„Sozialismus“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|erläutert den politischen und sozialwissenschaftlichen Begriff. Zu der gleichnamigen Zeitschrift siehe [[Sozialismus (Zeitschrift)]].}} |
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'''Sozialismus''' ist eine Sammelbezeichnung für politische Theorien, die auf die Lösung der [[soziale Frage|sozialen Frage]] durch Herstellung [[soziale Gerechtigkeit|sozialer Gerechtigkeit]] für alle Mitglieder einer Gesellschaft hinzielen. |
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{{Weiterleitungshinweis|Sozialist|Zur Zeitschrift siehe [[Der Sozialist]], zur britischen Geheimdienstoperation siehe [[Operation Sozialist]].}} |
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[[Datei:Socialists in Union Square, N.Y.C. (cropped).jpg|mini|hochkant=1.35|Sozialistische Demonstration zum [[Erster Mai|1. Mai]] 1912 am [[Union Square (New York City)|Union Square]] in New York City]] |
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Der '''Sozialismus''' (von {{laS|socialis}} ‚kameradschaftlich‘) ist neben dem [[Liberalismus]] und dem [[Konservatismus]] eine der drei großen [[Politische Ideologie|politischen Ideologien]], die im 19. Jahrhundert entstanden. Es gibt keine eindeutige Definition des Begriffs. Er umfasst eine breite Palette von politischen Ausrichtungen. Diese reichen über sich als [[revolution]]är verstehende (Kampf-)Bewegungen und [[Arbeiterpartei|Parteien]], die den [[Kapitalismus]] schnell und gewaltsam überwinden wollen, bis zu reformatorischen Linien, die [[Parlamentarismus]] und [[Demokratie]] akzeptieren ([[demokratischer Sozialismus]]). Demzufolge wird auch grob zwischen den Ausrichtungen von [[Kommunismus]], [[Sozialdemokratie]] oder [[Anarchismus]] differenziert. Sozialisten betonen im Allgemeinen die Grundwerte [[Gleichheit]], [[Gerechtigkeit]], [[Solidarität]] und je nach Strömung auch [[Freiheit]].<ref>[https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/18235/sozialismus ''Sozialismus''], in: ''Das Politiklexikon'', [[Bundeszentrale für politische Bildung]]; Zugriff am 18. Juli 2021.</ref><ref>[[Willy Buschak]]: [https://www.fes.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=58590&token=18e8150b17fb879bfb7abb6c5736e251c71e97a3 ''„Sozialismus und Freiheit“. Wie eine kleine Gruppe im mexikanischen Exil der 1940er-Jahre zu einem neuen Verständnis von Revolution kam und welche Folgen das für Europa hatte'']; in: ''[[Archiv für Sozialgeschichte]]'' 59 (2019), S. 197–227.</ref><ref>[[Matthias Oppermann (Historiker)|Matthias Oppermann]]: ''Liberaler Sozialismus: Ernst Reuters Kampf für die Freiheit''. Bebra-Wissenschaftsverlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-95410-013-2.</ref><ref>[https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-philosophische-flaschenpost-rosa-luxemburg-und-die.2162.de.html?dram:article_id=447286 ''Die philosophische Flaschenpost – Rosa Luxemburg und die Freiheit der Andersdenkenden'']; [[Deutschlandfunk Kultur]] vom 28. April 2019; Zugriff am 18. Juli 2021.</ref><ref>[[Michael Brie]], [[Christoph Spehr]]: [https://hessen.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/kontrovers-0801.pdf ''Was ist Sozialismus?''], in: [[Rosa-Luxemburg-Stiftung]] (Hrsg.): ''kontrovers – Beiträge zur politischen Bildung'' 01/2008.</ref> Sie heben oft die enge Wechselbeziehung zwischen praktischen [[Soziale Bewegung|sozialen Bewegungen]] und theoretischer [[Gesellschaftskritik]] hervor, wobei sie das Ziel verfolgen, mit Blick auf eine [[Soziale Gerechtigkeit|sozial gerechte]] Wirtschafts- und Sozialordnung beide zu versöhnen. |
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Heute wird unter dem Begriff meist die These verstanden, dass [[Gerechtigkeit]], [[Freiheit]], [[Gleichheit]] und [[Würde]] der Menschen sowie eine gerechte Verteilung der Güter an alle Mitglieder der Gemeinschaft ausschließlich durch die Überwindung des [[Kapitalismus|kapitalistischen Wirtschaftssystems]] durch gesellschaftlichen oder staatlichen Besitz der [[Produktionsmittel]] erreicht werden könnten. |
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Historisch bestehen und bestanden in vielen Staaten Systeme, die – teils als Eigenbezeichnung – mit [[Realsozialismus]], aber auch als [[Staatssozialismus]] bezeichnet werden und sich grundsätzlich als [[Autoritarismus|autoritäre]] oder als [[Totalitarismus|totalitäre]] Systeme einordnen lassen; zu nennen sind u. a. die [[Sowjetunion]], [[Volksrepublik China]], [[Nordkorea]], die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] oder [[Kuba]]. Daneben existierten und existieren auch weitere sich als sozialistisch bezeichnende oder so bezeichnete Staaten, die sich allerdings teilweise erheblich von den realsozialistischen Staaten unterscheiden (siehe [[Liste sozialistischer Staaten]]). |
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Verfechter der [[Freie Marktwirtschaft|freien Marktwirtschaft]] vertreten die Auffassung, dass sich die [[Produktion]] im [[Kapitalismus]] vor allem am Bedarf der Gesellschaft ausrichte und der Preis für die Produkte sich an den Gesetzmäßigkeiten von [[Angebot]] und [[Nachfrage]] orientiere. Um die Nachfrage zu steigern, wird der Bedarf in der [[Moderne]] durch [[Werbung]] auch oft künstlich erzeugt. Die Unternehmen stellen diejenigen Güter her, die sich auf dem Markt verkaufen lassen. |
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== Begriff == |
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Im klassischen Sozialismus hingegen wird die Auffassung vertreten, dass sich die Produktion im Kapitalismus nicht nach dem Bedarf der Gesellschaft, sondern nach den Profitinteressen der Kapitaleigner richte. Daher tendiere privates [[Kapital]] dazu, sich in wenigen Händen zu konzentrieren. Diese Entwicklung führe zu einer finanziellen [[Oligarchie]], deren Macht auch von einer demokratischen Gesellschaft immer weniger kontrolliert werden könne. Daraus wird im klassischen Sozialismus der Schluss gezogen, dass es notwendig sei, die Produktionsmittel mittels [[Vergesellschaftung]] oder [[Verstaatlichung]] (beispielsweise von Industrieunternehmen) der Verfügungsgewalt der Klasse der Kapitalisten zu entziehen. |
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=== Begriffsgeschichte === |
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Als ''socialistae'' (lateinisch) oder ''socialisti'' (italienisch) wurden im 18. Jahrhundert von [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen]] Theologen, die der [[Aufklärung]] kritisch bis ablehnend gegenüberstanden, polemisch die Vertreter des modernen [[Naturrecht]]s in der Art von [[Hugo Grotius]] und [[Samuel von Pufendorf]] benannt.<ref name="wa4">[[Willi Albers]]: ''Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft'', 1980, S. 4.</ref> 1762 verfasste [[Jean-Jacques Rousseau]] sein Werk ''[[Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes|Du contrat social]]'', in dem der Staat auf dem Kontrakt (Vertrag) freier Individuen beruht. Seit 1793 wird in Deutschland für Anhänger des Pufendorfschen Solidaritätsprinzips der rechtsphilosophische Terminus „Sozialisten“ verwendet.<ref>Cf. J.G. Buhle: ''Lehrbuch des Naturrechts.'' Göttingen 1798 (ND Brüssel 1969), S. 40.</ref> |
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Erstmals findet sich das Wort ''Sozialismus'' 1803 in der [[Italienische Sprache|italienischen]] Form ''socialismo''. Giacomo Giuliani verwendet diesen Begriff in seiner Kritik an Rousseau positiv auf die Gesellschaftsordnung, allerdings indem er es für den göttlichen Willen hielt, dass die Gesellschaft durch Hierarchien zwischen den Menschen gekennzeichnet sei. Eine solche religiöse Umdeutung wurde jedoch stark kritisiert, weil der Begriff mit dem Liberalismus der Aufklärung in ursächlichem Zusammenhang gesehen wurde.<ref>[[Hannes Leidinger]], [[Verena Moritz]]: ''Sozialismus'', 2008, S. 12.</ref> |
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Im Gegensatz zum ideengeschichtlich verwandten [[Liberalismus]] bezieht sich der Sozialismus nicht hauptsächlich auf Chancengleichheit, sondern auf Gleichheit im Ergebnis, im Idealfall mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft. [[Freiheit]] wird als Möglichkeit zur [[Emanzipation]] verstanden, die sich nur durch eine soziale [[Integration]] aller Menschen in die Gesellschaft erreichen lasse. Die Rechte und Freiheiten des Einzelnen werden, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, zugunsten des Staates eingeschränkt (wobei [[Marx]] und auch [[Lenin]] davon ausgingen, dass der Staatsapparat mit der Zeit absterben würde). Der Staat hat die Aufgabe, die erwirtschafteten Güter zum Wohle aller [[Soziale Gerechtigkeit|sozial gerecht]] zu verteilen. |
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Die ersten Nachweise der Verwendung des Worts ''socialist'' im [[Englische Sprache|Englischen]] fand man im Jahre 1824, das eigentliche [[Französische Sprache|französische]] ''socialisme'' erstmals 1832,<ref>Jost Müller: ''Sozialismus, Rotbuch 3000'', herausgegeben von Martin Hoffmann, Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch Verlag Hamburg 2000, S. 6.</ref> geprägt von Joncières, weiter verbreitet von Leroux und [[Louis Reybaud|Reybaud]].<ref>''Jedermanns Lexikon in zehn Bänden.'' Band 8. Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G., Berlin-Grunewald 1930, S. 417.</ref> |
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Die sozialistische Richtung des [[Anarchismus]] hingegen lehnt staatliche Strukturen als [[Herrschaft]]sinstrument ab. Der Anarchismus baut auf die freiwillige Verbindung der Individuen in [[Kollektiv]]en, Räten und [[Kommune]]n, um dieselben Ziele zu erreichen. Insofern versucht der Anarchismus eine [[Synthese]] zwischen individueller [[Freiheit]] und kollektiver [[Verantwortung]]. |
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Eine Übertragung des ursprünglichen Begriffsadjektivs ''[[sozial]]'' in die heutige, deutsche Gesellschaftssprache ist in der Nähe von ''gemeinsam'', ''gerecht'' oder etwa ''gesellschaftlich zumutbar'', ''der Gemeinschaft zuträglich'' zu suchen. |
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Eine explizit sozialistische Bewegung entwickelte sich erst in Folge von [[Aufklärung]] und [[Industrielle Revolution|industrieller Revolution]] zwischen Ende des [[18. Jahrhundert]]s und Mitte des [[19. Jahrhundert]]s. Sie war eng verwoben mit der Entstehung der [[Arbeiterbewegung]]. Wie bei allen [[-ismus|-ismen]] trat der Sozialismus historisch in vielfältigen Formen auf, deren bekannteste die [[Sozialdemokratie]], die Theorien des [[Kommunismus]] in seinen verschiedenen Auslegeungen und der [[Anarchismus]] sein dürften. |
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Das Adjektiv ''sozialistisch'' dagegen wurde von Anfang an [[politisch]] verstanden. Es ist gesellschaftlich gesehen eine Weiterentwicklung der sozialen Gedanken der Aufklärung insofern, als diese Gleichheit nicht nur dem Recht, sondern auch dem Besitz zugestanden werden soll. |
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==Frühsozialismus== |
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=== Definitionsproblematik === |
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[[Thomas Morus]] (''[[Utopia (Roman)|Utopia]]'') und [[Jean-Jacques Rousseau]] werden von vielen Sozialisten als gedankliche Vorläufer bezeichnet. |
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Was unter Sozialismus zu verstehen sei, ist seit langem umstritten. Schon in den 1920er Jahren sammelte der Soziologe [[Werner Sombart]] 260 Definitionen von Sozialismus.<ref>[[Klaus Motschmann]]: ''Mythos Sozialismus – Von den Schwierigkeiten der Entmythologisierung einer Ideologie.'' MUT-Verlag, Asendorf 1990, S. 25.</ref> |
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Eine allgemein anerkannte, wissenschaftlich gültige Definition existiert nicht. Vielmehr zeichnet sich der Wortgebrauch durch eine große Bedeutungsfülle und begriffliche Unschärfe aus und unterliegt einem ständigen Bedeutungswandel. Deswegen werden dem Begriff zur näheren Präzisierung häufig Adjektive (proletarisch, wissenschaftlich, demokratisch, christlich, genossenschaftlich, konservativ, utopisch) vorangesetzt. Weitere Beispiele für solche Spezifizierungen sind etwa Agrarsozialismus, [[Staatssozialismus]] oder Reformsozialismus.<ref>Willi Albers: ''Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft'', [[s. v.]] ''Sozialismus''.</ref> |
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Gerade in der Ausbildung des eigentlichen Sozialismus gab es vielfältige Varianten desselben. Frühsozialisten wie [[François Noël Babeuf]], [[Claude-Henri Comte de Saint-Simon]], [[Louis-Auguste Blanqui]], [[Charles Fourier]], [[Pierre-Joseph Proudhon]], [[William Godwin]], [[Robert Owen]] oder [[Moses Hess]] legten politische Konzepte von quasi-absolutistischen Diktaturen bis hin zu einem [[Anarchismus|anarchistischen]] [[Föderalismus]] vor. Einig waren sie sich einerseits in einer abwehrenden Reaktion gegen Effekte des [[Kapitalismus|Frühkapitalismus]] wie in der Hoffnung auf eine Gesellschaft, die mittelalterliche Standesunterschiede ebenso überwinden würde wie modernere Klassengegensätze. Oftmals argumentierten sie sehr moralisch, eine sozialwissenschaftlich inspirierte Analyse wie sie von Marx geleistet wurde, fehlte. |
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Sozialstrukturell gesehen wurde der Frühsozialismus nicht von der [[Proletariat|Arbeiterklasse]] getragen, sondern von [[Handwerk]]ern und [[Bürgertum|Kleinbürgertum]]. Diese begannen bereits die Verwerfungen der industriellen Revolution zu spüren, ohne dass es schon zur Bildung eines Industrieproletariats gekommen wäre. |
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Einen kleinsten gemeinsamen Nenner des Begriffs können folgende [[Definition]]en geben: |
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{{Zitat |
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|Text=Sozialismus bezeichnet Ideologien, welche die Überwindung des Kapitalismus und die Befreiung der Arbeiterklasse aus Armut und Unterdrückung ([[soziale Frage]]) zugunsten einer an Gleichheit, Solidarität und Emanzipation orientierten Gesellschaftsordnung propagieren. |
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|ref=<ref>Günter Rieger: ''Sozialismus.'' In: [[Dieter Nohlen]] (Hrsg.): ''Lexikon der Politik.'' Band 7. directmedia, Berlin 2004, S. 595.</ref>}} |
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{{Zitat |
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|Text=Er definiert die als Gegenmodell zum Kapitalismus entwickelte politische Lehre, die bestehende gesellschaftliche Verhältnisse mit dem Ziel sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit verändern will, und eine nach diesen Prinzipien organisierte [[Gesellschaftsordnung]] sowie eine politische Bewegung, die diese Gesellschaftsordnung anstrebt. |
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|ref=<ref>[[Die Zeit]]: ''Lexikon in 20 Bänden.'' Zeitverlag, Hamburg 2005, ISBN 3-411-17560-5 (Gesamtwerk), Band 13, S. 554.</ref> |
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Die [[Bedeutung]]svielfalt wird zusätzlich dadurch gesteigert, dass der Begriff Sozialismus sowohl Methoden und Zielvorstellungen, gesellschaftlich-politische Bewegungen als auch historisch-gesellschaftliche Phasen und existierende Gesellschaftssysteme bezeichnen kann: |
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* eine auf die Deutung, Analyse, Kritik, Idealvorstellung oder praktische Gestaltung bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse gerichtete [[Sozialökonomie|sozialökonomisch]], politisch, philosophisch, pädagogisch bzw. ethische Lehre; |
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* eine politische Bewegung, die versucht, die durch den Sozialismus begründeten Forderungen und [[Ziel]]e praktisch zu verwirklichen; |
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* der Gesellschaftszustand bzw. die Gesellschaftsordnung, die in wirtschaftlichen [[Produktionsweise]]n und Lebensformen den Sozialismus verkörpert; |
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* im Rahmen des [[Marxismus-Leninismus]] eine weltgeschichtliche Entwicklungsphase im Übergang von der kapitalistischen zur kommunistischen [[Gesellschaftsformation]].<ref>Willi Albers: ''Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft'', Stichwort „Sozialismus“.</ref> |
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* den Begriff „[[Realsozialismus]]“, mit dem sich jene Staaten bezeichneten, die seit 1917 von einer Kommunistischen Partei, in der Regel in einem Ein-Parteien-System, regiert wurden. |
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Nach dem Politikwissenschaftler Günter Rieger lassen sich sozialistische Ideologien zum einen nach ihrer Haltung zum [[Staat]] unterscheiden (Staatssozialismus versus [[Anarchismus]]), zum anderen nach dem Weg, auf dem die angestrebte Umgestaltung der Gesellschaft erreicht werden soll (Revolution versus [[Reform]]), sowie drittens danach, welcher Stellenwert unterschiedlichen sozialen und ökonomischen Interessen der Beteiligten eingeräumt wird ([[Klasse (Soziologie)|Klassenantagonismus]] versus [[Pluralismus (Politik)|Pluralismus]]).<ref>Günter Rieger: ''Sozialismus.'' In: Dieter Nohlen (Hrsg.): ''Lexikon der Politik.'' Band 7. directmedia, Berlin 2004, S. 595.</ref> |
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== Historischer Überblick == |
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Eine explizit sozialistische Bewegung entwickelte sich erst infolge von Aufklärung und [[Industrielle Revolution|industrieller Revolution]] zwischen Ende des 18. Jahrhunderts und Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie war eng verwoben mit der Entstehung der [[Arbeiterbewegung]]. Wie bei allen [[-ismus|-ismen]] trat der Sozialismus historisch in vielfältigen Formen auf: von den genossenschaftlichen Ideen der Frühsozialisten über die parteipolitische Organisation in sozialdemokratischen, sozialistischen und danach [[Kommunismus|kommunistischen]] Parteien, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts oft unterschiedliche Ausprägungen annahmen. |
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=== Frühsozialismus === |
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{{Hauptartikel|Frühsozialismus}} |
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[[Datei:Charles Fourier (by Hans F. Helmolt).jpg|mini|[[Charles Fourier]] (1772–1837) zählt zu den bedeutendsten Frühsozialisten|259x259px]] |
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Frühsozialisten wie [[François Noël Babeuf]], [[Claude-Henri Comte de Saint-Simon]], [[Louis-Auguste Blanqui]], [[Charles Fourier]], [[Pierre-Joseph Proudhon]], [[William Godwin]], [[Robert Owen (Unternehmer)|Robert Owen]] oder [[Moses Hess]] legten politische Konzepte von quasi-absolutistischen Diktaturen bis hin zu einem [[Anarchismus|anarchistischen]] [[Föderalismus]] vor. Einig waren sie sich einerseits in einer abwehrenden Reaktion gegen Effekte des [[Kapitalismus|Frühkapitalismus]] wie in der Hoffnung auf eine Gesellschaft, die mittelalterliche Standesunterschiede ebenso überwinden würde wie neuere Klassengegensätze. Oftmals argumentierten sie sehr moralisch. Eine sozialwissenschaftlich inspirierte Analyse, wie sie von [[Karl Marx]] geleistet wurde, gab es noch nicht. |
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Sozialstrukturell gesehen wurde der Frühsozialismus nicht von der [[Proletariat|Arbeiterklasse]] getragen, sondern von [[Handwerk]]ern und [[Kleinbürgertum]]. Diese begannen bereits die Verwerfungen der industriellen Revolution zu spüren, ohne dass es schon zur Bildung eines Industrieproletariats gekommen wäre. |
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Einige wie Robert Owen versuchten den Aufbau abgeschlossener sozialistischer Gemeinschaften in einer so empfundenen feindlichen Umwelt. Die meisten Sozialisten zielten auf eine grundlegende Veränderung der gesamten Gesellschaft. |
Einige wie Robert Owen versuchten den Aufbau abgeschlossener sozialistischer Gemeinschaften in einer so empfundenen feindlichen Umwelt. Die meisten Sozialisten zielten auf eine grundlegende Veränderung der gesamten Gesellschaft. |
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Sozialistisch inspirierte Aktivisten beteiligten sich an der [[Französische Revolution|französischen Revolution]] von |
Sozialistisch inspirierte Aktivisten beteiligten sich an der [[Französische Revolution|französischen Revolution]] von 1789 bis 1799 und an den im Wesentlichen als bürgerlich geltenden europäischen Revolutionen bis 1848/1849 (siehe [[Julirevolution von 1830|Julirevolution]] 1830, [[Februarrevolution 1848]] und [[Märzrevolution]] 1848/1849); einen letzten Höhepunkt im 19. Jahrhundert hatten diese frühsozialistischen Bewegungen in der [[Pariser Kommune]] von 1871, die als erste proletarische Revolution gilt und die schon nach kurzer Zeit blutig niedergeschlagen wurde. |
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Durch die historische Entwicklung bedingt wurden die Diskussionslinien danach klarer: Die vielfältigen Ansätze des Frühsozialismus spalteten sich in drei Hauptlinien, den Anarchismus und die vom [[Marxismus]] inspirierten [[Kommunismus|kommunistischen]] und [[Sozialdemokratie|sozialdemokratischen]] Bewegungen. Vereinzelt, wie im 20. Jahrhundert bei den russischen Revolutionen von 1905 und der [[Februarrevolution 1917]] (bei der [[Oktoberrevolution]] 1917 nur noch sehr bedingt), der [[Münchner Räterepublik]] 1919 oder dem [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]] 1936 bis 1939 kam es zur Zusammenarbeit der drei Gruppen. Diese war jedoch jeweils nur kurzfristig, meist von heftigen internen Auseinandersetzungen geprägt und endete im Sieg einer Gruppe oder der Niederlage aller. |
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=== Anarchismus === |
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{{Hauptartikel|Anarchismus|Kommunistischer Anarchismus|Anarchosyndikalismus}} |
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[[Datei:Louisemichel.jpg|mini|266x266px|[[Louise Michel]] (1830–1905) war eine bedeutende Exponentin des Anarchismus]] |
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Auch viele Anarchisten verstehen sich in sozialistischer Tradition: |
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{{Zitat |
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|Text=Was im Juni 1848 unterlag, war nicht der Sozialismus im Allgemeinen, nur der Staatssozialismus, der autoritäre und reglementmäßige Sozialismus, der geglaubt und gehofft hatte, dass der Staat den Bedürfnissen und legitimen Wünschen der Arbeiterklasse volle Befriedigung gewähren werde und mit seiner Allmacht eine neue soziale Ordnung einführen wolle und könne. |
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|Autor= [[Michail Bakunin]] |ref=<ref>[[Michail Bakunin]]: ''Staatlichkeit und Anarchie'' (1867). Ullstein, Berlin 1972, S. 68.</ref>}} |
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Die Theorie des Anarchismus lehnt daher staatliche Strukturen als [[Herrschaft]]sinstrument ab. Der Anarchismus baut auf die freiwillige Verbindung der Individuen in [[Kollektiv]]en, [[Räterepublik|Räten]] und [[Kommune (Lebensgemeinschaft)|Kommunen]], um dieselben Ziele zu erreichen. Der Anarchismus strebt eine [[Synthese]] zwischen individueller [[Freiheit]] und kollektiver [[Verantwortung]] an und unterscheidet sich von den autoritären Strömungen. Statt des Staates wird beispielsweise von Bakunin vorgeschlagen: |
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{{Zitat |
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|Text=Die Gesellschaft so zu organisieren, dass jedes auf die Welt kommende männliche oder weibliche Wesen ungefähr gleiche Mittel zur Entwicklung seiner Fähigkeiten und ihrer Nutzbarmachung durch die Arbeit vorfindet… |
