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„Spitzname“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt den Ersatznamen. Zum Film siehe [[Der Spitzname]].}}
Ein '''Spitzname''' (im [[17. Jahrhundert]] ''spitz'' = verletzend), auch ''Übername, Abname, Utzname, Uzname, Ulkname, Neckname, Scheltname'' oder ''[[Spott]]name'', ist ein kurzer Ersatzname für den realen [[Name]]n einer Person oder Sache. Er ist von einem [[Pseudonym]] zu unterscheiden, gleichwohl kann es zwischen beiden Begriffen zu Überschneidungen kommen.
Ein '''Spitzname''' (im 17.&nbsp;Jahrhundert ''spitz'' ‚verletzend‘), auch ''[[Übername]]'', ''Abname'', ''Utzname'', ''Uzname'', ''Ulkname'', ''Neckname'', ''[[Nickname]]'', ''Ökelname'', ''Scheltname'', ''Sobriket''/''Sobriquet'' oder ''Spottname'' genannt, ist ein Ersatzname für den realen Namen einer Person oder Sache. Dieser [[Beiname]] kann auch eine Besonderheit, Bekanntheit oder Unvollkommenheit andeuten. In der Regel übertrifft er den eigentlichen Namen an Witz.<ref>{{Pierer-1857 |Lemma=Spitzname |Band=16 |Seite=577 |zenoID=20010978682}}</ref>


== Entstehung eines Spitznamens ==
Über die Ableitung vom Spottnamen ist ein Spitzname ursprünglich mit einer negativen Assoziation besetzt, ist jedoch zunehmend neutral im Sinne eines [[Nickname]]ns. Im familiären Umfeld können spitze Beinamen auch eine positive Wirkung haben und sind dann einem [[Kosename]]n ähnlich bzw. gleichgestellt.
Spitznamen werden häufig nach äußeren Merkmalen, dem Verhalten, dem Beruf, der Funktion oder nach Bezeichnungen, die zufällig entstehen und Anklang finden, gebildet. Daneben kann ein Spitzname auch als [[Verballhornung]] oder [[Alliteration]] des Namens, der Rolle oder anderer Eigenschaften gebildet werden.<!-- Beleg sind die Beispiele unten -->


== Wesentliche Züge, Abgrenzungen, Spielarten ==
==Motivation==
Während der reale oder normale Name qua Taufe, amtlicher Verfügung (Eltern) oder kulturgeschichtlicher Überlieferung entsteht, kommt der Spitzname mit guten oder bösen Absichten durch andere Personen, Medien oder zuweilen von der betroffenen Person selbst zustande. Dabei hat der Spitzname keinen offiziellen Charakter. So ist er in einem persönlichen Umfeld oft nur auf die Gruppenzugehörigkeit beschränkt (Club, Verein, Schule, Firma) und außerhalb der Gruppe nicht geläufig, während es Spitznamen von Personen des öffentlichen Lebens zur überregionalen oder gar weltweiten Bekanntheit bringen können.


Soweit der Spitzname Personen betrifft, sind die Grenzen zu [[Pseudonym]]en und [[Künstlername]]n fließend. Im Gegensatz zu diesen ist der Spitzname selten selbst gewählt, manchmal gar dem Namensträger nicht bekannt, wie oft bei Lehrern.
Ein Spitzname wird nicht von der namenstragenden Person bzw. der Person/Gruppe mit Namensrecht (bei Gegenständen) selbst vergeben, sondern entsteht durch Außenstehende.


Der Spitzname kann sowohl negativen Charakter haben und den Spottnamen oder den [[Schimpfname]]n widerspiegeln als auch im positiven Sinne dem [[Kosename]]n nahe- oder gleichkommen. Mit einem [[Deckname]]n hat er dagegen nichts zu tun. Gelegentlich haben hochgestellte Persönlichkeiten neben ihrer Herkunft („von Bayern“) oder dynastischen Zählung („der Dritte“) spitze [[Beiname]]n erhalten, etwa [[Friedrich der Kleine]], [[Karl der Kahle]] oder [[Heinrich II. (Bayern)|Heinrich der Zänker]]. Solche Namen werden nicht als Spitznamen gewertet.
Der Spitzname dient:


In einigen Regionen hat die Vergabe von Beinamen innerhalb der jeweiligen örtlichen Gemeinschaft eine besondere Tradition, so etwa auf [[Sylt]], wo viele Mitglieder der einheimischen Bevölkerung unter einem ''Ökelnamen'' bekannt sind. Der Grund ist, dass Nachnamen wie Hansen, Carstensen oder Christiansen auf der Insel häufig vorkommen und sich immer wieder auch die Vornamen gleichen. Bezeichnungen wie ''Fritz Lakritz'' für einen Süßwarenverkäufer oder ''Sven Alarm'' für einen Feuerwehrmann, aber auch ''Chruschtschow'' für einen Obsthändler, der dem früheren sowjetischen Parteichef ähnlich gesehen haben soll, dienen somit vor allem der besseren Unterscheidung.<ref name="shz-2019-02-15">{{Internetquelle |autor=Frank Deppe |url=https://www.shz.de/lokales/sylter-rundschau/fritz-lakritz-und-hans-wolkenschieber-id22648482.html |titel=Sylter Namensphänomen – Fritz Lakritz und Hans Wolkenschieber |werk=shz.de |hrsg=Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag |datum=2019-02-15 |abruf=2021-07-15}}</ref>
* der Charakterisierung einer Person,
* als Abkürzung für längere Namen (z. B. ''Bartel'' für [[Bartholomäus]]) oder auch
* zur Unterscheidung bei mehreren Personen gleichen Namens z. B. ''Girgl'' oder ''Schorsch'' für Georg.


Oft entstehen Spitznamen aufgrund bestimmter politischer Umstände oder der Ereignisse einer Zeit und deren Wahrnehmung in der Bevölkerung. Als Beispiel sei die nicht gerade uneigennützige britische ''Labour''-Politikerin [[Hazel Blears]] (*&nbsp;1956) genannt, die im Zuge einiger Skandale nach den gleichnamigen Backenhörnchen ''Chipmunk'' genannt wurde.<ref>''Die Brücke'' 160, S.&nbsp;93. Siehe auch die [[:en:Hazel Blears|englischsprachige Wikipedia]], abgerufen am 29. Mai 2009.</ref> Spitznamen vergehen teilweise wieder, wenn sich die Lage wandelt oder der Anlass in der Erinnerung verblasst; die wenigsten bringen es zu großer [[Popularität]]. Andere Träger von Spitznamen müssen sich mit familiärer, lokaler oder regionaler Verbreitung und Bedeutung begnügen, insbesondere wenn sie sich der [[Regiolekt|Regionalsprache]] bedienen oder dem [[Dialekt]]bereich zugehören. Bei der Übertragung von Spitznamen in andere Sprachen oder in einen anderen Kulturkreis lassen sich häufig nur schlecht Entsprechungen finden, weil sich die Bedeutungen und Anspielungen der Übersetzung oder Übertragung entziehen.
In einigen [[Kultur]]en (Beispiel [[Thailand]]) dienen Spitznamen dazu, gegebenenfalls vorhandene böse Geister vom wahren Träger eines Namens abzulenken.


