„Oper“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt die musikalische Gattung. Zum gleich benannten Gebäude siehe [[Opernhaus]]. Zum Fußballspieler siehe [[Andres Oper]].}} |
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Als '''Oper''' (ital. ''opera in musica'', von lat. ''opus'' - Arbeit, Werk) bezeichnet man seit etwa 1650 eine musikalische Gattung, in der eine szenisch-dramatische Handlung durch [[Musik]] gestaltet wird. Zur Gesamtwirkung der Oper vereinigen sich: |
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[[Datei:Trovatore 6845 Michelides.jpg|mini|hochkant|[[Anna Jurjewna Netrebko|Anna Netrebko]] und [[Francesco Meli]] im ''[[Il trovatore|Trovatore]]'', [[Salzburger Festspiele]] 2014]] |
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* [[Musik]] (Ausführende sind hierbei Orchester und Sänger) |
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[[Datei:Мария Каллас, А.Л. Лесс, Л.Б.Коган.jpg|mini|hochkant|Opernstar [[Maria Callas]]]] |
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* [[Dichtung]] (in Gestalt des [[Libretto]]s) |
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Als '''Oper''' (von italienisch ''opera in musica'', „musikalisches Werk“) bezeichnet man seit 1639<ref>{{Literatur |Hrsg=[[Wilibald Gurlitt]], [[Hans Heinrich Eggebrecht]] |Titel=Riemann Musik Lexikon (Sachteil) |Verlag=B. Schott’s Söhne |Ort=Mainz |Datum=1967 |ISBN= |Seiten=654}}</ref> eine um 1600 (mit Beginn des Barockzeitalters) entstandene [[Gattung (Musik)|musikalische Gattung]] des [[Theater]]s. Ferner werden auch das [[Opernhaus]] (die Aufführungsstätte oder produzierende Institution) oder die aufführende [[Ensemble (Theater)|Kompagnie]] als ''Oper'' bezeichnet. |
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* Darstellende Kunst bzw. [[Schauspiel]] |
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* [[Ballett]] und Tanz |
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* [[Bühnenbild]] (Malerei, Plastik, Dekoration und Architektur) |
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* [[Theaterbeleuchtung|Beleuchtung]] und div. Effekte |
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* Maske und Kostüme |
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Eine Oper besteht aus der [[Komposition (Musik)|Vertonung]] einer [[drama]]tischen [[Dichtung]], die von einem [[Gesang|Sängerensemble]], einem begleitenden [[Orchester]] sowie manchmal von einem [[Chor (Musik)|Chor]] und einem [[Ballettensemble]] ausgeführt wird. Neben dem Gesang führen die Darsteller [[Schauspiel]] und [[Tanz]] auf einer [[Bühne (Theater)|Theaterbühne]] aus, die mit den Mitteln von [[Malerei]], [[Architektur]], [[Requisit]]e, [[Theaterbeleuchtung|Beleuchtung]] und [[Bühnentechnik]] gestaltet ist. Die Rollen der Darsteller werden durch [[Maskenbildner|Maske]] und [[Kostüm (Darstellende Kunst)|Kostüme]] optisch verdeutlicht. Als künstlerische Leitung betätigen sich [[Dirigent]]en für das Musikalische, [[Regisseur]]e für die Personenführung sowie [[Bühnenbildner|Bühnen]]– und [[Kostümbildner]] für die [[Ausstattung (Theater)|Ausstattung]]. Im Hintergrund unterstützt sie die [[Dramaturgie]]. |
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Hierbei wird vor allem die Musik zum Träger der Handlung, der Stimmung und der Gefühle - im Gegensatz zur simultanen Untermalung eines Sprechstücks mit Musik (Melodram) oder der einlagenartigen musikalischen Auflockerung einer [[Handlung]] ([[Singspiel]], [[Bühnenmusik]]). |
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== Abgrenzungen == |
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Die Vielfalt der zusammenwirkenden Künste schafft viele Möglichkeiten für eine Oper, Gestalt anzunehmen, lässt aber auch Widersprüche entstehen. Die Musikgeschichte kennt daher viele unterschiedliche Ausprägungen der Oper. |
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Die Oper wird mit Tanz, [[Musical]] und [[Operette]] unter dem Begriff [[Musiktheater]] zusammengefasst.<ref>[[Arnold Jacobshagen]]: [https://www.miz.org/static_de/themenportale/einfuehrungstexte_pdf/03_KonzerteMusiktheater/jacobshagen.pdf ''Musiktheater''] (PDF; 1,9 MB). [[Deutsches Musikinformationszentrum]].</ref> Die Grenzen zu verwandten Kunstwerken sind fließend und definieren sich in jeder Epoche, meist auch im Hinblick auf bestimmte nationale Vorlieben, immer wieder neu. Auf diese Art bleibt die Oper als Gattung lebendig und erhält immer wieder neue Anregungen aus den verschiedensten Bereichen des Theaters. |
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=== Oper und Schauspiel === |
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Als Oper bezeichnet man auch die Aufführungsstätte, das [[Opernhaus]], oder die Oper aufführende Kompagnie. |
