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„Kommunismus“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Karl Marx 001.jpg|mini|Karl Marx (1818–1883), sozialistisch/kommunistischer Theoretiker ]]
'''Kommunismus''' ([[Latein|lat.]] ''communis'' = "gemeinsam") bezeichnet die Zielvorstellung einer herrschaftsfreien, klassenlosen [[Sozialstruktur|Gesellschaftsordnung]], in der die Menschen ihr Zusammenleben, Produktion und Verteilung der lebensnotwendigen Güter gemeinsam und frei organisieren. Die Idee richtet sich sozialkritisch u.a. gegen das [[Privateigentum]] an [[Produktionsmittel]]n und strebt dessen Vergesellschaftung an.
[[Datei:François-Noël Babeuf.jpg|mini|[[François Noël Babeuf]] (1760–1797), bedeutender Frühsozialist in der Zeit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]]]]
'''Kommunismus''' ({{laS|communis}} ‚gemeinsam‘) ist ein um 1840 in [[Frankreich]] entstandener politisch-ideologischer Begriff mit mehreren Bedeutungen:
* Er bezeichnet erstens gesellschaftstheoretische [[Utopie]]n, die auf Ideen sozialer Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, auf [[Kollektiveigentum|Gemeineigentum]] und kollektiver Problemlösung beruhen.


* Zweitens steht der Begriff, im Wesentlichen gestützt auf Theorien von [[Karl Marx]], [[Friedrich Engels]] und [[Wladimir Iljitsch Lenin|Wladimir Lenin]], für ökonomische und politische Lehren mit dem Ziel, eine herrschaftsfreie und [[klassenlose Gesellschaft]] zu errichten.
==Überblick==
Der


* Drittens werden damit Bewegungen und [[politische Partei]]en (vgl. [[Kommunistische Partei]]) bezeichnet, die das Ziel verfolgen, Gesellschaften zum Kommunismus zu überführen bzw. kommunistische Theorien praktisch umzusetzen.
==Geschichte==
===Ursprünge in der Antike===
Die Vorstellung des Gemeineigentums, das das [[Privateigentum]] ablösen soll, setzt die prinzipielle Gleichstellung aller Menschen in Bezug auf den Erwerb ihrer Lebensmittel voraus. Diese Idee ist uralt und schon in manchen [[Naturreligion]]en und den [[Monotheismus|monotheistischen]] [[Portal Religion|Religionen]] angelegt.


* Viertens bezeichnet er – als von der ersten Bedeutung unterschiedene Fremdbezeichnung – daraus hervorgegangene [[Diktatur]]en unter Vorherrschaft kommunistischer Parteien. Die größte Ausdehnung erreichte dieses Herrschaftssystem mit der [[Sowjetunion]] und ihren verbündeten [[Ostblock]]staaten sowie der [[Volksrepublik China]] während des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]].
In der [[Antike]] war die [[Sklavenhaltergesellschaft]] das Normale. Ausnahme war im [[Orient|Vorderen Orient]] nur das frühe, als lose [[Amphiktyonie]] organisierte [[Judentum#Geschichte des jüdischen Volkes|Israel]]. Schon die ältesten Gesetzestexte der [[Bibel]] enthalten die Forderung, das Land regelmäßig so umzuverteilen, dass jeder Bauer sein Auskommen findet ([[3. Buch Mose|Lev]] 25, 23):
In einigen kommunistischen Parteidiktaturen ([[Realsozialismus]]) kam es zu Massenverbrechen, wie dem [[Großer Terror (Sowjetunion)|Großen Terror]] in der [[Stalinismus|stalinistischen]] Sowjetunion der 1930er-Jahre, in der [[Volksrepublik China]] während der [[Maoismus|maoistischen]] [[Kulturrevolution]] in den 1960er- und 1970er-Jahren oder zuletzt unter der Schreckensherrschaft der [[Rote Khmer#Massenmord|Roten Khmer]] in [[Kambodscha]]. Der [[Zerfall der Sowjetunion]] um das Jahr 1990 besiegelte das Ende der meisten realsozialistischen Staaten.
:''"Darum sollt ihr das Land nicht verkaufen für immer. Denn das Land ist mein, und ihr seid Fremdlinge und Gäste bei mir."
Die [[Theologie|theologische]] Begründung lautet also: Weil alles Land nur dem [[Schöpfung|Schöpfer]] der Welt gehört, der sich Israel als Sklavenbefreier bekannt gemacht hat (Ex 3, 7), sind menschliche Besitz- und Herrschaftsprivilegien nicht ewig, sondern veränderbar. Die vermeintlichen Herren sind selber nur "Fremde" wie die, die aktuell besitzlos und von ihnen abhängig sind. Die geforderte Gleichstellung der Landbewohner sollte den verarmten, in [[Sklaverei]] geratenen Landlosen eine Zukunftsperspektive eröffnen und die Enteignung der Sklavenbesitzer anbahnen.


Eine Abgrenzung zum [[Sozialismus]] ist nicht immer möglich.
Dieses Gesetz setzte sich jedoch historisch in Israel nicht durch. In der jüdischen [[Prophetie]] wird die gerechte Umverteilung und Überwindung der sozialen Gegensätze daraufhin fester Bestandteil der [[Eschatologie|endzeitlichen Zukunftshoffnung]]:
:''"Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse."''
Diese [[Utopie]] einer gerechten Sozialordnung ohne Ausbeutung, in der alle gemeinsam leben und arbeiten und sich die Früchte ihrer Arbeit aneignen, war hier immer zugleich eine [[Sozialkritik]] an der Gegenwart:
:''"Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so sollt ihr in den Häusern nicht wohnen, die ihr von Quadersteinen gebaut habt. Denn ich kenne eure Freveltaten, die so viel sind, und eure Sünden, die so groß sind, weil ihr die Gerechten bedrängt und Bestechungsgeld nehmt und die Armen im Tor'' (wo Recht gesprochen wurde) ''unterdrückt."''
Die Verheißung einer gerechten Zukunft für die aktuell Unterdrückten und Bedrängten wird hier zur scharfen Anklage gegen die Unterdrücker; außenpolitische Niederlagen werden als zwangläufige Folge innenpolitischer Korruption des Rechts durch die Besitzenden gedeutet. Die verheißene Zukunft bildete also einen kritischen Kontrast zur Realitätserfahrung und gegen ungerechte Politik gerichteten Maßstab, der sich in der jüdischen Religionsgeschichte immer wieder Geltung verschaffte.


== Überblick ==
Dies zieht sich bis zu [[Jesus von Nazareth]], der das alte Gottesrecht des regelmäßigen "[[Jubeljahr|Erlassjahres]]" erneuerte (Lk 4, 18-21) und Großgrundbesitzer zur Besitzaufgabe zu Gunsten der Armen einlud (Mk 10, 21). In der urchristlichen Gemeinde wird das Gemeineigentum daher als Abbild des kommenden, alle Besitzverhältnisse umwälzenden [[Reich Gottes|Reiches Gottes]] beispielhaft vorweggenommen (Apg 4, 44):
Der Begriff ''Kommunismus'' steht für eine dauerhaft sozial gerechte und freie [[Gesellschaft (Soziologie)|Zukunftsgesellschaft]] und wurde im 19. Jahrhundert geprägt. Nach [[Lorenz von Stein]] war der französische Revolutionär [[François Noël Babeuf]] der erste Kommunist (vgl. auch [[Verschwörung der Gleichen]]).<ref>Lorenz von Stein: ''Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich.'' Band 1. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1959, S. 320.</ref> Bekanntester Vertreter des Kommunismus war [[Karl Marx]] (1818–1883). Nach der Theorie von Marx und dessen engem Weggefährten [[Friedrich Engels]] (1820–1895) könne sich der Kommunismus aus dem [[Kapitalismus]], einer Wirtschaftsordnung, in der sich die [[Bourgeoisie|Kapitalistenklasse]] und die [[Arbeiterklasse]] (Proletariat) als Gegner gegenüberstehen ([[Klassenkampf]]), nur durch eine revolutionäre Übergangsgesellschaft ([[Diktatur des Proletariats]]) entwickeln.<ref>„Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“ – Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 28.</ref><ref>[[Frank R. Pfetsch]], Thomas Kreihe: ''Theoretiker der Politik: von Platon bis Habermas.'' Wilhelm Fink, München 2003, [http://books.google.de/books?id=wyPj1X1zML4C&pg=PA453 S. 453].</ref> Während dieser Herrschaft der Arbeiterklasse werde das [[Privateigentum]] an den [[Produktionsmittel]]n und die damit einhergehende Ausbeutung aufgehoben. Im [[Manifest der Kommunistischen Partei]] wie auch in den „Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland“ fordern Marx und Engels Verstaatlichungen.<ref>[[Frank R. Pfetsch]]: ''Theoretiker der Politik: Von Platon bis Habermas.'' Wilhelm Fink, München 2003, S. 454; Karl Marx, Friedrich Engels: ''[[Manifest der Kommunistischen Partei]]'', 1848: „Wir sahen schon oben, daß der erste Schritt in der Arbeiterrevolution die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung der Demokratie ist. Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.&nbsp;h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. Es kann dies natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind.“ MEW 4, S. 481.</ref> Im Vorwort zur englischen Ausgabe des Kommunistischen Manifests von 1888 modifiziert Engels später das Verhältnis zum Staat und bloßer Verstaatlichung: „Gegenüber der immensen Fortentwicklung der großen Industrie seit 1848 und der sie begleitenden verbesserten und gewachsenen Organisation der Arbeiterklasse, gegenüber den praktischen Erfahrungen, zuerst der Februarrevolution und noch weit mehr der [[Pariser Kommune]], wo das Proletariat zum ersten Mal zwei Monate lang die politische Gewalt innehatte, ist heute dies Programm stellenweise veraltet. Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann.“ (Friedrich Engels, MEW 21, S. 358)
:''"Alle, die gläubig geworden waren, waren beieinander und besaßen alle Dinge gemeinsam."''


Nach den Erfahrungen der Pariser Kommune (1871) blieb es bei der allgemeinen Forderung nach Verstaatlichungen als einem ersten Schritt.<ref>[[Andreas Arndt]]: ''Karl Marx: Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie.'' Akademie, Berlin 2012, [http://books.google.de/books?id=NHijiLmBAzgC&pg=PA90 S. 90 f.]; Friedrich Bohl: ''Abschied von einer Illusion. Die Überwindung des Sozialismus in Deutschland.'' Aktuell 1990, S. 23.</ref> Engels schreibt in seiner 1880 veröffentlichten Schrift ''[[Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft]]:'' „Das Proletariat ergreift die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum.“ (MEW 19, 223) Diese Art sozialistischer Verstaatlichung von Produktionsmitteln grenzte Engels aber scharf ab vom [[Staatssozialismus]] [[Otto von Bismarck|Bismarcks]].<ref>[[Walter Euchner]], [[Helga Grebing]] (Hrsg.): ''Geschichte der sozialen Ideen in Deutschland.'' 2. Auflage, VS Verlag, Wiesbaden 2005, [http://books.google.de/books?id=CKY4jS8G890C&pg=PA211 S. 211].</ref> Der Theorie nach heben sich durch die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln nach und nach alle Klassengegensätze auf. Bei diesem Übergang zum klassenlosen Kommunismus werde der Staat, der ein Produkt der polit-ökonomischen Verhältnisse und Ausdruck der politischen Klassenherrschaft ist, nicht abgeschafft, sondern sterbe ab,<ref>„Der Staat wird nicht abgeschafft, er stirbt ab.“ – Friedrich Engels: ''[[Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft]].'' MEW 19, S. 224; Willi Albers: ''Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft'', 1982, [http://books.google.de/books?id=20eMkmPdqUkC&pg=PA5 S. 5].</ref> wenn er nicht mehr notwendig, also überflüssig werde. Wie die Gesellschaftsform des Kommunismus, also die klassenlose Gesellschaft, genauer aussehen solle, wurde von Marx nicht vorgeschrieben, sondern werde sich der Theorie von Marx folgend anhand konkreter gesellschaftlicher Entwicklungen und Widersprüche zeigen. Den entwickelten Kommunismus skizziert Marx mit gesellschaftlichem Reichtum und dem [[Sozialistisches Leistungsprinzip|sozialistischen Leistungsprinzip]]: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“.<ref>Karl Marx: ''[[Kritik des Gothaer Programms]]'', MEW 19, 21.</ref> Der Kommunismus wird von Marx auch als Ende der Vorgeschichte der Menschheit bezeichnet, weil die Menschen erst in dieser Gesellschaftsform ihre Geschichte bewusst und selbstständig gestalten können, anstatt von den historischen Gesetzmäßigkeiten ihrer vorhergehenden Gesellschaftsformen bestimmt zu werden.
Ähnliche Konzepte einer religiös begründeten [[Kommune]], die nicht nur Armenfürsorge, sondern Gemeineigentum praktiziert, findet man auch im [[Hellenismus]] (Phythagoras), später - an jüdische Sozialgesetze angelehnt - im [[Islam]] und in manchen [[Indianer|indianischen]] Stammesgesellschaften Nordamerikas. Hier wurde jedoch nicht immer ein Umgestaltungsanspruch für die Gesamtheit damit verbunden.


Der Begriff Kommunismus bezeichnete in den von seinen Anhängern ausgelösten und betriebenen [[Antikapitalismus|antikapitalistischen]] Konflikten und Aktivitäten von Beginn an verschiedene Richtungen. Daher bezeichnet er auch heute noch mehrere Gesellschaftsentwürfe und deren Umsetzungsversuche.
[[Friedrich Engels]] hat in seiner marxistischen Epochengliederung der Menschheitsgeschichte angenommen, dass ein [[Urkommunismus]] die generelle Lebensform protofamiliarer Stammesgemeinschaften war, bevor mit der [[Gattenfamilie]] das eigene Haus und Territorium in Abgrenzung von anderen üblich geworden sei (''Über den Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates'', 1884, [[MEW]], Bd. 21). Damit hat er den Kommunismus als Erneuerung des "Urzustands" auf höherer, erst von der hochindustrialisierten arbeitsteiligen kapitalistischen Produktionsweise ermöglichten Ebene postuliert, der die uralten Menschheitsträume realisiert.
* [[Urkommunismus]]: eine vermutete, in manchen Überlieferungen belegte [[Kollektiveigentum|Gütergemeinschaft]] früher [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaften]]. Sie wurde im [[Judentum]] Bestandteil der [[Eschatologie|Heilserwartung]] und dort wie später auch im [[Urchristentum]] als „Liebeskommunismus“ ansatzweise praktiziert.
* [[Frühsozialismus]] oder Frühkommunismus: Anläufe zur sozialen, nicht nur politisch-rechtlichen Gleichstellung aller Menschen in Bezug auf den Besitz ([[Kollektiveigentum|Gemeineigentum]], [[Kollektiv]]). Diese begrenzten Versuche und [[Utopie]]n wurden seit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] von 1789 zum allgemeinpolitischen Ziel, abgeleitet aus der [[Gleichheit]]sidee.
* [[Marxismus]]: die weltweite Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und dessen Überführung in Gemeinbesitz ([[Verstaatlichung|Vergesellschaftung]]) durch die politische Herrschaft der Arbeiterklasse (''[[Diktatur des Proletariats]]'') als notwendige Bedingung für die klassenlose Gesellschaft. Diese [[revolution]]äre Veränderung wird als vorhersehbares Ergebnis der sich zuspitzenden Klassengegensätze im [[Kapitalismus]] aufgefasst und vom „frühen“ oder „utopischen“ Sozialismus und Kommunismus abgegrenzt.
* [[Rätekommunismus]]: durch Selbstorganisation der Arbeiter in [[Räterepublik]]en angestrebte Umwälzung der kapitalistischen Gesellschaft. Rätekommunisten lehnten einen Führungs- und Avantgardeanspruch kommunistischer Parteien ab. Als Vorbild gilt die [[Pariser Kommune]].
* [[Leninismus]]: die Durchsetzung einer erst sozialistischen, dann kommunistischen Produktionsweise über die „Diktatur des Proletariats“, verstanden als Alleinherrschaft einer revolutionären Kaderpartei, die die Staatsmacht erobert. Sie soll dann die klassenlose Gesellschaftsordnung schrittweise administrativ durchsetzen und die Rückkehr neuer kapitalistischer Klassenherrschaft („Konterrevolution“) verhindern.
* [[Stalinismus]]: die Verstetigung der zentralistischen Einparteiendiktatur und staatliche Zwangsindustrialisierung nach innen, internationaler Führungsanspruch der sowjetischen [[KPdSU]] nach außen, abgeleitet vom [[Marxismus-Leninismus]] als staatlicher Herrschaftsideologie.
* [[Trotzkismus]]: die Theorie der [[Permanente Revolution|permanenten Revolution]], nach der der Kommunismus im Gegensatz zu dem im Stalinismus propagierten ''Aufbau des Sozialismus in einem Land'' nur weltweit, also durch eine [[Weltrevolution]] durchgesetzt werden könne.
* [[Maoismus]]: eine kommunistische revolutionäre Bewegung und Weltanschauung, die den Marxismus-Leninismus mit der traditionellen chinesischen Philosophie des [[Konfuzianismus]] verbindet.
* [[Titoismus]]: das System in [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Jugoslawien]] zwischen 1948 und 1980, entwickelt von [[Josip Broz Tito]], der den Kommunismus in Jugoslawien mit der [[Arbeiterselbstverwaltung]] und dem Nationalitätenausgleich sowie der [[Blockfreiheit]] realisieren wollte.
* [[Realsozialismus]]: das Selbstverständnis von Staaten unter Führung einer [[Kommunistische Partei|kommunistischen Partei]], die sich im Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus sehen: so die frühere [[Sowjetunion]], die [[Volksrepublik China]], [[Nordkorea]], [[Kuba]] sowie die früheren [[Ostblock]]staaten.
* [[Eurokommunismus]] und Reformkommunismus: die Programmatik europäischer Parteien und Gruppen, die sich von sowjetischer Führung absetzten und einen eigenständigen Kommunismus auf parlamentarischem Weg und Mischformen zwischen Privat- und Staatseigentum an Produktionsmitteln anstreben.


== Ur- und Frühkommunismus ==
===Frühkommunistische Experimente im [[Mittelalter]]===
Die Vorstellung des Gemeineigentums (im Gegensatz zu Privateigentum) setzt die prinzipielle Gleichstellung aller Menschen in Bezug auf die [[Arbeit (Philosophie)|Arbeit]] und den Erwerb ihrer Lebensmittel voraus. Bei diesem Konzept spricht man von einer [[Egalitäre Gesellschaft|egalitären Gesellschaft]]. Diese Idee ist uralt und findet ihren Niederschlag in den Mythen sehr vieler [[Ethnische Religionen|ethnischer Religionen]], aber auch in [[Monotheismus|monotheistischen]] Religionen.
Während die Großkirchen sich häufig eng an politische Herrschaftssysteme anlehnten und durch Amtsprivilegien mit diesen verflochten waren, haben verschiedene Minderheiten im Lauf der [[Kirchengeschichte]] Europas an das Ideal der Urgemeinde angeknüpft. Manche [[Orden]] wie die [[Franziskaner]] praktizierten Gemeineigentum als freiwillige Armut in [[Kloster|Klöstern]] in Distanz zur kirchlichen und sozialen Normalität, andere dagegen - etwa die [[Minoriten]] - wollten ursprünglich die Kirche insgesamt reformieren und damit die Mehrheitssituation tendenziell verändern.


Nach [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]] waren die ersten Gesellschaften in der Menschheitsgeschichte [[Urkommunismus|urkommunistisch]] organisiert. Diese sicherten ihr Überleben unter nur geringfügiger [[Arbeitsteilung]] mit primitiven Mitteln (vgl. [[Jäger und Sammler#Soziale Organisation]]) gemeinschaftlich. Erst durch die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte mittels vermehrter Arbeitsteilung, technischer Innovationen und anderer Entwicklungen im Zuge der [[Neolithische Revolution|neolithischen Revolution]] entstanden mehr Arbeitsprodukte, als für den Erhalt der Gesellschaft vonnöten waren. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte [[Ausbeutung]] fremder Arbeitskraft und damit eine Aneignung fremder Arbeitsprodukte, da die Arbeitskraft nun mehr produzieren konnte, als sie selbst konsumierte. So entstand das Privateigentum. Mit der hierarchischen Arbeitsteilung bildete sich Ausbeutung, und mit ihr die ersten Klassengesellschaften und Staaten aus. (''[[Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats]]'', 1884, [[Marx-Engels-Werke|MEW]], Bd. 21). Die Aufhebung des auf Ausbeutung fremder Arbeitskraft basierenden Privateigentums führt zur Wiederherstellung des kommunistischen Gemeineigentums und zur klassenlosen, staatenlosen Gesellschaft auf höherer Ebene, die erst durch die hoch industrialisierte, arbeitsteilige kapitalistische [[Produktionsweise]] ermöglicht wurde.
Vor, während und nach der [[Reformation]] tauchte die Idee des Gemeineigentums in verschiedenen Zusammenhängen wieder auf, etwa bei:
*[[Jan Hus]] in [[Prag]] und den tschechischen [[Taboriten]], die sich von der päpstlich-kaiserlichen Zentralmacht absetzen und auf das [[Neues Testament|Neue Testament]] gegründete [[Kommune]] gründen wollten;
*[[Hans Böhm (Pauker von Niklashausen)|Hans Böhm]] im Kontext einer Landfahrerbewegung, die gegen den korrupten katholischen Klerus Kirchen- und Sozialreformen verlangte;
*[[Nikolaus Storch]] ([[Zwickau]]) und [[Thomas Münzer]] ([[Allstedt]]) , die in [[Thüringen]] und [[Sachsen]] radikaldemokratische Stadtverfassungen durchzusetzen versuchten; Müntzer schloss sich dann den von Süddeutschland ausgehenden [[Großer Bauernkrieg|Bauernaufstände]]n an;
*[[Gerrard Winstanley]] in [[Wales]], der im Kontext des englischen Bürgerkriegs eine Landkommune aufbaute und damit die Enteignung aller [[Adel]]igen als konkrete Zukunftsvision verband.


Die beherrschende Produktionsweise der europäisch-vorderasiatischen [[Antike]] war die [[Sklavenhaltergesellschaft]], die meist religiös begründet wurde. Ausnahme waren im [[Vorderer Orient|Vorderen Orient]] nur die frühen, als loser [[Zwölf Stämme Israels|Zwölfstämmebund]] organisierten [[Israeliten]]. Deren [[Tora]] verlangt die regelmäßige Umverteilung des Bodenbesitzes zugunsten der Besitzlosen als Konsequenz des Glaubens an [[JHWH]], den Sklavenbefreier (Lev 25). An dieses Recht erinnerten sozialkritische [[Prophetie im Tanach|Propheten Israels]] bis hin zu [[Jesus von Nazaret]] (Lk 4,16 ff.), worauf in Anknüpfung an jüdische Armenfürsorge die [[Gütergemeinschaft der Jerusalemer Urgemeinde]] praktiziert wurde.
Keiner dieser oder ähnlicher Reformanläufe konnte sich lange halten. Sie scheiterten meist an den Machtverhältnissen oder inneren Unstimmigkeiten.


Diese Lebensweise wurde bereits in der zweiten Christengeneration, der durch die Mission auch sozial bessergestellte Bevölkerungsschichten angehörten, zu einem vergangenen Ideal stilisiert und seit der [[Konstantinische Wende|konstantinischen Wende]] von den Großkirchen verdrängt. Während sich deren Vertreter eng an politische Herrschaftssysteme anlehnten und durch Amtsprivilegien mit diesen verflochten waren, knüpften verschiedene Minderheiten im Lauf der [[Christentumsgeschichte]] Europas an biblische Traditionen an, die soziale Gerechtigkeit fordern. Reformanläufe von Kirche und Gesellschaft scheiterten jedoch regelmäßig an den Machtverhältnissen. Gesellschaftsveränderung zugunsten unterprivilegierter Schichten war im von der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] dominierten Mittelalter nur möglich, wenn ökonomische und politische Bedingungen jene, die sich gegen die Kirche auf die Bibel beriefen, schützen konnten.
===[[Aufklärung]] und [[Frühsozialismus]]===
Der [[Humanismus]] des [[16. Jahrhundert]]s hatte - parallel zu den durch wirtschaftliches Elend hervorgerufenen Bauernaufständen - Ideen einer gerechten, von allen Bürgern gleichermaßen getragenen Gesellschaftsordnung entwickelt, die ihrerseits auf die antike [[Polis]] und ihre [[Demokratie]]- Vorstellungen zurückgriffen.
Folgenreich war besonders der lateinische Bildungsroman "[[Utopia (Roman)|Utopia]]" des englischen Staatsrechtlers [[Thomas Morus]] von [[1516]]. Ohne den Begriff zu kennen, stellte Morus hier eine Art Kommunismus als Gegenbild zur europäischen Feudalherrschaft dar:
Alle arbeiten und besitzen alles gemeinsam, auch und gerade Grund und Boden (die damaligen Produktionsmittel); zugleich darf jeder dem Glauben anhängen, der ihm gemäß ist.


Dieses war frühestens seit der [[Reformation]] der Fall. Luthers Haltung zu den [[Deutscher Bauernkrieg|Bauernaufständen]] ermutigte jedoch die Fürsten aller Konfessionen, diese blutig niederzuschlagen. Damit waren [[Feudalismus]] und [[Monarchie]] die nächsten 300 Jahre lang gesichert.
Im [[17. Jahrhundert|17.]] und [[18. Jahrhundert]] machten Naturwissenschaften und Fertigungstechniken rasante Fortschritte. Sie erlaubten im Manufaktur- und Verlagswesen bereits eine Massenherstellung von Produkten, noch ohne maschinelle Produktionsmittel. Dies veränderte die Lebensbedingungen und Interessenlagen für große Bevölkerungsteile enorm.


(ausführlich siehe [[Religiöser Sozialismus]])
Im Zuge der Aufklärung entstanden mit der Idee der [[Menschenrechte]] Vorstellungen eines gleichberechtigten und herrschaftsfreien Zusammenlebens. In zahlreichen - stets von der Obrigkeit bedrohten - Geheimbünden und Vereinen suchten mittellose Handwerker, Bauern und Intellektuelle ein Forum und Anhänger für ihre Ideen. Sie waren kaum an der wissenschaftlichen Erhebung empirischer Daten interessiert, entwickelten ihre Vorstellungen aber aus der widersprüchlichen Erfahrung enttäuschter Demokratiehoffnungen und relativer Rechtsfortschritte. Doch erst mit der Emanzipation des [[Bourgeoisie|Bürgertums]] bekamen diese Ideen eine politische Stoßkraft.


