„Cauchy-Verteilung“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt die mathematischen Eigenschaften, für Anwendungen in der Physik siehe [[Lorentzkurve]].}} |
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Die '''Cauchy-Verteilung''' (nach [[Augustin Louis Cauchy]]) ist eine kontinuierliche [[Wahrscheinlichkeitsverteilung]] mit der [[Wahrscheinlichkeitsdichte]] |
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Die '''Cauchy-Verteilung''' (nach [[Augustin Louis Cauchy]]) ist eine stetige, [[Wölbung (Statistik)|leptokurtische]] (supergaußförmige) [[Wahrscheinlichkeitsverteilung]]. |
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:<math> f(x) = \frac{1}{\pi} \cdot \frac{s}{s^2 + (x-t)^2} </math>. |
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[[Bild:Pendulum Cauchy.svg|thumb|Pendel der Länge <math>s</math> mit Ruheposition <math>t</math> und Auslenkungswinkel <math>U</math>. Ist <math>U</math> gleichverteilt, so ist die Auslenkung <math>X</math> Cauchy-verteilt.]] |
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Die [[Verteilungsfunktion]] der Cauchy-Verteilung ist |
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Anschaulich gesprochen beschreibt sie die tangentiale Auslenkung eines [[Mathematisches Pendel|Pendels]]. Hat das Pendel die Länge <math>s</math>, Ruheposition <math>t</math> und einen über dem Intervall <math>(-90\text{°},90\text{°})</math> [[Stetige Gleichverteilung|gleichverteilten]] Auslenkungswinkel <math>U</math>, so ist die Position <math>X = s \tan(U) + t</math> Cauchy-verteilt mit den Parametern <math>s</math> und <math>t</math>.<ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Bühler |Titel=Die Cauchy-Verteilung und das Gesetz der großen Zahlen |Sammelwerk=Monoid |Band=Jahrgang 30 |Nummer=103 |Verlag=Universität Mainz |Datum=2010 |Seiten=16-18 |Online=https://monoid.mathematik.uni-mainz.de/M103.pdf}}</ref> |
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Die Cauchy-Verteilung tritt außerdem als die Verteilung einer Zufallsvariable <math>Z=X/Y</math> auf, die das Verhältnis zweier [[Zufallsvariable|Zufallsvariablen]] <math>X</math> und <math>Y</math> mit einer rotationsinvarianten gemeinsamen Dichte ist (z. B. zwei unabhängige zentrierte normalverteilte Zufallsvariablen).<ref>{{Literatur |Autor=[[Norbert Henze]] |Titel=Stochastik: Eine Einführung mit Grundzügen der Maßtheorie |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Berlin |Datum=2019 |ISBN=978-3-662-59562-6 |Seiten=144}}</ref> |
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:<math>P(X < x)= F(x) = \frac{1}{2} + \frac{1}{\pi} \cdot \arctan \frac{x-t}{s}</math> |
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Ferner ist sie in der Physik für eine genäherte Beschreibung von [[Resonanz]] von Bedeutung. Sie wird dort ''Resonanzkurve'' oder [[Lorentzkurve]] (nach [[Hendrik Antoon Lorentz]]) genannt. Daher gibt es auch die Bezeichnungen '''Lorentz-Verteilung''' und '''Cauchy-Lorentz-Verteilung'''. |
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Mit dem Zentrum ''t''=0 und dem Breitenparameter ''s''=1 ergibt sich die '''Standard-Cauchy-Verteilung''' oder auch '''t-Verteilung mit einem Freiheitsgrad''' |
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:<math>\mathrm{ f(x)=\frac{1}{\pi(1+x^2)} }</math>. |
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== Definition == |
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Die Wahrscheinlichkeitsdichte der Cauchy-Verteilung ist ebenfalls bekannt als '''Lorentz-Verteilung''' oder '''Lorentz-Kurve''' (nach [[Hendrik Antoon Lorentz]]). In der Physik wird oft die Bezeichnung [[Breit-Wigner-Verteilung]] benutzt. |
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[[Bild:Cauchy pdf.svg|thumb]][[Datei:Cauchy cdf.svg|mini|Dichtefunktion (oben) und Verteilungsfunktion (unten) der Cauchy-Verteilung für verschiedene Werte der beiden Parameter. Dabei entspricht <math>\gamma</math> im Bild ''s'' in der nebenstehenden Gleichung und <math>x_0</math> entspricht ''t''.]] |
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Eine Zufallsvariable <math>X</math> hat eine Cauchy-Verteilung mit Zentrum <math>t \in \mathbb{R}</math> und Breitenparameter <math>s>0</math>, wenn sie die auf ganz <math>\mathbb{R}</math> definierte [[Wahrscheinlichkeitsdichte]] |
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: <math> f(x) = \frac{1}{\pi} \cdot \frac{s}{s^2 + (x-t)^2} </math> |