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|Autor= Michail Bakunin |ref=<ref>Michail Bakunin: ''Staatlichkeit und Anarchie'' (1867). Ullstein, Berlin 1972, S. 70.</ref>}} |
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=== Religiös motivierte Sozialisten === |
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{{Hauptartikel|Religiöser Sozialismus}} |
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[[Datei:WilhelmWeitling.jpg|mini|[[Wilhelm Weitling]] (1805–1871) begründete sozialistische Positionen unter Bezugnahme auf das christliche Gleichheitsideal|281x281px]] |
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Die Bewegung des ''Religiösen Sozialismus'' entstand mit der erstarkenden [[Arbeiterbewegung]] in Mitteleuropa seit dem 19. Jahrhundert vor allem unter sozial engagierten [[Christentum|Christen]], zum Teil auch [[Juden]]. |
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Dass der Sozialismus, der den demokratischen [[Radikalismus]] der deutschen Handwerker, Arbeiter und Intellektuellen ablöste, sich als religiöser Sozialismus konstituierte, ist entscheidend auf den Schneidergesellen [[Wilhelm Weitling]], das Haupt der Bewegung zu Beginn der 1840er Jahre, zurückzuführen. Seine sozialistische, am Ideal der Gütergemeinschaft orientierte Gesellschaftsutopie begründete Weitling in der Schrift ''Die Menschheit wie sie ist und sein sollte'' 1839/40, aber auch noch in seinem ''Evangelium eines armen Sünders'' 1843 überwiegend christlich-religiös.<ref>Sebastian Prüfer: ''Sozialismus statt Religion – Die deutsche Sozialdemokratie vor der religiösen Frage 1863–1890.'' Vandenhoeck & Ruprecht, 2002, S. 276.</ref><ref>Gerda Soecknick: ''Religiöser Sozialismus der neueren Zeit unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands.'' 1926, S. 24.</ref> |
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Besonders seit der Erfahrung des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] gewann unter Juden die Überzeugung an Boden, dass dauerhafter [[Frieden]] entsprechend der [[Tora]] und dem [[Evangelium (Buch)|Evangelium]] nur verwirklicht werden könne, wenn der auf [[Egoismus]], [[Rivalität|Konkurrenz]] und [[Ausbeutung]] gegründete [[Kapitalismus]] überwunden werde. |
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[[Hermann Samuel Reimarus]], [[Karl Kautsky]], R. Eisler, [[Samuel George Frederick Brandon]], und andere beriefen sich in ihrem „sozialen und politischen Kampf gegen bestehende Ordnungen“ auf Person und Handeln Jesu, und betonten seine Nähe zur Bewegung der Zeloten.<ref>Oscar Cullmann: ''Jesus und die Revolutionären seiner Zeit.'' J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1970, S. 19.</ref> |
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Andere wie z. B. der Theologe [[Hans Küng]], halten eine Inanspruchnahme Jesu für sozialrevolutionäre Bestrebungen für konstruiert.<ref>Hans Küng: ''Christ sein'', dtv, München 1976, S. 219: „Und doch muß man die ganzen evangelischen Berichte verdrehen und uminterpretieren, muß man die Quellen völlig einseitig auswählen, unkontrolliert und willkürlich mit vereinzelten Jesus-Worten und Gemeindebildungen operieren und von Jesu Botschaft als ganzer weithin absehen, […] wenn man aus Jesus einen Guerillakämpfer, einen Putschisten, einen politischen Agitator und Revolutionär und seine Botschaft vom Gottesreich zu einem politisch-sozialen Aktionsprogramm machen will. […] Wie kein Mann des Systems, so war er auch kein sozialpolitischer Revolutionär. […] Ihm kann man nachfolgen auch ohne ein explizit politisches oder sozialkritisches Engagement.“</ref> |
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Die [[Befreiungstheologie]] oder Theologie der Befreiung ist eine in Lateinamerika entstandene Richtung der christlichen Theologie. Die Grundkonzepte der Befreiungstheologie entstanden seit Mitte der 1960er Jahre aus der Selbstorganisation von katholischen Basisgemeinden in Brasilien. Den Namen gab ihr das im Dezember 1971 erschienene Buch Teología de la liberación von [[Gustavo Gutiérrez]]. Sie versteht sich als „Stimme der Armen“ und will zu ihrer Befreiung von Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrückung beitragen. Aus der Situation sozial deklassierter Bevölkerungsteile heraus interpretiert sie biblische Tradition als Impuls für umfassende Gesellschaftskritik. Mit einem Bekenntnis zum gelebten Glauben im Diesseits arbeitet die Befreiungstheologie für eine basisdemokratische und teilweise sozialistische Gesellschaftsordnung.<ref>Bruno Kern: ''Theologie der Befreiung'' A. Francke Verlag, Tübingen 2013, S. 61.</ref> |
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=== Marxistischer Sozialismus === |
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[[Datei:Karl Marx 001.jpg|mini|[[Karl Marx]], vor 1875|292x292px]] |
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Laut [[Friedrich Engels]] bedeutete Sozialismus noch 1847 eine Bourgeoisbewegung, Kommunismus indes eine Arbeiterbewegung ([[Cabet]], [[Wilhelm Weitling|Weitling]]), weswegen [[Karl Marx]] und Engels damals noch der Bezeichnung „Kommunisten“ den Vorzug gaben. Erst 1887 bekannten sich sogar die englischen Gewerkschaften zum Sozialismus.<ref>Friedrich Engels: ''Vorwort zur deutschen Ausgabe von 1890 (Auszug) zum „Kommunistischen Manifest“.'' In: Marx/Engels: ''Ausgewählte Schriften.'' Band I. Berlin 1968, S. 21 ff.</ref> |
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Der [[Marxismus]] hatte lange Zeit die [[Deutungshoheit]] in der sozialistischen Bewegung. Nach dem Verfall der ersten [[Internationale Arbeiterassoziation|Internationale]] 1876 bis über den größten Teil des gesamten 20. Jahrhunderts hinweg wurden Diskussionen innerhalb des und über den Sozialismus überwiegend mit den von Marx und Engels geprägten Begriffen geführt. |
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Marx und Engels betrachteten den Frühsozialismus als ''Utopischen Sozialismus'' und stellten ihm den [[Wissenschaftlicher Sozialismus|wissenschaftlichen Sozialismus]] gegenüber. Nach der Theorie von Marx und Engels stehen sich in der Epoche des Kapitalismus die [[Bourgeoisie|Kapitalistenklasse]] (Privateigentümer auf [[Produktionsmittel]]) und die [[Arbeiterklasse]] ([[Proletariat]]) als Gegenspieler gegenüber. Die Arbeiter seien gezwungen ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen. Der jeweilige Kapitalist stelle die Arbeiter als Lohnabhängige ein und profitiere von deren Arbeit, weil er den Arbeitern immer nur einen Teil des durch ihre Arbeit erwirtschafteten Geldes auszahle, den Rest behalte er für sich. Demnach entstehe Ausbeutung. Die verschiedenen Interessen der beiden Klassen würden sich in einem stetigen Widerstreit befinden, also in einem [[Klassenkampf]]. Die Zuspitzung dieses Widerstreits würde es nach Marx und Engels erforderlich machen, dass die organisierte Arbeiterklasse die Macht erobern müsse, um sich selbst zu befreien.<ref>[[Heinrich August Winkler]]: ''Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert.'' 2. Auflage. Verlag C. H. Beck, 2010, S. 758.</ref> Nach Marx ist die [[Diktatur des Proletariats]] mit ihrer Aufgabe die Aufhebung des [[Privateigentum]]s an Produktionsmitteln die Voraussetzung der klassenlosen Gesellschaft (Kommunismus). Nach Friedrich Engels wird diese Diktatur eine demokratische Herrschaft der Mehrheit über die Reste der Ausbeuterklasse sein. Marx und er forderten [[Verstaatlichung]]en aller Produktionsmittel, zum Beispiel im [[Manifest der Kommunistischen Partei]]: |
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{{Zitat |
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|Text=Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. |
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|ref=<ref>[[Marx-Engels-Werke|MEW]] 4: 481.</ref>}} Wie die Gesellschaftsform nach der Entwicklung vom Sozialismus zum Kommunismus, also der klassenlosen Gesellschaft, genauer aussehen werde, wurde von Marx und Engels bewusst nicht genauer ausgemalt und werde sich der Theorie folgend anhand konkreter gesellschaftlicher Entwicklungen und Widersprüche zeigen. |
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Zwei bekannte Zitate, die sich um die Entwicklung zur höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft drehen: |
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{{Zitat |
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|Text=In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen! |
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|ref=<ref>Karl Marx: ''[[Kritik des Gothaer Programms]]'', MEW 19, S. 21.</ref>}} |
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{{Zitat |
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|Text=Sobald es keine Gesellschaftsklasse mehr in der Unterdrückung zu halten gibt, sobald mit der Klassenherrschaft und dem in der bisherigen [[Anarchie der Produktion]] begründeten Kampf ums Einzeldasein auch die daraus entspringenden Kollisionen und Exzesse beseitigt sind, gibt es nichts mehr zu reprimieren, das eine besondre Repressionsgewalt, einen Staat, nötig machte. Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Repräsentant der ganzen Gesellschaft auftritt – die Besitzergreifung der Produktionsmittel im Namen der Gesellschaft, ist zugleich sein letzter selbständiger Akt als Staat. Das Eingreifen einer Staatsgewalt in gesellschaftliche Verhältnisse wird auf einem Gebiete nach dem andern überflüssig und schläft dann von selbst ein. An die Stelle der Regierung über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht ‚abgeschafft‘, er stirbt ab. |
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|ref=<ref>Friedrich Engels: [[Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft]]. MEW 19, S. 224.</ref>}} |
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Die Phase der Diktatur wurde von [[Wladimir Iljitsch Lenin]] als eigenständige Gesellschaftsformation verstanden, die er als Sozialismus bezeichnete. In ihr würden die Proletarier die [[Produktionsverhältnisse]] durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel so verändern, dass schließlich die Klassengegensätze selbst aufgehoben würden. Der Staat, von Marx als Instrument der Unterdrückung einer Klasse durch die andere gedacht, werde somit überflüssig und sterbe ab, woraus die letzte Gesellschaftsformation der Menschheitsgeschichte möglich werde, der Kommunismus.<ref>''[[Gabler Wirtschaftslexikon]].'' Band 3. Springer, Wiesbaden 1997, S. 2561 [[s. v.]] ''Marxismus-Leninismus''; [[Hans-Peter Waldrich]]: ''Sozialismus.'' In: [[Bernhard Schäfers]] (Hrsg.): ''Grundbegriffe der Soziologie.'' 8. Auflage. Opladen 2003, S. 326.</ref> |
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Im sogenannten [[Revisionismus]]streit innerhalb der deutschen Sozialdemokratie grenzten sich Marxisten, die auf eine Revolution setzten, von solchen ab, die den Sozialismus auf dem Wege von Reformen herbeiführen wollten. [[Rosa Luxemburg]] betonte hierbei die Unumgänglichkeit der Revolution, indem sie zum Beispiel schrieb: |
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|Text=Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist. |
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|ref=<ref>Rosa Luxemburg: ''Sozialreform oder Revolution'', 1900; zitiert nach: Cordula Koepcke: ''Revolution – Ursachen und Wirkungen.'' Günter Olzog Verlag, München 1971, S. 130.</ref>}} |
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Ihr parteiinterner Gegner [[Eduard Bernstein]] vertrat die Ansicht, die Sozialdemokratie könne die angestrebte grundlegende Erneuerung der Gesellschaft durch einen beständigen Reformprozess erreichen. Er stellte die Notwendigkeit der proletarischen Revolution in Frage und propagierte die Teilhabe am politischen System des Kaiserreiches. In der Weimarer Republik und den ersten zwanzig Jahren der Bundesrepublik wurde diese Differenzierung durchgehalten. |
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=== Sozialdemokratie === |
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{{Hauptartikel|Sozialdemokratie}} |
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[[Datei:Bernst1.jpg|mini|hochkant|[[Eduard Bernstein]] (1850–1932) Vertreter des sozialdemokratischen Reformismus]] |
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In der europäischen Sozialdemokratie setzte sich seit etwa 1900 der [[Reformismus]] durch, der den Sozialismus nicht durch eine soziale Revolution, sondern durch demokratische Reformen erreichen zu können glaubt. Damit wurden sozialdemokratische Gründungsprogramme, die Sozialismus gemäß der [[Karl Marx|marxschen]] Theorie vom [[Klassenkampf]] als Ergebnis krisenhafter Zuspitzungen der sozialen Gegensätze und revolutionärer Umgestaltungen erwarteten, zuerst in der praktischen Alltagspolitik und dann theoretisch aufgegeben. |
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In Deutschland begann die Auseinandersetzung um einen revolutionären oder reformistischen Weg zum Sozialismus mit Veröffentlichungen [[Eduard Bernstein]]s, die 1896 die [[Revisionismus]]debatte auslösten. Zwar fand Bernsteins Position in der SPD zunächst keine Mehrheit, doch setzte sie sich nach dem Tod des Parteivorsitzenden [[August Bebel]] 1913 unter seinem Nachfolger [[Friedrich Ebert]] mehr und mehr durch. Hieraus und aus der Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den [[Kriegsanleihe]]n zur Finanzierung des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] 1914, an dem die [[Sozialistische Internationale]] zerbrach, wurden ideologische Auseinandersetzungen innerhalb der Sozialdemokratie manifest, die schließlich zur Spaltung der SPD in [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] und [[Mehrheitssozialdemokratie|MSPD]] führte. Sie verschärften sich seit der [[Oktoberrevolution]] in Russland 1917. Es kam zu einer Spaltung zwischen Sozialisten und Kommunisten, die eigene [[kommunistische Partei]]en gründeten. Der Bruch zwischen beiden Lagern zeigte sich besonders am Verhältnis zum sogenannten Realsozialismus sowjetischer Prägung. Die Anfang 1919 gegründete [[Kommunistische Partei Deutschlands]] (KPD) beanspruchte als Nachfolgerin des [[Spartakusbund]]es, mit dem proletarischen [[Internationalismus]] die besten sozialdemokratischen Traditionen zu bewahren. Mit der Ermordung der Spartakusführer und KPD-Gründer [[Rosa Luxemburg]] und [[Karl Liebknecht]] wurde die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung in die reformorientierte SPD und die marxistisch-revolutionäre KPD unumkehrbar, während die USPD bis 1922 zwischen diesen beiden Polen zerrieben wurde und danach keine bedeutende Rolle in der [[Weimarer Republik]] mehr spielte. |
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In Russland spaltete sich die Sozialdemokratie schon 1903 in die reformorientierten [[Menschewiki]] (= Minderheitler) und die marxistisch-revolutionären [[Bolschewiki]] (= Mehrheitler), deren Gegensatz nach vorübergehender neuer Zusammenarbeit 1912 endgültig wurde. Den Menschewiki gelang unter [[Alexander Fjodorowitsch Kerenski|Kerenski]] mit der [[Februarrevolution 1917]] der Sturz des [[Zar]]en und die Regierungsbildung, doch setzten sie den Krieg gegen Deutschland für Gebietsgewinne fort. Die theoretische, nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1917 auch die praktische Führung der Bolschewiki übernahm [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenin]]. Durch das Angebot eines Sofortfriedens gewann er eine Mehrheit im [[Petrograder Sowjet|Rätekongress]], die er für eine erneute Revolution – diesmal gegen die [[Provisorische Regierung (Russland)|provisorische Regierung]] in Petrograd – nutzte. Nach dem fünfjährigen [[Russischer Bürgerkrieg|Russischen Bürgerkrieg]] gegen verschiedene zarentreue „Weiße Truppen“ (vgl. [[Weiße Armee]]) gründeten die Bolschewiki die UdSSR mit der seit 1952 [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]] genannten alleinherrschenden Staatspartei. Damit verlor die unterlegene russische Sozialdemokratie fast bis zum Ende der [[Sowjetunion]] 1990 jede machtpolitische Bedeutung. |
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Die innersozialistischen Gegensätze in der „Systemfrage“, die in Deutschland zugunsten der Reformisten, in Russland zugunsten der Leninisten ausgegangen waren, vertieften nach dem Rechtsruck der Weimarer Republik ab 1923 die Spaltung zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten und schwächten so die Zukunftsperspektiven des Sozialismus weltweit. Obwohl die SPD bis zu ihrem [[Heidelberger Programm]] von 1925 am Ziel einer Ablösung der kapitalistischen durch eine sozialistische Wirtschaftsordnung festhielt, ging sie im politischen Alltag den Weg einer Reformpartei, die ihre Ziele parlamentarisch durch Kompromisse und Koalitionen – auch mit gegnerischen Kräften der Gesellschaft – allmählich durchzusetzen suchte. Obwohl sie eine der größten demokratischen Parteien in der ersten deutschen Republik blieb und die meisten Regierungen mittrug, geriet sie bald in die politische Defensive gegenüber deutschnationalen und rechtsradikalen Parteien, bis sie 1933 kurz nach der KPD mit allen übrigen Parteien außer der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] vom neuen Regime des [[Nationalsozialismus]] verboten, ihre Führungskräfte verfolgt und ihre Strukturen zerschlagen wurden. |
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Nach dem Ende der [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Diktatur]] konnte die SPD sich regenerieren und griff nun auf sozialistische Ziele zurück, die das Wiedererstarken des [[Faschismus]] durch energische Eingriffe in den [[Monopolkapitalismus]] verhindern sollten. Doch erst nach ihrer Wende zur [[Marktwirtschaft]] im [[Godesberger Programm]] 1959 wandelte sie sich zur [[Volkspartei (Deutschland)|Volkspartei]]. Dabei definierte sie „Sozialismus“ nun in ausdrücklicher Abgrenzung vom Sowjetkommunismus als „Demokratischen Sozialismus“, um damit ihre Anerkennung des pluralistischen Systems der westlichen Demokratien zu zeigen. So befreite die SPD sich allmählich aus ihrer Oppositionsrolle und stellte mit [[Willy Brandt]] 1969 erstmals den [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]]. Dessen Regierungserklärung versprach „mehr Demokratie“, jedoch keinen Sozialismus im Sinne der alten SPD-Programme mehr. |
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In der [[Sowjetische Besatzungszone|Sowjetischen Besatzungszone]] war es unter sowjetischem Einfluss zur [[Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED|Zwangsvereinigung]] der SPD mit der dominierenden KPD zur [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]] gekommen, die in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] von 1949 bis zu deren Niedergang 1989/1990 an der Macht blieb und sich an der KPdSU und dem politischen System der UdSSR ausrichtete. Dort wurde der Sozialismus weiterhin als Gegensatz zum westlichen Kapitalismus und Vorstufe zum Kommunismus aufgefasst. |
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Seit dem Scheitern des Realsozialismus leiteten sozialdemokratische Regierungen in Europa eine zunehmende Öffnung zur „Neuen Mitte“ ein. In der SPD begann dieser Prozess etwa 1999 mit dem „[[Schröder-Blair-Papier]]“, einer gemeinsamen Erklärung von SPD-Kanzler [[Gerhard Schröder]] und dem damaligen britischen Premier [[Tony Blair]] von der [[Labour Party]], und führte über die [[Arbeitslosengeld II|Hartz-IV]]-Gesetze 2002 bis zur Debatte über die Streichung des demokratischen Sozialismus aus dem Parteiprogramm. |
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[[Globalisierungskritik]]er wie [[Attac]] und ehemalige SPD-Linke wie [[Oskar Lafontaine]] (später [[Die Linke]], jetzt [[Bündnis Sahra Wagenknecht]]) sehen darin eine Abkehr von sozialdemokratischen Grundwerten und eine Wende zum [[Neoliberalismus]], der für sie eine besonders aggressive Steigerung des internationalen [[Kapitalismus]] ist. |
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Die SPD sieht sich jedoch nach wie vor als sozialistische Partei und bekennt sich in ihrem Hamburger Parteiprogramm (2007) ausdrücklich in der Tradition der „marxistischen Gesellschaftsanalyse“ zum [[Demokratischer Sozialismus|Demokratischen Sozialismus]].<ref>[https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Grundsatzprogramme/hamburger_programm.pdf ''Hamburger Programm. Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen auf dem Hamburger Bundesparteitag der SPD am 28. Oktober 2007''], das Zitat S. 13.</ref> |
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=== Realsozialismus === |
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{{Hauptartikel|Realsozialismus}} |
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[[Datei:AufbauderRepublikMaxLingnerL1130187 (2).jpg|mini|Detail aus dem Wandbild ''Aufbau der Republik'' von [[Max Lingner]], entstanden 1950–1952 am [[Detlev-Rohwedder-Haus|Haus der Ministerien]] in der [[Leipziger Straße (Berlin)]], wo am 7. Oktober 1949 die DDR gegründet wurde]] |
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[[Datei:Lenin's head in Ulan Ude.jpg|mini|hochkant|Sowjetisches [[Lenin]]denkmal in [[Ulan-Ude]]]] |
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Als real existierenden Sozialismus bezeichneten sich jene Staaten, die seit 1917 von einer [[Kommunistische Partei|Kommunistischen Partei]], in der Regel in einem Ein-Parteien-System, regiert wurden: besonders die [[Sowjetunion]] mit der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]] und die ab 1945 an ihrem System ausgerichteten Staaten des europäischen „[[Ostblock]]s“, darunter: [[Polen]], [[Tschechoslowakei|ČSSR]], [[Ungarn]], [[Bulgarien]], [[Rumänien]], [[Deutsche Demokratische Republik]] sowie die [[Mongolische Volksrepublik]]. Weiterhin bestehen bis heute einige weitere sehr unterschiedliche, sich teilweise widersprechende von manchen als realsozialistisch bezeichnete Systeme wie die [[Volksrepublik China]] (seit 1949), im nach dem [[Vietnamkrieg]] vereinigten [[Vietnam]] (spätestens seit 1975), [[Laos]] (seit 1975), [[Kuba]] (seit 1959) oder [[Nordkorea]] (seit 1948). |
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Mit der [[Oktoberrevolution]] 1917 in [[Russland]] sollten die Ideen des Sozialismus erstmals in einem großen Flächenstaat in die Praxis umgesetzt werden. Der Begriff des Realsozialismus sollte erklären, warum viele Vorhersagen der marxschen Theorie wie die [[Weltrevolution]] und die rasche Entwicklung größeren Wohlstands in den sozialistischen Staaten nicht eintraten und diese Staaten sich dennoch weiter zum Kommunismus entwickelten, allerdings mit Problemen der [[Realpolitik]] zu kämpfen hatten. |
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[[Josef Stalin|Stalin]] vertrat nach Lenins Tod die Theorie vom möglichen „[[Sozialismus in einem Land]]“, der sich unabhängig von der Weltrevolution etablieren und halten könne. [[Leo Trotzki|Trotzki]] stellte dagegen seine [[Theorie der permanenten Revolution]] auf, um bürokratische Erstarrung einer Sozialrevolution durch erneute innenpolitische Umwälzungen und Revolutionierung weiterer Länder zu verhindern. Nachdem sich Stalin gegen Trotzki durchgesetzt hatte, gab die von ihm beherrschte KP die ursprünglichen Ziele auch der Bolschewiki auf, die eine Demokratisierung nach erfolgreichem Aufbau sozialistischer Produktionsverhältnisse in Aussicht gestellt hatten. Stalins rigorose Zwangsmaßnahmen zur forcierten Industrialisierung, Kollektivierung der Landwirtschaft, ethnischen Homogenisierung und Ausschaltung jeder möglichen Opposition – zusammengefasst als [[Stalinismus]] – aber auch die ähnliche Politik seiner Nachfolger und die ständigen schweren Verstöße gegen die [[Menschenrechte]] in realsozialistischen Staaten haben diese Systeme weltweit diskreditiert. Die faktisch nationale, diktatorisch-technokratische Machtpolitik und das imperialistische Hegemoniestreben solcher Staaten gefährdete aus Sicht vieler Kritiker alle weiteren Anläufe zu einem von der Sowjetunion oder China unabhängigen Sozialismus. Realsozialismus wird dabei entweder als logische Konsequenz des marxschen Sozialismusmodells oder als dessen Verkehrung ins Gegenteil kritisiert, sodass viele Kritiker diesen Staaten das Recht absprachen, sich sozialistisch zu nennen. |
