Werkzeug, mit der die Logik von der Masse der Dinge geschieden wird. Das Mannigfaltige wird quantitativ unter eine abstrakte Größe gestellt und vereinheitlicht, um es handhabbar zu machen. Das symbolisch Benannte wird formalisiert; in der Formel wird es berechenbar und damit einem Nützlichkeitsaspekt unterzogen, verfügbar und manipulierbar zu sein. Das Schema der Berechenbarkeit wird zum System der Welterklärung. Alles, was sich dem instrumentellen Denken entzieht, wird des Aberglaubens verdächtigt. Der moderne Positivismus verbannt es in die Sphäre des Unobjektiven, des Scheins.
Aber diese Logik ist eine Logik des Subjekts, die unter dem Zeichen der Herrschaft, der Naturbeherrschung, auf die Dinge wirkt. Diese Herrschaft tritt dem Einzelnen nunmehr als Vernunft gegenüber, die die objektive Weltsicht organisiert.
In der Vereinheitlichung des Denkens auf den Menschen angewendet, werden die gesellschaftlichen Subjekte zum manipulierbaren Kollektiv. Die wissenschaftliche Weltherrschaft wendet sich gegen die denkenden Subjekte und verdinglicht in der Industrie, der Planung, der Arbeitsteilung, der Ökonomie die Menschen zu Objekten. Unter der Herrschaft des Allgemeinen werden die Subjekte nicht nur den Dingen entfremdet, sondern die Menschen selbst versachlicht. Das Allgemeine tritt ihnen als totalitäre Herrschaftsform gegenüber, die sich die Einzelnen nach ihrem Maß zurichtet. Der Fortschritt wird destruktiv; statt Befreiung von den Zwängen der überwältigenden Natur wird Anpassung an die Technologie und das Marktgeschehen gefordert, an die Stelle der befreienden Aufklärung aus der Unmündigkeit, tritt das wirtschaftliche und politische Interesse, das Bewusstsein der Menschen zu manipulieren. Aufklärung wird zum Massenbetrug.
Kritik der Kulturindustrie
Ein Kernpunkt der Dialektik der Aufklärung ist die „Aufklärung als Massenbetrug“. Unter Kulturindustrie ist die kommerzielle Vermarktung von Kultur zu verstehen; der Industriezweig, der sich gezielt mit der Herstellung von Kultur beschäftigt. Im Gegensatz dazu steht die authentische Kultur.
Nach der Auffassung Horkheimers und Adornos raubt industriell hergestellte Kultur dem Menschen die Phantasie und übernimmt das Nachdenken für ihn. Die Kulturindustrie liefert die „Ware“ so, dass dem Menschen nur noch die Aufgabe des Konsumenten zukommt. Durch Massenproduktion ist alles gleichartig und unterscheidet sich höchstens in Kleinigkeiten. Alles wird in ein Schema gepresst und erwünscht ist es, die reale Welt so gut wie möglich nachzuahmen. Triebe werden so weit geschürt, dass eine Sublimierung nicht mehr möglich ist.
Als Beispiel lässt sich der Kinofilm anführen. Prinzipiell sind alle Filme ähnlich. Sie sind darauf ausgelegt, die Wirklichkeit möglichst gut wiederzugeben. Auch Fantasy-Filme, die den Anspruch erheben, nicht realitätsnah zu sein, werden den Anforderungen nicht gerecht. Egal, wie außergewöhnlich sie sein wollen, das Ende ist zumeist schon sehr schnell absehbar, da es nun mal viele Filme gibt, die nach dem gleichen Schema produziert wurden. Des Weiteren werden z.B. durch erotische Darstellungen Triebe so weit gestärkt, dass eine Umwälzung auf anderes nicht mehr möglich ist.
Das Ziel der Kulturindustrie ist – wie in jedem Industriezweig – ökonomischer Art. Alles Bemühen ist auf wirtschaftliche Erfolge ausgerichtet.
Die authentische Kultur hingegen ist nicht zielgerichtet, sondern Selbstzweck. Sie fördert die Phantasie des Menschen, indem sie Anregungen gibt, aber anders als die Kulturindustrie, den Freiraum für eigenständiges menschliches Denken lässt. Authentische Kultur will nicht die Wirklichkeit nachstellen, sondern weit über sie hinausgehen. Sie ist individuell und lässt sich nicht in ein Schema pressen.
Als Ursachen für die Entstehung von Kulturindustrie führen Horkheimer und Adorno an, dass sich Firmen finden, die Kultur vermarkten und dadurch das ökonomische Ziel der Profitmaximierung verfolgen. Durch diesen Umstand bleibt Kultur nicht, was sie ist bzw. sein soll, sondern wird eine Ware wie jede andere.