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[[Schauspiel]]e in dem strengen Sinne, dass auf der Bühne nur gesprochen würde, sind in der [[Theatergeschichte]] selten. Mischformen aus Musik, Rezitation und Tanz waren die Regel, auch wenn sich zu manchen Zeiten Literaten und Theaterleute um eine Rettung oder Reform des Schauspiels bemüht haben. Seit dem 18. Jahrhundert sind Mischformen zwischen Schauspiel und Oper aus den verschiedenen Spielarten der [[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]] hervorgegangen, wie [[Ballad Opera]], [[Singspiel]] oder [[Posse]] mit Gesang. Die Singspiele Mozarts werden der Oper zugerechnet, diejenigen [[Johann Nestroy|Nestroys]] gelten als Schauspiele. Auf der Grenze bewegen sich z. B. auch die Werke von [[Bertolt Brecht|Brecht]]/[[Kurt Weill|Weill]], deren ''[[Dreigroschenoper]]'' dem Schauspiel näher steht, während ''[[Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny]]'' eine Oper ist. Sich dem Schauspiel völlig unterordnende Musik bezeichnet man als [[Bühnenmusik|Schauspielmusik]]. |
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[[Bild:Frankfurt am Main - Alte Oper.jpg|right|200px|thumb|Alte Oper in Frankfurt am Main]] |
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[[Bild:Sydney opera house.jpg|200px|thumb|Opernhaus in Sydney]] |
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Eine verbreitete, dem Schauspiel verwandte Theaterform seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts war das [[Melodram (Theater)|Melodram]], das heute nur noch im populären Film gegenwärtig ist. Es hatte mit seinen Abenteuerstoffen großen Einfluss auf die Oper in jener Zeit. Stellenweise enthielt es [[Hintergrundmusik]] als Untermalung der Bühnenhandlung (weniger des gesprochenen Texts). Darauf bezieht sich der heute noch bekannte Begriff [[Melodram (Musik)|Melodram]]. Eine solche Untermalung findet sich zum Beispiel in Mozarts ''[[Idomeneo]]'', Ludwig van Beethovens ''[[Fidelio]]'', in Webers ''[[Der Freischütz]]'' (in der Wolfsschluchtszene) und in [[Engelbert Humperdinck|Humperdincks]] ''[[Königskinder (Oper)|Königskinder]]''. |
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== Form == |
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=== Oper und Ballett === |
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Formal gesehen ist die Oper seit der Barockzeit eine Aneinanderreihung in sich geschlossener Musikstücke ('''Nummernoper'''), die durch Rezitative miteinander verbunden werden. Wie auch im Schauspiel kann eine Oper in [[Akt (Theater)|Akt]]e, in Bilder, in [[Szene]]n bzw. [[Auftritt]]e gegliedert sein. Das Textbuch zu einer Oper heißt [[Libretto]]. |
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In französischer Tradition war der Tanz seit dem Barock in die Oper integriert. Das klassische [[Ballett]] löste sich im 19. Jahrhundert mühevoll aus dieser Verbindung, aber in [[Neoklassizismus (Musik)|neoklassizistischen]] Werken des 20. Jahrhunderts, beispielsweise von [[Igor Strawinsky]] oder [[Bohuslav Martinů]], bestätigt sich die Verwandtschaft von Oper und Ballett erneut. Auch die italienische Oper war nicht frei von Tanz, wenn auch der Tanz nicht im gleichen Maß dominierte. Heute werden die Ballette und [[Divertissement]]s der Repertoirewerke meist aus den Partituren gestrichen, sodass der Eindruck einer [[Mehrspartentheater|Spartentrennung]] entsteht. |
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=== Oper und Operette/Musical === |
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Die musikalischen Bestandteile der Oper sind |
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Das Genre der [[Operette]] und verwandter Formen wie der [[Zarzuela]] grenzt sich als Weiterentwicklung aus dem [[Singspiel]] durch die gesprochenen Dialoge, aber auch durch dessen vorherrschenden Unterhaltungsanspruch und das vorrangige Bemühen um Popularität oder kommerziellen Erfolg von der ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend durchkomponierten Oper ab. Diese Abgrenzung entstand erst im ausgehenden 19. Jahrhundert: Als die „komische Oper“ vom „niederen“ zum „hohen“ Genre geworden war, bildete sich die Operette als neues „niederes“ Genre. Ähnliches gilt für das [[Musical]], die Weiterentwicklung des populären Musiktheaters in den Vereinigten Staaten. Operette und Musical sind gleichwohl in nicht geringerem Maße Kunstformen als die Oper. |
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* '''[[Instrumentalstück]]e''' |
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:Ein anfangs eigenständiges Musikstück ist die '''[[Ouvertüre]]''', ital. oft ''Sinfonia'', die eine Oper oder einen Akt eröffnet. Oft wird thematisches Material aus der Oper selbst zitiert (z.B. "[[Hänsel und Gretel]]", Engelbert Humperdinck), oder die Ouvertüre schildert die wesentlichen Züge der Handlung im Voraus (Programmouvertüre). Das '''Vorspiel''' ist meist kürzer als eine Ouvertüre und geht oft direkt in die Musik der Szene über (Bsp. "[[Der Rosenkavalier]]", Richard Strauss). Ein '''[[Zwischenspiel (Musik)|Zwischenspiel]]''', französisch ''Entr'acte'', verbindet unterschiedliche Akte. Innerhalb der Opernakte finden sich [[Ballett|Ballettmusik]] bzw. [[Tanz|Tänze]] (z.B. "[[Tannhäuser]]", Richard Wagner), [[Marsch|Märsche]], [[Pantomime]]n, Auftrittsmusiken etc. |
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* '''Gesangsnummern mit Handlung schildernder Funktion''' |
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** '''[[Rezitativ]]''', recht direkt der Sprache folgende, offene Formen |
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** '''Szene''', ital. '''''Scena''''', im 19. Jh aus dem Rezitativ hervorgegeangene, orchesterbegleitete Handlungsmusik |