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besitzt. Hierfür schreibt man auch symbolisch <math>X \sim \mathrm{C}(t,s)</math> und sagt, dass <math>X</math> ''Cauchy-verteilt'' ''(zu <math>t</math> und <math>s</math>)'' ist.<ref>{{Literatur |Autor=Norbert Henze |Titel=Stochastik für Einsteiger |Auflage=13. |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2021 |ISBN=978-3-662-63839-2 |Seiten=314}}</ref> |
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Die spezielle Cauchy-Verteilung zu den Parametern <math>t=0</math> und <math>s=1</math>, also mit der Wahrscheinlichkeitsdichte |
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: <math>f(x)=\frac{1}{\pi(1+x^2)}</math>, |
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heißt '''Standard-Cauchy-Verteilung'''. Für eine standard-Cauchy-verteilte Zufallsvariable <math>X</math> schreibt man entsprechend <math>X \sim \mathrm{C}(0,1)</math>. |
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== Eigenschaften == |
== Eigenschaften == |
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=== Verteilungsfunktion === |
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Die [[Verteilungsfunktion]] der Cauchy-Verteilung ist |
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Die Cauchy-Verteilung gilt als Prototyp einer Verteilung, die weder [[Erwartungswert]] noch [[Varianz]] oder [[Standardabweichung]] besitzt, da die entsprechenden Integrale nicht definiert sind. Jedoch besitzt sie einen [[Median]] <math>\mathrm{\tilde{x}=0}</math> und einen [[Modus (Statistik)|Modus]]. |
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: <math>F(x) = \frac{1}{2} + \frac{1}{\pi} \cdot \arctan\left(\frac{x-t}{s}\right)</math>. |
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Die Verteilungsfunktion der Standard-Cauchy-Verteilung lautet insbesondere (<math> t = 0, s = 1</math>) |
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Die Cauchy-Verteilung gehört zu den [[Reproduktivität|reproduktiven]] Wahrscheinlichkeitsverteilungen: der Mittelwert (''X''<sub>1</sub>+''X''<sub>2</sub>+..+''X''<sub>''n''</sub>)/''n'' aus ''n'' Standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen ist selbst Standard-Cauchy-verteilt. Insbesondere gehorcht die Cauchy-Verteilung also nicht dem [[Gesetz der großen Zahlen]], das für alle Verteilungen mit existierendem Erwartungswert (siehe Satz von Etemadi) gilt. |
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: <math>F(x) = \frac{1}{2} + \frac{1}{\pi} \cdot \arctan(x)</math>. |
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=== Erwartungswert, Varianz, Standardabweichung, Momente === |
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Die Cauchy-Verteilung ist eine spezielle [[alpha-stabile Verteilungen|α-stabile (Lévy-) Verteilung]] mit dem Exponentenparameter α=1. |
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Die Cauchy-Verteilung ist eine Verteilung, die weder [[Erwartungswert]] noch [[Varianz (Stochastik)|Varianz]] oder [[Standardabweichung (Wahrscheinlichkeitstheorie)|Standardabweichung]] besitzt, sie sind [[Unbestimmter Ausdruck (Mathematik)|unbestimmt]]. Dementsprechend besitzt sie auch keine endlichen [[Moment (Stochastik)|Moment]]e und keine [[momenterzeugende Funktion]]. |
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=== Quantile === |
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Die Cauchy-Verteilung ist invariant gegenüber [[Faltung (Mathematik)|Faltung]], d.h. die Faltung einer [[Lorentzkurve]] der [[Halbwertsbreite]] <math>\Gamma_{a}</math> mit einer Lorentzkurve der Halbwertsbreite <math>\Gamma_{b}</math> ergibt wieder eine Lorentzkurve mit der Halbwertsbreite <math>\Gamma_{c}</math>. |
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Die [[Quantil (Wahrscheinlichkeitstheorie)|Quantile]] erhält man aus der [[Quantilfunktion]] |
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:<math> F^{-1}(p) = s \cdot \tan(\pi(p -1/2)) +t </math>. |
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=== Median, Modus, Quartilabstand === |
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== Vorkommen == |
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Die Cauchy-Verteilung besitzt den [[Median (Stochastik)|Median]] bei <math>t</math>, den [[Modus (Stochastik)|Modus]] ebenfalls bei <math>t</math>, und den [[Streuungsmaß_(Statistik)#Interquartilsabstand|Quartilsabstand]] <math>2s</math>. |