Grundsätzlich beeindrucken Spitznamen umso mehr, wenn sie nicht nur treffend, sondern auch ausgefallen sind. Schriftsteller verleihen ihren Figuren gern Spitznamen, weil sie dadurch prägnanter und wiedererkennbarer werden. Beispiele seien der ''Nichtraucher'' aus [[Erich Kästner|Kästners]] ''[[Das fliegende Klassenzimmer|Fliegendem Klassenzimmer]]'' oder dessen Buch ''[[Pünktchen und Anton]]'', aber auch phantasievolle Beinamen wie ''[[Figuren aus der Jim-Knopf-Reihe#König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte|Alfons der Viertel-vor-Zwölfte]]''. Spitznamen können sich auf einen Normalnamen beziehen, dabei nicht unbedingt auf den des Betroffenen selbst. Beispiele sind ''Darwins Bulldogge'' für den Biologen [[Thomas Huxley]], ''Darwins Rottweiler'' für den Biologen [[Richard Dawkins]]<ref>{{Der Spiegel |ID=52909346 |Autor=Rafaela von Bredow, Johann Grolle |Titel=„Ein Gott der Angst“ |Jahr=2007 |Nr=37 |Kommentar=siehe am Ende des Interviews}}</ref> und ''Beckham of the Baize'' (Beckham des grünen Tischtuchs) für den Snookerspieler [[Paul Hunter (Snookerspieler)|Paul Hunter]].
Neben Personen können auch [[Gebäude]], [[Automobil|Autos]] oder Städte Spitznamen tragen. Die folgende Liste gibt einen Eindruck.


Beliebt sind auch „i-Ableitungen“, beispielsweise ''Steffi'' für [[Steffi Graf|Stefanie Graf]] oder ''Schmitti'' für den Familiennamen Schmidt oder Schmitt. Es sei dagegen {{" |sicherlich die eleganteste Lösung, [einen Spitznamen] maßschneidernd neu zu erfinden}}.<ref>''Die Brücke''&nbsp;160, Seite&nbsp;98</ref> Als Paradebeispiele führt Autor Reitmeier ''Millimetternich'' für den klein gewachsenen österreichischen Kanzler [[Engelbert Dollfuß]] und ''Hessenfluch'' für den zeitweiligen hessischen Ministerpräsidenten und Anhänger der [[Prügelstrafe]] [[Ludwig Hassenpflug]] an. Diese Beispiele zeigen die Nähe zu [[Wortspiel]] und [[Kalauer]]. In den Erinnerungen des ungarischen Dramatikers [[Julius Hay]] findet sich der Hinweis, sein Zeit- und Kampfgenosse [[Johannes R. Becher]] sei von dessen dänischem Kollegen [[Martin Andersen Nexø]] ''Johannes Erbrecher'' getauft worden.<ref>''Geboren 1900'', Ausgabe ''Heyne''-Taschenbuch von 1980, S.&nbsp;175–177</ref> Wie Dollfuß’ Spitzname gleich in mehrfacher Hinsicht zeigt, werden Spitznamen bekannter Persönlichkeiten oft aus deren Eigenschaften oder Leistungen abgeleitet. Den General [[Quintus Fabius Maximus Verrucosus]] bezeichneten die Zeitgenossen als ''Cunctator'', also Zauderer, weil er gegen [[Hannibal]] mit einer Ermüdungstaktik vorging. Dem preußischen General [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blücher]] sollen russische Soldaten den Beinamen ''Marschall Vorwärts'' gegeben haben. Dass solch ein Name neben Spott auch Anerkennung ausdrücken kann, zeigt unter anderem ''Bruder Johannes'' für den ehemaligen [[Nordrhein-Westfalen|nordrhein-westfälischen]] Ministerpräsidenten und späteren deutschen Bundespräsidenten [[Johannes Rau]].
===Spitznamen von Personen===
*Ein Spitzname kann sich direkt auf den [[Vorname]]n einer Person beziehen. Häufig sind das gebräuchliche Koseformen oder Verniedlichungen des Vornamens. Beispiele:
**Achim für [[Joachim]]
**Nati für [[Natalie]]
**Hanne oder Lore für Hannelore
**Kalle für Karl-Heinz
**Ricki für [[Richard]]
**Andi für [[Andreas]]
**Alex für [[Alexander]] oder [[Alexandra]] (in Österreich auch Xanderl)
**Kati für [[Katharina]]
***(der Name endet hier mit einem i, da Namen, wie Andy und Katy eigene Vornamen sind)
*Ein Spitzname kann sich direkt auf den [[Familienname]]n einer Person beziehen. Sehr typisch ist die Abkürzung bzw. Endung auf dem Vokal i. Beispiele:
**Hoffi für den Familiennamen Hof(f)mann
**Baumi für den Familiennamen Baumann
**Schmitti für den Familiennamen [[Schmidt]] oder Schmitt
*Ein Spitzname kann sich auf einen Spitznamen des Vaters/[[Großvater]]s beziehen.
*Ein Spitzname kann sich auf körperliche Gebrechen und andere Auffälligkeiten einer Person oder auch deren Nachkommen, auch wenn sie diese Stigmata selbst nicht mehr besitzen, beziehen. Beispiel:
**Schnappisch für einen, der hinkt; Schnappisch-Peter für den Sohn des Schnappisch
**Locke für jemanden mit einer [[Glatze]]
*Ein Spitzname kann sich auf den [[Beruf]] beziehen. Beispiele:
**Bulle – [[Polizist]]
**Hai – [[Immobilienmakler]]
**Holzwurm – [[Tischler]]
**Boss – [[Vorgesetzter]]
**Pauker – [[Lehrer]]
**Loddel - [[Zuhälter]]