== Konsumtions-Kommunismus ==
Seit [[Karl Marx]] werden diese [[Frühsozialismus|frühsozialistischen]] Gleichheits- und Demokratrisierungsbestrebungen, die sich auch auf die Ökonomie erstreckten, als [[Utopischer Sozialismus]] zusammengefasst. In ihrer Zielvorstellung sind sie mit dem Kommunismus weitgehend einig, auch wenn der Klassenantagonismus und die Frage nach den Bedingungen einer erfolgreichen Revolution noch keine Rolle spielt.
Der von Marx geprägte (in der Sache aber abgelehnte) Begriff des [[Kommunismus der Konsumtion]] bezeichnet eine Gesellschaftsordnung oder Wirtschaftsweise, in der alle Beteiligten den gleichen Anteil an den erzeugten Gütern bekommen. Dabei geht es nicht darum, wer die Waren produziert hat oder wem die Produktionsmittel gehören, sondern nur um ihre gerechte Verteilung. Ein Beispiel dafür war die Verteilungspraxis der Beute im Heer des römischen Sklavenführers [[Spartacus]].
===19. Jahrhundert===
Durch die [[Aufklärung]], die bürgerliche [[Französische Revolution]] zum Ende des [[18. Jahrhundert]]s und schließlich die zuerst in England beginnende Industrialisierung Zentraleuropas (vgl. [[Industrielle Revolution]]), wurde das [[19. Jahrhundert]] zu einem Jahrhundert bedeutender ökonomischer und sozialer Umwälzungen. Nach Überwindung des Ancien Régime, d. h. der [[Absolutismus|absolutistischen]] [[Adel]]sherrschaft in Frankreich entwickelte auch das aufgeklärte [[Bürgertum]] in den benachbarten Staaten revolutionäre Ambitionen, - vor allem in den deutschen und den italienischen Fürstentümern. Einige ihrer Ziele waren die Befreiung von Ausbeutung, Unterdrückung, [[Leibeigenschaft]]. Für das vormalig politisch eher einflusslose Bürgertum selbst, den damaligen [[Dritter Stand|dritten Stand]] der Gesellschaft nach [[Aristokratie]] und [[Klerus]], war dies verbunden mit der Forderung nach wirtschaftlicher und politischer [[Emanzipation]] gegenüber den herrschenden Fürstenhäusern.


== Utopischer Sozialismus ==
Der Aufstieg [[Napoléon Bonaparte]]s und dessen Eroberungsfeldzüge verbreiteten beispielsweise durch sein Gesetzeswerk, den [[Code Civil]] mit neuen bürgerlichen Rechten, europaweit auch Ideen der französischen Revolution. Von vielen Intellektuellen wurden Napoléons Reformen zunächst begrüßt, allerdings trug er auch dazu bei, die Idee des (unabhängigen) Nationalstaats zu verbreiten, und schaffte so bei breiten bürgerlichen Schichten in den eroberten Gebieten auch eine Grundlage für die [[Opposition]] gegen sich und seine Herrschaft, die in den [[Befreiungskriege]]n letztlich zu seiner Niederlage und seinem Sturz führten. Nach dem [[Wiener Kongress]] begann ab [[1815]] mit der Phase der wesentlich vom österreichischen Staatskanzler Fürst von [[Metternich]] geprägten [[Restauration (Geschichte)|Restauration]] der Versuch der europäischen Fürsten, die Machtverhältnisse wieder herzustellen, wie sie vor der französischen Revolution geherrscht hatten. Aber die Ideen und Ideale von bürgerlichen Freiheiten und nationaler Einheit hatten sich im Bürgertum festgesetzt. Über Jahrzehnte hinweg kam es in fast ganz Europa immer wieder zu nationalen und bürgerlich-liberalen Aufständen und Revolutionen, die sich gegen die Politik der Restauration wandten ([[Julirevolution]] [[1830]] in Frankreich, verschiedene polnische Unabhängigkeitserhebungen, [[Risorgimento]] in Italien, [[Februarrevolution 1848]] in Frankreich, [[Märzrevolution]] von 1848/49 in den Staaten des [[Deutscher Bund|Deutschen Bundes]] und den außerhalb des Bundes gelegenen österreichischen und preußischen Provinzen).
{{Hauptartikel|Frühsozialismus}}
[[Datei:New Harmony, Indiana, por F. Bates.jpg|mini|Nicht realisierte, utopische Vision der Kolonie [[New Harmony (Indiana)|New Harmony]], Zeichnung von F.&nbsp;Bate, gedruckt 1838]]


Der [[Humanismus]] des 16. Jahrhunderts hatte – parallel zu den durch wirtschaftliches Elend hervorgerufenen Bauernaufständen – Ideen einer gerechten, von allen Bürgern gleichermaßen getragenen Gesellschaftsordnung entwickelt, die ihrerseits auf die antike [[Polis]] und ihre [[Demokratie]]-Vorstellungen zurückgriffen.
Ein Teil des Bürgertums hatte Anfang des [[19. Jahrhundert]]s – während einer Zeit, in der jede freiheitliche liberale Äußerung vom herrschenden Adel verfolgt, und Zeitungen zensiert und verboten wurden – erkannt, dass mit dem Entstehen von bürgerlichem Handel und Gewerbe bereits eine neue soziale Sprengkraft entstand. Im Zuge der Industrialisierung entwickelten sich auch neue gesellschaftliche Gruppen, die in der entstehenden Wissenschaft als „Klassen“ bezeichnet wurden. Mit Kapitalisten- und Arbeiterklasse traten soziale Akteure in die Weltgeschichte ein, die – einander bedingend – um die Macht zu kämpfen begannen. Die Arbeit Friedrich Engels’, „Die Lage der arbeitenden Klassen in England“, wies auf die Verelendung großer Teile des Volkes hin, die nun nicht mehr durch eine herrschende Schicht des Adels, sondern durch die liberale bürgerliche Gesellschaft verursacht wurde. Andere gesellschaftliche Klassen wurden aus dem Fokus der Veränderung zurückgedrängt.
Folgenreich war besonders der lateinische Bildungsroman „[[Utopia (Roman)|Utopia]]“ des englischen Staatsrechtlers [[Thomas Morus]] von 1516. Ohne den Begriff zu kennen, stellte Morus hier eine Art Kommunismus als Gegenbild zur europäischen [[Feudalismus|Feudalherrschaft]] dar:
Alle arbeiten und besitzen alles gemeinsam, auch und gerade Grund und Boden (die damaligen Produktionsmittel); zugleich darf jeder dem Glauben anhängen, der ihm gemäß ist.


Im [[17. Jahrhundert|17.]] und 18. Jahrhundert machten Naturwissenschaften und Fertigungstechniken rasante Fortschritte. Sie erlaubten im Manufaktur- und Verlagswesen bereits eine Massenherstellung von Produkten, noch ohne maschinelle Produktionsmittel. Dies veränderte die Lebensbedingungen und Interessenlagen für große Bevölkerungsteile enorm.
Kapital entsteht aus Geld, wenn lebendige Arbeit, die den Mehrwert produziert, ausgebeutet wird, weil die Arbeiter weniger Lohn erhalten, als der Kapitalist (im Durchschnitt) durch den Verkauf der Ware realisieren kann - das ist die Substanz der nur gemeinsam denkbaren Existenz von Kapital und Arbeit, Kapitalisten und Arbeiterklasse, dem Proletariat.


Im Zuge der [[Aufklärung]] entstanden mit der Idee der [[Menschenrechte]] Vorstellungen eines gleichberechtigten und herrschaftsfreien Zusammenlebens. In zahlreichen – stets von der Obrigkeit bedrohten – Geheimbünden und Vereinen suchten mittellose Handwerker, Bauern und Intellektuelle ein Forum und Anhänger für ihre Ideen. Sie waren kaum an der wissenschaftlichen Erhebung empirischer Daten interessiert, entwickelten ihre Vorstellungen aber aus der widersprüchlichen Erfahrung enttäuschter Demokratiehoffnungen und relativer Rechtsfortschritte. Doch erst mit der Emanzipation des [[Bourgeoisie|Bürgertums]] bekamen diese Ideen eine politische Stoßkraft.
===Das Kommunistische Manifest===
Aus einem Zusammenschluss frühkommunistischer nach Frankreich emigrierter Gesellen, Handwerker und linksliberaler Bürger um deren führenden Theoretiker [[Wilhelm Weitling]], dem [[Bund der Gerechten]], entstand [[1847]]/[[1848]] unter prägendem Einfluss von [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]] in [[London]] der [[Bund der Kommunisten]], der sich mit einer flammenden Streitschrift zu Wort meldete: dem „''[[Das Kommunistische Manifest|Kommunistischen Manifest]]''“. 1848 im Auftrag des Bundes von Marx und Engels verfasst, wurde es zu einer ideologischen Basis, mit der die Vereinigung der Arbeiterklasse zum internationalen Klassenkampf gegen die [[Bourgeoisie]] propagiert wurde. Von England aus wurde diese Schrift in ganz Europa und darüber hinaus verbreitet. Das Kommunistische Manifest hatte jedoch noch keinen nennenswerten Einfluss auf den Verlauf der bürgerlichen Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes. Erst nach deren gewaltsamer Niederschlagung begann die Arbeiterklasse, sich nach und nach in eigenen Vereinen, den Vorläufern der [[Gewerkschaft]]en zu organisieren.


Seit [[Karl Marx]] wurden diese [[Frühsozialismus|frühsozialistischen]] Gleichheits- und Demokratisierungsbestrebungen, die sich auch auf die Ökonomie erstreckten, als [[Utopischer Sozialismus|''utopischer'' Sozialismus]] zusammengefasst. In ihrer Zielvorstellung waren sie mit dem Kommunismus grob gesehen weitgehend einig. Anstatt soziale Zustände zu erfinden, leiteten Marx und Engels aber ihre Ideen anhand ihrer systematischen Analysen der menschlichen Geschichte und der ökonomischen Verhältnisse ab. So haben beim „utopischen Sozialismus“ der historisch hergeleitete konsequente Klassenantagonismus und die Frage nach den Bedingungen einer erfolgreichen Revolution keine Rolle gespielt.
Neben anderem wurde im Manifest die Stellung und Aufgabe der Kommunistischen Partei als „''Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat''“ beschreiben und so die politische Führung der Partei gesichert. Als Grundlage der Revolution und der von Marx selbst genannten ''globalen Theorie'' galt der gewaltsame [[Klassenkampf]]. Im Manifest der Kommunistischen Partei schreiben Marx und Engels als letzten Abschnitt:
:„''Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß <!-- daß wg. Zitat --> ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder – vereinigt euch!''“


== Marxismus ==
Durch das Werk „[[Das Kapital]]“ von Karl Marx wurde die darin formulierte „Kritik der politischen Ökonomie“ (Untertitel) zu einer politischen und wirtschaftlichen Theorie, die die [[bürgerliche Gesellschaft]] als [[Ausbeutung|ausbeuterisches]] Gewaltverhältnis verurteilt. Es ging darum, eine Gesellschaftsform zu finden, in der „''jeder nach seinen Fähigkeiten''“ tätig sein und „''jedem nach seinen Bedürfnissen''“ der produzierte Reichtum offen stehen solle. Durch die Arbeiten von Marx und Engels entstand ein theoretisches Konzept, allgemein als „[[Marxismus]]“ bezeichnet, das in der Wissenschaft des [[19. Jahrhundert]]s – neben den Arbeiten [[Charles Darwin]]s und anderer Wissenschafter – ein [[Materialismus|materialistisches Weltbild]] gegenüber dem christliche geprägten etablierte.
{{Hauptartikel|Kommunismus (Marxismus)}}
[[Datei:Friedrich Engels portrait (cropped).jpg|mini|355x355px|Friedrich Engels (1820-1895)]]
[[Datei:Communist-manifesto.png|links|mini|Das Manifest der Kommunistischen Partei]]


=== Das Manifest der Kommunistischen Partei ===
Marx und Engels traten mit ihrem Wirken dafür ein, einen „[[Wissenschaftlicher Sozialismus|Wissenschaftlichen Sozialismus]]“ zu begründen, der im Gegensatz zu Ideen des [[Utopischer Sozialismus|Utopischen Sozialismus]], des [[Anarchismus]], aber auch zu Vorstellungen bürgerlicher Kräfte wie zum Beispiel der sogenannten [[Kathedersozialismus|Kathedersozialisten]], entwickelt wurde.
{{Hauptartikel|Manifest der Kommunistischen Partei}}


Das ''Manifest der Kommunistischen Partei'' von 1848, auch ''Das Kommunistische Manifest'' genannt, ist eine Art Gründungsurkunde des modernen Kommunismus, der sich als Gegensatz und Überwindung des Kapitalismus versteht. Es wurde von [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]] in [[London]] als Programm für den [[Bund der Kommunisten]] verfasst.
Für Marx und Engels war Kommunismus die revolutionäre Bewegung des „wahren Sozialismus“ der Arbeiterbewegung gegenüber bürgerlichen Strömungen, später galt Sozialismus als Vorform des Kommunismus als klassenloser Gesellschaft, wozu die Aussagen aber ausdrücklich zurückhaltend und knapp gehalten sind.


Dieser ging aus dem frühkommunistischen [[Bund der Gerechten]] hervor, den der christliche Schneider und erste deutsche Theoretiker des Kommunismus,<ref>{{ADB|41|624|625|Weitling, Wilhelm|Otto Wittelshöfer|ADB:Weitling, Wilhelm}}</ref> [[Wilhelm Weitling]], gegründet und bis zu seiner Ablösung durch Marx 1847 geführt hatte. Er bestand aus einer Gruppe nach [[Frankreich]] emigrierter deutscher Gesellen, Handwerker und linksliberaler Bürger. Weitling grenzte sich bereits seinerseits von den Frühsozialisten (u.&nbsp;a. [[Pierre-Joseph Proudhon]], [[Henri de Saint-Simon]], [[Charles Fourier]]) ab und propagierte eine nicht nur politische, sondern auch soziale Revolution des Proletariats gegenüber dem Bürgertum. Er strebte die Aufhebung des Geldes als Tauschmittel und den direkten, planvoll und gemeinschaftlich verwalteten Warentausch an.
===Andere Kommunismus-Begriffe===
Als weitere Strömung in dieser Vorstellung ist der [[Anarchismus]] zu nennen. Anders als in den sozialistischen Strömungen wird in den anarchistischen sehr früh eine individualistische Konzeption formuliert, die eine Gemeinschaft oder Gesellschaft ohne jede staatlich-institutionelle Ordnung für realistisch hält. Von einigen wurde individueller Terror (Bomben-Attentate) als Hilfsmittel zum Auflösen der Herrschaftsverhältnisse befürwortet ([[Bakunin]]).


Mit dem Manifest vollzogen Marx und Engels die theoretische Abgrenzung vom utopischen Sozialismus Weitlings und seiner Vorläufer sowie von anderen Frühsozialisten, an denen sie scharfe Kritik übten. Sie propagierten den internationalen [[Klassenkampf]] der lohnabhängigen [[Arbeiterklasse]] gegen die [[Bourgeoisie]] und beschrieben auch die Stellung der Kommunisten innerhalb der Gesamtbewegung als deren entschiedensten Teil, der eine theoretische Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate des Klassenkampfs der übrigen Masse des Proletariats voraushabe. Eine gesonderte Partei sollten die Kommunisten jedoch ausdrücklich nicht bilden. Zum nächsten Zweck der Kommunisten wie aller übrigen proletarischen Parteien erklärte das Manifest: „Bildung des [[Proletariat]]s zur Klasse, Sturz der Bourgeoisherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat“.<ref>Marx/Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, 474.</ref> Es weist ihnen damit einerseits eine politische Führungsrolle, andererseits die Unterordnung unter das proletarische Gesamtinteresse zu: nämlich eine Gesellschaftsform zu finden, in der „jeder nach seinen Fähigkeiten“ tätig sein und „jedem nach seinen Bedürfnissen“ der produzierte Reichtum offenstehen solle (Marx: ''[[Kritik des Gothaer Programms]]'').
In der frühen [[Soziologie]] sind auch andere erarbeitet worden. So bezeichnet [[Ferdinand Tönnies]] in „Gemeinschaft und Gesellschaft“ (1887) im Untertitel den Kommunismus als „''empirische Kulturform''“. Dieser „Communismus“ ist nach seiner Theorie aber nur gemeinschaftlich möglich; hingegen geht es in gesellschaftlichen Zusammenhängen immer nur um den „Socialismus“. Da bei ihm zwar Gesellschaft aus Gemeinschaft hervorgehen kann, er den umgekehrten Prozess aber als unmöglich beurteilt, kann bei ihm aus Sozialismus auch nie Kommunismus werden. Auch [[Max Weber]] sieht Kommunismus als Vergemeinschaftung, wenn er zum Beispiel auf den ‚Familienkommunismus‘ und den ‚Mönchskommunismus‘ hinweist.


Als Grundlage der Revolution und der von Marx selbst so genannten ''globalen Theorie'' galt der Klassenkampf, der als unvermeidbarer Ausdruck der sozialen Verhältnisse gesehen wird. Im letzten Abschnitt des Manifests heißt es:
===Verhältnis zur Frauenbefreiung===
{{Zitat
Bei allen frühen kommunistischen und sozialistischen Vorstellungen wurde allerdings nicht von der Gleichheit der Geschlechter ausgegangen und meist nicht auf eine individualistische Konzeption, sondern auf Familie als gemeinschaftliche Basis Bezug genommen. Das gilt für frühsozialistische Modellgemeinden, etwa die von [[Robert Owen]], bis hin zur Räterepublik, wie sie in Deutschland 1918 angestrebt wurde. In letzter sollten Betriebe (und soldatische Einheiten) die Vertreter der Basis in die höheren Gremien entsenden, die strukturell keine Gleichheit der Geschlechter aufwiesen, sondern fast nur aus Männern bestanden. Erst später wurde auch die Familie an sich kritisiert.
|Text=Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder – vereinigt euch!}}


Von England aus wurde diese Schrift in ganz Europa und darüber hinaus verbreitet, hatte jedoch noch keinen nennenswerten Einfluss auf den Verlauf der [[Revolutionen 1848/1849]]. Erst danach begannen die Arbeiter, sich nach und nach in eigenen Vereinen, den Vorläufern der [[Gewerkschaft]]en, zu organisieren.
Die Kritik der besonderen Unterdrückung der Frau war – oft in Anknüpfung an Fouriers „''Der Stand der Frau kennzeichnet den Stand der Gesellschaft''“ – immer wieder besonderes Element der Arbeiten von Marx und Engels. Nach ihren Vorstellungen würde mit Abschaffung der [[Klassengesellschaft]] auch die Unterdrückung der Frau enden, so wie überhaupt die „''Herrschaft des Menschen über den Menschen''“. Bereits im [[Kommunistisches Manifest|Kommunistischen Manifest]] bekannten sie sich zum kommunistischem Programm der Aufhebung der Familie durch freies Lieben, Aufhebung der „''Stellung der Weiber als bloße Produktionsinstrumente''“ sowie der „''Ausbeutung der Kinder durch ihre Eltern''“ und zur gesellschaftlichen Erziehung der Kinder.


=== Das Kapital ===
In den entstehenden sozialistisch-kommunistischen Staaten waren zwar formal die Geschlechter meist gleichgestellt, nicht aber im Alltag. Auch wenn in der Produktion Frauen eine den Männern ähnliche Stellung aufwiesen, waren sie im Haushalt doch weiterhin patriarchalen Strukturen unterworfen.
[[Datei:Zentralbibliothek Zürich Das Kapital Marx 1867.jpg|mini|Das Kapital von Karl Marx]]


Mit seinem Hauptwerk ''[[Das Kapital]]'' formulierte Marx eine umfassende ''[[Kritik]] der [[Politische Ökonomie|politischen Ökonomie]]'' (Untertitel). Er analysierte hier die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus, die auf der grundlegenden Spaltung der Gesellschaft in Kapitaleigner (Kapitalisten) und [[Lohnarbeit]]er beruhe.
===[[20. Jahrhundert]]===
Dass der Begriff Kommunismus hier wieder zum Hauptbegriff gegenüber dem des Sozialismus wird, hat verschiedene Gründe:
*Alle Parteien, die sozialistische Zielsetzungen entwickelten, nannten sich zuerst „kommunistisch“. Das begann bereits beim Bund der Kommunisten, der das Kommunistische Manifest veröffentlichte, und betraf dann vor allem die Parteien, die sich in [[Russland]] und dann in der [[Republik China]] als Kommunistische Parteien etablierten (zum Beispiel die [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]]; siehe unten).
*Als eine der ersten Abgrenzungen – wobei es vor allem um die Idee der „[[Diktatur des Proletariats]]“ ging, die in den kommunistischen Parteien als Parteidiktatur der jeweiligen kommunistischen Partei gedacht wurden – entstanden dann die sozialdemokratischen Parteien, wie zum Beispiel die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (SPD), bereits im letzten Drittel des [[19. Jahrhundert]]s. Sie verstanden sich dabei vorerst als primär sozialistische Parteien (in Deutschland die SPD bis nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]]), aber im Widerspruch zum Kommunismus.
*Nach dem Zweiten Weltkrieg spielt der [[Kalter Krieg|Kalte Krieg]] eine entsprechende Rolle, in dem die sich selbst sozialistisch nennenden Staaten von den USA und den anderen kapitalistisch ausgerichteten Ländern als ‚kommunistisch‘ bekämpft wurden.


Kapital entstehe, wenn die Zirkulation von Ware, die gegen Geld mit anderer Ware getauscht wird, sich verselbstständige zu einem Einsatz von Geld zur Warenproduktion, um mit deren Verkauf wiederum mehr Geld ([[Mehrwert (Marxismus)|Mehrwert]]) zu erzielen. Lebendige Arbeit, die eigentlich menschliche Selbstverwirklichung sein und gesellschaftlich nützliche Produkte herstellen solle, werde dann zur [[Ware]], die es möglichst billig einzukaufen und auszubeuten gelte. Die Arbeiter erhielten also immer weniger [[Arbeitsentgelt|Lohn]], als der Kapitalist (im Durchschnitt) durch den Verkauf der Ware gewinnen könne ([[Profit]]). Dieses „[[Wertgesetz]]“ sei der Kern des Klassengegensatzes von Kapital, das die Bourgeoisie einsetze, und Arbeit, die das Proletariat leiste.
Für den äußeren Betrachter gibt es anscheinend nur einen fließenden Übergang zwischen Kommunismus und Sozialismus, da viele der realsozialistischen Staaten Vorschläge und Maximen von Marx umgesetzt haben. Diese oft als „Volksdemokratien“ bzw. „[[Volksrepublik]]en“ bezeichneten Staaten wurden/werden zumeist von einer [[Kommunistische Partei|Kommunistischen Partei]] als allein herrschender Staatspartei, im westlichen Demokratieverständnis diktatorisch, regiert. Die meisten bezogen/beziehen sich auf den [[Marxismus-Leninismus]] und werden als kommunistische Staaten bezeichnet. Inhaltlich angemessener werden diese politischen Systeme oft auch als „[[real existierender Sozialismus]]" bezeichnet, da sie sich – in ihrem Selbstverständnis – in der sozialistischen Übergangsphase zum Kommunismus befanden/befinden. Der ideologische Urheber [[Lenin]] selbst bezeichnete die Diktatur des Proletariats, als eine erste, niedere Stufe des Kommunismus, wofür sich aber die Bezeichnung Sozialismus durchgesetzt hat.


Klassenherrschaft ist demnach für Marx keine zufällige, sondern eine gesetzmäßige Folge von [[Ausbeutung]]. Diese sei aber kein böser Wille der Kapitalisten, sondern ein Zwang: Um auf dem vom Kapital beherrschten Markt konkurrieren zu können, müssten sie [[lebendige Arbeit]], die den Mehrwert produziert, ausbeuten. Die [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Konkurrenz]] führe zu immer größerer [[Unternehmenskonzentration|Kapitalkonzentration]] ([[Monopol]]- und Kartellbildung) und damit zwangsläufig zu Absatzkrisen und Kriegen. Sie zwinge die Kapitaleigner dazu, die Arbeitskosten so gering wie möglich zu halten und den größtmöglichen Profit anzustreben, um diesen in technologische Neuerungen investieren zu können. Dies wiederum führe zu einer immer stärkeren Bewusstwerdung der Notwendigkeit eines Umsturzes. Die sozialistische Revolution ist also nach Marx in den kapitalistischen Verhältnissen selbst angelegt. Damit erscheint die bürgerliche Gesellschaftsform nicht als moralisch zu verurteilende, sondern als nüchtern zu durchschauende Klassenherrschaftsform. Deren Analyse will die realen Ansatzpunkte zur Umwälzung der Macht- und Besitzverhältnisse erkennbar machen.
===Der „real existierende Sozialismus“===
Der Begriff Kommunismus steht seit der Russischen Oktoberrevolution 1917, bei der zunächst in Russland eine [[Realsozialismus|sozialistische Sowjetmacht]] entstand, die sich im Bürgerkrieg behaupten und auf benachbarte Länder ausbreiten konnte (seit 1922 gab es die "UdSSR"), besonders für jene Staaten, die nach dem 2. Weltkrieg in den westlichen Staaten als „[[Ostblock]]“ bezeichnet wurden, weil sie unter den Einfluss der UdSSR (als „Schutzmacht“) mit der KPdSU als führende KP gerieten. Gegenüber dem europäischen Imperialismus und Kolonialismus der Zeit um 1900 wurden die Marxschen Ideen als „[[Leninismus|Marxismus-Leninismus]]“ von vielen Befreiungsbewegungen aufgegriffen und für ihre Länder und Situationen teilweise als eigene Ideologien weiterentwickelt.


''Das Kapital'' besteht aus drei Bänden. 1867 erschien der erste Band: ''Der Produktionsprozeß des Kapitals'' von Karl Marx. Friedrich Engels stellte nach Marx’ Tod 1883 aus dessen Manuskripten zwei weitere Bände zusammen und veröffentlichte diese als Band II: ''Der Zirkulationsprozeß des Kapitals'' 1885 und Band III: ''Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion'' 1895.
Die [[Volksrepublik China]] zählte zu Beginn als eigenständiger Teil des weltweiten Kommunismus zum so genannten Ostblock, spaltete sich nach anfänglicher „Bruderfreundschaft“ mit der [[UdSSR]] unter [[Stalin]] nach der [[Entstalinisierung]] durch [[Chruschtschow]] als eigenständiger „Block“ aus diesem Zusammenhang ab. Zu Chinas Einflussbereich gehörten vor allem [[Nordkorea]] und [[Nordvietnam]], zeitweise auch [[Kambodscha]] und [[Laos]]. In vielen Staaten, vor allem Afrikas und Lateinamerikas, führten die „Blockmächte“ USA, UdSSR und China [[Stellvertreterkrieg|Stellvertreterkriege]].
Dieses Werk bildet das Herzstück der Gesellschaftstheorie, die Marx und Engels [[wissenschaftlicher Sozialismus]] nannten und heute als „[[Marxismus]]“ bezeichnet wird. Sie beansprucht, im Gegensatz zu allen idealistischen und utopischen Vorstellungen streng empirisch vorzugehen, also durch reale Entwicklungen falsifizierbar und korrigierbar zu sein. Wie andere damalige Wissenschaften – z.&nbsp;B. [[Charles Darwin]]s [[Darwinismus|Evolutionstheorie]] – stellt sie ein [[Materialismus|materialistisches Weltbild]] gegen jede Art von [[Idealismus]].


== Kommunismus in der Soziologie ==
Das Ende des Ostblocks, dass in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts begann, ist primär durch die Auflösung der UdSSR bestimmt und fand sein Ende in der Auflösung des [[Comecon]] im Sommer 1991. Ein markantes Ereignis ist auch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten [[BRD]] und [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], nach dem Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ in der DDR.
In der frühen [[Soziologie]] bezeichnete [[Ferdinand Tönnies]] in „[[Gemeinschaft und Gesellschaft]]“ (1887) im Untertitel den Kommunismus als „''empirische Kulturform''“. Dieser ist nach seiner Theorie aber nur in überschaubaren Gemeinschaften möglich; hingegen geht es in größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen immer nur um den „Sozialismus“. Da bei ihm zwar eine Gesellschaft aus Gemeinschaften hervorgehen kann, er den umgekehrten Prozess aber für unmöglich hält, kann bei ihm aus Sozialismus auch nie Kommunismus werden. Auch [[Max Weber]] sieht Kommunismus als Vergemeinschaftung, wenn er zum Beispiel auf den ''Familienkommunismus'' und den ''Mönchskommunismus'' hinweist.