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{{Siehe auch|Liste sozialistischer Staaten}} |
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=== Neosozialismus === |
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{{Hauptartikel|Neosozialismus}} |
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In den 1920er Jahren entstand in [[Dritte Französische Republik|Frankreich]] als Reaktion auf die Positionen der Parteispitze der [[Section française de l’Internationale ouvrière]] (SFIO), die als sklerotisch und im 19. Jahrhundert verhaftet wahrgenommen wurden, der Neosozialismus. Linke Absolventen der [[École normale supérieure (Paris)]] um [[Marcel Déat]] entwickelten die Theorie, dass nicht durch Klassenkampf und Revolution der Sozialismus erreicht werden könne, sondern durch ein breites Bündnis namentlich mit den linksbürgerlichen [[Parti républicain, radical et radical-socialiste|Radikalsozialisten]]. Dadurch sollten Schlüsselpositionen in der Verwaltung erobert werden, von denen aus zuerst die Profite der Unternehmer, schließlich auch deren Betriebe sozialisiert werden würden.<ref>[[Jean-Jacques Becker]], Serge Berstein: ''Victoire et frustrations 1914–1929 (=Nouvelle histoire de la France contemporaine,'' Bd. 12). Editions du Seuil, Paris 1990, ISBN 2-02-012069-0, S. 406–409.</ref> 1930 legte Déat in seinen ''Perspectives socialistes'' eine Art Programmschrift des Neosozialismus vor, in der er nicht nur den Marxismus, sondern auch den Internationalismus der SFIO hinter sich ließ. Auf dem Parteikongress 1933 propagierte [[Adrien Marquet]] einen nationalen Sozialismus unter der Parole {{frS|ordre, autorité, nation}} (Ordnung, Autorität, Nation), woraufhin die Neosozialisten aus der SFIO ausgeschlossen wurden. Sie gründeten die [[Parti socialiste de France-Union Jean Jaurès]], in der sich von Anfang an auch [[Antisemitismus|antisemitische]] Ressentiments laut wurden, wahrnehmbar etwa in der höhnischen Ablehnung des Aufnahmeantrags [[Salomon Grumbach]]s.<ref>Dominique Borne, Henri Dubief: ''La crise des années 30 1929–1938. (= Nouvelle histoire de la France contemporaine,'' Bd. 13). Editions du Seuil, Paris 1989, S. 94 ff.</ref> In der Folgezeit drifteten Déat und die Neosozialisten immer weiter Richtung [[Faschismus]].<ref>[[Philippe Burrin]]: ''La Dérive fasciste. Doriot, Déat, Bergery 1933–1945''. 2. Auflage, Éditions du Seuil, Paris 2003, ISBN 2-02-058923-0.</ref> Sie propagierten autoritäre Steuerungsmodelle zur Lösung der [[Weltwirtschaftskrise]] und der politischen Probleme der Dritten Republik, die schließlich bei Déat und mehreren seiner Anhänger in eine Ablehnung von Frankreichs Eintritt in den Zweiten Weltkrieg („[[Mourir pour Dantzig?]]“) und in die [[Kollaboration in Frankreich (1940–1944)|Kollaboration]] mit dem [[NS-Staat|nationalsozialistischen Deutschland]] führten.<ref> [[Andreas Wirsching]]: ''Vom Weltkrieg zum Bürgerkrieg? Politischer Extremismus in Deutschland und Frankreich 1918–1933/39. Berlin und Paris im Vergleich''. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56357-2, S. 492 ff.</ref> |
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=== Nationaler Sozialismus === |
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{{Lückenhaft}}{{Hauptartikel|Nationaler Sozialismus}} |
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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in manchen europäischen Staaten Strömungen, die einen „[[Dritter Weg|Dritten Weg]]“ zwischen den sich gegeneinander definierenden und bekämpfenden Richtungen des Nationalismus und des Sozialismus suchten. Als vage Vordenker und Wegbereiter national-sozialistischer Ideen im deutschen Sprachraum gelten Autoren des [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreichs]], die eine [[Gemeinwirtschaft]] im Rahmen der [[Nation]] anstrebten und sich vom [[Internationalismus]] des [[Marxismus]] wie der [[Sozialdemokratie]] abgrenzten. Solche Entwürfe entstanden ungefähr seit der politischen Wende von 1890, die durch die Entlassung [[Otto von Bismarck|Otto von Bismarcks]] als Reichskanzler und die Legalisierung der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] markiert war. |
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Seit etwa 1890 war in der SPD die Vorstellung gewachsen, Sozialismus sei nicht durch Entmachtung der nationalen Eliten, sondern Zusammenarbeit mit ihnen und partielle Unterstützung ihrer Politik zu erreichen. Dies war eine Reaktion auf Angriffe wie beispielsweise von [[Gustav Tuch]], der 1887 erklärte, der [[Militarismus in Deutschland|preußische Militarismus]] sei „der einzig wahre nationale und zivilisierte Sozialismus […] gegenüber dem vaterlandslosen und barbarischen Sozialismus der Sozialdemokratie“.<ref name="isf-freiburg.org-huhn">Zitiert nach Willy Huhn: ''[https://usercontent.one/wp/www.ca-ira.net/wp-content/uploads/2023/09/Willy-Huhn_Die-Ideen-von-1914-und-die-Folgen.pdf Die Ideen von 1914 und die Folgen]''.</ref> Zwar wies [[Karl Kautsky]] dies damals zurück; aber Vertreter des [[Revisionismus]] fanden in der SPD wachsendes Gehör. So erklärte [[Eduard Bernstein]] 1899 in seinem Buch ''Die Voraussetzungen des Sozialismus'':<ref name="isf-freiburg.org-huhn" /> |
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{{Zitat|Im weiteren Verlaufe wird das Nationale so gut sozialistisch sein wie das [[Munizipal]]e. Nennen sich doch schon heute Sozialisten demokratischer Staatswesen gern Nationalisten. |
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Mit der Zustimmung zum [[Burgfriedenspolitik|Burgfrieden]] und zu den [[Kriegskredit|Kriegskrediten]] am 4. August 1914 erhoffte sich die SPD Akzeptanz bei den Eliten und mehr demokratische Partizipation als Gegenleistung. |
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[[Willy Huhn (Theoretiker)|Willy Huhn]], der 1952 ein Buch zu nationalistischen und militaristischen Traditionen innerhalb der Sozialdemokratie veröffentlichte, beschrieb die SPD, die sich nach der Gründung der [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] 1917 [[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands]] (MSPD) nannte, aufgrund solcher Belege als „die erste nationalsozialistische Partei“ der Weltgeschichte. Huhn fand in den Ideen der Kriegssozialisten die „[[Deutsche Arbeitsfront]]“ des „Dritten Reiches“ vorgezeichnet.<ref name="isf-freiburg.org-huhn" /> |
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In der SPD der Zwischenkriegszeit gab es einen rechtsgerichteten Flügel vorwiegend jüngerer Mitglieder, die die Sozialdemokratie für nationalistische, autoritäre und antirationalistische Ideen öffnen wollten. Wichtigste Organisation dieser Richtung war der von 1923 bis 1926 innerhalb der Jungsozialisten bestehende [[Hofgeismarer Kreis (Jungsozialisten)|Hofgeismarer Kreis]]. Namhafte Vertreter des jung-rechten Flügels der Sozialdemokratie waren [[Paul Tillich]], [[Hermann Heller (Jurist)|Hermann Heller]], [[Carlo Mierendorff]] und [[Theodor Haubach]]. Zeitweise gab es auch Verbindungen zu Ernst Niekisch. In der Absicht, den aufkommenden Nationalsozialismus zu bekämpfen, wollten sie diesem einen „nationalen Sozialismus“ entgegensetzen und nahmen dazu zum Teil auch Anleihen bei [[Ideologie]] und Praxis der [[Nationalismus|nationalistischen]] [[Politische Rechte (Politik)|Rechten]]. Vertreter dieser Richtung fanden sich später auch im [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus]] wieder, insbesondere im [[Kreisauer Kreis]].<ref>Stefan Vogt: ''Nationaler Sozialismus und Soziale Demokratie. Die sozialdemokratische Junge Rechte 1918–1945.'' Dietz, Bonn 2006.</ref> |
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Auch die damaligen Linksparteien gebrauchten nationalistische Motive, um Massen zu mobilisieren und Wähler der Rechten anzuziehen. So verabschiedete die [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] 1930 eine programmatische Erklärung „zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“<ref>{{Webarchiv |url=http://www.marxistische-bibliothek.de/nationalebefreiung.html |text=Ernst Thälmann: Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes 1930 |wayback=20070510225935}}.</ref> und wandte sich 1932 gegen die im [[Youngplan]] festgelegten Reparationszahlungen als „Tributsklaverei des deutschen Volkes“.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.marxistische-bibliothek.de/national7.html |text=Deklaration des Zentralkomitees der KPD: ''Gegen die Tributsklaverei des deutschen Volkes. Gegen Versailles und Young'' |wayback=20070510225935}}.</ref> |
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=== Neue Linke === |
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Durch die historische Entwicklung bedingt wurden die Diskussionslinien danach klarer: Die vielfältigen Ansätze des Frühsozialismus spalteten sich in drei Hauptlinien, den [[Anarchismus]] und die vom [[Marxismus]] inspirierten [[Kommunismus|kommunistischen]] und [[Sozialdemokratie|sozialdemokratischen]] Bewegungen. Vereinzelt, wie im [[20. Jahrhundert]] bei den russischen Revolutionen von [[1905]] und der [[Februarrevolution 1917]] (bei der [[Oktoberrevolution]] 1917 nur noch sehr bedingt), der [[Münchner Räterepublik]] [[1919]] oder dem [[Spanischer Bürgerkrieg|spanischen Bürgerkrieg]] [[1936]] bis [[1939]] kam es zur Zusammenarbeit der drei Gruppen. Die war jedoch jeweils nur kurzfristig, meist von heftigen internen Auseinandersetzungen geprägt und endeten im Sieg einer Gruppe oder der Niederlage aller. |
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[[Datei:Rudi.jpg|mini|hochkant|[[Rudi Dutschke]] (1940–1979) Wortführer der bundesdeutschen Neuen Linken]] |
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Aus der [[Außerparlamentarische Opposition|Außerparlamentarischen Opposition]] der 1960er Jahre gingen seit 1970 zum einen eine Reihe von [[K-Gruppe]]n, zum anderen „undogmatische“ und „antiautoritäre“ Gruppen hervor, die als „[[Neue Linke]]“ zusammengefasst werden. Unter ihnen war das 1969 gegründete [[Sozialistisches Büro|Sozialistische Büro]] in Offenbach eine der einflussreichsten Organisationen. Studentenführer wie [[Rudi Dutschke]] vertraten einen demokratischen Sozialismus, den sie sowohl gegen die Sozialdemokratie als auch gegen den Realsozialismus abgrenzten. Sie blieben meist außerhalb von Parteien in verschiedenen [[Neue soziale Bewegungen|Neuen sozialen Bewegungen]] engagiert und hatten kaum Rückhalt in der Arbeiterschaft und bei [[Gewerkschaft]]en, gewannen aber mit Gründung und Aufstieg der neuen Partei [[Bündnis 90/Die Grünen|Die Grünen]] parlamentarischen Einfluss. Kulturell erreichte die [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre]] eine Liberalisierung der Gesellschaft und differenziertere Haltung zum Ideal des Sozialismus als im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]], wo dieser Begriff fast nur mit diktatorischen Zuständen östlicher Systeme identifiziert wurde. |
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=== Neue sozialistische Parteien === |
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''Siehe auch:'' [[Utopischer Sozialismus]] |
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[[Demokratischer Sozialismus]], zwischen 1928 und 1934 aus kommunistischer Sicht im Zusammenhang mit der SPD noch als [[Sozialfaschismus]] verschrien, wurde auch in der DDR von der kommunistischen [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]] meist als ein Synonym für Sozialdemokratie definiert und als „[[Sozialdemokratismus]]“<ref>[[Ulla Plener]]: »Sozialdemokratismus« – Instrument der SED-Führung im Kalten Krieg gegen Teile der Arbeiterbewegung (1948–1953). UTOPIE kreativ, H. 161 (März 2004), S. 248–256 ([https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/161plener.pdf rosalux.de] [PDF; 72 kB]).</ref> ideologisch abgewertet. Nach der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende in der DDR]] erklärte die gestürzte SED diesen Begriff aber zu ihrer Leitidee, indem sie sich 1990 zur [[Partei des Demokratischen Sozialismus]] (PDS) umbenannte und sich programmatisch wandelte. 2005 benannte sich die PDS in ''Die Linkspartei'' um und vereinte sich am 16. Juni 2007 mit der westdeutschen [[Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative|WASG]] zur neugebildeten Partei [[Die Linke]]. |
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In anderen Staaten [[Westeuropa]]s hatten kommunistische Parteien schon seit den 1960er Jahren einen anti[[Sowjetkommunismus|sowjetkommunistischen]] Kurs zum [[Eurokommunismus]] eingeschlagen: etwa die [[Kommunistische Partei Italiens]], die sich 1990 umbenannte in „[[Partito Democratico della Sinistra|Demokratische Partei der Linken]]“ (italienisch ''Partito Democratico della Sinistra'' – PDS) oder die [[Parti communiste français|Kommunistische Partei Frankreichs]] (KPF, französisch PCF). Diese ehemals kommunistischen Parteien setzen zum einen auf einen Ausbau des [[Sozialstaat]]s und eine Zähmung des Kapitalismus durch gesetzliche Eingriffe, zum anderen wollen sie den Parlamentarismus stärker mit [[Plebiszit]]en und [[Direkte Demokratie|direkter Demokratie]] ergänzen. |
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== Marxistischer Sozialismus == |
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Im Vorfeld der Wahlen zum russischen Staatspräsidenten hat auch der letzte Präsident der früheren UdSSR, [[Michail Sergejewitsch Gorbatschow|Michail Gorbatschow]], im Oktober 2007 eine sozialdemokratische Bewegung gegründet, um Tendenzen zu einer neuen Diktatur, Abbau von sozialen Rechten und Massenverarmung in Russland zu begegnen.<ref>[https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/russland-gorbatschow-gruendet-sozialdemokratische-bewegung-1492161.html ''Gorbatschow gründet sozialdemokratische Bewegung.''] FAZ online, 20. Oktober 2007.</ref> |
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Der [[Marxismus]] hatte lange Zeit die [[Deutungshoheit]] in der sozialistischen Bewegung. Seit dem Verfall der ersten [[Internationale Arbeiterassoziation|Internationale]] [[1876]], über den größten Teil des gesamten [[20. Jahrhundert]]s, wurden Diskussionen innerhalb des und über den Sozialismus überwiegend in dem von [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]] geprägten Vokabular geführt. Dazu gehört die Bezeichnung des [[Frühsozialismus]] als 'Utopischer Sozialismus' ebenso wie die Gegenüberstellung des Marxismus als '[[wissenschaftlicher Sozialismus]]'. Aus diesem Anspruch folgt die absolute Prognosefähigkeit für die zukünftige Entwicklung: Da der Kommunismus nicht unmittelbar zu erreichen ist, sei der Sozialismus eine erste (niedere) Phase des [[Kommunismus]]. Bei Marx selber – jedoch nicht bei Lenin und anderen Nachfolgern – ist die Entwicklung über den Sozialismus zum Kommunismus unaufhaltbar. Ziel des [[Kommunismus]] wie des Sozialismus ist die Überwindung des [[Kapitalismus]] und die Befreiung des Menschen von der [[Ausbeutung]] durch den Menschen. In der ersten Phase (Sozialismus) sind dabei noch nicht alle Merkmale der bürgerlichen Gesellschaft (vgl. [[Bourgeoisie]]) überwunden, aber Ausbeutung und das [[Privateigentum]] an [[Produktionsmittel]]n sind bereits weitestgehend aufgehoben. Dabei wird von einem nebeneinander existieren beider [[Produktionsweise]]n ausgegangen, in deren Entwicklung die kapitalistische von der kommunistischen [[Produktionsweise]] langsam abgeloest wird. Diese Entwicklung führt letztendlich zum [[Kommunismus]]. Marx dazu: „Sind im Laufe der Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle Produktion in den Händen der assozierten Individuen konzentriert, so verliert die öffentliche Gewalt den politischen Charakter.“ |
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== Umstritten == |
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Der Sozialismus kann mit dem Schlagwort „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner ''Leistung''“ beschrieben werden, im folgenden Kommunismus soll der Grundsatz „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen ''Bedürfnissen''“ gelten. |
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=== Nationalsozialismus === |
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{{Hauptartikel|Nationalsozialismus|Querfront#Nationalsozialismus|titel2=Querfront}} |
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[[Datei:Otto Strasser.jpg|mini|[[Otto Strasser]] (hier ein Bild aus dem Jahr 1956) vertrat einen antimarxistischen Sozialismus innerhalb der NSDAP.]] |
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Das Verhältnis von Sozialismus und Nationalsozialismus ist unter Wissenschaftlern umstritten, was vor allem an den unterschiedlichen Verwendungen des Sozialismusbegriffs liegt. |
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Während Marx selbst noch eine ausgefeilte [[Sozialwissenschaften|sozialwissenschaftliche]] Methode benutzte, um seine [[Analyse]]n zu belegen, geriet seine Theorie immer mehr zum politischen [[Macht]]instrument. Der in seinem Anspruch auf [[Wissenschaft]]lichkeit schon gegebene Absolutheitsanspruch wurde nach der Machtübernahme sozialistischer [[Bewegung]]en immer mehr zum Mittel, um (politisch gewünschte) wahre [[Weltanschauung]] und (politisch unerwünschte) falsche [[Ideologie]] zu unterscheiden. |
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In der Frühzeit der NSDAP bezeichnete Hitler die Partei explizit als sozialistisch und lehnte mit dieser Begründung 1921 ihre Fusion mit der [[Deutschsoziale Partei (Weimarer Republik)|Deutschsozialen Partei]] ab. Sozialismus war für ihn die „Lehre von härtester Pflichterfüllung […] Wahrer Sozialismus ist höchstes [[Volkstum#Weimarer Republik |Volkstum]]“. Insofern lehnte er den marxistischen Sozialismusbegriff ab, der das Volk spalte: für einen „‚[[Klassenbewusstsein|klassenbewussten]]‘ Proletarier“ sei in der Partei ebenso wenig Platz „wie für einen standesbewussten Bürger“.<ref>[[Brendan Simms]]: ''Hitler. Eine globale Biographie''. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019, ISBN 978-3-421-04664-2, S. 70 und 94.</ref> Im internationalen Kapitalismus, den er mit dem [[Weltjudentum]] assoziierte, sah Hitler den Hauptfeind. Das [[25-Punkte-Programm]] der NSDAP wies mehrere [[Antikapitalismus|antikapitalistische]] Forderungen auf, so die [[Verstaatlichung]] von Trusts<ref>Brendan Simms: ''Antisemitism and Anti-(International) Capitalism in the Early Thought of Adolf Hitler, 1919–1924.'' In: ''Antisemitism Studies'' 7, Heft 1 (2023), S. 135–151.</ref> und die Maxime [[Liste geflügelter Worte/G#Gemeinnutz geht vor Eigennutz.|Gemeinnutz geht vor Eigennutz]]. Allerdings war Hitler nach dem Zeugnis seines ersten Biographen [[Konrad Heiden]] noch im Jahr 1920 strikt gegen eine Umbenennung der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), weil er dem Begriff ''sozialistisch'' ablehnend gegenübergestanden habe.<ref>Konrad Heiden: ''A History of National Socialism''. Vol. 2, Routledge, London 2010, S. 23 (deutsche Fassung Berlin 1932).</ref> |
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Ein wesentlicher Teil der [[Nationalsozialistische Propaganda|Propaganda des Nationalsozialismus]] waren wirtschafts- und sozialpolitische Versprechungen. Der Nationalsozialismus gab vor, im Kontrast zu den unerfüllt gebliebenen Versprechungen des Sozialismus und angesichts des Elends der Weltwirtschaftskrise ein „Sozialismus der Tat“ zu sein.<ref>[[Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes]]: [https://www.doew.at/erkennen/ausstellung/1938/der-anschluss-inszenierung-und-faszination/sozialismus-der-tat ''„Sozialismus der Tat“. Der „Anschluss“ – Inszenierung und Faszination.''] In: ''doew.at,'' abgerufen am 28. Mai 2021.</ref> |
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== Realsozialismus == |
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Auf der [[Bamberger Führertagung]] erteilte Hitler am 14. Februar 1926 den Plänen des linken Parteiflügels um [[Gregor Strasser|Gregor]] und [[Otto Strasser]] eine Absage und bekannte sich zum Privateigentum. Eine Unterstützung des Volksbegehrens zur [[Fürstenenteignung]], wie Gregor Strasser und [[Joseph Goebbels]] sie befürworteten, unterblieb.<ref>[[Richard J. Evans]]: ''Das Dritte Reich, Bd. I: Aufstieg''. Deutsche Verlagsanstalt, München 2004, S. 294.</ref> Der verbliebene Flügel um Otto Strasser trat noch vor der [[Machtergreifung]] aus. Die Gruppe schrieb 1930 unter dem Titel „Die Sozialisten verlassen die NSDAP“: |
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Der Begriff des [[Realsozialismus]] bzw. auch „''Real existierender Sozialismus''“ wurde in den sich „realsozialistisch“ nennenden Staaten geprägt, die von der [[Kommunistische Partei|Kommunistischen Partei]] der jeweiligen Länder in der Regel in Ein Parteien-Systemen regiert wurden. Zu ihnen gehörten insbesondere die [[UdSSR]] mit der [[KPdSU]] an der Spitze, und die ab Mitte / Ende der 1940er Jahre an ihr ausgerichteten Staaten des so genannten europäischen [[Ostblock]]s: [[Polen]], [[Tschechoslowakei|ČSSR]], [[Ungarn]], [[Bulgarien]], [[Rumänien]], [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]; aber auch andere Staaten wie etwa die Mongolische [[Volksrepublik]] ([[Mongolei]] von [[1924]] bis [[1992]]). Weiterhin bestehen bis heute einige weitere sehr unterschiedliche, sich teilweise widersprechende von manchen als realsozialistisch bezeichnete Systeme, beispielsweise in der [[Volksrepublik China]] (seit [[1949]]), im nach dem [[Vietnamkrieg]] vereinigten [[Vietnam]] (spätestens seit 1975), [[Laos]] (seit [[1975]]), [[Kuba]] (seit [[1959]]) oder [[Nord-Korea]] (seit [[1948]]). In der Mongolei wurde die reformiert kommunistische [[MRVP]] auch unter pluralistisch-demokratischen Vorzeichen von [[1992]] bis [[1996]] und erneut im Jahr 2000 wieder an die Regierung gewählt, ebenso die [[Kommunistische Partei Moldawiens]], die unter pluralistischen Vorzeichen seit [[2001]] in [[Moldawien]] regiert. |
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{{Zitat|Text=Für uns bedeutet Sozialismus Bedarfswirtschaft der Nation unter Anteilnahme der Gesamtheit der Schaffenden an Besitz, Leitung und Gewinn der ganzen Wirtschaft dieser Nation, d. h. also unter Brechung des Besitzmonopols des heutigen kapitalistischen Systems und vor allem unter Brechung des Leitungsmonopols, das heute an den Besitztitel gebunden ist.|ref=<ref>[https://www.ns-archiv.de/nsdap/sozialisten/sozialisten-verlassen-nsdap.php ''4. Juli 1930: Aufruf der Otto-Strasser-Gruppe – „Die Sozialisten verlassen die NSDAP“.''] In: ''ns-archiv.de,'' abgerufen am 28. Mai 2021.</ref>}} |
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Laut [[Joachim Fest]] ist „die Diskussion über den politischen Standort des Nationalsozialismus nie gründlich geführt worden“. Hitler habe keine Produktionsmittel verstaatlicht, aber „nicht anders als die Sozialisten aller Schattierungen die soziale [[Gleichschaltung]] vorangetrieben“.<ref>Joachim Fest: [https://taz.de/Aus-dem-Archiv/!6061494/ ''War Adolf Hitler ein Linker?''] In: ''taz.de,'' 27. September 2003.</ref> Hitler habe selbst erklärt, dass sein Sozialismus im Sinne einer Verantwortung des Ganzen für den Einzelnen der ergänzende Begriff zum Wort ''Nationalismus'' sei. Mit einem mechanischen Aufbau des Wirtschaftslebens habe sein Sozialismusverständnis nichts zu tun, vielmehr finde in ihm der Kapitalismus erst seine Erfüllung: Somit sei für Hitler Sozialismus nur in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem erreichbar gewesen. Diese Ideologie links zu nennen, sei politische Taktik gewesen. „Wie bei Hitler die Beteuerungen des Glaubens an die Tradition, an konservative Werte oder an das Christentum, waren die sozialistischen Parolen lediglich bewegliche ideologische Requisiten, die der Tarnung und Verwirrung des Feindes dienten. Sie konnten je nach Situation geändert oder neu arrangiert werden“.<ref>{{Literatur |Autor=Joachim Fest |Titel=Hitler |Auflage=E-Book |Verlag=Harcourt |Ort=New York |Seiten=805-6}}</ref> |