Spitznamen können bekannter werden und länger im öffentlichen Bewusstsein verbleiben als der eigentliche Name einer Person und dabei ihren Träger um Generationen überleben. Die 1876 verstorbene Nachbarin einer im Käfig gehaltenen Wachtel ''[[Kölsche Originale#Böckderöck Wau-Wau|Böckderöck Wau-Wau]]'' ist vielen [[Köln]]ern nur unter diesem Namen ein Begriff. Ähnlich einem Spitznamen kommen typisierende, nicht auf eine konkrete Person bezogene Namen im Volksmund, in Witzen und Anekdoten zum Einsatz, etwa ''Abc-Schütze'' für den [[Schulanfänger]] oder ''[[Klein Fritzchen|Fritzchen]]'', ''[[Klein Erna]]'' und Herr ''[[Herren im Bad|Müller-Lüdenscheidt]]''. Gelegentlich werden anders schwer erklärbare Wortneuschöpfungen in Regionalsprachen sowie der [[Standarddeutsch|Hochsprache]] als Ableitungen aus vormaligen Namen oder Spitznamen gedeutet, etwa ''[[Kölsche Originale#Fressklötsch|Fressklötsch]]'', ''[[mein lieber Scholli]]'' oder das ''[[Verballhornen]]''. Da sich deren Anfänge selten gut belegen lassen, bleibt es in der Regel spekulativ.<ref>Siehe auch: [https://mitmachwoerterbuch.lvr.de/detailansicht.php?Artikel=Fresskl%C3%B6tsch Fressklötsch] und [https://mitmachwoerterbuch.lvr.de/detailansicht.php?Artikel=Scholli Scholli.] In: Mitmachwörterbuch des [[LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte|LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte]]; abgerufen am 29.&nbsp;Mai 2012</ref>
*Ein Spitzname kann sich (abwertend oder anders) auf die [[Nation]] oder den Herkunftssort einer Person beziehen. Beispiele:
**Kraut (in [[Großbritannien]] und den [[USA]] für einen Deutschen)
**Paki (in Großbritannien für einen pakistanischen [[Immigranten]])
**Froggie (in Großbritannien für einen Franzosen, wegen deren Vorliebe für Froschschenkel)
**Diego (in Großbritannien für Lateinamerikaner)
**[[Gaucho]] (in Lateinamerika für Nordamerikaner)
**[[Franzmann]] (im deutschsprachigen Raum für einen Franzosen)
**Mof (von [[Muff]]träger, in den [[Niederlande]]n ein Schimpfwort für einen Deutschen)
**Fritz (z. B. in [[Russland]] für einen Deutschen)
**Tschusch ([[Österreich|österreichisch]] für Bewohner des früheren [[Jugoslawien]])
**Ösi oder Austriake (in Deutschland für einen [[Österreich]]er)
**[[Piefke]] (in Österreich für einen oder die [[Deutscher|Deutschen]] [der Piefke; die Piefke] als relativ harmloses Schimpfwort im Gebrauch)
***(Der oder die "ScheiPie" ist allerdings die weitaus deftigere Schimpfwort-Form und steht für "Scheiß-Piefke".)
**[[Zoni]], [[Neufünfländer]] oder [[Ossi]] (in den alten Bundesländern Deutschlands für ehemalige Bewohner der [[DDR]]
**Immi (für Immigrant, in [[Köln]] für so genannte Hereingeschneite)
**Ami (in Deutschland für einen US-Amerikaner)
**Iwan (z. B. in Deutschland für einen Russen)
**Charlie, Gook (Bezeichnung von US-Soldaten im [[Vietnamkrieg]] für einen oder die [[Vietcong]]-Soldaten)
**Preis (in [[Luxemburg]] für einen Deutschen, Mehrzahl Preisen, von [[Preussen]])
**[[Preißn|Preiß]] (in [[Bayern]] für einen Nicht-Bayern – noch abwertender ist "Saupreiß")
**[[Tommie]] für einen Engländer
**[[Moosbüffel]] für einen [[Oberpfalz|Oberpfälzer]]
**[[Spaghetti]], [[Makkaroni]] für einen [[Italien|Italiener]]
**Zwockl ([[Kurpfalz|pfälzisch]] für einen [[Altbayern]])


Auch wenn der englische Begriff ''Nickname''<!-- hier noch keine Verlinkung, da kein deutscher Artikel zum englischen Begriff Nickname existiert, Verlinkung gleich bei dem deutschen Begriff. --> in direkter Übersetzung die Bedeutung des deutschen ''Spitznamen'' beinhaltet,<ref>{{Internetquelle |url=https://dict.leo.org/englisch-deutsch/nickname |titel=nickname |abruf=2024-07-10 |werk=[[leo.org|LEO]]}}</ref> ist das in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene Wort [[Nickname]] nicht unbedingt mit einem Spitznamen gleichzusetzen, vielmehr bezeichnet es einen [[Benutzername]]n (tlw. auch Alias genannt)<ref>{{Internetquelle |url=https://www.duden.de/rechtschreibung/Alias |titel=Alias |werk=[[Duden]] |abruf=2024-07-10}}</ref>.
*Der Spitzname kann die Person mit einer berühmten Figur vergleichen. Beispiele:
**Einstein – jemand mit intelligentem Auftreten, bzw. ironisierend für das Gegenteil
**Pavarotti – für einen großen Sänger, bzw. ironisierend für einen schlechten
*Spitznamen bekannter Personen sind z. B.:
**Schmidt Schnauze für [[Helmut Schmidt]]
**Birne, Der Dicke für [[Helmut Kohl]]
**Ungeheuer für [[Horst Hrubesch]]
**Bomber für [[Gerd Müller]]
**Schumi für [[Michael Schumacher]]
**Schumi II für [[Ralf Schumacher]]
**Jacko für [[Michael Jackson]]
**Acker für [[Gerhard Schröder]]


===Spitznamen von Gebäuden===
=== Spitznamen für Gruppen ===
Ein Sonderfall ist der [[Hausname]], der als Bezeichnung für alle Bewohner eines bestimmten Hauses oder Hofes gilt und deshalb als Spitzname einer Gruppe gelten kann. Auch hier kann der Name der besseren Unterscheidung dienen, wenn bestimmte Familiennamen in einem Ort mehrfach vorkommen, während der Hausname eindeutig ist.
*Hohler Zahn - Überrest der [[Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche]] in [[Berlin]]
{{Siehe auch|Liste der Spitznamen von Fußballnationalmannschaften}}
*Hungerharke - Denkmal für die [[Berliner Luftbrücke|Luftbrücke]] nach Berlin
*Schwangere Auster - [[Kongreßhalle]] in Berlin
*Steffl - [[Stephansdom (Wien)|Stephansdom]] in [[Wien]]
*Krauthappel - [[Wiener Secession|Secession]] in Wien
*Langer Eugen - ehemaliges Abgeordnetenhaus in [[Bonn]]
*Waschmaschine, Elefantenklo - [[Bundeskanzleramt]] in [[Berlin]]
*Michel - [[Michaelis-Kirche]] in [[Hamburg]]
*Schildkröte - [[Zeiss]]-[[Planetarium]] in [[Bochum]]
*Bürzi Casino - [[Gurzelen Caffee]]


