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„Antoni van Leeuwenhoek“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Anthonie van Leeuwenhoek (1632-1723). Natuurkundige te Delft Rijksmuseum SK-A-957.jpeg|mini|Antoni van Leeuwenhoek, Gemälde von [[Jan Verkolje]].]]
[[Datei:Anthonie van Leeuwenhoek (1632-1723). Natuurkundige te Delft Rijksmuseum SK-A-957.jpeg|mini|Antoni van Leeuwenhoek, Gemälde von [[Jan Verkolje]].]]
'''Antoni van Leeuwenhoek''' [{{IPA|ˈantoːnɛɪ̯ ˈvɑn ˈleːwənhuk}}] ({{Audio|LeeuwenhoekPronunciation.ogg|Aussprache}}) (auch ''Antony'', ''Anthonie'' oder ''Antonie''; * [[24. Oktober]] [[1632]] in [[Delft]]; † [[26. August]] [[1723]] ebenda) war [[Niederlande|niederländischer]] [[Naturforscher]] und der bedeutendste Mikroskopiker des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts.
'''Antoni van Leeuwenhoek''' [{{IPA|ˈantoːnɛɪ̯ ˈvɑn ˈleːwənhuk}}] ({{Audio|LeeuwenhoekPronunciation.ogg|Aussprache}}) (auch ''Antony'', ''Anthonie'' oder ''Antonie''; * [[24. Oktober]] [[1632]] in [[Delft]]; † [[26. August]] [[1723]] ebenda) war [[Niederlande|niederländischer]] [[Naturforscher]] und der bedeutendste Mikroskopiker des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts.


Leeuwenhoek war gelernter Tuchhändler, später städtischer Beamter in seiner Heimatstadt Delft. Er hatte keine wissenschaftliche oder technische Ausbildung und brachte sich das Herstellen und benutzen von [[Lichtmikroskop|Mikroskopen]] selbst bei. Die Beobachtungen, die er mit seinen Mikroskopen machte, teilte er in über 300 Briefen an die [[Royal Society]] in London sowie an zahlreiche andere europäische Persönlichkeiten mit.
Leeuwenhoek war gelernter Tuchhändler, später städtischer Beamter in seiner Heimatstadt Delft. Er hatte keine wissenschaftliche oder technische Ausbildung und brachte sich das Herstellen und benutzen von [[Lichtmikroskop|Mikroskopen]] selbst bei. Die Beobachtungen, die er mit seinen Mikroskopen machte, teilte er in über 300 Briefen an die [[Royal Society]] in London sowie an zahlreiche andere europäische Persönlichkeiten mit.


Er entdeckte die [[Mikroorganismen]], darunter [[Bakterien]], [[Protozoen]] und andere [[Einzeller]] und wird deshalb als „Vater der [[Protozoologie]] und [[Bakteriologie]]“ bezeichnet.<ref>Dobell, S. 362</ref> Er teilte die Entdeckung der [[Spermatozoen]] mit und untersuchte diese bei zahlreichen Tierarten. Seine Beobachtungen machten ihn zum Gegner der [[Spontanzeugung]]. Parallel zu anderen Forschern seiner Zeit entdeckte er [[rote Blutkörperchen]] und die [[Kapillare (Anatomie)|Kapillaren]] als Verbindung zwischen [[Arterie]]n und [[Vene]]n im [[Blutkreislauf]]. Seine Forschungsgebiete erstreckten sich auf einen weiten Bereich von der Medizin bis zur Botanik.
Er entdeckte die [[Mikroorganismen]], darunter [[Bakterien]], [[Protozoen]] und andere [[Einzeller]] und wird deshalb als „Vater der [[Protozoologie]] und [[Bakteriologie]]“ bezeichnet.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 362.</ref> Er teilte die Entdeckung der [[Spermatozoen]] mit und untersuchte diese bei zahlreichen Tierarten. Seine Beobachtungen machten ihn zum Gegner der [[Spontanzeugung]]. Parallel zu anderen Forschern seiner Zeit entdeckte er [[rote Blutkörperchen]] und die [[Kapillare (Anatomie)|Kapillaren]] als Verbindung zwischen [[Arterie]]n und [[Vene]]n im [[Blutkreislauf]]. Seine Forschungsgebiete erstreckten sich auf einen weiten Bereich von der Medizin bis zur Botanik.


== Schreibvarianten des Namens ==
== Schreibvarianten des Namens ==
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Leeuwenhoeck bedeutet Löwenecke. Der Name ruht vermutlich von einer Straßenecke in der Nähe des Leeuwenpoort, des Löwentors im Osten von Delft her. Bis 1683 unterschrieb Leeuwenhoek mit „Antoni Leeuwenhoeck“. Danach ließ er das c im Nachnamen weg um ab 1685 bis zum Lebensende mit „Antoni van Leeuwenhoek“ zu zeichnen.
Leeuwenhoeck bedeutet Löwenecke. Der Name ruht vermutlich von einer Straßenecke in der Nähe des Leeuwenpoort, des Löwentors im Osten von Delft her. Bis 1683 unterschrieb Leeuwenhoek mit „Antoni Leeuwenhoeck“. Danach ließ er das c im Nachnamen weg um ab 1685 bis zum Lebensende mit „Antoni van Leeuwenhoek“ zu zeichnen.
In den englischen Übersetzungen seiner Briefe, die in den [[Philosophical Transactions of the Royal Society]] veröffentlicht wurden, ist der Nachname in 19 verschiedenen Varianten buchstabiert worden. Die meisten davon müssen wohl als schlichte Falschschreibungen angesehen werden.
In den englischen Übersetzungen seiner Briefe, die in den [[Philosophical Transactions of the Royal Society]] veröffentlicht wurden, ist der Nachname in 19 verschiedenen Varianten buchstabiert worden. Die meisten davon müssen wohl als schlichte Falschschreibungen angesehen werden.
Der letzte Buchstabe des Vornamens ist ein [[langes i]], das in seinen auf Niederländisch veröffentlichen Briefen meist als i, manchmal als y wiedergegeben wurde. „Antoni“ wird auf dem o betont.<ref name=d301>Dobell, S. 301–303</ref>
Der letzte Buchstabe des Vornamens ist ein [[langes i]], das in seinen auf Niederländisch veröffentlichen Briefen meist als i, manchmal als y wiedergegeben wurde. „Antoni“ wird auf dem o betont.<ref name="d301">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 301–303</ref>


Auf seinem Gedenkstein an der alten Kirche in Delft und auf den meisten seiner auf lateinisch veröffentlichten Briefe wurde die lateinisierte Form „Antonius a Leeuwenhoek“ verwendet. Auf seinem Grabstein findet sich außerdem im niederländischen Text die Variante „Anthony van Leewenhoek“, also ohne u im Nachnamen und zusätzlichem h und y im Vornamen, eine Schreibweise die von ihm selbst nicht überliefert ist.
Auf seinem Gedenkstein an der alten Kirche in Delft und auf den meisten seiner auf lateinisch veröffentlichten Briefe wurde die lateinisierte Form „Antonius a Leeuwenhoek“ verwendet. Auf seinem Grabstein findet sich außerdem im niederländischen Text die Variante „Anthony van Leewenhoek“, also ohne u im Nachnamen und zusätzlichem h und y im Vornamen, eine Schreibweise die von ihm selbst nicht überliefert ist.
Weitere Schreibvarianten wurden von deutschen (Anton von Leuwenhoek), französischen (Antoine Leuwenhoek) und italienischen Autoren verwendet (Lewenoeckio, Lauenoch), häufiger in abweichenden Schreibweisen im gleichen Text.<ref name=d301/>
Weitere Schreibvarianten wurden von deutschen (Anton von Leuwenhoek), französischen (Antoine Leuwenhoek) und italienischen Autoren verwendet (Lewenoeckio, Lauenoch), häufiger in abweichenden Schreibweisen im gleichen Text.<ref name="d301" />


In modernen Texten wird als Name meist „Leeuwenhoek“ verwendet<ref name=petri/><ref>{{BibISBN|9783817117819}}</ref><ref>Dobell, 1932</ref><ref>Snyder, 2015</ref><ref>{{Literatur |Autor=Alma Smith Payne |Titel=The Cleere Observer. A Biography of Antoni van Leeuwenhoek |Auflage= |Verlag=Macmillan and Co LTD |Ort=London and Basinstoke |Datum=1970 |ISBN= |Seiten=}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Enzyklopädie Medizingeschichte |Hrsg=[[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner |Sammelwerk= |Band= |Auflage= |Verlag=de Gruyter |Ort=Berlin/ New York |Datum=2005 |ISBN=3-11-015714-4 }}</ref><ref name=ulm/>,
In modernen Texten wird als Name meist „Leeuwenhoek“ verwendet<ref name="petri" /><ref>{{BibISBN|9783817117819}}</ref><ref>Dobell, 1932</ref><ref>Snyder, 2015</ref><ref>{{Literatur |Autor=Alma Smith Payne |Titel=The Cleere Observer. A Biography of Antoni van Leeuwenhoek |Auflage= |Verlag=Macmillan and Co LTD |Ort=London and Basinstoke |Datum=1970 |ISBN= |Seiten=}}</ref><ref>{{Literatur |Hrsg=[[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner |Titel=Enzyklopädie Medizingeschichte |Auflage= |Verlag=de Gruyter |Ort=Berlin/ New York |Datum=2005 |ISBN=3-11-015714-4}}</ref><ref name="ulm" />,
selten „van Leeuwenhoek“<ref>{{Literatur |Autor=Domenico Bertolini Meli |Titel=Mechanism, Experiment, Disease. Marcello Malpighi and Seventeenth-Century Anatomy |Auflage= |Verlag=The Johns Hopkins University Press |Ort=Baltimore |Datum=2011 |ISBN=978-0-8018-9904-1 |Seiten=}}</ref><ref name=silva2/>.
selten „van Leeuwenhoek“<ref>{{Literatur |Autor=Domenico Bertolini Meli |Titel=Mechanism, Experiment, Disease. Marcello Malpighi and Seventeenth-Century Anatomy |Auflage= |Verlag=The Johns Hopkins University Press |Ort=Baltimore |Datum=2011 |ISBN=978-0-8018-9904-1 |Seiten=}}</ref><ref name="silva2" />.


== Leben ==
== Leben ==
=== Kindheit und Jugend ===
=== Kindheit und Jugend ===
Antoni van Leeuwenhoekwurde am 24. Oktober 1632 geboren, während des [[Goldenes Zeitalter (Niederlande)|Goldenen Zeitalters]] der Niederlande. Seine Heimatstadt Delft hatte zu dieser Zeit etwa 21000 Einwohner<ref>Snyder, S. 18</ref>. Seine Eltern waren Philips van Leeuwenhoek, ein Korbmacher wie sein eigener Vater, und Margaretha, geborene Bel van den Berch, Tochter des Delfter Braumeisters Jacob Bel van den Berch. Sie heirateten 1622. Antony wurde zehn Jahre später als fünftes Kind nach vier Schwestern geboren. Er wurde am 4. November 1632 in der [[Nieuwe Kerk (Delft)|Nieuwe Kerk]] getauft. Der Name auf dem Taufeintrag lautet auf „Thonis“, Nachnamen werden nicht erwähnt. Der Vater wird als „Phillips thonis zn“ angegeben, also Phillip, Thonis Sohn. In der väterlichen Linie haben sich die Vornamen Thonis (also Antony) und Phillips über mehrere Generationen abgewechselt.
Antoni van Leeuwenhoekwurde am 24. Oktober 1632 geboren, während des [[Goldenes Zeitalter (Niederlande)|Goldenen Zeitalters]] der Niederlande. Seine Heimatstadt Delft hatte zu dieser Zeit etwa 21000 Einwohner<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 18</ref>. Seine Eltern waren Philips van Leeuwenhoek, ein Korbmacher wie sein eigener Vater, und Margaretha, geborene Bel van den Berch, Tochter des Delfter Braumeisters Jacob Bel van den Berch. Sie heirateten 1622. Antony wurde zehn Jahre später als fünftes Kind nach vier Schwestern geboren. Er wurde am 4. November 1632 in der [[Nieuwe Kerk (Delft)|Nieuwe Kerk]] getauft. Der Name auf dem Taufeintrag lautet auf „Thonis“, Nachnamen werden nicht erwähnt. Der Vater wird als „Phillips thonis zn“ angegeben, also Phillip, Thonis Sohn. In der väterlichen Linie haben sich die Vornamen Thonis (also Antony) und Phillips über mehrere Generationen abgewechselt.
Leeuwenhoeks Vater starb fünf Jahre nach der Geburt, Anfang Januar 1638. Die Mutter heiratete im Dezember 1640 erneut, ihr zweiter Mann Jacob Jansz. Molin, ein Maler, starb 1648. 1664 starb auch die Mutter, sie wurde am 3. September beerdigt.<ref name=D19>Dobell, S. 19–24</ref>
Leeuwenhoeks Vater starb fünf Jahre nach der Geburt, Anfang Januar 1638. Die Mutter heiratete im Dezember 1640 erneut, ihr zweiter Mann Jacob Jansz. Molin, ein Maler, starb 1648. 1664 starb auch die Mutter, sie wurde am 3. September beerdigt.<ref name="D19">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 19–24</ref>


Etwa zur Zeit ihrer zweiten Heirat schickte die Mutter ihren Sohn im Alter von 8 Jahren auf eine Schule in Warmond, nördlich von [[Leiden (Stadt)|Leiden]]. Anschließend, vermutlich ab 1646, lebte er bei seinem Onkel Cornelis Jacobsz van den Berch in [[Benthuizen]], knapp 20 Kilometer nordöstlich von Delft. Dieser Onkel war Anwalt und Gemeindebeamter. Es wird spekuliert, dass er hier einige Grundlagen der Mathematik und Physik erlernte, es gibt aber keine Quellen zu seiner Bildung. Eigenen späteren Aussagen zufolge hat er keine Fremdsprache erlernt. Er sprach ausschließlich den [[Holländischer Dialekt|holländischen Dialekt]] seiner Zeit und Gegend.<ref name=D305>Dobell, S. 305–307</ref><ref name=D19/><ref name=S49>Snyder, S. 49–50</ref>
Etwa zur Zeit ihrer zweiten Heirat schickte die Mutter ihren Sohn im Alter von 8 Jahren auf eine Schule in Warmond, nördlich von [[Leiden (Stadt)|Leiden]]. Anschließend, vermutlich ab 1646, lebte er bei seinem Onkel Cornelis Jacobsz van den Berch in [[Benthuizen]], knapp 20 Kilometer nordöstlich von Delft. Dieser Onkel war Anwalt und Gemeindebeamter. Es wird spekuliert, dass er hier einige Grundlagen der Mathematik und Physik erlernte, es gibt aber keine Quellen zu seiner Bildung. Eigenen späteren Aussagen zufolge hat er keine Fremdsprache erlernt. Er sprach ausschließlich den [[Holländischer Dialekt|holländischen Dialekt]] seiner Zeit und Gegend.<ref name="D305">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 305–307</ref><ref name="D19" /><ref name="S49">Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 49–50</ref>


1648, im Jahr als sein Stiefvater starb, wurde er mit 16 Jahren von seiner Mutter nach [[Amsterdam]] geschickt. Einige ihrer Verwandten waren erfolgreiche Händler, so auch ihr Schwager Pieter Mauritz Douchy, ein einflussreicher Woll-Händler in Amsterdam. Dieser nahm Leeuwenhock bei sich auf und suchte ihm eine Anstellung. Leeuwenhock wurde beim Tuchhändler William Davidson, einem 1616 geborenen Schotten, ausgebildet, der sich 1640 in Amsterdam niedergelassen hatte. Er bewährte sich und wurde schließlich für mehrere Jahre als Buchhalter und Kassierer eingesetzt. Wie lange er in diesem Geschäft arbeitete und welche sonstigen Tätigkeiten er verfolgte ist nicht bekannt. Es wird spekuliert, dass er zu dieser Zeit [[Jan Swammerdam]] kennenlernte.<ref name=D19/><ref name=S49/>
1648, im Jahr als sein Stiefvater starb, wurde er mit 16 Jahren von seiner Mutter nach [[Amsterdam]] geschickt. Einige ihrer Verwandten waren erfolgreiche Händler, so auch ihr Schwager Pieter Mauritz Douchy, ein einflussreicher Woll-Händler in Amsterdam. Dieser nahm Leeuwenhock bei sich auf und suchte ihm eine Anstellung. Leeuwenhock wurde beim Tuchhändler William Davidson, einem 1616 geborenen Schotten, ausgebildet, der sich 1640 in Amsterdam niedergelassen hatte. Er bewährte sich und wurde schließlich für mehrere Jahre als Buchhalter und Kassierer eingesetzt. Wie lange er in diesem Geschäft arbeitete und welche sonstigen Tätigkeiten er verfolgte ist nicht bekannt. Es wird spekuliert, dass er zu dieser Zeit [[Jan Swammerdam]] kennenlernte.<ref name="D19" /><ref name="S49" />


=== Rückkehr nach Delft und gesellschaftlicher Aufstieg ===
=== Rückkehr nach Delft und gesellschaftlicher Aufstieg ===
1654 kehrte er nach Delft zurück, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Am 29. Juli des Jahres heiratete er mit 21 Jahren die drei Jahre ältere Barbara de May (*20.12.1629). Zwischen 1655 und 1664 hatte das Paar fünf Kinder, von denen nur die zweitgeborene Tochter Maria (*22.09.1656; † 25.04.1745) die frühe Kindheit überlebte. Maria blieb unverheiratet und blieb bei ihrem Vater bis an sein Lebensende. Wohl ebenfalls 1654 kaufte Leeuwenhoek ein Haus und Geschäft in der Straße Hippolytusbuurt, in dem er einen Tuchhandel eröffnete. Zwei überlieferte Rechnungen von 1658 und 1660 zeigen, dass er tatsächlich als Tuch- und Kurzwarenhändler tätig war.<ref name=D27>Dobell, S. 27–37</ref>
1654 kehrte er nach Delft zurück, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Am 29. Juli des Jahres heiratete er mit 21 Jahren die drei Jahre ältere Barbara de May (*20.12.1629). Zwischen 1655 und 1664 hatte das Paar fünf Kinder, von denen nur die zweitgeborene Tochter Maria (*22.09.1656; † 25.04.1745) die frühe Kindheit überlebte. Maria blieb unverheiratet und blieb bei ihrem Vater bis an sein Lebensende. Wohl ebenfalls 1654 kaufte Leeuwenhoek ein Haus und Geschäft in der Straße Hippolytusbuurt, in dem er einen Tuchhandel eröffnete. Zwei überlieferte Rechnungen von 1658 und 1660 zeigen, dass er tatsächlich als Tuch- und Kurzwarenhändler tätig war.<ref name="D27">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 27–37</ref>


1660, mit nur 27 Jahren wurde Leeuwenhoek zum [[Kammerherr]]n der ''Schepenen'' der Stadt Delft ernannt („Camerbewaarder der Camer van Heeren Scheppenen van Delft“). Ein Schepen war ein städtische Würdenträger mit Aufgaben eines [[Ratsherr]]en, aber auch eines [[Schöffe (historisch)|Schöffen]]. Diese Funktion erfüllte Leeuwenhoek 39 Jahre lang. Auch danach bezog er noch bis zu seinem Tod das entsprechende Gehalt. Zu den Aufgaben gehörte es, die Räumlichkeiten instand zu halten, zu beheizen, zu reinigen, für Versammlungen zu öffnen, Aufgaben für die Versammelten zu übernehmen, und Stillschweigen über alle dort beredeten Angelegenheiten zu bewahren. Sein jährliches Gehalt mit Aufwandsentschädigung lag zunächst bei 314 Florin pro Jahr und 1699 bei 400 um schließlich auf 450 Florin zu steigen: 1711 bekam er ein zusätzliches Gehalt von 50 Florin als „generaal-wijkmeester“ (in etwa: General-Bezirksmeister). Ein gut bezahlter Glasarbeiter verdiente 270 Florin im Jahr, Leeuwenhoek bekam also ein recht stattliches Gehalt. Es wird vermutet, dass Leeuwenhoek beide Ämter ehrenhalber verliehen wurden und die tatsächlichen Aufgaben durch Stellvertreter ausgeführt wurden. Ebenfalls um 1660 hat er vermutlich aufgehört als Tuchhändler zu arbeiten.<ref name=D27/><ref>Snyder, S. 112-113</ref>
1660, mit nur 27 Jahren wurde Leeuwenhoek zum [[Kammerherr]]n der ''Schepenen'' der Stadt Delft ernannt („Camerbewaarder der Camer van Heeren Scheppenen van Delft“). Ein Schepen war ein städtische Würdenträger mit Aufgaben eines [[Ratsherr]]en, aber auch eines [[Schöffe (historisch)|Schöffen]]. Diese Funktion erfüllte Leeuwenhoek 39 Jahre lang. Auch danach bezog er noch bis zu seinem Tod das entsprechende Gehalt. Zu den Aufgaben gehörte es, die Räumlichkeiten instand zu halten, zu beheizen, zu reinigen, für Versammlungen zu öffnen, Aufgaben für die Versammelten zu übernehmen, und Stillschweigen über alle dort beredeten Angelegenheiten zu bewahren. Sein jährliches Gehalt mit Aufwandsentschädigung lag zunächst bei 314 Florin pro Jahr und 1699 bei 400 um schließlich auf 450 Florin zu steigen: 1711 bekam er ein zusätzliches Gehalt von 50 Florin als „generaal-wijkmeester“ (in etwa: General-Bezirksmeister). Ein gut bezahlter Glasarbeiter verdiente 270 Florin im Jahr, Leeuwenhoek bekam also ein recht stattliches Gehalt. Es wird vermutet, dass Leeuwenhoek beide Ämter ehrenhalber verliehen wurden und die tatsächlichen Aufgaben durch Stellvertreter ausgeführt wurden. Ebenfalls um 1660 hat er vermutlich aufgehört als Tuchhändler zu arbeiten.<ref name="D27" /><ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 112–113</ref>


Nach zwölf Jahren Ehe starb 1666 Leeuwenhoeks Frau Barbara. 1671 heiratete er ein zweites Mal, Cornelia Swalmius. Diese starb 1694.<ref name=D27/>
Nach zwölf Jahren Ehe starb 1666 Leeuwenhoeks Frau Barbara. 1671 heiratete er ein zweites Mal, Cornelia Swalmius. Diese starb 1694.<ref name="D27" />


1669 wurde Leeuwenhoek nach entsprechender Prüfung als [[Landvermesser]] staatlich zugelassen. 1676 wurde er zum [[Nachlassverwalter]] für den Maler [[Jan Vermeer]] bestimmt. Ebenfalls 1632 geboren verstarb dieser mit nur 43 Jahren und hinterließ seiner Witwe und acht minderjährigen Kindern einen insolventen Nachlass sowie zahlreiche seiner wertvollen Bilder. Nachdem die Witwe den Bankrott erklären musste wurde Leeuwenhoek eingesetzt. Möglicherweise war er ein Freund der Familie Vermeer. Sehr wahrscheinlich haben sich Leeuwenhoek und Vermeer gekannt. Sie wohnten beide in der Nähe des Delfter Marktplatzes und hatten gemeinsame Bekannte, etwa [[Constantijn Huygens]]. Es gibt aber keinen historischen Beleg für eine Bekanntschaft.<ref>Snyder, S. 11–12 und S. 268-271</ref> Jedenfalls wird die Übertragung der Abwicklung des Besitzes eines zu Lebzeiten in der Stadt angesehenen Malers als Beleg für ein hohes Ansehen Leeuwenhoeks gesehen. Ein weiteres Amt übernahm Leeuwenhoek 1679 als er zum wijnroeijer (Weinmesser) gewählt wurde. Als solcher musste er alle Weine und [[Spirituosen]], die in die Stadt gebracht wurden, prüfen, und die verwendeten Gefäße [[Eichung|eichen]]. Dieses Amt hatte er wohl bis zum Lebensende, wobei er sich teils vertreten ließ.<ref name=D27/>
1669 wurde Leeuwenhoek nach entsprechender Prüfung als [[Landvermesser]] staatlich zugelassen. 1676 wurde er zum [[Nachlassverwalter]] für den Maler [[Jan Vermeer]] bestimmt. Ebenfalls 1632 geboren verstarb dieser mit nur 43 Jahren und hinterließ seiner Witwe und acht minderjährigen Kindern einen insolventen Nachlass sowie zahlreiche seiner wertvollen Bilder. Nachdem die Witwe den Bankrott erklären musste wurde Leeuwenhoek eingesetzt. Möglicherweise war er ein Freund der Familie Vermeer. Sehr wahrscheinlich haben sich Leeuwenhoek und Vermeer gekannt. Sie wohnten beide in der Nähe des Delfter Marktplatzes und hatten gemeinsame Bekannte, etwa [[Constantijn Huygens]]. Es gibt aber keinen historischen Beleg für eine Bekanntschaft.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 11–12 und S. 268–271</ref> Jedenfalls wird die Übertragung der Abwicklung des Besitzes eines zu Lebzeiten in der Stadt angesehenen Malers als Beleg für ein hohes Ansehen Leeuwenhoeks gesehen. Ein weiteres Amt übernahm Leeuwenhoek 1679 als er zum wijnroeijer (Weinmesser) gewählt wurde. Als solcher musste er alle Weine und [[Spirituosen]], die in die Stadt gebracht wurden, prüfen, und die verwendeten Gefäße [[Eichung|eichen]]. Dieses Amt hatte er wohl bis zum Lebensende, wobei er sich teils vertreten ließ.<ref name="D27" />


=== Korrespondenz mit der Royal Society ===
=== Korrespondenz mit der Royal Society ===
1660 wurde in [[London]] die [[Royal Society]] gegründet. Sie wollte mit Allen in Kontakt treten, die das Wissen über die Natur förderten, unabhängig von deren Nationalität oder gesellschaftlicher Stellung. Ihr erster Sekretär, [[Henry Oldenburg]], pflegte zahlreiche Briefwechsel, so auch mit dem dem 1673 schon berühmten, in Delft praktizierenden Arzt [[Reinier de Graaf]]. In den Jahren zuvor hatte sich Leeuwenhoek offensichtlich erfolgreich mit der Anfertigung von Mikroskopen befasst und erste Beobachtungen mit deren Hilfe angestellt. De Graaf war über diese Arbeiten im Bilde und hatte mehrfach selbst verschiedene Objekte durch diese Mikroskope betrachten können. In der Zeitschrift der Royal Society, den [[Philosophical Transactions of the Royal Society|Philosophical Transactions]], erschien 1668 eine Arbeit des Italieners [[Eustachio Divini]]. Mit dessen Mikroskop hatte er ein kleineres Tier als alle bisher gesehenen finden können. Wohl in Antwort auf diesen Bericht schrieb de Graaf an Oldenburg, dass Leeuwenhoek Mikroskope entwickelt habe, die besser seien als alle bisher bekannten. Der Brief wurde beim Treffen der Royal Society am 7. Mai 1673 ([[Julianischer Kalender]]) verlesen. Ein Brief von Leeuwenhoek selbst, in dem er verschiedene Beobachtungen mitteilte, war Graafs Schreiben beigefügt. Eine englische Übersetzung wurde in den Philosophical Transactions veröffentlicht.<ref name=D37>Dobell, S. 37–44</ref>
1660 wurde in [[London]] die [[Royal Society]] gegründet. Sie wollte mit Allen in Kontakt treten, die das Wissen über die Natur förderten, unabhängig von deren Nationalität oder gesellschaftlicher Stellung. Ihr erster Sekretär, [[Henry Oldenburg]], pflegte zahlreiche Briefwechsel, so auch mit dem dem 1673 schon berühmten, in Delft praktizierenden Arzt [[Reinier de Graaf]]. In den Jahren zuvor hatte sich Leeuwenhoek offensichtlich erfolgreich mit der Anfertigung von Mikroskopen befasst und erste Beobachtungen mit deren Hilfe angestellt. De Graaf war über diese Arbeiten im Bilde und hatte mehrfach selbst verschiedene Objekte durch diese Mikroskope betrachten können. In der Zeitschrift der Royal Society, den [[Philosophical Transactions of the Royal Society|Philosophical Transactions]], erschien 1668 eine Arbeit des Italieners [[Eustachio Divini]]. Mit dessen Mikroskop hatte er ein kleineres Tier als alle bisher gesehenen finden können. Wohl in Antwort auf diesen Bericht schrieb de Graaf an Oldenburg, dass Leeuwenhoek Mikroskope entwickelt habe, die besser seien als alle bisher bekannten. Der Brief wurde beim Treffen der Royal Society am 7. Mai 1673 ([[Julianischer Kalender]]) verlesen. Ein Brief von Leeuwenhoek selbst, in dem er verschiedene Beobachtungen mitteilte, war Graafs Schreiben beigefügt. Eine englische Übersetzung wurde in den Philosophical Transactions veröffentlicht.<ref name="D37">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 37–44</ref>


Bemerkenswert ist, dass diese Kontaktaufnahme statt fand mitten im [[Englisch-Niederländischer Krieg (1672–1674)|Englisch-Niederländischen Krieg von 1672–1674]], der Teil des [[Holländischer Krieg|Holländischen Kriegs]] von 1672 bis 1678 war. Zwar wurde Delft nicht von feindlichen Armeen erreicht, es gab im [[Rampjaar]] (Katastrophenjahr) 1672 jedoch Aufstände gegen die Regenten. Erst ein gutes halbes Jahr zuvor, am 10. September 1672 war die Hälfte der Stadtregierung, der [[Vroedschap]], herausgeworfen worden.<ref>Snyder, S. 209-210</ref>
Bemerkenswert ist, dass diese Kontaktaufnahme statt fand mitten im [[Englisch-Niederländischer Krieg (1672–1674)|Englisch-Niederländischen Krieg von 1672–1674]], der Teil des [[Holländischer Krieg|Holländischen Kriegs]] von 1672 bis 1678 war. Zwar wurde Delft nicht von feindlichen Armeen erreicht, es gab im [[Rampjaar]] (Katastrophenjahr) 1672 jedoch Aufstände gegen die Regenten. Erst ein gutes halbes Jahr zuvor, am 10. September 1672 war die Hälfte der Stadtregierung, der [[Vroedschap]], herausgeworfen worden.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 209–210</ref>


Die Mitglieder der Royal Society trugen Oldenburg auf, direkt mit Leeuwenhoek in Kontakt zu treten und um Abbildungen der beobachteten Objekte zu bitten. Leeuwenhoek fand sich des Zeichnens nicht mächtig, er ließ daher zeichnen und sandte das Ergebnis nach London. Parallel zu diesem Brief schickte [[Constantijn Huygens]] einen Leeuwenhoek lobenden Brief an [[Robert Hooke]], Mikroskopiker und Mitglied der Royal Society. Ab dieser Zeit sandte Leeuwenhoek bis an sein Lebensende zahlreiche Briefe an die Royal Society, von denen viele, oft gekürzt, in englischer Übersetzung in den Transactions abgedruckt wurden. Viele der Briefe wurden auch in holländischer und lateinischer Fassung als unabhängige Veröffentlichungen gedruckt.<ref name=D37/>
Die Mitglieder der Royal Society trugen Oldenburg auf, direkt mit Leeuwenhoek in Kontakt zu treten und um Abbildungen der beobachteten Objekte zu bitten. Leeuwenhoek fand sich des Zeichnens nicht mächtig, er ließ daher zeichnen und sandte das Ergebnis nach London. Parallel zu diesem Brief schickte [[Constantijn Huygens]] einen Leeuwenhoek lobenden Brief an [[Robert Hooke]], Mikroskopiker und Mitglied der Royal Society. Ab dieser Zeit sandte Leeuwenhoek bis an sein Lebensende zahlreiche Briefe an die Royal Society, von denen viele, oft gekürzt, in englischer Übersetzung in den Transactions abgedruckt wurden. Viele der Briefe wurden auch in holländischer und lateinischer Fassung als unabhängige Veröffentlichungen gedruckt.<ref name="D37" />


Am 23. Januar 1680 schrieb Hooke an Leuwenhoek anscheinend, dass er erstaunt sei, dass dieser noch kein Mitglied der Royal Societey sei und er bot an, ihn zur Wahl vorzuschlagen. Die Antwort von Leuwenhoek vom 13. Februar ist erhalten: Er habe niemals mit einer solchen Ehre gerechnet und er würde die Wahl als größte Ehre der Welt ansehen. Tatsächlich wurde Leeuwenhoek bereits am 19. Januar ([[Julianischer Kalender]]) auf Vorschlag von [[William Croone]] einstimmig als ordentliches Mitglied gewählt. Der Sekretär der Gesellschaft wurde beauftragt ein Diplom anzufertigen und Leeuwenhoek zu schicken.<ref name=D47>Dobell, S. 47–50</ref>
Am 23. Januar 1680 schrieb Hooke an Leuwenhoek anscheinend, dass er erstaunt sei, dass dieser noch kein Mitglied der Royal Societey sei und er bot an, ihn zur Wahl vorzuschlagen. Die Antwort von Leuwenhoek vom 13. Februar ist erhalten: Er habe niemals mit einer solchen Ehre gerechnet und er würde die Wahl als größte Ehre der Welt ansehen. Tatsächlich wurde Leeuwenhoek bereits am 19. Januar ([[Julianischer Kalender]]) auf Vorschlag von [[William Croone]] einstimmig als ordentliches Mitglied gewählt. Der Sekretär der Gesellschaft wurde beauftragt ein Diplom anzufertigen und Leeuwenhoek zu schicken.<ref name="D47">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 47–50</ref>


Die Bedeutung, die die Aufnahme in die Royal Society für Leeuwenhoek hatte, wird aus seiner Antwort an Hooke deutlich, aber auch daraus, dass das Diplom im einzigen von ihm angefertigten Ölgemälde prominent platziert war. Am 13. August des Jahres schrieb [[Constantijn Huygens Junior]] an seinen Bruder [[Christiaan Huygens]]: „Noch immer eilen alle hier um Leeuwenhoek zu sehen, als den großen Mann des Jahrhunderts. Vor einigen Monaten hat ihn die Royal Society in London aufgenommen, was ihm einigen Stolz gegeben hat. Er hat sogar ernsthaft Herrn Vater <nowiki>[</nowiki>gemeint ist [[Constantijn Huygens]]<nowiki>]</nowiki> gefragt, ob er mit dieser Ehre bekleidet in Zukunft verpflichtet sei, hinter einem Doktor der Medizin zurück zu stehen.“<ref name=D47/>
Die Bedeutung, die die Aufnahme in die Royal Society für Leeuwenhoek hatte, wird aus seiner Antwort an Hooke deutlich, aber auch daraus, dass das Diplom im einzigen von ihm angefertigten Ölgemälde prominent platziert war. Am 13. August des Jahres schrieb [[Constantijn Huygens Junior]] an seinen Bruder [[Christiaan Huygens]]: „Noch immer eilen alle hier um Leeuwenhoek zu sehen, als den großen Mann des Jahrhunderts. Vor einigen Monaten hat ihn die Royal Society in London aufgenommen, was ihm einigen Stolz gegeben hat. Er hat sogar ernsthaft Herrn Vater <nowiki>[</nowiki>gemeint ist [[Constantijn Huygens]]<nowiki>]</nowiki> gefragt, ob er mit dieser Ehre bekleidet in Zukunft verpflichtet sei, hinter einem Doktor der Medizin zurück zu stehen.“<ref name="D47" />


Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war Leeuwenhoek der einzige ernsthafte Mikroskopiker weltweit. Er hatte weder Rivalen noch Nachahmer. Mikroskope wurden sonst nur zum Zeitvertreib eingesetzt.<ref name=D52>Dobell, S. 52</ref>
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war Leeuwenhoek der einzige ernsthafte Mikroskopiker weltweit. Er hatte weder Rivalen noch Nachahmer. Mikroskope wurden sonst nur zum Zeitvertreib eingesetzt.<ref name="D52">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 52</ref>


=== Besucher und Briefpartner ===
=== Besucher und Briefpartner ===
Nachdem Leeuwenhoeks Entdeckungen berühmt geworden waren, wollten ihn zahlreiche Menschen besuchen und durch seine Mikroskope schauen, darunter auch viele Berühmtheiten und Staatsoberhäupter. Zar [[Peter I. (Russland)|Peter der Große]] kam 1698 und ließ sich den [[Blutkreislauf]] im Schwanz eines [[Europäischer Aal|Aals]] zeigen. Die Königin von England [[Maria II. (England)|Maria II.]] suchte ihn ebenfalls in Delft auf<ref>Dobell, S. 317</ref>, wie schon 1679 James [[Duke of York]], der spätere König [[Jakob II. (England)|Jakob II. von England]]<ref>Snyder, S. 291</ref> und 1678 [[John Locke]]<ref>Snyder, S. 317</ref>. Leeuwenhoek fühlte sich dadurch geschmeichelt und es festigte seinen Ruf in der Stadt. Er fühlte sich aber auch gestört und wollte am liebsten allein gelassen werden.<ref name=D54>Dobell, S. 54–60</ref>
Nachdem Leeuwenhoeks Entdeckungen berühmt geworden waren, wollten ihn zahlreiche Menschen besuchen und durch seine Mikroskope schauen, darunter auch viele Berühmtheiten und Staatsoberhäupter. Zar [[Peter I. (Russland)|Peter der Große]] kam 1698 und ließ sich den [[Blutkreislauf]] im Schwanz eines [[Europäischer Aal|Aals]] zeigen. Die Königin von England [[Maria II. (England)|Maria II.]] suchte ihn ebenfalls in Delft auf<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 317</ref>, wie schon 1679 James [[Duke of York]], der spätere König [[Jakob II. (England)|Jakob II. von England]]<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 291</ref> und 1678 [[John Locke]]<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 317</ref>. Leeuwenhoek fühlte sich dadurch geschmeichelt und es festigte seinen Ruf in der Stadt. Er fühlte sich aber auch gestört und wollte am liebsten allein gelassen werden.<ref name="D54">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 54–60</ref>