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Mit der [[Oktoberrevolution]] [[1917]] in [[Russland]] bot sich die Gelegenheit, die Ideen des Sozialismus in die [[Praxis]] umzusetzen. Nach der Oktoberrevolutionen bildeten sich weltweit kommunistische Parteien, die zumeist aus Abspaltungen von schon bestehenden gemäßigt reformorientierten sozialistischen oder sozialdemokratischen Parteien hervorgingen. |
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Der Begriff des Realsozialismus sollte erklären, warum viele Vorhersagen der Marxschen Theorie wie zum Beispiel das 'Absterben des Staates' nicht eintraten. Er sollte weiterhin darauf hinweisen, dass sich diese Staaten weiterhin auf dem Weg zum Kommunismus befanden, allerdings mit Problemen der [[Realpolitik]] ebenso wie mit feindlicher Einflussnahme durch 'konterrevolutionäre Kräfte' zu kämpfen hatten. |
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Der Politikwissenschaftler Christoph H. Werth sieht in der vorgeblichen Synthese von [[Nationalismus]] und Sozialismus, die die Nationalsozialisten versuchten, einen wesentlichen Teil ihrer ideologischen Wirkung.<ref>Christoph H. Werth: ''Sozialismus und Nation. Die deutsche Ideologiediskussion zwischen 1918 und 1945.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1996, S. 187–222; zustimmend referiert von [[Kurt Sontheimer]]: [https://www.zeit.de/1997/12/Der_nationale_Sozialismus ''Der nationale Sozialismus'']. In: [[Die Zeit|''zeit.de'']], 14. März 1997, abgerufen am 5. August 2023.</ref> |
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[[Stalin]] vertrat die Theorie, dass anstatt einer [[Weltrevolution]], die in allen Ländern gleichzeitig hätte stattfinden sollen, zuerst der [[Sozialismus]] in einem Land, im konkreten historischen Fall der [[Sowjetunion]] aufgebaut werden könne und solle. |
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[[Götz Aly]] beschreibt die egalisierenden Tendenzen des NS-Regimes, mit dem allen Deutschen, die die Rassekriterien erfüllten, ab 1939 die gleichen [[Rationierung|Lebensmittelrationen]] zugeteilt und ihren Kindern unabhängig von der sozialen Herkunft ein [[Soziale Mobilität|Aufstieg]] oder eine [[Offizier]]skarriere ermöglicht worden seien, als „nationalen Sozialismus“. Diese Maßnahmen, ein „im zeitgenössischen Vergleich beispielloses sozialpolitisches [[Appeasement]]“, hätten größtenteils auf der [[Arisierung|Enteignung der deutschen Juden]] und der Ausbeutung der im Krieg [[Okkupation|besetzten]] Gebiete basiert und stark zur [[Zustimmung zum Nationalsozialismus|Massenzustimmung zum Nationalsozialismus]] beigetragen. Die Gleichheitsidee sei von den Nationalsozialisten zwar „rassisch pervertiert“ worden,<ref>Götz Aly: ''[[Hitlers Volksstaat]]. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus''. S. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-10-000420-5, die Zitate S. 360.</ref> stehe aber „im größeren Zusammenhang der egalitären Bewegungen und Utopien des 20. Jahrhunderts“.<ref>Götz Aly: ''Rasse und Klasse. Nachforschungen zum deutschen Wesen''. S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, S. 243.</ref> |
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Spätestens seitdem sich [[Josef Stalin|Stalin]] nach dem Tode [[Lenin]]s gegen dessen Willen in der Sowjetunion gegen [[Leo Trotzki|Trotzki]] durchgesetzt hatte, wurden die [[Utopie|utopischen]] Hoffnungen der sozialistischen Bewegungen in den realsozialistischen Staaten de facto aufgegeben. Der Realsozialismus geriet zu seiner Mischung aus Machtpolitik der [[Sowjetunion]] und einem im Westen als diktatorisch-technokratisch bezeichneten [[Kommunismus]], der vielen nur als Scheinkommunismus erschien. |
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Der Historiker [[Henry A. Turner]] dagegen glaubt nicht, dass [[Adolf Hitler|Hitler]] je Sozialist war. Er habe sich stets zum [[Privateigentum]] und zum liberalen Konkurrenzprinzip bekannt, aber nicht aus einem echten [[Liberalismus]] heraus, sondern auf Grund seiner [[Sozialdarwinismus|sozialdarwinistischen]] Grundannahmen. Im Sinne eines [[Primat der Politik|Primats der Politik]] habe er postuliert, die Wirtschaft müsse stets unter der vollständigen Kontrolle der Politik stehen. Eine konsistente ökonomische Theorie habe der Nationalsozialismus nie entwickelt.<ref>Henry Ashby Turner: ''Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers''. Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 92–106.</ref> Auch der Wirtschaftshistoriker [[Harold James]] urteilt, dass Hitlers ökonomische Vorstellungen „nichts Sozialistisches an sich“ hatten. Der [[Kollektivismus]] der NSDAP habe auf die Politik gezielt, nicht auf die Wirtschaft, die er vor allem durch Genie und die Willenskraft von Erfindern und Konstrukteuren angetrieben sah.<ref>Harold James: ''Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924–1936''. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, S. 332 f.</ref> Der Sozialhistoriker [[Hans-Ulrich Wehler]] urteilt, dass der Sozialismus im Nationalsozialismus „allenfalls in verballhornter Form“ fortlebte, nämlich in der [[Ideologie]] der [[Volksgemeinschaft]].<ref>Hans-Ulrich Wehler: ''Deutsche Gesellschaftsgeschichte.'' Band 4: ''Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949.'' C. H. Beck Verlag, München 2003, S. 543.</ref> |
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Seit der [[Wende (DDR)|Wende]] von [[1989]] gilt der Realsozialismus, zumal der des europäischen „Ostblocks“ bis dahin, insbesondere bedingt durch die rigorosen Maßnahmen [[Stalin]]s bis 1954 (vgl. [[Stalinismus]]), aber auch seiner Nachfolger nach Chruschtows [[Entstalinisierung]] seit 1956, vor allem in [[Europa]] und [[Nordamerika]] weitgehend als historisch diskreditiert. Insbesondere massive Verstöße gegen die [[Menschenrechte]] in den großen realsozialistischen Ländern, neben der UdSSR auch in China und anderen Nationen trugen wesentlich zu einer [[moral]]ischen [[Diskreditierung]] des Realsozialismus bei. |
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Da Hitler sich scharf vom Marxismus abgrenzte, dessen Anhänger in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] verfolgt und ermordet wurden, hält es der britische Historiker [[Richard J. Evans]] für falsch, im Nationalsozialismus eine Verfremdung oder Weiterentwicklung des Sozialismus zu sehen. Zwar hätten Nationalsozialisten oft eine [[Egalitarismus|egalitäre]] Rhetorik gepflegt, die sich gegen die Macht des Kapitals wandte, aber ihre [[Rassismus|Rassenideologie]] sei etwas ganz anderes als der Klassenkampf des Sozialismus gewesen. Entsprechend ordnet er den Nationalsozialismus in mancher Hinsicht als eine extreme Gegen-Ideologie zum Sozialismus ein, dessen Rhetorik und Selbstdarstellung aber teilweise übernommen worden seien.<ref>Richard J. Evans: ''Das Dritte Reich''. Band 1: ''Aufstieg''. DVA, München 2004, ISBN 3-421-05652-8, S. 257.</ref> |
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Die Ursachen für das Scheitern des Realsozialismus auf anderen Ebenen, jedenfalls dem des europäischen Ostblocks, sind vielfältig. Als Hauptursachen werden von vielen unter anderen die folgenden Entwicklungen angesehen: |
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*Entgegen der Voraussagen des Marxismus entwickelten die kapitalistisch geprägten [[Industriestaat]]en Europas, Nordamerikas und Ostasiens auf Druck der Arbeiterbewegung ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes soziales Sicherungssystem in einem [[Sozialstaat]], der die schlimmsten sozialen Unterschiede und die [[Armut]] in diesen Ländern abfederte und somit auch ein potenzielles revolutionäres Potenzial dort deutlich unterminierte. |
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*Der [[Staatsapparat]] der meisten realsozialistischen Staaten erwies sich aufgrund mangelnder demokratischer Mitbestimmung als zunehmend unflexibel, und aufgrund ideologischer und anderer Hemmnisse kaum fähig, mit dem [[Komplexität]]sgrad moderner westlicher [[Gesellschaft]]en umzugehen. |
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*Die Staaten des realen Sozialismus orientierten sich an einem in der Regel kapitalistisch geprägten Modernisierungsmodell, nur konnten sie den Grad der [[Modernisierung]] dieser Staaten, von wenigen technologischen Ausnahmen abgesehen, kaum aufholen. Sie versuchten, trotzdem - etwa durch [[Subvention]]en in vielen Bereichen (Gesundheitswesen, öffentlicher Verkehr, Grundnahrungsmittelproduktion, Wohnungsbau usw.) - die sozialen Leistungen der kapitalistischen Staaten zu übertreffen, was Ursache für die Aussage „Überholen ohne einzuholen“ wurde. |
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*Die politischen Systeme realsozialistischer Staaten wurden auf Dauer nur selten von der Mehrheit der jeweiligen Bevölkerung getragen, insbesondere dort nicht, wo das entsprechende System (ohne eigene Revolution) von außen aufgezwungen wurde (vor allem in Ungarn, der ČSSR, Rumänien, Polen, der DDR und Bulgarien). Diese Systeme wurden gegen eine sich regende [[Opposition]] von den herrschenden sozialistischen oder kommunistischen Parteien auf Dauer auch durch einen zunehmend ausufernden Polizeistaat (Bespitzelung, [[Repression]]en, [[Zensur]]) am Leben erhalten. Der unwillige Teil der Bevölkerung, der zum Teil lieber ausgewandert wäre, wurde oft durch Sperranlagen und strenge Visa-Bestimmungen am Verlassen des Staates gehindert. Realsozialistische Staaten setzten auch Mittel ein, unter denen die Verfechter des [[Sozialismus]] im [[19. Jahrhundert]] gelitten hatten, beispielhaft hierfür ist die politische Verfolgung von [[Trotzkismus|Trotzkisten]]. |
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*Der in den meisten realsozialistischen Staaten umgesetzten staatlich und zentral gelenkten [[Planwirtschaft]] fehlte es oft an Übersicht über die Bedingungen und den Bedarf vor Ort. Durch langfristige wirtschaftliche Planung ohne ein Feedback von den Produzenten und Konsumenten ging oft die [[Flexibilität]] verloren, kurzfristig auf komplexe Wirtschaftsvorgänge zu reagieren; die Folge war, dass häufig am Bedarf vorbei produziert wurde. Eine weitere wirtschaftliche Ursache für das Scheitern des Realsozialismus war die hohe Verschuldung der entsprechenden Staaten, die insbesondere im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]] zunahm, beispielsweise, um in der Rüstungsproduktion mit der militärischen Entwicklung der [[USA]] und der [[NATO]] Schritt zu halten (vgl. [[Wettrüsten]], [[Rüstungswettlauf]]). |
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== Perspektiven == |
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[[Datei:Pepemujica2.jpg|mini|hochkant|[[José Mujica]] (1935–2025) war 2010–2015 Präsident [[Uruguay]]s und vertrat sozialistische Positionen]] |
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Eine wissenschaftliche Debatte über Sozialismus als alternativen Gesellschaftsentwurf, wie es sie während der [[Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|deutschen Studentenbewegung der 1960er Jahre]] an den Universitäten gab, findet heute kaum mehr statt. Nur einzelne Sozialwissenschaftler wie [[Wolfgang Fritz Haug]] fordern angesichts eines [[Turbokapitalismus]] heutzutage und der damit verbundenen Lebensweisen, aus den historischen Erfahrungen zu lernen und das sozialistische Projekt zu aktualisieren. Eine kritische Bestandsaufnahme unternimmt unter anderem die Zeitschrift [[Das Argument]] und die dort ebenfalls angesiedelte Edition des Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus ([[HKWM]]).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuer-band-des-historisch-kritischen-woerterbuchs-des-marxismus |titel=Neuer Band des „Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus“ |werk=GEW |datum=2018-06-04 |abruf=2024-04-21}}</ref> Auch im Umfeld der zur Partei ''Die Linke'' gehörenden [[Rosa-Luxemburg-Stiftung]] wird eine zukünftige alternative Lebensweise mit Sozialismus diskutiert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.rosalux.de/themen/gesellschaftliche-alternativen |titel=Gesellschaftliche Alternativen |werk=Rosa-Luxemburg-Stiftung |abruf=2024-04-21}}</ref> |
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In der [[Sozialdemokratie]] setzte sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Auffassung durch, den Sozialismus nicht durch eine Revolution, sondern durch demokratische Reformen erreichen zu können. |
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Der Sozialphilosoph [[Axel Honneth]] hat mit seiner Schrift ''Die Idee des Sozialismus'' eine Kritik der ursprünglichen Idee des in der [[Industrielle Revolution|Industriellen Revolution]] wurzelnden Sozialismus vorgelegt und als dessen Kerngedanken die „soziale Freiheit“ neu definiert. Sozialismus bedeute heute experimentelle politische Ankersetzung auf dem Weg zu einer solidarischen Gesellschaft, die nicht nur auf der wirtschaftlichen, sondern auch in der politischen Ebene und in den persönlichen Beziehungen (insbesondere zwischen den Geschlechtern) anzustreben sei.<ref>Axel Honneth: ''Die Idee des Sozialismus.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2015.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Detlev Claussen |Titel=Axel Honneths Buch über Sozialismus: Freiheit, die ich meine |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=2015-11-07 |ISSN=0931-9085 |Online=https://taz.de/Axel-Honneths-Buch-ueber-Sozialismus/!5246079/ |Abruf=2024-04-21}}</ref> |
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Zunächst orientierte sich die [[Sozialdemokratie]] im Wesentlichen am revolutionären [[Ideal]] des [[Kommunismus]] im Sinne der [[Karl Marx|Marxschen]] Theorien. Eine explizite Abgrenzung zu kommunistischen Positionen trat nach und nach ab dem Wechsel vom 19. zum [[20. Jahrhundert]] auf. Exemplarisch für die [[Diskussion]] um diese Unterscheidung und die letztlich daraus resultierenden Aufspaltungen der Sozialdemokratie, die sich im Grunde inhaltlich ähnlich in den sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien vieler Länder abspielte, werden im Folgenden die einander entgegengesetzten Entwicklungen in [[Deutschland]] und [[Russland]] angerissen: |
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Ebenfalls eine Neuinterpretation stellt der politische Soziologe [[Heinz Dieterich]] mit seinem Konzept vom [[Sozialismus des 21. Jahrhunderts]] dar, in dem er versucht, [[Wertform|marxistische Werttheorie]] mit basisdemokratischen Elementen zu verknüpfen, der dann eine nicht-marktwirtschaftliche, demokratisch von den unmittelbar Wertschaffenden bestimmende [[Äquivalenzökonomie]] zu Grunde liegt. Versuche, diese neue Theorie in die Praxis umzusetzen, finden sich derzeit in [[Venezuela]] ([[Bolivarismus]]) und [[Bolivien]]. Die Theorie eines [[Demokratischer Konföderalismus|Demokratischen Konföderalismus]] wird gegenwärtig in verschiedenen [[Kurden|kurdischen]] Organisationen und Lokalverwaltungen sozialistischer Prägung zu realisieren versucht ([[Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien|Rojava]], [[Volksverteidigungseinheiten|YPG]]). |
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In Deutschland begann die Sozialdemokratie ihre parteipolitische Organisierung mit dem ADAV ([[Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein]]), der [[1863]] von [[Ferdinand Lassalle]] gegründet wurde. [[1869]] folgte mit der SDAP ([[Sozialdemokratische Arbeiterpartei]]) unter [[Wilhelm Liebknecht]] und [[August Bebel]] eine weitere Vorgängerpartei der späteren SPD. Radikaler als der ADAV vertrat sie zunächst eine kommunistisch inspirierte Umgestaltung der Gesellschaft. [[1875]] vereinigten sich der ADAV und die SDAP zur SAP ([[Sozialistische Arbeiterpartei]]), aus der [[1890]], nach Aufhebung der repressiven [[Otto von Bismarck|Bismarckschen]] [[Sozialistengesetze]], schließlich die bis heute unter diesem Namen firmierende SPD ([[Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]) hervorging. |
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[[Wolfram Elsner]], Professor für [[Volkswirtschaftslehre]] an der [[Universität Bremen]], sieht im [[Sozialismus chinesischer Prägung]] „gegenüber dem alten, eurozentrierten Sozialismusentwurf“, aber auch gegenüber dem „[[Neoliberalismus|neoliberalen]] [[Finanzmarkt-Kapitalismus|Finanzmarktkapitalismus]]“ ein „effektiveres Modell“. In seinem 2020 erschienenen Buch ''Das chinesische Jahrhundert'' schreibt er: „China ist heute fähig, die jahrzehntelange Diskreditierung und Tabuisierung jeder Idee von realem Sozialismus wieder aufzubrechen, vor allem weil es zeigt, dass Sozialismus im 21. Jahrhundert kein statisches, bürokratisches Armutssystem mehr ist, sondern diesbezüglich den real existierenden Kapitalismus sogar überflügeln und die menschlichen Perspektiven erweitern kann.“<ref>Wolfram Elsner: ''Das chinesische Jahrhundert.'' Westend Verlag, Frankfurt am Main 2020, ISBN 978-3-86489-748-1, S. 297.</ref> |
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In Deutschland begann die Auseinandersetzung, ob der Weg zum Sozialismus über die Revolution oder über Reformen führen sollte, mit der [[Revisionismus]]theorie und der entsprechenden hitzig geführten, nach dieser Theorie benannten Grundsatzdebatte ([[Revisionismusdebatte]]) Ende des [[19. Jahrhundert]]s. Diese [[Debatte]] wurde wesentlich vom reformorientierten Theoretiker der SPD, [[Eduard Bernstein]], ausgelöst. Seine [[Position]] blieb zunächst noch in der [[Minderheit]]. Erst nach dem Tod des Parteivorsitzenden [[August Bebel]] [[1913]] und die Amtsübernahme durch [[Friedrich Ebert]] setzte sich die [[Reform]]orientierung in der deutschen Sozialdemokratie durch - verstärkt mit der [[Burgfrieden]]spolitik der Partei im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]]. Während des Krieges spaltete sich die [[USPD]] aus [[Opposition]] zur kriegsbilligenden Haltung der SPD von der [[Mutterpartei]] ab. Aus dem linken Flügel der USPD, dem [[Spartakusbund]], bildete sich im Verbund mit anderen linksrevolutionären Gruppen nach der [[Novemberrevolution]] von [[1918]] die [[Kommunistische Partei Deutschlands]] (KPD) auf wesentliche [[Initiative]] der Anführer des Spartakusbundes, [[Karl Liebknecht]] und [[Rosa Luxemburg]], die kurz nach der KPD-Gründung ermordet wurden. |
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== Kritik == |
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Damit war die Spaltung der deutschen Sozialdemokratie in zwei Parteien, die reformorientierte SPD und die marxistisch-revolutionäre KPD, unumkehrbar vollzogen. Die USPD wurde bis [[1922]] zwischen diesen beiden Polen im Grunde zerrieben und spielte nach 1922 nur noch eine unwesentliche Rolle in der [[Weimarer Republik]]. |
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{{Hauptartikel|Sozialismuskritik}} |
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Der Sozialismus war stets Kritik seitens seiner ideologischen Gegner ausgesetzt. Andererseits gab es aus den zahlreichen einzelnen sozialistischen Strömungen Kritik an Nebenströmungen und den bestehenden sozialistischen Verhältnissen. |
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In Russland spaltete sich die Sozialdemokratie schon [[1903]] in zwei [[Fraktion]]en auf, die reformorientierten [[Menschewiki]] (= Minderheitler) und die marxistisch-revolutionär orientierten [[Bolschewiki]] (= Mehrheitler), deren führender [[Theoretiker]] und Leitfigur [[Lenin]] war. Nach einer relativ kurzen Phase der neuerlichen Zusammenarbeit kam es [[1912]] zur endgültigen Spaltung der beiden [[Fraktion]]en. In der [[Februarrevolution 1917]], die zur Absetzung des [[Zar]]en führte, konnten sich zunächst die Menschewiki mit der Regierung [[Kerenski]] durchsetzen. Mit bedingt durch deren fehlende Bereitschaft und Initiative, den ersten Weltkrieg für Russland zu beenden, kamen mit einer erneuten [[Revolution]], der [[Oktoberrevolution]] von [[1917]], die Bolschewiki unter Lenin an die Macht. Sie begründeten nach dem 5-jährigen [[Russischer Bürgerkrieg|Russischen Bügerkrieg]] gegen die verschiedenen zarentreuen so genannten „Weißen Truppen“ (vgl. [[Weiße Armee]]) die [[UdSSR]] mit der aus den Bolschewiki hervorgegangenen Kommunistischen Partei als herrschender [[Staatspartei]] (ab 1952 nach verschiedenen Umbenennungen [[Kommunistische Partei der Sowjetunion]] [[KPdSU]]). Die zerschlagene Sozialdemokratie hatte darauf in Russland bzw. der UdSSR in den folgenden Jahrzehnten bis fast zum Ende des [[20. Jahrhundert]]s keine machtpolitische Bedeutung mehr. |
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=== Konservatismus === |
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Im Gegensatz dazu steht die Entwicklung in Deutschland, wo die Macht- und die Systemfrage [[1919]] zugunsten der reformorientierten Sozialdemokratie entschieden wurde - wenn auch unter Mithilfe von rechtsnationalistischen [[Militär]]s und [[Freikorps]]verbänden. Obwohl die SPD in ihrer Programmatik die Überwindung der kapitalistischen zu einer sozialistischen Produktion, also die Vergesellschaftung der Produktionsmittel bis in das [[Heidelberger Programm]] von [[1925]] hinein verfolgte, ging sie in der politischen Alltagspraxis einen anderen Weg, nämlich den der Reformpartei, die ihre Ziele nicht auf revolutionärem, sondern auf parlamentarischem Weg durchzusetzen suchte. In der [[Weimarer Republik]] wurde ihr Einfluss auf Regierungsebene jedoch schon sehr bald von konservativen und rechtsnationalistischen Parteien zurück gedrängt; sie blieb aber eine der größten Parteien in der ersten deutschen Republik, bis sie [[1933]] nach der [[Machtergreifung]] des [[Nationalsozialismus]] in der faschistischen [[Diktatur]] unter [[Adolf Hitler]], wie alle anderen Parteien auch (sofern sie sich nicht selbst auflösten), verboten wurde. |
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Fjodor Michailowitsch Dostojewski, der in seiner Jugend selber Sozialist gewesen war, verurteilte später die Idee des Sozialismus. Einerseits machte er die Bedeutung der Kunst als [[Anästhetikum]] geltend und erkannte in provokanten Formeln wie „ein Paar Stiefel sei wichtiger als Shakespeare und eine Eierverkauferin nötiger als Puschkin“ des Nihilisten [[Dmitri Iwanowitsch Pissarew]] den Versuch, die Kunst durch das allgemeine Glück überflüssig werden zu lassen. Die persönliche Freiheit schätzte er besonders hoch, weshalb er seit ''[[Verbrechen und Strafe]]'' (1866) gegen die aufkommende [[Milieutheorie]] der gerade entstehenden Soziologie polemisierte. Gleichzeitig erkannte er im Atheismus der russischen Frühsozialisten den Kern ihrer Vorstellung von Perfektibilität und in der daran anschließenden Forderung nach einer Revolution mit der Errichtung einer utopischen Ordnung das Ende der Freiheit, wofür er in seinem Roman [[Die Dämonen (Dostojewski)|''Die Dämonen'']] (1873) das Bild vom Kristallpalast aus [[Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski]]s Roman ''Was tun?'' aufgriff und nicht als Ausdruck menschlicher Schöpferkraft und Selbstbefreiung durch Technik wertete, sondern als Fortschrittsglauben, Materialismus, Ausdruck von Sterilität und Durch[[Rationalisierung (Soziologie)|rationalisierung]] der Massen, womit er seinen Einspruch für die Fehlbarkeit des Menschen geltend machte. Gemeinsam mit dem Konservativen [[Konstantin Petrowitsch Pobedonoszew]] entwickelte er in der Zeitschrift ''Der Staatsbürger'' eine antiliberale wie antisozialistische Vorstellung von der russischen Orthodoxie und dem Zarenreich als Träger [[Heilsgeschichte|heilsgeschichtlicher]] Sendung. Die Begegnung mit [[Wladimir Sergejewitsch Solowjow]] führte ihn zu einer ethischen Kritik am Sozialismus, wonach er seine Ablehnung zwar beibehielt, jedoch andere Akzente setzte.<ref>Heinz Setzer, [[Ludolf Müller (Literaturwissenschaftler)|Ludolf Müller]], Rolf-Dieter Kluge (Hrsg.): ''Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Dichter, Denker, Visionär''. Attempto, Tübingen 1998, S. 229.</ref> |