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** '''[[Melodram (Musik)|Melodram]]''', musikbegleitetes Sprechen |
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* '''Gesangsnummern als geschlossene Form''' |
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** '''[[Arie]]''', Oberbegriff für alle Sologesänge in der Oper. Andere Bezeichnungen für Solostücke können sein: '''[[Lied]]''', '''[[Couplet]]s''', '''[[Rondo]]''', '''Ariette''', '''[[Cabaletta]]''', '''Romanze''' etc. |
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** '''[[Ensemble]]s''' für mehrere Stimmen: [[Duett]], [[Terzett]], [[Quartett (Musiker)|Quartett]] etc., ein vielstimmiges Ensemble heißt in Italien ''(pezzo) concertato'' |
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** '''[[Vaudeville]]''', ein von mehreren Solisten gesungenes [[Strophe]]nlied, oft mit gemeinsamem [[Refrain]] |
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** '''[[Chor (Musik)|Chöre]]''' |
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** '''[[Introduktion]]''' und '''[[Finale]]''', längere einleitende oder einen Akt beschließende Formen mit wechselnden Formen und Besetzungen |
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== Geschichte == |
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'''Durchkomponierte symphonische Großform''' |
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{{Belege fehlen||Diese Abschnitte|Plural=1}}<!-- Angesichts des ungewöhnlich umfangreichen Literaturabschnitts ist die bei fehlender Pflichtbegründung dieses Bausteins aufgestellte Pauschalbehauptung, hier wäre angeblich etwas unbelegt, nicht nachvollziehbar. Alle Aussagen sind plausibel. Da wegen fehlender Begründung in diesem Baustein nicht dargelegt wurde, welche konkreten Aussagen beanstandet werden, liegt kein Grund für das weitere Verbleiben vor. Mindestens kann nicht festgestellt werden, in welchem Moment der behauptete Mangel behoben wäre. Der nächste Bearbeiter mag den Baustein löschen. --> |
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=== Vorgeschichte === |
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[[Richard Wagner]] schuf ab der Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Form, welche die musikalische Nummernstruktur ersetzt und in welcher sich Musik und Dichtung zu einem durchkomponierten sinfonischen Ganzen verbinden. Wagners Opern bezeichnet man als "Musikdrama", das eine "unendliche Melodie" formt. Sein Werk ''[[Tristan und Isolde (Oper)|Tristan und Isolde]]'' bezeichnete Wagner dementsprechend nicht als Oper, sondern als ''Handlung in Musik''. Man bemerke hier die Ähnlichkeit zu Monteverdis Gattungsbezeichnung für seinen ''Orfeo: Favola in musica''. |
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==== Antike ==== |
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[[Datei:967 ORG2006.jpg|mini|[[Theater von Orange|Théâtre Antique]] in [[Orange (Vaucluse)|Orange]]]] |
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Bereits im [[Theater der griechischen Antike]] verband man szenische Aktion mit Musik. Die Oper der Neuzeit berief sich immer wieder auf dieses Vorbild und konnte es, weil von der Aufführungspraxis wenig überliefert ist, auf unterschiedlichste Weise deuten. Ein [[Chor (Theater)|Chor]], der sang und tanzte, hatte eine tragende Rolle, indem er das [[Drama]] in [[Epeisodion|Episoden]] gliederte oder auch die Aufgabe hatte, die Handlung zu kommentieren. Die Römer pflegten eher die [[Komödie]] als die [[Tragödie]]. [[Theater der römischen Antike#Mimus (seit dem 2. Jahrhundert v. Chr.)|Mimus]] und später Pantomimus hatten einen hohen Musikanteil. Durch die Zerstörung der römischen Theater im 6. Jahrhundert und die [[Bücherverluste in der Spätantike]] sind viele Quellen darüber verloren gegangen. |
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Jedoch werden seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche antike Bauten, insbesondere Amphitheater und Theaterbauten, für Opernaufführungen genutzt. Die bekanntesten sind das [[Théâtre Antique]] in [[Orange (Vaucluse)|Orange]] (mit Unterbrechungen seit 1869), die [[Arena di Verona]] (seit 1913), das [[Odeon des Herodes Atticus]] in Athen (seit den 1930er Jahren), die [[Thermen des Caracalla]] in Rom (seit 1937) und der [[Römersteinbruch St. Margarethen]] (seit 1996). |
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Die durchkomponierte Oper ist im Prinzip für alle Komponisten nach Wagner maßgeblich, auch wenn viele Komponisten immer wieder auf geschlossene Formen in Opern zurückgegriffen haben (z. B. [[Zoltán Kodály]] oder [[Kurt Weill]]). Die 'Nummernoper' lebt außerdem in Operette und Musical weiter. |
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==== Mittelalter ==== |
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Im [[Hochmittelalter]] entstand ausgehend vom Gottesdienst der [[Ostermesse]] eine neue Tradition gesungener Handlung. Das [[Geistliches Spiel|geistliche Spiel]] fand zunächst in der Kirche, im 13. Jahrhundert dann als [[Passionsspiel]] oder [[Prozessionsspiel]] außerhalb der Kirche statt. Beliebte Themen waren das biblische Oster- und Weihnachtsgeschehen, auch mit komödiantischen Einlagen. Die Melodien sind oft überliefert, der Einsatz von Musikinstrumenten ist wahrscheinlich, aber selten belegbar. Im höfischen Bereich gab es weltliche Stücke wie [[Adam de la Halle]]s melodienreiches ''Jeu de Robin et de Marion'' (1280). |