===Spitznamen von Städten===
=== Spitznamen in der Literatur ===
In der Literatur begegnen zahlreiche Spitznamen, was ihren selbstverständlichen Gebrauch im Alltag spiegelt. (Zum folgenden vgl. [[Guido Fuchs]], Spitznamen<ref>{{Literatur |Autor=Guido Fuchs |Titel=Vorwiegend heiter bis boshaft: Spitznamen in der Literatur |Verlag=Verlag Monika Fuchs |Ort=Hildesheim |Datum=2022 |ISBN=978-3-947066-36-0}}</ref>) Manchmal sind die Titel der Erzählungen oder Romane bereits ein Spitzname (z.&nbsp;B. [[Carl Zuckmayer]], ''[[Der Seelenbräu]]''; [[Gottfried Keller]], ''[[Der grüne Heinrich]]''; [[Stefan Zweig]], ''[[Leporella (Stefan Zweig)|Leporella]]'', [[Wolfgang Herrndorf]], ''[[Tschick (Roman)|Tschick]]''). Verschiedene Schriftsteller trugen selbst auch Spitznamen wie [[Clemens Brentano]] (Lindwurm) oder [[Ernst Wiechert]] (Tränenaas) bzw. machten ihren Spitznamen zum Pseudonym wie [[Hans Fallada|Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen]] (Fallada).
*Ballerburg für [[Böblingen]]
*[[Mainhattan]], Krankfurt, [[Junkie|Junkfurt]], [[Kreditinstitut|Bankfurt]] - [[Frankfurt am Main]]
*Kenig - [[Kaliningrad]] (ehem. Königsberg)
*Piter - [[Sankt Petersburg]]
*[[Big Apple]] - [[New York City]]
*Tinseltown (= Stadt des [[Talmi]] oder des [[Tand]]s) für [[Hollywood]]
*Fishtown - [[Bremerhaven]]
*Lumpenhafen für [[Ludwigshafen]]
*Datschiburg für [[Augsburg]]
*[[Klein Istanbul]] - [[Hallein]], [[Völklingen]] oder [[Berlin-Neukölln]]
*Schlicktown - [[Wilhelmshaven]]
*[[Golfsburg]] - [[Wolfsburg]]
*Benztown - [[Stuttgart]]
*LA - [[Langenenslingen]], [[Leinfelden-Echterdingen]]
*[[Dreistadt]] - [[Danzig]], [[Gdingen]] und [[Sopot]] werden so genannt, da diese so nah beieinander liegen
*Gingu für [[Gerlafingen]]
*Chääswil für [[Deitigen]]
*Blechbudenhausen für [[Eisenhüttenstadt]]


Den Spitznamen verwandte [[Kampfname]]n ([[Nom de guerre]]) begegnen in der Literatur ([[Karl May]], [[Old Surehand I|Old Surehand]] u. a.) ebenso wie die „Monicas“ („‚Monicas‘ sind die Spitznamen, die die Landstreicher sich zulegen“ – [[Jack London]], [[Abenteurer des Schienenstranges]]). Teilweise werden Spitznamen auch zur Tarnung benutzt, etwa von [[Ernst Jünger]] in seinen Tagebüchern aus der Zeit des 3. Reiches (Grandgoschier – [[Joseph Goebbels|Goebbels]]). Einen „Necknamen“ bzw. „Nom de guerre“ trugen die Mitglieder der Literarischen Gesellschaft [[Tunnel über der Spree]], wie [[Theodor Fontane]] ([[Von Zwanzig bis Dreißig]]) berichtet, der in dieser „Lafontaine“ hieß. Auch in Burschenschaften waren „[[Kneipname|Biernamen]]“ oder [[Kneipname]]n zeitweilig zur Tarnung nötig.
===Spitznamen von Dorfbewohnern===


Auch Häuser und Orte tragen mitunter Spitznamen (Tausendaugenhaus – [[Uwe Tellkamp]], [[Der Turm (Tellkamp)|Der Turm]]); in [[Werner Bergengruen]]s Roman „Der goldene Griffel“ sind die Zimmer einer Wohnung mit Spitznamen belegt.
Dies ist eine Besonderheit im Nordschwarzwald. Die Bewohner eines bestimmten Dorfes werden
mit leicht abwertenden Begriffen bezeichnet, die aus der Tierwelt stammen oder
Anspielungen auf scheinbare Charaktereigenschaften sind (siehe auch: [[Gelbfüßler]]).


Spitznamen finden sich häufig in [[Schulerzählung]]en ([[Heinrich Mann]], [[Professor Unrat]], [[Heinrich Spoerl]], [[Die Feuerzangenbowle]]). Kinder verwenden in der Literatur meist einfache, oft nach körperlichen Merkmalen gewählte Spitznamen, während Jugendliche und Erwachsene kreativer sind und auf hintergründigere Namen kommen.
*Biesmucken für [[Altensteig|Bernecker]]
*Frösche für [[Altensteig]]er
*Kropfschellen für [[Wildberg (Schwarzwald)|Wildberger]]
*Schnecken für [[Wildberg (Schwarzwald)|Effringer]]
*Strumpfbändelschießer für [[Nagold (Stadt)|Nagold]]er
*Wetterfrösche für Muatathaler