== Gleichberechtigung der Frauen ==
Hinzuweisen ist auch auf zwei, in jeweils ihrer Art besondere kommunistische Staaten: einerseits [[Kuba]] wegen der langjährigen und immer noch andauernden Herrschaft der kommunistischen Partei unter [[Fidel Castro]], und anderseits die Gewaltherrschaft der sich zeitweise auf den „[[Maoismus]]“ berufenden [[Rote Khmer|Roten Khmer]] in [[Kambodscha]], der in den wenigen Jahren ihrer Herrschaft (1975-1979) bis zu 2 Millionen Menschen zum Opfer fielen.
[[Datei:Aleksandra Kollontai.jpg|mini|[[Alexandra Kollontai]] zählt zu den bedeutendsten kommunistischen Frauenrechtlerinnen|265x265px]]


Keine der frühkommunistischen und sozialistischen Vorstellungen ging von der Gleichheit der [[Gender|Geschlechter]] aus. Von [[Robert Owen (Unternehmer)|Robert Owen]] bis zu den Räterepubliken infolge des Ersten Weltkriegs setzten sie die Familie als gemeinschaftliche Basis voraus. Betriebe und Militäreinheiten sollten ihre Vertreter in höhere Gremien entsenden: Diese bestanden fast nur aus Männern. Erst später wurde auch die Familie an sich kritisiert.
Kennzeichen der Länder, die sich überwiegend „Volksdemokratien“ nannten, war die alleinige Herrschaft einer Kommunistischen Partei (KP) des jeweiligen Landes. Formell konnten zwar weitere kleine Parteien existieren, wie z.B. im [[Blockparteiensystem]] in der DDR, die aber gleichgeschaltet mit der KP waren. Das Selbstverständnis der kommunistischen Staaten war zumeist das eines sozialistischen Staates, der sich im Übergang zum Kommunismus befindet.


Die besondere [[Sexismus|Unterdrückung der Frau]] war, anknüpfend an [[Charles Fourier]]s Satz ''Der Stand der Frau kennzeichnet den Stand der Gesellschaft'', auch ein Thema von Marx und Engels gewesen. Sie glaubten, mit Abschaffung des Kapitalismus und dem Ende der Klassengesellschaft würde auch die Unterdrückung der Frau enden, so wie die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen überhaupt. Bereits im Kommunistischen Manifest bekannten sie sich zur Aufhebung der Familie durch freies Lieben, Aufhebung der „Stellung der Weiber als bloße Produktionsinstrumente“ sowie der „Ausbeutung der Kinder durch ihre Eltern“ und zur gesellschaftlichen Erziehung der Kinder.
Theoretisch begründet wurde diese Form der Diktatur mit der von Marx und Engels formulierten Diktatur des Proletariats über die bürgerlichen Klassen. Die Arbeiterklasse, das Proletariat, war bis dahin (19. JH) nicht institutionell über ein Parlament in die Organisierung des Staates eingebunden. Die „Diktatur des Proletariats“ sollte deshalb in einer Übergangszeit - dem [[Sozialismus]] - die Führung im Staat und über die gesellschaftlichen Produktionsmittel der Arbeiterklasse zusprechen, war aber durchaus als eine demokratische Form gedacht, die schon in den Betrieben beginnen sollte (als sozialistisches Rätesystem).


In den [[Realsozialismus|realsozialistischen]] Staaten waren die Geschlechter zwar gesellschaftlich meist gleichgestellt, indem Frauen in der Produktion gleiche Rechte, Löhne und Aufstiegschancen erhielten. Insbesondere die [[Frauen- und Familienpolitik der DDR]] förderte die [[Vereinbarkeit von Familie und Beruf]]. Im Alltag und in den Privathaushalten waren Frauen jedoch teilweise weiter bestehenden [[Patriarchat (Soziologie)|patriarchalen Strukturen]] unterworfen.
Marx und Engels sind bis heute die Symbolfiguren der kommunistischen Bewegungen, die jeweils durch die regionalen „Führer“ ergänzt wurden: so [[Lenin]] in der UdSSR (der später von [[Josef Stalin|Stalin]] abgelöst wurde), [[Mao Tse Tung]] in China, [[Ho Chi Minh]] in [[Vietnam]] (siehe auch [[Vietnamkrieg]]), Fidel Castro und [[Che Guevara]] auf Kuba oder auch [[Josip Broz Tito]] im ehemaligen [[Jugoslawien]]. Unter dem Begriff Marxismus wurden in den einzelnen kommunistischen Staaten und Bewegungen eine ganze Reihe untereinander und zu den „Klassikern“ von Marx und Engels mehr oder weniger differierende Theorien formuliert, jeweils entsprechend ihrer jeweiligen Interessenlage. Das Spekrum reicht vom Marxismus-Leninismus (bis zum Stalinismus) über die „[[Die Worte des Vorsitzenden Mao]]“ (die so genannte „Mao-Bibel“) bis hin zum „[[Das Grüne Buch|Grünen Buch]]“ des [[Libyen|libyschen]] „Revolutionsführers“ [[Muammar al-Gaddafi]].


== Marxismus im Vergleich mit dem Anarchismus ==
In Westeuropa waren kommunistische Bewegungen bis zum [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] verbreitet. Nach dem Krieg gab es vor allem in [[Frankreich]] und [[Italien]] bis in die 80er Jahre starke kommunistische Parteien; sehr dogmatisch auf Sowjet-Kurs in Frankreich, während in Italien der so genannte „[[Eurokommunismus]]“ entstand, der sich an die Sozialdemokratie annäherte. In Westdeutschland, in der die Kommunistische Partei 1956 verboten wurde, entstanden in der allgemeinen politischen Spannungslage nach der [[68er-Bewegung|Studentenbewegung von 1968]] zahlreiche - je nach Vorbild in der kommunistischen Welt, von der [[UdSSR]] bis [[Albanien]] - kommunistisch orientierte Gruppierungen, die oft stark gegeneinander konkurrierten.
[[Datei:Durruti-portrait.png|mini|[[Buenaventura Durruti]], bedeutendste Persönlichkeit des spanischen Anarchismus|254x254px]]


Aus den Ideen der Aufklärung und verschiedenen frühsozialistischen Ansätzen heraus entwickelten sich die Vorstellungen des modernen [[Anarchismus]] etwa zeitgleich mit den kommunistischen Ideen von Weitling und Marx und in gegenseitiger Abgrenzung zu diesen. Die politischen Gegensätze zwischen Marxisten und Anarchisten führten zu historisch konfliktträchtigen Auseinandersetzungen.
In [[Kommunismus in Deutschland|Deutschland]] begünstigten in der [[Weimarer Republik]] die Auseinandersetzungen innerhalb der Arbeiterbewegung, primär vertreten durch die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) auf der einen und die [[KPD]] (Kommunistische Partei Deutschlands) auf der anderen Seite, die Machtergreifung der Faschisten ([[Sozialfaschismusthese]]).


[[Pierre-Joseph Proudhon]] war ein früher Vordenker des [[Syndikalismus]] und gilt als Begründer der anarchistischen Richtungen [[Föderalismus]] und [[Mutualismus (Ökonomie)|Mutualismus]]. Er kam 1840 in seiner Schrift ''Qu’est-ce que la propriété ?'' („Was ist das Eigentum?“) zu dem Schluss: „Eigentum ist Diebstahl!“ Damit stellte er das Privateigentum ins Zentrum seiner Kritik an den herrschenden politischen und sozialen Verhältnissen im Kapitalismus. Dieses sei ebenso wie der bürgerliche Staat, der es schützen soll, direkt und unmittelbar zu bekämpfen und durch selbst organisierte Formen des Gemeineigentums zu ersetzen.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt, von denen die drei westlichen (französische, britische, US-amerikanische) später zur [[Bundesrepublik Deutschland]] wurden, während die sowjetische Besatzungszone als [[Deutsche Demokratische Republik]] (DDR) bis zur [[Deutsche Wiedervereinigung|Wiedervereinigung]] Deutschlands (als Bundesrepublik Deutschland) in der Einflußsphäre der UdSSR verblieb.


In einem Briefwechsel setzte sich Proudhon mit Marx auseinander. Dabei stellte sich heraus, dass beide die Fragen der [[Macht]], der [[Freiheit]] des [[Individuum]]s, der Rolle des [[Kollektiv]]s als revolutionärem Subjekt sehr verschieden bewerteten. Proudhon argumentierte stärker mit philosophisch-ethischen Prinzipien, während Marx diese als bloß moralische Ideale kritisierte und eine wissenschaftliche Analyse der Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit vermisste. Für ihn war nicht jedes Privateigentum an sich, sondern das Privateigentum an den Produktionsmitteln das Grundübel.
Die kommunistischen Staaten waren besonders in ihren Anfangsjahren stark durch die jeweilige historische Situation bestimmt und konnten Teile der arbeitenden Bevölkerung (inkl. der "landlosen" Bauern) und der bürgerlichen Intelligenz für sich gewinnen, weil sie einschneidende soziale Reformen durchführten. Dazu gehörten die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Enteignung von Landbesitzern.


Proudhons Anhänger [[Michail Alexandrowitsch Bakunin|Michail Bakunin]] ([[kollektivistischer Anarchismus]]) und später [[Pjotr Alexejewitsch Kropotkin]] ([[kommunistischer Anarchismus]]) verbanden seine Theorien mit der Agitation für eine soziale Revolution, die zur radikalen Umwälzung der Besitzverhältnisse notwendig sei. In diesem Punkt stimmten sie mit Marx und Engels überein. Bakunin lehnte die führende Rolle einer revolutionären [[Kaderpartei]] jedoch ebenso ab wie [[staat]]liche [[Hierarchie]]n und verwarf damit Marx’ Forderung nach der Gründung [[Kommunistische Partei|kommunistischer Parteien]] als revolutionärer [[Elite]] in den einzelnen Staaten ebenso wie die These von der „Diktatur des Proletariats“, die zur klassenlosen Gesellschaft führen solle. Er glaubte nicht daran, dass die Arbeiter zuerst die politische Staatsmacht erringen müssten, damit der Sozialismus aufgebaut und der Staat absterben könne, sondern wollte diesen direkt abschaffen. Diese Konzeption nannte er „antiautoritären Sozialismus“.
Jedoch wurden meist bereits wenige Jahre später große Teile der Reformen revidiert, weil die Produktivität der „vergesellschafteten“ Betriebe nicht ausreichend war, die Bedürfnisse der Bevölkerung und des Staates zu befriedigen. So starben in der schon durch den ersten Weltkrieg geschwächten Sowjetunion in den 1920er Jahren in Folge des der Oktoberrevolution folgenden Bürgerkrieges gegen die zaristische „[[Weiße Armee]]“ (die sich eher aus verschiedenen Gruppen und teilweise gegeneinander konkurrierenden Militärs zusammen setzte) mehrere Millionen, nach einigen Schätzungen bis zu über 5 Millionen Menschen an Hunger. Insbesondere im Bereich der Landwirtschaft wurden die selbständigen Kleinbauern zwangsweise zu Produktionsgenossenschaften zusammengefaßt. Auch wurde die Macht der jeweiligen Kommunistischen Partei gestärkt und quasi mit dem Staat gleich gestellt, zum Teil mit bürgerkriegsähnlicher Gewalt (faktische Verstaatlichung anstelle der Vergesellschaftung der Produktionsmittel im Zuge der Planwirtschaft), was auch mit der Instabilität vieler kommunistischer Konzepte und den dadurch notwendig werdenden Kontrollen zusammenhing.


Von 1864 bis 1872 bildeten Anarchisten, Marxisten und andere Gruppen, die sich zur Arbeiterbewegung zählten, die [[Internationale Arbeiterassoziation]] (IAA). Nachdem der [[Ideologie|ideologische]] Konflikt zwischen Bakunins und Marx’ Anhängern eskalierte, wurde Bakunin 1872 auf Betreiben von Marx hin aus der IAA ausgeschlossen. Daran zerbrach diese Erste Internationale. 1876 wurde sie offiziell aufgelöst. Damit war die internationale [[Arbeiterbewegung]] erstmals gespalten. Seitdem grenzen sich – [[Rudolf Rocker]] zufolge – Anarchisten in folgenden Punkten grundsätzlich vom Marxismus ab:
Aber auch die revolutionären Vorstellungen sozialistischer Intelligenz wurden zum Beispiel in der UdSSR schon in den 20er Jahren zurück genommen (zum Beispiel sozialistische Modelle gemeinschaftlichen Wohnens; Durchsetzung des „[[Sozialistischer Realismus|Sozialistischen Realismus]]“ in der Kunst; Verschärfung der Moralvorstellungen).
* Ablehnung der von [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] geprägten marxistischen „Schicksalstheorien“. In der Geschichte gebe es überhaupt keine Zwangsläufigkeiten (‘historischen Notwendigkeiten’, ‘Zwangsläufigkeit des historischen Geschehens’), „sondern nur Zustände, die man duldet und die in Nichts versinken, sobald die Menschen ihre Ursachen durchschauen und sich dagegen auflehnen“ (Rocker).
* Ablehnung des „historischen Materialismus“. Aus den wirtschaftlichen Verhältnissen könne nicht alles „politische und soziale Geschehen“ erklärt werden.
* Der Anarchismus begreift die Menschen als handelnde Individuen, lehnt die Betrachtung von Menschen als Masse ab.
* Grundsätzliche Ablehnung eines Staates. Die Produktionsmittel von der Privatwirtschaft in die Hände eines Staates zu übergeben, „führt lediglich zu einer Diktatur durch den Staat“ (Rocker).
* Ablehnung von Gesetzen und Gesetzgebern. Entscheidungen werden dezentral, kollektiv und im Konsens getroffen. „Nur das freie Übereinkommen, ‚könnte‘ das einzige moralische Band aller gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen untereinander sein.“ (Rocker)
* Ablehnung einer Übergangsphase (Arbeiterstaat) vom Kapitalismus zur klassenlosen Gesellschaft. Der „Wille zur Macht“ müsse in einer freien Gesellschaft grundsätzlich bekämpft werden.
* Radikale Ablehnung aller kapitalistisch geprägten Begriffe:
{{Zitat
|Text=Sämtliche Wertbegriffe, wie wir sie heute kennen, sind samt und sonders kapitalistische Begriffe. Luft, Sonnenlicht, Regen, Erdfeuchtigkeit, Humus, kurz, viele der wichtigsten Produktionsfaktoren sind, weil sie nicht monopolisiert werden konnten, heute kapitalistisch wertlos. […] Mit dem Aufhören des Eigentumsbegriffes an Produktionsmitteln hört auch jeder Wertbegriff für den einzelnen auf.
|Autor=[[Pierre Ramus]], [[Franz Barwich]]}}


Der kommunistische Anarchismus geht auf die Theorien des russischen Anarchisten [[Pjotr Alexejewitsch Kropotkin]] zurück. Er vertrat die Theorie, dass sich Kommunismus und [[Anarchismus]] nicht, wie von Marx und Lenin postuliert, widersprechen, sondern nur gemeinsam funktionieren würden. Zentrale Forderung ist der vollständige Bruch mit dem [[Kapitalismus]] und die sofortige Abschaffung des Staates als soziale Institution; dieser wird dann durch kollektivistische Netzwerke, in der Form von Arbeiterräten und gemeinschaftlichen Kommunen, ersetzt. Die Entlohnung der Werktätigen erfolgt nicht mit Geld, sondern über gemeinsame Ressourcen, da das Geld selbst als Zahlungsmittel verschwinden soll. Eine Führung der Arbeiterklasse durch sozialistisch-kommunistische Parteien wird ebenso abgelehnt wie das marxistische Konzept der Diktatur des Proletariats. Zu unterscheiden ist der kommunistische Anarchismus von Michail Bakunins „kollektivistischem Anarchismus“.
Einfluss auf die Entwicklung der kommunistischen Staaten hatte auch, dass sie zumeist in Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen entstanden: so beispielsweise Sowjetrussland im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] und die Volksrepublik China im [[Chinesischer Bürgerkrieg|chinesischen Bürgerkrieg]] mit der Bewegung [[Chiang Kai-shek]]s, der [[Kuomintang]] (die sich später nach [[Taiwan]] zurückzog und dort einen eigenen – von China bis heute nicht anerkannten – Staat gründete).


Kommunistische Anarchisten und [[Anarchosyndikalismus|Anarchosyndikalisten]] nennen das Konzept einer [[Arbeiterselbstverwaltung]] ohne Führung einer Partei „libertären Kommunismus“. Bekannter Vertreter neben Kropotkin ist [[Gustav Landauer]].
Es waren nicht nur äußere Probleme, die die kommunistischen Staaten – getragen durch deren KP – zu [[Diktatur]]en werden ließen. Die jeweiligen Machthaber interpretierten die von Marx und Engels vorgelegten Arbeiten zum Wissenschaftlichen Sozialismus auch entsprechend der eigenen Machtinteressen. Primär wurde eine absolute Führungsrolle der Kommunistischen Partei als Stellvertreter des [[Proletariat]]s definiert, die anstelle der Arbeiterklasse und der Bauern die Geschicke des Landes allein, ohne echte demokratische Legitimation bestimmte. Eine vermeintlichte Beauftragung durch die Bevölkerung wurde meist mit Hilfe von [[Scheinwahl]]en erreicht. Dazu kommt, dass in der angestrebten Gesellschaft gleichgestellter Menschen dauerhafte machtausübende Organisationen nicht vorgesehen waren - also auch keine Mechanismen, Machtmissbrauch derartiger Organisationen zu verhindern, wie z. B. Gewaltenteilung, Pressefreiheit, Checks-and-Balances und sonstige demokratische Kontrollinstanzen. Dementsprechend konnten Machthaber oft weitgehend ungehindert extreme Maßnahmen durchsetzen.


== Kommunismus versus Reformismus ==
So waren es äußere wie innere Strukturen, die in den kommunistischen Staaten zum Teil zu extremer Unterdrückung der [[Opposition|Oppositionen]] führten, und auch die innerparteiliche Auseinandersetzung um die Macht in den jeweiligen Kommunistischen Parteien führte zu extremen Gewaltexzessen, die vor allem mit Stalin, Mao Tse Tung und der [[Kulturrevolution]] und den Roten Khmer unter [[Pol Pot]] verbunden werden.
Um die Jahrhundertwende bezog sich die europäische [[Sozialdemokratie]] theoretisch meist auf Marx und das Kommunistische Manifest. Sozialistische Parteien teilten trotz vorhandener interner Konflikte das Ziel einer kommunistischen Gesellschaftsordnung, die sie begrifflich allenfalls graduell vom Sozialismus unterschieden. Ende der 1890er-Jahre verloren die Begriffe jedoch ihre Eindeutigkeit, da sich nun ein Gegensatz zwischen den eher gewerkschaftlich orientierten „Reformisten“ und den revolutionären [[Marxist]]en entwickelte. Sowohl 1899 in der deutschen wie 1903 in der russischen [[Arbeiterbewegung]] gab es einen Machtkampf beider Richtungen.


In der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] löste der Mitautor des [[Erfurter Programm]]s von 1890, [[Eduard Bernstein]], die [[Revisionismus]]debatte aus. Er forderte Verzicht auf das Ziel der proletarischen Revolution, da der Kapitalismus sich flexibel zu modernisieren und der Arbeiterschaft auch auf parlamentarischem Weg Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand zu erlauben schien. Obwohl die Parteimehrheit dies ablehnte, setzte sich der Reformismus bis zum [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] in der SPD durch.
Die Konzepte des Marxismus-Leninismus (auch [[Historischer Materialismus]] und [[Dialektischer Materialismus]] als „verstaatlichte Ideologie“) wurden nach der Oktoberrevolution vor allem über die Kommunistische [[Internationale]] ([[Komintern]]) verbreitet. Die UdSSR griff über sie in vielen Ländern in die sozialen, zum Teil revolutionären Auseinandersetzungen ein und exportierte dabei auch das Modell des „[[Roter Terror|Roten Terrors]]“, mit dem sich die Kommunisten unter Lenin in Russland durchgesetzt hatten. In der Ost-West-Blockkonfrontation des Kalten Krieges blieb vielen Befreiungsbewegungen, die in wenigen Fällen eher nationalistisch als kommunistisch waren, nichts anderes übrig, als sich als KP unter dem Einfluß der UdSSR oder China zu organisieren (zum Beispiel für Waffenlieferungen).


Der Hauptgrund war die materielle und rechtliche Besserstellung der Arbeiter, die Verwischung der Klassengrenzen durch Bildung und die steigende Bedeutung der geistigen Arbeit. Im Zuge des erfolgreichen Kampfes um bessere Lebensbedingungen geriet das Ziel der Umwälzung der Produktionsverhältnisse aus dem Blick. Die politische Machteroberung schien vielen auf dem legalen Wege ebenfalls erreichbar. Das Heraufziehen des Ersten Weltkriegs verstärkte auch bei anderen sozialistischen Parteien nationalstaatliche Prioritäten und untergrub den proletarischen [[Internationalismus]], den Marx postuliert hatte. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für die Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den [[Kriegskredite]]n.
==Kritik am sowjetischen Modell==
Die substantielle Kritik am politischen Konstrukt der Kommunistischen Partei in Moskau ([[Bolschewiki]]) begann unmittelbar nach der Oktoberrevolution durch [[Rosa Luxemburg]], die zusammen mit [[Karl Liebknecht]] aus der deutschen Sozialdemokratie heraus die [[Kommunistische Partei Deutschland]]s KPD gegründet hatte. Gegen die von Lenin instrumentalisierte [[Diktatur des Proletariats]] zur realen Diktatur einer Minderheit mittels des „Roten Terrors“ beschwor sie: „''Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden''“.


Daran zerbrach die [[Zweite Internationale]]. Darauf spalteten sich revolutionäre Gruppen von den meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien ab und gründeten neue, nun ausdrücklich kommunistische Parteien.
Ein weltweit wirkendes Problem schaffte Moskau über die [[Komintern]] den deutschen Kommunisten, als die in der Weimarer Republik angesichts der erstarkenden Nationalsozialisten gegen die SPD und deren [[Demokratischer Sozialismus|Demokratischen Sozialismus]] auf die [[Sozialfaschismusthese]] orientiert wurden, mit der die Sozialdemokraten als gefährlicher als die Faschisten bekämpft wurden. Der Versuch, gemeinsam gegen die NSDAP anzutreten, war damit unmöglich. Ob der Faschismus damit hätte verhindert werden können bleibt eine unbeantwortete Frage.


== Sowjetkommunismus ==
Eine wesentliche Rolle in der ideologischen Ausrichtung der KPdSU und der Komintern spielte, neben der realen Diktatur der sich als Partei und alleinige Vertretung des Proletariats begreifenden KPdSU, die Ausarbeitung des [[Marxismus-Leninismus]] zu einer Staatsdoktrin, die 1938 durch Stalins Schrift „[[Über Dialektischen und Historischen Materialismus (Stalin)]]“ zu einem [[Dogma]] wurde. Spätestens jetzt war der Marxismus-Leninismus-Stalinismus über diese Ideologie zu einer Rechtfertigungsdoktrin verkommen, die mit den emanzipatorischen Arbeiten Marx´und Engels´ kaum noch etwas zu tun hatte. Der „dialektische und historische Materialismus“ ist eine Einheit von [[Philosophie]] ([[Dialektik]]) und [[Geschichtswissenschaft]], mit der das Denken und das Handeln des „Neuen Sowjetmenschen“ indoktriniert werden sollte. Ziel war die bedingungslose Unterordnung unter die Partei, beziehungsweise die Staatsbürokratie, unter dem „Weisen Führer“ und als neue Arbeitssklaven unter die den Menschen wieder entfremdet gegenüberstehenden Produktionsmittel.
{{Hauptartikel|Bolschewismus}}


=== Leninismus ===
Wenn auch festzuhalten ist, dass die Sowjetunion unter diesen Voraussetzungen dem deutschen Faschismus widerstehen und wesentlich zur Befreiung von ihm beitragen konnte, war mit den genannten Ideologien und Strategien die ursprüngliche kommunistische Idee von der Freiheit und Gleichheit aller Menschen zerstört. So wunderbar auch die Idee der vollkommenen Gesellschaft war, so zeigte sich doch, dass der Mensch diesem Anspruch zu dieser Zeit noch nicht gewachsen war oder die Utopie nicht in der Lage war, die vielfältigen Interessenslagen der Menschen zu berücksichtigen.
{{Hauptartikel|Leninismus}}
[[Datei:Vladimir Lenin.jpg|mini|Wladimir Iljitsch Lenin (1870-1924)|254x254px]]


[[Lenin]] unterschied anknüpfend an Marx zwischen einer niederen und höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, wobei die erste als Sozialismus (Diktatur des Proletariats), die zweite als Kommunismus (klassenlose Gesellschaft) bezeichnet wurde. Der sozialistischen Phase wird die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Entlohnung nach Leistung zugeordnet, der kommunistischen das Bedürfnisprinzip.
==[[Totalitarismus]] und ‚[[Roter Holocaust]]‘==
In den letzten Jahren hat sich mit der sogenannten „Vergleichbarkeit der Verbrechen im Kommunismus mit denen des deutschen Faschismus“ ein eigenständiger Bereich in der Tradition der Totalitarismusthese entwickelt; insbesondere das „[[Schwarzbuch des Kommunismus]]“, in dem verschiedene Studien die Verbrechen kommunistischer Regierungen analysieren - wenn auch weitgehend ohne Berücksichtigung der revolutionären Umwälzungen und fachlich substantiell kritisiert – wurde viel diskutiert.


Nach der erfolgreichen [[Oktoberrevolution]] von 1917 setzten die [[Bolschewiki]] die Maßstäbe für die folgende Entwicklung in [[Russland]] und etablierten mit der [[Kommunistische Partei Russlands (Bolschewiki)|Kommunistischen Partei Russlands]] (später KPdSU) eine neue Staats- und Gesellschaftsführung. Erstmals gab es nun ein Regime, das den Kommunismus aufbauen und realisieren wollte. An der Spitze dieses sogenannten [[Arbeiter-und-Bauern-Staat]]s stand Lenin als unumstrittene Führungsautorität. Im folgenden [[Russischer Bürgerkrieg|Bürgerkrieg]] dehnten sie ihre Herrschaft auch auf benachbarte Länder aus. 1922 gründete sich daraus die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) – oder kurz: [[Sowjetunion]] (SU).
Der Begriff des „[[Roter Holocaust|Roten Holocaust]]“ wurde mit der Veröffentlichung des „Schwarzbuch des Kommunismus“ in die politische Diskussion eingeführt. Er knüpft inhaltlich an den so genannten „[[Historikerstreit]]“ an, der durch Aussagen des Historikers [[Ernst Nolte]] ausgelöst wurde. Nolte hatte unter anderem mit der Gleichsetzung von „''Rassenmord''“ und „''Klassenmord''“ bisherige Standards in der Bewertung des Faschismus in Deutschland zwischen 1933-1945 zu verwischen suchte, was weitestgehend auf Ablehnung stieß.