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==== Renaissance ==== |
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[[Datei:Fürstlich Jülich‘sche Hochzeit-SMD.D V-11.1 StA.jpg|mini|Szenenbild für ''Orpheus und Amphion,'' Düsseldorf 1585]] |
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Bereits im der antiken griechischen [[Theater]] verband man szenische Aktion mit Musik. Der [[Chor]] hatte hierbei eine tragende Rolle: Chorgesang wurde einerseits zu den pantomimischen Tänzen herangezogen, welche das Theaterstück in verschiedene Teile gliederten; andererseits hatte der Chor auch die Aufgabe, die Handlung kommentierend zu begleiten (Bsp. "[[Antigone]]", Sophokles). |
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Die Zeit des [[Karneval]]s, die später zur traditionellen Opernsaison wurde, bot seit dem 15. Jahrhundert Gelegenheit zu musikalisch-theatralischen Aktionen, die von den damals größten europäischen Städten in Italien ausgingen: [[Zwischenspiel (Theater)|Intermedien]], Tanzspiele, Masken- und Triumphaufzüge gehören zur städtischen Repräsentation in der italienischen [[Renaissance]]. Das [[Madrigal (Musik)|Madrigal]] war die wichtigste Gattung der [[Vokalmusik]] und verband sich oft mit Tänzen. |
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Es ist nicht bekannt, ob die Römer diese Tradition übernommen hatten. Mit der Zerstörung der römischen Theater im 6. Jahrhundert sind Aussagen hierüber nicht mehr zu belegen - das gilt auch für alle anderen Aktivitäten, die das Theater betreffen. |
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Der Königshof in Frankreich gewann im 16. Jahrhundert gegenüber Italien an Bedeutung. Das ''[[Ballet comique de la reine]]'' 1581 war eine getanzte und gesungene Handlung und gilt als bedeutender Vorläufer der Oper. |
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Im [[Mittelalter]] wurde die Tradition von musikbegleiteter Handlung fortgesetzt. Geistliche Themen wurden herangezogen, um dem einfachen Volk die Aussage der [[Bibel]] anschaulicher zu machen. Ganze Teile eines [[Gottesdienst|Gottesdienstes]] wurden mit den Mitteln des Theaters dargestellt. Beliebtes Thema war dabei die Geburt oder Auferstehung Christi. Dabei wurde durch das ganze Stück hindurch gesungen. Daraus entstanden die auch außerhalb der Kirche aufgeführten [[Mysterienspiel|Mysterienspiele]]. |
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Weltliche Stücke, wie z.B. kurze Komödien, wurden in einigen Szenen nur teilweise mit Musikeinlagen unterstützt. [[Adam de la Halle|Adam de la Halles]] melodienreiches Stück "Jeu de Robin and Marion", das um 1280 geschrieben wurde, bildet hier eine Ausnahme. |
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Ein früher Versuch in Deutschland, eine dramatische Handlung mit singenden Protagonisten in einem Bühnenbild aufzuführen, ist die Aufführung von ''Orpheus und Amphion'' auf einer [[Simultanbühne]] anlässlich der ''Jülichschen Hochzeit'' von [[Johann Wilhelm (Jülich-Kleve-Berg)|Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg]] mit Markgräfin [[Jakobe von Baden]] in [[Düsseldorf]] 1585. Als möglicher Komponist der nicht überlieferten Musik wird [[Andrea Gabrieli]] genannt. Die Musik sei so schön gewesen, „daß es denselben / so dazumahl nit zugegen gewesen / und solchen Musicum concentum & Symphoniam gehört haben / onmüglich zu glauben.“ Die Handlung war freilich primär eine [[Allegorese]] im Sinne eines [[Fürstenspiegel]]s. |
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Auch in Intermedien, Tanzspielen, Masken- und Triumphaufzügen der [[Renaissance]] findet man die Verbindung von Szene und Musik. |
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=== Ursprung === |
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Unmittelbare Vorläufer der Oper sind beispielsweise |
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==== Florentiner Camerata ==== |
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* das im Mittelalter entstandene geistliche [[Mysterienspiel]] |
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Die Oper im heutigen Sinn entstand Ende des 16. Jahrhunderts in [[Florenz]]. Eine wichtige Rolle in der Entstehungsgeschichte spielte die [[Florentiner Camerata]], ein [[Akademie|akademischer Gesprächskreis]], in dem sich Dichter (z. B. [[Ottavio Rinuccini]]), Musiker, Philosophen, Adelige und ein Kunstmäzen – zunächst übernahm [[Giovanni de’ Bardi|Graf Bardi]] diese Rolle, später [[Jacopo Corsi|Graf Corsi]] – zusammenfanden. Diese [[Renaissance-Humanismus|Humanisten]] versuchten, das antike [[Drama]] wiederzubeleben, an dem ihrer Meinung nach Gesangssolisten, Chor und Orchester beteiligt waren. Nach den [[Schäferdichtung|Pastoraldramen]] des 16. Jahrhunderts wurde das [[Libretto]] gestaltet und mit den musikalischen Mitteln der Zeit in Musik gesetzt. |
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* italienische [[Pastorale]]n (Schäferspiele) mit Musikbegleitung, etwa "Favola d'Orfeo" von [[Angelo Poliziano]], 1471 |