Rezeptionsgeschichte und Kritik
Ursprünglich waren die Fragmente nur als „Flaschenpost“ gedacht, die vielleicht in ferner Zeit gefunden und dann als brauchbar erkannt werden wird. Deshalb waren die Autoren auch sehr von dem Publikumserfolg der Dialektik der Aufklärung überrascht, der bereits etwa 20 Jahre nach Erscheinen des Buches — bewirkt durch die internationale 68er-Bewegung — in Europa und den USA eintrat. Seither gilt das Werk als eine Grundlage der Vernunftkritik.
Von Seiten des kritischen Rationalismus ist durch Hans-Joachim Niemann kritisiert worden, dass Immanuel Kant in eine Reihe mit Marquis de Sade und Friedrich Nietzsche gestellt wird, um mit Kant die gesamte aufklärerische Bewegung zu diskreditieren und in die Nähe des Faschismus zu rücken.[4] Hiergegen lässt sich einwenden, dass das Buch keineswegs den Faschismus logisch aus der Aufklärung folgen sieht sondern mehrfach betont, dass dieser eine Folge der instrumentellen Vernunft ist, welche von der Aufklärung übriggeblieben ist, nachdem diese ihr kritisches Potential verloren hat.
Literatur
Textausgaben
- Theodor Adorno und Max Horkheimer: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. In: Gunzelin Schmid Noerr (Hrsg.): Gesammelte Schriften. Band 5 Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950. Fischer, Frankfurt am Main 1987.
Sekundärliteratur
- Theodor Adorno und Max Horkheimer: Zur Dialektik der Aufklärung. In: Frankfurter Rundschau. 1968 (online).
- Clemens Albrecht: Die Dialektik des Scheiterns. Aufklärung mit Horkheimer und Adorno. In: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe. Nr. 2, 2004 (online).
- Stefano Cochetti: Mythos und „Dialektik der Aufklärung“. Königstein im Taunus 1985, ISBN 978-3-445-02452-7.
- Jenseits instrumenteller Vernunft. Kritische Studien zur „Dialektik der Aufklärung“. In: Manfred Gangl und Gérard Raulet (Hrsg.): Schriftenreihe zur politischen Kultur der Weimarer Republik. Band 3. Peter Lang, Frankfurt am Main 1998, ISBN 978-3-631-33184-2.
- Jürgen Habermas: Die Verschlingung von Mythos und Aufklärung: Horkheimer und Adorno. In: Jürgen Habermas (Hrsg.): Der Philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-518-28349-3, S. 130–157.
- Andreas Hetzel: Interpretation. Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. In: Interpretationen. Hauptwerke der Sozialphilosophie. Reclam, Stuttgart 2001, ISBN 3-15-018114-3, S. 148–172.
- Harry Kunnemann und Hent de Vries: Die Aktualität der „Dialektik der Aufklärung“. Zwischen Moderne und Postmoderne. Campus, Frankfurt am Main/New York 1989, ISBN 978-3-593-34012-8.
- Marc-Pierre Möll: Ist Aufklärung totalitär? Zur „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno. In: Aufklärung und Kritik. Nr. 2, 2003, S. 12–22 (online [PDF]).
- Willem van Reijen und Gunzelin Schmid Noerr: Vierzig Jahre Flaschenpost: Dialektik der Aufklärung 1947–1987. Fischer, Frankfurt am Main 1987, ISBN 978-3-596-26566-4.
- Reiner Rumold: NO!art und die Dialektik der Aufklärung – Negative Ästhetik und moralische Bildlichkeit. Leipzig 2002 (online [PDF]).
- Helmut Seidel: Aufklärung und die Gegenwart. Zur Kritik der „Dialektik der Aufklarung“ von Adorno und Horkheimer. In: UTOPIE kreativ. 109/110, November/Dezember, 1999, S. 101–110 (online [PDF] Vortrag an der Rosa-Luxemburg-Stiftung).
Weblinks
- Radio Bremen: 50 Jahre Dialektik der Aufklärung . Stellungnahmen von Ulrich Beck, Norbert Bolz, Sylvia Bovenschen, Wolf Lepenies, Margarete Mitscherlich, Stefan Müller-Doohm, Oskar Negt, Hans-Ulrich Wehler und Wolfgang Welsch
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Max Horkheimer: Gesammelte Schriften. Band 5, Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950. Fischer, Frankfurt am Main 1987, S. 29.
- ↑ Max Horkheimer: Gesammelte Schriften. Band 5, Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950. Fischer, Frankfurt am Main 1987, S. 31.
- ↑ Max Horkheimer: Gesammelte Schriften. Band 5, Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950. Fischer, Frankfurt am Main 1987, S. 39.
- ↑ Hans-Joachim Niemann: Die Strategie der Vernunft. Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden 1993, S. 91sq.