Das sozialistische [[Räterepublik|Rätesystem]] war die soziale Basis für den Aufstieg der Bolschewiki und ihren Revolutionserfolg 1917 gewesen. Doch im Verlauf des Bürgerkriegs kam es zu Hungersnöten und Aufständen. Nach dem [[Kronstädter Matrosenaufstand]] 1921 entmachteten die Bolschewiki die [[Sowjet]]s, um die Sowjetunion und damit ihre Herrschaft zu stabilisieren. Darin sahen marxistische und kritische Gesellschaftsanalytiker wie [[Karl August Wittfogel]], [[Rudolf Bahro]] und [[Rudi Dutschke]] später eine Hauptursache für das Scheitern der Sowjetunion.
Anstatt für die im realexistierenden Sozialismus begangenen Verbrechen einen neuen Begriff zu kreieren, der sich von der industriellen Tötung der europäischen Juden (als „Rasse“) und anderer Gruppen wissenschaftlich und politisch klar absetzt, kommt es durch den Begriff des „Roten Holocaust“ notwendigerweise zu einer Relativierung ''des'' [[Holocaust]], der im Sprachgebrauch der letzten Jahrzehnte synonym mit den Verbrechen der Nationalsozialisten benutzt wird und von daher seit Jahren ein „Fachbegriff“ ist, der auch in der Öffentlichkeit Gültigkeit erlangt hat (beispielsweise wird das „[[Denkmal für die ermordeten Juden Europas]]“ in Berlin als „Holocaust-Mahnmal“ bezeichnet und verstanden).


1922 leitete Lenin die [[Neue Ökonomische Politik]] ein, um unter staatlicher Aufsicht Eigeninitiative und Gewinnstreben der Bauern anzuregen und so ihre Erträge zu steigern. Damit wollte er für eine Übergangszeit Selbstversorgung und Entfaltung von Marktstrukturen zulassen, um die Landwirtschaft später erneut zu [[Verstaatlichung|verstaatlichen]].
Unter direktem Hinweis auf den Totalitarismus hat der Herausgeber des Schwarzbuches, Stéphane Courtois, gegen die Auffassung wichtiger Mitarbeiter daran (Werth und Margolin), die etwa 25 Millionen getöteter Menschen im 12 Jahre währenden 1000-jährigen Reich mit jenen etwa 80 bis 100 Millionen getöteter im 20. Jahrhundert durch „den Kommunismus“ verglichen, weil durch die Betonung der ''Singularität'' der faschistischen Verbrechen die kommunistischen Verbrechen zu wenig beachtet würden.
Die Bolschewiki hatten die „Diktatur des Proletariats“ in einem Land errichtet, das keine entwickelte kapitalistische Industrie und nur 10 Prozent Industriearbeiter hatte, im Vertrauen auf den künftigen Sieg der deutschen Revolutionäre. Noch bis 1923 bestanden Pläne zu einer Fortsetzung der [[Novemberrevolution]] als Anstoß zur [[Weltrevolution]]. (Siehe dazu auch [[Deutscher Oktober]].) Doch mit dem Scheitern des [[Ruhraufstand]]s und des [[Hamburger Aufstand]]s zerbrachen die letzten Anläufe in Deutschland zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, so dass die Sowjetunion isoliert blieb. Kurz vor seinem Tod 1924 warnte Lenin testamentarisch vor Stalins [[Despotie]].


Bereits seit der Gründung der [[Dritte Internationale|Dritten Internationale]] 1919 war die Spaltung zwischen deutschen Sozialdemokraten und Kommunisten unüberwindbar. Seitdem wurde Kommunismus im Westen allgemein fast immer mit Diktatur, Demokratie vor allem mit Kapitalismus gleichgesetzt, obwohl auch Kommunisten und Sozialisten die Verwirklichung von Demokratie und die Versöhnung individueller Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit beanspruchen.
Es muss verwundern, wenn ein so ausgeprägter Begriff wie "Roter Terror", der zudem von der Russischen Kommunistischen Partei selbst öffentlich geprägt, ja, als Bestandteil des Terros genutzt wurde (Werth in: Schwarzbuch des K.), nicht innerhalb der historischen Begrifflichkeit verwendet werden soll. Dieser Konflikt, der jenseits jeden Zahlenvergleichs der Opfer und bei einer völligen Akzeptanz kommunistischer Verbrechen besteht, ist nur durch eine differenzierte Analyse beizulegen.


=== Marxismus-Leninismus und Stalinismus ===
„''Im historischen Fachdisput ist moralisch zu akzeptieren, dass ein getötetes Kulackenkind so viel wiegt wie ein in der Gaskammer getötes Kind der Juden''“ (Courtois in: Schwarzbuch des Kommunismus). Es ist aber nicht der gleiche Prozess, in dem die Tötungen stattfanden. Im Schwarzbuch des Kommunismus gibt es tatsächlich auch nicht den Vorwurf, es haben einen dem Holocaust entsprechenden "Klassen-Mord" unter den Kommunisten gegeben, selbst in Kambodscha seien - terroristisch, willkürlich - alle Menschen in der ständigen Gefahr gewesen, ermordet zu werden.
{{Hauptartikel|Stalinismus|Marxismus-Leninismus}}
[[Datei:Brezhnev-color.jpg|mini|hochkant|Leonid Breschnew]]
[[Datei:Nikita Khruchchev Colour.jpg|mini|links|hochkant|Nikita Chruschtschow]]
[[Datei:Mikhail Gorbachev 1987 b.jpg|mini|links|hochkant|Michail Gorbatschow]]


[[Josef Stalin]] baute die Alleinherrschaft der Partei ab 1924 zur unumschränkten Macht ohne gesellschaftliches Korrektiv aus. Er entmachtete im internen Machtkampf in der KPdSU bis 1927 die „[[Linke Opposition in der Sowjetunion|Linke Opposition]]“ um [[Leo Trotzki]] und [[Lew Borissowitsch Kamenew]] und erreichte damit die Alleinherrschaft. Dazu bediente er sich des [[Terror]]s der [[Tscheka]], wie ihn schon Lenin im Bürgerkrieg ausgeübt hatte. Mit Zwangsumsiedlungen, Zwangsarbeitslagern ([[Gulag]]s), [[Stalinsche Säuberungen|stalinistischen Säuberungen]] und der Errichtung eines [[Personenkult]]s festigte er dann seine Diktatur. Die [[Zwangskollektivierung in der Sowjetunion|zwangsweise Kollektivierung der Landwirtschaft]] diente einem doppelten Zweck. Einerseits gelangte der Staat durch die Kollektivierung in den Besitz der Ernteerträge des Landes, die unter Inkaufnahme schrecklicher Hungersnöte zu einem guten Teil in den Export flossen und damit die [[Industrialisierung der Sowjetunion]] finanzierten. Anderseits bot die Zwangskollektivierung die Möglichkeit, die Opfer der Kollektivierung als billige Zwangsarbeiter beim Aufbau der Industrie einzusetzen. 1928 wurde die [[Zentralverwaltungswirtschaft]] eingeführt und der erste [[Fünfjahresplan]] erarbeitet.
Der Versuch der industriellen Ausrottung der "Rasse" der Juden (wovon die Nationalsozialisten mit ihrer "Rassenlehre" ausgingen), die jenseits eines realen Konflikts stattfand (es gab keine entsprechenden Aggressionen der Betroffenen), stehen in der UdSSR Terror und Mord einiger politisch aktiver Bevölkerungsteile gegenüber, wobei offenbar durchaus bei der Verfolgung zur Selektion Begriffe wie "Klasse" benutzt wurden, jedoch die Ausführung nach Meinung Einiger nicht industriell-systematisch, sondern primär eben terroristisch durchgeführt worden sei; aus den sowjetischen Lagern (Gulag), die wie bei den deutschen Nationalsozialisten eine "Vernichtung durch Arbeit" intendierten, gab es die Möglichkeit der Entlassung, die zu bestimmter Zeit massenhaft stattfand; andere Mitglieder dieser Gruppen wurden aus der UdSSR ausgewiesen.


Ebenso wie in der Sowjetunion etablierte Stalin in der [[Kommunistische Internationale|3. Internationale]] den [[Marxismus-Leninismus]] als neue Herrschaftsdoktrin und sorgte für die scharfe Abgrenzung gegen alle Kräfte, die die Führungsrolle der Sowjetunion und den „Sozialismus in einem Land“ ablehnten: vor allem den „Trotzkisten“ auf der einen, den „[[Sozialfaschismus|Sozialfaschisten]]“ (Sozialdemokraten) auf der anderen Seite.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, ob sinnvoll Mord und Terror der Anfangsjahrzehnte der "klassischen" Kommunistischen Staaten, wie UdSSR und (Rot-) China, mit denen in einem späteren sich als sozialistisch/ kommunistisch verstehenden Regime in der sogenannten "Dritten Welt" sinnvoll in einen Begriff zu vereinen ist, einem Regime, das nicht wirklich auf der marxistisch-leninistischen Theorie als Staat entwickelt wurde, sondern sich primär - zuerst meist als Befreiungsbewegung - als unter dem Schutz der UdSSR definierte ("Satelliten" im Kalten Krieg).


Die Auseinandersetzungen zwischen reformistischen Sozialdemokraten und stalinistischen Kommunisten in der [[Weimarer Republik]] begünstigten Aufstieg und [[Machtergreifung|Machtübernahme]] der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]]. Damit wurde auch der Begriff des Sozialismus, der im 19. Jahrhundert weithin mit Demokratie gleichgesetzt wurde, übernommen, missbraucht und nachhaltig korrumpiert. Das verhinderte in Europa wie auch in China wirksame Allianzen von Sozialreformern und Kommunisten. Im [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]] kämpften Anarchisten, Demokraten und Kommunisten von 1936 bis 1939 letztmals gemeinsam, aber erfolglos gegen [[Francisco Franco]].
Unabhängig von der Zugehörigkeit zu den Phänomenen des Faschismus oder des Kommunismus sind andere Völkermorde, wie der in Ruanda, wo weitgehend ein organisierter Mob mit einfachen Hieb- und Stich-Waffen die in der Nachbarschaft lebenden Tutsi ermordete, mit jeweils spezifischen Begriffen zu fassen. Niemand ist letztlich gehindert, für verschiedene Typen solcher Verbrechen gegen die Menschlichkeit einen Index der Jahrestoten aufzustellen und zu vergleichen, und andere mögen über den Sinn urteilen, Opfer von Gaskammern mit gezielt verursachten Hungertoten aufzurechnen.


Die [[Stalinsche Säuberungen|Stalinschen „Säuberungen“]] kulminierten von 1936 bis 1938 im [[Großer Terror (Sowjetunion)|Großen Terror]]: Stalin ließ nun auch die Generation der Oktoberrevolutionäre als seine möglichen innenpolitischen Gegner verbannen und ermorden, darunter die Führungsspitze der [[Rote Armee|Roten Armee]]. Dazu wurden Hunderttausende Sowjetbürger erschossen oder jahrelang in Straflagern inhaftiert.
Und letztlich müssen sich Anhänger des "großen Überbegriffs Holocaust" fragen lassen, wie sie 1. die kommunistische historische Entwicklung mit humanitären Zielen, die fast so alt wie die Menschheit sind, 2. die Gründergeneration des Sozialismus im 19. Jahrhundert, auf die sich zumindest die UdSSR und China - aber ebenso die früher marxistisch-orientierten Sozialdemokratischen Parteien ausdrücklich berufen, und 3. jene kommunistische Bewegungen weltweit, die sich keine Verbrechen zuschulden kommen liessen, begrifflich differenzieren wollen. Nicht zuletzt werden ohne solche Differenzierung auch viele der Opfer diskreditiert, die für ihr Festhalten an kommunistischen Idealen auch im Namen des Kommunismus ermordet wurden. Auf der anderen Seite sollte dies aber auch nicht daran hindern, die Verbrechen, die von einigen Kommunisten begangen wurden, aufzuarbeiten und kritisch über die genauen Ursachen zu reflektieren - auch innerhalb der Ideologie selber.


Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gelang es der Sowjetunion, in den Staaten Osteuropas infolge militärischer Besetzung stalinistische Regime zu etablieren. Der in der Ära des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] sogenannte „[[Ostblock]]“ wurde als territorialer Gegner bzw. potenzieller Feind zum „kapitalistischen“ Westen postuliert. Nach dem Tode Stalins 1953 leitete der neue Staats- und Parteichef [[Nikita Chruschtschow]] die [[Entstalinisierung]] ein und definierte damit den Marxismus-Leninismus, nun unabhängig vom Stalinismus, neu. Dieser „neue“ Marxismus-Leninismus bestimmte dann weitgehend die Politik der Sowjetunion und der Ostblock-Staaten bis zum Sturz Chruschtschows 1964. Unter seinem Nachfolger [[Leonid Breschnew]] wurde die Entstalinisierung allerdings kaum mehr verfolgt, begonnene Reformen in Partei und Staat wurden gestoppt oder sogar wieder zurückgenommen. Erst mit dem Antritt [[Michail Sergejewitsch Gorbatschow|Michail Gorbatschows]] 1985 setzte mit [[Glasnost]] und [[Perestroika]] eine neue Reformwelle ein, die das politische System sowie die ideologische Ausrichtung der Sowjetunion und ihrer [[Satellitenstaat]]en grundlegend veränderte. Die [[Revolutionen im Jahr 1989]] beschleunigten den [[Zerfall der Sowjetunion]], der schließlich 1991 zu deren Auflösung führte.
Courtois (in: Nachwort, Schwarzbuch des K.) hat immerhin die deutliche Trennung gemacht, die Verbrechen begännen mit Lenin (was in der Fachwelt längst unstrittig ist, wenn die Tiefe der Verstrickung durch Werth auch intensiver nachgewiesen wird). Schon in der Debatte um die Folgen der Pariser Kommune habe Marx (sozialistische/Kommunistische Arbeiterbewegung) sich gegen Bakunin (anarchistische Arbeiterbewegung) durchgesetzt und die "interne Debatte der sozialistischen Arbeiterbewegung über terroristische Gewalt" sei zu jenem Zeitpunkt gegen solche Gewalt nahezu entschieden gewesen (vmtl. meint Courtois den Ausschluß Bakunins aus der Internationale und den Begründungstext Marx´).


Gegenwärtig berufen sich insbesondere nur noch [[Kuba]], [[Vietnam]] und [[Laos]] auf den Marxismus-Leninismus als offizielle Staatsdoktrin.
Können also die Bolschewiken und Sozialdemokraten bis hin zu den italienischen "Euro-Kommunisten" gleichermaßen unter einen Begriff gebracht werden, bei dem durchgängig Kommunismus unter dem Bezug auf die "geschichtliche Berufung des Proletariats" eine "kriminogene Ideologie" intendiert hätte (Courtois)?


Auch in den bestehenden [[Kommunistische Partei|kommunistischen Parteien]], wie beispielsweise in Deutschland der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] oder der [[Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands|MLPD]], spielt der Marxismus-Leninismus noch eine Rolle, während andere Parteien oder Organisationen dem Reform- oder [[Eurokommunismus]] zuzuordnen sind oder sich auf den [[Trotzkismus]] beziehen.
Das 20. Jahrhundert ist - unstrittig - auch von unermesslichen kommunistischen Verbrechen gekennzeichnet, die mit der Russischen Revolution schon 1917 unter Lenins "Rotem Terror" begannen, die unter Stalin neue und alte Formen annahmen, unter Mao Tse Tung in China mit der "Kulturrevolution" erneut eine andere Qualität bekamen. Dies gilt es auch begrifflich herauszuarbeiten. Eine der entstehenden Fragestellungen mag durchaus jene sein, die Courtois (in: Nachwort, Schwarzbuch des K.) stellt: "Wurzelte der Marxismus-Leninismus vielleicht weniger in Marx als in einem verfehlten Darwinismus, der sich der sozialen Frage zuwendet und dabei auf die gleichen Irrwege gerät wie die rassische Frage?" (S. 821).


== Trotzkismus ==
Und da genau beginnt ein neuer "HistorikerInnenstreit": Ist "Sozialdarwinismus" - der von zum Beispiel Marx/ Engels wie von Darwin entschieden abgelehnt wurde - mit der generell unterstellten "kriminogenen Ideologie" wichtiger Strömungen der Kommunisten ideengeschichtlich gleichzusetzen mit Vorstellungen der deutschen Nationalsozialisten? Wäre die Ansicht, das Stärkere (als "Klasse") solle sich - zudem in "historischer Mission" - durchsetzen, identisch mit der nationalsozialistischen Vorstellung, es gelte die Reinheit des ("germanischen") Blutes zu wahren, um nicht selbst - als "Rasse" - degeneriert zu werden.
{{Hauptartikel|Trotzkismus}}
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R15068, Leo Dawidowitsch Trotzki.jpg|mini|hochkant|Leo Trotzki]]


Im Gegensatz zu der von [[Josef Stalin|Stalin]] vertretenen These vom möglichen „[[Sozialismus in einem Land]]“ stand [[Leo Trotzki]] für einen konsequenten [[Internationalismus]]. Nach seiner [[Theorie der permanenten Revolution]] kann der [[Sozialismus]] als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus nur auf internationaler Ebene funktionieren, weswegen die ganze Welt durch Revolutionen vom [[Kapitalismus]] befreit werden müsse. Bleibe die sozialistische [[Weltrevolution]] aus, so falle die Sowjetunion zwangsläufig wieder zum Kapitalismus zurück. Ausgangspunkt für den Trotzkismus ist aber vor allem auch die von Trotzki 1936 verfasste Studie: ''[[Verratene Revolution. Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie?]]'' Darin arbeitete er eine Analyse der ''Bürokratisierung'' der häufig als ''degenerierte'' [[Arbeiterstaat]]en bezeichneten Länder aus, in denen eine proletarische Revolution stattgefunden hatte. Trotzkisten verstehen sich, wie viele andere marxistische Strömungen auch, als Vertreter des [[Leninismus]] bzw. als dessen Weiterentwicklung.
==Gegenwart==
===Postkommunistische Ansätze===
Aus dem Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus gingen unterschiedlichste Strömungen und Ansätze hervor, soziale Probleme anzugehen. So gibt es gewandelte sozialistische/kommunistische Parteien, die heute politisch überwiegend auf [[Basisdemokratie]] und [[Sozialistische Demokratie]] statt auf [[historische Mission]] und [[Diktatur des Proletariats]] setzen.


== Maoismus ==
=== Kritische Theorie und Wertkritik ===
{{Hauptartikel|Maoismus}}
Auch in der alternativen Linken gibt es eine kritische Auseinandersetzung mit der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung und deren Zusammenhängen (Themen wie Arbeitsfetisch, [[Personalisierung]] abstrakter Verhältnisse, [[Antisemitismus]] und [[Antiamerikanismus]]). Gruppen dieser Strömung sind z.B. ''Exit'' und ''Krisis'', die ''Wertkritischen Kommunisten Leipzig'' (WKL), die [[Antideutsche|antideutschen]] Strömungen um die ''Initiative Sozialistisches Forum'' (ISF) und ''Bahamas'' sowie die ''Antideutschen Kommunisten Berlin'' (ADK), aber auch ''Kritik&Praxis Berlin'' (KP) und die Leipziger ''Gruppe in Gründung'' (GiG). In Lesekreisen und Veranstaltungen entdecken sie Marx, [[Theodor_W._Adorno|Adorno]]/[[Max_Horkheimer|Horkheimer]] und Postone neu und nehmen Bezug auf neuere gesellschaftskritische Ansätze von Wildcat, Krisis/Exit sowie ISF und anderen.


Die [[Volksrepublik China]] sah sich nach der Revolution 1949 unter Führung [[Mao Zedong|Maos]] als besonderer Teil des „Weltkommunismus“ und pflegte die „Bruderfreundschaft“ mit der Sowjetunion unter Stalin. Nach dessen Tod 1953 leitete sein Nachfolger [[Nikita Sergejewitsch Chruschtschow]] 1956 eine [[Entstalinisierung]] ein. Der Kampf zwischen Chruschtschow und Mao um den Führungsanspruch in der kommunistischen Bewegung führte zum [[Chinesisch-sowjetisches Zerwürfnis|chinesisch-sowjetischen Zerwürfnis]]. Die Sowjetunion vertrat nun die Linie einer [[Friedliche Koexistenz|friedlichen Koexistenz]] mit dem kapitalistischen Westen, während China auf der sozialistischen [[Weltrevolution]] bestand. Zu seinem Einflussbereich gehörten vor allem [[Nordkorea]] und [[Nordvietnam]], zeitweise auch [[Kambodscha]] und [[Laos]], während [[Indien]] und die [[Kaukasus]]region sich eher an die Sowjetunion anlehnten. Das von Mao verfolgte Programm des ''[[Großer Sprung nach vorn|Großen Sprungs nach vorn]]'', mit welchem China in wenigen Jahren zu einer industriellen Großmacht werden sollte, scheiterte und führte zu einer der größten Hungersnöte der Geschichte der Menschheit mit 20 bis 40 Millionen Toten.
Unter Kommunismus verstehen sie eine weltweite emanzipatorische Bewegung, die prozessual die bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse aufhebt und in eine befreite Gesellschaft transformiert. Dabei grenzen sie sich scharf ab vom traditionellen [[Marxismus]], dem positiven Bezug auf das [[Proletariat]] als sogenanntes „revolutionäres Subjekt“, [[Klassenkampf]]rhetorik, [[Personalisierung|personalisierender]] Kapitalismuskritik und dem positiven Bezug auf Arbeit (im Gegensatz zu menschlicher Tätigkeit).


In vielen Staaten [[Asien]]s, [[Afrika]]s und [[Lateinamerika]]s führten die „Blockmächte“ [[Vereinigte Staaten|USA]], UdSSR und VR China [[Stellvertreterkrieg]]e miteinander. Der [[Koreakrieg]] (1950–1953) z.&nbsp;B. war eigentlich ein chinesisch-amerikanischer Konflikt, in dem die USA erstmals nach 1945 wieder den Einsatz von [[Atomwaffe]]n erwogen. In der [[Mongolei]] wiederum stritten die Sowjetunion und China mit Drohgebärden und militärischen Scharmützeln um Grenzverläufe. Sie unterstützten auch in der „[[Dritte Welt|Dritten Welt]]“ verschiedene revolutionäre Gruppen und Ziele. Die [[Rote Khmer|Roten Khmer]] in Kambodscha etwa beriefen sich zeitweise auf den „Maoismus“. Ihrer kurzen Herrschaft (1975–1979) fielen bis zu zwei Millionen Menschen zum Opfer. Auch in Europa fand der Maoismus Beachtung, so orientierte sich [[Albanien]] unter [[Enver Hoxha]] zwischen 1968 und 1978 an dessen Politik (''siehe weiter [[#Albanien|unten]]'').
Die befreite Gesellschaft wird negativ bestimmt, da sich diese nicht auf dem Reißbrett und aus den heute bestehenden Verhältnissen heraus konzipieren lasse, sondern im gemeinsamen und bewussten Diskussions- und Transformationsprozess entstehen soll. Negativ bestimmt heißt in dem Fall, dass die kapitalistische Form der Herstellung von Gütern, der Reproduktion und allgemeinen [[Vergesellschaftung]] der Individuen (Stichworte: Arbeit, [[Ware]], [[Wert]], [[Tausch]], [[Geld]], [[Kapital]], Wertabspaltung, bürgerliches Subjekt, Sphärentrennung etc.) zu überwinden ist.
Unter der [[Kommunistische Partei Chinas|Kommunistischen Partei Chinas]] kam es in den 1980er-Jahren zu einer demokratischen Protestbewegung, die jedoch blutig niedergeschlagen wurde. Danach wurde in einigen Provinzen und Städten die kapitalistische Produktionsweise zugelassen, um die Produktivität zu steigern. Dies wirkte sich einerseits erheblich auf die [[Prosperität]] des Landes und die Konsumgüterproduktion aus. Anderseits verschärfte diese Maßnahme die Klassengegensätze zwischen einem neureichen Bürgertum privater Unternehmer und Staatsfunktionäre und einer rechtlosen proletarischen Wanderarbeiterschaft. Auch die Masse der rechtlosen Kleinbauern verarmt zunehmend und wird von der Wirtschaftsentwicklung weitgehend abgekoppelt.


Am 14. März 2004 wurde die Abschaffung des Privateigentums auch offiziell zurückgenommen und der Schutz des Privateigentums in der Verfassung verankert.
Als wichtiger Punkt dieser beiden Strömungen wäre noch ihre prinzipielle Solidarität mit dem Staat Israel hervorzuheben, den sie als direkte Antwort auf den [[Holocaust]] an den Jüdinnen und Juden Europas begreifen und ihm (in ihrer Kritik der bürgerlichen Verhältnisse und deren aktuellen Entwicklungen) als Bastion und Zufluchtsort gegen jedweden [[Antisemitismus]] (den sie als barbarische Krisenideologie der kapitalistischen Vergesellschaftung definieren) ein uneingeschränktes Existenz- und Verteidigungsrecht zubilligen.


Der Maoismus spielte auch in der Hochphase der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|Studentenbewegung der 1960er-Jahre]] in [[Westdeutschland|Deutschland]] eine bedeutende Rolle; Mao wurde neben [[Che Guevara]] und [[Ho Chi Minh]] zu einem revolutionären Leitbild eines Teils dieser Bewegung.
Im Vordergrund steht das Verständnis von Kapitalismus als ein Verhältnis aus dem einzigen Grund heraus aus Geld mehr Geld zu machen (G-W-G'). Über diesen abstrakten Selbstzweck entstehe Gesellschaftlichkeit, dem Wesen nach allein darüber würden sich die Menschen zueinander als in Konkurrenzbeziehungen stehende Arbeitskraft-/Waren-Verkäufer und Arbeitskraft-/Waren-Ankäufer vermitteln. Diese Form von Gesellschaftlichkeit werde zwar von den Menschen [[Warenfetischismus|fetischhaft]] hervorgebracht, vollzieht sich aber als grundlegende Struktur hinter deren Rücken und sei ihnen als Ganzes nur schwer fassbar. Nach Roswitha Scholz (''Exit'') und anderen bestehe das zugrundeliegende Strukturverhältnis im Kapitalismus nicht allein auf dem Wertprinzip, sondern auf einem in sich gebrochenen Verhältnis von Wert und Abgespaltenem (''Wertabspaltungsansatz''). Wichtige Moment dieser Kritik am Kapitalismus sind ebenso die Kritik des bürgerlichen Subjekts als zugerichtete und unfreie Form des menschlichen Individuums und der kapitalistischen und entsinnlichten Form menschlicher Tätigkeit und Reproduktion (Arbeit, Warenproduktion, Tauschprinzip/Ware-Geld-Beziehung etc.).
Kommunismus wird von den Vertretern dieser Strömungen als ein Prozeß der bewußten, emanzipatorischen und letztlich globalen Transformation/Überwindung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft begriffen. Ihr Ziel ist eine zwangslose und befreite, gemeinschafliche Gesellschaft, in der der Mensch und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen und die zusätzlich verantwortungsvoll mit Natur und Umwelt umgeht.


== Titoismus ==
In Argentinien gibt es seit dem Zusammenbruch der Volkswirtschaft (viele machen den Neoliberalismus dafür verantwortlich), neue [[Selbstverwaltung|selbstverwaltende]] Betriebe. Ein selbstverwaltender Betrieb ist im Grunde eine "Firma ohne Chef". Ansätze davon gibt es auch in Deutschland, z.B. [[Genossenschaft]]en.
{{Hauptartikel|Titoismus}}
[[Datei:Tito drzi govor2.jpg|mini|Josip Broz Tito 1965]]
Inwieweit der Begriff des Kommunismus für eine befreite, menschliche und emanzipatorische Ordnung sinnvoll erscheint, ist umstritten. So mancher sieht den Begriff für diese zukünftige Gesellschaft durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts diskreditiert, andere wiederum halten unter kritischer Betrachtung der Geschichte an ihm fest.