Thomas Molyneux (1661–1733), irischer Arzt und Zoologe wurde 1686 Mitglied der Royal Society. Er besuchte Leeuwenhoek in deren Auftrag 1685 und hinterließ einen schriftlichen Bericht. In diesem beschreibt er den Aufbau der Mikroskope, die Leeuwenhoek seinen Besuchern zeigte, aber auch, dass Leeuwenhoek von weiteren Mikroskopen sprach, die dieser nur selbst je gesehen hätte und die noch weit besser als die gezeigten wären. Jene, die er ausprobieren konnte vergrößerten ähnlich stark wie einige, die er zuvor in England und Irland verwendete, sie hatten aber ein deutlich klareres Bild. Thomas Molyneux wurde vermutlich von seinem Bruder [[William Molyneux]] begleitet, denn dieser schrieb in einem Buch über Optik von seinem Besuch bei Leuuwenhoek mit einer ähnliche Einschätzung der Mikroskope.<ref name=D54/>
Thomas Molyneux (1661–1733), irischer Arzt und Zoologe wurde 1686 Mitglied der Royal Society. Er besuchte Leeuwenhoek in deren Auftrag 1685 und hinterließ einen schriftlichen Bericht. In diesem beschreibt er den Aufbau der Mikroskope, die Leeuwenhoek seinen Besuchern zeigte, aber auch, dass Leeuwenhoek von weiteren Mikroskopen sprach, die dieser nur selbst je gesehen hätte und die noch weit besser als die gezeigten wären. Jene, die er ausprobieren konnte vergrößerten ähnlich stark wie einige, die er zuvor in England und Irland verwendete, sie hatten aber ein deutlich klareres Bild. Thomas Molyneux wurde vermutlich von seinem Bruder [[William Molyneux]] begleitet, denn dieser schrieb in einem Buch über Optik von seinem Besuch bei Leuuwenhoek mit einer ähnliche Einschätzung der Mikroskope.<ref name="D54" />


Am 4. März 1699 wurde Leeuwenhoek von einem Mitglied der [[Académie des sciences]] in Paris, dem Physiker Burlet, als Briefpartner („correspondant“) benannt. Ob Leeuwenhoek darüber informiert war ist nicht bekannt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.academie-sciences.fr/fr/Liste-des-membres-depuis-la-creation-de-l-Academie-des-sciences/les-membres-du-passe-dont-le-nom-commence-par-l.html |titel=Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe L |hrsg=Académie des sciences |abruf=2020-01-11 |sprache=fr}}</ref><ref name=D53>Dobell, S. 53–54</ref>
Am 4. März 1699 wurde Leeuwenhoek von einem Mitglied der [[Académie des sciences]] in Paris, dem Physiker Burlet, als Briefpartner („correspondant“) benannt. Ob Leeuwenhoek darüber informiert war ist nicht bekannt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.academie-sciences.fr/fr/Liste-des-membres-depuis-la-creation-de-l-Academie-des-sciences/les-membres-du-passe-dont-le-nom-commence-par-l.html |titel=Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe L |hrsg=Académie des sciences |sprache=fr |abruf=2020-01-11}}</ref><ref name="D53">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 53–54</ref>


Leeuwenhoek führte Korrespondenzen mit vielen Gelehrten seiner Zeit, unter anderem mit seinem Landsmann [[Constantijn Huygens]] und [[Gottfried Wilhelm Leibniz]].<ref name="Geschichte">{{BibISBN|9783817117819|Seite=87-94}}</ref>
Leeuwenhoek führte Korrespondenzen mit vielen Gelehrten seiner Zeit, unter anderem mit seinem Landsmann [[Constantijn Huygens]] und [[Gottfried Wilhelm Leibniz]].<ref name="Geschichte">{{BibISBN|9783817117819|Seite=87–94}}</ref>


Ein weiterer Besucher, der einen ausführlichen Bericht überlieferte, war [[Zacharias Konrad von Uffenbach]], der 1710 kam. Gegen Ende seines Berichts schreibt er:
Ein weiterer Besucher, der einen ausführlichen Bericht überlieferte, war [[Zacharias Konrad von Uffenbach]], der 1710 kam. Gegen Ende seines Berichts schreibt er:
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|Text=Als wir gehen wollten, bate sowohl der wunderliche Mann als auch seine Tochter inständigst, daß wir doch niemand sagen sollten, daß wir bey ihme gewesen, und etwas gesehen. Dann er seye alt und des vielen Ueberlaufens, sonderlich von Leuten, die keine rechte Liebhaber seyen, ganz müde.
|Text=Als wir gehen wollten, bate sowohl der wunderliche Mann als auch seine Tochter inständigst, daß wir doch niemand sagen sollten, daß wir bey ihme gewesen, und etwas gesehen. Dann er seye alt und des vielen Ueberlaufens, sonderlich von Leuten, die keine rechte Liebhaber seyen, ganz müde.
|Sprache=de
|Sprache=de
|Quelle=Zacharias Conrad von Uffenbach<ref>{{Literatur |Autor= Zacharias Conrad von Uffenbach|Titel= Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände)| Band= Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung|Ort=Ulm|Datum=1754 |DOI=10.3931/e-rara-55535|Seiten=360}}</ref>
|Quelle=Zacharias Conrad von Uffenbach<ref>{{Literatur |Autor=Zacharias Conrad von Uffenbach |Titel=Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände) |Band=Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung |Ort=Ulm |Datum=1754 |Seiten=360 |DOI=10.3931/e-rara-55535}}</ref>}}
}}


=== Tod ===
=== Tod ===
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Und Maria van Leeuwenhoek desselben Tochter, die am 22. September 1656 in Delft geboren wurde und am 25. April 1745 verstarb.}}
Und Maria van Leeuwenhoek desselben Tochter, die am 22. September 1656 in Delft geboren wurde und am 25. April 1745 verstarb.}}


== Portraits von Leeuvenhoek ==
== Portraits von Leeuvenhoek ==
Trotz seiner Bekanntheit schon zu Lebzeiten gibt es kaum Abbildungen, von denen sicher ist, dass sie Leeuwenhoek zeigen. Das bekannteste ist ein Werk von [[Johannes Verkolje]], das in zwei Versionen existiert. Ein Ölgemälde fertigte der Maler 1686 an, in etwa in Leeuwenhoeks 54. Lebensjahr. In diesem schaut Leeuwenhoek nach links. Er trägt eine Perücke, in seiner rechten Hand hält er einen Zirkel. Auf dem Tisch liegt neben anderen Dingen das gesiegelte Diplom der Royal Society. Das Gemälde gehört heute dem [[Rijksmuseum Amsterdam]]. Die andere Variante ist ein [[Mezzotinto]]-Druck. Dieser unterscheidet sich vom Gemälde durch die Ausrichtung, er ist spiegelverkehrt. Verkolje hat hier wohl auf der Druckplatte aus Kupfer das Ölgemälde richtig herum abgezeichnet, wodurch der Abdruck schließlich seitenverkehrt war. Der Künstler hat aber auch Veränderungen vorgenommen: In der Hand hält Leeuwenhoek jetzt eines seiner Mikroskope und auf dem Tisch liegen statt des Diploms einige Eichenblätter mit [[Pflanzengalle|Gallen]], ein Objekt von dem er im gleichen Jahr mikroskopische Beobachtungen veröffentlicht hat. Von dieser Variante sind mehrere Abdrucke erhalten.<ref name=D346>Dobell, S. 346–347</ref>
Trotz seiner Bekanntheit schon zu Lebzeiten gibt es kaum Abbildungen, von denen sicher ist, dass sie Leeuwenhoek zeigen. Das bekannteste ist ein Werk von [[Johannes Verkolje]], das in zwei Versionen existiert. Ein Ölgemälde fertigte der Maler 1686 an, in etwa in Leeuwenhoeks 54. Lebensjahr. In diesem schaut Leeuwenhoek nach links. Er trägt eine Perücke, in seiner rechten Hand hält er einen Zirkel. Auf dem Tisch liegt neben anderen Dingen das gesiegelte Diplom der Royal Society. Das Gemälde gehört heute dem [[Rijksmuseum Amsterdam]]. Die andere Variante ist ein [[Mezzotinto]]-Druck. Dieser unterscheidet sich vom Gemälde durch die Ausrichtung, er ist spiegelverkehrt. Verkolje hat hier wohl auf der Druckplatte aus Kupfer das Ölgemälde richtig herum abgezeichnet, wodurch der Abdruck schließlich seitenverkehrt war. Der Künstler hat aber auch Veränderungen vorgenommen: In der Hand hält Leeuwenhoek jetzt eines seiner Mikroskope und auf dem Tisch liegen statt des Diploms einige Eichenblätter mit [[Pflanzengalle|Gallen]], ein Objekt von dem er im gleichen Jahr mikroskopische Beobachtungen veröffentlicht hat. Von dieser Variante sind mehrere Abdrucke erhalten.<ref name="D346">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 346–347</ref>


Ein weiterer Druck wurde auf den gravierten Titelseiten der letzten, 1718 veröffentlichten Briefe von Leeuwenhoek dargestellt. Der Graveur, Jan Goeree (1670–1731), fertigte dieses Bild 1707 an, als Leeuwenhoek 75 Jahre alt war.<ref name=D354>Dobell, S. 354–355</ref>
Ein weiterer Druck wurde auf den gravierten Titelseiten der letzten, 1718 veröffentlichten Briefe von Leeuwenhoek dargestellt. Der Graveur, Jan Goeree (1670–1731), fertigte dieses Bild 1707 an, als Leeuwenhoek 75 Jahre alt war.<ref name="D354">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 354–355</ref>


Die Zunft der Delfter Chirurgen gab 1681 ein Ölgemälde bei [[Cornelis de Man]] in Auftrag, das viele ihrer Mitglieder zeigt. Im Mittelpunkt steht der offizielle Stadt-Anatom Cornelis 's Gravesande, der etwas an einem eröffneten Leichnam demonstriert. Rechts hinter ihm, also hinter seiner linken Schulter, steht Leeuwenhoek. Er war kein Mitglied der Gilde, es ist überliefert, dass der Maler dem Bild mit Leeuwenhoeks Anwesenheit mehr Glanz verleihen wollen habe.<ref name=S160>Snyder, S. 160</ref>
Die Zunft der Delfter Chirurgen gab 1681 ein Ölgemälde bei [[Cornelis de Man]] in Auftrag, das viele ihrer Mitglieder zeigt. Im Mittelpunkt steht der offizielle Stadt-Anatom Cornelis 's Gravesande, der etwas an einem eröffneten Leichnam demonstriert. Rechts hinter ihm, also hinter seiner linken Schulter, steht Leeuwenhoek. Er war kein Mitglied der Gilde, es ist überliefert, dass der Maler dem Bild mit Leeuwenhoeks Anwesenheit mehr Glanz verleihen wollen habe.<ref name="S160">Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 160</ref>


[[Jan Vermeer]] und Leeuwenhoek lebten zur gleichen Zeit in Delft, waren gleich alt, beide berühmt und Leeuwenhoek hat Vermeers Nachlass abgewickelt. Die Vermutung liegt nahe, dass sie sich auch zu Lebzeiten kannten. Es gibt aber keine Aufzeichnungen darüber, dass Vermeer Leeuwenhoek auch gemalt hätte. Es wurde spekuliert, dass Leeuwenhoek für einige Bilder mit Wissenschaftlern (etwa „Der Geograph“ und „Der Astronom“) Modell gestanden habe. Dem wird jedoch auch widersprochen, mit dem Argument, dass es zwischen der Person auf dem Bild von Verkolje und den Wissenschaftlern Vermeers keine Ähnlichkeit gäbe. Der 1669 entstandene „Geograph“ könnte jedoch von Leeuwenhoeck inspiriert sein, denn dieser wurde im gleichen Jahr als Landvermesser zugelassen. Möglicherweise handelt es sich um eine idealisierte Version von Leeuwenhoek<ref name=D353>Dobell, S. 353–354</ref><ref name=S160/>
[[Jan Vermeer]] und Leeuwenhoek lebten zur gleichen Zeit in Delft, waren gleich alt, beide berühmt und Leeuwenhoek hat Vermeers Nachlass abgewickelt. Die Vermutung liegt nahe, dass sie sich auch zu Lebzeiten kannten. Es gibt aber keine Aufzeichnungen darüber, dass Vermeer Leeuwenhoek auch gemalt hätte. Es wurde spekuliert, dass Leeuwenhoek für einige Bilder mit Wissenschaftlern (etwa „Der Geograph“ und „Der Astronom“) Modell gestanden habe. Dem wird jedoch auch widersprochen, mit dem Argument, dass es zwischen der Person auf dem Bild von Verkolje und den Wissenschaftlern Vermeers keine Ähnlichkeit gäbe. Der 1669 entstandene „Geograph“ könnte jedoch von Leeuwenhoeck inspiriert sein, denn dieser wurde im gleichen Jahr als Landvermesser zugelassen. Möglicherweise handelt es sich um eine idealisierte Version von Leeuwenhoek<ref name="D353">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 353–354</ref><ref name="S160" />


<gallery mode="nolines" widths="200" heights="300" caption="Bilder, die Leeuwenhoek zeigen, und Wissenschaftler-Bilder von Vermeer">
<gallery mode="nolines" widths="200" heights="300" caption="Bilder, die Leeuwenhoek zeigen, und Wissenschaftler-Bilder von Vermeer">
Anthonie van Leeuwenhoek (1632-1723). Natuurkundige te Delft Rijksmuseum SK-A-957.jpeg|Ölgemälde von Jan Verkolje
Antonius van Leeuwenhoek. Mezzotint by J. Verkolje, 1686, af Wellcome V0003466.jpg|Mezzotinto-Version von Verkolje
Antonius van Leeuwenhoek. Mezzotint by J. Verkolje, 1686, af Wellcome V0003466.jpg|Mezzotinto-Version von Verkolje
Portrait of A. van Leeuwenhoek, 1632-1723 Wellcome L0011253.jpg|Druck von Goeree
Portrait of A. van Leeuwenhoek, 1632-1723 Wellcome L0011253.jpg|Druck von Goeree
File:Group portrait with anatomical demonstrations. Wellcome M0005227.jpg|Schwarzweiß-Wiedergabe des Gemäldes von de Man.
Group portrait with anatomical demonstrations. Wellcome M0005227.jpg|Schwarzweiß-Wiedergabe des Gemäldes von de Man.
J. VERMEER - El geógrafo (Museo Städel, Fráncfort del Meno, 1669).jpg|„Der Geograph“ von Vermeer
J. VERMEER - El geógrafo (Museo Städel, Fráncfort del Meno, 1669).jpg|„Der Geograph“ von Vermeer
Johannes Vermeer - The Geographer (detail) - WGA24688.jpg|Detailausschnitt
Johannes Vermeer - The Geographer (detail) - WGA24688.jpg|Detailausschnitt
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Alle von Leeuwenhoek bekannten Mikroskope sind sogenannte „einfache Mikroskope“. Im Prinzip funktionieren sie wie eine sehr starke [[Lupe]]. Da für stärkere Vergrößerungen stärkere Krümmungen der einzigen [[Linse (Optik)|Linse]] erforderlich sind, sind die Linsen solcher einfachen Mikroskope sehr klein. „Einfach“ bezieht sich dabei nicht etwa auf eine einfache Herstellung, sondern auf den Gegensatz zu „zusammengesetzten Mikroskopen“, die mit Objektiv und Okular eine Vergrößerung in zwei Schritten bewirken (siehe auch [[Lichtmikroskop]]). Heutige Mikroskope bis auf Ausnahmen (siehe etwa [[Foldscope]]) zusammengesetzte Mikroskope.
Alle von Leeuwenhoek bekannten Mikroskope sind sogenannte „einfache Mikroskope“. Im Prinzip funktionieren sie wie eine sehr starke [[Lupe]]. Da für stärkere Vergrößerungen stärkere Krümmungen der einzigen [[Linse (Optik)|Linse]] erforderlich sind, sind die Linsen solcher einfachen Mikroskope sehr klein. „Einfach“ bezieht sich dabei nicht etwa auf eine einfache Herstellung, sondern auf den Gegensatz zu „zusammengesetzten Mikroskopen“, die mit Objektiv und Okular eine Vergrößerung in zwei Schritten bewirken (siehe auch [[Lichtmikroskop]]). Heutige Mikroskope bis auf Ausnahmen (siehe etwa [[Foldscope]]) zusammengesetzte Mikroskope.


Zusammengesetzte Mikroskope wurden einige Jahrzehnte vor Leeuwenhoeks Geburt entwickelt. Das Problem der [[chromatische Aberration|chromatischen Aberration]] wurde erst im 19. Jahrhundert gelöst. Zu Leeuwenhoeks Zeiten multiplizierte sich bei zusammengesetzten Mikroskopen das Problem durch die Verwendung zweier Linsen. Sie produzierten daher vor allem im höheren Auflösungsbereich schlechte Ergebnisse. So schrieb [[Robert Hooke]]:
Zusammengesetzte Mikroskope wurden einige Jahrzehnte vor Leeuwenhoeks Geburt entwickelt. Das Problem der [[Chromatische Aberration|chromatischen Aberration]] wurde erst im 19. Jahrhundert gelöst. Zu Leeuwenhoeks Zeiten multiplizierte sich bei zusammengesetzten Mikroskopen das Problem durch die Verwendung zweier Linsen. Sie produzierten daher vor allem im höheren Auflösungsbereich schlechte Ergebnisse. So schrieb [[Robert Hooke]]:
{{Zitat
{{Zitat
|Text=I have found the use of them [single microscopes] offensive to my eye, and to have much strained and weakened the sight, which was the reason why I omitted to make use of them, though in truth they do make the object appear much more clear and distinct, and magnifie as much as the double Microscopes: nay, to those whose eyes can well endure it, 'tis possible with a single Microscope to make discoveries much better than with a double one, because the colours which do much disturb the clear vision in double Microscopes is clearly avoided and prevented in the single.
|Text=I have found the use of them [single microscopes] offensive to my eye, and to have much strained and weakened the sight, which was the reason why I omitted to make use of them, though in truth they do make the object appear much more clear and distinct, and magnifie as much as the double Microscopes: nay, to those whose eyes can well endure it, 'tis possible with a single Microscope to make discoveries much better than with a double one, because the colours which do much disturb the clear vision in double Microscopes is clearly avoided and prevented in the single.
|Sprache=en
|Sprache=en
|Quelle=Robert Hooke, 1678 <ref>{{Literatur |Autor=Robert Hooke |Titel=Lectures and collections: Cometa, Microscopium |Verlag=J. Martyn |Ort=London |Datum=1678 |ISBN= |Seiten=96–97 |Online=[https://lensonleeuwenhoek.net/content/lectures-and-collections-cometa-microscopium online bei Lens on Leeuwenhoek] [https://books.google.de/books?id=LwtPAAAAcAAJ&redir_esc=y&hl=en Google Books]}}</ref>
|Übersetzung= Ich habe festgestellt, das ihre [einfache Mikroskpe] Nutzung meinem Auge schadet, und mein Sichtvermögen anstrengt und schwächt, was der Grund dafür ist, dass ich sie nicht mehr benutzt habe. Obwohl sie in Wahrheit das Objekt klarer und schärfer erscheinen lassen, und genauso stark vergrößern wie zusammengesetzte Mikroskope. Besser gesagt, für jene deren Augen es aushalten kann man Entdeckungen viel besser mit einem einfachen Mikroskop machen, als mit einem zusammengesetzten. Denn die Farben, die ein klares Bild im zusammengesetzten Mikroskop stark beeinträchtigen, werden beim einfachen offensichtlich vermieden und verhindert.
|Übersetzung=Ich habe festgestellt, das ihre [einfache Mikroskpe] Nutzung meinem Auge schadet, und mein Sichtvermögen anstrengt und schwächt, was der Grund dafür ist, dass ich sie nicht mehr benutzt habe. Obwohl sie in Wahrheit das Objekt klarer und schärfer erscheinen lassen, und genauso stark vergrößern wie zusammengesetzte Mikroskope. Besser gesagt, für jene deren Augen es aushalten kann man Entdeckungen viel besser mit einem einfachen Mikroskop machen, als mit einem zusammengesetzten. Denn die Farben, die ein klares Bild im zusammengesetzten Mikroskop stark beeinträchtigen, werden beim einfachen offensichtlich vermieden und verhindert.}}
|Quelle=Robert Hooke, 1678 <ref>{{Literatur |Autor=Robert Hooke|Titel=Lectures and collections: Cometa, Microscopium |Verlag=J. Martyn|Ort=London |Datum=1678 |ISBN= |Seiten=96-97|Online=[https://lensonleeuwenhoek.net/content/lectures-and-collections-cometa-microscopium online bei Lens on Leeuwenhoek] [https://books.google.de/books?id=LwtPAAAAcAAJ&redir_esc=y&hl=en Google Books]}}</ref>}}


Erst ab etwa 1830 wurden zusammengesetzte Mikroskope leistungsfähiger als einfache.<ref name=schatzkammer>{{Literatur |Autor=Wolfgang Gloede |Hrsg=Ernst-Abbe-Stftung |Titel=Zur Entwicklungsgeschichte des Mikroskops bis um 1900 |Sammelwerk=Schatzkammer der Optik. Die Sammlungen des Optischen Museums Jena |Ort=Jena |Datum=2013 |ISBN=978-3-9811120-3-0 |Seiten=102-103}}</ref>
Erst ab etwa 1830 wurden zusammengesetzte Mikroskope leistungsfähiger als einfache.<ref name="schatzkammer">{{Literatur |Autor=Wolfgang Gloede |Hrsg=Ernst-Abbe-Stftung |Titel=Zur Entwicklungsgeschichte des Mikroskops bis um 1900 |Sammelwerk=Schatzkammer der Optik. Die Sammlungen des Optischen Museums Jena |Ort=Jena |Datum=2013 |ISBN=978-3-9811120-3-0 |Seiten=102–103}}</ref>


=== Bauformen von Leeuwenhoeks Mikroskopen ===
=== Bauformen von Leeuwenhoeks Mikroskopen ===
==== Einfache Mikroskopbauformen und Präparate-Erstellung ====
==== Einfache Mikroskopbauformen und Präparate-Erstellung ====
Die Grundkonstruktion von Leeuwenhoeks Mikrokskopen (siehe Abbildungen unten) war simpel: Eine kleine [[bikonvex]]e Linse wurde zwischen zwei Metallplatten gefasst. Auf der einen Seite wurde das Objekt vor die Linse platziert, von der anderen Seite wurde mit dem dicht davor liegenden Auge durch die Linse das vergrößerte Objekt betrachtet. Je nach Vergrößerung der Linse lag der Abstand zum Auge bei etwa einem Zentimeter<ref name=schatzkammer/>. Um das Objekt an die richtige Position bringen zu können wurde es auf eine Nadelspitze befestigt, die durch eine Vorrichtung mit Schrauben bewegt werden konnte. Dies war ein Alleinstellungsmerkmal bei Mikroskopen seiner Zeit. Die meisten seiner Mikroskope hatten Metallplatten aus Messing oder Silber. Die Platten sind etwa 4-5&nbsp;cm hoch und halb so breit. Anscheinend zog es Leeuwenhoek vor ein gutes Praparat mit dem Präparatehalter fest zu verkleben und dann ein neues Mikroskop zu bauen. Im Gegensatz zur hohen Qualität der Linsen war die Qualität der Metallarbeiten nicht allzu gut.<ref>Dobell, S. 328-329</ref><ref name=rob10/><ref name=evolution/>
Die Grundkonstruktion von Leeuwenhoeks Mikrokskopen (siehe Abbildungen unten) war simpel: Eine kleine [[bikonvex]]e Linse wurde zwischen zwei Metallplatten gefasst. Auf der einen Seite wurde das Objekt vor die Linse platziert, von der anderen Seite wurde mit dem dicht davor liegenden Auge durch die Linse das vergrößerte Objekt betrachtet. Je nach Vergrößerung der Linse lag der Abstand zum Auge bei etwa einem Zentimeter<ref name="schatzkammer" />. Um das Objekt an die richtige Position bringen zu können wurde es auf eine Nadelspitze befestigt, die durch eine Vorrichtung mit Schrauben bewegt werden konnte. Dies war ein Alleinstellungsmerkmal bei Mikroskopen seiner Zeit. Die meisten seiner Mikroskope hatten Metallplatten aus Messing oder Silber. Die Platten sind etwa 4–5&nbsp;cm hoch und halb so breit. Anscheinend zog es Leeuwenhoek vor ein gutes Praparat mit dem Präparatehalter fest zu verkleben und dann ein neues Mikroskop zu bauen. Im Gegensatz zur hohen Qualität der Linsen war die Qualität der Metallarbeiten nicht allzu gut.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 328–329</ref><ref name="rob10" /><ref name="evolution" />


Eine Abweichung vom Grundaufbau bestand darin, zwei oder drei Linsen nebeneinander zu montieren, so dass mittels zwei Haltevorrichtungen mehrere Präparate im raschen Wechsel miteinander verglichen werden konnten. Auch könnten unterschiedlich stark vergrößernde Linsen verwendet worden sein. Heute noch vorhandene Mikroskope Leeuwenhoeks haben alle eine einzelne Linse.<ref>{{Literatur |Autor= Zacharias Conrad von Uffenbach|Titel= Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände)| Band= Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung|Ort=Ulm|Datum=1754 |DOI=10.3931/e-rara-55535|Seiten=353}}</ref><ref name=rob10>{{Literatur |Autor=Lesley A. Robertson |Titel=van Leeuwenhoek microscopes–where are they now? |Sammelwerk=FEMS Microbiology Letters |Band=362 |Datum=2015 |Seiten=fnv056 |DOI=10.1093/femsle/fnv056}}</ref>
Eine Abweichung vom Grundaufbau bestand darin, zwei oder drei Linsen nebeneinander zu montieren, so dass mittels zwei Haltevorrichtungen mehrere Präparate im raschen Wechsel miteinander verglichen werden konnten. Auch könnten unterschiedlich stark vergrößernde Linsen verwendet worden sein. Heute noch vorhandene Mikroskope Leeuwenhoeks haben alle eine einzelne Linse.<ref>{{Literatur |Autor=Zacharias Conrad von Uffenbach |Titel=Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände) |Band=Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung |Ort=Ulm |Datum=1754 |Seiten=353 |DOI=10.3931/e-rara-55535}}</ref><ref name="rob10">{{Literatur |Autor=Lesley A. Robertson |Titel=van Leeuwenhoek microscopes–where are they now? |Sammelwerk=FEMS Microbiology Letters |Band=362 |Datum=2015 |Seiten=fnv056 |DOI=10.1093/femsle/fnv056}}</ref>


Andere Mikroskope zu Leeuwenhoeks Zeit wurden mit [[Auflichtmikroskopie|Auflicht]] verwendet, das Licht fiel also von der Seite des Objektivs auf das Präparat. Leeuwenhoek jedoch verwendete Durchlicht, also Licht, dass durch das Präparat hindurch fiel. Durchlicht-Beleuchtung ist für biologische Präparate oft besonders geeignet. Wie genau er verschiedene Präparate beleuchtete, ob mit Kerzen oder generell mit Tageslicht, ist nicht bekannt. In einem Brief empfiehlt er für die Betrachtung von Schnitten, das Mikroskop gegen den offenen Himmel zu halten.<ref name=evolution/>
Andere Mikroskope zu Leeuwenhoeks Zeit wurden mit [[Auflichtmikroskopie|Auflicht]] verwendet, das Licht fiel also von der Seite des Objektivs auf das Präparat. Leeuwenhoek jedoch verwendete Durchlicht, also Licht, dass durch das Präparat hindurch fiel. Durchlicht-Beleuchtung ist für biologische Präparate oft besonders geeignet. Wie genau er verschiedene Präparate beleuchtete, ob mit Kerzen oder generell mit Tageslicht, ist nicht bekannt. In einem Brief empfiehlt er für die Betrachtung von Schnitten, das Mikroskop gegen den offenen Himmel zu halten.<ref name="evolution" />


Objekte in Flüssigkeiten wurden in kleine Glasröhrchen gefüllt und darin betrachtet. Diese hat er mit zwei Silber- oder Kupferfedern so befestigt, dass er das Röhrchen wie gewünscht vor der Linse bewegen kann<ref>Dobell, S. 169. Zitiert aus Brief 19 vom 23. März 1677</ref>. Leeuwenhoek beschrieb seinem Besucher Uffenbach, dass er die jungen Austern, die der Besucher betrachten konnte, aus der Mutter heraus genommen hatte, mit einem Tropfen [[Weingeist]] versetzt hatte und das Glasröhrchen an das entstandene Gemisch gehalten hatte. Dieses zog darauf von selbst in die Röhrchen (siehe [[Kapillarkraft]]). Weingeist verwendete er, damit das Gemisch „nicht so leicht stinkend“ würde wie bei der Verwendung von Wasser.<ref name=u355>{{Literatur |Autor= Zacharias Conrad von Uffenbach|Titel= Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände)| Band= Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung|Ort=Ulm|Datum=1754 |DOI=10.3931/e-rara-55535|Seiten=354-356}}</ref>
Objekte in Flüssigkeiten wurden in kleine Glasröhrchen gefüllt und darin betrachtet. Diese hat er mit zwei Silber- oder Kupferfedern so befestigt, dass er das Röhrchen wie gewünscht vor der Linse bewegen kann<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 169. Zitiert aus Brief 19 vom 23. März 1677</ref>. Leeuwenhoek beschrieb seinem Besucher Uffenbach, dass er die jungen Austern, die der Besucher betrachten konnte, aus der Mutter heraus genommen hatte, mit einem Tropfen [[Weingeist]] versetzt hatte und das Glasröhrchen an das entstandene Gemisch gehalten hatte. Dieses zog darauf von selbst in die Röhrchen (siehe [[Kapillarkraft]]). Weingeist verwendete er, damit das Gemisch „nicht so leicht stinkend“ würde wie bei der Verwendung von Wasser.<ref name="u355">{{Literatur |Autor=Zacharias Conrad von Uffenbach |Titel=Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände) |Band=Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung |Ort=Ulm |Datum=1754 |Seiten=354–356 |DOI=10.3931/e-rara-55535}}</ref>


In späteren Versuchen hat Leeuwenhoek Flüssigkeitstropfen wohl auch zwischen zwei Glasplättchen verteilt.<ref name=evolution/> Eine Goldlösung ließ Leeuwenhoek auf ein Stück Glas [[Fällung|präzipitieren]] und befestigte dieses am Mikroskop.<ref name=u355/> Er war wohl der erste, der von undurchsichtigen Objekten Schnitte anfertigte, um diese im Durchlicht zu betrachten.<ref>Dobell, S. 333</ref>
In späteren Versuchen hat Leeuwenhoek Flüssigkeitstropfen wohl auch zwischen zwei Glasplättchen verteilt.<ref name="evolution" /> Eine Goldlösung ließ Leeuwenhoek auf ein Stück Glas [[Fällung|präzipitieren]] und befestigte dieses am Mikroskop.<ref name="u355" /> Er war wohl der erste, der von undurchsichtigen Objekten Schnitte anfertigte, um diese im Durchlicht zu betrachten.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 333</ref>




<gallery mode="nolines" widths="350" heights="300" caption="Darstellungen von Leeuwenhoek-Mikroskopen">
<gallery mode="nolines" widths="350" heights="300" caption="Darstellungen von Leeuwenhoek-Mikroskopen">
Leeuwenhoek Microscope.png|Nachbau eines Leeuwenhoek-Mikroskops.
Leeuwenhoek Microscope.png|Nachbau eines Leeuwenhoek-Mikroskops.
Leeuwenhoek boerhaave.jpg|Original-Mikroskop im Boerhaave Museum in Leiden.
Leeuwenhoek boerhaave.jpg|Original-Mikroskop im Boerhaave Museum in Leiden.
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==== Aalkijker ====
==== Aalkijker ====
Eine weitere Variante war der „Aalkijker“ (Aalgucker). Aalkijker sind in drei Bauformen bekannt. 1689 beschreibt Leeuwenhoek zum ersten Mal, dass er sein Mikroskop so angepasst habe, um das strömende Blut im Schwanz junger Aale, Kaulquappen und kleiner Fische zu beobachten (siehe Abbildung).<ref name="Geschichte"/><ref name=rob10/>
Eine weitere Variante war der „Aalkijker“ (Aalgucker). Aalkijker sind in drei Bauformen bekannt. 1689 beschreibt Leeuwenhoek zum ersten Mal, dass er sein Mikroskop so angepasst habe, um das strömende Blut im Schwanz junger Aale, Kaulquappen und kleiner Fische zu beobachten (siehe Abbildung).<ref name="Geschichte" /><ref name="rob10" />
[[Datei:Leeuwenhoek, Arcana naturae, 1695 Wellcome M0010660.jpg|mini|hochkant=3|links|Zeichnungen des ersten Aalkijkers, 1689. Ein Metallrahmen (in der Abbildung fig. 9) hielt eine Glasröhre mit dem Tier (fig. 13). Der Rahmen wurde entweder mit einem seiner normalen Mikroskope (aber ohne Schrauben für die Präparate; fig. 8) oder mit kleineren Linsenhaltern (fig. 11 und 12) versehen, die für schwächere Vergrößerungen womöglich angenehmer waren. Der zusammengebaute Zustand ist in fig. 10 (rechts der Mitte) gezeigt. Im oberen Bereich zwischen den Buchstaben D und E befindet sich die zwischen Metallplatten eingespannte Linse. Hinter den Platten ist das Glasrohr, welches darüber und im unteren Bereich zu sehen ist.<ref name=rob10/>]]
[[Datei:Leeuwenhoek, Arcana naturae, 1695 Wellcome M0010660.jpg|mini|hochkant=3|links|Zeichnungen des ersten Aalkijkers, 1689. Ein Metallrahmen (in der Abbildung fig. 9) hielt eine Glasröhre mit dem Tier (fig. 13). Der Rahmen wurde entweder mit einem seiner normalen Mikroskope (aber ohne Schrauben für die Präparate; fig. 8) oder mit kleineren Linsenhaltern (fig. 11 und 12) versehen, die für schwächere Vergrößerungen womöglich angenehmer waren. Der zusammengebaute Zustand ist in fig. 10 (rechts der Mitte) gezeigt. Im oberen Bereich zwischen den Buchstaben D und E befindet sich die zwischen Metallplatten eingespannte Linse. Hinter den Platten ist das Glasrohr, welches darüber und im unteren Bereich zu sehen ist.<ref name="rob10" />]]
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1708 schrieb Leeuwenhoek, dass er den Aalkijker umgestaltet habe, um die Beobachtung zu vereinfache, ohne aber eine Zeichnung beizufügen. Sein Besucher Uffenbach fertigte eine Zeichnung an, die er seiner Reiseerzählung beigab, die vermutlich diese Bauform zeigt (siehe Abbildung).<ref>{{Literatur |Autor= Zacharias Conrad von Uffenbach|Titel= Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände)| Band= Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung|Ort=Ulm|Datum=1754 |DOI=10.3931/e-rara-55535|Seiten=351 gegenüber}}</ref> Eine weitere Abbildung findet sich auf der Titelseite der Auktion, bei der nach seinem Tod viele der Geräte versteigert wurden.<ref name=rob10/>
1708 schrieb Leeuwenhoek, dass er den Aalkijker umgestaltet habe, um die Beobachtung zu vereinfache, ohne aber eine Zeichnung beizufügen. Sein Besucher Uffenbach fertigte eine Zeichnung an, die er seiner Reiseerzählung beigab, die vermutlich diese Bauform zeigt (siehe Abbildung).<ref>{{Literatur |Autor=Zacharias Conrad von Uffenbach |Titel=Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände) |Band=Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung |Ort=Ulm |Datum=1754 |Seiten=351 gegenüber |DOI=10.3931/e-rara-55535}}</ref> Eine weitere Abbildung findet sich auf der Titelseite der Auktion, bei der nach seinem Tod viele der Geräte versteigert wurden.<ref name="rob10" />