===Spitznamen von Automodellen===
== Spitznamen von Sachen ==
Personenbezug ist kein unerlässliches Merkmal des Spitznamens. Das wird selbst von dem wenig greifbaren Phänomen wie einem [[Bayerischer Erbfolgekrieg|Krieg um die bayerische Erbfolge]] unterstrichen, der 1778/1779 zwischen den Preußen und Österreichern ausgetragen wurde: Er ist als ''Kartoffelkrieg'' bekannt. Was deutschen Soldaten auf Feldzügen gegen Moskau (um 1942) nicht wenig zu schaffen machte, war der sprichwörtliche ''General Winter''. Eine 1509 in [[Geldern]] eingeführte Silbermünze wurde ''[[Schnapphahn]]'' getauft, weil sich die Untertanen vom Bildnis der Vorderseite an einen Raubritter erinnert fühlten: Es zeigt Herzog Karl, gestorben 1538, zu Pferd.<ref>''Brockhaus Enzyklopädie''. 19.&nbsp;Ausgabe, Band&nbsp;19. 1992, S.&nbsp;455.</ref> Aus jüngerer Zeit sind Dinge wie ''[[Fahrrad|Drahtesel]]'', ''[[Akkordeon|Schifferklavier]]'' oder ''Pantoffelkino'' für Fahrrad, Akkordeon und Fernsehgerät bekannt. Für letzteres existiert eine Fülle [[Fernsehgerät#Umgangssprachliche Bezeichnungen|weiterer Spitznamen]].
*Ente für den [[Citroën 2CV]]
*[[Tin Lizzy]] (dt. ''Blechliesel'') für das [[Ford Motor Company|Ford]] T-Modell
*[[Leukoplast]]bomber - [[Lloyd]] LP300
*[[VW Käfer]] für den VW Typ 1
*[[Bulli]] für den [[VW Typ 2]] [[Transporter bzw. VW Bus]]
*[[Schneewittchen|Schneewittchensarg]] für den [[Volvo]] 1800 ES
*[[Baader-Meinhof-Gruppe|'''B'''aader-'''M'''einhof]] '''W'''agen für den [[BMW]] 2002
*Trabbi für den [[Trabant (PKW)|Trabant]]
*[[Knutschkugel]] für die [[BMW Isetta]]
*Purzel für die Mercedes A-Klasse (Werksjargon in Anlehnung an den Elchtestvorfall)
*Erdbeerkörbchen für das [[VW Golf]] 1 Cabrio


=== Spitznamen bekannter Bauwerke ===
===Siehe auch===
Spitznamen von Bauwerken werden oft von der äußeren Form hergeleitet. Bekannte Beispiele hierfür sind ''Langer Lulatsch'' für den [[Berliner Funkturm]], [[Langer Eugen]] für das ehemalige Hochhaus der Bundestagsabgeordneten in [[Bonn]] oder [[Schwangere Auster]] für eine Kongresshalle in Berlin.
[[Nickname]], [[Hausname]]


Einrichtungen wie Gefängnisse oder Anstalten hatten und haben ebenfalls Spitznamen. Bekannte Beispiele sind ''Santa Fu'' für die [[Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel|Haftanstalt Am Hasenberge]] in [[Hamburg-Fuhlsbüttel]], ''Bonnies Ranch'' für die [[Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik]] in [[Berlin-Wittenau]] oder ''Gelbes Elend'', das ehemalige [[Justizvollzugsanstalt Bautzen|Zuchthaus Bautzen&nbsp;I]], in dem bis 1989 politische Häftlinge einsaßen.
===Weblinks===
*http://www.genealogie-nordwuerttemberg.de/Namen/necknamen.htm


Spitznamen von Bauwerken orientier(t)en sich aber auch an der Inneneinrichtung und/oder Ausstattung: ''Erichs Lampenladen'' für den [[Palast der Republik]] in [[Berlin]] wegen der verschwenderischen Installation der Beleuchtung einerseits sowie den Staats- und Parteichef [[Erich Honecker]] andererseits, oder ''Dreckscher Löffel'' (d.&nbsp;h. ''dreckiger Löffel'') für die [[Gaststätte „pick-nick“]] in Dresden wegen der mangelnden Sauberkeit sind dafür Beispiele.
[[Kategorie:Name]]


Der Spitzname ''Gugelhupf'' für den Wiener [[Narrenturm]] stammt von dessen Architektur, wurde in der Folge aber auch auf andere psychiatrische Anstalten in Österreich angewandt.
[[en:Nickname]]

[[es:alias]]
=== Übernahmen für Orte, Regionen, Gewässer, Berge ===
[[ja:愛称]]
Für viele geografische Objekte existieren Ortsnecknamen und Übernamen aus den unterschiedlichsten Motivationen heraus. Solche Benennungen sind beispielsweise ''[[Spree-Athen]]'' für [[Berlin]], ''Schwäbisches Meer'' oder ''größte Badewanne Deutschlands'' für den [[Bodensee]] oder [[Elbflorenz]] für [[Dresden]].

{{Siehe auch|Ortsneckname|Ortsnamen#Bei- und Übernamen}}

=== Spitznamen für Automobile ===
{{Hauptartikel|Automobile Spitznamen}}
Seit Beginn der automobilen Entwicklung hat der [[Volksmund]] Spitznamen für bestimmte Automodelle geprägt. Schmeichelhaft, liebevoll, spöttisch oder abwertend gemeint, entstehen solche für Fahrzeuge, die aufgrund ausgeprägter Eigenschaften das besondere Interesse des Publikums wecken. Einige der erfolgreichsten Modelle der Automobilgeschichte sind der deutsche [[VW Käfer]] und die französische [[Citroën 2CV|Ente]]. In der Nutzung des Wortes sind diese unter ihrem Spitznamen bekannter als unter der offiziellen Bezeichnung des Herstellers.

=== Spitznamen für Schienenfahrzeuge ===
{{Hauptartikel|Liste von Spitznamen für Schienenfahrzeuge}}

Ähnlich wie für Automobile gibt es auch in der Eisenbahnwelt Übernamen für Lokomotiven und Triebwagen. Das bekannteste Beispiel dürfte die [[SBB Ce 6/8 II|Gotthard-Lokomotive]] der Schweizerischen Bundesbahnen sein, die gerne als [[Krokodil (Lokomotive)|Krokodil]] bezeichnet wird.

Aber auch für andere wurden sprechende, oft das Erscheinungsbild zitierende, umgangssprachliche Namen gefunden: beispielsweise „Eierkopf“ für einen Triebwagen-Typ der Bundesbahnzeit, die [[DB-Baureihe ET 30]] oder „Taucherbrille“ für eine [[ČSD-Baureihe T 478.4|Lokomotive]] der ehemaligen tschechoslowakischen Staatsbahnen. Dieselbe Bezeichnung muss auch für eine [[DB-Baureihe 481|Fahrzeugreihe der Berliner S-Bahn]] herhalten.