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Stark beeinflusst durch Dostojewskis Werke war der deutsche Philosoph [[Friedrich Nietzsche]]. Er wies darauf hin, dass der Sozialismus der jüngere Bruder des fast abgelebten [[Despotie|Despotismus]] sei, den er beerben wolle. Er brauche eine Fülle an Staatsgewalt und strebe die Vernichtung des Individuums an. Der [[Cäsarismus|cäsarische]] Gewaltstaat, den die Sozialisten seiner Meinung nach anstrebten, brauche die Niederwerfung aller Bürger und könne sich nur durch äußersten Terrorismus Hoffnung auf Existenz machen. Er bereite sich im Stillen auf eine Schreckensherrschaft vor und verwende missbräuchlich den Begriff der Gerechtigkeit. Der Sozialismus lehre die Gefahr der Anhäufung von Staatsgewalt und werde den Ruf nach so wenig Staat wie möglich provozieren.<ref>Friedrich Nietzsche: ''[[Menschliches, Allzumenschliches]]'' Nr. 473, in: KSA Bd. 2 S. 307.</ref> |
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Erst nach der Niederlage Deutschlands im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] und dem Ende der NS-Diktatur konnte die SPD sich regenerieren und wurde nach ihrer Wiederzulassung ab [[1946]] in den westlichen [[Besatzungszone]]n neben der [[CDU]] zur einflussreichsten politischen Partei in der westdeutschen, [[1949]] gegründeten, [[Bundesrepublik Deutschland]]. |
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=== Liberalismus === |
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Dagegen kam es in der ostdeutschen [[Sowjetische Besatzungszone|Sowjetischen Besatzungszone]] unter sowjetischem Einfluss zur Zwangsvereinigung der SPD mit der dominierenden KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ([[SED]]), die in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] von 1949 bis zu deren Niedergang [[1989]]/[[1990]] an der Macht blieb und sich an der KPdSU und dem politischen System der UdSSR ausrichtete. |
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Seit dem Beginn der Auseinandersetzung in Frankreich zwischen der politischen Ökonomie und dem Sozialismus wurde den sozialistischen Kritikern der Marktwirtschaft vorgeworfen, dass sie über keine praxistauglichen Alternativen verfügten, bzw. dass verschiedene bereits gemachte Experimente schmählich gescheitert seien. Unter den neueren Ökonomen warf [[Eugen von Böhm-Bawerk]], ein Vertreter der [[Österreichische Schule|Österreichischen Schule]], in ''Kapital und Kapitalzins'' (1884–1902) dem Marxismus gegenüber erstmals das Problem der [[Wirtschaftsrechnung im Sozialismus]] auf, ein Argument, das von [[Ludwig von Mises]] in der Folge ausgebaut wurde. Der Sozialismus negiere den gesamten Marktprozess und damit würden Marktpreise als Signale für Knappheit fehlen. Dadurch gebe es keinerlei Möglichkeit, Investitionsalternativen rational zu bewerten, wie Mises aus seiner Handlungstheorie deduktiv herleitete. Allerdings komme es in einer gemischten Wirtschaftsform mit Privateigentum an Produktionsmitteln und staatlicher Interventionen letztlich zum gleichen Problem, nur moderater, da in dem Ausmaß, wie der Staat in den Markt eingreife, auch hier die Bildung von sinnvollen Preisen durchkreuzt und damit die Richtung der Produktion verändert würden. Der Regierung bleibe nur, entweder zu einem freien Markt zurückzukehren oder aber zu versuchen, durch weitere Interventionen, die ihrerseits wieder die wettbewerbliche Struktur der Marktpreise stören würden, die Schieflage zu korrigieren. Die Wirtschaft jedes interventionistischen Staates sei daher unvermeidlich instabil.<ref>Richard Ebeling: ''Vorwort'', in: ders. und Margit von Mises (Hrsg.): ''Money, Method, and the Market Process – Essays by Ludwig von Mises''. Ludwig von Mises Institute, Auburn 1990, Seitenzahl fehlt.</ref> |
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[[Milton Friedman]] betont, sozialistisch gesteuerte Volkswirtschaften würden generell qualitativ schlechtere Produkte zu höheren Preisen produzieren.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.achievement.org/autodoc/printmember/fri0int-1 |wayback=20070216012207 |text=Interview: Milton Friedman – Nobel Prize in Economics, 31. Januar 1991, Stanford, California}}</ref> |
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Die SPD in der Bundesrepublik kam das erste Mal in einer großen Koalition mit der CDU [[1966]] an die Regierung. [[Willy Brandt]] war [[Außenminister]] dieser Regierung. Die SPD stellte danach, zwischen [[1969]] und [[1982]], mit den Kanzlern Brandt ([[1969]] bis [[1974]]) und [[Helmut Schmidt]] ([[1974]] bis [[1982]]) die Regierungschefs. Seit [[1998]] ist in der Bundesrepublik erneut eine SPD-geführte Regierung mit [[Gerhard Schröder]] als Bundeskanzler an der Macht. |
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Nach Ansicht [[Friedrich August von Hayek]]s kollidiert die Vergesellschaftung der Produktionsmittel zwangsläufig mit den Individualrechten und der [[Rechtsstaat]]lichkeit. Die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit würde eine Selbstbeschränkung der Planungsbehörden erfordern, zu der diese nicht in der Lage seien, da sie sonst ihren Aufgaben nicht nachkommen könnten.<ref>Friedrich August von Hayek: [[Der Weg zur Knechtschaft|''The Road to Serfdom'']]. University of Chicago Press, Chicago 1944, Seitenzahl fehlt.</ref> |
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Mit dem [[Godesberger Programm]] hatte sich die SPD [[1959]] von einer [[Klassenpartei]] zur [[Volkspartei]] gewandelt (vgl. auch [[Volkspartei (Parteityp)]]). Damit einhergehend wurde eine Neudefinition des Begriffes „Sozialismus“ erforderlich. Man entledigte sich der bis dahin vorherrschenden marxistisch verstandenen Ausrichtung des Begriffs „Sozialismus“ und wählte als neue Begrifflichkeit „Demokratischer Sozialismus“, um damit die Anerkennung des pluralistischen Systems der westlichen Demokratien zu implizieren. |
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=== Immanente Kritik === |
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== Demokratischer Sozialismus, Neue Linke == |
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==== Trotzkistische Kritik ==== |
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{{Hauptartikel|Verratene Revolution. Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie?}} |
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Während Trotzki die Sowjetunion noch als einen – zwar „bürokratisch degenerierten“ – Arbeiterstaat ansah, verbreitete Tony Cliff und die von seinen Ideen beeinflusste [[International Socialist Tendency]] die Version eines staatskapitalistischen Systems mit allen Merkmalen kapitalistischer Klassenherrschaft. |
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==== Budapester Schule ==== |
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Der Demokratische Sozialismus war daher lange Zeit praktisch ein Synonym für die Sozialdemokratie. In der DDR wurde der ''demokratische Sozialismus'' als „Sozialdemokratismus“ verunglimpft. Seit dem Scheitern des Realsozialismus und zunehmender Liberalisierung der Sozialdemokratie bis hin zum [[moderne]]n [[Neoliberalismus]] (in der Sozialdemokratie vor allem von der SPD unter Gerhard Schröder und der britischen [[Labour Party]] unter [[Tony Blair]] propagiert), für viele eine besonders aggressive Steigerung des internationalen [[Kapitalismus]], nehmen die Bestrebungen nach einem eigenständigen Demokratischen Sozialismus zu. Viele sich explizit nicht als sozialdemokratisch empfindende Sozialisten sind auf der Suche nach neuen politischen Konzepten. Die Sozialdemokratie selbst rückt immer weiter von Marxistischen Gesellschaftsanalysen und dem damit verbundenen Konzept des Sozialismus ab; in der Partei wird darüber diskutiert, ob das Konzept des demokratischen Sozialismus aus dem Parteiprogramm zu tilgen sei. |
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Die Budapester Schule um [[Ágnes Heller]] und Ferenc Fehér analysierte mit marxistischem Instrumentarium die Sowjetgesellschaften als totalitäre Systeme mit einer „Diktatur über die Bedürfnisse“. |
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==== Kritik des real existierenden Sozialismus ==== |
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Demokratischer Sozialismus in entsprechenden neuen Varianten setzt zum einen auf einen Ausbau des [[Sozialstaat]]s, auf der anderen Seite auf eine stärkere Orientierung des [[Parlamentarismus]] hin zu Elementen [[Direkte Demokratie|direkter Demokratie]]. |
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Eine marxistisch fundierte Analyse und Kritik des sogenannten „real existierenden Sozialismus“ als einer „nichtkapitalistischen“ Klassengesellschaft unter der Diktatur von Partei und Bürokratie legte [[Rudolf Bahro]] 1977 mit seiner bekannten Publikation ''Die Alternative'' vor. |
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2018 versuchte der Sozialwissenschaftler [[Ulrich Knappe]], das ökonomische Wesen des vergangenen „paradoxen“, gemeint war des sogenannten „real existierenden Sozialismus“, mit Hilfe der Marxschen Gesellschaftsanalyse am Beispiel von Russland (Sowjetunion) und China zu entziffern.<ref>Siegfried Fischer: ''Wenn die Neugier nicht wär.'' Rezension zur Monografie von Ulrich Knappe ''Über paradoxen Sozialismus.'' In: ''Das Blättchen.'' Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft. Sonderausgabe, Berlin Februar 2019, 2 S. Abruf am 15. Oktober 2021. [https://das-blaettchen.de/2019/02/wenn-die-neugier-nicht-waer-47393.html]</ref> |
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In Deutschland sieht sich die 1990 aus der SED hervorgegangene [[Partei des Demokratischen Sozialismus]] ([[PDS]]) diesem Ziel verbunden. In anderen Staaten [[Westeuropa]]s hatten sich ähnliche Inhalte in einigen Kommunistischen Parteien, die den revolutionären Kurs im eigenen Land abgelegt hatten, mit der ideologischen Richtung des [[Eurokommunismus]] schon Mitte bis Ende der 1960er Jahre niedergeschlagen. Beispiele für Vertreter des Eurokommunismus waren etwa die [[Kommunistische Partei Italiens]] (KPI, italienisch ''Partito Comunista Italiano'' – PCI), die sich 1990 umbenannte in „[[Demokratische Partei der Linken]]“ (italienisches Kürzel ''Partito Democratico della Sinistra'' – PDS) oder die [[Kommunistische Partei Frankreichs]] ([[KPF]]) (französisch [[PCF]]). |
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=== Postmoderne === |
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Als Vertreter des Demokratischen Sozialismus werden auch bestimmte so genannte „undogmatische“ oder „antiautoritäre“ [[Strömung]]en der „Neuen Linken“ betrachtet, die aus der [[Außerparlamentarische Opposition|APO]] ([[Außerparlamentarische Opposition]]) der [[Studentenbewegung]]en seit Mitte der 1960er Jahre hervorgingen. Die [[Neue Linke]] trat und tritt in verschiedenen Parteien auf, die in Westdeutschland von den sehr unterschiedlichen, kleinen, als [[K-Gruppen]] bezeichneten [[Splitterpartei]]en über die SPD bis zu der 1980 neu gegründeten Partei „[[Die Grünen]]“ (heute „[[Bündnis 90/Die Grünen]]“) reichen. Andere blieben weiterhin außerhalb von Parteien, beispielsweise in verschiedenen sozialen Bewegungen (vgl. [[Neue soziale Bewegungen]]), politisch engagiert. |
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Der [[Poststrukturalismus|poststrukturalistische]] Soziologe und Philosoph [[Jean Baudrillard]] kritisiert in ''Die göttliche Linke – Chronik der Jahre 1977–1984'' mit Blick auf die französischen Verhältnisse die aus seiner Sicht nicht mehr zeitgemäßen Ziele des Sozialismus. Während der Sozialismus noch immer von einer transparenten und kohärenten Gesellschaft träume, hätten die Menschen ein solches Bedürfnis nach Anschluss, Kontakt und Kommunikation kaum noch. Nach dem Philosophen [[Wolfgang Welsch (Philosoph)|Wolfgang Welsch]] könne ein Baudrillard diese Sozialismus-Kritik schwerlich äußern. Baudrillards Kritik sei dabei bloß narzisstisch und ein Vehikel, um seine eigene antiquierte Diagnose als aktuell erscheinen zu lassen.<ref>Wolfgang Welsch: ''Unsere Postmoderne Moderne.'' Akademie Verlag, 2002, S. 153.</ref> |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* [[Max Beer (Publizist)|Max Beer]]: ''Allgemeine Geschichte des Sozialismus und der sozialen Kämpfe.'' Mit Ergänzungen von [[Hermann Duncker]], 2. Auflage, Nachdruck der 7. Auflage von 1931, Erlangen 1973, ISBN 3-920531-17-5 ([http://www.trend.infopartisan.net/reprints/beer/index.html online „reprint“ mit Links zu den einzelnen Kapiteln]) |
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* [[Michael Brie]], [[Christoph Spehr]]: [https://www.rosalux.de/publikation/id/1262 ''Was ist Sozialismus?''] Reihe ''Kontrovers'' der [[Rosa-Luxemburg-Stiftung]], Berlin 2008. |
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* Michael Brie: [https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/ABC/ABC_der_Alternativen_Sozialismus_Brie.pdf ''Sozialismus''] (PDF; 27 kB). In: Ulrich Brand, Bettina Lösch, Stefan Thimmel (Hrsg.): [https://www.rosalux.de/publikation/id/995 ''ABC der Alternativen. Von „Ästhetik des Widerstands“ bis „Ziviler Ungehorsam“.''] Hamburg 2007, ISBN 978-3-89965-247-5, S. 223 f. |
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* Bernard Crick: ''Socialism''. Milton Keynes, Open University Press. 1989. |
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* Erhard Crome: [https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Texte17.pdf ''Sozialismus im 21. Jahrhundert. Zwölf Essays über die Zukunft''] (PDF; 898 kB), Berlin 2004. |
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* Jacques Droz (Hrsg.): ''Geschichte des Sozialismus.'' 17 Bände. Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin / Wien 1974 ff. |
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* [[Konrad Farner]], [[Theo Pinkus|Theodor Pinkus]] (Hrsg.): ''Der Weg des Sozialismus. Quellen und Dokumente vom Erfurter Programm 1891 bis zur Erklärung von Havanna 1962.'' Rowohlt, Reinbek 1964. |
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* [[Iring Fetscher]]: ''Für eine bessere Gesellschaft. Studien zu Sozialismus und Sozialdemokratie.'' Hrsg. von Clemens K. Stepina u. a. Lehner, Wien 2007, ISBN 978-3-901749-57-5. |
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* [[Georg Fülberth]]: ''Sozialismus.'' PapyRossa, Köln 2010. |
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* [[Ralf Hoffrogge]]: ''Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland – von den Anfängen bis 1914.'' Stuttgart 2011, ISBN 3-89657-655-0. |
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* [[Axel Honneth]]: ''Die Idee des Sozialismus.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-518-58678-5 (Erweiterte Ausgabe 2017, ISBN 978-3-518-29824-4). |
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* [[Thomas Meyer (Politikwissenschaftler)|Thomas Meyer]]: ''Sozialismus.'' VS Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 3-531-15445-1. |
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* Subrata Mukherjee / Sushila Ranaswamy: ''A History of Socialist Thought.'' Sage Publications, London 2000, ISBN 0-7619-9465-3. |
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* Jost Müller: ''Sozialismus.'' Rotbuch 3000, Hrsg. von Martin Hoffmann. Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch Verlag, Hamburg 2000, S. 6. |
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* {{Literatur |Autor=Scott Robert Sehon |Titel=Socialism: a logical introduction |Verlag=Oxford University Press |Ort=New York, NY |Datum=2024 |ISBN=978-0-19-775336-1 }} |
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* Bhaskar Sunkara: ''The Socialist Manifesto: The Case for Radical Politics in an Era of Extreme Inequality.'' Verso 2020, ISBN 978-1-78663-694-2. |
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* [[Frank Deppe]]: ''Sozialismus. Geburt und Aufschwung – Widersprüche und Niedergang – Perspektiven''. VSA, Hamburg 2021, ISBN 978-3-96488-116-8. |
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* Michael Brie: ''Sozialismus neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen zu den Widersprüchen einer solidarischen Gesellschaft.'' VSA: Verlag, Hamburg 2022, ISBN 978-3-96488-055-0. [https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/MBrie_Sozialismus_neu_entdecken_RLS_VSA_2022.pdf Online] |
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'''Kritik''' |
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* Klaus von Beyme: Politische Theorien im Zeitalter der Ideologien. 1789-1945. Wiesbaden, Westdeutscher Verlag. 2002. ISBN 3-531-13875-8 |
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* [[Friedrich August von Hayek]]: ''The Road to Serfdom'' (1944). Deutsche Ausgabe: ''Der Weg zur Knechtschaft''. Olzog 2007, ISBN 3-7892-8227-8. |
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* B. Crick: Socialism. Milton Keynes, Open University Press. 1989. |
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* Friedrich August von Hayek: ''The Fatal Conceit: The Errors of Socialism'' (1988). Deutsche Ausgabe: ''Die Verhängnisvolle Anmaßung: Die Irrtümer des Sozialismus.'' Tübingen 1988, ISBN 3-16-146674-8. |
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* S. Mukherjee / S. Ranaswamy: A History of Socialist Thought. London. Sage. 2000. |
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* {{Literatur |Autor=[[Ludwig von Mises]] |Titel=Die Gemeinwirtschaft – Untersuchungen über den Sozialismus |Verlag=Gustav Fischer |Ort=Jena |Datum=1922 |ISBN=978-3-8282-0411-9 |Online=[http://docs.mises.de/Mises/Mises_Gemeinwirtschaft.pdf docs.mises.de] |Format=PDF |KBytes=2900}} |
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* [[Eric Hobsbawm]]: Revolution und Revolte. Aufsätze zu Kommunismus, Anarchismus und Umsturz im 20. Jahrhundert. Frankfurt, Suhrkamp. 1972. |
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* {{Literatur |Autor=[[Gustave Le Bon]] |Titel=[[Psychologie des Sozialismus]] |Verlag=tredition |Ort=Hamburg |Datum=2019 |ISBN=978-3-7497-5880-7 |Kommentar=Originalausgabe 1898| Online=[http://www.psychologie-des-sozialismus.de/ online]}} |
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* J.L. Talmon: Geschichte der totalitären Demokratie. Köln, Westdeutscher Verlag. 1961/1963 (2 Bände). |
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* P. Weber: Sozialismus als Kulturbewegung. Frühsozialistische Arbeiterbewegung und das Entstehen zweier feindlicher Brüder Marxismus und [[Anarchismus]]. Düsseldorf, Droste. 2000. |
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'''Wissenschaftliche Zeitschriften''' |
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==Siehe auch== |
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* [[Sozialismus (Zeitschrift)]] |
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* [[Anarchismus]] |
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* [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]] |
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* [[Eurokommunismus]] |
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* [[Kommunismus]] |
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* [[Kommunistische Partei]] |
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* [[Neue Linke]] |
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* [[Sozialdemokratie]] |
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* [[Sozialistische Partei]] |
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==Weblinks== |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|Socialism|Sozialismus}} |
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{{Commonscat|Socialists|Sozialisten}} |
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{{Wiktionary}} |
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{{Wikiquote}} |
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* {{SEP|https://plato.stanford.edu/entries/socialism/|Socialism|Pablo Gilabert, Martin O’Neill}} |
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* {{IEP|https://iep.utm.edu/socialis/|Socialism|Samuel Arnold}} |
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* [https://www.rosalux.de/news/id/5168 Literaturliste zur Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung] auf den Seiten der [https://www.rosalux.de/ Rosa-Luxemburg-Stiftung] |
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* [http://www.max-stirner-archiv-leipzig.de/philosophie.html Philosophie digital 2.0] – Textsammlung des [http://www.max-stirner-archiv-leipzig.de/ Max Stirner-Archivs] |
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* [[Otto Bauer]]: [http://www.otto-bauer.net/bauer_integraler_sozialismus.html Integraler Sozialismus] |
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* [[Max Beer (Publizist)|Max Beer]]: [http://www.trend.infopartisan.net/reprints/beer/index.html Allgemeine Geschichte des Sozialismus und der sozialen Kämpfe T. 1–5. Berlin 1921–1923.] |
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* [[Albert Einstein]]: [https://www.monthlyreview.org/598einst.htm ''Why Socialism?''] In: ''[[Monthly Review]].'' 1949 (Einsteins Essay wurde in der ersten Ausgabe der Zeitschrift veröffentlicht). Deutsch: [http://www.ag-friedensforschung.de/science/einsteinjahr2.html ''Warum Sozialismus?''] |
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* [[François Villegardelle]]: [https://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/image/PPN612902137/1/ ''Geschichte der socialen Ideen vor der französischen Revolution, oder: Die alten Denker und Philosophen, die Vorläufer und Vorkämpfer der neueren Socialisten.'' Berlin 1846.] – Volldigitalisat in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern |
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== Einzelnachweise == |
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{{Wiktionary1|Sozialismus}} |
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<references responsive /> |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4055785-6}} |
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* [http://www.otto-bauer.net/bauer_integraler_sozialismus.html Otto Bauer, Integraler Sozialismus] |
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* [http://www.sozialismus.info/modules.php?name=incs&inc=canon James P. Cannon, Was ist Sozialismus] |
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[[Kategorie:Politischer Begriff]] |
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[[Kategorie:Sozialismus]] |
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Aktuelle Version vom 16. Mai 2025, 12:26 Uhr

Der Sozialismus (von lateinisch socialis ‚kameradschaftlich‘) ist neben dem Liberalismus und dem Konservatismus eine der drei großen politischen Ideologien, die im 19. Jahrhundert entstanden. Es gibt keine eindeutige Definition des Begriffs. Er umfasst eine breite Palette von politischen Ausrichtungen. Diese reichen über sich als revolutionär verstehende (Kampf-)Bewegungen und Parteien, die den Kapitalismus schnell und gewaltsam überwinden wollen, bis zu reformatorischen Linien, die Parlamentarismus und Demokratie akzeptieren (demokratischer Sozialismus). Demzufolge wird auch grob zwischen den Ausrichtungen von Kommunismus, Sozialdemokratie oder Anarchismus differenziert. Sozialisten betonen im Allgemeinen die Grundwerte Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und je nach Strömung auch Freiheit.[1][2][3][4][5] Sie heben oft die enge Wechselbeziehung zwischen praktischen sozialen Bewegungen und theoretischer Gesellschaftskritik hervor, wobei sie das Ziel verfolgen, mit Blick auf eine sozial gerechte Wirtschafts- und Sozialordnung beide zu versöhnen.