Uffenbach schreibt über das Gerät:
Uffenbach schreibt über das Gerät:
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|Text=Diese Maschine ist simpel, groß und nicht gar bequem. [...] Die erste und größte Maschiene nun (Num.I.) wodurch Herr Leuwenhoek den Umlauff des Bluts bey Fischen betrachtet, bestehet aus einem dünnen viereckigten Stück Messing, ungefehr einen Schuh lang, und einen halben breit, daran das eine End umgebogen ist, und wozu dieses diene, habe ich auch nicht sehen können. In der Mitte ist eine viereckigte Scheibe (a) von einem feinen Glas vermittelst zweyer Rahmen (b b) festgemacht. Auf der einen Seite, die in fig. I. zu sehen ist, hat es unter der Glasscheibe ein schmales Lineal (c) mit zwey Schrauben nicht gar hart auf das Instrument fest gemacht, damit ein anders (d) die Quer darunter fest gehalten, und doch hin und her hinauf oder hinunter könne geschoben werden, dieses lieget hart auf das Glas (a) und kan vermittelst einer Stellschraube, (e) die dadurch gehet, vom besagten Glas nach Belieben erhöhet und abgeschraubet werden, nach dem der focus lentis ist. An dem Lineal (d d) ist oben mit einer Schraube ein kleines viereckigtes Stücklein Messing (e) angehänget, in dessen Mitte das kleine Gläsgen des Microscopii ist, und dadurch man auf das untere grosse blatte Glas, und das hinter demselben liegende Object siehet; er leget deshalben die Fische auf die andere Seite fig. 2 die er halb in ein Schnupftuch wickelt, und selbiges vermittelst des Lineals (f) fest an dem Glas (a a) hält. Es zeigte uns Herr Leuwenhoek die Circulation des Geblütes sehr gut durch diese Maschine, wiewohl es etwa Mühe war, so damit umzugehen, und noch mehr seyn solte, wenn man eine lange Zeit damit observiren solte, denn man muß das Microscopium auf der Seite, da das Gläsgen fig. I. ist, auf die Stirne legen, und also durch das kleine Gläsgen in die Höhe sehen, welches lange Aufsehen zulezt verdrießlich fällt.
|Text=Diese Maschine ist simpel, groß und nicht gar bequem. [...] Die erste und größte Maschiene nun (Num.I.) wodurch Herr Leuwenhoek den Umlauff des Bluts bey Fischen betrachtet, bestehet aus einem dünnen viereckigten Stück Messing, ungefehr einen Schuh lang, und einen halben breit, daran das eine End umgebogen ist, und wozu dieses diene, habe ich auch nicht sehen können. In der Mitte ist eine viereckigte Scheibe (a) von einem feinen Glas vermittelst zweyer Rahmen (b b) festgemacht. Auf der einen Seite, die in fig. I. zu sehen ist, hat es unter der Glasscheibe ein schmales Lineal (c) mit zwey Schrauben nicht gar hart auf das Instrument fest gemacht, damit ein anders (d) die Quer darunter fest gehalten, und doch hin und her hinauf oder hinunter könne geschoben werden, dieses lieget hart auf das Glas (a) und kan vermittelst einer Stellschraube, (e) die dadurch gehet, vom besagten Glas nach Belieben erhöhet und abgeschraubet werden, nach dem der focus lentis ist. An dem Lineal (d d) ist oben mit einer Schraube ein kleines viereckigtes Stücklein Messing (e) angehänget, in dessen Mitte das kleine Gläsgen des Microscopii ist, und dadurch man auf das untere grosse blatte Glas, und das hinter demselben liegende Object siehet; er leget deshalben die Fische auf die andere Seite fig. 2 die er halb in ein Schnupftuch wickelt, und selbiges vermittelst des Lineals (f) fest an dem Glas (a a) hält. Es zeigte uns Herr Leuwenhoek die Circulation des Geblütes sehr gut durch diese Maschine, wiewohl es etwa Mühe war, so damit umzugehen, und noch mehr seyn solte, wenn man eine lange Zeit damit observiren solte, denn man muß das Microscopium auf der Seite, da das Gläsgen fig. I. ist, auf die Stirne legen, und also durch das kleine Gläsgen in die Höhe sehen, welches lange Aufsehen zulezt verdrießlich fällt.
|Sprache=de
|Sprache=de
|Quelle=Zacharias Conrad von Uffenbach<ref>{{Literatur |Autor= Zacharias Conrad von Uffenbach|Titel= Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände)| Band= Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung|Ort=Ulm|Datum=1754 |DOI=10.3931/e-rara-55535|Seiten=351-353}}</ref>
|Quelle=Zacharias Conrad von Uffenbach<ref>{{Literatur |Autor=Zacharias Conrad von Uffenbach |Titel=Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände) |Band=Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung |Ort=Ulm |Datum=1754 |Seiten=351–353 |DOI=10.3931/e-rara-55535}}</ref>}}
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[[Datei:Leeuwenhoek Aalkijker Typ 2 Uffenbach 1754 Fig XI.jpg|mini|hochkant=3|links|Die zweite Bauform des Aalkijkers, Zeichnung as dem Reisebericht von Uffenbach (1754)]]
[[Datei:Leeuwenhoek Aalkijker Typ 2 Uffenbach 1754 Fig XI.jpg|mini|hochkant=3|links|Die zweite Bauform des Aalkijkers, Zeichnung as dem Reisebericht von Uffenbach (1754)]]
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Eine weitere Bauform, die Leeuwenhoek zugeschrieben wird, ist im Museum Boerhaave in Leiden ausgestellt. Im Vergleich zur ersten Bauform ist der Rohrhalter hier kürzer und ein Linsenhalter ist dauerhaft mit ihm verbunden. Mehrere Linsen sind zwischen kleine Platten gefasst und können ausgewechselt werden.<ref name=rob10/>
Eine weitere Bauform, die Leeuwenhoek zugeschrieben wird, ist im Museum Boerhaave in Leiden ausgestellt. Im Vergleich zur ersten Bauform ist der Rohrhalter hier kürzer und ein Linsenhalter ist dauerhaft mit ihm verbunden. Mehrere Linsen sind zwischen kleine Platten gefasst und können ausgewechselt werden.<ref name="rob10" />


=== Linsen ===
=== Linsen ===
Das besondere an Leeuwenhoeks Mikroskopen war die ansonsten in seiner Zeit unerreichte Qualität der Linsen.
Das besondere an Leeuwenhoeks Mikroskopen war die ansonsten in seiner Zeit unerreichte Qualität der Linsen.
Für Tuchhändler dieser Zeit waren [[Lupe]]n ein wichtiges Hilfsmittel, um die Anzahl der Fäden in einem Stoff und damit dessen Qualität zu bestimmen. Vermutlich hat Leeuwenhoek in seiner Amsterdamer Zeit daher zum ersten Mal mit [[Linse (Optik)|Glaslinsen]] gearbeitet.<ref>Snyder, S. 55</ref><ref name="Geschichte"/>
Für Tuchhändler dieser Zeit waren [[Lupe]]n ein wichtiges Hilfsmittel, um die Anzahl der Fäden in einem Stoff und damit dessen Qualität zu bestimmen. Vermutlich hat Leeuwenhoek in seiner Amsterdamer Zeit daher zum ersten Mal mit [[Linse (Optik)|Glaslinsen]] gearbeitet.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 55</ref><ref name="Geschichte" />


Sogenannte Flohgläser, also einfache Vergrößerungsgläser zum betrachten von Insekten, waren eine Modeerscheinung der Zeit und das Schleifen von Linsen aus Glasblöcken ein in weiten Kreisen verbreiteter Zeitvertreib. In den 1650er Jahren war Delft für die Qualität seiner Glaslinsen bekannt, nicht zuletzt wegen der hohen Güte des Glases aus lokaler Produktion.<ref>Snyder, S. 103</ref>
Sogenannte Flohgläser, also einfache Vergrößerungsgläser zum betrachten von Insekten, waren eine Modeerscheinung der Zeit und das Schleifen von Linsen aus Glasblöcken ein in weiten Kreisen verbreiteter Zeitvertreib. In den 1650er Jahren war Delft für die Qualität seiner Glaslinsen bekannt, nicht zuletzt wegen der hohen Güte des Glases aus lokaler Produktion.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 103</ref>


Leeuwenhoek hat seine genauen Arbeitsweisen geheim gehalten. Das betrifft nicht nur die Verwendung seiner besten Mikroskope, sondern auch die Herstellungsweise seiner Linsen.
Leeuwenhoek hat seine genauen Arbeitsweisen geheim gehalten. Das betrifft nicht nur die Verwendung seiner besten Mikroskope, sondern auch die Herstellungsweise seiner Linsen.
Es gibt prinzipiell drei Möglichkeiten kleine, starke Linsen herzustellen. Sie können aus einem Glasstück geschliffen und anschließend poliert werden. Ein dünner Glasfaden kann in eine Flamme gehalten werden, so dass sich am Ende ein Kügelchen bildet. Oder ein dünnes Glasröhrchen wird am Ende zugeschmolzen und zum Glühen gebracht. Durch blasen in das Röhrchen von der anderen Seite entsteht eine Glaskugel, die eine Warze hat. Diese Warzen sind linsenförmig. Leeuwenhoek hat wohl mindestens zwei dieser Verfahren verwendet, denn von den neun heute noch bekannten Exemplaren von Leeuwenhoeks Mikroskope haben alle bis auf eines geschliffene Linsen, wie Untersuchungen im 20. Jahrhundert ergeben haben. Nur das am stärksten vergrößernde, das sogenannte Utrechter Mikroskop, hat eine erschmolzene Linse in der Form einer leicht gedrückten Kugel. Ob sie geblasen oder am Ende eines Glasfadens erzeugt wurde ist umstritten.<ref name=ulm>{{Literatur |Autor=Klaus Meyer |Titel=Das Utrechter Leeuwenhoek-Mikroskop |Sammelwerk=Mikrokosmos |Band=88 |Nummer= |Datum=1999 |Seiten=43-48 |DOI=}}</ref>
Es gibt prinzipiell drei Möglichkeiten kleine, starke Linsen herzustellen. Sie können aus einem Glasstück geschliffen und anschließend poliert werden. Ein dünner Glasfaden kann in eine Flamme gehalten werden, so dass sich am Ende ein Kügelchen bildet. Oder ein dünnes Glasröhrchen wird am Ende zugeschmolzen und zum Glühen gebracht. Durch blasen in das Röhrchen von der anderen Seite entsteht eine Glaskugel, die eine Warze hat. Diese Warzen sind linsenförmig. Leeuwenhoek hat wohl mindestens zwei dieser Verfahren verwendet, denn von den neun heute noch bekannten Exemplaren von Leeuwenhoeks Mikroskope haben alle bis auf eines geschliffene Linsen, wie Untersuchungen im 20. Jahrhundert ergeben haben. Nur das am stärksten vergrößernde, das sogenannte Utrechter Mikroskop, hat eine erschmolzene Linse in der Form einer leicht gedrückten Kugel. Ob sie geblasen oder am Ende eines Glasfadens erzeugt wurde ist umstritten.<ref name="ulm">{{Literatur |Autor=Klaus Meyer |Titel=Das Utrechter Leeuwenhoek-Mikroskop |Sammelwerk=Mikrokosmos |Band=88 |Nummer= |Datum=1999 |Seiten=43–48}}</ref>


Auch sein Besucher Uffenbach berichtete über Leeuwenhoecks Geheimhaltung. Er konnte ihm jedoch entlocken, dass dieser zum Schleifen von Linsen zwar nur einen Schalentyp verwende, dass es aber einen Unterschied mache, ob er frische oder schon häufig benutzte Schalen verwende, da sich die Schalen durch Gebrauch weiten würden und die Gläser dadurch größer würden, ein Vorgang den Uffenbach als allgemein bekannt ansah. Die Frage, ob Leeuwenhoek auch einige Linsen blasen würde verneinte Leeuwenhoek entschieden und „bezeigte eine große Verachtung gegen die geblasenen Gläser. [...] alle seine Gläser wären auf beyden Seiten convex geschliffen“. Uffenbach schreibt aber auch:<ref name=uu358>{{Literatur |Autor= Zacharias Conrad von Uffenbach|Titel= Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände)| Band= Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung|Ort=Ulm|Datum=1754 |DOI=10.3931/e-rara-55535|Seiten=358-359}}</ref>
Auch sein Besucher Uffenbach berichtete über Leeuwenhoecks Geheimhaltung. Er konnte ihm jedoch entlocken, dass dieser zum Schleifen von Linsen zwar nur einen Schalentyp verwende, dass es aber einen Unterschied mache, ob er frische oder schon häufig benutzte Schalen verwende, da sich die Schalen durch Gebrauch weiten würden und die Gläser dadurch größer würden, ein Vorgang den Uffenbach als allgemein bekannt ansah. Die Frage, ob Leeuwenhoek auch einige Linsen blasen würde verneinte Leeuwenhoek entschieden und „bezeigte eine große Verachtung gegen die geblasenen Gläser. [...] alle seine Gläser wären auf beyden Seiten convex geschliffen“. Uffenbach schreibt aber auch:<ref name="uu358">{{Literatur |Autor=Zacharias Conrad von Uffenbach |Titel=Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände) |Band=Dritter Theil |Verlag=Auf Kosten der Gaumischen Handlung |Ort=Ulm |Datum=1754 |Seiten=358–359 |DOI=10.3931/e-rara-55535}}</ref>
{{Zitat
{{Zitat
|Text=Was die geblasenen Gläser anbelangt, versicherte Herr Leuwenhoeck, daß er durch zehenjähriges Speculiren es dahin gebracht, daß er eine taugliche Art blasen gelernt, welche aber nicht rund wären
|Text=Was die geblasenen Gläser anbelangt, versicherte Herr Leuwenhoeck, daß er durch zehenjähriges Speculiren es dahin gebracht, daß er eine taugliche Art blasen gelernt, welche aber nicht rund wären
|Sprache=de
|Sprache=de
|Quelle=Zacharias Conrad von Uffenbach<ref name=uu358/>
|Quelle=Zacharias Conrad von Uffenbach<ref name="uu358" />}}
Uffenbachs mitreisender Bruder wollten nicht glauben, dass es möglich sei etwas anderes zu blasen als eine Kugel. Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert zeigen dies jedoch.<ref name="ulm" />Uffenbach beschreibt ferner, dass einige Mikroskope doppelte Linsen hatten, also zwei Linsen direkt hinter einander, die zusammen nicht viel dicker seien als die einfachen Linsen. Die doppelten Linsen seien zwar mühsamer zu machen als die einfachen, sie würden aber auch laut Leeuwenhoeks Aussage nur wenig mehr vergrößern als diese.<ref name="uu358" />
}}
Uffenbachs mitreisender Bruder wollten nicht glauben, dass es möglich sei etwas anderes zu blasen als eine Kugel. Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert zeigen dies jedoch.<ref name=ulm/>Uffenbach beschreibt ferner, dass einige Mikroskope doppelte Linsen hatten, also zwei Linsen direkt hinter einander, die zusammen nicht viel dicker seien als die einfachen Linsen. Die doppelten Linsen seien zwar mühsamer zu machen als die einfachen, sie würden aber auch laut Leeuwenhoeks Aussage nur wenig mehr vergrößern als diese.<ref name=uu358/>


Die Linse des Utrechter Mikroskops ist etwa 1,1 mm dick. Von den beiden Messingplatten, zwischen denen die Linse montiert ist, hat die auf der Präparat-Seite eine Öffnung mit 0,5 mm Durchmesser, die dem Auge zugewandte einen Durchmesser von 0,5 mm. Die [[numerische Apertur]] wurde mit 0,4 bestimmt.<ref>{{Literatur |Autor=P. H. van Cittert |Titel=Descriptive catalogue of the collection of microscopes in charge of the Utrecht University Museum with an introductory historical survey of the resolving power of the microscope|Verlag=Nordhoff |Ort=Groningen |Datum=1934}} Zitiert nach Meyer, 1999, Mikrokosmos 88:43</ref>
Die Linse des Utrechter Mikroskops ist etwa 1,1 mm dick. Von den beiden Messingplatten, zwischen denen die Linse montiert ist, hat die auf der Präparat-Seite eine Öffnung mit 0,5 mm Durchmesser, die dem Auge zugewandte einen Durchmesser von 0,5 mm. Die [[numerische Apertur]] wurde mit 0,4 bestimmt.<ref>{{Literatur |Autor=P. H. van Cittert |Titel=Descriptive catalogue of the collection of microscopes in charge of the Utrecht University Museum with an introductory historical survey of the resolving power of the microscope |Verlag=Nordhoff |Ort=Groningen |Datum=1934}} Zitiert nach Meyer, 1999, Mikrokosmos 88:43</ref>


Alle untersuchten Linsen, einschließlich derer der Mikroskope, die Leeuwenhoek der Royal Society vermachte, waren [[bikonvex]], nicht etwa kugelförmig. Möglicherweise war er deshalb erfolgreicher als andere Mikroskopiker, die mit einfachen Mikroskopen und mit kugelförmigen Linsen arbeiteten.<ref name=rob10/>
Alle untersuchten Linsen, einschließlich derer der Mikroskope, die Leeuwenhoek der Royal Society vermachte, waren [[bikonvex]], nicht etwa kugelförmig. Möglicherweise war er deshalb erfolgreicher als andere Mikroskopiker, die mit einfachen Mikroskopen und mit kugelförmigen Linsen arbeiteten.<ref name="rob10" />


=== Anzahl und Verbleib der Mikroskope ===
=== Anzahl und Verbleib der Mikroskope ===
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Bis zu seinem Tod fertigte Leeuwenhoek mehr als 500 einfache Varianten seiner Mikroskope, Aalkijker und einzelne Linsen an. Zu seinen Lebzeiten gab er soweit bekannt nur zwei davon ab, und zwar als Geschenk an Königin Maria II von England, als diese ihn in Delft besuchte. Ansonsten verweigerte er jedes Ansinnen auf Verkauf oder Abgabe seiner Instrumente.
Bis zu seinem Tod fertigte Leeuwenhoek mehr als 500 einfache Varianten seiner Mikroskope, Aalkijker und einzelne Linsen an. Zu seinen Lebzeiten gab er soweit bekannt nur zwei davon ab, und zwar als Geschenk an Königin Maria II von England, als diese ihn in Delft besuchte. Ansonsten verweigerte er jedes Ansinnen auf Verkauf oder Abgabe seiner Instrumente.
Zu Lebzeiten stellte er ein Schränkchen mit 26 Mikroskopen aus Silber zusammen, die ursprünglich jeweils ein Präparat montiert hatten. Dieses Schränkchen vermachte er der Royal Society. Seine Tochter verschickte es nach seinem Tod nach London. Diese Sammlung wurde 1722 und 1739 eingehend beschrieben. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging sie jedoch verloren.<ref name=rob10/>
Zu Lebzeiten stellte er ein Schränkchen mit 26 Mikroskopen aus Silber zusammen, die ursprünglich jeweils ein Präparat montiert hatten. Dieses Schränkchen vermachte er der Royal Society. Seine Tochter verschickte es nach seinem Tod nach London. Diese Sammlung wurde 1722 und 1739 eingehend beschrieben. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging sie jedoch verloren.<ref name="rob10" />


Leeuwenhoeks Tochter Maria starb 1745. Zwei Jahre später und damit 24 Jahre nach Leeuwenhoeks Tod wurde die Mikroskopsammlung in der [[Lukasgilde]] in Delft versteigert, der Gilde der [[Malerei|Maler]], [[Glasmacher]] und [[Delfter Blau|Porzellanhersteller]].<ref>Snyder, S 165</ref> Zwei Exemplare des Versteigerungskatalogs sind überliefert, einer der beiden enthält auch die Namen der Käufer und den Preis. Die Sammlung wurde auf 196 Einzelangebote aufgeteilt, viele bestanden aus einer Box mit zwei Mikroskopen, so wie Leeuwenhoek sie hinterlassen hatte. Einige Lose bestanden aus Linsen. Von den 322 Microscopes waren die meisten aus Messing, 131 aus Silber, vier hatten beide Metalle und drei Exemplare waren aus Gold. Fast alle zugehörigen Linsen waren aus Glas, aber vier der Silbermikroskope hatten eine Linse aus Quartz und zwei weitere aus Sand. Außerdem kamen 23 Aalkijker der verschiedenen Bauarten zum Verkauf. Die meisten Käufer waren Delfter Bürger, darunter einige Notare. Bis zu 20 Einzelposten gingen dabei an eine Person.<ref name=rob10/>
Leeuwenhoeks Tochter Maria starb 1745. Zwei Jahre später und damit 24 Jahre nach Leeuwenhoeks Tod wurde die Mikroskopsammlung in der [[Lukasgilde]] in Delft versteigert, der Gilde der [[Malerei|Maler]], [[Glasmacher]] und [[Delfter Blau|Porzellanhersteller]].<ref>Snyder, S 165</ref> Zwei Exemplare des Versteigerungskatalogs sind überliefert, einer der beiden enthält auch die Namen der Käufer und den Preis. Die Sammlung wurde auf 196 Einzelangebote aufgeteilt, viele bestanden aus einer Box mit zwei Mikroskopen, so wie Leeuwenhoek sie hinterlassen hatte. Einige Lose bestanden aus Linsen. Von den 322 Microscopes waren die meisten aus Messing, 131 aus Silber, vier hatten beide Metalle und drei Exemplare waren aus Gold. Fast alle zugehörigen Linsen waren aus Glas, aber vier der Silbermikroskope hatten eine Linse aus Quartz und zwei weitere aus Sand. Außerdem kamen 23 Aalkijker der verschiedenen Bauarten zum Verkauf. Die meisten Käufer waren Delfter Bürger, darunter einige Notare. Bis zu 20 Einzelposten gingen dabei an eine Person.<ref name="rob10" />


Ende des 20. Jahrhunderts waren noch neun seiner Mikroskope bekannt.<ref name=ulm/> Bis Ende 2015 hat sich die Zahl der Leeuwenhoek zugeschriebenen Mikroskope auf zwölf erhöht. Ein Besucher einer Ausstellung erkannte, dass er eines zu Hause hatte. Eines wurde bei silbernem Puppenhaus-Zubehör gefunden, ein weiteres fand sich im Schlamm eines Delfter Kanals. Hinzu kommen ein Aalkijker und sechs einzelne Linsen.<ref name=rob10/><ref name=rob12>{{Literatur |Autor=Lesley A. Robertson |Titel=And then there were 12—distinguishing Van Leeuwenhoek microscopes from old or new copies |Sammelwerk=FEMS Microbiology Letters |Band=362 |Nummer=14 |Datum=2015 |Seiten=fnv113 |DOI=10.1093/femsle/fnv113}}</ref>
Ende des 20. Jahrhunderts waren noch neun seiner Mikroskope bekannt.<ref name="ulm" /> Bis Ende 2015 hat sich die Zahl der Leeuwenhoek zugeschriebenen Mikroskope auf zwölf erhöht. Ein Besucher einer Ausstellung erkannte, dass er eines zu Hause hatte. Eines wurde bei silbernem Puppenhaus-Zubehör gefunden, ein weiteres fand sich im Schlamm eines Delfter Kanals. Hinzu kommen ein Aalkijker und sechs einzelne Linsen.<ref name="rob10" /><ref name="rob12">{{Literatur |Autor=Lesley A. Robertson |Titel=And then there were 12—distinguishing Van Leeuwenhoek microscopes from old or new copies |Sammelwerk=FEMS Microbiology Letters |Band=362 |Nummer=14 |Datum=2015 |Seiten=fnv113 |DOI=10.1093/femsle/fnv113}}</ref>


Eines dieser Mikroskope, ein silbernes, wurde 2009 bei [[Christie’s]] für 350.000 Euro versteigert. Vier befinden sich im [[Museum Boerhaave]] in Leiden, zwei im [[Deutsches Museum|Deutschen Museum]] in München, eines im Universitätsmuseum Utrecht, eines im Naturkundemuseum Antwerpen und neben dem versteigerten ein weiteres in einer privaten Sammlung. Das Museum Boerhaave besitzt außerdem fünf einzelne, gefasste Linsen.<ref name=rob10/>
Eines dieser Mikroskope, ein silbernes, wurde 2009 bei [[Christie’s]] für 350.000 Euro versteigert. Vier befinden sich im [[Museum Boerhaave]] in Leiden, zwei im [[Deutsches Museum|Deutschen Museum]] in München, eines im Universitätsmuseum Utrecht, eines im Naturkundemuseum Antwerpen und neben dem versteigerten ein weiteres in einer privaten Sammlung. Das Museum Boerhaave besitzt außerdem fünf einzelne, gefasste Linsen.<ref name="rob10" />


=== Leistungsfähigkeit der Mikroskope ===
=== Leistungsfähigkeit der Mikroskope ===
Die Sammlung der 26 Mikroskope der Royal Society wurde 1739 eingehend untersucht. Umgerechnet auf den Abstand eines Gegenstands zum Auge von 250&nbsp;mm ergaben sich dabei Vergrößerungen von 50-fach (entsprechend einer Brennweite von f=5,08&nbsp;mm) bis 200-fach (f=1,27&nbsp;mm). Am häufigsten war eine Vergrößerung von etwa hundertfach (f=2,54&nbsp;mm), die bei acht Mikroskopen vorkam.<ref name=rob10/>
Die Sammlung der 26 Mikroskope der Royal Society wurde 1739 eingehend untersucht. Umgerechnet auf den Abstand eines Gegenstands zum Auge von 250&nbsp;mm ergaben sich dabei Vergrößerungen von 50-fach (entsprechend einer Brennweite von f=5,08&nbsp;mm) bis 200-fach (f=1,27&nbsp;mm). Am häufigsten war eine Vergrößerung von etwa hundertfach (f=2,54&nbsp;mm), die bei acht Mikroskopen vorkam.<ref name="rob10" />


Bei den zehn Anfang 2015 noch bekannten Mikroskopen traten Vergrößerungen von 68-fach(f=3,66&nbsp;mm) bis 266-fach (f=0,94&nbsp;mm) auf.
Bei den zehn Anfang 2015 noch bekannten Mikroskopen traten Vergrößerungen von 68-fach(f=3,66&nbsp;mm) bis 266-fach (f=0,94&nbsp;mm) auf.
Beim letzteren, dem sogenannten Utrechter Mikroskop, konnte bei Untersuchungen im 20. Jahrhundert mit Fotos von [[Diatomeen]], einem bei Mikroskopikern beliebten Testverfahren, eine [[Auflösung (Mikroskopie)|Auflösung]] von 1,35&nbsp;µm erreicht werden.<ref name=ulm/><ref name=rob10/> Damit übertraf es noch die Auflösung eines achromatischen zusammengesetzten Mikroskops von [[Charles Chevalier]] von 1837<ref name=schatzkammer/>.
Beim letzteren, dem sogenannten Utrechter Mikroskop, konnte bei Untersuchungen im 20. Jahrhundert mit Fotos von [[Diatomeen]], einem bei Mikroskopikern beliebten Testverfahren, eine [[Auflösung (Mikroskopie)|Auflösung]] von 1,35&nbsp;µm erreicht werden.<ref name="ulm" /><ref name="rob10" /> Damit übertraf es noch die Auflösung eines achromatischen zusammengesetzten Mikroskops von [[Charles Chevalier]] von 1837<ref name="schatzkammer" />.


Die fünf einzelnen gefassten Linsen des Museums Boerhaave haben meist niedrigere Vergrößerungen, von 32-fach bis 65-fach, nur eine erreicht 150-fach. Sie werden als Zubehör zum Aalkijker gedeutet.<ref name=rob10/>
Die fünf einzelnen gefassten Linsen des Museums Boerhaave haben meist niedrigere Vergrößerungen, von 32-fach bis 65-fach, nur eine erreicht 150-fach. Sie werden als Zubehör zum Aalkijker gedeutet.<ref name="rob10" />


Zusammengesetzte Mikroskope erreichten zu Leeuwenhoeks Zeiten nur eine Vergrößerung von etwa 100-fach. Sein Beitrag für die Anwendung der Mikroskopie als wissenschaftliche Technik war außerordentlich. Niemand hat zu seiner Zeit vergleichbare Beobachtungen machen können, auf Grund der hohen Leistungsfähigkeit seiner Geräte aber auch auf Grund der Geheimhaltung mit der er seine leistungsfähigeren Verfahren umgab.<ref name=schatzkammer/>
Zusammengesetzte Mikroskope erreichten zu Leeuwenhoeks Zeiten nur eine Vergrößerung von etwa 100-fach. Sein Beitrag für die Anwendung der Mikroskopie als wissenschaftliche Technik war außerordentlich. Niemand hat zu seiner Zeit vergleichbare Beobachtungen machen können, auf Grund der hohen Leistungsfähigkeit seiner Geräte aber auch auf Grund der Geheimhaltung mit der er seine leistungsfähigeren Verfahren umgab.<ref name="schatzkammer" />


=== Geheime Methoden ===
=== Geheime Methoden ===
Leeuwenhoek hielt seine Arbeitsmethoden zum großen Teil geheim. Er erwähnte explizit, dass er seine besten Mikroskope für sich selbst behalte und seinen Besuchern nicht zeigte. Blanchard vermutete 1868 gar, Leeuwenhoek habe im hohen Alter seine besten Instrumente verschwinden lassen, um seine Methode geheim zu halten. Auch seine spezielle Beobachtungsmethode für sehr kleine Kreaturen hielt er geheim. Daher kann nur spekuliert werden, wie er diese Beobachtungen genau durchführte.<ref>Dobell, S. 313 und S. 331</ref><ref name=km1999>{{Literatur |Autor=Klaus Meyer |Titel=Auf der Suche nach Leeuwenhoeks Arbeitsmikroskop |Sammelwerk=Mikrokosmos |Band=88 |Nummer=4 |Datum=1999 |Seiten=197-202 |DOI=|Online= [https://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_88_4_0001.pdf online]}}</ref>
Leeuwenhoek hielt seine Arbeitsmethoden zum großen Teil geheim. Er erwähnte explizit, dass er seine besten Mikroskope für sich selbst behalte und seinen Besuchern nicht zeigte. Blanchard vermutete 1868 gar, Leeuwenhoek habe im hohen Alter seine besten Instrumente verschwinden lassen, um seine Methode geheim zu halten. Auch seine spezielle Beobachtungsmethode für sehr kleine Kreaturen hielt er geheim. Daher kann nur spekuliert werden, wie er diese Beobachtungen genau durchführte.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 313 und S. 331</ref><ref name="km1999">{{Literatur |Autor=Klaus Meyer |Titel=Auf der Suche nach Leeuwenhoeks Arbeitsmikroskop |Sammelwerk=Mikrokosmos |Band=88 |Nummer=4 |Datum=1999 |Seiten=197–202 |Online= [https://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_88_4_0001.pdf online]}}</ref>


Dobell war überzeugt, dass Leeuwenhoek [[Dunkelfeldmikroskopie]] betrieb<ref>Dobell, S. 331</ref>.
Dobell war überzeugt, dass Leeuwenhoek [[Dunkelfeldmikroskopie]] betrieb<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 331</ref>.
Klaus Meyer, der Leeuwenhoeks Briefe ins Deutsche übersetzte und 1998 herausgab, vertrat dagegen die Ansicht, dass Leeuwenhoek sein normales Mikroskop mit einem Tubusrohr und einer schwach vergrößernden Okularlinse versah und es so zu einem zusammengesetzten Mikroskop erweiterte.<ref name=km1999/> Laura J. Snyder vermutet, dass er neben der Anwendung von Dunkelfeldmikroskopie auch ein [[Sonnenmikroskop]] verwendete, mit dem er mikroskopische Bilder an eine Wand warf.<ref>Snyder, S. 295-296</ref>
Klaus Meyer, der Leeuwenhoeks Briefe ins Deutsche übersetzte und 1998 herausgab, vertrat dagegen die Ansicht, dass Leeuwenhoek sein normales Mikroskop mit einem Tubusrohr und einer schwach vergrößernden Okularlinse versah und es so zu einem zusammengesetzten Mikroskop erweiterte.<ref name="km1999" /> Laura J. Snyder vermutet, dass er neben der Anwendung von Dunkelfeldmikroskopie auch ein [[Sonnenmikroskop]] verwendete, mit dem er mikroskopische Bilder an eine Wand warf.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 295–296</ref>


Aufgrund der Geheimhaltung hatten Leeuwenhoeks Instrumente keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung von Mikrokopen.<ref name=schatzkammer/>
Aufgrund der Geheimhaltung hatten Leeuwenhoeks Instrumente keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung von Mikrokopen.<ref name="schatzkammer" />


== Leeuwenhoeks Briefe, seine Beobachtungen und Entdeckungen ==
== Leeuwenhoeks Briefe, seine Beobachtungen und Entdeckungen ==
=== Übersicht ===
=== Übersicht ===
Leeuwenhoek teilte alle seine Beobachtungen in über 300 Briefen mit. Den ersten von vielen an die Royal Society in London schickte er 1673, er schrieb aber auch mit vielen anderen Gelehrten. Das Leeuwenhoek keine Ausbildung als Wissenschaftler hatte, ist seinen Briefen anzumerken. In ihnen beschreibt er seine Beobachtungen ohne diese zu ordnen, durchmischt mit persönlichen Details um plötzlich auf ein völlig anderes Thema zu kommen. Jedoch hat er immer deutlich auseinander gehalten, was er tatsächlich beobachtet hatte, und wie er seine Beobachtungen deutete, ein Merkmal auch moderner Wissenschaft. Diese Klarheit ist in wissenschaftlicher Literatur seiner Zeit selten. Leeuwenhoek beschrieb über 200 [[Art (Biologie)|Arten]], jedoch hat er sie häufig nicht genau genug beschrieben, um sie heute sicher identifizieren zu können.<ref name=evolution>{{Literatur |Autor=S. Bradbury |Titel=The Evolution of the Microscope |Kommentar=Second impression 1968 |Verlag=Pergamon Press |Ort=Oxford |Datum=1967 |ISBN=9781483131900 |Seiten=73-82}}</ref><ref name="Geschichte"/>
Leeuwenhoek teilte alle seine Beobachtungen in über 300 Briefen mit. Den ersten von vielen an die Royal Society in London schickte er 1673, er schrieb aber auch mit vielen anderen Gelehrten. Das Leeuwenhoek keine Ausbildung als Wissenschaftler hatte, ist seinen Briefen anzumerken. In ihnen beschreibt er seine Beobachtungen ohne diese zu ordnen, durchmischt mit persönlichen Details um plötzlich auf ein völlig anderes Thema zu kommen. Jedoch hat er immer deutlich auseinander gehalten, was er tatsächlich beobachtet hatte, und wie er seine Beobachtungen deutete, ein Merkmal auch moderner Wissenschaft. Diese Klarheit ist in wissenschaftlicher Literatur seiner Zeit selten. Leeuwenhoek beschrieb über 200 [[Art (Biologie)|Arten]], jedoch hat er sie häufig nicht genau genug beschrieben, um sie heute sicher identifizieren zu können.<ref name="evolution">{{Literatur |Autor=S. Bradbury |Titel=The Evolution of the Microscope |Verlag=Pergamon Press |Ort=Oxford |Datum=1967 |ISBN=978-1-4831-3190-0 |Seiten=73–82 |Kommentar=Second impression 1968}}</ref><ref name="Geschichte" />


Als seine wichtigsten Entdeckungen werden je nach Autor die [[Spermatozoe]]n, [[Rote Blutkörperchen]] und [[Mikroorganismen]] genannt. Daneben beobachtete er viele weitere Objekte der belebten und unbelebten Natur wie die Struktur von Holz, die Form von Kristallen oder gestreifte Muskulatur. 1688 beschrieb er den [[Blutkreislauf]] in der Schwanzflosse eines jungen Aals 1688.<ref>{{Literatur |Autor=Lodewijk C. Palm |Titel=The Edition of Leeuwenhoek's Letters: Changing Demands, Changing Policies |Sammelwerk=Text |Band=17 |Nummer= |Datum=2005 |Seiten=265-276 | JSTOR=30227826 }}</ref>
Als seine wichtigsten Entdeckungen werden je nach Autor die [[Spermatozoe]]n, [[Rote Blutkörperchen]] und [[Mikroorganismen]] genannt. Daneben beobachtete er viele weitere Objekte der belebten und unbelebten Natur wie die Struktur von Holz, die Form von Kristallen oder gestreifte Muskulatur. 1688 beschrieb er den [[Blutkreislauf]] in der Schwanzflosse eines jungen Aals 1688.<ref>{{Literatur |Autor=Lodewijk C. Palm |Titel=The Edition of Leeuwenhoek's Letters: Changing Demands, Changing Policies |Sammelwerk=Text |Band=17 |Nummer= |Datum=2005 |Seiten=265–276 |JSTOR=30227826}}</ref>


Mikroorganismen beschrieb er erstmals 1674 und genauer in einem langen Brief vom 9. Oktober 1676. Er fand [[Glockentierchen]], [[Rädertierchen]], [[Süßwasserpolypen]], frei bewegliche [[Protozoen]] und [[Bakterien]]. Zur Untersuchung von Organen führte er Färbungen mit [[Safran]] durch und er verfolgte den Lebenszyklus von [[Ameisen]], [[Blattläuse]]n und [[Muscheln]].<ref name=evolution/>
Mikroorganismen beschrieb er erstmals 1674 und genauer in einem langen Brief vom 9. Oktober 1676. Er fand [[Glockentierchen]], [[Rädertierchen]], [[Süßwasserpolypen]], frei bewegliche [[Protozoen]] und [[Bakterien]]. Zur Untersuchung von Organen führte er Färbungen mit [[Safran]] durch und er verfolgte den Lebenszyklus von [[Ameisen]], [[Blattläuse]]n und [[Muscheln]].<ref name="evolution" />