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[[Vincenzo Galilei]] gehörte dieser Gruppe an. Er entdeckte (heute verlorene) [[Hymne]]n des [[Mesomedes]] und schrieb ein [[Traktat]] gegen die [[niederländische Polyphonie]]. Dies war ein deutlicher Beweis für den gewünschten musikalischen Stil, den damals neuen [[Sologesang]] mit Instrumentalbegleitung. |
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* Madrigalkomödien, etwa "L'Amfiparnasso" O. Vecchi 1597 |
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* das französische "Ballet comique de la Reine" (1581) |
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Textverständlichkeit der [[Vokalmusik]] war für die Florentiner Camerata das Wichtigste. Eine klare, einfache Gesangslinie wurde zum Ideal erklärt, der sich die sparsame [[Generalbass]]-Begleitung mit wenigen und leisen Instrumenten wie [[Laute]] oder [[Cembalo]] unterzuordnen hatte. Großartig ausgearbeitete melodische Einfälle waren unerwünscht, um den Inhalt der Worte nicht durch den Gesang zu verschleiern. Man sprach sogar von einer „nobile [[sprezzatura]] del canto“ ([[Giulio Caccini]]: ''Le nuove musiche'', 1601), einer „noblen Verachtung des Gesangs“. Diese Art des Singens nannte man ''recitar cantando'', rezitierenden Gesang. Die Schlichtheit und Beschränkung des ''recitar cantando'' steht im Gegensatz zur vorherrschenden [[Polyphonie]] mit ihren komplexen Ton- und Textschichtungen. Mit der [[Monodie]], wie man diesen neuen Stil in Anlehnung an die Antike nannte, sollte das Wort wieder zu seinem vollen Recht kommen. Es entwickelte sich eine [[Affektenlehre|Theorie der Affekte]], die durch den gesungenen Text transportiert werden konnten. Zur Monodie der einzelnen Gesangsstimme gesellten sich Chöre in [[Madrigal (Musik)|Madrigalform]] oder als [[Motette]]. Das Orchester spielte dazwischen [[Ritornell]]e und [[Tanz#Musik|Tänze]]. |
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[http://www.karate.aw3.de Link-Text]=== Entstehung der Oper === |
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Die Oper selbst entstand am Ende des [[16. Jahrhundert]]s in Florenz. Die [[Florentiner Camerata]] versuchte, die antike Form und auch die Vertonungsprinzipien der griechischen Tragödie wiederzubeleben, indem man nun textlich ausgearbeitete Dramenstoffe komplett mitsamt der Dialoge vertonte, statt wie zuvor nur die Zwischenchöre mit Musik zu versehen. Das bei den Florentinern vorherrschende System des vom [[Generalbass]] begleiteten rezitativischen Gesangs verzichtete zugunsten der Textverständlichkeit und -deklamation weitgehend auf freiere Formen- und Melodiebildung und setzte nur zuweilen Akzente durch kantablere Passagen oder dramatische Akzente. |
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Als erstes Werk der Gattung Oper gilt ''La Dafne'' von [[Jacopo Peri]] ( |
Als erstes Werk der Gattung Oper gilt ''[[La Dafne (Peri)|La Dafne]]'' von [[Jacopo Peri]] (Uraufführung 1598) mit einem Text von [[Ottavio Rinuccini]], von der nur einzelne Fragmente erhalten geblieben sind. Weitere bedeutende Werke aus der Anfangszeit sind Peris ''[[Euridice (Peri)|Euridice]]'' (1600) als älteste erhaltene Oper, sowie ''[[Euridice (Caccini)|Euridice]]'' (1602) und ''Il Rapimento di Cefalo'' (1602) von [[Giulio Caccini]]. Stoffe dieser frühen Opern entnahm man der [[Schäferdichtung]] und vor allem der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]]. [[Wunder]], [[Magie|Zauber]] und Überraschungen, dargestellt durch aufwändige [[Bühnenmaschinerie]], wurden zu beliebten Bestandteilen. |
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==== Monteverdi ==== |
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Besondere Bedeutung hat [[Claudio Monteverdi]]s erste Oper ''[[L’Orfeo]]'' (1607). Hier sind im Vergleich zu seinen Vorgängern erstmals eine reichere [[Instrumentation]], ausgebautere [[Harmonik]], tonmalerisch-psychologische und bildhafte Ausdeutung von Wort und Figuren sowie eine personencharakterisierende Auswahl der Instrumente zu hören. Zwar nimmt Monteverdis persönliche Entwicklung im ''Orfeo'' erst ihren Anfang, seine Spätwerke „Il ritorno d'Ulisse in patria“ (1640) und ''L'incoronazione di Poppea'' (1643) stellen aber in Hinblick auf die Musikdramatik Höhepunkte der gesamten Opernentwicklung dar. |
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[[Datei:Bernardo Strozzi - Claudio Monteverdi (c.1630).jpg|mini|hochkant|Claudio Monteverdi]] |
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Besondere Beachtung fand [[Claudio Monteverdi]]s erste Oper ''[[L’Orfeo]]'' (1607). Sie wurde anlässlich des Geburtstags von [[Francesco IV. Gonzaga]] am 24. Februar 1607 in Mantua uraufgeführt. Hier sind im Vergleich zu seinen Vorgängern erstmals ein reicheres Instrumentarium (wenngleich es in der [[Partitur]] meist nur angedeutet ist), ausgebaute [[Harmonik]], [[Tonmalerei|tonmalerisch]]-psychologische und bildhafte Ausdeutung von Worten und Figuren sowie eine die Personen charakterisierende [[Instrumentation]] zu hören. [[Posaune]]n werden zum Beispiel für die Unterwelt- und Todesszenen eingesetzt, Streicher bei Schlafszenen, für die Hauptfigur Orfeo kommt eine [[Orgel]] mit Holzregistern (''organo di legno'') zum Einsatz. |