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=== Symmetrie === |
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Der Quotient aus zwei [[Normalverteilung|Standard-normalverteilten]] Zufallsvariablen ist Standard-Cauchy-verteilt. |
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Die Cauchy-Verteilung ist [[Symmetrische Wahrscheinlichkeitsverteilung|symmetrisch]] zum Parameter <math> t </math>. |
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=== Entropie === |
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Die Cauchy-Verteilung ist eine [[Students t-Verteilung]] mit genau einem Freiheitsgrad. |
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Die [[Differentielle Entropie|Entropie]] beträgt <math>\log(4 \pi s)</math>. |
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=== Charakteristische Funktion === |
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Außerhalb der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die Cauchy-Verteilung auch als ''Lorentz-Verteilung'' bekannt. |
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Die [[Charakteristische Funktion (Stochastik)|charakteristische Funktion]] der Cauchy-Verteilung ist <math>y \mapsto \exp(ity - s|y|)</math>. |
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=== Reproduktivität === |
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==Anwendungsbeispiel== |
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Die Cauchy-Verteilung gehört zu den [[Reproduktivität|reproduktiven]] Wahrscheinlichkeitsverteilungen: Der [[Arithmetisches Mittel|arithmetische Mittelwert]] |
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:<math>\overline{X}=\frac{X_1+X_2+\dotsb +X_n}{n}</math> |
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aus <math>n</math> standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen ist selbst standard-Cauchy-verteilt. Insbesondere gehorcht die Cauchy-Verteilung also nicht dem [[Gesetz der großen Zahlen]], das für alle Verteilungen mit existierendem Erwartungswert (siehe [[Satz von Etemadi]]) gilt. Ferner gilt auch der [[Zentraler Grenzwertsatz|zentrale Grenzwertsatz]] nicht. |
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=== Invarianz gegenüber Faltung === |
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Bei der Cauchy-Verteilung ist die Wahrscheinlichkeit für extreme Ausprägungen sehr groß. Sind die 1% größten Werte einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen X mindestens 2,58, beträgt bei einer Cauchy-verteilten Zufallsvariablen die entsprechende Untergrenze ca. 31. Möchte man die Auswirkung von Ausreißern in Daten auf statistische Verfahren untersuchen, verwendet man häufig Cauchy-verteilte [[Zufallszahl]]en in Simulationen. |
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Die Cauchy-Verteilung ist invariant gegenüber [[Faltung (Stochastik)|Faltung]], das heißt, die Faltung einer Lorentz-Kurve der [[Halbwertsbreite]] <math>\Gamma_{a}</math> und einem Maximum bei <math>t_a</math> mit einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite <math>\Gamma_{b}</math> und einem Maximum bei <math>t_b</math> ergibt wieder eine Lorentz-Kurve mit der Halbwertsbreite <math>\Gamma_{c} = \Gamma_{a} + \Gamma_{b}</math> und einem Maximum bei <math>t_c = t_a + t_b</math>. Somit bildet die Cauchy-Verteilung eine [[Faltungshalbgruppe]]. |
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== Beziehung zwischen der Cauchy-Verteilung und der Standard-Cauchy-Verteilung == |
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==Zufallszahlen== |
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Ist eine Zufallsvariable <math>X</math> standard-Cauchy-verteilt, so ist die transformierte Zufallsvariable <math>Y=sX+t</math> (mit <math>t \in \mathbb{R}</math> und <math>s>0</math>) Cauchy-verteilt zu <math>t</math> und <math>s</math>. Umgekehrt gilt: Ist <math>Y</math> Cauchy-verteilt mit den Parametern <math>s</math> und <math>t</math>, dann ist <math display="inline">X=\frac{Y - t}{s}</math> standard-Cauchy-verteilt. |
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== Beziehungen zu anderen Verteilungen == |
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Zur Erzeugung cauchyverteilter Zufallszahlen bietet sich die [[Inversionsmethode]] an. |
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=== Beziehung zur stetigen Gleichverteilung === |