=== Mikroorganismen: Die Diertgens oder Animalcules ===
=== Mikroorganismen: Die Diertgens oder Animalcules ===
==== Erste Beobachtungen ====
==== Erste Beobachtungen ====
[[Datei:Spirogyra im Duchlichtmikroskop.jpg|mini|Spirogyra]]
[[Datei:Spirogyra im Duchlichtmikroskop.jpg|mini|Spirogyra]]
Die ersten Mikroorganismen sah Leeuwenhoek vermutlich 1674. Er beschrieb sie in einer kurzen Passage in einem Brief an [[Henry Oldenburg]], Sekretär der Royal Society, vom 7. September des Jahres. Im Wasser eines Süßwassersees nahe Delft, dass er am Tag nach der Entnahme untersuchte fand er Erdpartikel und spiralige, schlangenartige Streifen. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um die Alge [[Spirogyra]]. Auch weitere grüne Partikel waren vorhanden, und ziemlich sicher auch [[Protozoen]], denn er schreibt:<ref name=d109>Dobell, S. 109 – 112 </ref>
Die ersten Mikroorganismen sah Leeuwenhoek vermutlich 1674. Er beschrieb sie in einer kurzen Passage in einem Brief an [[Henry Oldenburg]], Sekretär der Royal Society, vom 7. September des Jahres. Im Wasser eines Süßwassersees nahe Delft, dass er am Tag nach der Entnahme untersuchte fand er Erdpartikel und spiralige, schlangenartige Streifen. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um die Alge [[Spirogyra]]. Auch weitere grüne Partikel waren vorhanden, und ziemlich sicher auch [[Protozoen]], denn er schreibt:<ref name="d109">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 109 – 112</ref>
{{Zitat
{{Zitat
|Text=Zwischen diesen waren viele kleine Animalcules, einige rund, einige etwas größer und oval. Letztere hatten zwei kleine Beine nahe dem Kopf und zwei kleine Flossen am hintersten Ende des Körpers [vermutlich [[Rädertierchen]]]. Andere waren länglicher, sie bewegten sich sehr langsam und kamen selten vor [vermutlich [[Ciliaten]]]. Diese Animalcules hatten verschiedene Farben, einige weißlich und transparent, andere grün und mit sehr glitzernden Schuppen. Wieder andere waren in der Mitte grün und vorne und hinten weiß [vermutlich ''[[Euglena viridis]]'']. Andere waren aschgrau. Die Bewegung der meisten dieser Animalcules war so schnell und so variabel, hoch, runter und herum, dass es wundervoll anzuschauen war. Einige dieser kleinen Kreaturen waren über tausend mal kleiner, als die kleinsten Tiere, die ich je gesehen habe, auf der Rinde von Käse, in Weizenmehl, Schimmel und dergleichen.
|Text=Zwischen diesen waren viele kleine Animalcules, einige rund, einige etwas größer und oval. Letztere hatten zwei kleine Beine nahe dem Kopf und zwei kleine Flossen am hintersten Ende des Körpers [vermutlich [[Rädertierchen]]]. Andere waren länglicher, sie bewegten sich sehr langsam und kamen selten vor [vermutlich [[Ciliaten]]]. Diese Animalcules hatten verschiedene Farben, einige weißlich und transparent, andere grün und mit sehr glitzernden Schuppen. Wieder andere waren in der Mitte grün und vorne und hinten weiß [vermutlich ''[[Euglena viridis]]'']. Andere waren aschgrau. Die Bewegung der meisten dieser Animalcules war so schnell und so variabel, hoch, runter und herum, dass es wundervoll anzuschauen war. Einige dieser kleinen Kreaturen waren über tausend mal kleiner, als die kleinsten Tiere, die ich je gesehen habe, auf der Rinde von Käse, in Weizenmehl, Schimmel und dergleichen.
|Quelle=Übersetzt nach der englischen Fassung in Dobell, 1960, S. 110 f. Zuordnung der Arten nach Dobell.
|Quelle=Übersetzt nach der englischen Fassung in Dobell, 1960, S. 110 f. Zuordnung der Arten nach Dobell.}}
Der Größenvergleich bezog sich wie damals üblich auf das Volumen. Tausendfach kleineres Volumen entspricht einer zehnfach kürzeren Länge. Die Tiere, auf die sich Leeuwenhoek im Größenvergleich bezieht sind Milben.<ref name="d109" /> Die [[Käsemilbe]] ist etwa einen halben Millimeter (= 500 Mikrometer) lang, die Mehlmilbe ''Acarus siro'' etwas kleiner. Tatsächlich hat ''Euglena viridis'' eine Länge von 40 – 65 Mikrometer.<ref>{{Literatur |Autor=[[Heinz Streble]], [[Dieter Krauter]] |Titel=Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch. |Auflage=10. |Verlag=Franckh-Kosmos Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2006 |ISBN=978-3-440-10807-9 |Seiten=154}}</ref>
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Der Größenvergleich bezog sich wie damals üblich auf das Volumen. Tausendfach kleineres Volumen entspricht einer zehnfach kürzeren Länge. Die Tiere, auf die sich Leeuwenhoek im Größenvergleich bezieht sind Milben.<ref name=d109/> Die [[Käsemilbe]] ist etwa einen halben Millimeter (= 500 Mikrometer) lang, die Mehlmilbe ''Acarus siro'' etwas kleiner. Tatsächlich hat ''Euglena viridis'' eine Länge von 40 – 65 Mikrometer.<ref>{{Literatur |Autor=[[Heinz Streble]], [[Dieter Krauter]] |Titel=Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch. |Auflage=10. |Verlag=Franckh-Kosmos Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2006 |ISBN=978-3-440-10807-9 |Seiten=154}}</ref>


Leeuwenhoek schrieb von „dierkens“<ref>Dobell, Tafel XXV bei S. 240; S. 251</ref>, „diertgens“<ref>Dobell, S. 129</ref>, „kleyne dierkens“<ref>Tafel XXIX, bei S. 285</ref> oder „diertjes“<ref>{{Literatur |Autor=Klaus Meyer |Titel=Die Geburt der Mikroskope |Sammelwerk=Kultur&Technik |Band= |Nummer=1/2000 |Datum=2000 |Seiten=52-55}}</ref><ref>Dobell, S. 263</ref>, also von Tierchen. In den veröffentlichen englischen Übersetzungen wurden sie auf lateinisch als „animalcules“ oder, da Englisch keinen [[Diminutiv]] kennt, als „little animals“ (kleine Tiere) bezeichnet.
Leeuwenhoek schrieb von „dierkens“<ref>Dobell, Tafel XXV bei S. 240; S. 251</ref>, „diertgens“<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 129</ref>, „kleyne dierkens“<ref>Tafel XXIX, bei S. 285</ref> oder „diertjes“<ref>{{Literatur |Autor=Klaus Meyer |Titel=Die Geburt der Mikroskope |Sammelwerk=Kultur&Technik |Band= |Nummer=1/2000 |Datum=2000 |Seiten=52–55}}</ref><ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 263</ref>, also von Tierchen. In den veröffentlichen englischen Übersetzungen wurden sie auf lateinisch als „animalcules“ oder, da Englisch keinen [[Diminutiv]] kennt, als „little animals“ (kleine Tiere) bezeichnet.


Ein weiterer Bericht folgt ein gutes Jahr später in einem Brief von 20. Dezember 1675, der aber nicht veröffentlicht wurde. Leeuwenhoek schrieb, dass er im vergangenen Sommer in fast allen Gewässerproben Animalcules gefunden habe. Von diesen seien einige unglaublich klein gewesen, kleiner gar als jene die von anderen entdeckt wurden und [[Wasserflöhe]] oder Wasserläuse genannt wurden. Hier bezog sich Leeuwenhoek wohl auf eine Veröffentlichung von [[Jan Swammerdam]] von 1669.<ref name=d109/>
Ein weiterer Bericht folgt ein gutes Jahr später in einem Brief von 20. Dezember 1675, der aber nicht veröffentlicht wurde. Leeuwenhoek schrieb, dass er im vergangenen Sommer in fast allen Gewässerproben Animalcules gefunden habe. Von diesen seien einige unglaublich klein gewesen, kleiner gar als jene die von anderen entdeckt wurden und [[Wasserflöhe]] oder Wasserläuse genannt wurden. Hier bezog sich Leeuwenhoek wohl auf eine Veröffentlichung von [[Jan Swammerdam]] von 1669.<ref name="d109" />


In einem ebenso unveröffentlichtem Brief einen Monat später schrieb Leeuwenhoek, dass er auch in aufgefangenem Regenwasser, Quellwasser und im Wasser der Kanäle von Delft fündig wurde. Außerdem kündigte er einen genaueren Bericht an.<ref name=d109/>
In einem ebenso unveröffentlichtem Brief einen Monat später schrieb Leeuwenhoek, dass er auch in aufgefangenem Regenwasser, Quellwasser und im Wasser der Kanäle von Delft fündig wurde. Außerdem kündigte er einen genaueren Bericht an.<ref name="d109" />


==== Der Brief über die Protozoen ====
==== Der Brief über die Protozoen ====
[[Datei:Meyers b13 s0423a Stylonychia mytilus.jpg|mini|''Stylonychia mytilus'', das Waffen- oder Muscheltierchen. „Ich sah [...] ein Tierchen, das hatte etwa die Form einer Miesmuschel-Schale, die mit der leeren Seite nach unten liegt.“]]
[[Datei:Meyers b13 s0423a Stylonychia mytilus.jpg|mini|''Stylonychia mytilus'', das Waffen- oder Muscheltierchen. „Ich sah [...] ein Tierchen, das hatte etwa die Form einer Miesmuschel-Schale, die mit der leeren Seite nach unten liegt.“]]
Dieser Bericht erfolgte in einem Brief vom 9. Oktober 1676, der als „Brief über die Protozoen“ bekannt wurde. Das Original-Manuskript hat 17½ eng beschriebene Folio-Seiten. Knapp die Hälfte des Briefes wurde in englischer zusammenfassender Übersetzung im März 1677 in den Philosophical Transactions der Royal Society mit dem Titel „[...] by Mr. Antony van Leewenhoeck [...]: Concerning little Animals by him observed in Rain- Well- Sea- and Snow-water; as also in water wherin Pepper had lain infused“. veröffentlicht<ref>Phil. Trans. (1677) Vol XII, No. 133, pp 821-831. Angabe nach Dobel, S. 113</ref>. (Deutsch: Bezüglich kleiner Tiere, die er in Regen- Brunnen- Meeres- und Schneewasser beobachtete; und auch in Wasser worin er Pfeffer eingelegt hatte.) Der restliche Teil blieb unbekannt bis zu den Untersuchungen von Dobell (1932), der in den Archiven der Royal Society das Originalmanuskript fand und neu übersetzte.<ref name=d112>Dobell, S. 112 130</ref>
Dieser Bericht erfolgte in einem Brief vom 9. Oktober 1676, der als „Brief über die Protozoen“ bekannt wurde. Das Original-Manuskript hat 17½ eng beschriebene Folio-Seiten. Knapp die Hälfte des Briefes wurde in englischer zusammenfassender Übersetzung im März 1677 in den Philosophical Transactions der Royal Society mit dem Titel „[] by Mr. Antony van Leewenhoeck []: Concerning little Animals by him observed in Rain- Well- Sea- and Snow-water; as also in water wherin Pepper had lain infused“. veröffentlicht<ref>Phil. Trans. <!-- was soll das ein ??? -->(1677) Banf XII, Nr. 133, S. 821–831. Angabe nach Dobel,<!-- was soll das ein ??? --> S. 113.</ref>. (Deutsch: Bezüglich kleiner Tiere, die er in Regen- Brunnen- Meeres- und Schneewasser beobachtete; und auch in Wasser worin er Pfeffer eingelegt hatte.) Der restliche Teil blieb unbekannt bis zu den Untersuchungen von Dobell (1932), der in den Archiven der Royal Society das Originalmanuskript fand und neu übersetzte.<ref name="d112">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 112–130.</ref>


Der Brief beginnt mit mehreren, teils sehr ausführlichen Beobachtungen des Auftauchens verschiedener Arten von Mikroorganismen in frischem Regenwasser, dass einige Tage steht. Es folgen kurze Beschreibungen der Funde in Fluss- und Brunnenwasser und eine ausführlichere über Meerwasser. Der zweite Teil des Briefes beschäftigt sich mit Aufgüssen mehrerer Gewürze mit Regenwasser. Fünf Ansätze mit Pfeffer werden beschrieben, und je einer mit Ingwer, Gewürznelken und Muskat. Dazwischen ist eine Beobachtung an Essig eingestreut. Bis auf einige Beobachtungen an Pfefferwasser fiel der zweite Teil jedoch den Kürzungen zum Opfer und wurde erstmals 1932 veröffentlicht.<ref name=d112/><ref name=d131>Dobell, S. 131–144</ref> Mit den Aufgüssen verwendet er ein ähnliches Verfahren, wie viele spätere Mikroskopiker, die einen [[Heuaufguss]] ansetzten um Mikroorganismen zu beobachten, besonders die danach benannten [[Infusorien]].
Der Brief beginnt mit mehreren, teils sehr ausführlichen Beobachtungen des Auftauchens verschiedener Arten von Mikroorganismen in frischem Regenwasser, dass einige Tage steht. Es folgen kurze Beschreibungen der Funde in Fluss- und Brunnenwasser und eine ausführlichere über Meerwasser. Der zweite Teil des Briefes beschäftigt sich mit Aufgüssen mehrerer Gewürze mit Regenwasser. Fünf Ansätze mit Pfeffer werden beschrieben, und je einer mit Ingwer, Gewürznelken und Muskat. Dazwischen ist eine Beobachtung an Essig eingestreut. Bis auf einige Beobachtungen an Pfefferwasser fiel der zweite Teil jedoch den Kürzungen zum Opfer und wurde erstmals 1932 veröffentlicht.<ref name="d112" /><ref name="d131">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 131–144.</ref> Mit den Aufgüssen verwendet er ein ähnliches Verfahren, wie viele spätere Mikroskopiker, die einen [[Heuaufguss]] ansetzten um Mikroorganismen zu beobachten, besonders die danach benannten [[Infusorien]].


In diesem Brief beschreibt Leeuwenhoek viele Organismen, davon einige Arten so genau, dass sein Biograph Clifford Dobell, selbst Protozoologe, diese 1932 eindeutig zuordnen konnte. Bei [[Vorticella]], einem [[Glockentierchen]], beschreibt er das charakteristische Zusammenziehen und Strecken, bei [[Wimpertierchen]] die „dünnen, kleinen Füße oder Beine“ oder „kleine Pfoten“, also die [[Cilien]]. Auch das Waffentierchen ''[[Stylonychia mytilus]]'' lässt sich zuordnen.<ref name=d112/>
In diesem Brief beschreibt Leeuwenhoek viele Organismen, davon einige Arten so genau, dass sein Biograph Clifford Dobell, selbst Protozoologe, diese 1932 eindeutig zuordnen konnte. Bei [[Vorticella]], einem [[Glockentierchen]], beschreibt er das charakteristische Zusammenziehen und Strecken, bei [[Wimpertierchen]] die „dünnen, kleinen Füße oder Beine“ oder „kleine Pfoten“, also die [[Cilien]]. Auch das Waffentierchen ''[[Stylonychia mytilus]]'' lässt sich zuordnen.<ref name="d112" />


In frisch aufgefangenem Regenwasser entdeckte er die ersten Organismen nach zwei bis vier Tagen, sie erreichten dann eine Dichte von etwa 1000 bis über 2000 „pro Tropfen“. Seine Größenangaben waren so nachvollziehbar, dass sie sich auf heutige Maße umrechnen lassen, für einige der Organismen auf 6 – 8&nbsp;Mikrometer. Zur Veranschaulichung gab er an dass eines der Diertgen bezogen auf ein Milbe so groß sei wie eine Biene zu einem Pferd. Bei einigen konnte er auf Grund ihrer geringen Größe keine Form beschreiben. In Flusswasser fand er weniger als 25 Tierchen pro Tropfen, in Brunnenwasser im Winter keine und im Sommer über 500 „in einem Korn Wasser“. In sommerlichem Meerwasser dagegen nur 1-4 pro Tropfen.<ref name=d112/>
In frisch aufgefangenem Regenwasser entdeckte er die ersten Organismen nach zwei bis vier Tagen, sie erreichten dann eine Dichte von etwa 1000 bis über 2000 „pro Tropfen“. Seine Größenangaben waren so nachvollziehbar, dass sie sich auf heutige Maße umrechnen lassen, für einige der Organismen auf 6 – 8&nbsp;Mikrometer. Zur Veranschaulichung gab er an dass eines der Diertgen bezogen auf ein Milbe so groß sei wie eine Biene zu einem Pferd. Bei einigen konnte er auf Grund ihrer geringen Größe keine Form beschreiben. In Flusswasser fand er weniger als 25 Tierchen pro Tropfen, in Brunnenwasser im Winter keine und im Sommer über 500 „in einem Korn Wasser“. In sommerlichem Meerwasser dagegen nur 1–4 pro Tropfen.<ref name="d112" />


Pfefferwasser untersuchte Leeuwenhoek eigentlich, um nach der Ursache für die Schärfe des Pfeffers zu suchen. [[Cartesianismus|Cartesianer]] hatten spekuliert, dass scharfer, saurer Geschmack durch die Form von Partikeln der jeweiligen Stoffe hervor gerufen wird<ref>Snyder, S. 237</ref>. Leeuwenhoek fand im Wasser einige Tage nach dem Einlegen des Pfeffers neben Protozoen auch Organismen, die sich nach seiner Beschreibung sicher als Bakterien identifizieren lassen. An einer Stelle beschreibt er, wie ein ovaler Animalcules von über hundert der allerkleinsten Animalcules umgeben war, von denen einige fort getrieben wurden. Mit heutigem Wissen lässt sich diese Szene als ein Wimperntierchen deuten, das von Bakterien umgeben ist, von denen einige durch den Schlag der Cilien abgetrieben werden. Von den Wimperntierchen beschrieb er bis zu über 8000 in einem Tropfen, die Zahl der Bakterien aber als „weitaus größer“. Auch beobachtete er, dass das oberflächennahe Wasser weitaus dichter besiedelt war, als der Wasserkörper.<ref name=d131/>
Pfefferwasser untersuchte Leeuwenhoek eigentlich, um nach der Ursache für die Schärfe des Pfeffers zu suchen. [[Cartesianismus|Cartesianer]] hatten spekuliert, dass scharfer, saurer Geschmack durch die Form von Partikeln der jeweiligen Stoffe hervor gerufen wird.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 237.</ref> Leeuwenhoek fand im Wasser einige Tage nach dem Einlegen des Pfeffers neben Protozoen auch Organismen, die sich nach seiner Beschreibung sicher als Bakterien identifizieren lassen. An einer Stelle beschreibt er, wie ein ovaler Animalcules von über hundert der allerkleinsten Animalcules umgeben war, von denen einige fort getrieben wurden. Mit heutigem Wissen lässt sich diese Szene als ein Wimperntierchen deuten, das von Bakterien umgeben ist, von denen einige durch den Schlag der Cilien abgetrieben werden. Von den Wimperntierchen beschrieb er bis zu über 8000 in einem Tropfen, die Zahl der Bakterien aber als „weitaus größer“. Auch beobachtete er, dass das oberflächennahe Wasser weitaus dichter besiedelt war, als der Wasserkörper.<ref name="d131" />


Eine beschriebene Bakterienform identifizierte Dobell als „vermutlich [[Bacilli]]“, eine weitere als die Fadenbakterie ''Pseudospira''. Eine ausführlich beschriebene Form sind [[Spirillen]], „sehr kleine Aale“. ''Pseudospira'' und Spirillen kommen allerdings erst im ursprünglich gekürzten Teil des Briefes vor. Leeuwenhoek schätzte die Zahl der Spirillen auf über hunderttausend in einem kleinen Tropfen Oberflächenwasser ein.<ref name=d131/>
Eine beschriebene Bakterienform identifizierte Dobell als „vermutlich [[Bacilli]]“, eine weitere als die Fadenbakterie ''Pseudospira''. Eine ausführlich beschriebene Form sind [[Spirillen]], „sehr kleine Aale“. ''Pseudospira'' und Spirillen kommen allerdings erst im ursprünglich gekürzten Teil des Briefes vor. Leeuwenhoek schätzte die Zahl der Spirillen auf über hunderttausend in einem kleinen Tropfen Oberflächenwasser ein.<ref name="d131" />


Im nicht veröffentlichten Teil des Briefes findet sich auch eine interessante Beobachtung über [[Essigälchen]]: Bei manchen der großen Exemplare, die er auseinander brach konnte er beobachten, dass lebende kleine Älchen hervor kamen. Tatsächlich sind Essigälchen lebendgebärend und diese Beobachtungen somit die ersten zur Fortpflanzung dieser Tierart.<ref>Dobell, S. 152</ref>
Im nicht veröffentlichten Teil des Briefes findet sich auch eine interessante Beobachtung über [[Essigälchen]]: Bei manchen der großen Exemplare, die er auseinander brach konnte er beobachten, dass lebende kleine Älchen hervor kamen. Tatsächlich sind Essigälchen lebendgebärend und diese Beobachtungen somit die ersten zur Fortpflanzung dieser Tierart.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 152.</ref>


==== Bestätigung der Entdeckung ====
==== Bestätigung der Entdeckung ====
Die Royal Society war an Leeuwenhoeks Schilderungen sehr interessiert, aber auch skeptisch. [[Nehemiah Grew]], Sekretär der Gesellschaft und ebenfalls Mikroskopiker, wurde beauftragt, Leeuwenhoeks Versuche zu wiederholen. Es ist nicht überliefert, ob es tatsächlich dazu kam. Zusammen mit weiteren Beobachtungen sandte Leeuwenhoek am 5. Oktober 1677 Stellungnahmen von acht angesehenen Personen, denen er die Mikroorganismen gezeigt hatte, nach London. Darunter war der Pastor der englischen Gemeinde in Delft, zwei lutheranische Pastoren aus Delft und [[Den Haag]] sowie ein Notar.<ref>Dobell, S. 172-176</ref><ref name=Geschichte/>
Die Royal Society war an Leeuwenhoeks Schilderungen sehr interessiert, aber auch skeptisch. [[Nehemiah Grew]], Sekretär der Gesellschaft und ebenfalls Mikroskopiker, wurde beauftragt, Leeuwenhoeks Versuche zu wiederholen. Es ist nicht überliefert, ob es tatsächlich dazu kam. Zusammen mit weiteren Beobachtungen sandte Leeuwenhoek am 5. Oktober 1677 Stellungnahmen von acht angesehenen Personen, denen er die Mikroorganismen gezeigt hatte, nach London. Darunter war der Pastor der englischen Gemeinde in Delft, zwei lutheranische Pastoren aus Delft und [[Den Haag]] sowie ein Notar.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 172–176</ref><ref name="Geschichte" />


[[Robert Hooke]], selbst berühmter Mikroskopiker und Mitglied der Royal Society hatte auf Grund nachlassender Sehstärke schon länger nicht mehr mikroskopiert. Nun aber fertigte er einen Aufguss mit Pfefferkörnern durch und beobachtete. Nach etwa einer Woche fand er zahlreiche Mikroorganismen und konnte Leeuwenhoeks Berichte somit bestätigen.<ref name=Geschichte/>
[[Robert Hooke]], selbst berühmter Mikroskopiker und Mitglied der Royal Society hatte auf Grund nachlassender Sehstärke schon länger nicht mehr mikroskopiert. Nun aber fertigte er einen Aufguss mit Pfefferkörnern durch und beobachtete. Nach etwa einer Woche fand er zahlreiche Mikroorganismen und konnte Leeuwenhoeks Berichte somit bestätigen.<ref name="Geschichte" />


Bei Sitzungen der Royal Society am 1., 8. und 15. November 1677 führte Hooke Demonstrationen durch. Während die ersten beiden wohl, auch auf Grund technischer Einschränkungen der verwendeten Mikroskope, nicht alle Teilnehmer überzeugten war das Ergebnis des Pfefferaufgusses, das bei der dritten Demonstration vorgeführt wurde, anscheinend eindeutig. Die „kleinen Tiere“ bewegten sich auf unterschiedlichste Art, so dass es Tiere sein mussten, Irrtum ausgeschlossen. Leeuwenhoeks Entdeckung wurde nicht mehr angezweifelt. Die Neuigkeit der Enteckung verbreitete sich schnell. Wie Hooke in einem Brief an Leeuwenhoek vom 18. April 1678 berichtete ließ sich selbst [[Karl II. (England)| König Charles II. von England]] die Entdeckung vorführen und war über die Beobachtung „sehr erfreut“.<ref>Dobell, S. 183-186 </ref>
Bei Sitzungen der Royal Society am 1., 8. und 15. November 1677 führte Hooke Demonstrationen durch. Während die ersten beiden wohl, auch auf Grund technischer Einschränkungen der verwendeten Mikroskope, nicht alle Teilnehmer überzeugten war das Ergebnis des Pfefferaufgusses, das bei der dritten Demonstration vorgeführt wurde, anscheinend eindeutig. Die „kleinen Tiere“ bewegten sich auf unterschiedlichste Art, so dass es Tiere sein mussten, Irrtum ausgeschlossen. Leeuwenhoeks Entdeckung wurde nicht mehr angezweifelt. Die Neuigkeit der Enteckung verbreitete sich schnell. Wie Hooke in einem Brief an Leeuwenhoek vom 18. April 1678 berichtete ließ sich selbst [[Karl II. (England)|König Charles II. von England]] die Entdeckung vorführen und war über die Beobachtung „sehr erfreut“.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 183–186</ref>


==== Bakterien im Zahnbelag ====
==== Bakterien im Zahnbelag ====
[[Datei:Leuwenhoek picture of animacules.png|mini|Bakterien aus dem Zahnbelag. A, ''[[Bacillus]]''. B,C,D, ''Selenomonas sputigena'' mit Bewegungsspur. E, ''[[Micrococcus|Micrococci]]''. F, ''Leptothrix buccalis'' (auch: ''Leptotrichia buccalis''<ref>{{Literatur |Autor=Natalia Ivanova et al. |Titel=Complete genome sequence of Leptotrichia buccalis type strain (C-1013-bT) |Sammelwerk=Stand in Genomic Sci |Band=1|Datum=2009 |Seiten=126–132 |DOI=10.4056/sigs.1854}}</ref>). G, ein Spirochaet, vermutlich ''Spirochaeta buccalis''. Zuordnung der Arten nach Dobell, 1932.<ref>Dobell, Tafel XXIV bei S. 239 und S. 245-246</ref>]]
[[Datei:Leuwenhoek picture of animacules.png|mini|Bakterien aus dem Zahnbelag. A, ''[[Bacillus]]''. B,C,D, ''Selenomonas sputigena'' mit Bewegungsspur. E, ''[[Micrococcus|Micrococci]]''. F, ''Leptothrix buccalis'' (auch: ''Leptotrichia buccalis''<ref>{{Literatur |Autor=Natalia Ivanova et al. |Titel=Complete genome sequence of Leptotrichia buccalis type strain (C-1013-bT) |Sammelwerk=Stand in Genomic Sci |Band=1 |Datum=2009 |Seiten=126–132 |DOI=10.4056/sigs.1854}}</ref>). G, ein Spirochaet, vermutlich ''Spirochaeta buccalis''. Zuordnung der Arten nach Dobell, 1932.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> Tafel XXIV bei S. 239 und S. 245–246</ref>]]
Am 12. September 1683 verfasste Leeuwenhoek einen Brief, in dem er Bakterien aus dem Zahnbelag beschreibt. Dieser wurde 1695 auch in seiner Briefsammlung "Arcana naturae detecta" veröffentlicht. Dazu gehört die gezeigte Abbildung mit den fig. A bis fig. G, die zeigt, dass es tatsächlich um Bakterien geht. Diese fand er, wenn er Zahnbelag entweder mit Regenwasser oder mit Speichel vermischte, nicht aber in reinem Speichel.<ref name="Geschichte569">{{BibISBN|9783817117819|Seite=569-571}}</ref>
Am 12. September 1683 verfasste Leeuwenhoek einen Brief, in dem er Bakterien aus dem Zahnbelag beschreibt. Dieser wurde 1695 auch in seiner Briefsammlung "Arcana naturae detecta" veröffentlicht. Dazu gehört die gezeigte Abbildung mit den fig. A bis fig. G, die zeigt, dass es tatsächlich um Bakterien geht. Diese fand er, wenn er Zahnbelag entweder mit Regenwasser oder mit Speichel vermischte, nicht aber in reinem Speichel.<ref name="Geschichte569">{{BibISBN|9783817117819|Seite=569–571}}</ref>


In diesem Brief schreibt er weiterhin:<ref>Dobell, S. 242</ref>
In diesem Brief schreibt er weiterhin:<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 242.</ref>
{{Zitat
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|Text=Ferner habe ich in meinen Mund starken Weinessig genommen, die Zähne auf einander gehalten und den Essig vielmals hindurch laufen lassen; darauf spülte ich meinen Mund wieder dreimal mit reinem Wasser aus, entnahm von der Materie zwischen Schneide- und Backzähnen, vermischte dieselbe sowohl mit Speichel als mit reinem Regenwasser und fand darin zwar fast überall ein unbegreifliche Anzahl lebender Thierchen, am meisten aber in der Materie zwischen den Backzähnen, allerdings nur wenige von der Form der Fig. A. Ich habe auch etwas Essig direkt in das Gemenge von Wasser und Speichel (mit der Materie) gebracht, wovon die Thierchen sofort abstarben. Hieraus schliesse ich, dass der Essig, als ich ihn im Munde hatte, nicht durch die ganze, fest an den Schneide- und Backzähnen sitzende Materie durchdrungen ist, sondern diejenigen Thierchen getodtet hat, die in der Äussersten Schicht der weissen Materie vorhanden waren.
|Text=Ferner habe ich in meinen Mund starken Weinessig genommen, die Zähne auf einander gehalten und den Essig vielmals hindurch laufen lassen; darauf spülte ich meinen Mund wieder dreimal mit reinem Wasser aus, entnahm von der Materie zwischen Schneide- und Backzähnen, vermischte dieselbe sowohl mit Speichel als mit reinem Regenwasser und fand darin zwar fast überall ein unbegreifliche Anzahl lebender Thierchen, am meisten aber in der Materie zwischen den Backzähnen, allerdings nur wenige von der Form der Fig. A. Ich habe auch etwas Essig direkt in das Gemenge von Wasser und Speichel (mit der Materie) gebracht, wovon die Thierchen sofort abstarben. Hieraus schliesse ich, dass der Essig, als ich ihn im Munde hatte, nicht durch die ganze, fest an den Schneide- und Backzähnen sitzende Materie durchdrungen ist, sondern diejenigen Thierchen getodtet hat, die in der Äussersten Schicht der weissen Materie vorhanden waren.
|Quelle=Antoni van Leeuwenhoek, 1683, Übersetzung von [[Julius Richard Petri]], 1896. <ref name=petri>{{Literatur |Autor=Julius Richard Petri |Titel=Das Mikroskop. Von seinen Anfängen bis zur jetzigen Vervollkommnung für alle Freunde dieses Instruments. |Auflage= |Verlag=Verlag von Richard Schoetz |Ort=Berlin |Datum=1896 |Online= [http://www.biolib.de/petri/index.html Digitalisat], [http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/9213 Download] (PDF) |Seiten=18-38}}</ref>
|Quelle=Antoni van Leeuwenhoek, 1683, Übersetzung von [[Julius Richard Petri]], 1896.
|ref=<ref name="petri">{{Literatur |Autor=Julius Richard Petri |Titel=Das Mikroskop. Von seinen Anfängen bis zur jetzigen Vervollkommnung für alle Freunde dieses Instruments. |Auflage= |Verlag=Verlag von Richard Schoetz |Ort=Berlin |Datum=1896 |Seiten=18–38 |Online= [http://www.biolib.de/petri/index.html Digitalisat], [http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/9213 Download] (PDF)}}</ref>}}
}}
Leeuwenhoek beobachtet hier vermutlich als Erster die schützende Wirkung eines [[Biofilm]]s für die darin lebenden Mikroorganismen.
Leeuwenhoek beobachtet hier vermutlich als Erster die schützende Wirkung eines [[Biofilm]]s für die darin lebenden Mikroorganismen.