Kommunismus als staatliche und weltpolitische Zustandsbeschreibung differenzierte sich im Verlauf des Kalten Krieges weiter: Mit [[Jugoslawien]] unter [[Josip Broz Tito]] kam eine Sonderform der Unabhängigkeit vom sowjetischen Führungsanspruch hinzu, die ihrerseits zwar eine autoritäre Ein-Parteien-Regierung war, jedoch deutlich liberalere Züge als die Ostblock-Staaten und China aufwies. Wichtig im Kommunismus titoistischer Prägung war auch die sogenannte Blockfreiheit, so gründete Tito gemeinsam mit dem ägyptischen Staatschef [[Gamal Abdel Nasser|Nasser]], dem indischen Premier [[Jawaharlal Nehru|Nehru]] und dem indonesischen Präsidenten [[Sukarno]] 1961 in [[Belgrad]] die [[Bewegung der blockfreien Staaten]], die sich im [[Ost-West-Konflikt]] neutral verhielten. In der Innenpolitik verfolgte der Titoismus ein umfassendes föderatives Konzept. So war Jugoslawien in sechs [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Teilrepubliken]] ([[Slowenien]], [[Kroatien]], [[Bosnien-Herzegowina]], [[Serbien]], [[Montenegro]] und [[Nordmazedonien|Mazedonien]]) gegliedert, die über weitreichende Selbstbestimmungsrechte verfügten; den beiden Provinzen [[Kosovo]] und [[Vojvodina]] wurde eine weitgehende Autonomie zugestanden. Ebenfalls eine wichtige Säule des Titoismus war die sogenannte [[Arbeiterselbstverwaltung]], die es jedem Mitarbeiter eines Betriebes gestattete, Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen.
==Bekannte Vertreter kommunistischer Strömungen==


Zwischen 1944 und 1948 spielte der Titoismus unter der Führung von [[Koçi Xoxe]] auch im benachbarten [[Sozialistische Volksrepublik Albanien|Albanien]] eine Rolle; ein Beitritt zur jugoslawischen Bundesrepublik wurde ebenfalls erwogen.
:[[Thomas Morus]] (kein Kommunist an sich, hatte aber in seinem Werk ''[[Utopia]]'' eine Welt vorgestellt, die dem Kommunismus sehr ähnlich war)
:[[François Noël Babeuf]]
:[[Wilhelm Weitling]]
:[[Karl Marx]]
:[[Pol Pot]]
:[[Friedrich Engels]]
:[[Wilhelm Liebknecht]]
:[[Clara Zetkin]]
:[[Karl Liebknecht]]
:[[Rosa Luxemburg]]
:[[Wladimir Iljitsch Lenin]]
:[[Leo Trotzki]]
:[[Josef Stalin]]
:[[Ernst Thälmann]]
:[[Max Reimann]]
:[[Bertolt Brecht]]
:[[Hanns Eisler]]
:[[Theodor W. Adorno]]
:[[Josip Broz Tito]]
:[[Antonio Gramsci]]
:[[Walter Ulbricht]]
:[[Erich Honecker]]
:[[Nikita Chruschtschow]]
:[[Mao Tse Tung]]
:[[Ho Chi Minh]]
:[[Fidel Castro]]
:[[Che Guevara]]
:[[Kim Il Sung]]
:[[Kim Jong Il]]
:[[Otto Bauer]]


Der Titoismus beeinflusste auch maßgeblich [[Alexander Dubček]]; so führte dieser 1968 im sogenannten [[Prager Frühling]] ebenfalls die Arbeiterselbstverwaltung ein, die allerdings nach dem [[Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR]] wieder abgeschafft wurde.
==Zitate==
{{Wikiquote1|Kommunismus}}


== Realsozialismus ==
'''Marx/Engels''':
{{Hauptartikel|Realsozialismus}}
''Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben [wird]. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich aus der jetzt Bestehenden Voraussetzung.'' (Die deutsche Ideologie, MEW Bd. 3, S. 35)
[[Datei:Communist countries.svg|mini|hochkant=2|Weltkarte mit realsozialistischen Staaten in rot (1980)]]
[[Datei:Lenin's head in Ulan Ude.jpg|mini|hochkant|Sowjetisches [[Lenin]]denkmal in [[Ulan-Ude]]]]
Die Bezeichnung „real existierender Sozialismus“ (kurz Realsozialismus) ist eine Eigenbezeichnung der ehemaligen oder bestehenden sozialistischen Gesellschaftssysteme mit meist einem Ein-Parteien-System und marxistisch-leninistischer Staatsideologie. Darunter werden vor allem die Mitgliedstaaten des [[Warschauer Pakt]]es und des [[Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe|Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe]] verstanden. Dieser Terminus, der Selbst- und Fremdbezeichnung war, drückt zum einen aus, dass der Sozialismus tatsächlich existiere und zum anderen wird dieser Begriff auch kritisch verwendet, um eine Diskrepanz zwischen der Theorie und den tatsächlichen politischen Verhältnissen des Sozialismus/Kommunismus auszudrücken.


Um die von Marx geforderte Herrschaft des Proletariats zu verwirklichen, schuf Lenin in theoretischer und praktischer Auseinandersetzung mit den Bedingungen zur Machterringung und anschließender Bewahrung des Sozialismus eine „[[Partei neuen Typs]]“ (''[[Was tun? (Lenin)|Was tun?]]'', 1902, und ''Ein Schritt vorwärts – zwei Schritte zurück'', 1904), die dafür nach seinem Prinzip des [[Demokratischer Zentralismus|demokratischen Zentralismus]] organisiert war. In marxistischer Theorie ist die Diktatur des Proletariats der Weg zum Ziel der [[Klassenlose Gesellschaft|klassenlosen Gesellschaft]]. Lenin bezeichnete die Phase nach der Machtergreifung und anschließende Machtverteidigung des Proletariats als Sozialismus, betrachtete diesen – inklusive der notwendigen Diktatur – also als Vorstufe zum vollendeten eigentlichen Kommunismus, in dem der Staat mit der Gesellschaft identisch und daher nicht mehr als Zwang empfunden werde.
'''[[Karl Marx|Marx]]''':
''Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen! '' (MEW Bd. 19, S. 21)


Da im real existierenden Sozialismus viele Theoreme und praktische Vorschläge von Marx mit ihrer Staatsideologie zu realisieren versucht wurden, wurde dieses System oft als folgerichtiges Ergebnis seiner ursprünglichen Ideen betrachtet. Gemeinsame Merkmale der sich so nennenden „[[Volksdemokratie]]n“ oder „[[Volksrepublik]]en“ wie die Alleinherrschaft einer kommunistischen Partei werden von Befürwortern wie Gegnern oft mit der von Marx intendierten „Diktatur“ identifiziert.
[[Lenin|'''Lenin''']]:
''Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes''


Infolge seiner Machtausdehnung durch den und nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 und auch seit der erfolgreichen Revolution [[Mao Zedong]]s in der [[Republik China (1912–1949)|Republik China]] (Gründung der [[Volksrepublik China]]) 1949 gewann der sogenannte Realsozialismus ein weltpolitisches Gegengewicht zu den marktwirtschaftlich ausgerichteten Ländern unter Führung der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]]. Die von der Sowjetunion nach 1945 installierten und dominierten Systeme wurden in der westlichen Welt als „[[Ostblock]]“ bezeichnet, weil sie keine reale Autonomie besaßen, sondern faktisch Satellitenstaaten der vom [[Politbüro der KPdSU]] gelenkten Sowjetunion waren.
'''[[Bertolt Brecht]]''':
''Er ist das Einfache Das schwer zu machen ist''


Dieser Gegensatz bestimmte den [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]] und das im Westen herrschende Verständnis von „Kommunismus“. Es setzte oft auch sozialistische und sozialdemokratische Parteien unter Druck, die sich gegen Diffamierungen wehren mussten, etwa die „fünfte Kolonne Moskaus“ zu sein (Wahlkampfparole [[Konrad Adenauer]]s) oder die „Verteidigung der Freiheit“ im Rahmen des westlichen Militärbündnisses ([[NATO]]) zu vernachlässigen.
[[Ephraim Kishon|'''Ephraim Kishon''']]:
''Der Kommunismus ist eine sehr schöne Idee. Das Problem besteht darin, daß er verwirklichbar ist.''


Die realsozialistischen Regime brachen Ende der 1980er-Jahre zusammen. Gründe dafür waren unter anderem innere Oppositionsbewegungen, die desolate Wirtschaftslage, die Ineffizienz der in diesen Regimen betriebenen Planwirtschaften sowie die Konkurrenz der erfolgreicher erscheinenden [[sozialstaat]]lichen Modelle des [[Westliche Welt|Westens]].<ref>[[Josef Esser (Politikwissenschaftler)|Josef Esser]]: ''Kommunismus.'' In: [[Dieter Nohlen]] (Hrsg.): ''Lexikon der Politik, Band 7: Politische Begriffe.'' Directmedia, Berlin 2004, S. 314.</ref> In der DDR kam 1989 außerdem die Massenflucht in die Bundesrepublik hinzu.<ref>[[Hans-Ulrich Wehler]]: ''Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 5: Bundesrepublik und DDR 1949–1990''. C. H. Beck, München 2008, S. 359 ff.</ref>
'''[[Michail Gorbatschow]]''':
''Mein Lebensziel war die Zerschlagung des Kommunismus''


== Kommunistische Befreiungsbewegungen ==
'''[[Alexei Sergejev]]''', Professor an der Gewerkschaftshochschule:
[[Datei:Che Guevara, Guerrillero Heroico.jpg|mini|280x280px|[[Ernesto Che Guevara]] (1928-1967), Symbolfigur des kommunistischen Antiimperialismus]]
''Der Sowjetbourgeois akkumulierte ein enormes Kapital, das wuchs wie eine Krebsgeschwulst. Wir sehen Raubtiere hervortreten, Wölfe die mit Gewalt handeln. Wenn der Kapitalismus in Russland gewinnt, dann wird es ein blutiger und rachsüchtiger Kapitalismus sein. Es wird uns zu Situationen wie in Bangladesch führen.'' (Deutsch verbessert)(16)
Gegenüber dem europäischen [[Imperialismus]] und [[Kolonialismus]] hatten die Ideen von Marx schon seit 1900 auch in vielen nicht industrialisierten, vom Weltmarkt und westlicher [[Hegemonie]] beherrschten Ländern Anhänger gefunden.
http://www.wpb.be/doc/doc/1mai90de.htm#2


Die Entwicklung in der Sowjetunion wurde zwar auch teilweise von Sozialisten und Kommunisten kritisiert, die angesichts des aufstrebenden Faschismus dennoch nicht ihre grundsätzliche Solidarität zur Sowjetunion aufgaben. Mit dem opferreichen Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland und dem folgenden Kalten Krieg gewann die Vorstellung des [[Gegner|Antagonismus]] zweier Lager auch unter ihnen neue Plausibilität.
==Literatur==
* '''Adamczak, Bini''': Kommunismus. Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird. Unrast: Münster 2004, ISBN 3-89771-430-2
* '''Courtois, Werth, Panné, Paczkowski, Bartosek, Margolin''': Das Schwarzbuch des Kommunismus, Unterdrückung, Verbrechen und Terror. Piper: 1998, ISBN 3492040535
* '''Mecklenburg, Jens''': Roter Holocaust'? Kritik des Schwarzbuchs des Kommunismus. Konkret: Hamburg 1998, ISBN 3894581697
* '''Kurz, Robert''': Marx lesen. Die wichtigsten Texte von Karl Marx für das 21. Jahrhundert. Eichborn: Frankfurt 2000, ISBN 3821816449
* '''Isaac Deutscher''': Die unvollendete Revolution, Frankfurt 1973
* '''Edgar Snow''': Roter Stern über China, Frankfurt 1970


Besonders nach der erfolgreichen Revolution [[Fidel Castro]]s in [[Kuba]] 1958 griffen viele Befreiungsbewegungen in der sogenannten [[Dritte Welt|Dritten Welt]] den Marxismus-Leninismus auf und entwickelten ihn als [[Antiimperialismus]] für ihre eigenen Situationen weiter.
==Weblinks==
=== Textsammlungen ===
*[http://www.mlwerke.de www.mlwerke.de] - Reden, Schriften, Briefe und wissenschaftliche Studien der marxistischen Klassiker
*[http://marxists.org/ Kommunistische Geschichte und Originalschriften online, in verschiedenen Sprachen]
*[http://www.marxistische-bibliothek.de/inhalt.html verschiedene Schriften internationaler kommunistischer Klassiker, Theoretiker und Parteipolitiker sowie Aufsätze über den Kommunismus und seine Geschichte]
*[http://www.sozialistische-klassiker.org Sozialistische Klassiker Online-Archiv]


=== Zeitschriften ===
== Rumänien ==
{{Hauptartikel|Geschichte Rumäniens#Das Ceaușescu-Regime|titel1=Geschichte Rumäniens|Neostalinismus#Neostalinismus in Rumänien|titel2=Neostalinismus in Rumänien}}
*[http://www.exit-online.org Exit - Kritik und Krise der Warengesellschaft] (wertkritisch)
[[Datei:Crop-Nicolae Ceaucescu 1978.jpg|mini|Nicolae Ceaușescu (1918-1989)|271x271px]]
*[http://www.gegenstandpunkt.com/ GegenStandpunkt] (MG-orientiert, marxistisch)
*[http://www.unet.univie.ac.at/~a9709070/index.htm Grundrisse - Zeitschrift für linke Theorie und Debatte] (marxistisch)
*[http://www.krisis.org Krisis - Beiträge zur Kritik der Warengesellschaft] (wertkritisch)
*[http://marxblaetter.placerouge.org/ Marxistische Blätter] (DKP-nah, marxistisch)
*[http://www.streifzuege.org/ Streifzüge - wertkritisches Magazin]


[[Gheorghe Gheorghiu-Dej]] leitete in den 1950er Jahren die Sowjetisierung Rumäniens ein. Er baute den Sicherheitsdienst [[Securitate]] zu einem allgegenwärtigen Kontrollorgan aus.
==Siehe auch==
* [[Marxismus]]
* [[Sozialismus]], [[Wissenschaftlicher Sozialismus]], [[Religiöser Sozialismus]]
* [[Wertkritik]], [[Arbeitskritik]], [[Wert]]
* [[Historischer Materialismus]], [[Dialektischer Materialismus]], [[Hedomat]]
* [[Leninismus]], [[Kommunistische Partei]]
* [[Stalinismus]], [[Trotzkismus]]
* [[Kriegskommunismus]]
* [[Rätekommunismus]], [[Titoismus]]
* [[Maoismus]]
* [[Eurokommunismus]], [[Kommunistische Bewegung in Deutschland]]
* [[Reformkommunismus]]
* [[Internationale]]
* [[Eigentum]], [[Enteignung]], [[Kollektivierung]], [[Verstaatlichung]], [[Volkseigentum]], [[Allmende]], [[Kibbuz]], [[Gemeinfreiheit]], [[Wissenskommunismus]]


Unter Gheorghiu-Dejs Nachfolger [[Nicolae Ceaușescu]] erlangte Rumänien eine relative Unabhängigkeit zur Sowjetunion; so wurde der [[Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR]] 1968 ebenso verurteilt wie die Boykottierung der [[Olympische Sommerspiele 1984|Olympischen Spiele 1984]] in [[Los Angeles]], an denen Rumänien als einziger [[Ostblock]]-Staat teilnahm. Andererseits herrschte um Ceaușescu ein grotesker Personenkult, die ''Securitate'' blieb allgegenwärtig und die Bevölkerung verarmte dramatisch. Ceaușescu und seine Frau wurden 1989 in einem blutigen Umsturz hingerichtet.
[[Kategorie:Sozialismus]]
[[Kategorie:Gesellschaftsform]]
[[Kategorie:Staatsform]]
[[Kategorie:Politischer Begriff]]
[[Kategorie:Kapitalismuskritik]]
[[Kategorie:Gesellschaftskritik]]
[[Kategorie:Linksextremismus]]


== Albanien ==
[[ar:شيوعية]]
{{Hauptartikel|Geschichte Albaniens#Die kommunistische Diktatur|titel1=Geschichte Albaniens}}
[[bg:Комунизъм]]
[[Datei:HODŽA druhá míza.jpg|mini|Enver Hoxha|229x229px]]
[[ca:Comunisme]]

[[cs:Komunismus]]
Nach dem Zweiten Weltkrieg lehnte sich [[Sozialistische Volksrepublik Albanien|Albanien]] zunächst eng an Titos Jugoslawien an, brach allerdings bereits 1948 mit Tito und wurde ein enger Verbündeter der Sowjetunion. 1949 trat das Land dem [[Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe]] (RGW) bei und war eines der Gründungsmitglieder des [[Warschauer Pakt]]es.
[[da:Kommunisme]]

[[en:Communism]]
Durch die [[Entstalinisierung]] und die damit verbundene Tauwetterperiode brach [[Enver Hoxha]] nun auch mit der Sowjetunion; 1968 erfolgte der Austritt aus dem RGW und dem Warschauer Pakt. Albanien lehnte sich fortan an das maoistische China an, der Maoismus wurde nun zur neuen Staatsdoktrin erhoben.
[[eo:Komunismo]]

[[es:Comunismo]]
Der Tod Maos 1976 und die darauf folgenden Reformen [[Deng Xiaoping]]s lösten einen erneuten Politikwechsel aus. Albanien sagte sich nun offiziell auch vom Maoismus los und verfolgte einen neuen albanischen Weg zum Sozialismus, der durch eine besonders isolationistische, autarke Politik gekennzeichnet war.
[[et:Kommunism]]

[[fi:Kommunismi]]
== Nordkorea: Chuch’e- und Sŏn’gun-Ideologie ==
[[fr:Communisme]]
[[Datei:Kim Il Song Portrait.jpg|mini|Kim Il-sung|232x232px]]
[[ga:Cumannachas]]

[[gl:Comunismo]]
In [[Nordkorea]] ersetzte 1977 die von [[Kim Il-sung]] entwickelte [[Chuch’e-Ideologie]] als Weiterentwicklung und Abkehr den [[Marxismus-Leninismus]] als Grundlage der Verfassung. Ihr Ziel ist nicht mehr eine klassenlose Gesellschaft, sondern nur mehr eine Art „Freundschaft der Klassen“. Hinzu kommt eine stark nationale Komponente, die die eigenen Interessen über die der internationalen Bewegung stellt. Des Weiteren wird betont, dass nicht die kommunistische Partei oder das [[Proletariat]] die Gesellschaft transformieren soll, sondern ein einzelner „Arbeiterführer“, dem bedingungslose Loyalität zu gewähren ist. 2009 wurde unter [[Kim Jong-il]] die Chuch’e-Ideologie per Verfassungsänderung um die ein Primat des Militärs einsetzende [[Sŏn’gun]]-Ideologie ergänzt. Zugleich wurden alle direkten Bezüge auf den Kommunismus aus der Verfassung gestrichen.
[[he:קומוניזם]]

[[id:Komunisme]]
== Reformkommunismus Ost ==
[[it:Comunismo]]
[[Datei:Havel a Dubček, Laterna Magica 24.listopad 1989.jpg|mini|hochkant|[[Alexander Dubček]], umarmt von [[Václav Havel]]]]
[[ja:共産主義]]

[[ko:공산주의]]
In den Ostblockstaaten mit einer älteren demokratischen Tradition gab es seit 1953 Anläufe zu Eigenständigkeit und Emanzipation vom „großen Bruder“ in [[Moskau]]. Diese Bemühungen um Reformen auf weiterhin staatssozialistischer Grundlage werden als ''Reformkommunismus'' eingeordnet. Sie begannen mit dem eher anti- als reformkommunistischen [[Aufstand vom 17. Juni 1953]] in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], der zuerst Arbeitszeit- und Lohnreformen forderte, dann das Machtmonopol der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]] in Frage stellte und auch schon die [[Deutsche Wiedervereinigung]] anvisierte. Der [[Ungarischer Volksaufstand|Ungarische Volksaufstand]] von 1956 und der [[Prager Frühling]] 1968 in der [[Tschechoslowakei]] führten zu einer Wiederbelebung der [[Räterepublik|Räte]] und der [[Syndikalismus|Genossenschaften]] in Verbindung mit einer vorsichtigen Liberalisierung der Wirtschaft und Zulassung von Privatunternehmen. Diese Versuche waren stets von breiten Bevölkerungsschichten getragen und wurden gewaltsam von der [[Rote Armee|Roten Armee]] in dem Moment niedergeschlagen, als die Loslösung vom Warschauer Pakt und damit von der Sowjetunion in Reichweite kam.
[[lt:Komunizmas]]

[[ms:Komunisme]]
Auch in der staatsunabhängigen Gewerkschaftsbewegung [[Solidarność]] in der [[Volksrepublik Polen]] gab es anfangs prominente Vertreter mit reformkommunistischen Ansätzen, die z.&nbsp;B. die Kontrolle über die Lebensmittelverteilung in Polen forderten. Nach den [[August-Streiks 1980 in Polen]] wurde der Einmarsch sowjetischer Truppen nur knapp vermieden, indem General [[Wojciech Jaruzelski]] im Dezember 1981 das [[Kriegsrecht in Polen 1981–1983|Kriegsrecht]] verhängte, das bis 1983 in Kraft blieb.
[[nb:Kommunisme]]

[[nds:Kommunismus]]
== Eurokommunismus West ==
[[nl:Communisme]]
{{Hauptartikel|Eurokommunismus}}
[[pl:Komunizm]]

[[pt:Comunismo]]
In Westeuropa waren kommunistische Bewegungen bis 1939 in vielen Staaten verbreitet. In [[Italien]] entstand nach Vorarbeiten von [[Antonio Gramsci]] nach 1945 der so genannte „[[Eurokommunismus]]“, der sich vom Stalinismus abgrenzte und durch parlamentarische Mehrheiten ökonomische und soziale Reformen erreichen wollte. In [[Frankreich]] vertrat bzw. vertritt die von relativ starken Gewerkschaften getragene [[Kommunistische Partei Frankreichs|KPF]] in den 1970er-Jahren und seit dem Zusammenbruch des [[Ostblock]]s eurokommunistische Standpunkte.
[[ro:Comunism]]

[[ru:Коммунизм]]
== Neomarxismus ==
[[simple:Communism]]
{{Hauptartikel|Neomarxismus|Frankfurter Schule}}
[[sk:Komunizmus]]

[[sl:Komunizem]]
Die [[Kritische Theorie]] der Frankfurter Schule wollte zur Herausbildung eines neuen ''revolutionären Subjekts'' aus der „formierten Gesellschaft“ des [[Spätkapitalismus]] beitragen, um den „autoritären Charakter“ ([[Erich Fromm]]) und „eindimensionalen Menschen“ ([[Herbert Marcuse]]) sowohl des [[Faschismus]] wie auch des orthodoxen Staatskommunismus zu überwinden. In ihrem Gefolge steht die [[Wertkritik]] von Autoren wie [[Michael Heinrich (Politikwissenschaftler)|Michael Heinrich]], [[Robert Kurz]] und [[Moishe Postone]].
[[sr:Комунизам]]

[[sv:Kommunism]]
== Kommunistische Splitterparteien ==
[[tr:Komünizm]]
{{Hauptartikel|K-Gruppe}}
[[vi:Chủ nghĩa cộng sản]]

[[zh:共产主义]]
In der Bundesrepublik Deutschland hatte das [[KPD-Verbot]] 1956 zur Zwangsauflösung der Kommunistischen Partei geführt. In der politischen Spannungslage nach der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|Studentenbewegung]] entstanden zahlreiche sogenannte K-Gruppen, die oft stark gegeneinander konkurrierten und sich je nach Vorbild an einen oder mehrere „real existierende“ kommunistische Staaten anlehnten.
[[zh-min-nan:Kiōng-sán-chú-gī]]

== Kritik des Realsozialismus ==
=== Innermarxistische, sozialistische und liberale Kritikansätze ===
Die Kritik an den real existierenden Systemen mit kommunistischem Anspruch setzt an mehreren Aspekten an:
* Fehlende [[Basisdemokratie]]: Das von Lenin verhängte Partei- und Fraktionsverbot lähme die notwendige gesellschaftliche Partizipation und Eigeninitiative der Arbeiter und gefährde so den Aufbau des Sozialismus ([[Rosa Luxemburg]]).
* [[Bürokratie]]: Durch die Isolierung Sowjetrusslands konnte eine neue Bürokratenschicht die „Macht an sich reißen“, was zu einer „Entartung“ des [[Arbeiterstaat]]es führte ([[Leo Trotzki]]).
* [[Wirtschaftsrechnung im Sozialismus|Berechnungsproblem]]: Die Verteilung von Leistungen und Gütern sei ohne eine freie Preisbildung kaum sinnvoll möglich, da sie keine Berechnungsbasis habe und unmöglich die Interessen aller Individuen sinnvoll miteinander koordinieren und gegeneinander aufwiegen kann. ([[Ludwig von Mises]], [[Friedrich August von Hayek]])
* [[Zentralismus]]: Die von oben nach unten aufgebaute sowjetische Kaderpartei sei strukturell unfähig, die Wirtschaftsprobleme des Landes zu lösen ([[Wolfgang Leonhard]]).
* Ideologische Manipulation: Stalins und Maos „Marxismus-Leninismus“ sei ein Bruch mit den ursprünglichen Ideen von Marx, Engels und Lenin und pervertiere sie ([[George Orwell]], [[Oskar Negt]], [[Iring Fetscher]]).
* [[Totalitarismus]]: Die [[Herrschaftsform]] der UdSSR lasse strukturell keine Demokratisierung zu und schalte die freie Entfaltung der Menschen ähnlich total aus wie der Faschismus ([[Hannah Arendt]]).
* Die Gesellschaftsformation der Sowjetunion und Chinas sei kein Sozialismus/Kommunismus, sondern eine bürokratisch erstarrte Form des ''asiatischen [[Despotie|Despotismus]]'' ([[Karl August Wittfogel]], [[Rudolf Bahro]], [[Rudi Dutschke]]),
* [[Imperialismus]]: Die innerstaatliche Diktatur und ökonomische Schwäche der Sowjetunion führe zu äußerem Expansionsdrang und Hegemonialansprüchen, die den Weltfrieden gefährden (Konsens von Reformkommunisten, [[Antikommunismus|Antikommunisten]] und manchen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt)

Im Zentrum vieler Kritikansätze steht die Einparteienherrschaft, die das gemeinsame Kennzeichen der „Volksdemokratien“ war und ist. Formell konnten z.&nbsp;B. im [[Demokratischer Block|Blockparteiensystem]] der DDR weitere kleine Parteien existieren, die aber gleichgeschaltet mit der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]] waren und deren Mehrheit nie gefährden durften.