Historisch bestehen und bestanden in vielen Staaten Systeme, die – teils als Eigenbezeichnung – mit Realsozialismus, aber auch als Staatssozialismus bezeichnet werden und sich grundsätzlich als autoritäre oder als totalitäre Systeme einordnen lassen; zu nennen sind u. a. die Sowjetunion, Volksrepublik China, Nordkorea, die DDR oder Kuba. Daneben existierten und existieren auch weitere sich als sozialistisch bezeichnende oder so bezeichnete Staaten, die sich allerdings teilweise erheblich von den realsozialistischen Staaten unterscheiden (siehe Liste sozialistischer Staaten).
Begriff
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Begriffsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als socialistae (lateinisch) oder socialisti (italienisch) wurden im 18. Jahrhundert von römisch-katholischen Theologen, die der Aufklärung kritisch bis ablehnend gegenüberstanden, polemisch die Vertreter des modernen Naturrechts in der Art von Hugo Grotius und Samuel von Pufendorf benannt.[6] 1762 verfasste Jean-Jacques Rousseau sein Werk Du contrat social, in dem der Staat auf dem Kontrakt (Vertrag) freier Individuen beruht. Seit 1793 wird in Deutschland für Anhänger des Pufendorfschen Solidaritätsprinzips der rechtsphilosophische Terminus „Sozialisten“ verwendet.[7]
Erstmals findet sich das Wort Sozialismus 1803 in der italienischen Form socialismo. Giacomo Giuliani verwendet diesen Begriff in seiner Kritik an Rousseau positiv auf die Gesellschaftsordnung, allerdings indem er es für den göttlichen Willen hielt, dass die Gesellschaft durch Hierarchien zwischen den Menschen gekennzeichnet sei. Eine solche religiöse Umdeutung wurde jedoch stark kritisiert, weil der Begriff mit dem Liberalismus der Aufklärung in ursächlichem Zusammenhang gesehen wurde.[8]
Die ersten Nachweise der Verwendung des Worts socialist im Englischen fand man im Jahre 1824, das eigentliche französische socialisme erstmals 1832,[9] geprägt von Joncières, weiter verbreitet von Leroux und Reybaud.[10]
Eine Übertragung des ursprünglichen Begriffsadjektivs sozial in die heutige, deutsche Gesellschaftssprache ist in der Nähe von gemeinsam, gerecht oder etwa gesellschaftlich zumutbar, der Gemeinschaft zuträglich zu suchen.
Das Adjektiv sozialistisch dagegen wurde von Anfang an politisch verstanden. Es ist gesellschaftlich gesehen eine Weiterentwicklung der sozialen Gedanken der Aufklärung insofern, als diese Gleichheit nicht nur dem Recht, sondern auch dem Besitz zugestanden werden soll.
Definitionsproblematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Was unter Sozialismus zu verstehen sei, ist seit langem umstritten. Schon in den 1920er Jahren sammelte der Soziologe Werner Sombart 260 Definitionen von Sozialismus.[11]
Eine allgemein anerkannte, wissenschaftlich gültige Definition existiert nicht. Vielmehr zeichnet sich der Wortgebrauch durch eine große Bedeutungsfülle und begriffliche Unschärfe aus und unterliegt einem ständigen Bedeutungswandel. Deswegen werden dem Begriff zur näheren Präzisierung häufig Adjektive (proletarisch, wissenschaftlich, demokratisch, christlich, genossenschaftlich, konservativ, utopisch) vorangesetzt. Weitere Beispiele für solche Spezifizierungen sind etwa Agrarsozialismus, Staatssozialismus oder Reformsozialismus.[12]
Einen kleinsten gemeinsamen Nenner des Begriffs können folgende Definitionen geben:
„Sozialismus bezeichnet Ideologien, welche die Überwindung des Kapitalismus und die Befreiung der Arbeiterklasse aus Armut und Unterdrückung (soziale Frage) zugunsten einer an Gleichheit, Solidarität und Emanzipation orientierten Gesellschaftsordnung propagieren.“[13]
„Er definiert die als Gegenmodell zum Kapitalismus entwickelte politische Lehre, die bestehende gesellschaftliche Verhältnisse mit dem Ziel sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit verändern will, und eine nach diesen Prinzipien organisierte Gesellschaftsordnung sowie eine politische Bewegung, die diese Gesellschaftsordnung anstrebt.“[14]
Die Bedeutungsvielfalt wird zusätzlich dadurch gesteigert, dass der Begriff Sozialismus sowohl Methoden und Zielvorstellungen, gesellschaftlich-politische Bewegungen als auch historisch-gesellschaftliche Phasen und existierende Gesellschaftssysteme bezeichnen kann:
- eine auf die Deutung, Analyse, Kritik, Idealvorstellung oder praktische Gestaltung bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse gerichtete sozialökonomisch, politisch, philosophisch, pädagogisch bzw. ethische Lehre;
- eine politische Bewegung, die versucht, die durch den Sozialismus begründeten Forderungen und Ziele praktisch zu verwirklichen;
- der Gesellschaftszustand bzw. die Gesellschaftsordnung, die in wirtschaftlichen Produktionsweisen und Lebensformen den Sozialismus verkörpert;
- im Rahmen des Marxismus-Leninismus eine weltgeschichtliche Entwicklungsphase im Übergang von der kapitalistischen zur kommunistischen Gesellschaftsformation.[15]
- den Begriff „Realsozialismus“, mit dem sich jene Staaten bezeichneten, die seit 1917 von einer Kommunistischen Partei, in der Regel in einem Ein-Parteien-System, regiert wurden.
Nach dem Politikwissenschaftler Günter Rieger lassen sich sozialistische Ideologien zum einen nach ihrer Haltung zum Staat unterscheiden (Staatssozialismus versus Anarchismus), zum anderen nach dem Weg, auf dem die angestrebte Umgestaltung der Gesellschaft erreicht werden soll (Revolution versus Reform), sowie drittens danach, welcher Stellenwert unterschiedlichen sozialen und ökonomischen Interessen der Beteiligten eingeräumt wird (Klassenantagonismus versus Pluralismus).[16]
Historischer Überblick
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine explizit sozialistische Bewegung entwickelte sich erst infolge von Aufklärung und industrieller Revolution zwischen Ende des 18. Jahrhunderts und Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie war eng verwoben mit der Entstehung der Arbeiterbewegung. Wie bei allen -ismen trat der Sozialismus historisch in vielfältigen Formen auf: von den genossenschaftlichen Ideen der Frühsozialisten über die parteipolitische Organisation in sozialdemokratischen, sozialistischen und danach kommunistischen Parteien, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts oft unterschiedliche Ausprägungen annahmen.
Frühsozialismus
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Frühsozialisten wie François Noël Babeuf, Claude-Henri Comte de Saint-Simon, Louis-Auguste Blanqui, Charles Fourier, Pierre-Joseph Proudhon, William Godwin, Robert Owen oder Moses Hess legten politische Konzepte von quasi-absolutistischen Diktaturen bis hin zu einem anarchistischen Föderalismus vor. Einig waren sie sich einerseits in einer abwehrenden Reaktion gegen Effekte des Frühkapitalismus wie in der Hoffnung auf eine Gesellschaft, die mittelalterliche Standesunterschiede ebenso überwinden würde wie neuere Klassengegensätze. Oftmals argumentierten sie sehr moralisch. Eine sozialwissenschaftlich inspirierte Analyse, wie sie von Karl Marx geleistet wurde, gab es noch nicht.
Sozialstrukturell gesehen wurde der Frühsozialismus nicht von der Arbeiterklasse getragen, sondern von Handwerkern und Kleinbürgertum. Diese begannen bereits die Verwerfungen der industriellen Revolution zu spüren, ohne dass es schon zur Bildung eines Industrieproletariats gekommen wäre.
Einige wie Robert Owen versuchten den Aufbau abgeschlossener sozialistischer Gemeinschaften in einer so empfundenen feindlichen Umwelt. Die meisten Sozialisten zielten auf eine grundlegende Veränderung der gesamten Gesellschaft.
Sozialistisch inspirierte Aktivisten beteiligten sich an der französischen Revolution von 1789 bis 1799 und an den im Wesentlichen als bürgerlich geltenden europäischen Revolutionen bis 1848/1849 (siehe Julirevolution 1830, Februarrevolution 1848 und Märzrevolution 1848/1849); einen letzten Höhepunkt im 19. Jahrhundert hatten diese frühsozialistischen Bewegungen in der Pariser Kommune von 1871, die als erste proletarische Revolution gilt und die schon nach kurzer Zeit blutig niedergeschlagen wurde.
Durch die historische Entwicklung bedingt wurden die Diskussionslinien danach klarer: Die vielfältigen Ansätze des Frühsozialismus spalteten sich in drei Hauptlinien, den Anarchismus und die vom Marxismus inspirierten kommunistischen und sozialdemokratischen Bewegungen. Vereinzelt, wie im 20. Jahrhundert bei den russischen Revolutionen von 1905 und der Februarrevolution 1917 (bei der Oktoberrevolution 1917 nur noch sehr bedingt), der Münchner Räterepublik 1919 oder dem Spanischen Bürgerkrieg 1936 bis 1939 kam es zur Zusammenarbeit der drei Gruppen. Diese war jedoch jeweils nur kurzfristig, meist von heftigen internen Auseinandersetzungen geprägt und endete im Sieg einer Gruppe oder der Niederlage aller.
Anarchismus
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Auch viele Anarchisten verstehen sich in sozialistischer Tradition:
„Was im Juni 1848 unterlag, war nicht der Sozialismus im Allgemeinen, nur der Staatssozialismus, der autoritäre und reglementmäßige Sozialismus, der geglaubt und gehofft hatte, dass der Staat den Bedürfnissen und legitimen Wünschen der Arbeiterklasse volle Befriedigung gewähren werde und mit seiner Allmacht eine neue soziale Ordnung einführen wolle und könne.“
Die Theorie des Anarchismus lehnt daher staatliche Strukturen als Herrschaftsinstrument ab. Der Anarchismus baut auf die freiwillige Verbindung der Individuen in Kollektiven, Räten und Kommunen, um dieselben Ziele zu erreichen. Der Anarchismus strebt eine Synthese zwischen individueller Freiheit und kollektiver Verantwortung an und unterscheidet sich von den autoritären Strömungen. Statt des Staates wird beispielsweise von Bakunin vorgeschlagen:
„Die Gesellschaft so zu organisieren, dass jedes auf die Welt kommende männliche oder weibliche Wesen ungefähr gleiche Mittel zur Entwicklung seiner Fähigkeiten und ihrer Nutzbarmachung durch die Arbeit vorfindet…“
Religiös motivierte Sozialisten
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Die Bewegung des Religiösen Sozialismus entstand mit der erstarkenden Arbeiterbewegung in Mitteleuropa seit dem 19. Jahrhundert vor allem unter sozial engagierten Christen, zum Teil auch Juden.
Dass der Sozialismus, der den demokratischen Radikalismus der deutschen Handwerker, Arbeiter und Intellektuellen ablöste, sich als religiöser Sozialismus konstituierte, ist entscheidend auf den Schneidergesellen Wilhelm Weitling, das Haupt der Bewegung zu Beginn der 1840er Jahre, zurückzuführen. Seine sozialistische, am Ideal der Gütergemeinschaft orientierte Gesellschaftsutopie begründete Weitling in der Schrift Die Menschheit wie sie ist und sein sollte 1839/40, aber auch noch in seinem Evangelium eines armen Sünders 1843 überwiegend christlich-religiös.[19][20]
Besonders seit der Erfahrung des Ersten Weltkriegs gewann unter Juden die Überzeugung an Boden, dass dauerhafter Frieden entsprechend der Tora und dem Evangelium nur verwirklicht werden könne, wenn der auf Egoismus, Konkurrenz und Ausbeutung gegründete Kapitalismus überwunden werde.
Hermann Samuel Reimarus, Karl Kautsky, R. Eisler, Samuel George Frederick Brandon, und andere beriefen sich in ihrem „sozialen und politischen Kampf gegen bestehende Ordnungen“ auf Person und Handeln Jesu, und betonten seine Nähe zur Bewegung der Zeloten.[21]
Andere wie z. B. der Theologe Hans Küng, halten eine Inanspruchnahme Jesu für sozialrevolutionäre Bestrebungen für konstruiert.[22]
Die Befreiungstheologie oder Theologie der Befreiung ist eine in Lateinamerika entstandene Richtung der christlichen Theologie. Die Grundkonzepte der Befreiungstheologie entstanden seit Mitte der 1960er Jahre aus der Selbstorganisation von katholischen Basisgemeinden in Brasilien. Den Namen gab ihr das im Dezember 1971 erschienene Buch Teología de la liberación von Gustavo Gutiérrez. Sie versteht sich als „Stimme der Armen“ und will zu ihrer Befreiung von Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrückung beitragen. Aus der Situation sozial deklassierter Bevölkerungsteile heraus interpretiert sie biblische Tradition als Impuls für umfassende Gesellschaftskritik. Mit einem Bekenntnis zum gelebten Glauben im Diesseits arbeitet die Befreiungstheologie für eine basisdemokratische und teilweise sozialistische Gesellschaftsordnung.[23]
Marxistischer Sozialismus
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Laut Friedrich Engels bedeutete Sozialismus noch 1847 eine Bourgeoisbewegung, Kommunismus indes eine Arbeiterbewegung (Cabet, Weitling), weswegen Karl Marx und Engels damals noch der Bezeichnung „Kommunisten“ den Vorzug gaben. Erst 1887 bekannten sich sogar die englischen Gewerkschaften zum Sozialismus.[24]
Der Marxismus hatte lange Zeit die Deutungshoheit in der sozialistischen Bewegung. Nach dem Verfall der ersten Internationale 1876 bis über den größten Teil des gesamten 20. Jahrhunderts hinweg wurden Diskussionen innerhalb des und über den Sozialismus überwiegend mit den von Marx und Engels geprägten Begriffen geführt.
Marx und Engels betrachteten den Frühsozialismus als Utopischen Sozialismus und stellten ihm den wissenschaftlichen Sozialismus gegenüber. Nach der Theorie von Marx und Engels stehen sich in der Epoche des Kapitalismus die Kapitalistenklasse (Privateigentümer auf Produktionsmittel) und die Arbeiterklasse (Proletariat) als Gegenspieler gegenüber. Die Arbeiter seien gezwungen ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen. Der jeweilige Kapitalist stelle die Arbeiter als Lohnabhängige ein und profitiere von deren Arbeit, weil er den Arbeitern immer nur einen Teil des durch ihre Arbeit erwirtschafteten Geldes auszahle, den Rest behalte er für sich. Demnach entstehe Ausbeutung. Die verschiedenen Interessen der beiden Klassen würden sich in einem stetigen Widerstreit befinden, also in einem Klassenkampf. Die Zuspitzung dieses Widerstreits würde es nach Marx und Engels erforderlich machen, dass die organisierte Arbeiterklasse die Macht erobern müsse, um sich selbst zu befreien.[25] Nach Marx ist die Diktatur des Proletariats mit ihrer Aufgabe die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln die Voraussetzung der klassenlosen Gesellschaft (Kommunismus). Nach Friedrich Engels wird diese Diktatur eine demokratische Herrschaft der Mehrheit über die Reste der Ausbeuterklasse sein. Marx und er forderten Verstaatlichungen aller Produktionsmittel, zum Beispiel im Manifest der Kommunistischen Partei:
„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.“[26]
Wie die Gesellschaftsform nach der Entwicklung vom Sozialismus zum Kommunismus, also der klassenlosen Gesellschaft, genauer aussehen werde, wurde von Marx und Engels bewusst nicht genauer ausgemalt und werde sich der Theorie folgend anhand konkreter gesellschaftlicher Entwicklungen und Widersprüche zeigen.
Zwei bekannte Zitate, die sich um die Entwicklung zur höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft drehen:
„In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“[27]
„Sobald es keine Gesellschaftsklasse mehr in der Unterdrückung zu halten gibt, sobald mit der Klassenherrschaft und dem in der bisherigen Anarchie der Produktion begründeten Kampf ums Einzeldasein auch die daraus entspringenden Kollisionen und Exzesse beseitigt sind, gibt es nichts mehr zu reprimieren, das eine besondre Repressionsgewalt, einen Staat, nötig machte. Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Repräsentant der ganzen Gesellschaft auftritt – die Besitzergreifung der Produktionsmittel im Namen der Gesellschaft, ist zugleich sein letzter selbständiger Akt als Staat. Das Eingreifen einer Staatsgewalt in gesellschaftliche Verhältnisse wird auf einem Gebiete nach dem andern überflüssig und schläft dann von selbst ein. An die Stelle der Regierung über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht ‚abgeschafft‘, er stirbt ab.“[28]
Die Phase der Diktatur wurde von Wladimir Iljitsch Lenin als eigenständige Gesellschaftsformation verstanden, die er als Sozialismus bezeichnete. In ihr würden die Proletarier die Produktionsverhältnisse durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel so verändern, dass schließlich die Klassengegensätze selbst aufgehoben würden. Der Staat, von Marx als Instrument der Unterdrückung einer Klasse durch die andere gedacht, werde somit überflüssig und sterbe ab, woraus die letzte Gesellschaftsformation der Menschheitsgeschichte möglich werde, der Kommunismus.[29]
Im sogenannten Revisionismusstreit innerhalb der deutschen Sozialdemokratie grenzten sich Marxisten, die auf eine Revolution setzten, von solchen ab, die den Sozialismus auf dem Wege von Reformen herbeiführen wollten. Rosa Luxemburg betonte hierbei die Unumgänglichkeit der Revolution, indem sie zum Beispiel schrieb:
„Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist.“[30]
Ihr parteiinterner Gegner Eduard Bernstein vertrat die Ansicht, die Sozialdemokratie könne die angestrebte grundlegende Erneuerung der Gesellschaft durch einen beständigen Reformprozess erreichen. Er stellte die Notwendigkeit der proletarischen Revolution in Frage und propagierte die Teilhabe am politischen System des Kaiserreiches. In der Weimarer Republik und den ersten zwanzig Jahren der Bundesrepublik wurde diese Differenzierung durchgehalten.
Sozialdemokratie
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In der europäischen Sozialdemokratie setzte sich seit etwa 1900 der Reformismus durch, der den Sozialismus nicht durch eine soziale Revolution, sondern durch demokratische Reformen erreichen zu können glaubt. Damit wurden sozialdemokratische Gründungsprogramme, die Sozialismus gemäß der marxschen Theorie vom Klassenkampf als Ergebnis krisenhafter Zuspitzungen der sozialen Gegensätze und revolutionärer Umgestaltungen erwarteten, zuerst in der praktischen Alltagspolitik und dann theoretisch aufgegeben.
In Deutschland begann die Auseinandersetzung um einen revolutionären oder reformistischen Weg zum Sozialismus mit Veröffentlichungen Eduard Bernsteins, die 1896 die Revisionismusdebatte auslösten. Zwar fand Bernsteins Position in der SPD zunächst keine Mehrheit, doch setzte sie sich nach dem Tod des Parteivorsitzenden August Bebel 1913 unter seinem Nachfolger Friedrich Ebert mehr und mehr durch. Hieraus und aus der Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den Kriegsanleihen zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs 1914, an dem die Sozialistische Internationale zerbrach, wurden ideologische Auseinandersetzungen innerhalb der Sozialdemokratie manifest, die schließlich zur Spaltung der SPD in USPD und MSPD führte. Sie verschärften sich seit der Oktoberrevolution in Russland 1917. Es kam zu einer Spaltung zwischen Sozialisten und Kommunisten, die eigene kommunistische Parteien gründeten. Der Bruch zwischen beiden Lagern zeigte sich besonders am Verhältnis zum sogenannten Realsozialismus sowjetischer Prägung. Die Anfang 1919 gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) beanspruchte als Nachfolgerin des Spartakusbundes, mit dem proletarischen Internationalismus die besten sozialdemokratischen Traditionen zu bewahren. Mit der Ermordung der Spartakusführer und KPD-Gründer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurde die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung in die reformorientierte SPD und die marxistisch-revolutionäre KPD unumkehrbar, während die USPD bis 1922 zwischen diesen beiden Polen zerrieben wurde und danach keine bedeutende Rolle in der Weimarer Republik mehr spielte.
In Russland spaltete sich die Sozialdemokratie schon 1903 in die reformorientierten Menschewiki (= Minderheitler) und die marxistisch-revolutionären Bolschewiki (= Mehrheitler), deren Gegensatz nach vorübergehender neuer Zusammenarbeit 1912 endgültig wurde. Den Menschewiki gelang unter Kerenski mit der Februarrevolution 1917 der Sturz des Zaren und die Regierungsbildung, doch setzten sie den Krieg gegen Deutschland für Gebietsgewinne fort. Die theoretische, nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1917 auch die praktische Führung der Bolschewiki übernahm Lenin. Durch das Angebot eines Sofortfriedens gewann er eine Mehrheit im Rätekongress, die er für eine erneute Revolution – diesmal gegen die provisorische Regierung in Petrograd – nutzte. Nach dem fünfjährigen Russischen Bürgerkrieg gegen verschiedene zarentreue „Weiße Truppen“ (vgl. Weiße Armee) gründeten die Bolschewiki die UdSSR mit der seit 1952 KPdSU genannten alleinherrschenden Staatspartei. Damit verlor die unterlegene russische Sozialdemokratie fast bis zum Ende der Sowjetunion 1990 jede machtpolitische Bedeutung.