In einem späteren Brief beschrieb er 1692 ebenfalls Bakterien aus dem Zahnbelag und bestimmte auch deren Größe.<ref name="Geschichte569"/><ref>Dobell, S. 247 ff</ref>
In einem späteren Brief beschrieb er 1692 ebenfalls Bakterien aus dem Zahnbelag und bestimmte auch deren Größe.<ref name="Geschichte569" /><ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 247 ff</ref>


==== Weitere Beobachtungen von Mikroorganismen ====
==== Weitere Beobachtungen von Mikroorganismen ====
In einem Brief vom 7. März 1692 an die Royal Society berichtet Leeuwenhoek über Tierchen, die „kopulierten“. Sehr wahrscheinlich sah er die [[Konjugation (Biologie)|Konjugation]] und Teilung von Ciliaten.<ref>Dobell, S. 205-206</ref> In einem Brief an den Kurfürsten von der Pfalz vom 9. November 1695 beschreibt er das aufeinander treffen zweier Tierchen, die sich offenbar zur Konjugation verbinden. Im gleichen Brief spekuliert er auch, dass kleinere Tierchen (also Bakterien) den größeren (etwa Ciliaten) als Nahrung dienen könnten.<ref>Dobell, S. 212-213</ref> Und er beschreibt, dass das Fleisch toter junger Teichmuscheln verschwand, während sich die Zahl der Mikroorganismen stark vermehrte. Er schloss daraus, dass diese sich von den Teichmuscheln ernährten.<ref>Dobell, S. 207-210</ref>
In einem Brief vom 7. März 1692 an die Royal Society berichtet Leeuwenhoek über Tierchen, die „kopulierten“. Sehr wahrscheinlich sah er die [[Konjugation (Biologie)|Konjugation]] und Teilung von Ciliaten.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 205–206</ref> In einem Brief an den Kurfürsten von der Pfalz vom 9. November 1695 beschreibt er das aufeinander treffen zweier Tierchen, die sich offenbar zur Konjugation verbinden. Im gleichen Brief spekuliert er auch, dass kleinere Tierchen (also Bakterien) den größeren (etwa Ciliaten) als Nahrung dienen könnten.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 212–213</ref> Und er beschreibt, dass das Fleisch toter junger Teichmuscheln verschwand, während sich die Zahl der Mikroorganismen stark vermehrte. Er schloss daraus, dass diese sich von den Teichmuscheln ernährten.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 207–210</ref>


Neben freilebenden Mikroorganismen fand Leeuwenhoek auch solche, die im Körper von Tier und Mensch lebten. In einem Brief von 1674, der erst im 20. Jahrhundert erstmals veröffentlicht wurde, beschrieb er eiförmige Teilchen in der Galle eines alten Kaninchens, sehr wahrscheinlich [[Oocyste]]n von ''Eimeria stiediae'', dem Erreger der [[Kokzidiose der Kaninchen]], ohne dass er jedoch die Funktion der Oocyste erkannte.<ref>Dobell, S. 217-220</ref> 1680 (veröffentlicht 1695) entdeckte er Mikroorganismen im Darm einer [[Pferdebremse]], vermutlich [[Flagellaten]].<ref>Dobell, S. 221</ref>
Neben freilebenden Mikroorganismen fand Leeuwenhoek auch solche, die im Körper von Tier und Mensch lebten. In einem Brief von 1674, der erst im 20. Jahrhundert erstmals veröffentlicht wurde, beschrieb er eiförmige Teilchen in der Galle eines alten Kaninchens, sehr wahrscheinlich [[Oocyste]]n von ''Eimeria stiediae'', dem Erreger der [[Kokzidiose der Kaninchen]], ohne dass er jedoch die Funktion der Oocyste erkannte.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 217–220</ref> 1680 (veröffentlicht 1695) entdeckte er Mikroorganismen im Darm einer [[Pferdebremse]], vermutlich [[Flagellaten]].<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 221</ref>


In einem Brief vom 4. November 1681 schreibt er an Robert Hooke, dass er Durchfall gehabt habe, und seine Ausscheidungen untersucht habe. Darin fand er Mikroorganismen, aus deren Beschreibung hervorgeht, dass es sich um ''[[Giardia intestinalis]]'' handelte, den Erreger der [[Giardiasis]], einer mit Durchfall verbundenen Erkrankung. Einige Organismen erwähnt der Brief ohne genauere Beschreibung, aus einer weiteren lässt sich jedoch auf [[Spirochäten]] schließen, meist harmlose Darmbewohner. Leeuwenhoek untersuchte auch seine normalen Exkremente, also wenn er nicht krank war. Dann konnte er keine Mikroorganismen finden, sondern nur wenn die Exkremente „lockerer“ waren als normal. Er stellt jedoch weder hier noch sonst in seinen Schriften eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Mikroorganismen und Krankheit her.<ref>Dobell, S. 222-226 u. S. 230</ref>
In einem Brief vom 4. November 1681 schreibt er an Robert Hooke, dass er Durchfall gehabt habe, und seine Ausscheidungen untersucht habe. Darin fand er Mikroorganismen, aus deren Beschreibung hervorgeht, dass es sich um ''[[Giardia intestinalis]]'' handelte, den Erreger der [[Giardiasis]], einer mit Durchfall verbundenen Erkrankung. Einige Organismen erwähnt der Brief ohne genauere Beschreibung, aus einer weiteren lässt sich jedoch auf [[Spirochäten]] schließen, meist harmlose Darmbewohner. Leeuwenhoek untersuchte auch seine normalen Exkremente, also wenn er nicht krank war. Dann konnte er keine Mikroorganismen finden, sondern nur wenn die Exkremente „lockerer“ waren als normal. Er stellt jedoch weder hier noch sonst in seinen Schriften eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Mikroorganismen und Krankheit her.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 222–226 u. S. 230</ref>


1683 beschrieb er mehrere Experimente an Fröschen, die ihm zeigten, dass verschiedene Mikroorganismen zahlreich in deren Darminhalt leben, nicht aber im Blut. Von zweien fertigte er Zeichnungen an, auf denen sich ''Opalina dimidiata'' (siehe [[Opalinea]]) und das [[Wimperntierchen]] ''Nyctotherus cordiformis'' identifizieren lassen.<ref>Dobell, 230-233</ref>
1683 beschrieb er mehrere Experimente an Fröschen, die ihm zeigten, dass verschiedene Mikroorganismen zahlreich in deren Darminhalt leben, nicht aber im Blut. Von zweien fertigte er Zeichnungen an, auf denen sich ''Opalina dimidiata'' (siehe [[Opalinea]]) und das [[Wimperntierchen]] ''Nyctotherus cordiformis'' identifizieren lassen.<ref>Dobell, 230–233.</ref>
<gallery mode="nolines" widths="250" heights="200" caption="Von Leeuwenhoek beschriebene Mikroorganismen">
<gallery mode="nolines" widths="250" heights="200" caption="Von Leeuwenhoek beschriebene Mikroorganismen">
Plate XXIII - Leeuwenhoeks Pictures of the Intestinal protozoa of frogs.jpg|Aus dem Froschdarm: A, ''Opalina dimidiata''. B, ''Nycthoterus cordiformis''. C, evtl. eine Nematodenlarve?
Plate XXIII - Leeuwenhoeks Pictures of the Intestinal protozoa of frogs.jpg|Aus dem Froschdarm: A, ''Opalina dimidiata.'' B, ''Nycthoterus cordiformis.'' C, evtl. eine Nematodenlarve?
Antony van Leeuwenhoek and his "Little animals"; being some account of the father of protozoology and bacteriology and his multifarious discoveries in these disciplines; (1932) (19744816495).jpg|Oben Glasröhrchen zur Beobachtung, unten die älteste Zeichnung von ''Volvox''.
Antony van Leeuwenhoek and his "Little animals"; being some account of the father of protozoology and bacteriology and his multifarious discoveries in these disciplines; (1932) (19744816495).jpg|Oben Glasröhrchen zur Beobachtung, unten die älteste Zeichnung von ''Volvox''.
Mikrofoto.de-volvox-16.jpg|Lichtmikroskopische Fotografie von Volvox.
Mikrofoto.de-volvox-16.jpg|Lichtmikroskopische Fotografie von Volvox.
Anton van Leeuwenhoek Protists.jpg|Links Foraminiferen-Schale, rechts ''Coleps''.
Anton van Leeuwenhoek Protists.jpg|Links Foraminiferen-Schale, rechts ''Coleps''.
Coleps hirtus viridis.jpg|Lichtmikroskopsche Fotografie von ''Coleps''.
Coleps hirtus viridis.jpg|Lichtmikroskopsche Fotografie von ''Coleps''.
Plate XXX - Leeuwenhoeks Figures of Anthophysa vegetans.jpg|thumb|Leeuwenhoeks Figures of Anthophysa vegetans|''Anthophysa vegetans''
Plate XXX - Leeuwenhoeks Figures of Anthophysa vegetans.jpg|''Anthophysa vegetans''
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[[Datei:Plate XXVIII - Illustrations to Leeuwenhoeks Letter on the animalcules found on Duckweed.jpg|mini|hochkant=1.5|1, Wasserlinse von oben. 2, seitlich, darüber (7) einzelnes Blatt. 3, Abschnitt einer Wurzel mit: KL, Diatomeen und Monaden. IST, ''Carchesium polypinum''. NVW, solitäre Glockentierchen. RXY, XZY röhrenbildende Rädertierchen, vermutlich ''Limnias ceratophylli''. Pdef, ogh röhrenbildende Ciliaten. Fig. 4, ''Hydra''. Entgegen den Angaben von Leeuwenhoek hat der Zeichner 9 statt 8 Tentakel eingezeichnet. BH, Tochterpolyp. GI, Knospe. 5, Tentackel-Abschnitt. 6, ausgestreckter Tentakel. Artzuordnung nach Dobell<ref>Dobell, S. 277-283</ref>]]
[[Datei:Plate XXVIII - Illustrations to Leeuwenhoeks Letter on the animalcules found on Duckweed.jpg|mini|hochkant=1.5|1, Wasserlinse von oben. 2, seitlich, darüber (7) einzelnes Blatt. 3, Abschnitt einer Wurzel mit: KL, Diatomeen und Monaden. IST, ''Carchesium polypinum''. NVW, solitäre Glockentierchen. RXY, XZY röhrenbildende Rädertierchen, vermutlich ''Limnias ceratophylli''. Pdef, ogh röhrenbildende Ciliaten. Fig. 4, ''Hydra''. Entgegen den Angaben von Leeuwenhoek hat der Zeichner 9 statt 8 Tentakel eingezeichnet. BH, Tochterpolyp. GI, Knospe. 5, Tentackel-Abschnitt. 6, ausgestreckter Tentakel. Artzuordnung nach Dobell<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 277–283</ref>]]
Am 2. Januar 1700 gibt Leeuwenhoek in einem Brief die älteste Beschreibung der Grünalge ''[[Volvox]]''. Auf der beigefügten Zeichnung ist ''Volvox'' ohne Zweifel identifizierbar. Er beschreibt die Fortbewegung und auch die Reproduktion durch Tochterkugeln, die in der Mutterkugel heranwachsen. Über mehrere Tage hinweg beobachtete er einzelne Mutterkolonien, in denen die Tochterkolonien heran wuchsen, bis die Mutterkugel schließlich platzte. In den Tochterkolonien beobachte er wiederum Tochterkolonien. Er betonte, dass die Töchter seiner Beobachtung nach also nicht durch [[Spontanzeugung]] entstehen, sondern gebildet werden wie alle Pflanzen und Samen. Das Beispiel ''Volvox'' wurde von Anhängern der [[Präformationslehre]] herangezogen, um ihre Ansichten zu bestärken.
Am 2. Januar 1700 gibt Leeuwenhoek in einem Brief die älteste Beschreibung der Grünalge ''[[Volvox]]''. Auf der beigefügten Zeichnung ist ''Volvox'' ohne Zweifel identifizierbar. Er beschreibt die Fortbewegung und auch die Reproduktion durch Tochterkugeln, die in der Mutterkugel heranwachsen. Über mehrere Tage hinweg beobachtete er einzelne Mutterkolonien, in denen die Tochterkolonien heran wuchsen, bis die Mutterkugel schließlich platzte. In den Tochterkolonien beobachte er wiederum Tochterkolonien. Er betonte, dass die Töchter seiner Beobachtung nach also nicht durch [[Spontanzeugung]] entstehen, sondern gebildet werden wie alle Pflanzen und Samen. Das Beispiel ''Volvox'' wurde von Anhängern der [[Präformationslehre]] herangezogen, um ihre Ansichten zu bestärken.
Leeuwenhoek schrieb zwar, das viele Leute die Kugeln auf Grund der Fortbewegung als Tierchen bezeichnen würden, bezeichnet sie selber aber als „deeltjens“, also als Teilchen. In einer Proben mit ''Volvox'' und vielen kleinen Tieren wie Mückenlarven und Krebschen beobachtete er, dass ''Volvox'' nach einigen Tagen verschwand. Daher spekulierte er, das erstere den letzteren als Nahrung dienen.<ref name=d256>Dobell, S. 256-263</ref>
Leeuwenhoek schrieb zwar, das viele Leute die Kugeln auf Grund der Fortbewegung als Tierchen bezeichnen würden, bezeichnet sie selber aber als „deeltjens“, also als Teilchen. In einer Proben mit ''Volvox'' und vielen kleinen Tieren wie Mückenlarven und Krebschen beobachtete er, dass ''Volvox'' nach einigen Tagen verschwand. Daher spekulierte er, das erstere den letzteren als Nahrung dienen.<ref name="d256">Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 256–263.</ref>


Im gleichen Brief ist auch ein Bild einer [[Foraminiferen]]-Schale, die er in einem Krabbenmagen gefunden hatte. Eine frühere Beschreibung einer Foraminiferen-Schale wurde von Robert Hooke 1665 angefertigt.<ref name=d256/>
Im gleichen Brief ist auch ein Bild einer [[Foraminiferen]]-Schale, die er in einem Krabbenmagen gefunden hatte. Eine frühere Beschreibung einer Foraminiferen-Schale wurde von Robert Hooke 1665 angefertigt.<ref name="d256" />


Am 9. Februar 1702 beschrieb er Mikroorganismen aus einer Wasserrinne, die sich anhand seiner Angaben als ''[[Haematococcus pluvialis]]'', ''[[Chlamydomonas]]'' und ''[[Coleps]]'' identifizieren lassen. Im gleichen Brief beschrieb er [[Rädertierchen]], dass diese ''Haematococcus'' fressen, und dass sie ausgetrocknet und danach wieder ins Leben zurück kehren können. Wenn er getrocknete Ablagerungen aus der Wasserrinne fünf Monate trocken lagerte und dann mit Wasser versetzte, konnte er nach einigen Stunden lebende Mikroorganismen entdecken. Aus solchen Beobachtungen schließt er, dass Mikroorganismen durch den Wind in neue Lebensräume verbreitet werden können. Auch dies sieht er als Argument gegen Spontanzeugung.<ref>Dobell, S. 263-270</ref>
Am 9. Februar 1702 beschrieb er Mikroorganismen aus einer Wasserrinne, die sich anhand seiner Angaben als ''[[Haematococcus pluvialis]]'', ''[[Chlamydomonas]]'' und ''[[Coleps]]'' identifizieren lassen. Im gleichen Brief beschrieb er [[Rädertierchen]], dass diese ''Haematococcus'' fressen, und dass sie ausgetrocknet und danach wieder ins Leben zurück kehren können. Wenn er getrocknete Ablagerungen aus der Wasserrinne fünf Monate trocken lagerte und dann mit Wasser versetzte, konnte er nach einigen Stunden lebende Mikroorganismen entdecken. Aus solchen Beobachtungen schließt er, dass Mikroorganismen durch den Wind in neue Lebensräume verbreitet werden können. Auch dies sieht er als Argument gegen Spontanzeugung.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 263–270.</ref>


Am 25. Dezember 1702 schrieb Leeuwenhoek einen Brief an die Royal Society, in dem er Untersuchungen an Wasserlinsen beschrieb, oder genauer die „Tierchen“, die er auf den Wurzeln der Wasserlinsen fand. Durch seine Beschreibung und eine beigefügte Abbildung lassen sich wieder mehrere Organismen identifizieren. Dazu gehörten [[Glockentierchen]] der Gattung ''Vorticella'' sowie ''[[Carchesium polypinum]]'', [[Diatomeen]], Rädertierchen (vermutlich ''Limnias ceratophyli'') und ein röhrenbauender Ciliat, vermutlich ''Cothurnia cristallina''. Schließlich erfolgt die erste Beschreibung des [[Süßwasserpolypen|Süßwasserpolypen ''Hydra'']]. Leeuwenhoek beobachtete über zwei Tage hinweg auch die [[Sprossung]] junger Polypen aus einem älteren und damit die erste solche asexuelle Reproduktion bei Tieren überhaupt. Auch Polypenläuse der Gattungen ''[[Trichodina]]'' und ''Kerona'' konnte er beobachten.<ref>275-282</ref>
Am 25. Dezember 1702 schrieb Leeuwenhoek einen Brief an die Royal Society, in dem er Untersuchungen an Wasserlinsen beschrieb, oder genauer die „Tierchen“, die er auf den Wurzeln der Wasserlinsen fand. Durch seine Beschreibung und eine beigefügte Abbildung lassen sich wieder mehrere Organismen identifizieren. Dazu gehörten [[Glockentierchen]] der Gattung ''Vorticella'' sowie ''[[Carchesium polypinum]]'', [[Diatomeen]], Rädertierchen (vermutlich ''Limnias ceratophyli'') und ein röhrenbauender Ciliat, vermutlich ''Cothurnia cristallina''. Schließlich erfolgt die erste Beschreibung des [[Süßwasserpolypen|Süßwasserpolypen ''Hydra'']]. Leeuwenhoek beobachtete über zwei Tage hinweg auch die [[Sprossung]] junger Polypen aus einem älteren und damit die erste solche asexuelle Reproduktion bei Tieren überhaupt. Auch Polypenläuse der Gattungen ''[[Trichodina]]'' und ''Kerona'' konnte er beobachten.<ref>275–282<!-- was soll das sein ??? --></ref>


Gut zwei Monate später schrieb Leeuwenhoek erneut an die Royal Societey, diesmal über den koloniebildenden Flagelaten ''Anthopysa vegetans'', eine Goldalge die sich von Bakterien ernährt<ref>{{Literatur |Autor=[[Heinz Streble]], [[Dieter Krauter]] |Titel=Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch. |Auflage=10. |Verlag=Franckh-Kosmos Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2006 |ISBN=978-3-440-10807-9 |Seiten=134}}</ref> und baumartige Strukturen bildet. Auch diese Beschreibung wurde von einer Abbildung begleitet.<ref>Dobell, S. 285</ref>
Gut zwei Monate später schrieb Leeuwenhoek erneut an die Royal Societey, diesmal über den koloniebildenden Flagelaten ''Anthopysa vegetans'', eine Goldalge die sich von Bakterien ernährt<ref>{{Literatur |Autor=[[Heinz Streble]], [[Dieter Krauter]] |Titel=Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch. |Auflage=10 |Verlag=Franckh-Kosmos Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2006 |ISBN=3-440-10807-4 |Seiten=134}}</ref> und baumartige Strukturen bildet. Auch diese Beschreibung wurde von einer Abbildung begleitet.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 285.</ref>


=== Blut und Blutkreislauf ===
=== Blut und Blutkreislauf ===
[[Datei:Leeuwenhoek1719RedBloodCells.jpg|mini|Rote Blutkörperchen vom Lachs, mit "Lumen" (Zellkernen)]]
[[Datei:Leeuwenhoek1719RedBloodCells.jpg|mini|Rote Blutkörperchen vom Lachs, mit "Lumen" (Zellkernen)]]
[[Datei:Leeuwenhoek's description of capillary.png|mini|Blutkapillargefäße]]
[[Datei:Leeuwenhoek's description of capillary.png|mini|Blutkapillargefäße]]
[[William Harvey]] veröffentlichte 1628 sein berühmtes Buch „de Motu Cordis“, in dem er darlegte, dass das Blut im Körper in einem [[Blutkreislauf|Kreislauf]] floss, entgegen Jahrhunderte alten früheren Vorstellungen. Er konnte jedoch die [[Kapillare (Anatomie)|Kapillare]]n, die Verbindung zwischen Arterien und Venen nicht finden, da er nicht mikroskopisch arbeitete. Dies gelang [[Marcello Malpighi]] 1661 in der Lunge und später auch in der Niere. Auch [[Erythrozyt|rote Blutkörperchen]] beobachtete er, die er für die rote Farbe des Blutes verantwortlich machte, und unterschied sie vom [[Blutserum]]. [[Jan Swammerdam]] sah die roten Blutkörperchen bereits 1658 im Froschblut.<ref name=silva2>{{Literatur |Autor=J Martins e Silva |Titel=From the discovery of the circulation of the blood to the first steps in hemorheology: part 2 |Sammelwerk=Rev Port Cardiol |Band=28 |Datum=2009|Seiten=1405-39|PMID= 20301987}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Heinz-Peter Schmiedebach |Titel= Malpighi, Marcello |Hrsg=[[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner |Sammelwerk=Enzyklopädie Medizingeschichte |Band= |Auflage= |Verlag=de Gruyter |Ort=Berlin/ New York |Datum=2005 |ISBN=3-11-015714-4 |Seiten=887 f.}}</ref>
[[William Harvey]] veröffentlichte 1628 sein berühmtes Buch „de Motu Cordis“, in dem er darlegte, dass das Blut im Körper in einem [[Blutkreislauf|Kreislauf]] floss, entgegen Jahrhunderte alten früheren Vorstellungen. Er konnte jedoch die [[Kapillare (Anatomie)|Kapillaren]], die Verbindung zwischen Arterien und Venen nicht finden, da er nicht mikroskopisch arbeitete. Dies gelang [[Marcello Malpighi]] 1661 in der Lunge und später auch in der Niere. Auch [[Erythrozyt|rote Blutkörperchen]] beobachtete er, die er für die rote Farbe des Blutes verantwortlich machte, und unterschied sie vom [[Blutserum]]. [[Jan Swammerdam]] sah die roten Blutkörperchen bereits 1658 im Froschblut.<ref name="silva2">{{Literatur |Autor=J. Martins e Silva |Titel=From the discovery of the circulation of the blood to the first steps in hemorheology: part 2 |Sammelwerk=Revista Portuguesa De Cardiologia: Orgao Oficial Da Sociedade Portuguesa De Cardiologia = Portuguese Journal of Cardiology: An Official Journal of the Portuguese Society of Cardiology |Band=28 |Nummer=12 |Datum=2009 |ISSN=0870-2551 |Seiten=1405–1439 |PMID=20301987}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Heinz-Peter Schmiedebach |Hrsg=[[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner |Titel=Malpighi, Marcello |Sammelwerk=Enzyklopädie Medizingeschichte |Band= |Auflage= |Verlag=de Gruyter |Ort=Berlin/ New York |Datum=2005 |ISBN=3-11-015714-4 |Seiten=887 f.}}</ref>


Im Brief von de Graaf, in dem er Leeuwenhoek der Royal Society vorstellte, schlug er vor diese möge Leeuwenhoek einige schwierige Aufgaben stellen. Einige von Leeuwenhoeks Entdeckungen gingen denn auch auf Vorschläge zurück, die ihm Mitglieder der Gesellschaft machten. Der Sekretär der Gesellschaft Oldenburg schlug Leeuwenhoek in seiner Einladung mehr Berichte nach London zu schicken vor, Blut und andere Körperflüssigkeiten zu untersuchen. Im zweiten Brief, den dieser an die Gesellschaft schickte, beschrieb er Beobachtungen an einer Laus, die aus seiner Hand Blut gesaugt hatte.<ref>Snyder, S. 246</ref>
Im Brief von de Graaf, in dem er Leeuwenhoek der Royal Society vorstellte, schlug er vor diese möge Leeuwenhoek einige schwierige Aufgaben stellen. Einige von Leeuwenhoeks Entdeckungen gingen denn auch auf Vorschläge zurück, die ihm Mitglieder der Gesellschaft machten. Der Sekretär der Gesellschaft Oldenburg schlug Leeuwenhoek in seiner Einladung mehr Berichte nach London zu schicken vor, Blut und andere Körperflüssigkeiten zu untersuchen. Im zweiten Brief, den dieser an die Gesellschaft schickte, beschrieb er Beobachtungen an einer Laus, die aus seiner Hand Blut gesaugt hatte.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 246.</ref>


1674 schrieb Leeuwenhoek eine Brief an Constantin Huygens, in dem auch er rote Blutkörperchen beschrieb, die er in Blut aus seinem Daumen entdeckte. Die folgenden Jahre beschäftigte er sich mehrfach mit dem Thema, untersuchte auch das Blut von Hasen. Er bestimmte 1678 die Größe der roten Blutkörperchen mit ‚weniger als einem Dreitausendstel eines Zolls‘, umgerechnet ‚weniger als 8,5 Mikrometer‘, und lag damit ziemlich genau an der heutigen Erkenntnis einer durchschnittlichen Größe von etwa 7,5 Mikrometern. Alle frühen Beobachter beschrieben sie als rund, nicht als die bikonkaven Scheiben, die sie tatsächlich sind. Außer Leeuwenhoek auch Swammerdam, der niederländische Mikrosokop-Hersteller Musschenbroek und auch die Beobachter der Royal Society.<ref>Snyder, S. 249-250 und 317</ref>
1674 schrieb Leeuwenhoek eine Brief an Constantin Huygens, in dem auch er rote Blutkörperchen beschrieb, die er in Blut aus seinem Daumen entdeckte. Die folgenden Jahre beschäftigte er sich mehrfach mit dem Thema, untersuchte auch das Blut von Hasen. Er bestimmte 1678 die Größe der roten Blutkörperchen mit ‚weniger als einem Dreitausendstel eines Zolls‘, umgerechnet ‚weniger als 8,5 Mikrometer‘, und lag damit ziemlich genau an der heutigen Erkenntnis einer durchschnittlichen Größe von etwa 7,5 Mikrometern. Alle frühen Beobachter beschrieben sie als rund, nicht als die bikonkaven Scheiben, die sie tatsächlich sind. Außer Leeuwenhoek auch Swammerdam, der niederländische Mikrosokop-Hersteller Musschenbroek und auch die Beobachter der Royal Society.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 249–250 und 317.</ref>


Ebenfalls 1674 zeigte Leeuwenhoek, dass [[rote Blutkörperchen]] schwerer sind als [[Blutplasma|Plasma]].<ref name=petri/>
Ebenfalls 1674 zeigte Leeuwenhoek, dass [[rote Blutkörperchen]] schwerer sind als [[Blutplasma|Plasma]].<ref name="petri" />


Besuchern zeigte Leeuwenhoek gerne, was er für das aufregendste Schauspiel seiner Arbeit hielt, den Blutfluss in den [[Blutkapillare|Kapillaren]] im Schwanz einer Kaulquappe oder eines jungen Aals. Er beobachtete, dass diese Blutgefäße so eng sind, das immer nur ein Blutkörperchen hindurch fließt. Er stellte fest, dass diese Durchblutung mit dem [[Herzfrequenz|Herzschlag]] synchronisiert ist und verstand dadurch, dass es sich bei den Kapillaren um das fehlende Glied zwischen Arterien und Venen handelte.<ref>Snyder, S. 292-293</ref>
Besuchern zeigte Leeuwenhoek gerne, was er für das aufregendste Schauspiel seiner Arbeit hielt, den Blutfluss in den [[Blutkapillare|Kapillaren]] im Schwanz einer Kaulquappe oder eines jungen Aals. Er beobachtete, dass diese Blutgefäße so eng sind, das immer nur ein Blutkörperchen hindurch fließt. Er stellte fest, dass diese Durchblutung mit dem [[Herzfrequenz|Herzschlag]] synchronisiert ist und verstand dadurch, dass es sich bei den Kapillaren um das fehlende Glied zwischen Arterien und Venen handelte.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 292–293.</ref>


=== Die Entdeckung der Spermatozoen und die Präformationslehre ===
=== Die Entdeckung der Spermatozoen und die Präformationslehre ===
[[Datei:Sperm Anton van Leeuwenhoek Rabbit dog.jpg|mini|Spermatozoen von Kanninchen (Fig. 1-4) und Hund (Fig. 5-6), Zeichnung von 1677.]]
[[Datei:Sperm Anton van Leeuwenhoek Rabbit dog.jpg|mini|Spermatozoen von Kanninchen (Fig. 1–4) und Hund (Fig. 5–6), Zeichnung von 1677.]]
Im November 1677 schickte Leeuwenhoek einen Brief an Lord [[William Brouncker, 2. Viscount Brouncker|William Brouncker]], den Präsidenten der Royal Society, in dem er die Entdeckung von Tierchen in der Samenflüssigkeit bekannt gab, heute [[Spermatozoen]] oder Spermien genannt.<ref name=s277>Snyder, S 277-281</ref>
Im November 1677 schickte Leeuwenhoek einen Brief an Lord [[William Brouncker, 2. Viscount Brouncker|William Brouncker]], den Präsidenten der Royal Society, in dem er die Entdeckung von Tierchen in der Samenflüssigkeit bekannt gab, heute [[Spermatozoen]] oder Spermien genannt.<ref name="s277">Snyder, S 277–281.</ref>


Er berichtete, dass ihm der [[Universität Leiden|Leidener Medizinstudent]] Johan Ham ein Glasröhrchen mit dem Harnröhrenausfluss eines [[Gonorrhoe]]-Kranken gebracht habe. Ham hatte darin ‚lebende Tierchen‘ gesehen, von denen er dachte, dass sie durch die Fäulnis der Samenflüssigkeit auf Grund der Krankheit entstanden waren. Leeuwenhoek berichtete weiter, dass er schon vor einigen Jahren auf Vorschlag von Oldenburg [[Samenflüssigkeit]] untersucht habe und darin Kügelchen gesehen habe. Er habe die Untersuchung aber damals eingestellt, weil er sie unziemlich fand. Nach Hams Besuch habe er seine Untersuchung aber wieder aufgenommen, um die Samenflüssigkeit auch eines gesunden Mannes zu beobachten.<ref name=s277/>
Er berichtete, dass ihm der [[Universität Leiden|Leidener Medizinstudent]] Johan Ham ein Glasröhrchen mit dem Harnröhrenausfluss eines [[Gonorrhoe]]-Kranken gebracht habe. Ham hatte darin ‚lebende Tierchen‘ gesehen, von denen er dachte, dass sie durch die Fäulnis der Samenflüssigkeit auf Grund der Krankheit entstanden waren. Leeuwenhoek berichtete weiter, dass er schon vor einigen Jahren auf Vorschlag von Oldenburg [[Samenflüssigkeit]] untersucht habe und darin Kügelchen gesehen habe. Er habe die Untersuchung aber damals eingestellt, weil er sie unziemlich fand. Nach Hams Besuch habe er seine Untersuchung aber wieder aufgenommen, um die Samenflüssigkeit auch eines gesunden Mannes zu beobachten.<ref name="s277" />


Gedanken um Anstand oder um seinen Ruf beschäftigten Leeuwenhoek ganz offensichtlich: Im Gegensatz zu anderen Briefen ließ er diesen auf Latein übersetzen, bevor er ihn verschickte. Auch bat er Brouncker, den Brief nicht zu veröffentlichen, falls die Mitglieder der Royal Society die Ergebnisse für anstößig halten sollten. Ferner versicherte er, dass die Samenflüssigkeit des Gesunden von ihm selbst stamme, als Überrest eines ehelichen Beischlafs, und ohne etwa sich selbst sündig zu schänden.<ref name=s277/>
Gedanken um Anstand oder um seinen Ruf beschäftigten Leeuwenhoek ganz offensichtlich: Im Gegensatz zu anderen Briefen ließ er diesen auf Latein übersetzen, bevor er ihn verschickte. Auch bat er Brouncker, den Brief nicht zu veröffentlichen, falls die Mitglieder der Royal Society die Ergebnisse für anstößig halten sollten. Ferner versicherte er, dass die Samenflüssigkeit des Gesunden von ihm selbst stamme, als Überrest eines ehelichen Beischlafs, und ohne etwa sich selbst sündig zu schänden.<ref name="s277" />


Im Gegensatz zu Ham begriff Leeuwenhoek, dass die Spermatozoen nicht etwa durch krankheitsbedingten Verfall der Samenflüssigkeit entstanden, sondern ein normaler Bestandteil waren. Er beobachtete, dass sie sich durch Bewegung ihres Schwanzes vorwärts bewegten, wie eine Schlange oder ein Aal schwimmend. Um zu verstehen, wo die Spermatozoen herkamen, untersuchte er in den nächsten Jahren Samenflüssigkeit und männliche Sexualorgane zahlreicher Tiere, darunter Hasen, Ratten, Hunden, Kabeljau, Hechten, Brassen, Miesmuscheln, Austern, Hähnen, Fröschen, Maikäfern, Schaben, Kleinlibellen, Grashüppfern, Flöhen, Milben und Mücken. Bei Säugern fand er Spermatozoen immer im [[Samenleiter]] und in den [[Hoden]]. Er schloss richtigerweise, dass Hoden die Aufgabe der Spermatozoenbildung haben.<ref name=s277/>
Im Gegensatz zu Ham begriff Leeuwenhoek, dass die Spermatozoen nicht etwa durch krankheitsbedingten Verfall der Samenflüssigkeit entstanden, sondern ein normaler Bestandteil waren. Er beobachtete, dass sie sich durch Bewegung ihres Schwanzes vorwärts bewegten, wie eine Schlange oder ein Aal schwimmend. Um zu verstehen, wo die Spermatozoen herkamen, untersuchte er in den nächsten Jahren Samenflüssigkeit und männliche Sexualorgane zahlreicher Tiere, darunter Hasen, Ratten, Hunden, Kabeljau, Hechten, Brassen, Miesmuscheln, Austern, Hähnen, Fröschen, Maikäfern, Schaben, Kleinlibellen, Grashüppfern, Flöhen, Milben und Mücken. Bei Säugern fand er Spermatozoen immer im [[Samenleiter]] und in den [[Hoden]]. Er schloss richtigerweise, dass Hoden die Aufgabe der Spermatozoenbildung haben.<ref name="s277" />


Leeuwenhoeks Befund von Spermatozoen in zahlreichen Insekten waren ein gewichtiges Argument gegen die Annahme der [[Spontanzeugung]], wo doch selbst niederste Insekten sich ähnlich fortpflanzten wie höhere Tiere. Er war überzeugt, dass so wie es für ein steiniges Gebirge unmöglich ist ein Pferd zu erzeugen, es genauso unmöglich für eine Fliege oder irgend ein anderes sich bewegendes Tier ist, aus zerfallenden Stoffen erzeugt zu werden.<ref name=s277/>
Leeuwenhoeks Befund von Spermatozoen in zahlreichen Insekten waren ein gewichtiges Argument gegen die Annahme der [[Spontanzeugung]], wo doch selbst niederste Insekten sich ähnlich fortpflanzten wie höhere Tiere. Er war überzeugt, dass so wie es für ein steiniges Gebirge unmöglich ist ein Pferd zu erzeugen, es genauso unmöglich für eine Fliege oder irgend ein anderes sich bewegendes Tier ist, aus zerfallenden Stoffen erzeugt zu werden.<ref name="s277" />


Die Entdeckung der Spermatozoen krempelte auch die Ansichten über die biologische Entwicklung von Lebewesen um. Bisher waren bei Mensch und Tier nur die [[Ei]]er bekannt gewesen. Die meisten Forscher glaubten daher wie Harvey oder de Graaf, dass Eier, vielleicht durch Samen 'ernährt', die Quelle des Embryos waren. Diese Anschauung wird als [[Ovismus]] bezeichnet. Nun wurde gesehen, dass Spermatozoen eine wesentliche Rolle spielen, denn sie und nicht die Eier konnten sich bewegen und verhielten sich wie lebende Tiere. In seinem zweiten Brief über Spermatozoen-Beobachtungen an die Royal Society schrieb Leeuwenhoek im März 1678: „Es ist ausschließlich der männliche Samen, der den Fetus formt und alles was die Frau beitragen mag dient nur dazu den Samen zu empfangen und zu füttern.“ Später schrieb er: „Der Mensch kommt nicht vom Ei, sondern von einem Tierchen, das sich im männlichen Samen findet.“ Diese Ausprägung der [[Präformationslehre]] wird als Animalkulismus bezeichnet. Leeuwenhoek nahm an, dass der ganze Mensch auf eine Weise schon im Spermatozoon vorhanden sei und er verbrachte Tage mit dem Versuch, die Umrisse des ‚kleinen Menschen‘ oder ‚[[Homunculus]]‘ mikroskopisch zu entdecken.<ref name=s277/>
Die Entdeckung der Spermatozoen krempelte auch die Ansichten über die biologische Entwicklung von Lebewesen um. Bisher waren bei Mensch und Tier nur die [[Ei]]er bekannt gewesen. Die meisten Forscher glaubten daher wie Harvey oder de Graaf, dass Eier, vielleicht durch Samen 'ernährt', die Quelle des Embryos waren. Diese Anschauung wird als [[Ovismus]] bezeichnet. Nun wurde gesehen, dass Spermatozoen eine wesentliche Rolle spielen, denn sie und nicht die Eier konnten sich bewegen und verhielten sich wie lebende Tiere. In seinem zweiten Brief über Spermatozoen-Beobachtungen an die Royal Society schrieb Leeuwenhoek im März 1678: „Es ist ausschließlich der männliche Samen, der den Fetus formt und alles was die Frau beitragen mag dient nur dazu den Samen zu empfangen und zu füttern.“ Später schrieb er: „Der Mensch kommt nicht vom Ei, sondern von einem Tierchen, das sich im männlichen Samen findet.“ Diese Ausprägung der [[Präformationslehre]] wird als Animalkulismus bezeichnet. Leeuwenhoek nahm an, dass der ganze Mensch auf eine Weise schon im Spermatozoon vorhanden sei und er verbrachte Tage mit dem Versuch, die Umrisse des ‚kleinen Menschen‘ oder ‚[[Homunculus]]‘ mikroskopisch zu entdecken.<ref name="s277" />


Als jedoch 1699 eine französische Zeitschrift einen Artikel unter dem Pseudonym Dalenpatius veröffentlichte, in dem behauptet wurde in Spermatozoen sei ein kompletter kleiner Mensch zu sehen, und sogar angebliche mikroskopische Zeichnungen beigefügt wurden, schrieb Leeuwenhoek einen langen Brief an die Royal Society, in dem er solche angeblichen Beobachtungen als „reine Einbildung und nicht die Wahrheit“ verspottete. Trotz seiner zahlreichen Beobachtungen habe er so etwas nie gesehen. Auch wenn er sich manchmal vorstelle hier sei der Kopf, da die Schultern, dort die Hüften, seien seine Beobachtungen hierzu doch so unsicher, dass er dies nicht bestätigen könne. [[Nicolas Hartsoeker]] war weniger zurückhaltend und veröffentlichte 1694 das berühmt gewordene Bild eines Homunculus im Spermatozoon. Die Debatte über die Präformationslehre wurde erst 1759 entschieden, als [[Caspar Friedrich Wolff]] beschrieb, das der Embryo aus Ei und Spermatozoe entsteht.<ref name=s277/>
Als jedoch 1699 eine französische Zeitschrift einen Artikel unter dem Pseudonym Dalenpatius veröffentlichte, in dem behauptet wurde in Spermatozoen sei ein kompletter kleiner Mensch zu sehen, und sogar angebliche mikroskopische Zeichnungen beigefügt wurden, schrieb Leeuwenhoek einen langen Brief an die Royal Society, in dem er solche angeblichen Beobachtungen als „reine Einbildung und nicht die Wahrheit“ verspottete. Trotz seiner zahlreichen Beobachtungen habe er so etwas nie gesehen. Auch wenn er sich manchmal vorstelle hier sei der Kopf, da die Schultern, dort die Hüften, seien seine Beobachtungen hierzu doch so unsicher, dass er dies nicht bestätigen könne. [[Nicolas Hartsoeker]] war weniger zurückhaltend und veröffentlichte 1694 das berühmt gewordene Bild eines Homunculus im Spermatozoon. Die Debatte über die Präformationslehre wurde erst 1759 entschieden, als [[Caspar Friedrich Wolff]] beschrieb, das der Embryo aus Ei und Spermatozoe entsteht.<ref name="s277" />


=== Beobachtungen zu anderen Themenbereichen ===
=== Beobachtungen zu anderen Themenbereichen ===
[[Datei:Leeuwenhoek Eschenholz.jpg|mini|Schnitt durch einjähriges Eschenholz.]]
[[Datei:Leeuwenhoek Eschenholz.jpg|mini|Schnitt durch einjähriges Eschenholz.]]
[[Datei:The development of the flea from egg to adult Wellcome M0016633.jpg|mini|Die Entwicklung des Flohs vom Ei zum ausgewachsenen Tier, 1695]]
[[Datei:The development of the flea from egg to adult Wellcome M0016633.jpg|mini|Die Entwicklung des Flohs vom Ei zum ausgewachsenen Tier, 1695]]
1674 beschrieb Leeuwenhoek seine Untersuchungen am Auge und [[Sehnerv]] von Kühen. Sein Nachbar, der Arzt 's Gravesande hatte ihn über eine alte Streitfrage informiert, wonach der Sehnerv angeblich hohl sein sollte, damit die Lebensgeister hindurch fließen könnten. Leeuwenhoek konnte jedoch keinen Hohlraum finden. Er beschrieb einen Aufbau aus filamentösen Teilen aus einer sehr weichen Substanz. Seinem Brief an die Royal Society legte er Schnittpräparate von 200 Mikrometern Dicke bei, die er aus getrocknetem Gewebe mit einem Rasiermesser angefertigt hatte. Diese werden noch immer von der Royal Society aufbewahrt.<ref>Snyder, S. 250-251</ref>
1674 beschrieb Leeuwenhoek seine Untersuchungen am Auge und [[Sehnerv]] von Kühen. Sein Nachbar, der Arzt 's Gravesande hatte ihn über eine alte Streitfrage informiert, wonach der Sehnerv angeblich hohl sein sollte, damit die Lebensgeister hindurch fließen könnten. Leeuwenhoek konnte jedoch keinen Hohlraum finden. Er beschrieb einen Aufbau aus filamentösen Teilen aus einer sehr weichen Substanz. Seinem Brief an die Royal Society legte er Schnittpräparate von 200 Mikrometern Dicke bei, die er aus getrocknetem Gewebe mit einem Rasiermesser angefertigt hatte. Diese werden noch immer von der Royal Society aufbewahrt.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 250–251.</ref>