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In der Geschichte der Oper unterscheidet man grob zwei Traditionsstränge, die sich jedoch vielfach berühren und mischen: |
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* '''Große, 'ernsthafte' Werke''' meist tragischen Inhalts, verwandt mit [[Tragödie]] und dem Historischen [[Drama]], die Stoffe entspringen meist der Tragödie oder [[Epik|epischen Heldendichtung]], später auch [[Roman]] und [[Novelle]]: |
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** '''[[Dramma per musica]]''' oder ähnliche Bezeichnungen der frühen Oper |
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** '''[[Opera seria]]''' – große oder ernsthafte Oper, meist über Helden und tragisch endend; |
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** '''[[Opera semiseria]]''' – Form des [[Barock]], in der neben der heroischen Handlung auch volkstümlichere, komische Figuren vorkommen |
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** '''Melodramma''' – häufig verwendete Bezeichnung im Italien des 19. Jahrhunderts |
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** '''[[Grand Opéra]]''' in Frankreich (z. B. [[Giacomo Meyerbeer]]) |
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** '''[[Tragédie lyrique]]''' in Frankreich (z.. B. [[Jules Massenet]]) |
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** '''[[Musikdrama]]''' – durchkomponierte große Oper der Romantik, geprägt durch [[Richard Wagner]] |
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** '''[[Literaturoper]]''' – Form des 20. Jahrhunderts unter enger Anlehnung an bestehende Theaterstücke oder andere literarische Vorlagen |
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* '''Heitere, komische Formen''', häufig mit gesprochenen Szenen - diese führen historisch weiter zu [[Operette]] und [[Musical]], wobei auch hier die Grenzen fließend sind. Die Stoffe stammen aus dem Volkstheater und der [[Komödie]]. Stark beeinflusst durch die italienische ''[[commedia dell'arte]]'', aber auch durch die deutsche [[Hanswurst|Hanswurstiade]], ferner [[Posse]] und [[Schwank]] nahestehend |
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** '''[[Opera buffa]]''', '''(Opéra bouffe)''' – komische oder scherzhafte Oper, mit volkstümlichen oder komischen Szenen |
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** '''[[Singspiel]]''' – deutsches Pendant zur italienischen ''Opera buffa'', allerdings mit Sprechszenen anstelle der Rezitative |
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** '''[[Opéra comique]]''' – französische Form des Singspiels im 19. Jahrhundert, nicht unbedingt heiteren Inhalts, aber in Abgrenzung zur ''Grand Opéra'' ohne Ballett und mit gesprochenen Dialogen (z. B. ''[[Carmen]]''). |
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[[Datei:Penelope - Di misera regina.ogg|mini|links|150px|Monteverdi: Arie der Penelope „Di misera, regina“ aus ''Il ritorno d’Ulisse in patria'']] |
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siehe auch: |
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* [[Geschichte der Oper]] |
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* [[Opernreform]] |
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Monteverdi erweitert die Gesangslinie des ''recitar cantando'' zu einem mehr arienhaften Stil und gibt den Chören größeres Gewicht. Seine Spätwerke ''[[Il ritorno d’Ulisse in patria]]'' (1640) und ''[[L’incoronazione di Poppea]]'' (1643) sind in Hinblick auf ihre Dramatik Höhepunkte der Operngeschichte. Noch in dieser letzten Oper Monteverdis, ''L’incoronazione di Poppea'', findet man den Prolog durch drei [[Allegorie|allegorische Figuren]] dargestellt, in der [[Fortuna]] die ''Virtù'' (Tugend) verspottet. Die übrige Handlung spielt in der irdischen Welt um den römischen Kaiser [[Nero]], dessen ungeliebte Gattin [[Claudia Octavia|Ottavia]] und [[Poppaea Sabina|Poppea]], die Gattin des Prätors [[Otho|Ottone]]. Diese wird Neros Gattin und Kaiserin. Neros brutaler Charakter wird von einem [[Kastrat]]en und entsprechend virtuoser Musik dargestellt, Ottone wirkt dagegen weich, und Neros würdiger Lehrer und Berater [[Seneca]] bekommt die Bassstimme zugewiesen. [[Belcanto]]-Gesang und [[Koloratur]]reichtum werden für den Adel und für Göttergestalten eingesetzt, für die übrigen Personen schlichtere Ariosi und Lieder. |
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== Bedeutende Opernkomponisten (chronologisch) == |
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=== 17. Jahrhundert === |
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Die hier aufgeführten Komponisten sind heute einerseits "Klassiker" des modernen Opernbetriebs und haben andererseits durch eines oder mehrere Werke Entscheidendes zur Entwicklung der Kunstform Oper beigetragen. |
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==== Italien ==== |
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[[Datei:Teatro San Carlo large view.jpg|mini|[[Teatro San Carlo]] di Napoli, 1737 eröffnet ]] |