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Die nach dem [[Simulationslemma]] zu bildende Pseudoinverse der [[Verteilungsfunktion]] F(x) lautet hierbei <math>F^{-1}(y) = \tan ( \pi y )</math>. Zu einer Folge von [[Standardzufallszahl]]en <math>u_i</math> lässt sich daher eine Folge <math>x_i := \tan ( \pi u_i )</math> cauchyverteilter Zufallszahlen berechnen. |
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Ist <math>U</math> auf dem Intervall <math>(-\tfrac{\pi}{2}, \tfrac{\pi}{2})</math> [[Stetige Gleichverteilung|stetig gleichverteilt]], dann ist <math>X = \tan(U)</math> standard-Cauchy-verteilt. Entsprechend ist <math>Y = sX + t</math> Cauchy-verteilt mit den Parametern <math>s</math> und <math>t</math>. Dies motiviert das Beispiel der Pendel-Auslenkung. |
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=== Beziehung zur Normalverteilung === |
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== Literatur == |
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Sind <math>X,Y</math> zwei unabhängige standardnormalverteilte Zufallsvariablen, dann ist der Quotient <math>Z=\tfrac{X}{Y}</math> standard-Cauchy-verteilt.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph K. Blitzstein, Jessica Hwang |Titel=Introduction to Probability |Online=https://ia803404.us.archive.org/6/items/introduction-to-probability-joseph-k.-blitzstein-jessica-hwang/Introduction%20to%20Probability-Joseph%20K.%20Blitzstein%2C%20Jessica%20Hwang.pdf|Verlag=CRC Press |Datum=2015 |ISBN=978-1-4665-7559-2 |Seiten=294-295}}</ref> Etwas allgemeiner gilt, dass der Quotient von zwei unabhängigen, zentrierten [[Normalverteilung|normalverteilten]] Zufallsvariablen Cauchy-verteilt ist. |
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=== Beziehung zur studentschen t-Verteilung === |
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*W. Feller, An Introduction to Probability Theory and its Applications |
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Die Standard-Cauchy-Verteilung ist der Spezialfall der [[Studentsche t-Verteilung|studentschen t-Verteilung]] <math>\mathcal{t}_n</math> mit einem [[Anzahl der Freiheitsgrade (Statistik)|Freiheitsgrad]] <math>n=1</math>. |
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=== Beziehung zur Lévy-Verteilung === |
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Die Cauchy-Verteilung ist eine spezielle [[alpha-stabile Verteilungen|α-stabile Verteilung]] mit dem Exponentenparameter <math>\alpha=1</math>. |
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== Anwendungsbeispiel == |
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Bei der Cauchy-Verteilung als Vertreter der [[Heavy-tailed-Verteilung]]en ist die Wahrscheinlichkeit für extreme Ausprägungen sehr groß. Sind die 1 % größten Werte einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen <math>X</math> mindestens 2,326, so beträgt bei einer standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen die entsprechende Untergrenze 31,82. Möchte man die Auswirkung von Ausreißern in Daten auf statistische Verfahren untersuchen, verwendet man häufig Cauchy-verteilte [[Zufallszahl]]en in Simulationen. |
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== Zufallszahlen == |
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Zur Erzeugung Cauchy-verteilter Zufallszahlen bietet sich die [[Inversionsmethode]] an. Die nach dem [[Simulationslemma]] zu bildende [[Pseudoinverse]] der [[Verteilungsfunktion]] <math>F(x)</math> lautet hierbei <math>F^{-1}(y) = -\cot(\pi y)</math> (siehe [[Kotangens]]). Zu einer Folge von [[Standardzufallszahl]]en <math>u_i</math> lässt sich daher durch <math>x_i := -\cot ( \pi u_i )</math>, oder wegen der Symmetrie auch durch <math>x_i := \cot ( \pi u_i )</math>, eine Folge standard-Cauchy-verteilter Zufallszahlen berechnen. |
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== Literatur == |
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* {{Literatur |Autor=[[William Feller]] |Titel=An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 1 |Verlag=Wiley & Sons |ISBN=0471257087 |Auflage=3. |Jahr=1968}} |
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*{{Literatur|Autor=William Feller|Titel=An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 2|Verlag=John Wiley & Sons|ISBN=0471257095|Auflage=2.|Jahr=1991}} |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|Cauchy-Lorentz distributions|Cauchy-Verteilung}} |