=== Totalitarismus ===
Die [[Totalitarismus]]-Theorie vergleicht seit ihrem Aufkommen in den 1920er-Jahren die politischen Systeme des Faschismus mit dem des [[Marxismus-Leninismus]] beziehungsweise [[Stalinismus]]. Ihre Vertreter gehen von formalen und inhaltlichen Ähnlichkeiten der Systeme und Parteikonzepte aus. Kritiker, insbesondere in [[Deutschland]], werfen ihnen vor, damit die Einmaligkeit des Nationalsozialismus zu leugnen und seine Verbrechen zu verharmlosen. Das Verfassungsgericht der [[Ukraine]] stellte 2019 fest, dass sowohl das nationalsozialistische als auch das kommunistische Regime durch gleichartige totalitäre und willkürliche Kontrolle die ukrainische Bevölkerung terrorisierten und daher ein Verbot der Symbole beider Totalitarismen verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.ccu.gov.ua/novyna/zakon-yakyy-zaboronyaye-propagandu-komunistychnogo-ta-nacystskogo-rezhymiv-vyznano |titel=Erkenntnis über die Verfassungskonformität des Verbots kommunistischer und nationalsozialistischer Propaganda |hrsg=Verfassungsgericht der Ukraine |datum=2019-07-16 |sprache=uk |abruf=2019-09-04}}</ref>

== Linkskommunismus ==
Bereits in den 1920er-Jahren kristallisierte sich innerhalb der kommunistischen Bewegung der ''Linkskommunismus'' als eigene Strömung heraus.<ref>{{Literatur |Autor=Marcel Bois |Hrsg=Wolfgang Fritz Haug u.&nbsp;a. |Titel=Linkskommunismus |Sammelwerk=Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus |Band=Bd. 8/II |Ort=Hamburg |Datum=2015 |Seiten=Sp. 1180–1193}}</ref> Bekanntester Vertreter war der Italiener [[Amadeo Bordiga]] (1889–1970). Er kritisierte sowohl die Stalinisierung innerhalb der kommunistischen Parteien als auch den Trotzkismus. Während die meisten kommunistischen Organisationen nach 1945 den real existierenden Sozialismus verteidigten, legten Bordiga und die [[Internationale Kommunistische Partei]] in mehreren Schriften dar, warum die Sowjetunion und die anderen realsozialistischen Staaten für sie nicht sozialistisch seien, sondern eine besondere Form der kapitalistischen Entwicklung darstellen würden. Andere linkskommunistische Theoretiker, die in den 1920er-Jahren in Abgrenzung von Lenin eine Räteherrschaft des Proletariats anstrebten ([[Rätekommunismus]]), waren etwa [[Anton Pannekoek]] und [[Otto Rühle (Politiker, 1874)|Otto Rühle]] sowie [[Karl Korsch]] und andere Vertreter des „ultralinken“ Flügels der KPD, der 1925/1926 im Prozess der Stalinisierung aus der Partei gedrängt wurde. Sie bezogen sich, anders als Rühle und Pannekoek, positiv auf den Leninismus.<ref>Zur Geschichte der „Ultralinken“ vgl. [[Ralf Hoffrogge]]: ''[https://archiv.akweb.de/ak_s/ak596/35.htm Für Lenin, gegen Stalin – Linksradikale in der Weimarer Republik]'', aus: [[analyse & kritik]], Nr. 596, August 2014.</ref> Die Rezeption von Korsch und Rühle beeinflusste zwei Generationen später die [[Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|deutsche Studentenbewegung]].

== Postkommunismus der Gegenwart ==
=== Postkommunistische Parteien ===
Nach dem Ende des real existierenden Sozialismus reformierten sich viele der zuvor staatstragenden kommunistischen Parteien, gaben sich neue Programme und Namen. Diese Parteien setzten auf Konzepte wie die [[Basisdemokratie]] und den [[Demokratischer Sozialismus|demokratischen Sozialismus]] anstelle einer ''Diktatur des Proletariats'' und des Führungsanspruchs einer einzigen Partei.

=== Postmarxistische Ansätze ===
Aufbauend auf der [[Kritische Theorie|kritischen Theorie]] bildete sich vor allem in akademischen Milieus eine alternative kritische Auseinandersetzung mit der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung heraus. Als Ausdruck dieser Gesellschaftsform kritisiert werden bestimmte Ideologien und Tendenzen wie [[Warenfetischismus|Arbeitsfetisch]], [[Personengeschichte#Personalisierung|Personalisierung]] abstrakter Verhältnisse, [[Antisemitismus]] und [[Antiamerikanismus]]. Dabei beziehen sich die Kritiker nicht nur auf Karl Marx, sondern vor allem auch auf die Vertreter der „Kritischen Theorie“ ([[Theodor W. Adorno|Adorno]], [[Max Horkheimer|Horkheimer]]). In den 1990er-Jahren bildeten sich im linksalternativen Spektrum zwei neue gesellschaftskritische, [[Postmarxismus|postmarxistische]] Strömungen, die besonders nach dem [[Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA|11. September 2001]] Auftrieb bekamen, heraus: „[[Wertkritik]]er“ und daneben in Deutschland und Österreich die „[[Antideutsche]]n“.

Beide Strömungen wollen prozessual die [[Produktionsverhältnisse|bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse]] aufheben und in eine „befreite“ Gesellschaft transformieren. Der Kapitalismus wird dabei einer neu akzentuierten Analyse unterzogen. Das Ziel dabei sei, in einem Diskussions- und Transformationsprozess eine zwanglose und gemeinschaftliche Gesellschaft, in der der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, entstehen zu lassen. Besonders die Antideutschen beharren auf dem von Adorno (''Negative Dialektik'', ''Minima Moralia'') proklamierten [[Bilderverbot]], also dem bewussten Verzicht auf das Ausmalen der befreiten Zukunft.

Beide Strömungen grenzen sich scharf vom traditionellen [[Marxismus]] ab, da dieser das [[Proletariat]] als so genanntes „revolutionäres Subjekt“ sieht und den Begriff der „Arbeit“ positiv besetzt. Dagegen wird Arbeit streng als spezifisch kapitalistische und aus dem Lebensalltag der Menschen herausgerissene menschliche Tätigkeit kritisiert. Auch die marxistische [[Klassenkampf]]-[[Sozialistische Rhetorik|Rhetorik]] wird als [[Personengeschichte|Personalisierung]] abgelehnt. Der Organisationsgrad der beiden Strömungen ist bewusst niedrig, es handelt sich dabei um lose verbundene Gruppen.

Den „real existierenden Sozialismus“ analysieren die Postmarxisten als eine spezifische Form von Entwicklungsdiktaturen, die unter der Vorgabe (und im Glauben), eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, nur eine ''nachholende Industrialisierung'' auf dem Boden der warenproduzierenden Vergesellschaftung durchsetzten.

== Siehe auch ==
* [[Kommunistenverfolgung]]
* [[Liste sozialistischer Staaten]]

== Dokumentarfilme ==
* ''Aufstieg und Fall des Kommunismus'' (Alternativtitel: ''Die Geschichte des Kommunismus''). 12-teilige Dokumentationsreihe. Eine Produktion von [[Spiegel TV]] im Auftrag von [[ZDFinfo]]. Deutschland 2016<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fernsehserien.de/aufstieg-und-fall-des-kommunismus |titel=Aufstieg und Fall des Kommunismus |werk=Fernsehserien.de |abruf=2018-05-08}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://presseportal.zdf.de/pm/aufstieg-und-fall-des-kommunismus/ |titel=Aufstieg und Fall des Kommunismus |werk=Presseportal.ZDF.de |abruf=2018-05-08}}</ref>

== Literatur ==
'''Allgemeine Geschichte'''
* [[Bini Adamczak]]: ''Kommunismus. Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird.'' Unrast, Münster 2017, ISBN 978-3-89771-231-7 (zuerst 2004).
* [[Uwe Backes]], [[Stéphane Courtois]] (Hrsg.): ''„Ein Gespenst geht um in Europa“. Das Erbe kommunistischer Ideologien'' (= ''Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung''. Bd. 20). Böhlau, Köln u.&nbsp;a. 2002, ISBN 3-412-15001-0.
* [[Günter Bartsch]]: ''Kommunismus, Sozialismus, Anarchismus, Wurzeln, Unterschiede und Gemeinsamkeiten.'' Herder-Verlag, Freiburg/Br., Basel, Wien 1976, ISBN 3-451-07592-X.
* [[Max Beer (Publizist)|Max Beer]]: ''Allgemeine Geschichte des Sozialismus und der sozialen Kämpfe.'' Mit Ergänzungen von [[Hermann Duncker]], 2. Auflage, Nachdruck der 7. Auflage von 1931, Erlangen 1973, ISBN 3-920531-17-5. ([http://www.trend.infopartisan.net/reprints/beer/index.html Online-Reprint mit Links zu den einzelnen Kapiteln]).
* Lutz Brangsch, [[Michael Brie]] (Hrsg.): ''Das Kommunistische. Oder: Ein Gespenst kommt nicht zur Ruhe.'' VSA Verlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-89965-627-5.
* [[Archie Brown (Politikwissenschaftler)|Archie Brown]]: ''Aufstieg und Fall des Kommunismus.'' Propyläen, Berlin 2009, ISBN 3-549-07293-7 (englisch: ''The Rise and Fall of Communism.'' London 2009).
* [[Stéphane Courtois]]: ''Ein Handbuch des Kommunismus. Geschichte – Ideen – Köpfe.'' Piper, München 2010, ISBN 978-3-492-05260-3.
* [[Isaac Deutscher]]: ''Die unvollendete Revolution.'' Frankfurt 1973.
* [[Gerd Koenen]]: ''Die Farbe Rot. Ursprünge und Geschichte des Kommunismus''. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71426-9.
* [[David Priestland]]: ''Weltgeschichte des Kommunismus. Von der Französischen Revolution bis heute.'' Siedler Verlag, München 2009, ISBN 978-3-88680-708-6.
* ''The Cambridge History of Communism.'' Cambridge University Press, Cambridge 2017, ISBN 978-1-316-63457-8 (englisch, 3 Bände).
** Band 1: Silvio Pons, [[Stephen A. Smith]] (Hrsg.): ''World Revolution and Socialism in One Country 1917–1941.'' ISBN 978-1-107-46736-1, {{DOI|10.1017/9781316137024}}.
** Band 2: [[Norman Naimark]], Silvio Pons, Sophie Quinn-Judge (Hrsg.): ''The Socialist Camp and World Power 1941–1960s.'' ISBN 978-1-107-59001-4, {{DOI|10.1017/9781316459850}}.
** Band 3: [[Juliane Fürst]], Silvio Pons, Mark Selden (Hrsg.): ''Endgames? Late Communism in Global Perspective, 1968 to the Present.'' ISBN 978-1-316-50159-7, {{DOI|10.1017/9781316471821}}.

'''Kritik und Gegenkritik'''
* [[Stéphane Courtois]], [[Nicolas Werth]], [[Jean-Louis Panné]], [[Andrzej Paczkowski]], [[Karel Bartošek]], [[Jean-Louis Margolin]]: ''[[Das Schwarzbuch des Kommunismus]], Unterdrückung, Verbrechen und Terror.'' Piper, München 1998, ISBN 3-492-04053-5.
* [[Horst Möller]] (Hrsg.): ''Der rote Holocaust und die Deutschen. Die Debatte um das „Schwarzbuch des Kommunismus“'', Piper, München/Zürich 1999, ISBN 3-492-04119-1.
* [[Jens Mecklenburg]]: ''„Roter Holocaust“? Kritik des Schwarzbuchs des Kommunismus.'' Konkret, Hamburg 1998, ISBN 3-89458-169-7.

'''Wissenschaftliche Zeitschriften'''
* [[Arbeit – Bewegung – Geschichte|Arbeit – Bewegung – Geschichte. Zeitschrift für historische Studien]], Berlin, Erstausgabe 2002 (bis 2015 ''JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung'').
* [[Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung]], Berlin, Erstausgabe 1993.

== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Commonscat|Communism|Kommunismus}}

; Textsammlungen
{{Wikiquote}}
{{Wikisource}}
* [http://www.mlwerke.de/ www.mlwerke.de] – Reden, Schriften, Briefe und wissenschaftliche Studien der marxistischen Klassiker
* [http://marxists.org/ marxists.org] – [[Marxists Internet Archive]]
* [http://www.sinistra.net/ Bibliothek der Kommunistischen Linken]
* André Tosel: {{Webarchiv |url=http://www.inkrit.de/hkwm/documents/Kommunismus.pdf |text=Artikel ''Kommunismus'' |wayback=20111109053333}}, in: [[Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus]] 7/II (2010), Spalten 1298–1333 (PDF; 219&nbsp;kB), [http://www.inkrit.de/e_inkritpedia/e_maincode/doku.php?id=k:kommunismus/ Auszug] daraus auch im Wiki des [http://www.inkrit.de/ Berliner Instituts für kritische Theorie (InkriT)]
* [[Rosa-Luxemburg-Stiftung]]: [http://www.rosalux.de/news/37280/kommunismus.html Kommunismus. Reizwort für die Mächtigen, Unwort in der veröffentlichten Meinung, umkämpfter Begriff auch unter Linken. Materialiensammlung]
* [http://www.kommunismusgeschichte.de/ ''Webportal zur Kommunismusgeschichte''] der [[Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur]]

== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 28. März 2025, 23:39 Uhr

Karl Marx (1818–1883), sozialistisch/kommunistischer Theoretiker
François Noël Babeuf (1760–1797), bedeutender Frühsozialist in der Zeit der Französischen Revolution

Kommunismus (lateinisch communis ‚gemeinsam‘) ist ein um 1840 in Frankreich entstandener politisch-ideologischer Begriff mit mehreren Bedeutungen:

  • Er bezeichnet erstens gesellschaftstheoretische Utopien, die auf Ideen sozialer Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, auf Gemeineigentum und kollektiver Problemlösung beruhen.
  • Drittens werden damit Bewegungen und politische Parteien (vgl. Kommunistische Partei) bezeichnet, die das Ziel verfolgen, Gesellschaften zum Kommunismus zu überführen bzw. kommunistische Theorien praktisch umzusetzen.
  • Viertens bezeichnet er – als von der ersten Bedeutung unterschiedene Fremdbezeichnung – daraus hervorgegangene Diktaturen unter Vorherrschaft kommunistischer Parteien. Die größte Ausdehnung erreichte dieses Herrschaftssystem mit der Sowjetunion und ihren verbündeten Ostblockstaaten sowie der Volksrepublik China während des Kalten Krieges.

In einigen kommunistischen Parteidiktaturen (Realsozialismus) kam es zu Massenverbrechen, wie dem Großen Terror in der stalinistischen Sowjetunion der 1930er-Jahre, in der Volksrepublik China während der maoistischen Kulturrevolution in den 1960er- und 1970er-Jahren oder zuletzt unter der Schreckensherrschaft der Roten Khmer in Kambodscha. Der Zerfall der Sowjetunion um das Jahr 1990 besiegelte das Ende der meisten realsozialistischen Staaten.

Eine Abgrenzung zum Sozialismus ist nicht immer möglich.

Überblick

Der Begriff Kommunismus steht für eine dauerhaft sozial gerechte und freie Zukunftsgesellschaft und wurde im 19. Jahrhundert geprägt. Nach Lorenz von Stein war der französische Revolutionär François Noël Babeuf der erste Kommunist (vgl. auch Verschwörung der Gleichen).[1] Bekanntester Vertreter des Kommunismus war Karl Marx (1818–1883). Nach der Theorie von Marx und dessen engem Weggefährten Friedrich Engels (1820–1895) könne sich der Kommunismus aus dem Kapitalismus, einer Wirtschaftsordnung, in der sich die Kapitalistenklasse und die Arbeiterklasse (Proletariat) als Gegner gegenüberstehen (Klassenkampf), nur durch eine revolutionäre Übergangsgesellschaft (Diktatur des Proletariats) entwickeln.[2][3] Während dieser Herrschaft der Arbeiterklasse werde das Privateigentum an den Produktionsmitteln und die damit einhergehende Ausbeutung aufgehoben. Im Manifest der Kommunistischen Partei wie auch in den „Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland“ fordern Marx und Engels Verstaatlichungen.[4] Im Vorwort zur englischen Ausgabe des Kommunistischen Manifests von 1888 modifiziert Engels später das Verhältnis zum Staat und bloßer Verstaatlichung: „Gegenüber der immensen Fortentwicklung der großen Industrie seit 1848 und der sie begleitenden verbesserten und gewachsenen Organisation der Arbeiterklasse, gegenüber den praktischen Erfahrungen, zuerst der Februarrevolution und noch weit mehr der Pariser Kommune, wo das Proletariat zum ersten Mal zwei Monate lang die politische Gewalt innehatte, ist heute dies Programm stellenweise veraltet. Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann.“ (Friedrich Engels, MEW 21, S. 358)

Nach den Erfahrungen der Pariser Kommune (1871) blieb es bei der allgemeinen Forderung nach Verstaatlichungen als einem ersten Schritt.[5] Engels schreibt in seiner 1880 veröffentlichten Schrift Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft: „Das Proletariat ergreift die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum.“ (MEW 19, 223) Diese Art sozialistischer Verstaatlichung von Produktionsmitteln grenzte Engels aber scharf ab vom Staatssozialismus Bismarcks.[6] Der Theorie nach heben sich durch die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln nach und nach alle Klassengegensätze auf. Bei diesem Übergang zum klassenlosen Kommunismus werde der Staat, der ein Produkt der polit-ökonomischen Verhältnisse und Ausdruck der politischen Klassenherrschaft ist, nicht abgeschafft, sondern sterbe ab,[7] wenn er nicht mehr notwendig, also überflüssig werde. Wie die Gesellschaftsform des Kommunismus, also die klassenlose Gesellschaft, genauer aussehen solle, wurde von Marx nicht vorgeschrieben, sondern werde sich der Theorie von Marx folgend anhand konkreter gesellschaftlicher Entwicklungen und Widersprüche zeigen. Den entwickelten Kommunismus skizziert Marx mit gesellschaftlichem Reichtum und dem sozialistischen Leistungsprinzip: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“.[8] Der Kommunismus wird von Marx auch als Ende der Vorgeschichte der Menschheit bezeichnet, weil die Menschen erst in dieser Gesellschaftsform ihre Geschichte bewusst und selbstständig gestalten können, anstatt von den historischen Gesetzmäßigkeiten ihrer vorhergehenden Gesellschaftsformen bestimmt zu werden.

Der Begriff Kommunismus bezeichnete in den von seinen Anhängern ausgelösten und betriebenen antikapitalistischen Konflikten und Aktivitäten von Beginn an verschiedene Richtungen. Daher bezeichnet er auch heute noch mehrere Gesellschaftsentwürfe und deren Umsetzungsversuche.

  • Urkommunismus: eine vermutete, in manchen Überlieferungen belegte Gütergemeinschaft früher Gesellschaften. Sie wurde im Judentum Bestandteil der Heilserwartung und dort wie später auch im Urchristentum als „Liebeskommunismus“ ansatzweise praktiziert.
  • Frühsozialismus oder Frühkommunismus: Anläufe zur sozialen, nicht nur politisch-rechtlichen Gleichstellung aller Menschen in Bezug auf den Besitz (Gemeineigentum, Kollektiv). Diese begrenzten Versuche und Utopien wurden seit der Französischen Revolution von 1789 zum allgemeinpolitischen Ziel, abgeleitet aus der Gleichheitsidee.
  • Marxismus: die weltweite Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und dessen Überführung in Gemeinbesitz (Vergesellschaftung) durch die politische Herrschaft der Arbeiterklasse (Diktatur des Proletariats) als notwendige Bedingung für die klassenlose Gesellschaft. Diese revolutionäre Veränderung wird als vorhersehbares Ergebnis der sich zuspitzenden Klassengegensätze im Kapitalismus aufgefasst und vom „frühen“ oder „utopischen“ Sozialismus und Kommunismus abgegrenzt.
  • Rätekommunismus: durch Selbstorganisation der Arbeiter in Räterepubliken angestrebte Umwälzung der kapitalistischen Gesellschaft. Rätekommunisten lehnten einen Führungs- und Avantgardeanspruch kommunistischer Parteien ab. Als Vorbild gilt die Pariser Kommune.
  • Leninismus: die Durchsetzung einer erst sozialistischen, dann kommunistischen Produktionsweise über die „Diktatur des Proletariats“, verstanden als Alleinherrschaft einer revolutionären Kaderpartei, die die Staatsmacht erobert. Sie soll dann die klassenlose Gesellschaftsordnung schrittweise administrativ durchsetzen und die Rückkehr neuer kapitalistischer Klassenherrschaft („Konterrevolution“) verhindern.
  • Stalinismus: die Verstetigung der zentralistischen Einparteiendiktatur und staatliche Zwangsindustrialisierung nach innen, internationaler Führungsanspruch der sowjetischen KPdSU nach außen, abgeleitet vom Marxismus-Leninismus als staatlicher Herrschaftsideologie.
  • Trotzkismus: die Theorie der permanenten Revolution, nach der der Kommunismus im Gegensatz zu dem im Stalinismus propagierten Aufbau des Sozialismus in einem Land nur weltweit, also durch eine Weltrevolution durchgesetzt werden könne.
  • Maoismus: eine kommunistische revolutionäre Bewegung und Weltanschauung, die den Marxismus-Leninismus mit der traditionellen chinesischen Philosophie des Konfuzianismus verbindet.
  • Titoismus: das System in Jugoslawien zwischen 1948 und 1980, entwickelt von Josip Broz Tito, der den Kommunismus in Jugoslawien mit der Arbeiterselbstverwaltung und dem Nationalitätenausgleich sowie der Blockfreiheit realisieren wollte.
  • Realsozialismus: das Selbstverständnis von Staaten unter Führung einer kommunistischen Partei, die sich im Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus sehen: so die frühere Sowjetunion, die Volksrepublik China, Nordkorea, Kuba sowie die früheren Ostblockstaaten.
  • Eurokommunismus und Reformkommunismus: die Programmatik europäischer Parteien und Gruppen, die sich von sowjetischer Führung absetzten und einen eigenständigen Kommunismus auf parlamentarischem Weg und Mischformen zwischen Privat- und Staatseigentum an Produktionsmitteln anstreben.

Ur- und Frühkommunismus

Die Vorstellung des Gemeineigentums (im Gegensatz zu Privateigentum) setzt die prinzipielle Gleichstellung aller Menschen in Bezug auf die Arbeit und den Erwerb ihrer Lebensmittel voraus. Bei diesem Konzept spricht man von einer egalitären Gesellschaft. Diese Idee ist uralt und findet ihren Niederschlag in den Mythen sehr vieler ethnischer Religionen, aber auch in monotheistischen Religionen.

Nach Karl Marx und Friedrich Engels waren die ersten Gesellschaften in der Menschheitsgeschichte urkommunistisch organisiert. Diese sicherten ihr Überleben unter nur geringfügiger Arbeitsteilung mit primitiven Mitteln (vgl. Jäger und Sammler#Soziale Organisation) gemeinschaftlich. Erst durch die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte mittels vermehrter Arbeitsteilung, technischer Innovationen und anderer Entwicklungen im Zuge der neolithischen Revolution entstanden mehr Arbeitsprodukte, als für den Erhalt der Gesellschaft vonnöten waren. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte Ausbeutung fremder Arbeitskraft und damit eine Aneignung fremder Arbeitsprodukte, da die Arbeitskraft nun mehr produzieren konnte, als sie selbst konsumierte. So entstand das Privateigentum. Mit der hierarchischen Arbeitsteilung bildete sich Ausbeutung, und mit ihr die ersten Klassengesellschaften und Staaten aus. (Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, 1884, MEW, Bd. 21). Die Aufhebung des auf Ausbeutung fremder Arbeitskraft basierenden Privateigentums führt zur Wiederherstellung des kommunistischen Gemeineigentums und zur klassenlosen, staatenlosen Gesellschaft auf höherer Ebene, die erst durch die hoch industrialisierte, arbeitsteilige kapitalistische Produktionsweise ermöglicht wurde.

Die beherrschende Produktionsweise der europäisch-vorderasiatischen Antike war die Sklavenhaltergesellschaft, die meist religiös begründet wurde. Ausnahme waren im Vorderen Orient nur die frühen, als loser Zwölfstämmebund organisierten Israeliten. Deren Tora verlangt die regelmäßige Umverteilung des Bodenbesitzes zugunsten der Besitzlosen als Konsequenz des Glaubens an JHWH, den Sklavenbefreier (Lev 25). An dieses Recht erinnerten sozialkritische Propheten Israels bis hin zu Jesus von Nazaret (Lk 4,16 ff.), worauf in Anknüpfung an jüdische Armenfürsorge die Gütergemeinschaft der Jerusalemer Urgemeinde praktiziert wurde.

Diese Lebensweise wurde bereits in der zweiten Christengeneration, der durch die Mission auch sozial bessergestellte Bevölkerungsschichten angehörten, zu einem vergangenen Ideal stilisiert und seit der konstantinischen Wende von den Großkirchen verdrängt. Während sich deren Vertreter eng an politische Herrschaftssysteme anlehnten und durch Amtsprivilegien mit diesen verflochten waren, knüpften verschiedene Minderheiten im Lauf der Christentumsgeschichte Europas an biblische Traditionen an, die soziale Gerechtigkeit fordern. Reformanläufe von Kirche und Gesellschaft scheiterten jedoch regelmäßig an den Machtverhältnissen. Gesellschaftsveränderung zugunsten unterprivilegierter Schichten war im von der römisch-katholischen Kirche dominierten Mittelalter nur möglich, wenn ökonomische und politische Bedingungen jene, die sich gegen die Kirche auf die Bibel beriefen, schützen konnten.

Dieses war frühestens seit der Reformation der Fall. Luthers Haltung zu den Bauernaufständen ermutigte jedoch die Fürsten aller Konfessionen, diese blutig niederzuschlagen. Damit waren Feudalismus und Monarchie die nächsten 300 Jahre lang gesichert.

(ausführlich siehe Religiöser Sozialismus)

Konsumtions-Kommunismus

Der von Marx geprägte (in der Sache aber abgelehnte) Begriff des Kommunismus der Konsumtion bezeichnet eine Gesellschaftsordnung oder Wirtschaftsweise, in der alle Beteiligten den gleichen Anteil an den erzeugten Gütern bekommen. Dabei geht es nicht darum, wer die Waren produziert hat oder wem die Produktionsmittel gehören, sondern nur um ihre gerechte Verteilung. Ein Beispiel dafür war die Verteilungspraxis der Beute im Heer des römischen Sklavenführers Spartacus.

Utopischer Sozialismus

Nicht realisierte, utopische Vision der Kolonie New Harmony, Zeichnung von F. Bate, gedruckt 1838

Der Humanismus des 16. Jahrhunderts hatte – parallel zu den durch wirtschaftliches Elend hervorgerufenen Bauernaufständen – Ideen einer gerechten, von allen Bürgern gleichermaßen getragenen Gesellschaftsordnung entwickelt, die ihrerseits auf die antike Polis und ihre Demokratie-Vorstellungen zurückgriffen. Folgenreich war besonders der lateinische Bildungsroman „Utopia“ des englischen Staatsrechtlers Thomas Morus von 1516. Ohne den Begriff zu kennen, stellte Morus hier eine Art Kommunismus als Gegenbild zur europäischen Feudalherrschaft dar: Alle arbeiten und besitzen alles gemeinsam, auch und gerade Grund und Boden (die damaligen Produktionsmittel); zugleich darf jeder dem Glauben anhängen, der ihm gemäß ist.

Im 17. und 18. Jahrhundert machten Naturwissenschaften und Fertigungstechniken rasante Fortschritte. Sie erlaubten im Manufaktur- und Verlagswesen bereits eine Massenherstellung von Produkten, noch ohne maschinelle Produktionsmittel. Dies veränderte die Lebensbedingungen und Interessenlagen für große Bevölkerungsteile enorm.