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1637 wurde das [[Teatro San Cassiano]] in [[Musik in Venedig#Die Oper|Venedig]] als erstes öffentliches Opernhaus eröffnet. In schneller Folge entstanden neue Spielstätten, und Venedig wurde mit seiner „venezianischen Oper“ zum Opernzentrum Norditaliens. Historische Darstellungen verdrängten bald die mythischen Stoffe, wie in der Oper ''[[L’incoronazione di Poppea]]'' (1642), die noch den Namen Claudio Monteverdis trägt, wobei die Forschung seit [[Alan Curtis (Musiker)|Alan Curtis]] darüber diskutiert, ob es sich vielmehr um ein [[Pasticcio (Musik)|Pasticcio]] handle, das sich den berühmten Namen zu Nutze machte.<ref>Zusammenfassung siehe: Wolfgang Osthoff: ''Monteverdi: L’incoronazione di Poppea''. In: Carl Dahlhaus (Hrsg.): ''Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters''. Band 4. München 1991, S. 253–259.</ref> |
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=== [[Claudio Monteverdi]] === |
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Aus heutiger Perspektive der erste bedeutende Opernkomponist. Er komponierte Anfang des [[17. Jahrhundert]]s. Heute bekannteste Werke sind sein ''L'Orfeo'' sowie ''L'Incoronazione di Poppea'' - letztere ist insbesondere wegen ihres wenig moralischen Schlusses (die "Bösen" gewinnen und singen ein Liebesduett) bedeutsam. |
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Das Publikum dieser Opern setzte sich vornehmlich aus Angehörigen der nichtadeligen Stände zusammen. Den Spielplan bestimmte der geldgebende [[Adel]] auf Grund des Publikumsgeschmacks. Die aus den Akademien hervorgegangene Oper wurde in diesem Zusammenhang kommerzialisiert und vereinfacht, das Orchester reduziert. Die [[Da-capo-Arie]] mit vorangestelltem [[Rezitativ]] prägte für lange Zeit den Sologesang, Chöre und Ensembles wurden gekürzt. Verwechslungen und Intrigen bildeten das Grundgerüst der Handlungen, die mit komischen Szenen der beliebten Nebenfiguren angereichert wurden. [[Francesco Cavalli]] und [[Antonio Cesti]] waren die bekanntesten venezianischen Opernkomponisten in der auf Monteverdi folgenden Generation. Die Schriftsteller [[Giovanni Francesco Busenello]] und [[Giovanni Faustini]] galten als stilbildend und wurden häufig nachgeahmt. |
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=== [[Georg Friedrich Händel]] === |
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Überaus produktiver Opernkomponist und einer der wichtigsten Komponisten des [[Barockmusik|Barock]]. Geboren in [[Halle (Saale)]] wanderte er nach Aufenthalten in [[Hamburg]] (wo er seine erste Oper komponierte) und Italien nach England aus. Betrieb dort auch eine eigene Opernkompagnie. Wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts langsam wieder als Opernkomponist entdeckt, galt davor vor allem als Schöpfer großer [[Oratorium|Oratorien]]. Einige seiner heute wieder häufiger aufgeführten Werke sind: ''[[Alcina]], [[Giulio Cesare]], [[Serse]], [[Rinaldo]]'' und ''[[Ariodante]]''. |
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Zum zweiten, stärker vom Geschmack der Aristokratie geprägten Opernzentrum Italiens wurde seit den 1650er Jahren die Großstadt Neapel. Als Begründer der neapolitanischen Oper gilt der Komponist [[Francesco Provenzale]]. In der folgenden Generation wurde [[Alessandro Scarlatti]] zum Vorreiter der [[Neapolitanische Schule (Musik)|neapolitanischen Schule]]. |
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=== [[Christoph Willibald Gluck]] === |
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Reformierte die bis dahin gängige Opera Seria. Während noch G. F. Händel dem strengen Korsett der barocken Opera Seria blieb, die vor allem durch die strikte Trennung von Rezitativen und Arien und damit zwischen Reflexion und Emotion gekennzeichnet ist, beginnt Gluck damit, diese Elemente stärker ineinander zu verflechten. Wichtigstes Werk: ''[[Orfeo ed Euridice]]''. |
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Die [[Librettist]]en erhielten ihr Geld durch den Verkauf von Textbüchern, die zusammen mit Wachskerzen zum Mitlesen vor der Vorstellung verteilt wurden. Lange Zeit blieb die Literatur des [[Renaissance-Humanismus]] Vorbild der italienischen Operntexte. |
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=== [[Wolfgang Amadeus Mozart]] === |
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Neben Verdi, Wagner, Puccini und Strauss sicherlich der bedeutendste Komponist im heutigen Opernbetrieb. Seine frühen Opern, die er als Jugendlicher verfasste, waren noch stark am Modell der barocken Opera Seria orientiert. Entwickelte später mit Opern wie ''[[Don Giovanni]]'' oder ''[[Le nozze di Figaro]]'' und deutschsprachigen Singspielen wie ''[[Die Entführung aus dem Serail]]'' und ''[[Die Zauberflöte]]'' seinen eigenen unverwechselbar "klassischen" Stil. Mit letzteren wurde er zum Wegbereiter der deutschsprachigen Oper des 19. Jahrhunderts. |
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Opern wurden nur zu bestimmten Spielzeiten (ital.: ''[[Stagionesystem|stagione]]'') gegeben: während des Karnevals, von Ostern bis zur Sommerpause sowie vom Herbst bis zum Advent. In der Passions- und Adventszeit wurden stattdessen [[Oratorium|Oratorien]] gespielt. In [[Rom]] erhielten nicht nur [[Bühnenmaschinerie|Maschineneffekte]] und Chöre ein größeres Gewicht, sondern auch geistliche Stoffe. |
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=== [[Gioacchino Rossini]], [[Gaetano Donizetti]], [[Vincenzo Bellini]] === |