In 10 Briefen allein bis 1700 an die Royal Society behandelt er (unter anderem) den Sehnerv. Er untersuchte ihn in Pferden, Kabeljau, Fliegen, Krabben, Schafen, Schweinen, Hunden, Katzen, Hasen, Kaninchen und Vögeln.<ref>Snyder, S. 309</ref>
In 10 Briefen allein bis 1700 an die Royal Society behandelt er (unter anderem) den Sehnerv. Er untersuchte ihn in Pferden, Kabeljau, Fliegen, Krabben, Schafen, Schweinen, Hunden, Katzen, Hasen, Kaninchen und Vögeln.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 309.</ref>
Noch 1713, im Alter von 81 Jahren, überredete Leeuwenhoek den Kapitän eines Walfängerschiffes, ihm ein Walauge mit zu bringen. Den Penis eines Wales erhielt er ebenfalls. er fertigte Schnitte der [[Hornhaut]] des Auges an um die Anzahl der Schichten zu bestimmen und entdeckte dabei die [[Sklera]], die Lederhaut.<ref name=s293/>
Noch 1713, im Alter von 81 Jahren, überredete Leeuwenhoek den Kapitän eines Walfängerschiffes, ihm ein Walauge mit zu bringen. Den Penis eines Wales erhielt er ebenfalls. er fertigte Schnitte der [[Hornhaut]] des Auges an um die Anzahl der Schichten zu bestimmen und entdeckte dabei die [[Sklera]], die Lederhaut.<ref name="s293" />


1676 untersuchte Leeuwenhoek das [[Essigälchen]] ''Anguillula aceti''. Der etwa zwei Millimeter lange [[Nematoden|Nematode]] war bekannt, er ist mit bloßem Auge sichtbar. Als er einige der größeren auseinander riss, stellte er fest, dass dadurch kleine Älchen freigesetzt wurden. Dies scheint die erste Beobachtung der [[Viviparie|Lebendgeburt]] bei Anguillula zu sein, und Leeuwenhoeks erste Beobachtung zum Thema Fortpflanzung.<ref>Snyder, S. 258-259</ref>
1676 untersuchte Leeuwenhoek das [[Essigälchen]] ''Anguillula aceti''. Der etwa zwei Millimeter lange [[Nematoden|Nematode]] war bekannt, er ist mit bloßem Auge sichtbar. Als er einige der größeren auseinander riss, stellte er fest, dass dadurch kleine Älchen freigesetzt wurden. Dies scheint die erste Beobachtung der [[Viviparie|Lebendgeburt]] bei Anguillula zu sein, und Leeuwenhoeks erste Beobachtung zum Thema Fortpflanzung.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 258–259.</ref>


1682 entdeckte er die [[Quergestreifte Muskulatur|Querstreifung der Muskulatur]].<ref name=s293>Snyder, S. 293</ref> Zur besseren Darstellung der gestreiften Muskulatur bei Kühen setzte er 1714 eine Färbelösung von kräftig gelbem [[Safran]] in [[Branntwein]] ein und führte damit die erste bekannte [[histologische Färbung]] durch. Diese Methode fand jedoch keine Nachamer.<ref>Snyder, S. 299</ref><ref>{{BibISBN|9783817117819|Seite=320}}</ref>
1682 entdeckte er die [[Quergestreifte Muskulatur|Querstreifung der Muskulatur]].<ref name="s293">Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 293</ref> Zur besseren Darstellung der gestreiften Muskulatur bei Kühen setzte er 1714 eine Färbelösung von kräftig gelbem [[Safran]] in [[Branntwein]] ein und führte damit die erste bekannte [[histologische Färbung]] durch. Diese Methode fand jedoch keine Nachamer.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 299.</ref><ref>{{BibISBN|9783817117819|Seite=320}}</ref>


In den 1680er und 1690er Jahren führte er zahlreiche Mikrodissektionen von Insekten durch, studierte Mund und Stachel der Bienen und entdeckte, dass sich [[Blattläuse]] durch [[Parthenogenese]] vermehren können.<ref name=s293/> Zu seinen ersten Versuchstieren gehörten 1680 [[Flöhe]] und die Mehlmilbe ''Acarus'' (auch: ''Aleurobius''). 1683 und 1693 gelang es ihm unter anderem die [[Trachee (Wirbellose)|Tracheen]] des Flohs zu präparieren.<ref>Snyder, S. 313</ref> Ebenfalls 1693 beschrieb er die [[Ontogenese|Entwicklung]] des [[Flöhe|Flohs]] mit Abbildungen und argumentiert gegen [[Spontanzeugung]].<ref name=petri/>
In den 1680er und 1690er Jahren führte er zahlreiche Mikrodissektionen von Insekten durch, studierte Mund und Stachel der Bienen und entdeckte, dass sich [[Blattläuse]] durch [[Parthenogenese]] vermehren können.<ref name="s293" /> Zu seinen ersten Versuchstieren gehörten 1680 [[Flöhe]] und die Mehlmilbe ''Acarus'' (auch: ''Aleurobius''). 1683 und 1693 gelang es ihm unter anderem die [[Trachee (Wirbellose)|Tracheen]] des Flohs zu präparieren.<ref>Snyder,<!-- was soll das sein ??? --> S. 313.</ref> Ebenfalls 1693 beschrieb er die [[Ontogenese|Entwicklung]] des [[Flöhe|Flohs]] mit Abbildungen und argumentiert gegen [[Spontanzeugung]].<ref name="petri" />


1684 entdeckte er die nadelförmigen [[Harnstoff]]-Kristalle, die sich im Gewebe von [[Gicht]]-Patienten bilden und nahm richtig an, dass es diese Nadelform sei, die den Patienten die Schmerzen verursachen.<ref name=s293/>
1684 entdeckte er die nadelförmigen [[Harnstoff]]-Kristalle, die sich im Gewebe von [[Gicht]]-Patienten bilden und nahm richtig an, dass es diese Nadelform sei, die den Patienten die Schmerzen verursachen.<ref name="s293" />


== Rezeption ==
== Rezeption ==
Schon zu Lebzeiten wurde Leeuwenhoek als wichtigster Mikroskopiker seiner Zeit angesehen. [[Robert Hooke]], einer der wenigen anderen zeitgenössischen ernsthaft mikroskopisch arbeitenden Wissenschaftler, schrieb dass das Mikroskop fast außer Anwendung gekommen sei, und dass Leeuwenhoek die wesentliche Person sei, die es noch nutze. Das läge nicht am Mangel an Dingen, die zu entdecken seien, sondern am Mangel an wissbegierigem Geist.<ref name=evolution/>
Schon zu Lebzeiten wurde Leeuwenhoek als wichtigster Mikroskopiker seiner Zeit angesehen. [[Robert Hooke]], einer der wenigen anderen zeitgenössischen ernsthaft mikroskopisch arbeitenden Wissenschaftler, schrieb dass das Mikroskop fast außer Anwendung gekommen sei, und dass Leeuwenhoek die wesentliche Person sei, die es noch nutze. Das läge nicht am Mangel an Dingen, die zu entdecken seien, sondern am Mangel an wissbegierigem Geist.<ref name="evolution" />


Auch in modernen Zeiten wird er noch als berühmtester Anwender des einfachen Mikrsokops bezeichnet, ferner als Vater oder Gründer der [[Protozoologie]] und [[Bakteriologie]].<ref name=evolution/><ref>Dobell, S. 362</ref>
Auch in modernen Zeiten wird er noch als berühmtester Anwender des einfachen Mikrsokops bezeichnet, ferner als Vater oder Gründer der [[Protozoologie]] und [[Bakteriologie]].<ref name="evolution" /><ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 362.</ref>


Leeuwenhoek stellte in seinen Schriften nirgendwo eine Verbindung von Mikroorganismen und Krankheit her. Diese zogen aber sehr bald andere. Schon 1683 schrieb Frederick Slare (1648?-1727), Arzt und Mitglied der Royal Society, über den Ausbruch einer tödlichen Rinderkrankheit in der Schweiz: „Ich wünschte Herr Leeuwenhoek wäre bei der Obduktion dieser infizierten Tiere dabei gewesen. Ich bin überzeugt, er hätte das ein oder andere merkwürdige Insekt gefunden.“ Als Insekten wurden im damaligen Englisch alle kleinen Tiere bezeichnet.<ref>Dobell, S. 230</ref>
Leeuwenhoek stellte in seinen Schriften nirgendwo eine Verbindung von Mikroorganismen und Krankheit her. Diese zogen aber sehr bald andere. Schon 1683 schrieb Frederick Slare (1648?–1727), Arzt und Mitglied der Royal Society, über den Ausbruch einer tödlichen Rinderkrankheit in der Schweiz: „Ich wünschte Herr Leeuwenhoek wäre bei der Obduktion dieser infizierten Tiere dabei gewesen. Ich bin überzeugt, er hätte das ein oder andere merkwürdige Insekt gefunden.“ Als Insekten wurden im damaligen Englisch alle kleinen Tiere bezeichnet.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 230.</ref>


Die Vorstellung von Mikroorganismen als Krankheitserreger konnte sich in der Medizin jedoch lange nicht durchsetzen, diese ging weiter von [[Miasma|Miasmen]] als Krankheitsursachen aus.<ref name=Geschichte569 />
Die Vorstellung von Mikroorganismen als Krankheitserreger konnte sich in der Medizin jedoch lange nicht durchsetzen, diese ging weiter von [[Miasma|Miasmen]] als Krankheitsursachen aus.<ref name="Geschichte569" />


== Ehrungen ==
== Ehrungen ==
* 1716 wurde Leeuwenhoek im Alter von 84 Jahren von der [[Geschichte der Universitäten zu Löwen|Universität Löwen]] in den [[Österreichische Niederlande|Österreichischen Niederlanden]] in Anerkennung seiner Arbeiten eine Silbermedaille verliehen. Dies kann in etwa mit der Verleihung eines akademischen Grades in neueren Zeiten verglichen werden.<ref>Dobell, S. 79-80</ref>
* 1716 wurde Leeuwenhoek im Alter von 84 Jahren von der [[Geschichte der Universitäten zu Löwen|Universität Löwen]] in den [[Österreichische Niederlande|Österreichischen Niederlanden]] in Anerkennung seiner Arbeiten eine Silbermedaille verliehen. Dies kann in etwa mit der Verleihung eines akademischen Grades in neueren Zeiten verglichen werden.<ref>Dobell,<!-- was soll das sein ??? --> S. 79–80.</ref>
* Der Asteroid [[(2766) Leeuwenhoek]] trägt seinen Namen.
* Der Asteroid [[(2766) Leeuwenhoek]] trägt seinen Namen.
* Die Pflanzengattung ''[[Levenhookia]]'' {{Person|R.Br.}} aus der Familie der [[Stylidiaceae]] wurde nach ihm benannt.<ref name="Burkhardt2018">Lotte Burkhardt: ''Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen''. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin Berlin 2018. [https://www.bgbm.org/de/other-publications/verzeichnis-eponymischer-pflanzennamen-erweiterte-edition (bgbm.org)]</ref>
* Die Pflanzengattung ''[[Levenhookia]]'' {{Person|R.Br.}} aus der Familie der [[Stylidiaceae]] wurde nach ihm benannt.<ref name="Burkhardt2018">Lotte Burkhardt: ''Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen.'' Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin Berlin 2018 ([https://www.bgbm.org/de/other-publications/verzeichnis-eponymischer-pflanzennamen-erweiterte-edition bgbm.org]).</ref>


== Werke ==
== Werke ==
=== Bücher ===
'''Bücher'''
Von den über 300 Briefen, die Leeuwenhoek an die Royal Society und andere Gelehrte schrieb, wählte er 38 aus, um sie in Buchform zu veröffentlichen. Die „Arcana naturae detecta“ (enthüllte Geheimnisse der Natur) erschien 1695 als Leeuwenhoeck 63 Jahre alt war. Eine Fortsetzung erschien 1722 als „Continuatio Arcanorum Naturae Detectorum“. Schon vorher, 1718, erschien „Send-Brieven zoo aan de hoog edele Heeren van de Koninkylyke Societeit te London, als aan andere aansienelyke en geleerde Lieden, over verscheyde Verborgentheden der Natuure...“.<ref name="Geschichte"/>
Von den über 300 Briefen, die Leeuwenhoek an die Royal Society und andere Gelehrte schrieb, wählte er 38 aus, um sie in Buchform zu veröffentlichen. Die ''Arcana naturae detecta'' (enthüllte Geheimnisse der Natur) erschien 1695 als Leeuwenhoeck 63 Jahre alt war. Eine Fortsetzung erschien 1722 als ''Continuatio Arcanorum Naturae Detectorum''. Schon vorher, 1718, erschien ''Send-Brieven zoo aan de hoog edele Heeren van de Koninkylyke Societeit te London, als aan andere aansienelyke en geleerde Lieden, over verscheyde Verborgentheden der Natuure….''<ref name="Geschichte" />


Zwischen 1719 und 1730 erschienen Leeuwenhoeks gesammelte Werke in Leyden unter dem Titel „Antoni van Leeuwenhoek Opera Omni seu Arcana Naturae ope exactissimorum Microscopiorum detecta, experimentis variis comprobata, Epistolis as varios ilustres viros ut et Ad integram, quae Londini floret, sapientem Societatem, cujus Membrum est, datis. Comprehensa, & Quatuor Tomis distincta“ (Gesammelte Werke oder Geheimnisse der Natur, entdeckt mit den genauesten Mikroskopen, durch verschiedene Experimente bewiesen, mit den Briefen an verschiedene hervorragende Männer, sowie an die unbescholtene, weise Gesellschaft, die in London blüht, deren Mitglied er ist, zusammengefasst und auf vier Bände verteilt.)<ref name="Geschichte"/>
Zwischen 1719 und 1730 erschienen Leeuwenhoeks gesammelte Werke in Leyden unter dem Titel „Antoni van Leeuwenhoek Opera Omni seu Arcana Naturae ope exactissimorum Microscopiorum detecta, experimentis variis comprobata, Epistolis as varios ilustres viros ut et Ad integram, quae Londini floret, sapientem Societatem, cujus Membrum est, datis. Comprehensa, & Quatuor Tomis distincta“ (Gesammelte Werke oder Geheimnisse der Natur, entdeckt mit den genauesten Mikroskopen, durch verschiedene Experimente bewiesen, mit den Briefen an verschiedene hervorragende Männer, sowie an die unbescholtene, weise Gesellschaft, die in London blüht, deren Mitglied er ist, zusammengefasst und auf vier Bände verteilt.)<ref name="Geschichte" />


=== Auswahl einiger Briefe ===
'''Auswahl einiger Briefe'''
* M. Leewenhoeck, Regnerus de Graaf: ''A Specimen of Some Observations Made by a Microscope, Contrived by M. Leewenhoeck in Holland, Lately Communicated by Dr. Regnerus de Graaf.'' In: ''Phil. Trans.'' Band 8, 1673, S. 6037–6038; [[doi:10.1098/rstl.1673.0017]] ([[:Datei:Leeuwenhoek-A Specimen of Some Observations Made by a Microscope.pdf|Volltext]])
* M. Leewenhoeck, Regnerus de Graaf: ''A Specimen of Some Observations Made by a Microscope, Contrived by M. Leewenhoeck in Holland, Lately Communicated by Dr. Regnerus de Graaf.'' In: ''Phil. Trans.'' Band 8, 1673, S. 6037–6038; [[doi:10.1098/rstl.1673.0017]] ([[:Datei:Leeuwenhoek-A Specimen of Some Observations Made by a Microscope.pdf|Volltext]])
* Antony van Leewenhoeck: ''Observations, Communicated to the Publisher by Mr. Antony van Leewenhoeck, in a Dutch Letter of the 9th of Octob. 1676. Here English’d: concerning Little Animals by Him Observed in Rain-Well-Sea. and Snow Water; as Also in Water Wherein Pepper Had Lain Infused.'' In: ''Phil. Trans.'' Band 12, 1677, S. 821–831; [[doi:10.1098/rstl.1677.0003]] ([[:Datei:Leeuwenhoek-Little Animals Observed in Rain-Well-Sea.pdf|Volltext]])
* Antony van Leewenhoeck: ''Observations, Communicated to the Publisher by Mr. Antony van Leewenhoeck, in a Dutch Letter of the 9th of Octob. 1676. Here English’d: concerning Little Animals by Him Observed in Rain-Well-Sea. and Snow Water; as Also in Water Wherein Pepper Had Lain Infused.'' In: ''Phil. Trans.'' Band 12, 1677, S. 821–831; [[doi:10.1098/rstl.1677.0003]] ([[:Datei:Leeuwenhoek-Little Animals Observed in Rain-Well-Sea.pdf|Volltext]])
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== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur
* {{Literatur |Autor=Clifford Dobell |Titel=Antony van Leeuwenhoek and his „little animals“ |Auflage= |Verlag=Dover Publications |Ort=New York, N.Y. |Datum=1960 |ISBN=0-486-60594-9 |Kommentar=ungekürzter, korrigierter Nachdruck|JahrEA=1932|VerlagEA=John Bale, Sons & Danielsson | Online=[https://archive.org/details/antonyvanleeuwen00dobe/page/n5/mode/2up online bei archive.org] }}
|Autor=Clifford Dobell
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* Robert D. Huerta: ''Giants of Delft: Johannes Vermeer and the natural philosophers; the parallel search for knowledge during the age of discovery.'' Bucknell University Press, Lewisburg, Pa., U.S.A. 2003, ISBN 0-8387-5538-0.
* Robert D. Huerta: ''Giants of Delft: Johannes Vermeer and the natural philosophers; the parallel search for knowledge during the age of discovery.'' Bucknell University Press, Lewisburg, Pa., U.S.A. 2003, ISBN 0-8387-5538-0.
* Klaus Meyer: ''Geheimnisse des Antoni van Leeuwenhoek.'' Pabst Science Publishers, Lengerich 1998, ISBN 3-931660-89-3.
* Klaus Meyer: ''Geheimnisse des Antoni van Leeuwenhoek.'' Pabst Science Publishers, Lengerich 1998, ISBN 3-931660-89-3.
* {{Literatur
* {{Literatur |Autor=Laura J. Snyder |Hrsg= |Titel=Eye of the Beholder. Johannes Vermeer, Antoni van Leeuwenhoek, and the Reinvention of Seeing |Verlag=Head of Zeus Ltd. |Ort=London |Datum=2015 |ISBN= 978-1784970246 |Seiten=}}
|Autor=Laura J. Snyder
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* [https://lensonleeuwenhoek.net/ Lens on Leeuwenhoek] (auf Englisch)
* [https://lensonleeuwenhoek.net/ Lens on Leeuwenhoek] (englisch)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Version vom 1. Januar 2021, 08:58 Uhr

Antoni van Leeuwenhoek, Gemälde von Jan Verkolje.

Antoni van Leeuwenhoek [ˈantoːnɛɪ̯ ˈvɑn ˈleːwənhuk] (Aussprache/?) (auch Antony, Anthonie oder Antonie; * 24. Oktober 1632 in Delft; † 26. August 1723 ebenda) war niederländischer Naturforscher und der bedeutendste Mikroskopiker des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts.

Leeuwenhoek war gelernter Tuchhändler, später städtischer Beamter in seiner Heimatstadt Delft. Er hatte keine wissenschaftliche oder technische Ausbildung und brachte sich das Herstellen und benutzen von Mikroskopen selbst bei. Die Beobachtungen, die er mit seinen Mikroskopen machte, teilte er in über 300 Briefen an die Royal Society in London sowie an zahlreiche andere europäische Persönlichkeiten mit.

Er entdeckte die Mikroorganismen, darunter Bakterien, Protozoen und andere Einzeller und wird deshalb als „Vater der Protozoologie und Bakteriologie“ bezeichnet.[1] Er teilte die Entdeckung der Spermatozoen mit und untersuchte diese bei zahlreichen Tierarten. Seine Beobachtungen machten ihn zum Gegner der Spontanzeugung. Parallel zu anderen Forschern seiner Zeit entdeckte er rote Blutkörperchen und die Kapillaren als Verbindung zwischen Arterien und Venen im Blutkreislauf. Seine Forschungsgebiete erstreckten sich auf einen weiten Bereich von der Medizin bis zur Botanik.

Schreibvarianten des Namens

Aussprache des namens
Leeuwenhoek-Denkmal an der Oude Kerk in Delft mit lateinischer Inschrift.

Leeuwenhoeck bedeutet Löwenecke. Der Name ruht vermutlich von einer Straßenecke in der Nähe des Leeuwenpoort, des Löwentors im Osten von Delft her. Bis 1683 unterschrieb Leeuwenhoek mit „Antoni Leeuwenhoeck“. Danach ließ er das c im Nachnamen weg um ab 1685 bis zum Lebensende mit „Antoni van Leeuwenhoek“ zu zeichnen. In den englischen Übersetzungen seiner Briefe, die in den Philosophical Transactions of the Royal Society veröffentlicht wurden, ist der Nachname in 19 verschiedenen Varianten buchstabiert worden. Die meisten davon müssen wohl als schlichte Falschschreibungen angesehen werden. Der letzte Buchstabe des Vornamens ist ein langes i, das in seinen auf Niederländisch veröffentlichen Briefen meist als i, manchmal als y wiedergegeben wurde. „Antoni“ wird auf dem o betont.[2]

Auf seinem Gedenkstein an der alten Kirche in Delft und auf den meisten seiner auf lateinisch veröffentlichten Briefe wurde die lateinisierte Form „Antonius a Leeuwenhoek“ verwendet. Auf seinem Grabstein findet sich außerdem im niederländischen Text die Variante „Anthony van Leewenhoek“, also ohne u im Nachnamen und zusätzlichem h und y im Vornamen, eine Schreibweise die von ihm selbst nicht überliefert ist. Weitere Schreibvarianten wurden von deutschen (Anton von Leuwenhoek), französischen (Antoine Leuwenhoek) und italienischen Autoren verwendet (Lewenoeckio, Lauenoch), häufiger in abweichenden Schreibweisen im gleichen Text.[2]

In modernen Texten wird als Name meist „Leeuwenhoek“ verwendet[3][4][5][6][7][8][9], selten „van Leeuwenhoek“[10][11].

Leben

Kindheit und Jugend

Antoni van Leeuwenhoekwurde am 24. Oktober 1632 geboren, während des Goldenen Zeitalters der Niederlande. Seine Heimatstadt Delft hatte zu dieser Zeit etwa 21000 Einwohner[12]. Seine Eltern waren Philips van Leeuwenhoek, ein Korbmacher wie sein eigener Vater, und Margaretha, geborene Bel van den Berch, Tochter des Delfter Braumeisters Jacob Bel van den Berch. Sie heirateten 1622. Antony wurde zehn Jahre später als fünftes Kind nach vier Schwestern geboren. Er wurde am 4. November 1632 in der Nieuwe Kerk getauft. Der Name auf dem Taufeintrag lautet auf „Thonis“, Nachnamen werden nicht erwähnt. Der Vater wird als „Phillips thonis zn“ angegeben, also Phillip, Thonis Sohn. In der väterlichen Linie haben sich die Vornamen Thonis (also Antony) und Phillips über mehrere Generationen abgewechselt. Leeuwenhoeks Vater starb fünf Jahre nach der Geburt, Anfang Januar 1638. Die Mutter heiratete im Dezember 1640 erneut, ihr zweiter Mann Jacob Jansz. Molin, ein Maler, starb 1648. 1664 starb auch die Mutter, sie wurde am 3. September beerdigt.[13]

Etwa zur Zeit ihrer zweiten Heirat schickte die Mutter ihren Sohn im Alter von 8 Jahren auf eine Schule in Warmond, nördlich von Leiden. Anschließend, vermutlich ab 1646, lebte er bei seinem Onkel Cornelis Jacobsz van den Berch in Benthuizen, knapp 20 Kilometer nordöstlich von Delft. Dieser Onkel war Anwalt und Gemeindebeamter. Es wird spekuliert, dass er hier einige Grundlagen der Mathematik und Physik erlernte, es gibt aber keine Quellen zu seiner Bildung. Eigenen späteren Aussagen zufolge hat er keine Fremdsprache erlernt. Er sprach ausschließlich den holländischen Dialekt seiner Zeit und Gegend.[14][13][15]

1648, im Jahr als sein Stiefvater starb, wurde er mit 16 Jahren von seiner Mutter nach Amsterdam geschickt. Einige ihrer Verwandten waren erfolgreiche Händler, so auch ihr Schwager Pieter Mauritz Douchy, ein einflussreicher Woll-Händler in Amsterdam. Dieser nahm Leeuwenhock bei sich auf und suchte ihm eine Anstellung. Leeuwenhock wurde beim Tuchhändler William Davidson, einem 1616 geborenen Schotten, ausgebildet, der sich 1640 in Amsterdam niedergelassen hatte. Er bewährte sich und wurde schließlich für mehrere Jahre als Buchhalter und Kassierer eingesetzt. Wie lange er in diesem Geschäft arbeitete und welche sonstigen Tätigkeiten er verfolgte ist nicht bekannt. Es wird spekuliert, dass er zu dieser Zeit Jan Swammerdam kennenlernte.[13][15]

Rückkehr nach Delft und gesellschaftlicher Aufstieg

1654 kehrte er nach Delft zurück, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Am 29. Juli des Jahres heiratete er mit 21 Jahren die drei Jahre ältere Barbara de May (*20.12.1629). Zwischen 1655 und 1664 hatte das Paar fünf Kinder, von denen nur die zweitgeborene Tochter Maria (*22.09.1656; † 25.04.1745) die frühe Kindheit überlebte. Maria blieb unverheiratet und blieb bei ihrem Vater bis an sein Lebensende. Wohl ebenfalls 1654 kaufte Leeuwenhoek ein Haus und Geschäft in der Straße Hippolytusbuurt, in dem er einen Tuchhandel eröffnete. Zwei überlieferte Rechnungen von 1658 und 1660 zeigen, dass er tatsächlich als Tuch- und Kurzwarenhändler tätig war.[16]

1660, mit nur 27 Jahren wurde Leeuwenhoek zum Kammerherrn der Schepenen der Stadt Delft ernannt („Camerbewaarder der Camer van Heeren Scheppenen van Delft“). Ein Schepen war ein städtische Würdenträger mit Aufgaben eines Ratsherren, aber auch eines Schöffen. Diese Funktion erfüllte Leeuwenhoek 39 Jahre lang. Auch danach bezog er noch bis zu seinem Tod das entsprechende Gehalt. Zu den Aufgaben gehörte es, die Räumlichkeiten instand zu halten, zu beheizen, zu reinigen, für Versammlungen zu öffnen, Aufgaben für die Versammelten zu übernehmen, und Stillschweigen über alle dort beredeten Angelegenheiten zu bewahren. Sein jährliches Gehalt mit Aufwandsentschädigung lag zunächst bei 314 Florin pro Jahr und 1699 bei 400 um schließlich auf 450 Florin zu steigen: 1711 bekam er ein zusätzliches Gehalt von 50 Florin als „generaal-wijkmeester“ (in etwa: General-Bezirksmeister). Ein gut bezahlter Glasarbeiter verdiente 270 Florin im Jahr, Leeuwenhoek bekam also ein recht stattliches Gehalt. Es wird vermutet, dass Leeuwenhoek beide Ämter ehrenhalber verliehen wurden und die tatsächlichen Aufgaben durch Stellvertreter ausgeführt wurden. Ebenfalls um 1660 hat er vermutlich aufgehört als Tuchhändler zu arbeiten.[16][17]

Nach zwölf Jahren Ehe starb 1666 Leeuwenhoeks Frau Barbara. 1671 heiratete er ein zweites Mal, Cornelia Swalmius. Diese starb 1694.[16]

1669 wurde Leeuwenhoek nach entsprechender Prüfung als Landvermesser staatlich zugelassen. 1676 wurde er zum Nachlassverwalter für den Maler Jan Vermeer bestimmt. Ebenfalls 1632 geboren verstarb dieser mit nur 43 Jahren und hinterließ seiner Witwe und acht minderjährigen Kindern einen insolventen Nachlass sowie zahlreiche seiner wertvollen Bilder. Nachdem die Witwe den Bankrott erklären musste wurde Leeuwenhoek eingesetzt. Möglicherweise war er ein Freund der Familie Vermeer. Sehr wahrscheinlich haben sich Leeuwenhoek und Vermeer gekannt. Sie wohnten beide in der Nähe des Delfter Marktplatzes und hatten gemeinsame Bekannte, etwa Constantijn Huygens. Es gibt aber keinen historischen Beleg für eine Bekanntschaft.[18] Jedenfalls wird die Übertragung der Abwicklung des Besitzes eines zu Lebzeiten in der Stadt angesehenen Malers als Beleg für ein hohes Ansehen Leeuwenhoeks gesehen. Ein weiteres Amt übernahm Leeuwenhoek 1679 als er zum wijnroeijer (Weinmesser) gewählt wurde. Als solcher musste er alle Weine und Spirituosen, die in die Stadt gebracht wurden, prüfen, und die verwendeten Gefäße eichen. Dieses Amt hatte er wohl bis zum Lebensende, wobei er sich teils vertreten ließ.[16]

Korrespondenz mit der Royal Society

1660 wurde in London die Royal Society gegründet. Sie wollte mit Allen in Kontakt treten, die das Wissen über die Natur förderten, unabhängig von deren Nationalität oder gesellschaftlicher Stellung. Ihr erster Sekretär, Henry Oldenburg, pflegte zahlreiche Briefwechsel, so auch mit dem dem 1673 schon berühmten, in Delft praktizierenden Arzt Reinier de Graaf. In den Jahren zuvor hatte sich Leeuwenhoek offensichtlich erfolgreich mit der Anfertigung von Mikroskopen befasst und erste Beobachtungen mit deren Hilfe angestellt. De Graaf war über diese Arbeiten im Bilde und hatte mehrfach selbst verschiedene Objekte durch diese Mikroskope betrachten können. In der Zeitschrift der Royal Society, den Philosophical Transactions, erschien 1668 eine Arbeit des Italieners Eustachio Divini. Mit dessen Mikroskop hatte er ein kleineres Tier als alle bisher gesehenen finden können. Wohl in Antwort auf diesen Bericht schrieb de Graaf an Oldenburg, dass Leeuwenhoek Mikroskope entwickelt habe, die besser seien als alle bisher bekannten. Der Brief wurde beim Treffen der Royal Society am 7. Mai 1673 (Julianischer Kalender) verlesen. Ein Brief von Leeuwenhoek selbst, in dem er verschiedene Beobachtungen mitteilte, war Graafs Schreiben beigefügt. Eine englische Übersetzung wurde in den Philosophical Transactions veröffentlicht.[19]

Bemerkenswert ist, dass diese Kontaktaufnahme statt fand mitten im Englisch-Niederländischen Krieg von 1672–1674, der Teil des Holländischen Kriegs von 1672 bis 1678 war. Zwar wurde Delft nicht von feindlichen Armeen erreicht, es gab im Rampjaar (Katastrophenjahr) 1672 jedoch Aufstände gegen die Regenten. Erst ein gutes halbes Jahr zuvor, am 10. September 1672 war die Hälfte der Stadtregierung, der Vroedschap, herausgeworfen worden.[20]

Die Mitglieder der Royal Society trugen Oldenburg auf, direkt mit Leeuwenhoek in Kontakt zu treten und um Abbildungen der beobachteten Objekte zu bitten. Leeuwenhoek fand sich des Zeichnens nicht mächtig, er ließ daher zeichnen und sandte das Ergebnis nach London. Parallel zu diesem Brief schickte Constantijn Huygens einen Leeuwenhoek lobenden Brief an Robert Hooke, Mikroskopiker und Mitglied der Royal Society. Ab dieser Zeit sandte Leeuwenhoek bis an sein Lebensende zahlreiche Briefe an die Royal Society, von denen viele, oft gekürzt, in englischer Übersetzung in den Transactions abgedruckt wurden. Viele der Briefe wurden auch in holländischer und lateinischer Fassung als unabhängige Veröffentlichungen gedruckt.[19]

Am 23. Januar 1680 schrieb Hooke an Leuwenhoek anscheinend, dass er erstaunt sei, dass dieser noch kein Mitglied der Royal Societey sei und er bot an, ihn zur Wahl vorzuschlagen. Die Antwort von Leuwenhoek vom 13. Februar ist erhalten: Er habe niemals mit einer solchen Ehre gerechnet und er würde die Wahl als größte Ehre der Welt ansehen. Tatsächlich wurde Leeuwenhoek bereits am 19. Januar (Julianischer Kalender) auf Vorschlag von William Croone einstimmig als ordentliches Mitglied gewählt. Der Sekretär der Gesellschaft wurde beauftragt ein Diplom anzufertigen und Leeuwenhoek zu schicken.[21]

Die Bedeutung, die die Aufnahme in die Royal Society für Leeuwenhoek hatte, wird aus seiner Antwort an Hooke deutlich, aber auch daraus, dass das Diplom im einzigen von ihm angefertigten Ölgemälde prominent platziert war. Am 13. August des Jahres schrieb Constantijn Huygens Junior an seinen Bruder Christiaan Huygens: „Noch immer eilen alle hier um Leeuwenhoek zu sehen, als den großen Mann des Jahrhunderts. Vor einigen Monaten hat ihn die Royal Society in London aufgenommen, was ihm einigen Stolz gegeben hat. Er hat sogar ernsthaft Herrn Vater [gemeint ist Constantijn Huygens] gefragt, ob er mit dieser Ehre bekleidet in Zukunft verpflichtet sei, hinter einem Doktor der Medizin zurück zu stehen.“[21]

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war Leeuwenhoek der einzige ernsthafte Mikroskopiker weltweit. Er hatte weder Rivalen noch Nachahmer. Mikroskope wurden sonst nur zum Zeitvertreib eingesetzt.[22]

Besucher und Briefpartner

Nachdem Leeuwenhoeks Entdeckungen berühmt geworden waren, wollten ihn zahlreiche Menschen besuchen und durch seine Mikroskope schauen, darunter auch viele Berühmtheiten und Staatsoberhäupter. Zar Peter der Große kam 1698 und ließ sich den Blutkreislauf im Schwanz eines Aals zeigen. Die Königin von England Maria II. suchte ihn ebenfalls in Delft auf[23], wie schon 1679 James Duke of York, der spätere König Jakob II. von England[24] und 1678 John Locke[25]. Leeuwenhoek fühlte sich dadurch geschmeichelt und es festigte seinen Ruf in der Stadt. Er fühlte sich aber auch gestört und wollte am liebsten allein gelassen werden.[26]

Thomas Molyneux (1661–1733), irischer Arzt und Zoologe wurde 1686 Mitglied der Royal Society. Er besuchte Leeuwenhoek in deren Auftrag 1685 und hinterließ einen schriftlichen Bericht. In diesem beschreibt er den Aufbau der Mikroskope, die Leeuwenhoek seinen Besuchern zeigte, aber auch, dass Leeuwenhoek von weiteren Mikroskopen sprach, die dieser nur selbst je gesehen hätte und die noch weit besser als die gezeigten wären. Jene, die er ausprobieren konnte vergrößerten ähnlich stark wie einige, die er zuvor in England und Irland verwendete, sie hatten aber ein deutlich klareres Bild. Thomas Molyneux wurde vermutlich von seinem Bruder William Molyneux begleitet, denn dieser schrieb in einem Buch über Optik von seinem Besuch bei Leuuwenhoek mit einer ähnliche Einschätzung der Mikroskope.[26]

Am 4. März 1699 wurde Leeuwenhoek von einem Mitglied der Académie des sciences in Paris, dem Physiker Burlet, als Briefpartner („correspondant“) benannt. Ob Leeuwenhoek darüber informiert war ist nicht bekannt.[27][28]

Leeuwenhoek führte Korrespondenzen mit vielen Gelehrten seiner Zeit, unter anderem mit seinem Landsmann Constantijn Huygens und Gottfried Wilhelm Leibniz.[29]

Ein weiterer Besucher, der einen ausführlichen Bericht überlieferte, war Zacharias Konrad von Uffenbach, der 1710 kam. Gegen Ende seines Berichts schreibt er:

„Als wir gehen wollten, bate sowohl der wunderliche Mann als auch seine Tochter inständigst, daß wir doch niemand sagen sollten, daß wir bey ihme gewesen, und etwas gesehen. Dann er seye alt und des vielen Ueberlaufens, sonderlich von Leuten, die keine rechte Liebhaber seyen, ganz müde.“

Zacharias Conrad von Uffenbach[30]

Tod

Grabplatte van Leeuwenhoeks und seiner Tochter Maria in der Oude Kerk in Delft.