Die innersozialistischen Gegensätze in der „Systemfrage“, die in Deutschland zugunsten der Reformisten, in Russland zugunsten der Leninisten ausgegangen waren, vertieften nach dem Rechtsruck der Weimarer Republik ab 1923 die Spaltung zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten und schwächten so die Zukunftsperspektiven des Sozialismus weltweit. Obwohl die SPD bis zu ihrem Heidelberger Programm von 1925 am Ziel einer Ablösung der kapitalistischen durch eine sozialistische Wirtschaftsordnung festhielt, ging sie im politischen Alltag den Weg einer Reformpartei, die ihre Ziele parlamentarisch durch Kompromisse und Koalitionen – auch mit gegnerischen Kräften der Gesellschaft – allmählich durchzusetzen suchte. Obwohl sie eine der größten demokratischen Parteien in der ersten deutschen Republik blieb und die meisten Regierungen mittrug, geriet sie bald in die politische Defensive gegenüber deutschnationalen und rechtsradikalen Parteien, bis sie 1933 kurz nach der KPD mit allen übrigen Parteien außer der NSDAP vom neuen Regime des Nationalsozialismus verboten, ihre Führungskräfte verfolgt und ihre Strukturen zerschlagen wurden.
Nach dem Ende der NS-Diktatur konnte die SPD sich regenerieren und griff nun auf sozialistische Ziele zurück, die das Wiedererstarken des Faschismus durch energische Eingriffe in den Monopolkapitalismus verhindern sollten. Doch erst nach ihrer Wende zur Marktwirtschaft im Godesberger Programm 1959 wandelte sie sich zur Volkspartei. Dabei definierte sie „Sozialismus“ nun in ausdrücklicher Abgrenzung vom Sowjetkommunismus als „Demokratischen Sozialismus“, um damit ihre Anerkennung des pluralistischen Systems der westlichen Demokratien zu zeigen. So befreite die SPD sich allmählich aus ihrer Oppositionsrolle und stellte mit Willy Brandt 1969 erstmals den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Dessen Regierungserklärung versprach „mehr Demokratie“, jedoch keinen Sozialismus im Sinne der alten SPD-Programme mehr.
In der Sowjetischen Besatzungszone war es unter sowjetischem Einfluss zur Zwangsvereinigung der SPD mit der dominierenden KPD zur SED gekommen, die in der DDR von 1949 bis zu deren Niedergang 1989/1990 an der Macht blieb und sich an der KPdSU und dem politischen System der UdSSR ausrichtete. Dort wurde der Sozialismus weiterhin als Gegensatz zum westlichen Kapitalismus und Vorstufe zum Kommunismus aufgefasst.
Seit dem Scheitern des Realsozialismus leiteten sozialdemokratische Regierungen in Europa eine zunehmende Öffnung zur „Neuen Mitte“ ein. In der SPD begann dieser Prozess etwa 1999 mit dem „Schröder-Blair-Papier“, einer gemeinsamen Erklärung von SPD-Kanzler Gerhard Schröder und dem damaligen britischen Premier Tony Blair von der Labour Party, und führte über die Hartz-IV-Gesetze 2002 bis zur Debatte über die Streichung des demokratischen Sozialismus aus dem Parteiprogramm.
Globalisierungskritiker wie Attac und ehemalige SPD-Linke wie Oskar Lafontaine (später Die Linke, jetzt Bündnis Sahra Wagenknecht) sehen darin eine Abkehr von sozialdemokratischen Grundwerten und eine Wende zum Neoliberalismus, der für sie eine besonders aggressive Steigerung des internationalen Kapitalismus ist.
Die SPD sieht sich jedoch nach wie vor als sozialistische Partei und bekennt sich in ihrem Hamburger Parteiprogramm (2007) ausdrücklich in der Tradition der „marxistischen Gesellschaftsanalyse“ zum Demokratischen Sozialismus.[31]
Realsozialismus
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Als real existierenden Sozialismus bezeichneten sich jene Staaten, die seit 1917 von einer Kommunistischen Partei, in der Regel in einem Ein-Parteien-System, regiert wurden: besonders die Sowjetunion mit der KPdSU und die ab 1945 an ihrem System ausgerichteten Staaten des europäischen „Ostblocks“, darunter: Polen, ČSSR, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Deutsche Demokratische Republik sowie die Mongolische Volksrepublik. Weiterhin bestehen bis heute einige weitere sehr unterschiedliche, sich teilweise widersprechende von manchen als realsozialistisch bezeichnete Systeme wie die Volksrepublik China (seit 1949), im nach dem Vietnamkrieg vereinigten Vietnam (spätestens seit 1975), Laos (seit 1975), Kuba (seit 1959) oder Nordkorea (seit 1948).
Mit der Oktoberrevolution 1917 in Russland sollten die Ideen des Sozialismus erstmals in einem großen Flächenstaat in die Praxis umgesetzt werden. Der Begriff des Realsozialismus sollte erklären, warum viele Vorhersagen der marxschen Theorie wie die Weltrevolution und die rasche Entwicklung größeren Wohlstands in den sozialistischen Staaten nicht eintraten und diese Staaten sich dennoch weiter zum Kommunismus entwickelten, allerdings mit Problemen der Realpolitik zu kämpfen hatten.
Stalin vertrat nach Lenins Tod die Theorie vom möglichen „Sozialismus in einem Land“, der sich unabhängig von der Weltrevolution etablieren und halten könne. Trotzki stellte dagegen seine Theorie der permanenten Revolution auf, um bürokratische Erstarrung einer Sozialrevolution durch erneute innenpolitische Umwälzungen und Revolutionierung weiterer Länder zu verhindern. Nachdem sich Stalin gegen Trotzki durchgesetzt hatte, gab die von ihm beherrschte KP die ursprünglichen Ziele auch der Bolschewiki auf, die eine Demokratisierung nach erfolgreichem Aufbau sozialistischer Produktionsverhältnisse in Aussicht gestellt hatten. Stalins rigorose Zwangsmaßnahmen zur forcierten Industrialisierung, Kollektivierung der Landwirtschaft, ethnischen Homogenisierung und Ausschaltung jeder möglichen Opposition – zusammengefasst als Stalinismus – aber auch die ähnliche Politik seiner Nachfolger und die ständigen schweren Verstöße gegen die Menschenrechte in realsozialistischen Staaten haben diese Systeme weltweit diskreditiert. Die faktisch nationale, diktatorisch-technokratische Machtpolitik und das imperialistische Hegemoniestreben solcher Staaten gefährdete aus Sicht vieler Kritiker alle weiteren Anläufe zu einem von der Sowjetunion oder China unabhängigen Sozialismus. Realsozialismus wird dabei entweder als logische Konsequenz des marxschen Sozialismusmodells oder als dessen Verkehrung ins Gegenteil kritisiert, sodass viele Kritiker diesen Staaten das Recht absprachen, sich sozialistisch zu nennen.
Neosozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den 1920er Jahren entstand in Frankreich als Reaktion auf die Positionen der Parteispitze der Section française de l’Internationale ouvrière (SFIO), die als sklerotisch und im 19. Jahrhundert verhaftet wahrgenommen wurden, der Neosozialismus. Linke Absolventen der École normale supérieure (Paris) um Marcel Déat entwickelten die Theorie, dass nicht durch Klassenkampf und Revolution der Sozialismus erreicht werden könne, sondern durch ein breites Bündnis namentlich mit den linksbürgerlichen Radikalsozialisten. Dadurch sollten Schlüsselpositionen in der Verwaltung erobert werden, von denen aus zuerst die Profite der Unternehmer, schließlich auch deren Betriebe sozialisiert werden würden.[32] 1930 legte Déat in seinen Perspectives socialistes eine Art Programmschrift des Neosozialismus vor, in der er nicht nur den Marxismus, sondern auch den Internationalismus der SFIO hinter sich ließ. Auf dem Parteikongress 1933 propagierte Adrien Marquet einen nationalen Sozialismus unter der Parole französisch ordre, autorité, nation (Ordnung, Autorität, Nation), woraufhin die Neosozialisten aus der SFIO ausgeschlossen wurden. Sie gründeten die Parti socialiste de France-Union Jean Jaurès, in der sich von Anfang an auch antisemitische Ressentiments laut wurden, wahrnehmbar etwa in der höhnischen Ablehnung des Aufnahmeantrags Salomon Grumbachs.[33] In der Folgezeit drifteten Déat und die Neosozialisten immer weiter Richtung Faschismus.[34] Sie propagierten autoritäre Steuerungsmodelle zur Lösung der Weltwirtschaftskrise und der politischen Probleme der Dritten Republik, die schließlich bei Déat und mehreren seiner Anhänger in eine Ablehnung von Frankreichs Eintritt in den Zweiten Weltkrieg („Mourir pour Dantzig?“) und in die Kollaboration mit dem nationalsozialistischen Deutschland führten.[35]
Nationaler Sozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in manchen europäischen Staaten Strömungen, die einen „Dritten Weg“ zwischen den sich gegeneinander definierenden und bekämpfenden Richtungen des Nationalismus und des Sozialismus suchten. Als vage Vordenker und Wegbereiter national-sozialistischer Ideen im deutschen Sprachraum gelten Autoren des Kaiserreichs, die eine Gemeinwirtschaft im Rahmen der Nation anstrebten und sich vom Internationalismus des Marxismus wie der Sozialdemokratie abgrenzten. Solche Entwürfe entstanden ungefähr seit der politischen Wende von 1890, die durch die Entlassung Otto von Bismarcks als Reichskanzler und die Legalisierung der SPD markiert war.
Seit etwa 1890 war in der SPD die Vorstellung gewachsen, Sozialismus sei nicht durch Entmachtung der nationalen Eliten, sondern Zusammenarbeit mit ihnen und partielle Unterstützung ihrer Politik zu erreichen. Dies war eine Reaktion auf Angriffe wie beispielsweise von Gustav Tuch, der 1887 erklärte, der preußische Militarismus sei „der einzig wahre nationale und zivilisierte Sozialismus […] gegenüber dem vaterlandslosen und barbarischen Sozialismus der Sozialdemokratie“.[36] Zwar wies Karl Kautsky dies damals zurück; aber Vertreter des Revisionismus fanden in der SPD wachsendes Gehör. So erklärte Eduard Bernstein 1899 in seinem Buch Die Voraussetzungen des Sozialismus:[36]
„Im weiteren Verlaufe wird das Nationale so gut sozialistisch sein wie das Munizipale. Nennen sich doch schon heute Sozialisten demokratischer Staatswesen gern Nationalisten.“
Mit der Zustimmung zum Burgfrieden und zu den Kriegskrediten am 4. August 1914 erhoffte sich die SPD Akzeptanz bei den Eliten und mehr demokratische Partizipation als Gegenleistung.
Willy Huhn, der 1952 ein Buch zu nationalistischen und militaristischen Traditionen innerhalb der Sozialdemokratie veröffentlichte, beschrieb die SPD, die sich nach der Gründung der USPD 1917 Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands (MSPD) nannte, aufgrund solcher Belege als „die erste nationalsozialistische Partei“ der Weltgeschichte. Huhn fand in den Ideen der Kriegssozialisten die „Deutsche Arbeitsfront“ des „Dritten Reiches“ vorgezeichnet.[36]
In der SPD der Zwischenkriegszeit gab es einen rechtsgerichteten Flügel vorwiegend jüngerer Mitglieder, die die Sozialdemokratie für nationalistische, autoritäre und antirationalistische Ideen öffnen wollten. Wichtigste Organisation dieser Richtung war der von 1923 bis 1926 innerhalb der Jungsozialisten bestehende Hofgeismarer Kreis. Namhafte Vertreter des jung-rechten Flügels der Sozialdemokratie waren Paul Tillich, Hermann Heller, Carlo Mierendorff und Theodor Haubach. Zeitweise gab es auch Verbindungen zu Ernst Niekisch. In der Absicht, den aufkommenden Nationalsozialismus zu bekämpfen, wollten sie diesem einen „nationalen Sozialismus“ entgegensetzen und nahmen dazu zum Teil auch Anleihen bei Ideologie und Praxis der nationalistischen Rechten. Vertreter dieser Richtung fanden sich später auch im Widerstand gegen den Nationalsozialismus wieder, insbesondere im Kreisauer Kreis.[37]
Auch die damaligen Linksparteien gebrauchten nationalistische Motive, um Massen zu mobilisieren und Wähler der Rechten anzuziehen. So verabschiedete die KPD 1930 eine programmatische Erklärung „zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“[38] und wandte sich 1932 gegen die im Youngplan festgelegten Reparationszahlungen als „Tributsklaverei des deutschen Volkes“.[39]
Neue Linke
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Aus der Außerparlamentarischen Opposition der 1960er Jahre gingen seit 1970 zum einen eine Reihe von K-Gruppen, zum anderen „undogmatische“ und „antiautoritäre“ Gruppen hervor, die als „Neue Linke“ zusammengefasst werden. Unter ihnen war das 1969 gegründete Sozialistische Büro in Offenbach eine der einflussreichsten Organisationen. Studentenführer wie Rudi Dutschke vertraten einen demokratischen Sozialismus, den sie sowohl gegen die Sozialdemokratie als auch gegen den Realsozialismus abgrenzten. Sie blieben meist außerhalb von Parteien in verschiedenen Neuen sozialen Bewegungen engagiert und hatten kaum Rückhalt in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, gewannen aber mit Gründung und Aufstieg der neuen Partei Die Grünen parlamentarischen Einfluss. Kulturell erreichte die Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre eine Liberalisierung der Gesellschaft und differenziertere Haltung zum Ideal des Sozialismus als im Kalten Krieg, wo dieser Begriff fast nur mit diktatorischen Zuständen östlicher Systeme identifiziert wurde.
Neue sozialistische Parteien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Demokratischer Sozialismus, zwischen 1928 und 1934 aus kommunistischer Sicht im Zusammenhang mit der SPD noch als Sozialfaschismus verschrien, wurde auch in der DDR von der kommunistischen SED meist als ein Synonym für Sozialdemokratie definiert und als „Sozialdemokratismus“[40] ideologisch abgewertet. Nach der Wende in der DDR erklärte die gestürzte SED diesen Begriff aber zu ihrer Leitidee, indem sie sich 1990 zur Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) umbenannte und sich programmatisch wandelte. 2005 benannte sich die PDS in Die Linkspartei um und vereinte sich am 16. Juni 2007 mit der westdeutschen WASG zur neugebildeten Partei Die Linke.
In anderen Staaten Westeuropas hatten kommunistische Parteien schon seit den 1960er Jahren einen antisowjetkommunistischen Kurs zum Eurokommunismus eingeschlagen: etwa die Kommunistische Partei Italiens, die sich 1990 umbenannte in „Demokratische Partei der Linken“ (italienisch Partito Democratico della Sinistra – PDS) oder die Kommunistische Partei Frankreichs (KPF, französisch PCF). Diese ehemals kommunistischen Parteien setzen zum einen auf einen Ausbau des Sozialstaats und eine Zähmung des Kapitalismus durch gesetzliche Eingriffe, zum anderen wollen sie den Parlamentarismus stärker mit Plebisziten und direkter Demokratie ergänzen.
Im Vorfeld der Wahlen zum russischen Staatspräsidenten hat auch der letzte Präsident der früheren UdSSR, Michail Gorbatschow, im Oktober 2007 eine sozialdemokratische Bewegung gegründet, um Tendenzen zu einer neuen Diktatur, Abbau von sozialen Rechten und Massenverarmung in Russland zu begegnen.[41]
Umstritten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nationalsozialismus
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Das Verhältnis von Sozialismus und Nationalsozialismus ist unter Wissenschaftlern umstritten, was vor allem an den unterschiedlichen Verwendungen des Sozialismusbegriffs liegt. In der Frühzeit der NSDAP bezeichnete Hitler die Partei explizit als sozialistisch und lehnte mit dieser Begründung 1921 ihre Fusion mit der Deutschsozialen Partei ab. Sozialismus war für ihn die „Lehre von härtester Pflichterfüllung […] Wahrer Sozialismus ist höchstes Volkstum“. Insofern lehnte er den marxistischen Sozialismusbegriff ab, der das Volk spalte: für einen „‚klassenbewussten‘ Proletarier“ sei in der Partei ebenso wenig Platz „wie für einen standesbewussten Bürger“.[42] Im internationalen Kapitalismus, den er mit dem Weltjudentum assoziierte, sah Hitler den Hauptfeind. Das 25-Punkte-Programm der NSDAP wies mehrere antikapitalistische Forderungen auf, so die Verstaatlichung von Trusts[43] und die Maxime Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Allerdings war Hitler nach dem Zeugnis seines ersten Biographen Konrad Heiden noch im Jahr 1920 strikt gegen eine Umbenennung der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), weil er dem Begriff sozialistisch ablehnend gegenübergestanden habe.[44]
Ein wesentlicher Teil der Propaganda des Nationalsozialismus waren wirtschafts- und sozialpolitische Versprechungen. Der Nationalsozialismus gab vor, im Kontrast zu den unerfüllt gebliebenen Versprechungen des Sozialismus und angesichts des Elends der Weltwirtschaftskrise ein „Sozialismus der Tat“ zu sein.[45]
Auf der Bamberger Führertagung erteilte Hitler am 14. Februar 1926 den Plänen des linken Parteiflügels um Gregor und Otto Strasser eine Absage und bekannte sich zum Privateigentum. Eine Unterstützung des Volksbegehrens zur Fürstenenteignung, wie Gregor Strasser und Joseph Goebbels sie befürworteten, unterblieb.[46] Der verbliebene Flügel um Otto Strasser trat noch vor der Machtergreifung aus. Die Gruppe schrieb 1930 unter dem Titel „Die Sozialisten verlassen die NSDAP“:
„Für uns bedeutet Sozialismus Bedarfswirtschaft der Nation unter Anteilnahme der Gesamtheit der Schaffenden an Besitz, Leitung und Gewinn der ganzen Wirtschaft dieser Nation, d. h. also unter Brechung des Besitzmonopols des heutigen kapitalistischen Systems und vor allem unter Brechung des Leitungsmonopols, das heute an den Besitztitel gebunden ist.“[47]
Laut Joachim Fest ist „die Diskussion über den politischen Standort des Nationalsozialismus nie gründlich geführt worden“. Hitler habe keine Produktionsmittel verstaatlicht, aber „nicht anders als die Sozialisten aller Schattierungen die soziale Gleichschaltung vorangetrieben“.[48] Hitler habe selbst erklärt, dass sein Sozialismus im Sinne einer Verantwortung des Ganzen für den Einzelnen der ergänzende Begriff zum Wort Nationalismus sei. Mit einem mechanischen Aufbau des Wirtschaftslebens habe sein Sozialismusverständnis nichts zu tun, vielmehr finde in ihm der Kapitalismus erst seine Erfüllung: Somit sei für Hitler Sozialismus nur in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem erreichbar gewesen. Diese Ideologie links zu nennen, sei politische Taktik gewesen. „Wie bei Hitler die Beteuerungen des Glaubens an die Tradition, an konservative Werte oder an das Christentum, waren die sozialistischen Parolen lediglich bewegliche ideologische Requisiten, die der Tarnung und Verwirrung des Feindes dienten. Sie konnten je nach Situation geändert oder neu arrangiert werden“.[49]
Der Politikwissenschaftler Christoph H. Werth sieht in der vorgeblichen Synthese von Nationalismus und Sozialismus, die die Nationalsozialisten versuchten, einen wesentlichen Teil ihrer ideologischen Wirkung.[50]
Götz Aly beschreibt die egalisierenden Tendenzen des NS-Regimes, mit dem allen Deutschen, die die Rassekriterien erfüllten, ab 1939 die gleichen Lebensmittelrationen zugeteilt und ihren Kindern unabhängig von der sozialen Herkunft ein Aufstieg oder eine Offizierskarriere ermöglicht worden seien, als „nationalen Sozialismus“. Diese Maßnahmen, ein „im zeitgenössischen Vergleich beispielloses sozialpolitisches Appeasement“, hätten größtenteils auf der Enteignung der deutschen Juden und der Ausbeutung der im Krieg besetzten Gebiete basiert und stark zur Massenzustimmung zum Nationalsozialismus beigetragen. Die Gleichheitsidee sei von den Nationalsozialisten zwar „rassisch pervertiert“ worden,[51] stehe aber „im größeren Zusammenhang der egalitären Bewegungen und Utopien des 20. Jahrhunderts“.[52]
Der Historiker Henry A. Turner dagegen glaubt nicht, dass Hitler je Sozialist war. Er habe sich stets zum Privateigentum und zum liberalen Konkurrenzprinzip bekannt, aber nicht aus einem echten Liberalismus heraus, sondern auf Grund seiner sozialdarwinistischen Grundannahmen. Im Sinne eines Primats der Politik habe er postuliert, die Wirtschaft müsse stets unter der vollständigen Kontrolle der Politik stehen. Eine konsistente ökonomische Theorie habe der Nationalsozialismus nie entwickelt.[53] Auch der Wirtschaftshistoriker Harold James urteilt, dass Hitlers ökonomische Vorstellungen „nichts Sozialistisches an sich“ hatten. Der Kollektivismus der NSDAP habe auf die Politik gezielt, nicht auf die Wirtschaft, die er vor allem durch Genie und die Willenskraft von Erfindern und Konstrukteuren angetrieben sah.[54] Der Sozialhistoriker Hans-Ulrich Wehler urteilt, dass der Sozialismus im Nationalsozialismus „allenfalls in verballhornter Form“ fortlebte, nämlich in der Ideologie der Volksgemeinschaft.[55]
Da Hitler sich scharf vom Marxismus abgrenzte, dessen Anhänger in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, hält es der britische Historiker Richard J. Evans für falsch, im Nationalsozialismus eine Verfremdung oder Weiterentwicklung des Sozialismus zu sehen. Zwar hätten Nationalsozialisten oft eine egalitäre Rhetorik gepflegt, die sich gegen die Macht des Kapitals wandte, aber ihre Rassenideologie sei etwas ganz anderes als der Klassenkampf des Sozialismus gewesen. Entsprechend ordnet er den Nationalsozialismus in mancher Hinsicht als eine extreme Gegen-Ideologie zum Sozialismus ein, dessen Rhetorik und Selbstdarstellung aber teilweise übernommen worden seien.[56]
Perspektiven
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Eine wissenschaftliche Debatte über Sozialismus als alternativen Gesellschaftsentwurf, wie es sie während der deutschen Studentenbewegung der 1960er Jahre an den Universitäten gab, findet heute kaum mehr statt. Nur einzelne Sozialwissenschaftler wie Wolfgang Fritz Haug fordern angesichts eines Turbokapitalismus heutzutage und der damit verbundenen Lebensweisen, aus den historischen Erfahrungen zu lernen und das sozialistische Projekt zu aktualisieren. Eine kritische Bestandsaufnahme unternimmt unter anderem die Zeitschrift Das Argument und die dort ebenfalls angesiedelte Edition des Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus (HKWM).[57] Auch im Umfeld der zur Partei Die Linke gehörenden Rosa-Luxemburg-Stiftung wird eine zukünftige alternative Lebensweise mit Sozialismus diskutiert.[58]
Der Sozialphilosoph Axel Honneth hat mit seiner Schrift Die Idee des Sozialismus eine Kritik der ursprünglichen Idee des in der Industriellen Revolution wurzelnden Sozialismus vorgelegt und als dessen Kerngedanken die „soziale Freiheit“ neu definiert. Sozialismus bedeute heute experimentelle politische Ankersetzung auf dem Weg zu einer solidarischen Gesellschaft, die nicht nur auf der wirtschaftlichen, sondern auch in der politischen Ebene und in den persönlichen Beziehungen (insbesondere zwischen den Geschlechtern) anzustreben sei.[59][60]
Ebenfalls eine Neuinterpretation stellt der politische Soziologe Heinz Dieterich mit seinem Konzept vom Sozialismus des 21. Jahrhunderts dar, in dem er versucht, marxistische Werttheorie mit basisdemokratischen Elementen zu verknüpfen, der dann eine nicht-marktwirtschaftliche, demokratisch von den unmittelbar Wertschaffenden bestimmende Äquivalenzökonomie zu Grunde liegt. Versuche, diese neue Theorie in die Praxis umzusetzen, finden sich derzeit in Venezuela (Bolivarismus) und Bolivien. Die Theorie eines Demokratischen Konföderalismus wird gegenwärtig in verschiedenen kurdischen Organisationen und Lokalverwaltungen sozialistischer Prägung zu realisieren versucht (Rojava, YPG).