Im Zuge der Aufklärung entstanden mit der Idee der Menschenrechte Vorstellungen eines gleichberechtigten und herrschaftsfreien Zusammenlebens. In zahlreichen – stets von der Obrigkeit bedrohten – Geheimbünden und Vereinen suchten mittellose Handwerker, Bauern und Intellektuelle ein Forum und Anhänger für ihre Ideen. Sie waren kaum an der wissenschaftlichen Erhebung empirischer Daten interessiert, entwickelten ihre Vorstellungen aber aus der widersprüchlichen Erfahrung enttäuschter Demokratiehoffnungen und relativer Rechtsfortschritte. Doch erst mit der Emanzipation des Bürgertums bekamen diese Ideen eine politische Stoßkraft.

Seit Karl Marx wurden diese frühsozialistischen Gleichheits- und Demokratisierungsbestrebungen, die sich auch auf die Ökonomie erstreckten, als utopischer Sozialismus zusammengefasst. In ihrer Zielvorstellung waren sie mit dem Kommunismus grob gesehen weitgehend einig. Anstatt soziale Zustände zu erfinden, leiteten Marx und Engels aber ihre Ideen anhand ihrer systematischen Analysen der menschlichen Geschichte und der ökonomischen Verhältnisse ab. So haben beim „utopischen Sozialismus“ der historisch hergeleitete konsequente Klassenantagonismus und die Frage nach den Bedingungen einer erfolgreichen Revolution keine Rolle gespielt.

Marxismus

Friedrich Engels (1820-1895)
Das Manifest der Kommunistischen Partei

Das Manifest der Kommunistischen Partei

Das Manifest der Kommunistischen Partei von 1848, auch Das Kommunistische Manifest genannt, ist eine Art Gründungsurkunde des modernen Kommunismus, der sich als Gegensatz und Überwindung des Kapitalismus versteht. Es wurde von Karl Marx und Friedrich Engels in London als Programm für den Bund der Kommunisten verfasst.

Dieser ging aus dem frühkommunistischen Bund der Gerechten hervor, den der christliche Schneider und erste deutsche Theoretiker des Kommunismus,[9] Wilhelm Weitling, gegründet und bis zu seiner Ablösung durch Marx 1847 geführt hatte. Er bestand aus einer Gruppe nach Frankreich emigrierter deutscher Gesellen, Handwerker und linksliberaler Bürger. Weitling grenzte sich bereits seinerseits von den Frühsozialisten (u. a. Pierre-Joseph Proudhon, Henri de Saint-Simon, Charles Fourier) ab und propagierte eine nicht nur politische, sondern auch soziale Revolution des Proletariats gegenüber dem Bürgertum. Er strebte die Aufhebung des Geldes als Tauschmittel und den direkten, planvoll und gemeinschaftlich verwalteten Warentausch an.

Mit dem Manifest vollzogen Marx und Engels die theoretische Abgrenzung vom utopischen Sozialismus Weitlings und seiner Vorläufer sowie von anderen Frühsozialisten, an denen sie scharfe Kritik übten. Sie propagierten den internationalen Klassenkampf der lohnabhängigen Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie und beschrieben auch die Stellung der Kommunisten innerhalb der Gesamtbewegung als deren entschiedensten Teil, der eine theoretische Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate des Klassenkampfs der übrigen Masse des Proletariats voraushabe. Eine gesonderte Partei sollten die Kommunisten jedoch ausdrücklich nicht bilden. Zum nächsten Zweck der Kommunisten wie aller übrigen proletarischen Parteien erklärte das Manifest: „Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat“.[10] Es weist ihnen damit einerseits eine politische Führungsrolle, andererseits die Unterordnung unter das proletarische Gesamtinteresse zu: nämlich eine Gesellschaftsform zu finden, in der „jeder nach seinen Fähigkeiten“ tätig sein und „jedem nach seinen Bedürfnissen“ der produzierte Reichtum offenstehen solle (Marx: Kritik des Gothaer Programms).

Als Grundlage der Revolution und der von Marx selbst so genannten globalen Theorie galt der Klassenkampf, der als unvermeidbarer Ausdruck der sozialen Verhältnisse gesehen wird. Im letzten Abschnitt des Manifests heißt es:

„Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder – vereinigt euch!“

Von England aus wurde diese Schrift in ganz Europa und darüber hinaus verbreitet, hatte jedoch noch keinen nennenswerten Einfluss auf den Verlauf der Revolutionen 1848/1849. Erst danach begannen die Arbeiter, sich nach und nach in eigenen Vereinen, den Vorläufern der Gewerkschaften, zu organisieren.

Das Kapital

Das Kapital von Karl Marx

Mit seinem Hauptwerk Das Kapital formulierte Marx eine umfassende Kritik der politischen Ökonomie (Untertitel). Er analysierte hier die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus, die auf der grundlegenden Spaltung der Gesellschaft in Kapitaleigner (Kapitalisten) und Lohnarbeiter beruhe.

Kapital entstehe, wenn die Zirkulation von Ware, die gegen Geld mit anderer Ware getauscht wird, sich verselbstständige zu einem Einsatz von Geld zur Warenproduktion, um mit deren Verkauf wiederum mehr Geld (Mehrwert) zu erzielen. Lebendige Arbeit, die eigentlich menschliche Selbstverwirklichung sein und gesellschaftlich nützliche Produkte herstellen solle, werde dann zur Ware, die es möglichst billig einzukaufen und auszubeuten gelte. Die Arbeiter erhielten also immer weniger Lohn, als der Kapitalist (im Durchschnitt) durch den Verkauf der Ware gewinnen könne (Profit). Dieses „Wertgesetz“ sei der Kern des Klassengegensatzes von Kapital, das die Bourgeoisie einsetze, und Arbeit, die das Proletariat leiste.

Klassenherrschaft ist demnach für Marx keine zufällige, sondern eine gesetzmäßige Folge von Ausbeutung. Diese sei aber kein böser Wille der Kapitalisten, sondern ein Zwang: Um auf dem vom Kapital beherrschten Markt konkurrieren zu können, müssten sie lebendige Arbeit, die den Mehrwert produziert, ausbeuten. Die Konkurrenz führe zu immer größerer Kapitalkonzentration (Monopol- und Kartellbildung) und damit zwangsläufig zu Absatzkrisen und Kriegen. Sie zwinge die Kapitaleigner dazu, die Arbeitskosten so gering wie möglich zu halten und den größtmöglichen Profit anzustreben, um diesen in technologische Neuerungen investieren zu können. Dies wiederum führe zu einer immer stärkeren Bewusstwerdung der Notwendigkeit eines Umsturzes. Die sozialistische Revolution ist also nach Marx in den kapitalistischen Verhältnissen selbst angelegt. Damit erscheint die bürgerliche Gesellschaftsform nicht als moralisch zu verurteilende, sondern als nüchtern zu durchschauende Klassenherrschaftsform. Deren Analyse will die realen Ansatzpunkte zur Umwälzung der Macht- und Besitzverhältnisse erkennbar machen.

Das Kapital besteht aus drei Bänden. 1867 erschien der erste Band: Der Produktionsprozeß des Kapitals von Karl Marx. Friedrich Engels stellte nach Marx’ Tod 1883 aus dessen Manuskripten zwei weitere Bände zusammen und veröffentlichte diese als Band II: Der Zirkulationsprozeß des Kapitals 1885 und Band III: Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion 1895. Dieses Werk bildet das Herzstück der Gesellschaftstheorie, die Marx und Engels wissenschaftlicher Sozialismus nannten und heute als „Marxismus“ bezeichnet wird. Sie beansprucht, im Gegensatz zu allen idealistischen und utopischen Vorstellungen streng empirisch vorzugehen, also durch reale Entwicklungen falsifizierbar und korrigierbar zu sein. Wie andere damalige Wissenschaften – z. B. Charles Darwins Evolutionstheorie – stellt sie ein materialistisches Weltbild gegen jede Art von Idealismus.

Kommunismus in der Soziologie

In der frühen Soziologie bezeichnete Ferdinand Tönnies in „Gemeinschaft und Gesellschaft“ (1887) im Untertitel den Kommunismus als „empirische Kulturform“. Dieser ist nach seiner Theorie aber nur in überschaubaren Gemeinschaften möglich; hingegen geht es in größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen immer nur um den „Sozialismus“. Da bei ihm zwar eine Gesellschaft aus Gemeinschaften hervorgehen kann, er den umgekehrten Prozess aber für unmöglich hält, kann bei ihm aus Sozialismus auch nie Kommunismus werden. Auch Max Weber sieht Kommunismus als Vergemeinschaftung, wenn er zum Beispiel auf den Familienkommunismus und den Mönchskommunismus hinweist.

Gleichberechtigung der Frauen

Alexandra Kollontai zählt zu den bedeutendsten kommunistischen Frauenrechtlerinnen

Keine der frühkommunistischen und sozialistischen Vorstellungen ging von der Gleichheit der Geschlechter aus. Von Robert Owen bis zu den Räterepubliken infolge des Ersten Weltkriegs setzten sie die Familie als gemeinschaftliche Basis voraus. Betriebe und Militäreinheiten sollten ihre Vertreter in höhere Gremien entsenden: Diese bestanden fast nur aus Männern. Erst später wurde auch die Familie an sich kritisiert.

Die besondere Unterdrückung der Frau war, anknüpfend an Charles Fouriers Satz Der Stand der Frau kennzeichnet den Stand der Gesellschaft, auch ein Thema von Marx und Engels gewesen. Sie glaubten, mit Abschaffung des Kapitalismus und dem Ende der Klassengesellschaft würde auch die Unterdrückung der Frau enden, so wie die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen überhaupt. Bereits im Kommunistischen Manifest bekannten sie sich zur Aufhebung der Familie durch freies Lieben, Aufhebung der „Stellung der Weiber als bloße Produktionsinstrumente“ sowie der „Ausbeutung der Kinder durch ihre Eltern“ und zur gesellschaftlichen Erziehung der Kinder.

In den realsozialistischen Staaten waren die Geschlechter zwar gesellschaftlich meist gleichgestellt, indem Frauen in der Produktion gleiche Rechte, Löhne und Aufstiegschancen erhielten. Insbesondere die Frauen- und Familienpolitik der DDR förderte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Alltag und in den Privathaushalten waren Frauen jedoch teilweise weiter bestehenden patriarchalen Strukturen unterworfen.

Marxismus im Vergleich mit dem Anarchismus

Buenaventura Durruti, bedeutendste Persönlichkeit des spanischen Anarchismus

Aus den Ideen der Aufklärung und verschiedenen frühsozialistischen Ansätzen heraus entwickelten sich die Vorstellungen des modernen Anarchismus etwa zeitgleich mit den kommunistischen Ideen von Weitling und Marx und in gegenseitiger Abgrenzung zu diesen. Die politischen Gegensätze zwischen Marxisten und Anarchisten führten zu historisch konfliktträchtigen Auseinandersetzungen.

Pierre-Joseph Proudhon war ein früher Vordenker des Syndikalismus und gilt als Begründer der anarchistischen Richtungen Föderalismus und Mutualismus. Er kam 1840 in seiner Schrift Qu’est-ce que la propriété ? („Was ist das Eigentum?“) zu dem Schluss: „Eigentum ist Diebstahl!“ Damit stellte er das Privateigentum ins Zentrum seiner Kritik an den herrschenden politischen und sozialen Verhältnissen im Kapitalismus. Dieses sei ebenso wie der bürgerliche Staat, der es schützen soll, direkt und unmittelbar zu bekämpfen und durch selbst organisierte Formen des Gemeineigentums zu ersetzen.

In einem Briefwechsel setzte sich Proudhon mit Marx auseinander. Dabei stellte sich heraus, dass beide die Fragen der Macht, der Freiheit des Individuums, der Rolle des Kollektivs als revolutionärem Subjekt sehr verschieden bewerteten. Proudhon argumentierte stärker mit philosophisch-ethischen Prinzipien, während Marx diese als bloß moralische Ideale kritisierte und eine wissenschaftliche Analyse der Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit vermisste. Für ihn war nicht jedes Privateigentum an sich, sondern das Privateigentum an den Produktionsmitteln das Grundübel.

Proudhons Anhänger Michail Bakunin (kollektivistischer Anarchismus) und später Pjotr Alexejewitsch Kropotkin (kommunistischer Anarchismus) verbanden seine Theorien mit der Agitation für eine soziale Revolution, die zur radikalen Umwälzung der Besitzverhältnisse notwendig sei. In diesem Punkt stimmten sie mit Marx und Engels überein. Bakunin lehnte die führende Rolle einer revolutionären Kaderpartei jedoch ebenso ab wie staatliche Hierarchien und verwarf damit Marx’ Forderung nach der Gründung kommunistischer Parteien als revolutionärer Elite in den einzelnen Staaten ebenso wie die These von der „Diktatur des Proletariats“, die zur klassenlosen Gesellschaft führen solle. Er glaubte nicht daran, dass die Arbeiter zuerst die politische Staatsmacht erringen müssten, damit der Sozialismus aufgebaut und der Staat absterben könne, sondern wollte diesen direkt abschaffen. Diese Konzeption nannte er „antiautoritären Sozialismus“.

Von 1864 bis 1872 bildeten Anarchisten, Marxisten und andere Gruppen, die sich zur Arbeiterbewegung zählten, die Internationale Arbeiterassoziation (IAA). Nachdem der ideologische Konflikt zwischen Bakunins und Marx’ Anhängern eskalierte, wurde Bakunin 1872 auf Betreiben von Marx hin aus der IAA ausgeschlossen. Daran zerbrach diese Erste Internationale. 1876 wurde sie offiziell aufgelöst. Damit war die internationale Arbeiterbewegung erstmals gespalten. Seitdem grenzen sich – Rudolf Rocker zufolge – Anarchisten in folgenden Punkten grundsätzlich vom Marxismus ab:

  • Ablehnung der von Hegel geprägten marxistischen „Schicksalstheorien“. In der Geschichte gebe es überhaupt keine Zwangsläufigkeiten (‘historischen Notwendigkeiten’, ‘Zwangsläufigkeit des historischen Geschehens’), „sondern nur Zustände, die man duldet und die in Nichts versinken, sobald die Menschen ihre Ursachen durchschauen und sich dagegen auflehnen“ (Rocker).
  • Ablehnung des „historischen Materialismus“. Aus den wirtschaftlichen Verhältnissen könne nicht alles „politische und soziale Geschehen“ erklärt werden.
  • Der Anarchismus begreift die Menschen als handelnde Individuen, lehnt die Betrachtung von Menschen als Masse ab.
  • Grundsätzliche Ablehnung eines Staates. Die Produktionsmittel von der Privatwirtschaft in die Hände eines Staates zu übergeben, „führt lediglich zu einer Diktatur durch den Staat“ (Rocker).
  • Ablehnung von Gesetzen und Gesetzgebern. Entscheidungen werden dezentral, kollektiv und im Konsens getroffen. „Nur das freie Übereinkommen, ‚könnte‘ das einzige moralische Band aller gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen untereinander sein.“ (Rocker)
  • Ablehnung einer Übergangsphase (Arbeiterstaat) vom Kapitalismus zur klassenlosen Gesellschaft. Der „Wille zur Macht“ müsse in einer freien Gesellschaft grundsätzlich bekämpft werden.
  • Radikale Ablehnung aller kapitalistisch geprägten Begriffe:

„Sämtliche Wertbegriffe, wie wir sie heute kennen, sind samt und sonders kapitalistische Begriffe. Luft, Sonnenlicht, Regen, Erdfeuchtigkeit, Humus, kurz, viele der wichtigsten Produktionsfaktoren sind, weil sie nicht monopolisiert werden konnten, heute kapitalistisch wertlos. […] Mit dem Aufhören des Eigentumsbegriffes an Produktionsmitteln hört auch jeder Wertbegriff für den einzelnen auf.“

Pierre Ramus, Franz Barwich

Der kommunistische Anarchismus geht auf die Theorien des russischen Anarchisten Pjotr Alexejewitsch Kropotkin zurück. Er vertrat die Theorie, dass sich Kommunismus und Anarchismus nicht, wie von Marx und Lenin postuliert, widersprechen, sondern nur gemeinsam funktionieren würden. Zentrale Forderung ist der vollständige Bruch mit dem Kapitalismus und die sofortige Abschaffung des Staates als soziale Institution; dieser wird dann durch kollektivistische Netzwerke, in der Form von Arbeiterräten und gemeinschaftlichen Kommunen, ersetzt. Die Entlohnung der Werktätigen erfolgt nicht mit Geld, sondern über gemeinsame Ressourcen, da das Geld selbst als Zahlungsmittel verschwinden soll. Eine Führung der Arbeiterklasse durch sozialistisch-kommunistische Parteien wird ebenso abgelehnt wie das marxistische Konzept der Diktatur des Proletariats. Zu unterscheiden ist der kommunistische Anarchismus von Michail Bakunins „kollektivistischem Anarchismus“.

Kommunistische Anarchisten und Anarchosyndikalisten nennen das Konzept einer Arbeiterselbstverwaltung ohne Führung einer Partei „libertären Kommunismus“. Bekannter Vertreter neben Kropotkin ist Gustav Landauer.

Kommunismus versus Reformismus

Um die Jahrhundertwende bezog sich die europäische Sozialdemokratie theoretisch meist auf Marx und das Kommunistische Manifest. Sozialistische Parteien teilten trotz vorhandener interner Konflikte das Ziel einer kommunistischen Gesellschaftsordnung, die sie begrifflich allenfalls graduell vom Sozialismus unterschieden. Ende der 1890er-Jahre verloren die Begriffe jedoch ihre Eindeutigkeit, da sich nun ein Gegensatz zwischen den eher gewerkschaftlich orientierten „Reformisten“ und den revolutionären Marxisten entwickelte. Sowohl 1899 in der deutschen wie 1903 in der russischen Arbeiterbewegung gab es einen Machtkampf beider Richtungen.

In der SPD löste der Mitautor des Erfurter Programms von 1890, Eduard Bernstein, die Revisionismusdebatte aus. Er forderte Verzicht auf das Ziel der proletarischen Revolution, da der Kapitalismus sich flexibel zu modernisieren und der Arbeiterschaft auch auf parlamentarischem Weg Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand zu erlauben schien. Obwohl die Parteimehrheit dies ablehnte, setzte sich der Reformismus bis zum Ersten Weltkrieg in der SPD durch.

Der Hauptgrund war die materielle und rechtliche Besserstellung der Arbeiter, die Verwischung der Klassengrenzen durch Bildung und die steigende Bedeutung der geistigen Arbeit. Im Zuge des erfolgreichen Kampfes um bessere Lebensbedingungen geriet das Ziel der Umwälzung der Produktionsverhältnisse aus dem Blick. Die politische Machteroberung schien vielen auf dem legalen Wege ebenfalls erreichbar. Das Heraufziehen des Ersten Weltkriegs verstärkte auch bei anderen sozialistischen Parteien nationalstaatliche Prioritäten und untergrub den proletarischen Internationalismus, den Marx postuliert hatte. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für die Zustimmung der SPD-Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten.

Daran zerbrach die Zweite Internationale. Darauf spalteten sich revolutionäre Gruppen von den meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien ab und gründeten neue, nun ausdrücklich kommunistische Parteien.

Sowjetkommunismus

Leninismus

Wladimir Iljitsch Lenin (1870-1924)

Lenin unterschied anknüpfend an Marx zwischen einer niederen und höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, wobei die erste als Sozialismus (Diktatur des Proletariats), die zweite als Kommunismus (klassenlose Gesellschaft) bezeichnet wurde. Der sozialistischen Phase wird die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Entlohnung nach Leistung zugeordnet, der kommunistischen das Bedürfnisprinzip.

Nach der erfolgreichen Oktoberrevolution von 1917 setzten die Bolschewiki die Maßstäbe für die folgende Entwicklung in Russland und etablierten mit der Kommunistischen Partei Russlands (später KPdSU) eine neue Staats- und Gesellschaftsführung. Erstmals gab es nun ein Regime, das den Kommunismus aufbauen und realisieren wollte. An der Spitze dieses sogenannten Arbeiter-und-Bauern-Staats stand Lenin als unumstrittene Führungsautorität. Im folgenden Bürgerkrieg dehnten sie ihre Herrschaft auch auf benachbarte Länder aus. 1922 gründete sich daraus die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) – oder kurz: Sowjetunion (SU).

Das sozialistische Rätesystem war die soziale Basis für den Aufstieg der Bolschewiki und ihren Revolutionserfolg 1917 gewesen. Doch im Verlauf des Bürgerkriegs kam es zu Hungersnöten und Aufständen. Nach dem Kronstädter Matrosenaufstand 1921 entmachteten die Bolschewiki die Sowjets, um die Sowjetunion und damit ihre Herrschaft zu stabilisieren. Darin sahen marxistische und kritische Gesellschaftsanalytiker wie Karl August Wittfogel, Rudolf Bahro und Rudi Dutschke später eine Hauptursache für das Scheitern der Sowjetunion.

1922 leitete Lenin die Neue Ökonomische Politik ein, um unter staatlicher Aufsicht Eigeninitiative und Gewinnstreben der Bauern anzuregen und so ihre Erträge zu steigern. Damit wollte er für eine Übergangszeit Selbstversorgung und Entfaltung von Marktstrukturen zulassen, um die Landwirtschaft später erneut zu verstaatlichen. Die Bolschewiki hatten die „Diktatur des Proletariats“ in einem Land errichtet, das keine entwickelte kapitalistische Industrie und nur 10 Prozent Industriearbeiter hatte, im Vertrauen auf den künftigen Sieg der deutschen Revolutionäre. Noch bis 1923 bestanden Pläne zu einer Fortsetzung der Novemberrevolution als Anstoß zur Weltrevolution. (Siehe dazu auch Deutscher Oktober.) Doch mit dem Scheitern des Ruhraufstands und des Hamburger Aufstands zerbrachen die letzten Anläufe in Deutschland zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, so dass die Sowjetunion isoliert blieb. Kurz vor seinem Tod 1924 warnte Lenin testamentarisch vor Stalins Despotie.

Bereits seit der Gründung der Dritten Internationale 1919 war die Spaltung zwischen deutschen Sozialdemokraten und Kommunisten unüberwindbar. Seitdem wurde Kommunismus im Westen allgemein fast immer mit Diktatur, Demokratie vor allem mit Kapitalismus gleichgesetzt, obwohl auch Kommunisten und Sozialisten die Verwirklichung von Demokratie und die Versöhnung individueller Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit beanspruchen.

Marxismus-Leninismus und Stalinismus

Leonid Breschnew
Nikita Chruschtschow
Michail Gorbatschow

Josef Stalin baute die Alleinherrschaft der Partei ab 1924 zur unumschränkten Macht ohne gesellschaftliches Korrektiv aus. Er entmachtete im internen Machtkampf in der KPdSU bis 1927 die „Linke Opposition“ um Leo Trotzki und Lew Borissowitsch Kamenew und erreichte damit die Alleinherrschaft. Dazu bediente er sich des Terrors der Tscheka, wie ihn schon Lenin im Bürgerkrieg ausgeübt hatte. Mit Zwangsumsiedlungen, Zwangsarbeitslagern (Gulags), stalinistischen Säuberungen und der Errichtung eines Personenkults festigte er dann seine Diktatur. Die zwangsweise Kollektivierung der Landwirtschaft diente einem doppelten Zweck. Einerseits gelangte der Staat durch die Kollektivierung in den Besitz der Ernteerträge des Landes, die unter Inkaufnahme schrecklicher Hungersnöte zu einem guten Teil in den Export flossen und damit die Industrialisierung der Sowjetunion finanzierten. Anderseits bot die Zwangskollektivierung die Möglichkeit, die Opfer der Kollektivierung als billige Zwangsarbeiter beim Aufbau der Industrie einzusetzen. 1928 wurde die Zentralverwaltungswirtschaft eingeführt und der erste Fünfjahresplan erarbeitet.

Ebenso wie in der Sowjetunion etablierte Stalin in der 3. Internationale den Marxismus-Leninismus als neue Herrschaftsdoktrin und sorgte für die scharfe Abgrenzung gegen alle Kräfte, die die Führungsrolle der Sowjetunion und den „Sozialismus in einem Land“ ablehnten: vor allem den „Trotzkisten“ auf der einen, den „Sozialfaschisten“ (Sozialdemokraten) auf der anderen Seite.

Die Auseinandersetzungen zwischen reformistischen Sozialdemokraten und stalinistischen Kommunisten in der Weimarer Republik begünstigten Aufstieg und Machtübernahme der Nationalsozialisten. Damit wurde auch der Begriff des Sozialismus, der im 19. Jahrhundert weithin mit Demokratie gleichgesetzt wurde, übernommen, missbraucht und nachhaltig korrumpiert. Das verhinderte in Europa wie auch in China wirksame Allianzen von Sozialreformern und Kommunisten. Im Spanischen Bürgerkrieg kämpften Anarchisten, Demokraten und Kommunisten von 1936 bis 1939 letztmals gemeinsam, aber erfolglos gegen Francisco Franco.

Die Stalinschen „Säuberungen“ kulminierten von 1936 bis 1938 im Großen Terror: Stalin ließ nun auch die Generation der Oktoberrevolutionäre als seine möglichen innenpolitischen Gegner verbannen und ermorden, darunter die Führungsspitze der Roten Armee. Dazu wurden Hunderttausende Sowjetbürger erschossen oder jahrelang in Straflagern inhaftiert.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gelang es der Sowjetunion, in den Staaten Osteuropas infolge militärischer Besetzung stalinistische Regime zu etablieren. Der in der Ära des Kalten Krieges sogenannte „Ostblock“ wurde als territorialer Gegner bzw. potenzieller Feind zum „kapitalistischen“ Westen postuliert. Nach dem Tode Stalins 1953 leitete der neue Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow die Entstalinisierung ein und definierte damit den Marxismus-Leninismus, nun unabhängig vom Stalinismus, neu. Dieser „neue“ Marxismus-Leninismus bestimmte dann weitgehend die Politik der Sowjetunion und der Ostblock-Staaten bis zum Sturz Chruschtschows 1964. Unter seinem Nachfolger Leonid Breschnew wurde die Entstalinisierung allerdings kaum mehr verfolgt, begonnene Reformen in Partei und Staat wurden gestoppt oder sogar wieder zurückgenommen. Erst mit dem Antritt Michail Gorbatschows 1985 setzte mit Glasnost und Perestroika eine neue Reformwelle ein, die das politische System sowie die ideologische Ausrichtung der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten grundlegend veränderte. Die Revolutionen im Jahr 1989 beschleunigten den Zerfall der Sowjetunion, der schließlich 1991 zu deren Auflösung führte.

Gegenwärtig berufen sich insbesondere nur noch Kuba, Vietnam und Laos auf den Marxismus-Leninismus als offizielle Staatsdoktrin.

Auch in den bestehenden kommunistischen Parteien, wie beispielsweise in Deutschland der DKP oder der MLPD, spielt der Marxismus-Leninismus noch eine Rolle, während andere Parteien oder Organisationen dem Reform- oder Eurokommunismus zuzuordnen sind oder sich auf den Trotzkismus beziehen.