Van Leeuvenhoek verstarb im hohen Alter, am 26. August 1723, fast genau zwei Monate vor seinem 91. Geburtstag in Delft, wo er in der Oude Kerk beigesetzt wurde. Die Inschrift auf seinem Grabmal lautet:

“Hier rust Anthony van Leeuvenhoek, outste lit van de Konincklyke Sosyteyt in Londe. Gebooren binnen de stadt Delft op den 24 October 1632 en overleeden op den 26 Augusty 1723 out synde 90 Jaar 10 maande en 2 daagen. Tot den leeser: Heeft elk, o wandelaer, alom ontzagh voor hoogen ouderdom en wonderbare gaven. Soo set eerbiedigh hier uw stap. Hier legt de gryse weetenschap in Leeuvenhoek begraven. en Maria van Leeuvenhoek desselfs docter gebooren te Delft den 22 September 1656 en overbleeden den 25 April 1745”

„Hier ruht Anthony van Leeuwenhoek, ältestes Mitglied der Royal Society in London. Geboren am 24. Oktober 1632 in Delft und gestorben am 26. August 1723 im Alter von 90 Jahren, 10 Monaten und 2 Tagen. An den Leser: Wenn jeder, oh Wanderer, Ehrfurcht vor dem Alter und wunderbaren Gaben hat, so setzt Euren Schritt hier respektvoll. Hier ruht die ergraute Wissenschaft in Leeuwenhoek. Und Maria van Leeuwenhoek desselben Tochter, die am 22. September 1656 in Delft geboren wurde und am 25. April 1745 verstarb.“

Grabinschrift in der Oude Kerk in Delft

Portraits von Leeuvenhoek

Trotz seiner Bekanntheit schon zu Lebzeiten gibt es kaum Abbildungen, von denen sicher ist, dass sie Leeuwenhoek zeigen. Das bekannteste ist ein Werk von Johannes Verkolje, das in zwei Versionen existiert. Ein Ölgemälde fertigte der Maler 1686 an, in etwa in Leeuwenhoeks 54. Lebensjahr. In diesem schaut Leeuwenhoek nach links. Er trägt eine Perücke, in seiner rechten Hand hält er einen Zirkel. Auf dem Tisch liegt neben anderen Dingen das gesiegelte Diplom der Royal Society. Das Gemälde gehört heute dem Rijksmuseum Amsterdam. Die andere Variante ist ein Mezzotinto-Druck. Dieser unterscheidet sich vom Gemälde durch die Ausrichtung, er ist spiegelverkehrt. Verkolje hat hier wohl auf der Druckplatte aus Kupfer das Ölgemälde richtig herum abgezeichnet, wodurch der Abdruck schließlich seitenverkehrt war. Der Künstler hat aber auch Veränderungen vorgenommen: In der Hand hält Leeuwenhoek jetzt eines seiner Mikroskope und auf dem Tisch liegen statt des Diploms einige Eichenblätter mit Gallen, ein Objekt von dem er im gleichen Jahr mikroskopische Beobachtungen veröffentlicht hat. Von dieser Variante sind mehrere Abdrucke erhalten.[31]

Ein weiterer Druck wurde auf den gravierten Titelseiten der letzten, 1718 veröffentlichten Briefe von Leeuwenhoek dargestellt. Der Graveur, Jan Goeree (1670–1731), fertigte dieses Bild 1707 an, als Leeuwenhoek 75 Jahre alt war.[32]

Die Zunft der Delfter Chirurgen gab 1681 ein Ölgemälde bei Cornelis de Man in Auftrag, das viele ihrer Mitglieder zeigt. Im Mittelpunkt steht der offizielle Stadt-Anatom Cornelis 's Gravesande, der etwas an einem eröffneten Leichnam demonstriert. Rechts hinter ihm, also hinter seiner linken Schulter, steht Leeuwenhoek. Er war kein Mitglied der Gilde, es ist überliefert, dass der Maler dem Bild mit Leeuwenhoeks Anwesenheit mehr Glanz verleihen wollen habe.[33]

Jan Vermeer und Leeuwenhoek lebten zur gleichen Zeit in Delft, waren gleich alt, beide berühmt und Leeuwenhoek hat Vermeers Nachlass abgewickelt. Die Vermutung liegt nahe, dass sie sich auch zu Lebzeiten kannten. Es gibt aber keine Aufzeichnungen darüber, dass Vermeer Leeuwenhoek auch gemalt hätte. Es wurde spekuliert, dass Leeuwenhoek für einige Bilder mit Wissenschaftlern (etwa „Der Geograph“ und „Der Astronom“) Modell gestanden habe. Dem wird jedoch auch widersprochen, mit dem Argument, dass es zwischen der Person auf dem Bild von Verkolje und den Wissenschaftlern Vermeers keine Ähnlichkeit gäbe. Der 1669 entstandene „Geograph“ könnte jedoch von Leeuwenhoeck inspiriert sein, denn dieser wurde im gleichen Jahr als Landvermesser zugelassen. Möglicherweise handelt es sich um eine idealisierte Version von Leeuwenhoek[34][33]

Leeuwenhoeks Mikroskope

Einfache und zusammengesetzte Mikroskope

Ein „einfaches“ (links) und ein zusammengesetztes Mikroskop (rechts) aus der Mitte des 19. Jahrhundert zum Vergleich. Erst etwa ab dieser Zeit übertraf die optische Leistung zusammengesetzter Mikroskope die der einfachen deutlich.

Alle von Leeuwenhoek bekannten Mikroskope sind sogenannte „einfache Mikroskope“. Im Prinzip funktionieren sie wie eine sehr starke Lupe. Da für stärkere Vergrößerungen stärkere Krümmungen der einzigen Linse erforderlich sind, sind die Linsen solcher einfachen Mikroskope sehr klein. „Einfach“ bezieht sich dabei nicht etwa auf eine einfache Herstellung, sondern auf den Gegensatz zu „zusammengesetzten Mikroskopen“, die mit Objektiv und Okular eine Vergrößerung in zwei Schritten bewirken (siehe auch Lichtmikroskop). Heutige Mikroskope bis auf Ausnahmen (siehe etwa Foldscope) zusammengesetzte Mikroskope.

Zusammengesetzte Mikroskope wurden einige Jahrzehnte vor Leeuwenhoeks Geburt entwickelt. Das Problem der chromatischen Aberration wurde erst im 19. Jahrhundert gelöst. Zu Leeuwenhoeks Zeiten multiplizierte sich bei zusammengesetzten Mikroskopen das Problem durch die Verwendung zweier Linsen. Sie produzierten daher vor allem im höheren Auflösungsbereich schlechte Ergebnisse. So schrieb Robert Hooke:

“I have found the use of them [single microscopes] offensive to my eye, and to have much strained and weakened the sight, which was the reason why I omitted to make use of them, though in truth they do make the object appear much more clear and distinct, and magnifie as much as the double Microscopes: nay, to those whose eyes can well endure it, 'tis possible with a single Microscope to make discoveries much better than with a double one, because the colours which do much disturb the clear vision in double Microscopes is clearly avoided and prevented in the single.”

„Ich habe festgestellt, das ihre [einfache Mikroskpe] Nutzung meinem Auge schadet, und mein Sichtvermögen anstrengt und schwächt, was der Grund dafür ist, dass ich sie nicht mehr benutzt habe. Obwohl sie in Wahrheit das Objekt klarer und schärfer erscheinen lassen, und genauso stark vergrößern wie zusammengesetzte Mikroskope. Besser gesagt, für jene deren Augen es aushalten kann man Entdeckungen viel besser mit einem einfachen Mikroskop machen, als mit einem zusammengesetzten. Denn die Farben, die ein klares Bild im zusammengesetzten Mikroskop stark beeinträchtigen, werden beim einfachen offensichtlich vermieden und verhindert.“

Robert Hooke, 1678 [35]

Erst ab etwa 1830 wurden zusammengesetzte Mikroskope leistungsfähiger als einfache.[36]

Bauformen von Leeuwenhoeks Mikroskopen

Einfache Mikroskopbauformen und Präparate-Erstellung

Die Grundkonstruktion von Leeuwenhoeks Mikrokskopen (siehe Abbildungen unten) war simpel: Eine kleine bikonvexe Linse wurde zwischen zwei Metallplatten gefasst. Auf der einen Seite wurde das Objekt vor die Linse platziert, von der anderen Seite wurde mit dem dicht davor liegenden Auge durch die Linse das vergrößerte Objekt betrachtet. Je nach Vergrößerung der Linse lag der Abstand zum Auge bei etwa einem Zentimeter[36]. Um das Objekt an die richtige Position bringen zu können wurde es auf eine Nadelspitze befestigt, die durch eine Vorrichtung mit Schrauben bewegt werden konnte. Dies war ein Alleinstellungsmerkmal bei Mikroskopen seiner Zeit. Die meisten seiner Mikroskope hatten Metallplatten aus Messing oder Silber. Die Platten sind etwa 4–5 cm hoch und halb so breit. Anscheinend zog es Leeuwenhoek vor ein gutes Praparat mit dem Präparatehalter fest zu verkleben und dann ein neues Mikroskop zu bauen. Im Gegensatz zur hohen Qualität der Linsen war die Qualität der Metallarbeiten nicht allzu gut.[37][38][39]

Eine Abweichung vom Grundaufbau bestand darin, zwei oder drei Linsen nebeneinander zu montieren, so dass mittels zwei Haltevorrichtungen mehrere Präparate im raschen Wechsel miteinander verglichen werden konnten. Auch könnten unterschiedlich stark vergrößernde Linsen verwendet worden sein. Heute noch vorhandene Mikroskope Leeuwenhoeks haben alle eine einzelne Linse.[40][38]

Andere Mikroskope zu Leeuwenhoeks Zeit wurden mit Auflicht verwendet, das Licht fiel also von der Seite des Objektivs auf das Präparat. Leeuwenhoek jedoch verwendete Durchlicht, also Licht, dass durch das Präparat hindurch fiel. Durchlicht-Beleuchtung ist für biologische Präparate oft besonders geeignet. Wie genau er verschiedene Präparate beleuchtete, ob mit Kerzen oder generell mit Tageslicht, ist nicht bekannt. In einem Brief empfiehlt er für die Betrachtung von Schnitten, das Mikroskop gegen den offenen Himmel zu halten.[39]

Objekte in Flüssigkeiten wurden in kleine Glasröhrchen gefüllt und darin betrachtet. Diese hat er mit zwei Silber- oder Kupferfedern so befestigt, dass er das Röhrchen wie gewünscht vor der Linse bewegen kann[41]. Leeuwenhoek beschrieb seinem Besucher Uffenbach, dass er die jungen Austern, die der Besucher betrachten konnte, aus der Mutter heraus genommen hatte, mit einem Tropfen Weingeist versetzt hatte und das Glasröhrchen an das entstandene Gemisch gehalten hatte. Dieses zog darauf von selbst in die Röhrchen (siehe Kapillarkraft). Weingeist verwendete er, damit das Gemisch „nicht so leicht stinkend“ würde wie bei der Verwendung von Wasser.[42]

In späteren Versuchen hat Leeuwenhoek Flüssigkeitstropfen wohl auch zwischen zwei Glasplättchen verteilt.[39] Eine Goldlösung ließ Leeuwenhoek auf ein Stück Glas präzipitieren und befestigte dieses am Mikroskop.[42] Er war wohl der erste, der von undurchsichtigen Objekten Schnitte anfertigte, um diese im Durchlicht zu betrachten.[43]


Aalkijker

Eine weitere Variante war der „Aalkijker“ (Aalgucker). Aalkijker sind in drei Bauformen bekannt. 1689 beschreibt Leeuwenhoek zum ersten Mal, dass er sein Mikroskop so angepasst habe, um das strömende Blut im Schwanz junger Aale, Kaulquappen und kleiner Fische zu beobachten (siehe Abbildung).[29][38]

Zeichnungen des ersten Aalkijkers, 1689. Ein Metallrahmen (in der Abbildung fig. 9) hielt eine Glasröhre mit dem Tier (fig. 13). Der Rahmen wurde entweder mit einem seiner normalen Mikroskope (aber ohne Schrauben für die Präparate; fig. 8) oder mit kleineren Linsenhaltern (fig. 11 und 12) versehen, die für schwächere Vergrößerungen womöglich angenehmer waren. Der zusammengebaute Zustand ist in fig. 10 (rechts der Mitte) gezeigt. Im oberen Bereich zwischen den Buchstaben D und E befindet sich die zwischen Metallplatten eingespannte Linse. Hinter den Platten ist das Glasrohr, welches darüber und im unteren Bereich zu sehen ist.[38]

1708 schrieb Leeuwenhoek, dass er den Aalkijker umgestaltet habe, um die Beobachtung zu vereinfache, ohne aber eine Zeichnung beizufügen. Sein Besucher Uffenbach fertigte eine Zeichnung an, die er seiner Reiseerzählung beigab, die vermutlich diese Bauform zeigt (siehe Abbildung).[44] Eine weitere Abbildung findet sich auf der Titelseite der Auktion, bei der nach seinem Tod viele der Geräte versteigert wurden.[38]

Uffenbach schreibt über das Gerät:

„Diese Maschine ist simpel, groß und nicht gar bequem. [...] Die erste und größte Maschiene nun (Num.I.) wodurch Herr Leuwenhoek den Umlauff des Bluts bey Fischen betrachtet, bestehet aus einem dünnen viereckigten Stück Messing, ungefehr einen Schuh lang, und einen halben breit, daran das eine End umgebogen ist, und wozu dieses diene, habe ich auch nicht sehen können. In der Mitte ist eine viereckigte Scheibe (a) von einem feinen Glas vermittelst zweyer Rahmen (b b) festgemacht. Auf der einen Seite, die in fig. I. zu sehen ist, hat es unter der Glasscheibe ein schmales Lineal (c) mit zwey Schrauben nicht gar hart auf das Instrument fest gemacht, damit ein anders (d) die Quer darunter fest gehalten, und doch hin und her hinauf oder hinunter könne geschoben werden, dieses lieget hart auf das Glas (a) und kan vermittelst einer Stellschraube, (e) die dadurch gehet, vom besagten Glas nach Belieben erhöhet und abgeschraubet werden, nach dem der focus lentis ist. An dem Lineal (d d) ist oben mit einer Schraube ein kleines viereckigtes Stücklein Messing (e) angehänget, in dessen Mitte das kleine Gläsgen des Microscopii ist, und dadurch man auf das untere grosse blatte Glas, und das hinter demselben liegende Object siehet; er leget deshalben die Fische auf die andere Seite fig. 2 die er halb in ein Schnupftuch wickelt, und selbiges vermittelst des Lineals (f) fest an dem Glas (a a) hält. Es zeigte uns Herr Leuwenhoek die Circulation des Geblütes sehr gut durch diese Maschine, wiewohl es etwa Mühe war, so damit umzugehen, und noch mehr seyn solte, wenn man eine lange Zeit damit observiren solte, denn man muß das Microscopium auf der Seite, da das Gläsgen fig. I. ist, auf die Stirne legen, und also durch das kleine Gläsgen in die Höhe sehen, welches lange Aufsehen zulezt verdrießlich fällt.“

Zacharias Conrad von Uffenbach[45]
Die zweite Bauform des Aalkijkers, Zeichnung as dem Reisebericht von Uffenbach (1754)

Eine weitere Bauform, die Leeuwenhoek zugeschrieben wird, ist im Museum Boerhaave in Leiden ausgestellt. Im Vergleich zur ersten Bauform ist der Rohrhalter hier kürzer und ein Linsenhalter ist dauerhaft mit ihm verbunden. Mehrere Linsen sind zwischen kleine Platten gefasst und können ausgewechselt werden.[38]

Linsen

Das besondere an Leeuwenhoeks Mikroskopen war die ansonsten in seiner Zeit unerreichte Qualität der Linsen. Für Tuchhändler dieser Zeit waren Lupen ein wichtiges Hilfsmittel, um die Anzahl der Fäden in einem Stoff und damit dessen Qualität zu bestimmen. Vermutlich hat Leeuwenhoek in seiner Amsterdamer Zeit daher zum ersten Mal mit Glaslinsen gearbeitet.[46][29]

Sogenannte Flohgläser, also einfache Vergrößerungsgläser zum betrachten von Insekten, waren eine Modeerscheinung der Zeit und das Schleifen von Linsen aus Glasblöcken ein in weiten Kreisen verbreiteter Zeitvertreib. In den 1650er Jahren war Delft für die Qualität seiner Glaslinsen bekannt, nicht zuletzt wegen der hohen Güte des Glases aus lokaler Produktion.[47]

Leeuwenhoek hat seine genauen Arbeitsweisen geheim gehalten. Das betrifft nicht nur die Verwendung seiner besten Mikroskope, sondern auch die Herstellungsweise seiner Linsen. Es gibt prinzipiell drei Möglichkeiten kleine, starke Linsen herzustellen. Sie können aus einem Glasstück geschliffen und anschließend poliert werden. Ein dünner Glasfaden kann in eine Flamme gehalten werden, so dass sich am Ende ein Kügelchen bildet. Oder ein dünnes Glasröhrchen wird am Ende zugeschmolzen und zum Glühen gebracht. Durch blasen in das Röhrchen von der anderen Seite entsteht eine Glaskugel, die eine Warze hat. Diese Warzen sind linsenförmig. Leeuwenhoek hat wohl mindestens zwei dieser Verfahren verwendet, denn von den neun heute noch bekannten Exemplaren von Leeuwenhoeks Mikroskope haben alle bis auf eines geschliffene Linsen, wie Untersuchungen im 20. Jahrhundert ergeben haben. Nur das am stärksten vergrößernde, das sogenannte Utrechter Mikroskop, hat eine erschmolzene Linse in der Form einer leicht gedrückten Kugel. Ob sie geblasen oder am Ende eines Glasfadens erzeugt wurde ist umstritten.[9]

Auch sein Besucher Uffenbach berichtete über Leeuwenhoecks Geheimhaltung. Er konnte ihm jedoch entlocken, dass dieser zum Schleifen von Linsen zwar nur einen Schalentyp verwende, dass es aber einen Unterschied mache, ob er frische oder schon häufig benutzte Schalen verwende, da sich die Schalen durch Gebrauch weiten würden und die Gläser dadurch größer würden, ein Vorgang den Uffenbach als allgemein bekannt ansah. Die Frage, ob Leeuwenhoek auch einige Linsen blasen würde verneinte Leeuwenhoek entschieden und „bezeigte eine große Verachtung gegen die geblasenen Gläser. [...] alle seine Gläser wären auf beyden Seiten convex geschliffen“. Uffenbach schreibt aber auch:[48]

„Was die geblasenen Gläser anbelangt, versicherte Herr Leuwenhoeck, daß er durch zehenjähriges Speculiren es dahin gebracht, daß er eine taugliche Art blasen gelernt, welche aber nicht rund wären“

Zacharias Conrad von Uffenbach[48]

Uffenbachs mitreisender Bruder wollten nicht glauben, dass es möglich sei etwas anderes zu blasen als eine Kugel. Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert zeigen dies jedoch.[9]Uffenbach beschreibt ferner, dass einige Mikroskope doppelte Linsen hatten, also zwei Linsen direkt hinter einander, die zusammen nicht viel dicker seien als die einfachen Linsen. Die doppelten Linsen seien zwar mühsamer zu machen als die einfachen, sie würden aber auch laut Leeuwenhoeks Aussage nur wenig mehr vergrößern als diese.[48]

Die Linse des Utrechter Mikroskops ist etwa 1,1 mm dick. Von den beiden Messingplatten, zwischen denen die Linse montiert ist, hat die auf der Präparat-Seite eine Öffnung mit 0,5 mm Durchmesser, die dem Auge zugewandte einen Durchmesser von 0,5 mm. Die numerische Apertur wurde mit 0,4 bestimmt.[49]

Alle untersuchten Linsen, einschließlich derer der Mikroskope, die Leeuwenhoek der Royal Society vermachte, waren bikonvex, nicht etwa kugelförmig. Möglicherweise war er deshalb erfolgreicher als andere Mikroskopiker, die mit einfachen Mikroskopen und mit kugelförmigen Linsen arbeiteten.[38]

Anzahl und Verbleib der Mikroskope

Abbildung auf der Titelseite des Versteigerungskatalogs von 1747. Die ursprüngliche Bauform des Aalkiekers steht auf dem Pult nach links angelehnt, eine weitere liegt unten am rechten Bildrand. Die neuere von Uffendorf beschriebene liegt am unteren Bildrand rechts der Mitte. Die vorne sitzende Putte hält ein Mikroskop mit drei Linsen. Davor vermutlich Tabletts mit einzelnen Linsen.

Bis zu seinem Tod fertigte Leeuwenhoek mehr als 500 einfache Varianten seiner Mikroskope, Aalkijker und einzelne Linsen an. Zu seinen Lebzeiten gab er soweit bekannt nur zwei davon ab, und zwar als Geschenk an Königin Maria II von England, als diese ihn in Delft besuchte. Ansonsten verweigerte er jedes Ansinnen auf Verkauf oder Abgabe seiner Instrumente. Zu Lebzeiten stellte er ein Schränkchen mit 26 Mikroskopen aus Silber zusammen, die ursprünglich jeweils ein Präparat montiert hatten. Dieses Schränkchen vermachte er der Royal Society. Seine Tochter verschickte es nach seinem Tod nach London. Diese Sammlung wurde 1722 und 1739 eingehend beschrieben. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging sie jedoch verloren.[38]

Leeuwenhoeks Tochter Maria starb 1745. Zwei Jahre später und damit 24 Jahre nach Leeuwenhoeks Tod wurde die Mikroskopsammlung in der Lukasgilde in Delft versteigert, der Gilde der Maler, Glasmacher und Porzellanhersteller.[50] Zwei Exemplare des Versteigerungskatalogs sind überliefert, einer der beiden enthält auch die Namen der Käufer und den Preis. Die Sammlung wurde auf 196 Einzelangebote aufgeteilt, viele bestanden aus einer Box mit zwei Mikroskopen, so wie Leeuwenhoek sie hinterlassen hatte. Einige Lose bestanden aus Linsen. Von den 322 Microscopes waren die meisten aus Messing, 131 aus Silber, vier hatten beide Metalle und drei Exemplare waren aus Gold. Fast alle zugehörigen Linsen waren aus Glas, aber vier der Silbermikroskope hatten eine Linse aus Quartz und zwei weitere aus Sand. Außerdem kamen 23 Aalkijker der verschiedenen Bauarten zum Verkauf. Die meisten Käufer waren Delfter Bürger, darunter einige Notare. Bis zu 20 Einzelposten gingen dabei an eine Person.[38]

Ende des 20. Jahrhunderts waren noch neun seiner Mikroskope bekannt.[9] Bis Ende 2015 hat sich die Zahl der Leeuwenhoek zugeschriebenen Mikroskope auf zwölf erhöht. Ein Besucher einer Ausstellung erkannte, dass er eines zu Hause hatte. Eines wurde bei silbernem Puppenhaus-Zubehör gefunden, ein weiteres fand sich im Schlamm eines Delfter Kanals. Hinzu kommen ein Aalkijker und sechs einzelne Linsen.[38][51]

Eines dieser Mikroskope, ein silbernes, wurde 2009 bei Christie’s für 350.000 Euro versteigert. Vier befinden sich im Museum Boerhaave in Leiden, zwei im Deutschen Museum in München, eines im Universitätsmuseum Utrecht, eines im Naturkundemuseum Antwerpen und neben dem versteigerten ein weiteres in einer privaten Sammlung. Das Museum Boerhaave besitzt außerdem fünf einzelne, gefasste Linsen.[38]

Leistungsfähigkeit der Mikroskope

Die Sammlung der 26 Mikroskope der Royal Society wurde 1739 eingehend untersucht. Umgerechnet auf den Abstand eines Gegenstands zum Auge von 250 mm ergaben sich dabei Vergrößerungen von 50-fach (entsprechend einer Brennweite von f=5,08 mm) bis 200-fach (f=1,27 mm). Am häufigsten war eine Vergrößerung von etwa hundertfach (f=2,54 mm), die bei acht Mikroskopen vorkam.[38]

Bei den zehn Anfang 2015 noch bekannten Mikroskopen traten Vergrößerungen von 68-fach(f=3,66 mm) bis 266-fach (f=0,94 mm) auf. Beim letzteren, dem sogenannten Utrechter Mikroskop, konnte bei Untersuchungen im 20. Jahrhundert mit Fotos von Diatomeen, einem bei Mikroskopikern beliebten Testverfahren, eine Auflösung von 1,35 µm erreicht werden.[9][38] Damit übertraf es noch die Auflösung eines achromatischen zusammengesetzten Mikroskops von Charles Chevalier von 1837[36].

Die fünf einzelnen gefassten Linsen des Museums Boerhaave haben meist niedrigere Vergrößerungen, von 32-fach bis 65-fach, nur eine erreicht 150-fach. Sie werden als Zubehör zum Aalkijker gedeutet.[38]

Zusammengesetzte Mikroskope erreichten zu Leeuwenhoeks Zeiten nur eine Vergrößerung von etwa 100-fach. Sein Beitrag für die Anwendung der Mikroskopie als wissenschaftliche Technik war außerordentlich. Niemand hat zu seiner Zeit vergleichbare Beobachtungen machen können, auf Grund der hohen Leistungsfähigkeit seiner Geräte aber auch auf Grund der Geheimhaltung mit der er seine leistungsfähigeren Verfahren umgab.[36]

Geheime Methoden

Leeuwenhoek hielt seine Arbeitsmethoden zum großen Teil geheim. Er erwähnte explizit, dass er seine besten Mikroskope für sich selbst behalte und seinen Besuchern nicht zeigte. Blanchard vermutete 1868 gar, Leeuwenhoek habe im hohen Alter seine besten Instrumente verschwinden lassen, um seine Methode geheim zu halten. Auch seine spezielle Beobachtungsmethode für sehr kleine Kreaturen hielt er geheim. Daher kann nur spekuliert werden, wie er diese Beobachtungen genau durchführte.[52][53]

Dobell war überzeugt, dass Leeuwenhoek Dunkelfeldmikroskopie betrieb[54]. Klaus Meyer, der Leeuwenhoeks Briefe ins Deutsche übersetzte und 1998 herausgab, vertrat dagegen die Ansicht, dass Leeuwenhoek sein normales Mikroskop mit einem Tubusrohr und einer schwach vergrößernden Okularlinse versah und es so zu einem zusammengesetzten Mikroskop erweiterte.[53] Laura J. Snyder vermutet, dass er neben der Anwendung von Dunkelfeldmikroskopie auch ein Sonnenmikroskop verwendete, mit dem er mikroskopische Bilder an eine Wand warf.[55]

Aufgrund der Geheimhaltung hatten Leeuwenhoeks Instrumente keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung von Mikrokopen.[36]

Leeuwenhoeks Briefe, seine Beobachtungen und Entdeckungen

Übersicht

Leeuwenhoek teilte alle seine Beobachtungen in über 300 Briefen mit. Den ersten von vielen an die Royal Society in London schickte er 1673, er schrieb aber auch mit vielen anderen Gelehrten. Das Leeuwenhoek keine Ausbildung als Wissenschaftler hatte, ist seinen Briefen anzumerken. In ihnen beschreibt er seine Beobachtungen ohne diese zu ordnen, durchmischt mit persönlichen Details um plötzlich auf ein völlig anderes Thema zu kommen. Jedoch hat er immer deutlich auseinander gehalten, was er tatsächlich beobachtet hatte, und wie er seine Beobachtungen deutete, ein Merkmal auch moderner Wissenschaft. Diese Klarheit ist in wissenschaftlicher Literatur seiner Zeit selten. Leeuwenhoek beschrieb über 200 Arten, jedoch hat er sie häufig nicht genau genug beschrieben, um sie heute sicher identifizieren zu können.[39][29]

Als seine wichtigsten Entdeckungen werden je nach Autor die Spermatozoen, Rote Blutkörperchen und Mikroorganismen genannt. Daneben beobachtete er viele weitere Objekte der belebten und unbelebten Natur wie die Struktur von Holz, die Form von Kristallen oder gestreifte Muskulatur. 1688 beschrieb er den Blutkreislauf in der Schwanzflosse eines jungen Aals 1688.[56]

Mikroorganismen beschrieb er erstmals 1674 und genauer in einem langen Brief vom 9. Oktober 1676. Er fand Glockentierchen, Rädertierchen, Süßwasserpolypen, frei bewegliche Protozoen und Bakterien. Zur Untersuchung von Organen führte er Färbungen mit Safran durch und er verfolgte den Lebenszyklus von Ameisen, Blattläusen und Muscheln.[39]

Mikroorganismen: Die Diertgens oder Animalcules

Erste Beobachtungen

Spirogyra

Die ersten Mikroorganismen sah Leeuwenhoek vermutlich 1674. Er beschrieb sie in einer kurzen Passage in einem Brief an Henry Oldenburg, Sekretär der Royal Society, vom 7. September des Jahres. Im Wasser eines Süßwassersees nahe Delft, dass er am Tag nach der Entnahme untersuchte fand er Erdpartikel und spiralige, schlangenartige Streifen. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um die Alge Spirogyra. Auch weitere grüne Partikel waren vorhanden, und ziemlich sicher auch Protozoen, denn er schreibt:[57]

„Zwischen diesen waren viele kleine Animalcules, einige rund, einige etwas größer und oval. Letztere hatten zwei kleine Beine nahe dem Kopf und zwei kleine Flossen am hintersten Ende des Körpers [vermutlich Rädertierchen]. Andere waren länglicher, sie bewegten sich sehr langsam und kamen selten vor [vermutlich Ciliaten]. Diese Animalcules hatten verschiedene Farben, einige weißlich und transparent, andere grün und mit sehr glitzernden Schuppen. Wieder andere waren in der Mitte grün und vorne und hinten weiß [vermutlich Euglena viridis]. Andere waren aschgrau. Die Bewegung der meisten dieser Animalcules war so schnell und so variabel, hoch, runter und herum, dass es wundervoll anzuschauen war. Einige dieser kleinen Kreaturen waren über tausend mal kleiner, als die kleinsten Tiere, die ich je gesehen habe, auf der Rinde von Käse, in Weizenmehl, Schimmel und dergleichen.“

Übersetzt nach der englischen Fassung in Dobell, 1960, S. 110 f. Zuordnung der Arten nach Dobell.

Der Größenvergleich bezog sich wie damals üblich auf das Volumen. Tausendfach kleineres Volumen entspricht einer zehnfach kürzeren Länge. Die Tiere, auf die sich Leeuwenhoek im Größenvergleich bezieht sind Milben.[57] Die Käsemilbe ist etwa einen halben Millimeter (= 500 Mikrometer) lang, die Mehlmilbe Acarus siro etwas kleiner. Tatsächlich hat Euglena viridis eine Länge von 40 – 65 Mikrometer.[58]

Leeuwenhoek schrieb von „dierkens“[59], „diertgens“[60], „kleyne dierkens“[61] oder „diertjes“[62][63], also von Tierchen. In den veröffentlichen englischen Übersetzungen wurden sie auf lateinisch als „animalcules“ oder, da Englisch keinen Diminutiv kennt, als „little animals“ (kleine Tiere) bezeichnet.

Ein weiterer Bericht folgt ein gutes Jahr später in einem Brief von 20. Dezember 1675, der aber nicht veröffentlicht wurde. Leeuwenhoek schrieb, dass er im vergangenen Sommer in fast allen Gewässerproben Animalcules gefunden habe. Von diesen seien einige unglaublich klein gewesen, kleiner gar als jene die von anderen entdeckt wurden und Wasserflöhe oder Wasserläuse genannt wurden. Hier bezog sich Leeuwenhoek wohl auf eine Veröffentlichung von Jan Swammerdam von 1669.[57]

In einem ebenso unveröffentlichtem Brief einen Monat später schrieb Leeuwenhoek, dass er auch in aufgefangenem Regenwasser, Quellwasser und im Wasser der Kanäle von Delft fündig wurde. Außerdem kündigte er einen genaueren Bericht an.[57]

Der Brief über die Protozoen

Stylonychia mytilus, das Waffen- oder Muscheltierchen. „Ich sah [...] ein Tierchen, das hatte etwa die Form einer Miesmuschel-Schale, die mit der leeren Seite nach unten liegt.“

Dieser Bericht erfolgte in einem Brief vom 9. Oktober 1676, der als „Brief über die Protozoen“ bekannt wurde. Das Original-Manuskript hat 17½ eng beschriebene Folio-Seiten. Knapp die Hälfte des Briefes wurde in englischer zusammenfassender Übersetzung im März 1677 in den Philosophical Transactions der Royal Society mit dem Titel „[…] by Mr. Antony van Leewenhoeck […]: Concerning little Animals by him observed in Rain- Well- Sea- and Snow-water; as also in water wherin Pepper had lain infused“. veröffentlicht[64]. (Deutsch: Bezüglich kleiner Tiere, die er in Regen- Brunnen- Meeres- und Schneewasser beobachtete; und auch in Wasser worin er Pfeffer eingelegt hatte.) Der restliche Teil blieb unbekannt bis zu den Untersuchungen von Dobell (1932), der in den Archiven der Royal Society das Originalmanuskript fand und neu übersetzte.[65]

Der Brief beginnt mit mehreren, teils sehr ausführlichen Beobachtungen des Auftauchens verschiedener Arten von Mikroorganismen in frischem Regenwasser, dass einige Tage steht. Es folgen kurze Beschreibungen der Funde in Fluss- und Brunnenwasser und eine ausführlichere über Meerwasser. Der zweite Teil des Briefes beschäftigt sich mit Aufgüssen mehrerer Gewürze mit Regenwasser. Fünf Ansätze mit Pfeffer werden beschrieben, und je einer mit Ingwer, Gewürznelken und Muskat. Dazwischen ist eine Beobachtung an Essig eingestreut. Bis auf einige Beobachtungen an Pfefferwasser fiel der zweite Teil jedoch den Kürzungen zum Opfer und wurde erstmals 1932 veröffentlicht.[65][66] Mit den Aufgüssen verwendet er ein ähnliches Verfahren, wie viele spätere Mikroskopiker, die einen Heuaufguss ansetzten um Mikroorganismen zu beobachten, besonders die danach benannten Infusorien.