Einige Fahrzeuge erhielten ihre Spitznamen auch nach den Geräuschen, die sie von sich geben. So wurde die ehemals in der Ukraine gebaute Lok [[LTS&nbsp;M62]] wegen ihrer lauten Auspuffgeräusche in der DDR „Taigatrommel“ getauft oder die von der DB&nbsp;AG beschafften S-Bahn- und Nahverkehrstriebwagen verschiedener Baureihen nach ihren Fahrgeräuschen, die man als Fahrgast bei Mitfahrt wahrnehmen muss, nämlich „Quietschi“ (u.&nbsp;a. [[DB-Baureihe 423]]).

Eine Parallele zu Automobilen wurde mit der in hoher Stückzahl gebauten, einfach konstruierten, ehemals bei der Deutschen Reichsbahn im Einsatz gewesenen Lok der [[DR-Baureihe 243]] gezogen. Sie wird unter Eisenbahnern gerne „Schienen-Trabbi“ genannt.

Auch die ICE-Triebzüge bekamen sozusagen ihr Fett ab und werden, weniger geläufig, auch als „Weißwurst“ bezeichnet. Das passendste Modell ist hierbei wohl der [[ICE&nbsp;T]]. Generell muss man dabei über den roten Zierstreifen hinwegsehen.
Einen Übernamen wegen der Farbgebung handelte sich auch die [[DB-Baureihe E&nbsp;41]] ein, der „Laubfrosch“.

== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* [https://www.bahnstatistik.de/Spitznamen.htm Sammlung vieler Spitznamen für Schienenfahrzeuge.] bahnstatistik.de

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4186615-0}}

[[Kategorie:Anthroponymie]]

Aktuelle Version vom 15. März 2025, 13:40 Uhr

Ein Spitzname (im 17. Jahrhundert spitz ‚verletzend‘), auch Übername, Abname, Utzname, Uzname, Ulkname, Neckname, Nickname, Ökelname, Scheltname, Sobriket/Sobriquet oder Spottname genannt, ist ein Ersatzname für den realen Namen einer Person oder Sache. Dieser Beiname kann auch eine Besonderheit, Bekanntheit oder Unvollkommenheit andeuten. In der Regel übertrifft er den eigentlichen Namen an Witz.[1]

Entstehung eines Spitznamens

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Spitznamen werden häufig nach äußeren Merkmalen, dem Verhalten, dem Beruf, der Funktion oder nach Bezeichnungen, die zufällig entstehen und Anklang finden, gebildet. Daneben kann ein Spitzname auch als Verballhornung oder Alliteration des Namens, der Rolle oder anderer Eigenschaften gebildet werden.

Wesentliche Züge, Abgrenzungen, Spielarten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der reale oder normale Name qua Taufe, amtlicher Verfügung (Eltern) oder kulturgeschichtlicher Überlieferung entsteht, kommt der Spitzname mit guten oder bösen Absichten durch andere Personen, Medien oder zuweilen von der betroffenen Person selbst zustande. Dabei hat der Spitzname keinen offiziellen Charakter. So ist er in einem persönlichen Umfeld oft nur auf die Gruppenzugehörigkeit beschränkt (Club, Verein, Schule, Firma) und außerhalb der Gruppe nicht geläufig, während es Spitznamen von Personen des öffentlichen Lebens zur überregionalen oder gar weltweiten Bekanntheit bringen können.

Soweit der Spitzname Personen betrifft, sind die Grenzen zu Pseudonymen und Künstlernamen fließend. Im Gegensatz zu diesen ist der Spitzname selten selbst gewählt, manchmal gar dem Namensträger nicht bekannt, wie oft bei Lehrern.

Der Spitzname kann sowohl negativen Charakter haben und den Spottnamen oder den Schimpfnamen widerspiegeln als auch im positiven Sinne dem Kosenamen nahe- oder gleichkommen. Mit einem Decknamen hat er dagegen nichts zu tun. Gelegentlich haben hochgestellte Persönlichkeiten neben ihrer Herkunft („von Bayern“) oder dynastischen Zählung („der Dritte“) spitze Beinamen erhalten, etwa Friedrich der Kleine, Karl der Kahle oder Heinrich der Zänker. Solche Namen werden nicht als Spitznamen gewertet.

In einigen Regionen hat die Vergabe von Beinamen innerhalb der jeweiligen örtlichen Gemeinschaft eine besondere Tradition, so etwa auf Sylt, wo viele Mitglieder der einheimischen Bevölkerung unter einem Ökelnamen bekannt sind. Der Grund ist, dass Nachnamen wie Hansen, Carstensen oder Christiansen auf der Insel häufig vorkommen und sich immer wieder auch die Vornamen gleichen. Bezeichnungen wie Fritz Lakritz für einen Süßwarenverkäufer oder Sven Alarm für einen Feuerwehrmann, aber auch Chruschtschow für einen Obsthändler, der dem früheren sowjetischen Parteichef ähnlich gesehen haben soll, dienen somit vor allem der besseren Unterscheidung.[2]

Oft entstehen Spitznamen aufgrund bestimmter politischer Umstände oder der Ereignisse einer Zeit und deren Wahrnehmung in der Bevölkerung. Als Beispiel sei die nicht gerade uneigennützige britische Labour-Politikerin Hazel Blears (* 1956) genannt, die im Zuge einiger Skandale nach den gleichnamigen Backenhörnchen Chipmunk genannt wurde.[3] Spitznamen vergehen teilweise wieder, wenn sich die Lage wandelt oder der Anlass in der Erinnerung verblasst; die wenigsten bringen es zu großer Popularität. Andere Träger von Spitznamen müssen sich mit familiärer, lokaler oder regionaler Verbreitung und Bedeutung begnügen, insbesondere wenn sie sich der Regionalsprache bedienen oder dem Dialektbereich zugehören. Bei der Übertragung von Spitznamen in andere Sprachen oder in einen anderen Kulturkreis lassen sich häufig nur schlecht Entsprechungen finden, weil sich die Bedeutungen und Anspielungen der Übersetzung oder Übertragung entziehen.

Grundsätzlich beeindrucken Spitznamen umso mehr, wenn sie nicht nur treffend, sondern auch ausgefallen sind. Schriftsteller verleihen ihren Figuren gern Spitznamen, weil sie dadurch prägnanter und wiedererkennbarer werden. Beispiele seien der Nichtraucher aus Kästners Fliegendem Klassenzimmer oder dessen Buch Pünktchen und Anton, aber auch phantasievolle Beinamen wie Alfons der Viertel-vor-Zwölfte. Spitznamen können sich auf einen Normalnamen beziehen, dabei nicht unbedingt auf den des Betroffenen selbst. Beispiele sind Darwins Bulldogge für den Biologen Thomas Huxley, Darwins Rottweiler für den Biologen Richard Dawkins[4] und Beckham of the Baize (Beckham des grünen Tischtuchs) für den Snookerspieler Paul Hunter.