Trotzkismus

Leo Trotzki

Im Gegensatz zu der von Stalin vertretenen These vom möglichen „Sozialismus in einem Land“ stand Leo Trotzki für einen konsequenten Internationalismus. Nach seiner Theorie der permanenten Revolution kann der Sozialismus als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus nur auf internationaler Ebene funktionieren, weswegen die ganze Welt durch Revolutionen vom Kapitalismus befreit werden müsse. Bleibe die sozialistische Weltrevolution aus, so falle die Sowjetunion zwangsläufig wieder zum Kapitalismus zurück. Ausgangspunkt für den Trotzkismus ist aber vor allem auch die von Trotzki 1936 verfasste Studie: Verratene Revolution. Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie? Darin arbeitete er eine Analyse der Bürokratisierung der häufig als degenerierte Arbeiterstaaten bezeichneten Länder aus, in denen eine proletarische Revolution stattgefunden hatte. Trotzkisten verstehen sich, wie viele andere marxistische Strömungen auch, als Vertreter des Leninismus bzw. als dessen Weiterentwicklung.

Maoismus

Die Volksrepublik China sah sich nach der Revolution 1949 unter Führung Maos als besonderer Teil des „Weltkommunismus“ und pflegte die „Bruderfreundschaft“ mit der Sowjetunion unter Stalin. Nach dessen Tod 1953 leitete sein Nachfolger Nikita Sergejewitsch Chruschtschow 1956 eine Entstalinisierung ein. Der Kampf zwischen Chruschtschow und Mao um den Führungsanspruch in der kommunistischen Bewegung führte zum chinesisch-sowjetischen Zerwürfnis. Die Sowjetunion vertrat nun die Linie einer friedlichen Koexistenz mit dem kapitalistischen Westen, während China auf der sozialistischen Weltrevolution bestand. Zu seinem Einflussbereich gehörten vor allem Nordkorea und Nordvietnam, zeitweise auch Kambodscha und Laos, während Indien und die Kaukasusregion sich eher an die Sowjetunion anlehnten. Das von Mao verfolgte Programm des Großen Sprungs nach vorn, mit welchem China in wenigen Jahren zu einer industriellen Großmacht werden sollte, scheiterte und führte zu einer der größten Hungersnöte der Geschichte der Menschheit mit 20 bis 40 Millionen Toten.

In vielen Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas führten die „Blockmächte“ USA, UdSSR und VR China Stellvertreterkriege miteinander. Der Koreakrieg (1950–1953) z. B. war eigentlich ein chinesisch-amerikanischer Konflikt, in dem die USA erstmals nach 1945 wieder den Einsatz von Atomwaffen erwogen. In der Mongolei wiederum stritten die Sowjetunion und China mit Drohgebärden und militärischen Scharmützeln um Grenzverläufe. Sie unterstützten auch in der „Dritten Welt“ verschiedene revolutionäre Gruppen und Ziele. Die Roten Khmer in Kambodscha etwa beriefen sich zeitweise auf den „Maoismus“. Ihrer kurzen Herrschaft (1975–1979) fielen bis zu zwei Millionen Menschen zum Opfer. Auch in Europa fand der Maoismus Beachtung, so orientierte sich Albanien unter Enver Hoxha zwischen 1968 und 1978 an dessen Politik (siehe weiter unten). Unter der Kommunistischen Partei Chinas kam es in den 1980er-Jahren zu einer demokratischen Protestbewegung, die jedoch blutig niedergeschlagen wurde. Danach wurde in einigen Provinzen und Städten die kapitalistische Produktionsweise zugelassen, um die Produktivität zu steigern. Dies wirkte sich einerseits erheblich auf die Prosperität des Landes und die Konsumgüterproduktion aus. Anderseits verschärfte diese Maßnahme die Klassengegensätze zwischen einem neureichen Bürgertum privater Unternehmer und Staatsfunktionäre und einer rechtlosen proletarischen Wanderarbeiterschaft. Auch die Masse der rechtlosen Kleinbauern verarmt zunehmend und wird von der Wirtschaftsentwicklung weitgehend abgekoppelt.

Am 14. März 2004 wurde die Abschaffung des Privateigentums auch offiziell zurückgenommen und der Schutz des Privateigentums in der Verfassung verankert.

Der Maoismus spielte auch in der Hochphase der Studentenbewegung der 1960er-Jahre in Deutschland eine bedeutende Rolle; Mao wurde neben Che Guevara und Ho Chi Minh zu einem revolutionären Leitbild eines Teils dieser Bewegung.

Titoismus

Josip Broz Tito 1965

Kommunismus als staatliche und weltpolitische Zustandsbeschreibung differenzierte sich im Verlauf des Kalten Krieges weiter: Mit Jugoslawien unter Josip Broz Tito kam eine Sonderform der Unabhängigkeit vom sowjetischen Führungsanspruch hinzu, die ihrerseits zwar eine autoritäre Ein-Parteien-Regierung war, jedoch deutlich liberalere Züge als die Ostblock-Staaten und China aufwies. Wichtig im Kommunismus titoistischer Prägung war auch die sogenannte Blockfreiheit, so gründete Tito gemeinsam mit dem ägyptischen Staatschef Nasser, dem indischen Premier Nehru und dem indonesischen Präsidenten Sukarno 1961 in Belgrad die Bewegung der blockfreien Staaten, die sich im Ost-West-Konflikt neutral verhielten. In der Innenpolitik verfolgte der Titoismus ein umfassendes föderatives Konzept. So war Jugoslawien in sechs Teilrepubliken (Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und Mazedonien) gegliedert, die über weitreichende Selbstbestimmungsrechte verfügten; den beiden Provinzen Kosovo und Vojvodina wurde eine weitgehende Autonomie zugestanden. Ebenfalls eine wichtige Säule des Titoismus war die sogenannte Arbeiterselbstverwaltung, die es jedem Mitarbeiter eines Betriebes gestattete, Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen.

Zwischen 1944 und 1948 spielte der Titoismus unter der Führung von Koçi Xoxe auch im benachbarten Albanien eine Rolle; ein Beitritt zur jugoslawischen Bundesrepublik wurde ebenfalls erwogen.

Der Titoismus beeinflusste auch maßgeblich Alexander Dubček; so führte dieser 1968 im sogenannten Prager Frühling ebenfalls die Arbeiterselbstverwaltung ein, die allerdings nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR wieder abgeschafft wurde.

Realsozialismus

Weltkarte mit realsozialistischen Staaten in rot (1980)
Sowjetisches Lenindenkmal in Ulan-Ude

Die Bezeichnung „real existierender Sozialismus“ (kurz Realsozialismus) ist eine Eigenbezeichnung der ehemaligen oder bestehenden sozialistischen Gesellschaftssysteme mit meist einem Ein-Parteien-System und marxistisch-leninistischer Staatsideologie. Darunter werden vor allem die Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes und des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe verstanden. Dieser Terminus, der Selbst- und Fremdbezeichnung war, drückt zum einen aus, dass der Sozialismus tatsächlich existiere und zum anderen wird dieser Begriff auch kritisch verwendet, um eine Diskrepanz zwischen der Theorie und den tatsächlichen politischen Verhältnissen des Sozialismus/Kommunismus auszudrücken.

Um die von Marx geforderte Herrschaft des Proletariats zu verwirklichen, schuf Lenin in theoretischer und praktischer Auseinandersetzung mit den Bedingungen zur Machterringung und anschließender Bewahrung des Sozialismus eine „Partei neuen Typs“ (Was tun?, 1902, und Ein Schritt vorwärts – zwei Schritte zurück, 1904), die dafür nach seinem Prinzip des demokratischen Zentralismus organisiert war. In marxistischer Theorie ist die Diktatur des Proletariats der Weg zum Ziel der klassenlosen Gesellschaft. Lenin bezeichnete die Phase nach der Machtergreifung und anschließende Machtverteidigung des Proletariats als Sozialismus, betrachtete diesen – inklusive der notwendigen Diktatur – also als Vorstufe zum vollendeten eigentlichen Kommunismus, in dem der Staat mit der Gesellschaft identisch und daher nicht mehr als Zwang empfunden werde.

Da im real existierenden Sozialismus viele Theoreme und praktische Vorschläge von Marx mit ihrer Staatsideologie zu realisieren versucht wurden, wurde dieses System oft als folgerichtiges Ergebnis seiner ursprünglichen Ideen betrachtet. Gemeinsame Merkmale der sich so nennenden „Volksdemokratien“ oder „Volksrepubliken“ wie die Alleinherrschaft einer kommunistischen Partei werden von Befürwortern wie Gegnern oft mit der von Marx intendierten „Diktatur“ identifiziert.

Infolge seiner Machtausdehnung durch den und nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 und auch seit der erfolgreichen Revolution Mao Zedongs in der Republik China (Gründung der Volksrepublik China) 1949 gewann der sogenannte Realsozialismus ein weltpolitisches Gegengewicht zu den marktwirtschaftlich ausgerichteten Ländern unter Führung der Vereinigten Staaten von Amerika. Die von der Sowjetunion nach 1945 installierten und dominierten Systeme wurden in der westlichen Welt als „Ostblock“ bezeichnet, weil sie keine reale Autonomie besaßen, sondern faktisch Satellitenstaaten der vom Politbüro der KPdSU gelenkten Sowjetunion waren.

Dieser Gegensatz bestimmte den Kalten Krieg und das im Westen herrschende Verständnis von „Kommunismus“. Es setzte oft auch sozialistische und sozialdemokratische Parteien unter Druck, die sich gegen Diffamierungen wehren mussten, etwa die „fünfte Kolonne Moskaus“ zu sein (Wahlkampfparole Konrad Adenauers) oder die „Verteidigung der Freiheit“ im Rahmen des westlichen Militärbündnisses (NATO) zu vernachlässigen.

Die realsozialistischen Regime brachen Ende der 1980er-Jahre zusammen. Gründe dafür waren unter anderem innere Oppositionsbewegungen, die desolate Wirtschaftslage, die Ineffizienz der in diesen Regimen betriebenen Planwirtschaften sowie die Konkurrenz der erfolgreicher erscheinenden sozialstaatlichen Modelle des Westens.[11] In der DDR kam 1989 außerdem die Massenflucht in die Bundesrepublik hinzu.[12]

Kommunistische Befreiungsbewegungen

Ernesto Che Guevara (1928-1967), Symbolfigur des kommunistischen Antiimperialismus

Gegenüber dem europäischen Imperialismus und Kolonialismus hatten die Ideen von Marx schon seit 1900 auch in vielen nicht industrialisierten, vom Weltmarkt und westlicher Hegemonie beherrschten Ländern Anhänger gefunden.

Die Entwicklung in der Sowjetunion wurde zwar auch teilweise von Sozialisten und Kommunisten kritisiert, die angesichts des aufstrebenden Faschismus dennoch nicht ihre grundsätzliche Solidarität zur Sowjetunion aufgaben. Mit dem opferreichen Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland und dem folgenden Kalten Krieg gewann die Vorstellung des Antagonismus zweier Lager auch unter ihnen neue Plausibilität.

Besonders nach der erfolgreichen Revolution Fidel Castros in Kuba 1958 griffen viele Befreiungsbewegungen in der sogenannten Dritten Welt den Marxismus-Leninismus auf und entwickelten ihn als Antiimperialismus für ihre eigenen Situationen weiter.

Rumänien

Nicolae Ceaușescu (1918-1989)

Gheorghe Gheorghiu-Dej leitete in den 1950er Jahren die Sowjetisierung Rumäniens ein. Er baute den Sicherheitsdienst Securitate zu einem allgegenwärtigen Kontrollorgan aus.

Unter Gheorghiu-Dejs Nachfolger Nicolae Ceaușescu erlangte Rumänien eine relative Unabhängigkeit zur Sowjetunion; so wurde der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR 1968 ebenso verurteilt wie die Boykottierung der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles, an denen Rumänien als einziger Ostblock-Staat teilnahm. Andererseits herrschte um Ceaușescu ein grotesker Personenkult, die Securitate blieb allgegenwärtig und die Bevölkerung verarmte dramatisch. Ceaușescu und seine Frau wurden 1989 in einem blutigen Umsturz hingerichtet.

Albanien

Enver Hoxha

Nach dem Zweiten Weltkrieg lehnte sich Albanien zunächst eng an Titos Jugoslawien an, brach allerdings bereits 1948 mit Tito und wurde ein enger Verbündeter der Sowjetunion. 1949 trat das Land dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) bei und war eines der Gründungsmitglieder des Warschauer Paktes.

Durch die Entstalinisierung und die damit verbundene Tauwetterperiode brach Enver Hoxha nun auch mit der Sowjetunion; 1968 erfolgte der Austritt aus dem RGW und dem Warschauer Pakt. Albanien lehnte sich fortan an das maoistische China an, der Maoismus wurde nun zur neuen Staatsdoktrin erhoben.

Der Tod Maos 1976 und die darauf folgenden Reformen Deng Xiaopings lösten einen erneuten Politikwechsel aus. Albanien sagte sich nun offiziell auch vom Maoismus los und verfolgte einen neuen albanischen Weg zum Sozialismus, der durch eine besonders isolationistische, autarke Politik gekennzeichnet war.

Nordkorea: Chuch’e- und Sŏn’gun-Ideologie

Kim Il-sung

In Nordkorea ersetzte 1977 die von Kim Il-sung entwickelte Chuch’e-Ideologie als Weiterentwicklung und Abkehr den Marxismus-Leninismus als Grundlage der Verfassung. Ihr Ziel ist nicht mehr eine klassenlose Gesellschaft, sondern nur mehr eine Art „Freundschaft der Klassen“. Hinzu kommt eine stark nationale Komponente, die die eigenen Interessen über die der internationalen Bewegung stellt. Des Weiteren wird betont, dass nicht die kommunistische Partei oder das Proletariat die Gesellschaft transformieren soll, sondern ein einzelner „Arbeiterführer“, dem bedingungslose Loyalität zu gewähren ist. 2009 wurde unter Kim Jong-il die Chuch’e-Ideologie per Verfassungsänderung um die ein Primat des Militärs einsetzende Sŏn’gun-Ideologie ergänzt. Zugleich wurden alle direkten Bezüge auf den Kommunismus aus der Verfassung gestrichen.

Reformkommunismus Ost

Alexander Dubček, umarmt von Václav Havel

In den Ostblockstaaten mit einer älteren demokratischen Tradition gab es seit 1953 Anläufe zu Eigenständigkeit und Emanzipation vom „großen Bruder“ in Moskau. Diese Bemühungen um Reformen auf weiterhin staatssozialistischer Grundlage werden als Reformkommunismus eingeordnet. Sie begannen mit dem eher anti- als reformkommunistischen Aufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR, der zuerst Arbeitszeit- und Lohnreformen forderte, dann das Machtmonopol der SED in Frage stellte und auch schon die Deutsche Wiedervereinigung anvisierte. Der Ungarische Volksaufstand von 1956 und der Prager Frühling 1968 in der Tschechoslowakei führten zu einer Wiederbelebung der Räte und der Genossenschaften in Verbindung mit einer vorsichtigen Liberalisierung der Wirtschaft und Zulassung von Privatunternehmen. Diese Versuche waren stets von breiten Bevölkerungsschichten getragen und wurden gewaltsam von der Roten Armee in dem Moment niedergeschlagen, als die Loslösung vom Warschauer Pakt und damit von der Sowjetunion in Reichweite kam.

Auch in der staatsunabhängigen Gewerkschaftsbewegung Solidarność in der Volksrepublik Polen gab es anfangs prominente Vertreter mit reformkommunistischen Ansätzen, die z. B. die Kontrolle über die Lebensmittelverteilung in Polen forderten. Nach den August-Streiks 1980 in Polen wurde der Einmarsch sowjetischer Truppen nur knapp vermieden, indem General Wojciech Jaruzelski im Dezember 1981 das Kriegsrecht verhängte, das bis 1983 in Kraft blieb.

Eurokommunismus West

In Westeuropa waren kommunistische Bewegungen bis 1939 in vielen Staaten verbreitet. In Italien entstand nach Vorarbeiten von Antonio Gramsci nach 1945 der so genannte „Eurokommunismus“, der sich vom Stalinismus abgrenzte und durch parlamentarische Mehrheiten ökonomische und soziale Reformen erreichen wollte. In Frankreich vertrat bzw. vertritt die von relativ starken Gewerkschaften getragene KPF in den 1970er-Jahren und seit dem Zusammenbruch des Ostblocks eurokommunistische Standpunkte.

Neomarxismus

Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule wollte zur Herausbildung eines neuen revolutionären Subjekts aus der „formierten Gesellschaft“ des Spätkapitalismus beitragen, um den „autoritären Charakter“ (Erich Fromm) und „eindimensionalen Menschen“ (Herbert Marcuse) sowohl des Faschismus wie auch des orthodoxen Staatskommunismus zu überwinden. In ihrem Gefolge steht die Wertkritik von Autoren wie Michael Heinrich, Robert Kurz und Moishe Postone.

Kommunistische Splitterparteien

In der Bundesrepublik Deutschland hatte das KPD-Verbot 1956 zur Zwangsauflösung der Kommunistischen Partei geführt. In der politischen Spannungslage nach der Studentenbewegung entstanden zahlreiche sogenannte K-Gruppen, die oft stark gegeneinander konkurrierten und sich je nach Vorbild an einen oder mehrere „real existierende“ kommunistische Staaten anlehnten.

Kritik des Realsozialismus

Innermarxistische, sozialistische und liberale Kritikansätze

Die Kritik an den real existierenden Systemen mit kommunistischem Anspruch setzt an mehreren Aspekten an:

  • Fehlende Basisdemokratie: Das von Lenin verhängte Partei- und Fraktionsverbot lähme die notwendige gesellschaftliche Partizipation und Eigeninitiative der Arbeiter und gefährde so den Aufbau des Sozialismus (Rosa Luxemburg).
  • Bürokratie: Durch die Isolierung Sowjetrusslands konnte eine neue Bürokratenschicht die „Macht an sich reißen“, was zu einer „Entartung“ des Arbeiterstaates führte (Leo Trotzki).
  • Berechnungsproblem: Die Verteilung von Leistungen und Gütern sei ohne eine freie Preisbildung kaum sinnvoll möglich, da sie keine Berechnungsbasis habe und unmöglich die Interessen aller Individuen sinnvoll miteinander koordinieren und gegeneinander aufwiegen kann. (Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek)
  • Zentralismus: Die von oben nach unten aufgebaute sowjetische Kaderpartei sei strukturell unfähig, die Wirtschaftsprobleme des Landes zu lösen (Wolfgang Leonhard).
  • Ideologische Manipulation: Stalins und Maos „Marxismus-Leninismus“ sei ein Bruch mit den ursprünglichen Ideen von Marx, Engels und Lenin und pervertiere sie (George Orwell, Oskar Negt, Iring Fetscher).
  • Totalitarismus: Die Herrschaftsform der UdSSR lasse strukturell keine Demokratisierung zu und schalte die freie Entfaltung der Menschen ähnlich total aus wie der Faschismus (Hannah Arendt).
  • Die Gesellschaftsformation der Sowjetunion und Chinas sei kein Sozialismus/Kommunismus, sondern eine bürokratisch erstarrte Form des asiatischen Despotismus (Karl August Wittfogel, Rudolf Bahro, Rudi Dutschke),
  • Imperialismus: Die innerstaatliche Diktatur und ökonomische Schwäche der Sowjetunion führe zu äußerem Expansionsdrang und Hegemonialansprüchen, die den Weltfrieden gefährden (Konsens von Reformkommunisten, Antikommunisten und manchen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt)

Im Zentrum vieler Kritikansätze steht die Einparteienherrschaft, die das gemeinsame Kennzeichen der „Volksdemokratien“ war und ist. Formell konnten z. B. im Blockparteiensystem der DDR weitere kleine Parteien existieren, die aber gleichgeschaltet mit der SED waren und deren Mehrheit nie gefährden durften.

Totalitarismus

Die Totalitarismus-Theorie vergleicht seit ihrem Aufkommen in den 1920er-Jahren die politischen Systeme des Faschismus mit dem des Marxismus-Leninismus beziehungsweise Stalinismus. Ihre Vertreter gehen von formalen und inhaltlichen Ähnlichkeiten der Systeme und Parteikonzepte aus. Kritiker, insbesondere in Deutschland, werfen ihnen vor, damit die Einmaligkeit des Nationalsozialismus zu leugnen und seine Verbrechen zu verharmlosen. Das Verfassungsgericht der Ukraine stellte 2019 fest, dass sowohl das nationalsozialistische als auch das kommunistische Regime durch gleichartige totalitäre und willkürliche Kontrolle die ukrainische Bevölkerung terrorisierten und daher ein Verbot der Symbole beider Totalitarismen verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.[13]

Linkskommunismus

Bereits in den 1920er-Jahren kristallisierte sich innerhalb der kommunistischen Bewegung der Linkskommunismus als eigene Strömung heraus.[14] Bekanntester Vertreter war der Italiener Amadeo Bordiga (1889–1970). Er kritisierte sowohl die Stalinisierung innerhalb der kommunistischen Parteien als auch den Trotzkismus. Während die meisten kommunistischen Organisationen nach 1945 den real existierenden Sozialismus verteidigten, legten Bordiga und die Internationale Kommunistische Partei in mehreren Schriften dar, warum die Sowjetunion und die anderen realsozialistischen Staaten für sie nicht sozialistisch seien, sondern eine besondere Form der kapitalistischen Entwicklung darstellen würden. Andere linkskommunistische Theoretiker, die in den 1920er-Jahren in Abgrenzung von Lenin eine Räteherrschaft des Proletariats anstrebten (Rätekommunismus), waren etwa Anton Pannekoek und Otto Rühle sowie Karl Korsch und andere Vertreter des „ultralinken“ Flügels der KPD, der 1925/1926 im Prozess der Stalinisierung aus der Partei gedrängt wurde. Sie bezogen sich, anders als Rühle und Pannekoek, positiv auf den Leninismus.[15] Die Rezeption von Korsch und Rühle beeinflusste zwei Generationen später die deutsche Studentenbewegung.

Postkommunismus der Gegenwart

Postkommunistische Parteien

Nach dem Ende des real existierenden Sozialismus reformierten sich viele der zuvor staatstragenden kommunistischen Parteien, gaben sich neue Programme und Namen. Diese Parteien setzten auf Konzepte wie die Basisdemokratie und den demokratischen Sozialismus anstelle einer Diktatur des Proletariats und des Führungsanspruchs einer einzigen Partei.

Postmarxistische Ansätze

Aufbauend auf der kritischen Theorie bildete sich vor allem in akademischen Milieus eine alternative kritische Auseinandersetzung mit der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung heraus. Als Ausdruck dieser Gesellschaftsform kritisiert werden bestimmte Ideologien und Tendenzen wie Arbeitsfetisch, Personalisierung abstrakter Verhältnisse, Antisemitismus und Antiamerikanismus. Dabei beziehen sich die Kritiker nicht nur auf Karl Marx, sondern vor allem auch auf die Vertreter der „Kritischen Theorie“ (Adorno, Horkheimer). In den 1990er-Jahren bildeten sich im linksalternativen Spektrum zwei neue gesellschaftskritische, postmarxistische Strömungen, die besonders nach dem 11. September 2001 Auftrieb bekamen, heraus: „Wertkritiker“ und daneben in Deutschland und Österreich die „Antideutschen“.

Beide Strömungen wollen prozessual die bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse aufheben und in eine „befreite“ Gesellschaft transformieren. Der Kapitalismus wird dabei einer neu akzentuierten Analyse unterzogen. Das Ziel dabei sei, in einem Diskussions- und Transformationsprozess eine zwanglose und gemeinschaftliche Gesellschaft, in der der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, entstehen zu lassen. Besonders die Antideutschen beharren auf dem von Adorno (Negative Dialektik, Minima Moralia) proklamierten Bilderverbot, also dem bewussten Verzicht auf das Ausmalen der befreiten Zukunft.

Beide Strömungen grenzen sich scharf vom traditionellen Marxismus ab, da dieser das Proletariat als so genanntes „revolutionäres Subjekt“ sieht und den Begriff der „Arbeit“ positiv besetzt. Dagegen wird Arbeit streng als spezifisch kapitalistische und aus dem Lebensalltag der Menschen herausgerissene menschliche Tätigkeit kritisiert. Auch die marxistische Klassenkampf-Rhetorik wird als Personalisierung abgelehnt. Der Organisationsgrad der beiden Strömungen ist bewusst niedrig, es handelt sich dabei um lose verbundene Gruppen.

Den „real existierenden Sozialismus“ analysieren die Postmarxisten als eine spezifische Form von Entwicklungsdiktaturen, die unter der Vorgabe (und im Glauben), eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, nur eine nachholende Industrialisierung auf dem Boden der warenproduzierenden Vergesellschaftung durchsetzten.

Siehe auch

Dokumentarfilme

  • Aufstieg und Fall des Kommunismus (Alternativtitel: Die Geschichte des Kommunismus). 12-teilige Dokumentationsreihe. Eine Produktion von Spiegel TV im Auftrag von ZDFinfo. Deutschland 2016[16][17]

Literatur

Allgemeine Geschichte

Kritik und Gegenkritik

Wissenschaftliche Zeitschriften

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Textsammlungen
Wikisource: Kommunismus – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Lorenz von Stein: Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich. Band 1. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1959, S. 320.
  2. „Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“ – Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 28.
  3. Frank R. Pfetsch, Thomas Kreihe: Theoretiker der Politik: von Platon bis Habermas. Wilhelm Fink, München 2003, S. 453.
  4. Frank R. Pfetsch: Theoretiker der Politik: Von Platon bis Habermas. Wilhelm Fink, München 2003, S. 454; Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, 1848: „Wir sahen schon oben, daß der erste Schritt in der Arbeiterrevolution die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung der Demokratie ist. Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. Es kann dies natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind.“ MEW 4, S. 481.
  5. Andreas Arndt: Karl Marx: Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie. Akademie, Berlin 2012, S. 90 f.; Friedrich Bohl: Abschied von einer Illusion. Die Überwindung des Sozialismus in Deutschland. Aktuell 1990, S. 23.
  6. Walter Euchner, Helga Grebing (Hrsg.): Geschichte der sozialen Ideen in Deutschland. 2. Auflage, VS Verlag, Wiesbaden 2005, S. 211.
  7. „Der Staat wird nicht abgeschafft, er stirbt ab.“ – Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. MEW 19, S. 224; Willi Albers: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, 1982, S. 5.
  8. Karl Marx: Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 21.
  9. Otto Wittelshöfer: Weitling, Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 624 f.
  10. Marx/Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, 474.
  11. Josef Esser: Kommunismus. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Lexikon der Politik, Band 7: Politische Begriffe. Directmedia, Berlin 2004, S. 314.
  12. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 5: Bundesrepublik und DDR 1949–1990. C. H. Beck, München 2008, S. 359 ff.
  13. Erkenntnis über die Verfassungskonformität des Verbots kommunistischer und nationalsozialistischer Propaganda. Verfassungsgericht der Ukraine, 16. Juli 2019, abgerufen am 4. September 2019 (ukrainisch).
  14. Marcel Bois: Linkskommunismus. In: Wolfgang Fritz Haug u. a. (Hrsg.): Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus. Band 8/II. Hamburg 2015, S. Sp. 1180–1193.
  15. Zur Geschichte der „Ultralinken“ vgl. Ralf Hoffrogge: Für Lenin, gegen Stalin – Linksradikale in der Weimarer Republik, aus: analyse & kritik, Nr. 596, August 2014.
  16. Aufstieg und Fall des Kommunismus. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 8. Mai 2018.
  17. Aufstieg und Fall des Kommunismus. In: Presseportal.ZDF.de. Abgerufen am 8. Mai 2018.