In diesem Brief beschreibt Leeuwenhoek viele Organismen, davon einige Arten so genau, dass sein Biograph Clifford Dobell, selbst Protozoologe, diese 1932 eindeutig zuordnen konnte. Bei Vorticella, einem Glockentierchen, beschreibt er das charakteristische Zusammenziehen und Strecken, bei Wimpertierchen die „dünnen, kleinen Füße oder Beine“ oder „kleine Pfoten“, also die Cilien. Auch das Waffentierchen Stylonychia mytilus lässt sich zuordnen.[65]

In frisch aufgefangenem Regenwasser entdeckte er die ersten Organismen nach zwei bis vier Tagen, sie erreichten dann eine Dichte von etwa 1000 bis über 2000 „pro Tropfen“. Seine Größenangaben waren so nachvollziehbar, dass sie sich auf heutige Maße umrechnen lassen, für einige der Organismen auf 6 – 8 Mikrometer. Zur Veranschaulichung gab er an dass eines der Diertgen bezogen auf ein Milbe so groß sei wie eine Biene zu einem Pferd. Bei einigen konnte er auf Grund ihrer geringen Größe keine Form beschreiben. In Flusswasser fand er weniger als 25 Tierchen pro Tropfen, in Brunnenwasser im Winter keine und im Sommer über 500 „in einem Korn Wasser“. In sommerlichem Meerwasser dagegen nur 1–4 pro Tropfen.[65]

Pfefferwasser untersuchte Leeuwenhoek eigentlich, um nach der Ursache für die Schärfe des Pfeffers zu suchen. Cartesianer hatten spekuliert, dass scharfer, saurer Geschmack durch die Form von Partikeln der jeweiligen Stoffe hervor gerufen wird.[67] Leeuwenhoek fand im Wasser einige Tage nach dem Einlegen des Pfeffers neben Protozoen auch Organismen, die sich nach seiner Beschreibung sicher als Bakterien identifizieren lassen. An einer Stelle beschreibt er, wie ein ovaler Animalcules von über hundert der allerkleinsten Animalcules umgeben war, von denen einige fort getrieben wurden. Mit heutigem Wissen lässt sich diese Szene als ein Wimperntierchen deuten, das von Bakterien umgeben ist, von denen einige durch den Schlag der Cilien abgetrieben werden. Von den Wimperntierchen beschrieb er bis zu über 8000 in einem Tropfen, die Zahl der Bakterien aber als „weitaus größer“. Auch beobachtete er, dass das oberflächennahe Wasser weitaus dichter besiedelt war, als der Wasserkörper.[66]

Eine beschriebene Bakterienform identifizierte Dobell als „vermutlich Bacilli“, eine weitere als die Fadenbakterie Pseudospira. Eine ausführlich beschriebene Form sind Spirillen, „sehr kleine Aale“. Pseudospira und Spirillen kommen allerdings erst im ursprünglich gekürzten Teil des Briefes vor. Leeuwenhoek schätzte die Zahl der Spirillen auf über hunderttausend in einem kleinen Tropfen Oberflächenwasser ein.[66]

Im nicht veröffentlichten Teil des Briefes findet sich auch eine interessante Beobachtung über Essigälchen: Bei manchen der großen Exemplare, die er auseinander brach konnte er beobachten, dass lebende kleine Älchen hervor kamen. Tatsächlich sind Essigälchen lebendgebärend und diese Beobachtungen somit die ersten zur Fortpflanzung dieser Tierart.[68]

Bestätigung der Entdeckung

Die Royal Society war an Leeuwenhoeks Schilderungen sehr interessiert, aber auch skeptisch. Nehemiah Grew, Sekretär der Gesellschaft und ebenfalls Mikroskopiker, wurde beauftragt, Leeuwenhoeks Versuche zu wiederholen. Es ist nicht überliefert, ob es tatsächlich dazu kam. Zusammen mit weiteren Beobachtungen sandte Leeuwenhoek am 5. Oktober 1677 Stellungnahmen von acht angesehenen Personen, denen er die Mikroorganismen gezeigt hatte, nach London. Darunter war der Pastor der englischen Gemeinde in Delft, zwei lutheranische Pastoren aus Delft und Den Haag sowie ein Notar.[69][29]

Robert Hooke, selbst berühmter Mikroskopiker und Mitglied der Royal Society hatte auf Grund nachlassender Sehstärke schon länger nicht mehr mikroskopiert. Nun aber fertigte er einen Aufguss mit Pfefferkörnern durch und beobachtete. Nach etwa einer Woche fand er zahlreiche Mikroorganismen und konnte Leeuwenhoeks Berichte somit bestätigen.[29]

Bei Sitzungen der Royal Society am 1., 8. und 15. November 1677 führte Hooke Demonstrationen durch. Während die ersten beiden wohl, auch auf Grund technischer Einschränkungen der verwendeten Mikroskope, nicht alle Teilnehmer überzeugten war das Ergebnis des Pfefferaufgusses, das bei der dritten Demonstration vorgeführt wurde, anscheinend eindeutig. Die „kleinen Tiere“ bewegten sich auf unterschiedlichste Art, so dass es Tiere sein mussten, Irrtum ausgeschlossen. Leeuwenhoeks Entdeckung wurde nicht mehr angezweifelt. Die Neuigkeit der Enteckung verbreitete sich schnell. Wie Hooke in einem Brief an Leeuwenhoek vom 18. April 1678 berichtete ließ sich selbst König Charles II. von England die Entdeckung vorführen und war über die Beobachtung „sehr erfreut“.[70]

Bakterien im Zahnbelag

Bakterien aus dem Zahnbelag. A, Bacillus. B,C,D, Selenomonas sputigena mit Bewegungsspur. E, Micrococci. F, Leptothrix buccalis (auch: Leptotrichia buccalis[71]). G, ein Spirochaet, vermutlich Spirochaeta buccalis. Zuordnung der Arten nach Dobell, 1932.[72]

Am 12. September 1683 verfasste Leeuwenhoek einen Brief, in dem er Bakterien aus dem Zahnbelag beschreibt. Dieser wurde 1695 auch in seiner Briefsammlung "Arcana naturae detecta" veröffentlicht. Dazu gehört die gezeigte Abbildung mit den fig. A bis fig. G, die zeigt, dass es tatsächlich um Bakterien geht. Diese fand er, wenn er Zahnbelag entweder mit Regenwasser oder mit Speichel vermischte, nicht aber in reinem Speichel.[73]

In diesem Brief schreibt er weiterhin:[74]

„Ferner habe ich in meinen Mund starken Weinessig genommen, die Zähne auf einander gehalten und den Essig vielmals hindurch laufen lassen; darauf spülte ich meinen Mund wieder dreimal mit reinem Wasser aus, entnahm von der Materie zwischen Schneide- und Backzähnen, vermischte dieselbe sowohl mit Speichel als mit reinem Regenwasser und fand darin zwar fast überall ein unbegreifliche Anzahl lebender Thierchen, am meisten aber in der Materie zwischen den Backzähnen, allerdings nur wenige von der Form der Fig. A. Ich habe auch etwas Essig direkt in das Gemenge von Wasser und Speichel (mit der Materie) gebracht, wovon die Thierchen sofort abstarben. Hieraus schliesse ich, dass der Essig, als ich ihn im Munde hatte, nicht durch die ganze, fest an den Schneide- und Backzähnen sitzende Materie durchdrungen ist, sondern diejenigen Thierchen getodtet hat, die in der Äussersten Schicht der weissen Materie vorhanden waren.“

Antoni van Leeuwenhoek, 1683, Übersetzung von Julius Richard Petri, 1896.[3]

Leeuwenhoek beobachtet hier vermutlich als Erster die schützende Wirkung eines Biofilms für die darin lebenden Mikroorganismen.

In einem späteren Brief beschrieb er 1692 ebenfalls Bakterien aus dem Zahnbelag und bestimmte auch deren Größe.[73][75]

Weitere Beobachtungen von Mikroorganismen

In einem Brief vom 7. März 1692 an die Royal Society berichtet Leeuwenhoek über Tierchen, die „kopulierten“. Sehr wahrscheinlich sah er die Konjugation und Teilung von Ciliaten.[76] In einem Brief an den Kurfürsten von der Pfalz vom 9. November 1695 beschreibt er das aufeinander treffen zweier Tierchen, die sich offenbar zur Konjugation verbinden. Im gleichen Brief spekuliert er auch, dass kleinere Tierchen (also Bakterien) den größeren (etwa Ciliaten) als Nahrung dienen könnten.[77] Und er beschreibt, dass das Fleisch toter junger Teichmuscheln verschwand, während sich die Zahl der Mikroorganismen stark vermehrte. Er schloss daraus, dass diese sich von den Teichmuscheln ernährten.[78]

Neben freilebenden Mikroorganismen fand Leeuwenhoek auch solche, die im Körper von Tier und Mensch lebten. In einem Brief von 1674, der erst im 20. Jahrhundert erstmals veröffentlicht wurde, beschrieb er eiförmige Teilchen in der Galle eines alten Kaninchens, sehr wahrscheinlich Oocysten von Eimeria stiediae, dem Erreger der Kokzidiose der Kaninchen, ohne dass er jedoch die Funktion der Oocyste erkannte.[79] 1680 (veröffentlicht 1695) entdeckte er Mikroorganismen im Darm einer Pferdebremse, vermutlich Flagellaten.[80]

In einem Brief vom 4. November 1681 schreibt er an Robert Hooke, dass er Durchfall gehabt habe, und seine Ausscheidungen untersucht habe. Darin fand er Mikroorganismen, aus deren Beschreibung hervorgeht, dass es sich um Giardia intestinalis handelte, den Erreger der Giardiasis, einer mit Durchfall verbundenen Erkrankung. Einige Organismen erwähnt der Brief ohne genauere Beschreibung, aus einer weiteren lässt sich jedoch auf Spirochäten schließen, meist harmlose Darmbewohner. Leeuwenhoek untersuchte auch seine normalen Exkremente, also wenn er nicht krank war. Dann konnte er keine Mikroorganismen finden, sondern nur wenn die Exkremente „lockerer“ waren als normal. Er stellt jedoch weder hier noch sonst in seinen Schriften eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Mikroorganismen und Krankheit her.[81]

1683 beschrieb er mehrere Experimente an Fröschen, die ihm zeigten, dass verschiedene Mikroorganismen zahlreich in deren Darminhalt leben, nicht aber im Blut. Von zweien fertigte er Zeichnungen an, auf denen sich Opalina dimidiata (siehe Opalinea) und das Wimperntierchen Nyctotherus cordiformis identifizieren lassen.[82]

1, Wasserlinse von oben. 2, seitlich, darüber (7) einzelnes Blatt. 3, Abschnitt einer Wurzel mit: KL, Diatomeen und Monaden. IST, Carchesium polypinum. NVW, solitäre Glockentierchen. RXY, XZY röhrenbildende Rädertierchen, vermutlich Limnias ceratophylli. Pdef, ogh röhrenbildende Ciliaten. Fig. 4, Hydra. Entgegen den Angaben von Leeuwenhoek hat der Zeichner 9 statt 8 Tentakel eingezeichnet. BH, Tochterpolyp. GI, Knospe. 5, Tentackel-Abschnitt. 6, ausgestreckter Tentakel. Artzuordnung nach Dobell[83]

Am 2. Januar 1700 gibt Leeuwenhoek in einem Brief die älteste Beschreibung der Grünalge Volvox. Auf der beigefügten Zeichnung ist Volvox ohne Zweifel identifizierbar. Er beschreibt die Fortbewegung und auch die Reproduktion durch Tochterkugeln, die in der Mutterkugel heranwachsen. Über mehrere Tage hinweg beobachtete er einzelne Mutterkolonien, in denen die Tochterkolonien heran wuchsen, bis die Mutterkugel schließlich platzte. In den Tochterkolonien beobachte er wiederum Tochterkolonien. Er betonte, dass die Töchter seiner Beobachtung nach also nicht durch Spontanzeugung entstehen, sondern gebildet werden wie alle Pflanzen und Samen. Das Beispiel Volvox wurde von Anhängern der Präformationslehre herangezogen, um ihre Ansichten zu bestärken. Leeuwenhoek schrieb zwar, das viele Leute die Kugeln auf Grund der Fortbewegung als Tierchen bezeichnen würden, bezeichnet sie selber aber als „deeltjens“, also als Teilchen. In einer Proben mit Volvox und vielen kleinen Tieren wie Mückenlarven und Krebschen beobachtete er, dass Volvox nach einigen Tagen verschwand. Daher spekulierte er, das erstere den letzteren als Nahrung dienen.[84]

Im gleichen Brief ist auch ein Bild einer Foraminiferen-Schale, die er in einem Krabbenmagen gefunden hatte. Eine frühere Beschreibung einer Foraminiferen-Schale wurde von Robert Hooke 1665 angefertigt.[84]

Am 9. Februar 1702 beschrieb er Mikroorganismen aus einer Wasserrinne, die sich anhand seiner Angaben als Haematococcus pluvialis, Chlamydomonas und Coleps identifizieren lassen. Im gleichen Brief beschrieb er Rädertierchen, dass diese Haematococcus fressen, und dass sie ausgetrocknet und danach wieder ins Leben zurück kehren können. Wenn er getrocknete Ablagerungen aus der Wasserrinne fünf Monate trocken lagerte und dann mit Wasser versetzte, konnte er nach einigen Stunden lebende Mikroorganismen entdecken. Aus solchen Beobachtungen schließt er, dass Mikroorganismen durch den Wind in neue Lebensräume verbreitet werden können. Auch dies sieht er als Argument gegen Spontanzeugung.[85]

Am 25. Dezember 1702 schrieb Leeuwenhoek einen Brief an die Royal Society, in dem er Untersuchungen an Wasserlinsen beschrieb, oder genauer die „Tierchen“, die er auf den Wurzeln der Wasserlinsen fand. Durch seine Beschreibung und eine beigefügte Abbildung lassen sich wieder mehrere Organismen identifizieren. Dazu gehörten Glockentierchen der Gattung Vorticella sowie Carchesium polypinum, Diatomeen, Rädertierchen (vermutlich Limnias ceratophyli) und ein röhrenbauender Ciliat, vermutlich Cothurnia cristallina. Schließlich erfolgt die erste Beschreibung des Süßwasserpolypen Hydra. Leeuwenhoek beobachtete über zwei Tage hinweg auch die Sprossung junger Polypen aus einem älteren und damit die erste solche asexuelle Reproduktion bei Tieren überhaupt. Auch Polypenläuse der Gattungen Trichodina und Kerona konnte er beobachten.[86]

Gut zwei Monate später schrieb Leeuwenhoek erneut an die Royal Societey, diesmal über den koloniebildenden Flagelaten Anthopysa vegetans, eine Goldalge die sich von Bakterien ernährt[87] und baumartige Strukturen bildet. Auch diese Beschreibung wurde von einer Abbildung begleitet.[88]

Blut und Blutkreislauf

Rote Blutkörperchen vom Lachs, mit "Lumen" (Zellkernen)
Blutkapillargefäße

William Harvey veröffentlichte 1628 sein berühmtes Buch „de Motu Cordis“, in dem er darlegte, dass das Blut im Körper in einem Kreislauf floss, entgegen Jahrhunderte alten früheren Vorstellungen. Er konnte jedoch die Kapillaren, die Verbindung zwischen Arterien und Venen nicht finden, da er nicht mikroskopisch arbeitete. Dies gelang Marcello Malpighi 1661 in der Lunge und später auch in der Niere. Auch rote Blutkörperchen beobachtete er, die er für die rote Farbe des Blutes verantwortlich machte, und unterschied sie vom Blutserum. Jan Swammerdam sah die roten Blutkörperchen bereits 1658 im Froschblut.[11][89]

Im Brief von de Graaf, in dem er Leeuwenhoek der Royal Society vorstellte, schlug er vor diese möge Leeuwenhoek einige schwierige Aufgaben stellen. Einige von Leeuwenhoeks Entdeckungen gingen denn auch auf Vorschläge zurück, die ihm Mitglieder der Gesellschaft machten. Der Sekretär der Gesellschaft Oldenburg schlug Leeuwenhoek in seiner Einladung mehr Berichte nach London zu schicken vor, Blut und andere Körperflüssigkeiten zu untersuchen. Im zweiten Brief, den dieser an die Gesellschaft schickte, beschrieb er Beobachtungen an einer Laus, die aus seiner Hand Blut gesaugt hatte.[90]

1674 schrieb Leeuwenhoek eine Brief an Constantin Huygens, in dem auch er rote Blutkörperchen beschrieb, die er in Blut aus seinem Daumen entdeckte. Die folgenden Jahre beschäftigte er sich mehrfach mit dem Thema, untersuchte auch das Blut von Hasen. Er bestimmte 1678 die Größe der roten Blutkörperchen mit ‚weniger als einem Dreitausendstel eines Zolls‘, umgerechnet ‚weniger als 8,5 Mikrometer‘, und lag damit ziemlich genau an der heutigen Erkenntnis einer durchschnittlichen Größe von etwa 7,5 Mikrometern. Alle frühen Beobachter beschrieben sie als rund, nicht als die bikonkaven Scheiben, die sie tatsächlich sind. Außer Leeuwenhoek auch Swammerdam, der niederländische Mikrosokop-Hersteller Musschenbroek und auch die Beobachter der Royal Society.[91]

Ebenfalls 1674 zeigte Leeuwenhoek, dass rote Blutkörperchen schwerer sind als Plasma.[3]

Besuchern zeigte Leeuwenhoek gerne, was er für das aufregendste Schauspiel seiner Arbeit hielt, den Blutfluss in den Kapillaren im Schwanz einer Kaulquappe oder eines jungen Aals. Er beobachtete, dass diese Blutgefäße so eng sind, das immer nur ein Blutkörperchen hindurch fließt. Er stellte fest, dass diese Durchblutung mit dem Herzschlag synchronisiert ist und verstand dadurch, dass es sich bei den Kapillaren um das fehlende Glied zwischen Arterien und Venen handelte.[92]

Die Entdeckung der Spermatozoen und die Präformationslehre

Spermatozoen von Kanninchen (Fig. 1–4) und Hund (Fig. 5–6), Zeichnung von 1677.

Im November 1677 schickte Leeuwenhoek einen Brief an Lord William Brouncker, den Präsidenten der Royal Society, in dem er die Entdeckung von Tierchen in der Samenflüssigkeit bekannt gab, heute Spermatozoen oder Spermien genannt.[93]

Er berichtete, dass ihm der Leidener Medizinstudent Johan Ham ein Glasröhrchen mit dem Harnröhrenausfluss eines Gonorrhoe-Kranken gebracht habe. Ham hatte darin ‚lebende Tierchen‘ gesehen, von denen er dachte, dass sie durch die Fäulnis der Samenflüssigkeit auf Grund der Krankheit entstanden waren. Leeuwenhoek berichtete weiter, dass er schon vor einigen Jahren auf Vorschlag von Oldenburg Samenflüssigkeit untersucht habe und darin Kügelchen gesehen habe. Er habe die Untersuchung aber damals eingestellt, weil er sie unziemlich fand. Nach Hams Besuch habe er seine Untersuchung aber wieder aufgenommen, um die Samenflüssigkeit auch eines gesunden Mannes zu beobachten.[93]

Gedanken um Anstand oder um seinen Ruf beschäftigten Leeuwenhoek ganz offensichtlich: Im Gegensatz zu anderen Briefen ließ er diesen auf Latein übersetzen, bevor er ihn verschickte. Auch bat er Brouncker, den Brief nicht zu veröffentlichen, falls die Mitglieder der Royal Society die Ergebnisse für anstößig halten sollten. Ferner versicherte er, dass die Samenflüssigkeit des Gesunden von ihm selbst stamme, als Überrest eines ehelichen Beischlafs, und ohne etwa sich selbst sündig zu schänden.[93]

Im Gegensatz zu Ham begriff Leeuwenhoek, dass die Spermatozoen nicht etwa durch krankheitsbedingten Verfall der Samenflüssigkeit entstanden, sondern ein normaler Bestandteil waren. Er beobachtete, dass sie sich durch Bewegung ihres Schwanzes vorwärts bewegten, wie eine Schlange oder ein Aal schwimmend. Um zu verstehen, wo die Spermatozoen herkamen, untersuchte er in den nächsten Jahren Samenflüssigkeit und männliche Sexualorgane zahlreicher Tiere, darunter Hasen, Ratten, Hunden, Kabeljau, Hechten, Brassen, Miesmuscheln, Austern, Hähnen, Fröschen, Maikäfern, Schaben, Kleinlibellen, Grashüppfern, Flöhen, Milben und Mücken. Bei Säugern fand er Spermatozoen immer im Samenleiter und in den Hoden. Er schloss richtigerweise, dass Hoden die Aufgabe der Spermatozoenbildung haben.[93]

Leeuwenhoeks Befund von Spermatozoen in zahlreichen Insekten waren ein gewichtiges Argument gegen die Annahme der Spontanzeugung, wo doch selbst niederste Insekten sich ähnlich fortpflanzten wie höhere Tiere. Er war überzeugt, dass so wie es für ein steiniges Gebirge unmöglich ist ein Pferd zu erzeugen, es genauso unmöglich für eine Fliege oder irgend ein anderes sich bewegendes Tier ist, aus zerfallenden Stoffen erzeugt zu werden.[93]

Die Entdeckung der Spermatozoen krempelte auch die Ansichten über die biologische Entwicklung von Lebewesen um. Bisher waren bei Mensch und Tier nur die Eier bekannt gewesen. Die meisten Forscher glaubten daher wie Harvey oder de Graaf, dass Eier, vielleicht durch Samen 'ernährt', die Quelle des Embryos waren. Diese Anschauung wird als Ovismus bezeichnet. Nun wurde gesehen, dass Spermatozoen eine wesentliche Rolle spielen, denn sie und nicht die Eier konnten sich bewegen und verhielten sich wie lebende Tiere. In seinem zweiten Brief über Spermatozoen-Beobachtungen an die Royal Society schrieb Leeuwenhoek im März 1678: „Es ist ausschließlich der männliche Samen, der den Fetus formt und alles was die Frau beitragen mag dient nur dazu den Samen zu empfangen und zu füttern.“ Später schrieb er: „Der Mensch kommt nicht vom Ei, sondern von einem Tierchen, das sich im männlichen Samen findet.“ Diese Ausprägung der Präformationslehre wird als Animalkulismus bezeichnet. Leeuwenhoek nahm an, dass der ganze Mensch auf eine Weise schon im Spermatozoon vorhanden sei und er verbrachte Tage mit dem Versuch, die Umrisse des ‚kleinen Menschen‘ oder ‚Homunculus‘ mikroskopisch zu entdecken.[93]

Als jedoch 1699 eine französische Zeitschrift einen Artikel unter dem Pseudonym Dalenpatius veröffentlichte, in dem behauptet wurde in Spermatozoen sei ein kompletter kleiner Mensch zu sehen, und sogar angebliche mikroskopische Zeichnungen beigefügt wurden, schrieb Leeuwenhoek einen langen Brief an die Royal Society, in dem er solche angeblichen Beobachtungen als „reine Einbildung und nicht die Wahrheit“ verspottete. Trotz seiner zahlreichen Beobachtungen habe er so etwas nie gesehen. Auch wenn er sich manchmal vorstelle hier sei der Kopf, da die Schultern, dort die Hüften, seien seine Beobachtungen hierzu doch so unsicher, dass er dies nicht bestätigen könne. Nicolas Hartsoeker war weniger zurückhaltend und veröffentlichte 1694 das berühmt gewordene Bild eines Homunculus im Spermatozoon. Die Debatte über die Präformationslehre wurde erst 1759 entschieden, als Caspar Friedrich Wolff beschrieb, das der Embryo aus Ei und Spermatozoe entsteht.[93]

Beobachtungen zu anderen Themenbereichen

Schnitt durch einjähriges Eschenholz.
Die Entwicklung des Flohs vom Ei zum ausgewachsenen Tier, 1695

1674 beschrieb Leeuwenhoek seine Untersuchungen am Auge und Sehnerv von Kühen. Sein Nachbar, der Arzt 's Gravesande hatte ihn über eine alte Streitfrage informiert, wonach der Sehnerv angeblich hohl sein sollte, damit die Lebensgeister hindurch fließen könnten. Leeuwenhoek konnte jedoch keinen Hohlraum finden. Er beschrieb einen Aufbau aus filamentösen Teilen aus einer sehr weichen Substanz. Seinem Brief an die Royal Society legte er Schnittpräparate von 200 Mikrometern Dicke bei, die er aus getrocknetem Gewebe mit einem Rasiermesser angefertigt hatte. Diese werden noch immer von der Royal Society aufbewahrt.[94]

In 10 Briefen allein bis 1700 an die Royal Society behandelt er (unter anderem) den Sehnerv. Er untersuchte ihn in Pferden, Kabeljau, Fliegen, Krabben, Schafen, Schweinen, Hunden, Katzen, Hasen, Kaninchen und Vögeln.[95] Noch 1713, im Alter von 81 Jahren, überredete Leeuwenhoek den Kapitän eines Walfängerschiffes, ihm ein Walauge mit zu bringen. Den Penis eines Wales erhielt er ebenfalls. er fertigte Schnitte der Hornhaut des Auges an um die Anzahl der Schichten zu bestimmen und entdeckte dabei die Sklera, die Lederhaut.[96]

1676 untersuchte Leeuwenhoek das Essigälchen Anguillula aceti. Der etwa zwei Millimeter lange Nematode war bekannt, er ist mit bloßem Auge sichtbar. Als er einige der größeren auseinander riss, stellte er fest, dass dadurch kleine Älchen freigesetzt wurden. Dies scheint die erste Beobachtung der Lebendgeburt bei Anguillula zu sein, und Leeuwenhoeks erste Beobachtung zum Thema Fortpflanzung.[97]

1682 entdeckte er die Querstreifung der Muskulatur.[96] Zur besseren Darstellung der gestreiften Muskulatur bei Kühen setzte er 1714 eine Färbelösung von kräftig gelbem Safran in Branntwein ein und führte damit die erste bekannte histologische Färbung durch. Diese Methode fand jedoch keine Nachamer.[98][99]

In den 1680er und 1690er Jahren führte er zahlreiche Mikrodissektionen von Insekten durch, studierte Mund und Stachel der Bienen und entdeckte, dass sich Blattläuse durch Parthenogenese vermehren können.[96] Zu seinen ersten Versuchstieren gehörten 1680 Flöhe und die Mehlmilbe Acarus (auch: Aleurobius). 1683 und 1693 gelang es ihm unter anderem die Tracheen des Flohs zu präparieren.[100] Ebenfalls 1693 beschrieb er die Entwicklung des Flohs mit Abbildungen und argumentiert gegen Spontanzeugung.[3]

1684 entdeckte er die nadelförmigen Harnstoff-Kristalle, die sich im Gewebe von Gicht-Patienten bilden und nahm richtig an, dass es diese Nadelform sei, die den Patienten die Schmerzen verursachen.[96]

Rezeption

Schon zu Lebzeiten wurde Leeuwenhoek als wichtigster Mikroskopiker seiner Zeit angesehen. Robert Hooke, einer der wenigen anderen zeitgenössischen ernsthaft mikroskopisch arbeitenden Wissenschaftler, schrieb dass das Mikroskop fast außer Anwendung gekommen sei, und dass Leeuwenhoek die wesentliche Person sei, die es noch nutze. Das läge nicht am Mangel an Dingen, die zu entdecken seien, sondern am Mangel an wissbegierigem Geist.[39]

Auch in modernen Zeiten wird er noch als berühmtester Anwender des einfachen Mikrsokops bezeichnet, ferner als Vater oder Gründer der Protozoologie und Bakteriologie.[39][101]

Leeuwenhoek stellte in seinen Schriften nirgendwo eine Verbindung von Mikroorganismen und Krankheit her. Diese zogen aber sehr bald andere. Schon 1683 schrieb Frederick Slare (1648?–1727), Arzt und Mitglied der Royal Society, über den Ausbruch einer tödlichen Rinderkrankheit in der Schweiz: „Ich wünschte Herr Leeuwenhoek wäre bei der Obduktion dieser infizierten Tiere dabei gewesen. Ich bin überzeugt, er hätte das ein oder andere merkwürdige Insekt gefunden.“ Als Insekten wurden im damaligen Englisch alle kleinen Tiere bezeichnet.[102]

Die Vorstellung von Mikroorganismen als Krankheitserreger konnte sich in der Medizin jedoch lange nicht durchsetzen, diese ging weiter von Miasmen als Krankheitsursachen aus.[73]

Ehrungen

Werke

Bücher Von den über 300 Briefen, die Leeuwenhoek an die Royal Society und andere Gelehrte schrieb, wählte er 38 aus, um sie in Buchform zu veröffentlichen. Die Arcana naturae detecta (enthüllte Geheimnisse der Natur) erschien 1695 als Leeuwenhoeck 63 Jahre alt war. Eine Fortsetzung erschien 1722 als Continuatio Arcanorum Naturae Detectorum. Schon vorher, 1718, erschien Send-Brieven zoo aan de hoog edele Heeren van de Koninkylyke Societeit te London, als aan andere aansienelyke en geleerde Lieden, over verscheyde Verborgentheden der Natuure….[29]

Zwischen 1719 und 1730 erschienen Leeuwenhoeks gesammelte Werke in Leyden unter dem Titel „Antoni van Leeuwenhoek Opera Omni seu Arcana Naturae ope exactissimorum Microscopiorum detecta, experimentis variis comprobata, Epistolis as varios ilustres viros ut et Ad integram, quae Londini floret, sapientem Societatem, cujus Membrum est, datis. Comprehensa, & Quatuor Tomis distincta“ (Gesammelte Werke oder Geheimnisse der Natur, entdeckt mit den genauesten Mikroskopen, durch verschiedene Experimente bewiesen, mit den Briefen an verschiedene hervorragende Männer, sowie an die unbescholtene, weise Gesellschaft, die in London blüht, deren Mitglied er ist, zusammengefasst und auf vier Bände verteilt.)[29]

Auswahl einiger Briefe

  • M. Leewenhoeck, Regnerus de Graaf: A Specimen of Some Observations Made by a Microscope, Contrived by M. Leewenhoeck in Holland, Lately Communicated by Dr. Regnerus de Graaf. In: Phil. Trans. Band 8, 1673, S. 6037–6038; doi:10.1098/rstl.1673.0017 (Volltext)
  • Antony van Leewenhoeck: Observations, Communicated to the Publisher by Mr. Antony van Leewenhoeck, in a Dutch Letter of the 9th of Octob. 1676. Here English’d: concerning Little Animals by Him Observed in Rain-Well-Sea. and Snow Water; as Also in Water Wherein Pepper Had Lain Infused. In: Phil. Trans. Band 12, 1677, S. 821–831; doi:10.1098/rstl.1677.0003 (Volltext)
  • Mr. Leewenhoeck: Mr. Leewenhoecks Letter Written to the Publisher from Delff the 14th of May 1677, Concerning the Observations by him Made of the Carneous Fibres of a Muscle, and the Cortical and Medullar Part of the Brain; as Also of Moxa and Cotton. In: Phil. Trans. Band 12, 1677, S. 899–895; doi:10.1098/rstl.1677.0027 (Volltext)
  • Doctor Anthonius Lewenhoeck: Observationes D. Anthonii Lewenhoeck, De Natis E Semine Genitali Animalculis. In: Phil. Trans. Band 12, 1677, S. 1040–1046; doi:10.1098/rstl.1677.0068 (Volltext)

Literatur

  • Clifford Dobell: Antony van Leeuwenhoek and his „little animals“. Dover Publications, New York, N.Y. 1960, ISBN 0-486-60594-9 (archive.org – Erstausgabe: John Bale, Sons & Danielsson, 1932, ungekürzter, korrigierter Nachdruck).
  • Robert D. Huerta: Giants of Delft: Johannes Vermeer and the natural philosophers; the parallel search for knowledge during the age of discovery. Bucknell University Press, Lewisburg, Pa., U.S.A. 2003, ISBN 0-8387-5538-0.
  • Klaus Meyer: Geheimnisse des Antoni van Leeuwenhoek. Pabst Science Publishers, Lengerich 1998, ISBN 3-931660-89-3.
  • Laura J. Snyder: Eye of the Beholder. Johannes Vermeer, Antoni van Leeuwenhoek, and the Reinvention of Seeing. Head of Zeus Ltd., London 2015, ISBN 978-1-78497-024-6.
Commons: Anton van Leeuwenhoek – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dobell, S. 362.
  2. a b Dobell, S. 301–303
  3. a b c d Julius Richard Petri: Das Mikroskop. Von seinen Anfängen bis zur jetzigen Vervollkommnung für alle Freunde dieses Instruments. Verlag von Richard Schoetz, Berlin 1896, S. 18–38 (Digitalisat, Download (PDF)).
  4. Dieter Gerlach: Geschichte der Mikroskopie. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-8171-1781-9.
  5. Dobell, 1932
  6. Snyder, 2015
  7. Alma Smith Payne: The Cleere Observer. A Biography of Antoni van Leeuwenhoek. Macmillan and Co LTD, London and Basinstoke 1970.
  8. Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4.
  9. a b c d e Klaus Meyer: Das Utrechter Leeuwenhoek-Mikroskop. In: Mikrokosmos. Band 88, 1999, S. 43–48.
  10. Domenico Bertolini Meli: Mechanism, Experiment, Disease. Marcello Malpighi and Seventeenth-Century Anatomy. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 2011, ISBN 978-0-8018-9904-1.
  11. a b J. Martins e Silva: From the discovery of the circulation of the blood to the first steps in hemorheology: part 2. In: Revista Portuguesa De Cardiologia: Orgao Oficial Da Sociedade Portuguesa De Cardiologia = Portuguese Journal of Cardiology: An Official Journal of the Portuguese Society of Cardiology. Band 28, Nr. 12, 2009, ISSN 0870-2551, S. 1405–1439, PMID 20301987.
  12. Snyder, S. 18
  13. a b c Dobell, S. 19–24
  14. Dobell, S. 305–307
  15. a b Snyder, S. 49–50
  16. a b c d Dobell, S. 27–37
  17. Snyder, S. 112–113
  18. Snyder, S. 11–12 und S. 268–271
  19. a b Dobell, S. 37–44
  20. Snyder, S. 209–210
  21. a b Dobell, S. 47–50
  22. Dobell, S. 52
  23. Dobell, S. 317
  24. Snyder, S. 291
  25. Snyder, S. 317
  26. a b Dobell, S. 54–60
  27. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe L. Académie des sciences, abgerufen am 11. Januar 2020 (französisch).
  28. Dobell, S. 53–54
  29. a b c d e f g h Dieter Gerlach: Geschichte der Mikroskopie. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-8171-1781-9, S. 87–94.
  30. Zacharias Conrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände). Dritter Theil. Auf Kosten der Gaumischen Handlung, Ulm 1754, S. 360, doi:10.3931/e-rara-55535.
  31. Dobell, S. 346–347
  32. Dobell, S. 354–355
  33. a b Snyder, S. 160
  34. Dobell, S. 353–354
  35. Robert Hooke: Lectures and collections: Cometa, Microscopium. J. Martyn, London 1678, S. 96–97 (online bei Lens on Leeuwenhoek Google Books).
  36. a b c d e Wolfgang Gloede: Zur Entwicklungsgeschichte des Mikroskops bis um 1900. In: Ernst-Abbe-Stftung (Hrsg.): Schatzkammer der Optik. Die Sammlungen des Optischen Museums Jena. Jena 2013, ISBN 978-3-9811120-3-0, S. 102–103.
  37. Dobell, S. 328–329
  38. a b c d e f g h i j k l m n Lesley A. Robertson: van Leeuwenhoek microscopes–where are they now? In: FEMS Microbiology Letters. Band 362, 2015, S. fnv056, doi:10.1093/femsle/fnv056.
  39. a b c d e f g S. Bradbury: The Evolution of the Microscope. Pergamon Press, Oxford 1967, ISBN 978-1-4831-3190-0, S. 73–82 (Second impression 1968).
  40. Zacharias Conrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände). Dritter Theil. Auf Kosten der Gaumischen Handlung, Ulm 1754, S. 353, doi:10.3931/e-rara-55535.
  41. Dobell, S. 169. Zitiert aus Brief 19 vom 23. März 1677
  42. a b Zacharias Conrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände). Dritter Theil. Auf Kosten der Gaumischen Handlung, Ulm 1754, S. 354–356, doi:10.3931/e-rara-55535.
  43. Dobell, S. 333
  44. Zacharias Conrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände). Dritter Theil. Auf Kosten der Gaumischen Handlung, Ulm 1754, S. 351 gegenüber, doi:10.3931/e-rara-55535.
  45. Zacharias Conrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände). Dritter Theil. Auf Kosten der Gaumischen Handlung, Ulm 1754, S. 351–353, doi:10.3931/e-rara-55535.
  46. Snyder, S. 55
  47. Snyder, S. 103
  48. a b c Zacharias Conrad von Uffenbach: Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und Engelland (3 Bände). Dritter Theil. Auf Kosten der Gaumischen Handlung, Ulm 1754, S. 358–359, doi:10.3931/e-rara-55535.
  49. P. H. van Cittert: Descriptive catalogue of the collection of microscopes in charge of the Utrecht University Museum with an introductory historical survey of the resolving power of the microscope. Nordhoff, Groningen 1934. Zitiert nach Meyer, 1999, Mikrokosmos 88:43
  50. Snyder, S 165
  51. Lesley A. Robertson: And then there were 12—distinguishing Van Leeuwenhoek microscopes from old or new copies. In: FEMS Microbiology Letters. Band 362, Nr. 14, 2015, S. fnv113, doi:10.1093/femsle/fnv113.
  52. Dobell, S. 313 und S. 331
  53. a b Klaus Meyer: Auf der Suche nach Leeuwenhoeks Arbeitsmikroskop. In: Mikrokosmos. Band 88, Nr. 4, 1999, S. 197–202 (online [PDF]).
  54. Dobell, S. 331
  55. Snyder, S. 295–296
  56. Lodewijk C. Palm: The Edition of Leeuwenhoek's Letters: Changing Demands, Changing Policies. In: Text. Band 17, 2005, S. 265–276, JSTOR:30227826.
  57. a b c d Dobell, S. 109 – 112
  58. Heinz Streble, Dieter Krauter: Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch. 10. Auflage. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-440-10807-9, S. 154.
  59. Dobell, Tafel XXV bei S. 240; S. 251
  60. Dobell, S. 129
  61. Tafel XXIX, bei S. 285
  62. Klaus Meyer: Die Geburt der Mikroskope. In: Kultur&Technik. Nr. 1/2000, 2000, S. 52–55.
  63. Dobell, S. 263
  64. Phil. Trans. (1677) Banf XII, Nr. 133, S. 821–831. Angabe nach Dobel, S. 113.
  65. a b c d Dobell, S. 112–130.
  66. a b c Dobell, S. 131–144.
  67. Snyder, S. 237.
  68. Dobell, S. 152.
  69. Dobell, S. 172–176
  70. Dobell, S. 183–186
  71. Natalia Ivanova et al.: Complete genome sequence of Leptotrichia buccalis type strain (C-1013-bT). In: Stand in Genomic Sci. Band 1, 2009, S. 126–132, doi:10.4056/sigs.1854.
  72. Dobell, Tafel XXIV bei S. 239 und S. 245–246
  73. a b c Dieter Gerlach: Geschichte der Mikroskopie. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-8171-1781-9, S. 569–571.
  74. Dobell, S. 242.
  75. Dobell, S. 247 ff
  76. Dobell, S. 205–206
  77. Dobell, S. 212–213
  78. Dobell, S. 207–210
  79. Dobell, S. 217–220
  80. Dobell, S. 221
  81. Dobell, S. 222–226 u. S. 230
  82. Dobell, 230–233.
  83. Dobell, S. 277–283
  84. a b Dobell, S. 256–263.
  85. Dobell, S. 263–270.
  86. 275–282
  87. Heinz Streble, Dieter Krauter: Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch. 10. Auflage. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-440-10807-4, S. 134.
  88. Dobell, S. 285.
  89. Heinz-Peter Schmiedebach: Malpighi, Marcello. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 887 f.
  90. Snyder, S. 246.
  91. Snyder, S. 249–250 und 317.
  92. Snyder, S. 292–293.
  93. a b c d e f g Snyder, S 277–281.
  94. Snyder, S. 250–251.
  95. Snyder, S. 309.
  96. a b c d Snyder, S. 293
  97. Snyder, S. 258–259.
  98. Snyder, S. 299.
  99. Dieter Gerlach: Geschichte der Mikroskopie. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-8171-1781-9, S. 320.
  100. Snyder, S. 313.
  101. Dobell, S. 362.
  102. Dobell, S. 230.
  103. Dobell, S. 79–80.
  104. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin Berlin 2018 (bgbm.org).