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*[http://www.uni-konstanz.de/FuF/wiwi/heiler/os/vt-cau.html Universität Konstanz] - Interaktive Animation |
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* {{MathWorld|CauchyDistribution|Cauchy Distribution}} |
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*[http://www.eisber.net/StatWiki/index.php/Mathematical_Statistics_and_Data_Analysis_-_Chapter_2.5#Beispiel_39 StatWiki] - Beweis von Eigenschaften |
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== Siehe auch == |
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* [[Versiera der Agnesi]] |
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== Einzelnachweise == |
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[[Kategorie:Wahrscheinlichkeitsverteilung]] |
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<references/> |
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{{Navigationsleiste Wahrscheinlichkeitsverteilungen}} |
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[[en:Cauchy distribution]] |
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[[Kategorie:Univariate Wahrscheinlichkeitsverteilung]] |
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[[es:Distribución de Cauchy]] |
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[[Kategorie:Absolutstetige Wahrscheinlichkeitsverteilung]] |
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[[hu:Cauchy-eloszlás]] |
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[[it:Variabile casuale di Cauchy]] |
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[[pl:Rozkład Cauchy'ego]] |
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[[ru:Распределение Коши]] |
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[[su:Sebaran Cauchy]] |
Aktuelle Version vom 16. Mai 2025, 10:26 Uhr
Die Cauchy-Verteilung (nach Augustin Louis Cauchy) ist eine stetige, leptokurtische (supergaußförmige) Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Anschaulich gesprochen beschreibt sie die tangentiale Auslenkung eines Pendels. Hat das Pendel die Länge , Ruheposition und einen über dem Intervall gleichverteilten Auslenkungswinkel , so ist die Position Cauchy-verteilt mit den Parametern und .[1]
Die Cauchy-Verteilung tritt außerdem als die Verteilung einer Zufallsvariable auf, die das Verhältnis zweier Zufallsvariablen und mit einer rotationsinvarianten gemeinsamen Dichte ist (z. B. zwei unabhängige zentrierte normalverteilte Zufallsvariablen).[2]
Ferner ist sie in der Physik für eine genäherte Beschreibung von Resonanz von Bedeutung. Sie wird dort Resonanzkurve oder Lorentzkurve (nach Hendrik Antoon Lorentz) genannt. Daher gibt es auch die Bezeichnungen Lorentz-Verteilung und Cauchy-Lorentz-Verteilung.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Zufallsvariable hat eine Cauchy-Verteilung mit Zentrum und Breitenparameter , wenn sie die auf ganz definierte Wahrscheinlichkeitsdichte
besitzt. Hierfür schreibt man auch symbolisch und sagt, dass Cauchy-verteilt (zu und ) ist.[3]
Die spezielle Cauchy-Verteilung zu den Parametern und , also mit der Wahrscheinlichkeitsdichte
- ,
heißt Standard-Cauchy-Verteilung. Für eine standard-Cauchy-verteilte Zufallsvariable schreibt man entsprechend .
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Verteilungsfunktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Verteilungsfunktion der Cauchy-Verteilung ist
- .
Die Verteilungsfunktion der Standard-Cauchy-Verteilung lautet insbesondere ()
- .
Erwartungswert, Varianz, Standardabweichung, Momente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Cauchy-Verteilung ist eine Verteilung, die weder Erwartungswert noch Varianz oder Standardabweichung besitzt, sie sind unbestimmt. Dementsprechend besitzt sie auch keine endlichen Momente und keine momenterzeugende Funktion.
Quantile
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Quantile erhält man aus der Quantilfunktion
- .
Median, Modus, Quartilabstand
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Cauchy-Verteilung besitzt den Median bei , den Modus ebenfalls bei , und den Quartilsabstand .
Symmetrie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Cauchy-Verteilung ist symmetrisch zum Parameter .
Entropie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Entropie beträgt .
Charakteristische Funktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die charakteristische Funktion der Cauchy-Verteilung ist .