Wolfram Elsner, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bremen, sieht im Sozialismus chinesischer Prägung „gegenüber dem alten, eurozentrierten Sozialismusentwurf“, aber auch gegenüber dem „neoliberalen Finanzmarktkapitalismus“ ein „effektiveres Modell“. In seinem 2020 erschienenen Buch Das chinesische Jahrhundert schreibt er: „China ist heute fähig, die jahrzehntelange Diskreditierung und Tabuisierung jeder Idee von realem Sozialismus wieder aufzubrechen, vor allem weil es zeigt, dass Sozialismus im 21. Jahrhundert kein statisches, bürokratisches Armutssystem mehr ist, sondern diesbezüglich den real existierenden Kapitalismus sogar überflügeln und die menschlichen Perspektiven erweitern kann.“[61]
Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Sozialismus war stets Kritik seitens seiner ideologischen Gegner ausgesetzt. Andererseits gab es aus den zahlreichen einzelnen sozialistischen Strömungen Kritik an Nebenströmungen und den bestehenden sozialistischen Verhältnissen.
Konservatismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fjodor Michailowitsch Dostojewski, der in seiner Jugend selber Sozialist gewesen war, verurteilte später die Idee des Sozialismus. Einerseits machte er die Bedeutung der Kunst als Anästhetikum geltend und erkannte in provokanten Formeln wie „ein Paar Stiefel sei wichtiger als Shakespeare und eine Eierverkauferin nötiger als Puschkin“ des Nihilisten Dmitri Iwanowitsch Pissarew den Versuch, die Kunst durch das allgemeine Glück überflüssig werden zu lassen. Die persönliche Freiheit schätzte er besonders hoch, weshalb er seit Verbrechen und Strafe (1866) gegen die aufkommende Milieutheorie der gerade entstehenden Soziologie polemisierte. Gleichzeitig erkannte er im Atheismus der russischen Frühsozialisten den Kern ihrer Vorstellung von Perfektibilität und in der daran anschließenden Forderung nach einer Revolution mit der Errichtung einer utopischen Ordnung das Ende der Freiheit, wofür er in seinem Roman Die Dämonen (1873) das Bild vom Kristallpalast aus Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewskis Roman Was tun? aufgriff und nicht als Ausdruck menschlicher Schöpferkraft und Selbstbefreiung durch Technik wertete, sondern als Fortschrittsglauben, Materialismus, Ausdruck von Sterilität und Durchrationalisierung der Massen, womit er seinen Einspruch für die Fehlbarkeit des Menschen geltend machte. Gemeinsam mit dem Konservativen Konstantin Petrowitsch Pobedonoszew entwickelte er in der Zeitschrift Der Staatsbürger eine antiliberale wie antisozialistische Vorstellung von der russischen Orthodoxie und dem Zarenreich als Träger heilsgeschichtlicher Sendung. Die Begegnung mit Wladimir Sergejewitsch Solowjow führte ihn zu einer ethischen Kritik am Sozialismus, wonach er seine Ablehnung zwar beibehielt, jedoch andere Akzente setzte.[62]
Stark beeinflusst durch Dostojewskis Werke war der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche. Er wies darauf hin, dass der Sozialismus der jüngere Bruder des fast abgelebten Despotismus sei, den er beerben wolle. Er brauche eine Fülle an Staatsgewalt und strebe die Vernichtung des Individuums an. Der cäsarische Gewaltstaat, den die Sozialisten seiner Meinung nach anstrebten, brauche die Niederwerfung aller Bürger und könne sich nur durch äußersten Terrorismus Hoffnung auf Existenz machen. Er bereite sich im Stillen auf eine Schreckensherrschaft vor und verwende missbräuchlich den Begriff der Gerechtigkeit. Der Sozialismus lehre die Gefahr der Anhäufung von Staatsgewalt und werde den Ruf nach so wenig Staat wie möglich provozieren.[63]
Liberalismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit dem Beginn der Auseinandersetzung in Frankreich zwischen der politischen Ökonomie und dem Sozialismus wurde den sozialistischen Kritikern der Marktwirtschaft vorgeworfen, dass sie über keine praxistauglichen Alternativen verfügten, bzw. dass verschiedene bereits gemachte Experimente schmählich gescheitert seien. Unter den neueren Ökonomen warf Eugen von Böhm-Bawerk, ein Vertreter der Österreichischen Schule, in Kapital und Kapitalzins (1884–1902) dem Marxismus gegenüber erstmals das Problem der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus auf, ein Argument, das von Ludwig von Mises in der Folge ausgebaut wurde. Der Sozialismus negiere den gesamten Marktprozess und damit würden Marktpreise als Signale für Knappheit fehlen. Dadurch gebe es keinerlei Möglichkeit, Investitionsalternativen rational zu bewerten, wie Mises aus seiner Handlungstheorie deduktiv herleitete. Allerdings komme es in einer gemischten Wirtschaftsform mit Privateigentum an Produktionsmitteln und staatlicher Interventionen letztlich zum gleichen Problem, nur moderater, da in dem Ausmaß, wie der Staat in den Markt eingreife, auch hier die Bildung von sinnvollen Preisen durchkreuzt und damit die Richtung der Produktion verändert würden. Der Regierung bleibe nur, entweder zu einem freien Markt zurückzukehren oder aber zu versuchen, durch weitere Interventionen, die ihrerseits wieder die wettbewerbliche Struktur der Marktpreise stören würden, die Schieflage zu korrigieren. Die Wirtschaft jedes interventionistischen Staates sei daher unvermeidlich instabil.[64]
Milton Friedman betont, sozialistisch gesteuerte Volkswirtschaften würden generell qualitativ schlechtere Produkte zu höheren Preisen produzieren.[65]
Nach Ansicht Friedrich August von Hayeks kollidiert die Vergesellschaftung der Produktionsmittel zwangsläufig mit den Individualrechten und der Rechtsstaatlichkeit. Die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit würde eine Selbstbeschränkung der Planungsbehörden erfordern, zu der diese nicht in der Lage seien, da sie sonst ihren Aufgaben nicht nachkommen könnten.[66]
Immanente Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Trotzkistische Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während Trotzki die Sowjetunion noch als einen – zwar „bürokratisch degenerierten“ – Arbeiterstaat ansah, verbreitete Tony Cliff und die von seinen Ideen beeinflusste International Socialist Tendency die Version eines staatskapitalistischen Systems mit allen Merkmalen kapitalistischer Klassenherrschaft.
Budapester Schule
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Budapester Schule um Ágnes Heller und Ferenc Fehér analysierte mit marxistischem Instrumentarium die Sowjetgesellschaften als totalitäre Systeme mit einer „Diktatur über die Bedürfnisse“.
Kritik des real existierenden Sozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine marxistisch fundierte Analyse und Kritik des sogenannten „real existierenden Sozialismus“ als einer „nichtkapitalistischen“ Klassengesellschaft unter der Diktatur von Partei und Bürokratie legte Rudolf Bahro 1977 mit seiner bekannten Publikation Die Alternative vor.
2018 versuchte der Sozialwissenschaftler Ulrich Knappe, das ökonomische Wesen des vergangenen „paradoxen“, gemeint war des sogenannten „real existierenden Sozialismus“, mit Hilfe der Marxschen Gesellschaftsanalyse am Beispiel von Russland (Sowjetunion) und China zu entziffern.[67]
Postmoderne
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der poststrukturalistische Soziologe und Philosoph Jean Baudrillard kritisiert in Die göttliche Linke – Chronik der Jahre 1977–1984 mit Blick auf die französischen Verhältnisse die aus seiner Sicht nicht mehr zeitgemäßen Ziele des Sozialismus. Während der Sozialismus noch immer von einer transparenten und kohärenten Gesellschaft träume, hätten die Menschen ein solches Bedürfnis nach Anschluss, Kontakt und Kommunikation kaum noch. Nach dem Philosophen Wolfgang Welsch könne ein Baudrillard diese Sozialismus-Kritik schwerlich äußern. Baudrillards Kritik sei dabei bloß narzisstisch und ein Vehikel, um seine eigene antiquierte Diagnose als aktuell erscheinen zu lassen.[68]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Max Beer: Allgemeine Geschichte des Sozialismus und der sozialen Kämpfe. Mit Ergänzungen von Hermann Duncker, 2. Auflage, Nachdruck der 7. Auflage von 1931, Erlangen 1973, ISBN 3-920531-17-5 (online „reprint“ mit Links zu den einzelnen Kapiteln)
- Michael Brie, Christoph Spehr: Was ist Sozialismus? Reihe Kontrovers der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2008.
- Michael Brie: Sozialismus (PDF; 27 kB). In: Ulrich Brand, Bettina Lösch, Stefan Thimmel (Hrsg.): ABC der Alternativen. Von „Ästhetik des Widerstands“ bis „Ziviler Ungehorsam“. Hamburg 2007, ISBN 978-3-89965-247-5, S. 223 f.
- Bernard Crick: Socialism. Milton Keynes, Open University Press. 1989.
- Erhard Crome: Sozialismus im 21. Jahrhundert. Zwölf Essays über die Zukunft (PDF; 898 kB), Berlin 2004.
- Jacques Droz (Hrsg.): Geschichte des Sozialismus. 17 Bände. Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin / Wien 1974 ff.
- Konrad Farner, Theodor Pinkus (Hrsg.): Der Weg des Sozialismus. Quellen und Dokumente vom Erfurter Programm 1891 bis zur Erklärung von Havanna 1962. Rowohlt, Reinbek 1964.
- Iring Fetscher: Für eine bessere Gesellschaft. Studien zu Sozialismus und Sozialdemokratie. Hrsg. von Clemens K. Stepina u. a. Lehner, Wien 2007, ISBN 978-3-901749-57-5.
- Georg Fülberth: Sozialismus. PapyRossa, Köln 2010.
- Ralf Hoffrogge: Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland – von den Anfängen bis 1914. Stuttgart 2011, ISBN 3-89657-655-0.
- Axel Honneth: Die Idee des Sozialismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-518-58678-5 (Erweiterte Ausgabe 2017, ISBN 978-3-518-29824-4).
- Thomas Meyer: Sozialismus. VS Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 3-531-15445-1.
- Subrata Mukherjee / Sushila Ranaswamy: A History of Socialist Thought. Sage Publications, London 2000, ISBN 0-7619-9465-3.
- Jost Müller: Sozialismus. Rotbuch 3000, Hrsg. von Martin Hoffmann. Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch Verlag, Hamburg 2000, S. 6.
- Scott Robert Sehon: Socialism: a logical introduction. Oxford University Press, New York, NY 2024, ISBN 978-0-19-775336-1.
- Bhaskar Sunkara: The Socialist Manifesto: The Case for Radical Politics in an Era of Extreme Inequality. Verso 2020, ISBN 978-1-78663-694-2.
- Frank Deppe: Sozialismus. Geburt und Aufschwung – Widersprüche und Niedergang – Perspektiven. VSA, Hamburg 2021, ISBN 978-3-96488-116-8.
- Michael Brie: Sozialismus neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen zu den Widersprüchen einer solidarischen Gesellschaft. VSA: Verlag, Hamburg 2022, ISBN 978-3-96488-055-0. Online
Kritik
- Friedrich August von Hayek: The Road to Serfdom (1944). Deutsche Ausgabe: Der Weg zur Knechtschaft. Olzog 2007, ISBN 3-7892-8227-8.
- Friedrich August von Hayek: The Fatal Conceit: The Errors of Socialism (1988). Deutsche Ausgabe: Die Verhängnisvolle Anmaßung: Die Irrtümer des Sozialismus. Tübingen 1988, ISBN 3-16-146674-8.
- Ludwig von Mises: Die Gemeinwirtschaft – Untersuchungen über den Sozialismus. Gustav Fischer, Jena 1922, ISBN 978-3-8282-0411-9 (docs.mises.de [PDF; 2,9 MB]).
- Gustave Le Bon: Psychologie des Sozialismus. tredition, Hamburg 2019, ISBN 978-3-7497-5880-7 (online – Originalausgabe 1898).
Wissenschaftliche Zeitschriften
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pablo Gilabert, Martin O’Neill: Socialism. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Samuel Arnold: Socialism. In: James Fieser, Bradley Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy.
- Literaturliste zur Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung auf den Seiten der Rosa-Luxemburg-Stiftung
- Philosophie digital 2.0 – Textsammlung des Max Stirner-Archivs
- Otto Bauer: Integraler Sozialismus
- Max Beer: Allgemeine Geschichte des Sozialismus und der sozialen Kämpfe T. 1–5. Berlin 1921–1923.
- Albert Einstein: Why Socialism? In: Monthly Review. 1949 (Einsteins Essay wurde in der ersten Ausgabe der Zeitschrift veröffentlicht). Deutsch: Warum Sozialismus?
- François Villegardelle: Geschichte der socialen Ideen vor der französischen Revolution, oder: Die alten Denker und Philosophen, die Vorläufer und Vorkämpfer der neueren Socialisten. Berlin 1846. – Volldigitalisat in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Sozialismus, in: Das Politiklexikon, Bundeszentrale für politische Bildung; Zugriff am 18. Juli 2021.
- ↑ Willy Buschak: „Sozialismus und Freiheit“. Wie eine kleine Gruppe im mexikanischen Exil der 1940er-Jahre zu einem neuen Verständnis von Revolution kam und welche Folgen das für Europa hatte; in: Archiv für Sozialgeschichte 59 (2019), S. 197–227.
- ↑ Matthias Oppermann: Liberaler Sozialismus: Ernst Reuters Kampf für die Freiheit. Bebra-Wissenschaftsverlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-95410-013-2.
- ↑ Die philosophische Flaschenpost – Rosa Luxemburg und die Freiheit der Andersdenkenden; Deutschlandfunk Kultur vom 28. April 2019; Zugriff am 18. Juli 2021.
- ↑ Michael Brie, Christoph Spehr: Was ist Sozialismus?, in: Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hrsg.): kontrovers – Beiträge zur politischen Bildung 01/2008.
- ↑ Willi Albers: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, 1980, S. 4.
- ↑ Cf. J.G. Buhle: Lehrbuch des Naturrechts. Göttingen 1798 (ND Brüssel 1969), S. 40.
- ↑ Hannes Leidinger, Verena Moritz: Sozialismus, 2008, S. 12.
- ↑ Jost Müller: Sozialismus, Rotbuch 3000, herausgegeben von Martin Hoffmann, Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch Verlag Hamburg 2000, S. 6.
- ↑ Jedermanns Lexikon in zehn Bänden. Band 8. Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G., Berlin-Grunewald 1930, S. 417.
- ↑ Klaus Motschmann: Mythos Sozialismus – Von den Schwierigkeiten der Entmythologisierung einer Ideologie. MUT-Verlag, Asendorf 1990, S. 25.
- ↑ Willi Albers: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, s. v. Sozialismus.
- ↑ Günter Rieger: Sozialismus. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Lexikon der Politik. Band 7. directmedia, Berlin 2004, S. 595.
- ↑ Die Zeit: Lexikon in 20 Bänden. Zeitverlag, Hamburg 2005, ISBN 3-411-17560-5 (Gesamtwerk), Band 13, S. 554.
- ↑ Willi Albers: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Stichwort „Sozialismus“.
- ↑ Günter Rieger: Sozialismus. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Lexikon der Politik. Band 7. directmedia, Berlin 2004, S. 595.
- ↑ Michail Bakunin: Staatlichkeit und Anarchie (1867). Ullstein, Berlin 1972, S. 68.
- ↑ Michail Bakunin: Staatlichkeit und Anarchie (1867). Ullstein, Berlin 1972, S. 70.
- ↑ Sebastian Prüfer: Sozialismus statt Religion – Die deutsche Sozialdemokratie vor der religiösen Frage 1863–1890. Vandenhoeck & Ruprecht, 2002, S. 276.
- ↑ Gerda Soecknick: Religiöser Sozialismus der neueren Zeit unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands. 1926, S. 24.
- ↑ Oscar Cullmann: Jesus und die Revolutionären seiner Zeit. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1970, S. 19.
- ↑ Hans Küng: Christ sein, dtv, München 1976, S. 219: „Und doch muß man die ganzen evangelischen Berichte verdrehen und uminterpretieren, muß man die Quellen völlig einseitig auswählen, unkontrolliert und willkürlich mit vereinzelten Jesus-Worten und Gemeindebildungen operieren und von Jesu Botschaft als ganzer weithin absehen, […] wenn man aus Jesus einen Guerillakämpfer, einen Putschisten, einen politischen Agitator und Revolutionär und seine Botschaft vom Gottesreich zu einem politisch-sozialen Aktionsprogramm machen will. […] Wie kein Mann des Systems, so war er auch kein sozialpolitischer Revolutionär. […] Ihm kann man nachfolgen auch ohne ein explizit politisches oder sozialkritisches Engagement.“
- ↑ Bruno Kern: Theologie der Befreiung A. Francke Verlag, Tübingen 2013, S. 61.
- ↑ Friedrich Engels: Vorwort zur deutschen Ausgabe von 1890 (Auszug) zum „Kommunistischen Manifest“. In: Marx/Engels: Ausgewählte Schriften. Band I. Berlin 1968, S. 21 ff.
- ↑ Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2. Auflage. Verlag C. H. Beck, 2010, S. 758.
- ↑ MEW 4: 481.
- ↑ Karl Marx: Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, S. 21.
- ↑ Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. MEW 19, S. 224.
- ↑ Gabler Wirtschaftslexikon. Band 3. Springer, Wiesbaden 1997, S. 2561 s. v. Marxismus-Leninismus; Hans-Peter Waldrich: Sozialismus. In: Bernhard Schäfers (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie. 8. Auflage. Opladen 2003, S. 326.
- ↑ Rosa Luxemburg: Sozialreform oder Revolution, 1900; zitiert nach: Cordula Koepcke: Revolution – Ursachen und Wirkungen. Günter Olzog Verlag, München 1971, S. 130.
- ↑ Hamburger Programm. Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen auf dem Hamburger Bundesparteitag der SPD am 28. Oktober 2007, das Zitat S. 13.
- ↑ Jean-Jacques Becker, Serge Berstein: Victoire et frustrations 1914–1929 (=Nouvelle histoire de la France contemporaine, Bd. 12). Editions du Seuil, Paris 1990, ISBN 2-02-012069-0, S. 406–409.
- ↑ Dominique Borne, Henri Dubief: La crise des années 30 1929–1938. (= Nouvelle histoire de la France contemporaine, Bd. 13). Editions du Seuil, Paris 1989, S. 94 ff.
- ↑ Philippe Burrin: La Dérive fasciste. Doriot, Déat, Bergery 1933–1945. 2. Auflage, Éditions du Seuil, Paris 2003, ISBN 2-02-058923-0.
- ↑ Andreas Wirsching: Vom Weltkrieg zum Bürgerkrieg? Politischer Extremismus in Deutschland und Frankreich 1918–1933/39. Berlin und Paris im Vergleich. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56357-2, S. 492 ff.
- ↑ a b c Zitiert nach Willy Huhn: Die Ideen von 1914 und die Folgen.
- ↑ Stefan Vogt: Nationaler Sozialismus und Soziale Demokratie. Die sozialdemokratische Junge Rechte 1918–1945. Dietz, Bonn 2006.
- ↑ Ernst Thälmann: Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes 1930 ( vom 10. Mai 2007 im Internet Archive).
- ↑ Deklaration des Zentralkomitees der KPD: Gegen die Tributsklaverei des deutschen Volkes. Gegen Versailles und Young ( vom 10. Mai 2007 im Internet Archive).
- ↑ Ulla Plener: »Sozialdemokratismus« – Instrument der SED-Führung im Kalten Krieg gegen Teile der Arbeiterbewegung (1948–1953). UTOPIE kreativ, H. 161 (März 2004), S. 248–256 (rosalux.de [PDF; 72 kB]).
- ↑ Gorbatschow gründet sozialdemokratische Bewegung. FAZ online, 20. Oktober 2007.
- ↑ Brendan Simms: Hitler. Eine globale Biographie. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019, ISBN 978-3-421-04664-2, S. 70 und 94.
- ↑ Brendan Simms: Antisemitism and Anti-(International) Capitalism in the Early Thought of Adolf Hitler, 1919–1924. In: Antisemitism Studies 7, Heft 1 (2023), S. 135–151.
- ↑ Konrad Heiden: A History of National Socialism. Vol. 2, Routledge, London 2010, S. 23 (deutsche Fassung Berlin 1932).
- ↑ Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: „Sozialismus der Tat“. Der „Anschluss“ – Inszenierung und Faszination. In: doew.at, abgerufen am 28. Mai 2021.
- ↑ Richard J. Evans: Das Dritte Reich, Bd. I: Aufstieg. Deutsche Verlagsanstalt, München 2004, S. 294.
- ↑ 4. Juli 1930: Aufruf der Otto-Strasser-Gruppe – „Die Sozialisten verlassen die NSDAP“. In: ns-archiv.de, abgerufen am 28. Mai 2021.
- ↑ Joachim Fest: War Adolf Hitler ein Linker? In: taz.de, 27. September 2003.
- ↑ Joachim Fest: Hitler. E-Book Auflage. Harcourt, New York, S. 805-6.
- ↑ Christoph H. Werth: Sozialismus und Nation. Die deutsche Ideologiediskussion zwischen 1918 und 1945. Westdeutscher Verlag, Opladen 1996, S. 187–222; zustimmend referiert von Kurt Sontheimer: Der nationale Sozialismus. In: zeit.de, 14. März 1997, abgerufen am 5. August 2023.
- ↑ Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. S. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-10-000420-5, die Zitate S. 360.
- ↑ Götz Aly: Rasse und Klasse. Nachforschungen zum deutschen Wesen. S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, S. 243.
- ↑ Henry Ashby Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers. Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 92–106.
- ↑ Harold James: Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924–1936. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, S. 332 f.
- ↑ Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. C. H. Beck Verlag, München 2003, S. 543.
- ↑ Richard J. Evans: Das Dritte Reich. Band 1: Aufstieg. DVA, München 2004, ISBN 3-421-05652-8, S. 257.
- ↑ Neuer Band des „Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus“. In: GEW. 4. Juni 2018, abgerufen am 21. April 2024.
- ↑ Gesellschaftliche Alternativen. In: Rosa-Luxemburg-Stiftung. Abgerufen am 21. April 2024.
- ↑ Axel Honneth: Die Idee des Sozialismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2015.
- ↑ Detlev Claussen: Axel Honneths Buch über Sozialismus: Freiheit, die ich meine. In: Die Tageszeitung: taz. 7. November 2015, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 21. April 2024]).
- ↑ Wolfram Elsner: Das chinesische Jahrhundert. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2020, ISBN 978-3-86489-748-1, S. 297.
- ↑ Heinz Setzer, Ludolf Müller, Rolf-Dieter Kluge (Hrsg.): Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Dichter, Denker, Visionär. Attempto, Tübingen 1998, S. 229.
- ↑ Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches Nr. 473, in: KSA Bd. 2 S. 307.
- ↑ Richard Ebeling: Vorwort, in: ders. und Margit von Mises (Hrsg.): Money, Method, and the Market Process – Essays by Ludwig von Mises. Ludwig von Mises Institute, Auburn 1990, Seitenzahl fehlt.
- ↑ Interview: Milton Friedman – Nobel Prize in Economics, 31. Januar 1991, Stanford, California ( vom 16. Februar 2007 im Internet Archive)
- ↑ Friedrich August von Hayek: The Road to Serfdom. University of Chicago Press, Chicago 1944, Seitenzahl fehlt.
- ↑ Siegfried Fischer: Wenn die Neugier nicht wär. Rezension zur Monografie von Ulrich Knappe Über paradoxen Sozialismus. In: Das Blättchen. Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft. Sonderausgabe, Berlin Februar 2019, 2 S. Abruf am 15. Oktober 2021. [1]
- ↑ Wolfgang Welsch: Unsere Postmoderne Moderne. Akademie Verlag, 2002, S. 153.