Beliebt sind auch „i-Ableitungen“, beispielsweise Steffi für Stefanie Graf oder Schmitti für den Familiennamen Schmidt oder Schmitt. Es sei dagegen „sicherlich die eleganteste Lösung, [einen Spitznamen] maßschneidernd neu zu erfinden“.[5] Als Paradebeispiele führt Autor Reitmeier Millimetternich für den klein gewachsenen österreichischen Kanzler Engelbert Dollfuß und Hessenfluch für den zeitweiligen hessischen Ministerpräsidenten und Anhänger der Prügelstrafe Ludwig Hassenpflug an. Diese Beispiele zeigen die Nähe zu Wortspiel und Kalauer. In den Erinnerungen des ungarischen Dramatikers Julius Hay findet sich der Hinweis, sein Zeit- und Kampfgenosse Johannes R. Becher sei von dessen dänischem Kollegen Martin Andersen Nexø Johannes Erbrecher getauft worden.[6] Wie Dollfuß’ Spitzname gleich in mehrfacher Hinsicht zeigt, werden Spitznamen bekannter Persönlichkeiten oft aus deren Eigenschaften oder Leistungen abgeleitet. Den General Quintus Fabius Maximus Verrucosus bezeichneten die Zeitgenossen als Cunctator, also Zauderer, weil er gegen Hannibal mit einer Ermüdungstaktik vorging. Dem preußischen General Blücher sollen russische Soldaten den Beinamen Marschall Vorwärts gegeben haben. Dass solch ein Name neben Spott auch Anerkennung ausdrücken kann, zeigt unter anderem Bruder Johannes für den ehemaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und späteren deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau.

Spitznamen können bekannter werden und länger im öffentlichen Bewusstsein verbleiben als der eigentliche Name einer Person und dabei ihren Träger um Generationen überleben. Die 1876 verstorbene Nachbarin einer im Käfig gehaltenen Wachtel Böckderöck Wau-Wau ist vielen Kölnern nur unter diesem Namen ein Begriff. Ähnlich einem Spitznamen kommen typisierende, nicht auf eine konkrete Person bezogene Namen im Volksmund, in Witzen und Anekdoten zum Einsatz, etwa Abc-Schütze für den Schulanfänger oder Fritzchen, Klein Erna und Herr Müller-Lüdenscheidt. Gelegentlich werden anders schwer erklärbare Wortneuschöpfungen in Regionalsprachen sowie der Hochsprache als Ableitungen aus vormaligen Namen oder Spitznamen gedeutet, etwa Fressklötsch, mein lieber Scholli oder das Verballhornen. Da sich deren Anfänge selten gut belegen lassen, bleibt es in der Regel spekulativ.[7]

Auch wenn der englische Begriff Nickname in direkter Übersetzung die Bedeutung des deutschen Spitznamen beinhaltet,[8] ist das in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene Wort Nickname nicht unbedingt mit einem Spitznamen gleichzusetzen, vielmehr bezeichnet es einen Benutzernamen (tlw. auch Alias genannt)[9].

Spitznamen für Gruppen

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Ein Sonderfall ist der Hausname, der als Bezeichnung für alle Bewohner eines bestimmten Hauses oder Hofes gilt und deshalb als Spitzname einer Gruppe gelten kann. Auch hier kann der Name der besseren Unterscheidung dienen, wenn bestimmte Familiennamen in einem Ort mehrfach vorkommen, während der Hausname eindeutig ist.

Spitznamen in der Literatur

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In der Literatur begegnen zahlreiche Spitznamen, was ihren selbstverständlichen Gebrauch im Alltag spiegelt. (Zum folgenden vgl. Guido Fuchs, Spitznamen[10]) Manchmal sind die Titel der Erzählungen oder Romane bereits ein Spitzname (z. B. Carl Zuckmayer, Der Seelenbräu; Gottfried Keller, Der grüne Heinrich; Stefan Zweig, Leporella, Wolfgang Herrndorf, Tschick). Verschiedene Schriftsteller trugen selbst auch Spitznamen wie Clemens Brentano (Lindwurm) oder Ernst Wiechert (Tränenaas) bzw. machten ihren Spitznamen zum Pseudonym wie Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen (Fallada).

Den Spitznamen verwandte Kampfnamen (Nom de guerre) begegnen in der Literatur (Karl May, Old Surehand u. a.) ebenso wie die „Monicas“ („‚Monicas‘ sind die Spitznamen, die die Landstreicher sich zulegen“ – Jack London, Abenteurer des Schienenstranges). Teilweise werden Spitznamen auch zur Tarnung benutzt, etwa von Ernst Jünger in seinen Tagebüchern aus der Zeit des 3. Reiches (Grandgoschier – Goebbels). Einen „Necknamen“ bzw. „Nom de guerre“ trugen die Mitglieder der Literarischen Gesellschaft Tunnel über der Spree, wie Theodor Fontane (Von Zwanzig bis Dreißig) berichtet, der in dieser „Lafontaine“ hieß. Auch in Burschenschaften waren „Biernamen“ oder Kneipnamen zeitweilig zur Tarnung nötig.

Auch Häuser und Orte tragen mitunter Spitznamen (Tausendaugenhaus – Uwe Tellkamp, Der Turm); in Werner Bergengruens Roman „Der goldene Griffel“ sind die Zimmer einer Wohnung mit Spitznamen belegt.

Spitznamen finden sich häufig in Schulerzählungen (Heinrich Mann, Professor Unrat, Heinrich Spoerl, Die Feuerzangenbowle). Kinder verwenden in der Literatur meist einfache, oft nach körperlichen Merkmalen gewählte Spitznamen, während Jugendliche und Erwachsene kreativer sind und auf hintergründigere Namen kommen.

Spitznamen von Sachen

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Personenbezug ist kein unerlässliches Merkmal des Spitznamens. Das wird selbst von dem wenig greifbaren Phänomen wie einem Krieg um die bayerische Erbfolge unterstrichen, der 1778/1779 zwischen den Preußen und Österreichern ausgetragen wurde: Er ist als Kartoffelkrieg bekannt. Was deutschen Soldaten auf Feldzügen gegen Moskau (um 1942) nicht wenig zu schaffen machte, war der sprichwörtliche General Winter. Eine 1509 in Geldern eingeführte Silbermünze wurde Schnapphahn getauft, weil sich die Untertanen vom Bildnis der Vorderseite an einen Raubritter erinnert fühlten: Es zeigt Herzog Karl, gestorben 1538, zu Pferd.[11] Aus jüngerer Zeit sind Dinge wie Drahtesel, Schifferklavier oder Pantoffelkino für Fahrrad, Akkordeon und Fernsehgerät bekannt. Für letzteres existiert eine Fülle weiterer Spitznamen.