Reproduktivität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Cauchy-Verteilung gehört zu den reproduktiven Wahrscheinlichkeitsverteilungen: Der arithmetische Mittelwert
aus standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen ist selbst standard-Cauchy-verteilt. Insbesondere gehorcht die Cauchy-Verteilung also nicht dem Gesetz der großen Zahlen, das für alle Verteilungen mit existierendem Erwartungswert (siehe Satz von Etemadi) gilt. Ferner gilt auch der zentrale Grenzwertsatz nicht.
Invarianz gegenüber Faltung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Cauchy-Verteilung ist invariant gegenüber Faltung, das heißt, die Faltung einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite und einem Maximum bei mit einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite und einem Maximum bei ergibt wieder eine Lorentz-Kurve mit der Halbwertsbreite und einem Maximum bei . Somit bildet die Cauchy-Verteilung eine Faltungshalbgruppe.
Beziehung zwischen der Cauchy-Verteilung und der Standard-Cauchy-Verteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist eine Zufallsvariable standard-Cauchy-verteilt, so ist die transformierte Zufallsvariable (mit und ) Cauchy-verteilt zu und . Umgekehrt gilt: Ist Cauchy-verteilt mit den Parametern und , dann ist standard-Cauchy-verteilt.
Beziehungen zu anderen Verteilungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beziehung zur stetigen Gleichverteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist auf dem Intervall stetig gleichverteilt, dann ist standard-Cauchy-verteilt. Entsprechend ist Cauchy-verteilt mit den Parametern und . Dies motiviert das Beispiel der Pendel-Auslenkung.
Beziehung zur Normalverteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sind zwei unabhängige standardnormalverteilte Zufallsvariablen, dann ist der Quotient standard-Cauchy-verteilt.[4] Etwas allgemeiner gilt, dass der Quotient von zwei unabhängigen, zentrierten normalverteilten Zufallsvariablen Cauchy-verteilt ist.
Beziehung zur studentschen t-Verteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Standard-Cauchy-Verteilung ist der Spezialfall der studentschen t-Verteilung mit einem Freiheitsgrad .
Beziehung zur Lévy-Verteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Cauchy-Verteilung ist eine spezielle α-stabile Verteilung mit dem Exponentenparameter .
Anwendungsbeispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Cauchy-Verteilung als Vertreter der Heavy-tailed-Verteilungen ist die Wahrscheinlichkeit für extreme Ausprägungen sehr groß. Sind die 1 % größten Werte einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen mindestens 2,326, so beträgt bei einer standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen die entsprechende Untergrenze 31,82. Möchte man die Auswirkung von Ausreißern in Daten auf statistische Verfahren untersuchen, verwendet man häufig Cauchy-verteilte Zufallszahlen in Simulationen.
Zufallszahlen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Erzeugung Cauchy-verteilter Zufallszahlen bietet sich die Inversionsmethode an. Die nach dem Simulationslemma zu bildende Pseudoinverse der Verteilungsfunktion lautet hierbei (siehe Kotangens). Zu einer Folge von Standardzufallszahlen lässt sich daher durch , oder wegen der Symmetrie auch durch , eine Folge standard-Cauchy-verteilter Zufallszahlen berechnen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- William Feller: An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 1. 3. Auflage. Wiley & Sons, 1968, ISBN 0-471-25708-7.
- William Feller: An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 2. 2. Auflage. John Wiley & Sons, 1991, ISBN 0-471-25709-5.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eric W. Weisstein: Cauchy Distribution. In: MathWorld (englisch).
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wolfgang Bühler: Die Cauchy-Verteilung und das Gesetz der großen Zahlen. In: Monoid. Jahrgang 30, Nr. 103. Universität Mainz, 2010, S. 16–18 (uni-mainz.de [PDF]).
- ↑ Norbert Henze: Stochastik: Eine Einführung mit Grundzügen der Maßtheorie. Springer Spektrum, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-59562-6, S. 144.
- ↑ Norbert Henze: Stochastik für Einsteiger. 13. Auflage. Springer, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63839-2, S. 314.
- ↑ Joseph K. Blitzstein, Jessica Hwang: Introduction to Probability. CRC Press, 2015, ISBN 978-1-4665-7559-2, S. 294–295 (archive.org [PDF]).