Spitznamen bekannter Bauwerke

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Spitznamen von Bauwerken werden oft von der äußeren Form hergeleitet. Bekannte Beispiele hierfür sind Langer Lulatsch für den Berliner Funkturm, Langer Eugen für das ehemalige Hochhaus der Bundestagsabgeordneten in Bonn oder Schwangere Auster für eine Kongresshalle in Berlin.

Einrichtungen wie Gefängnisse oder Anstalten hatten und haben ebenfalls Spitznamen. Bekannte Beispiele sind Santa Fu für die Haftanstalt Am Hasenberge in Hamburg-Fuhlsbüttel, Bonnies Ranch für die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Berlin-Wittenau oder Gelbes Elend, das ehemalige Zuchthaus Bautzen I, in dem bis 1989 politische Häftlinge einsaßen.

Spitznamen von Bauwerken orientier(t)en sich aber auch an der Inneneinrichtung und/oder Ausstattung: Erichs Lampenladen für den Palast der Republik in Berlin wegen der verschwenderischen Installation der Beleuchtung einerseits sowie den Staats- und Parteichef Erich Honecker andererseits, oder Dreckscher Löffel (d. h. dreckiger Löffel) für die Gaststätte „pick-nick“ in Dresden wegen der mangelnden Sauberkeit sind dafür Beispiele.

Der Spitzname Gugelhupf für den Wiener Narrenturm stammt von dessen Architektur, wurde in der Folge aber auch auf andere psychiatrische Anstalten in Österreich angewandt.

Übernahmen für Orte, Regionen, Gewässer, Berge

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Für viele geografische Objekte existieren Ortsnecknamen und Übernamen aus den unterschiedlichsten Motivationen heraus. Solche Benennungen sind beispielsweise Spree-Athen für Berlin, Schwäbisches Meer oder größte Badewanne Deutschlands für den Bodensee oder Elbflorenz für Dresden.

Spitznamen für Automobile

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Seit Beginn der automobilen Entwicklung hat der Volksmund Spitznamen für bestimmte Automodelle geprägt. Schmeichelhaft, liebevoll, spöttisch oder abwertend gemeint, entstehen solche für Fahrzeuge, die aufgrund ausgeprägter Eigenschaften das besondere Interesse des Publikums wecken. Einige der erfolgreichsten Modelle der Automobilgeschichte sind der deutsche VW Käfer und die französische Ente. In der Nutzung des Wortes sind diese unter ihrem Spitznamen bekannter als unter der offiziellen Bezeichnung des Herstellers.

Spitznamen für Schienenfahrzeuge

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Ähnlich wie für Automobile gibt es auch in der Eisenbahnwelt Übernamen für Lokomotiven und Triebwagen. Das bekannteste Beispiel dürfte die Gotthard-Lokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen sein, die gerne als Krokodil bezeichnet wird.

Aber auch für andere wurden sprechende, oft das Erscheinungsbild zitierende, umgangssprachliche Namen gefunden: beispielsweise „Eierkopf“ für einen Triebwagen-Typ der Bundesbahnzeit, die DB-Baureihe ET 30 oder „Taucherbrille“ für eine Lokomotive der ehemaligen tschechoslowakischen Staatsbahnen. Dieselbe Bezeichnung muss auch für eine Fahrzeugreihe der Berliner S-Bahn herhalten.

Einige Fahrzeuge erhielten ihre Spitznamen auch nach den Geräuschen, die sie von sich geben. So wurde die ehemals in der Ukraine gebaute Lok LTS M62 wegen ihrer lauten Auspuffgeräusche in der DDR „Taigatrommel“ getauft oder die von der DB AG beschafften S-Bahn- und Nahverkehrstriebwagen verschiedener Baureihen nach ihren Fahrgeräuschen, die man als Fahrgast bei Mitfahrt wahrnehmen muss, nämlich „Quietschi“ (u. a. DB-Baureihe 423).

Eine Parallele zu Automobilen wurde mit der in hoher Stückzahl gebauten, einfach konstruierten, ehemals bei der Deutschen Reichsbahn im Einsatz gewesenen Lok der DR-Baureihe 243 gezogen. Sie wird unter Eisenbahnern gerne „Schienen-Trabbi“ genannt.

Auch die ICE-Triebzüge bekamen sozusagen ihr Fett ab und werden, weniger geläufig, auch als „Weißwurst“ bezeichnet. Das passendste Modell ist hierbei wohl der ICE T. Generell muss man dabei über den roten Zierstreifen hinwegsehen. Einen Übernamen wegen der Farbgebung handelte sich auch die DB-Baureihe E 41 ein, der „Laubfrosch“.

Wiktionary: Spitzname – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Spitzname. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 16: Sicilien–Stückgesell. Altenburg 1863, S. 577 (Digitalisat. zeno.org).
  2. Frank Deppe: Sylter Namensphänomen – Fritz Lakritz und Hans Wolkenschieber. In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 15. Februar 2019, abgerufen am 15. Juli 2021.
  3. Die Brücke 160, S. 93. Siehe auch die englischsprachige Wikipedia, abgerufen am 29. Mai 2009.
  4. Rafaela von Bredow, Johann Grolle: „Ein Gott der Angst“. In: Der Spiegel. Nr. 37, 2007 (online – siehe am Ende des Interviews).
  5. Die Brücke 160, Seite 98
  6. Geboren 1900, Ausgabe Heyne-Taschenbuch von 1980, S. 175–177
  7. Siehe auch: Fressklötsch und Scholli. In: Mitmachwörterbuch des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte; abgerufen am 29. Mai 2012
  8. nickname. In: LEO. Abgerufen am 10. Juli 2024.
  9. Alias. In: Duden. Abgerufen am 10. Juli 2024.
  10. Guido Fuchs: Vorwiegend heiter bis boshaft: Spitznamen in der Literatur. Verlag Monika Fuchs, Hildesheim 2022, ISBN 978-3-947066-36-0.
  11. Brockhaus Enzyklopädie. 19. Ausgabe, Band 19. 1992, S. 455.