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Prägten Anfang des 19. Jahrhunderts wesentlich den heute [[Belcanto|Bel Canto]] genannten Opernstil. Wie der Name Bel Canto (Schöner Gesang), (auch: Belcanto) bereits impliziert, sind die Werke dieser Komponisten stark auf virtuosen Gesang ausgerichtet. Partien wie ''[[Lucia di Lammermoor]]'' (Donizetti), ''[[Norma (Oper)|Norma]]'' (Bellini) oder Semiramide (Rossini) sind eine Herausforderung für jede Sopranistin, da sie gleichermaßen Koloraturfähigkeit (Koloratur: auf einer Silbe gesungene Verzierung, früher oft [[Improvisation]]en, die sich die [[Sänger]] und Sängerinnen selbst schrieben) sowie dramatische Wucht erfordern. Eine herausragende Interpretin, insbesondere der Norma und der Lucia, war [[Maria Callas]]. |
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[[Datei:Armide Lully by Saint-Aubin.jpg|mini|''[[Armide (Lully)|Armide]]'' von [[Jean-Baptiste Lully|Lully]] im [[Palais Royal]], 1761]] |
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=== [[Giuseppe Verdi]] === |
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Entwickelte die italienische Tradition des Bel Canto weiter und stärkte den eigenständigen Charakter der Orchestermusik, ohne den Anspruch auf höchste Kantabilität (etwa: Gesanglichkeit) aufzugeben. Gleichzeitig nahm er sich für seine Kompositionen anspruchsvoller literarischer Vorlagen an. So zum Beispiel [[Alexandre Dumas (Sohn)|Alexandre Dumas']] ''Kameliendame'' (Verdis ''[[La Traviata]]''); vier seiner Opern gehen auf Theaterstücke [[Friedrich Schiller]]s zurück ''([[Don Carlo]]'' u.a.), mit den beiden [[William Shakespeare|Shakespeare]]-Opern ''[[Otello]]'' und ''[[Falstaff (Oper)|Falstaff]]'' beendete er sein Opernschaffen. Weitere wichtige Opern: ''[[Nabucco]], [[Macbeth (Oper)|Macbeth]], [[Rigoletto]], [[Il Trovatore]], [[Aida (Oper)|Aida]]. |
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==== Paris ==== |
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In [[Paris]] entwickelte [[Jean-Baptiste Lully]] zusammen mit seinem Librettisten [[Philippe Quinault]] eine französische Variante der Oper, deren herausragendstes Merkmal neben den Chören das [[Ballett]] ist. Lully verfasste eine französische Version von Cavallis ''L’ercole amante'' (1662), in die er Ballette einfügte, die größeren Beifall fanden als die Oper. ''[[Cadmus et Hermione]]'' (1673) wird als erste ''[[Tragédie lyrique]]'' angesehen und blieb modellhaft für die nachfolgenden französischen Opern. |
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Zeitgenosse Verdis. Prägte als deutscher Antipode zu Verdi einen ganz eigenen Stil. Mit seinen Musikdramen verfolgte er das Ziel, ein [[Gesamtkunstwerk]] zu errichten. Widmete sich stark germanischen und mittelalterlichen Stoffen als Vorlagen für seine Werke. Der philosophische Überbau, den Wagner seinen Werken verpasste, führt auch heute noch dazu, dass er der vermutlich meistdiskutierte Opernkomponist aller Zeiten ist. Wichtiges musikalisches Mittel, dass seine Opern kennzeichnet, sind die so genannten [[Leitmotiv]]e - signifikante "Erkennungsmelodien" für bestimmte Charaktere oder Situationen, die im Verlauf eines Werkes mehrfach wiederkehren. Berühmteste Werke: ''[[Der Ring des Nibelungen]]'' (bestehend aus den 4 Teilen: ''[[Das Rheingold]], [[Die Walküre]], [[Siegfried (Oper)|Siegfried]]'' und ''[[Götterdämmerung (Oper)|Götterdämmerung]])'' und ''[[Tristan und Isolde (Oper)|Tristan und Isolde]]''. |
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Die aus Italien importierte Oper wurde von der Tragédie lyrique zurückgedrängt. Dennoch versuchten Lullys Nachfolger [[Marc-Antoine Charpentier]] und [[André Campra]], französische und italienische Stilmittel zu verbinden. |
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=== [[Giacomo Puccini]] === |
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Neben Verdi berühmtester italienischer Opernkomponist des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Werke wie ''[[La Bohème]], [[Madama Butterfly]], [[Tosca]]'' oder ''[[Turandot (Oper)|Turandot]]'' finden sich im Repertoire jedes Opernhauses. |
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==== Deutsches Sprachgebiet ==== |
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Ausgehend von italienischen Vorbildern, entwickelte sich bereits gegen Mitte des 17. Jahrhunderts eine eigenständige Operntradition innerhalb des deutschen Sprachgebietes, die auch die Verwendung deutschsprachiger Libretti mit einschließt. |
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Neben Berg der wohl bedeutendste deutsche Opernkomponist des frühen 20. Jahrhunderts. Im Unterschied zu [[Alban Berg]] und anderen Komponisten dieser Zeit vollzog er nicht den Schritt in die [[Atonal|Atonalität]], auch wenn Werke wie ''[[Salome (Oper)|Salome]]'' und ''[[Elektra (Strauss)|Elektra]]'' mit diesen Stilelementen spielen. Strauss blieb auch während des Dritten Reiches als Komponist und [[Dirigent]] in Deutschland und war deshalb im Ausland umstritten. Obwohl er als Präsident der "Reichsmusikkammer" den wichtigsten offiziellen Musikerposten im NS-Staat bekleidete, stritt er später immer wieder ab, Sympathisant der Nationalsozialisten gewesen zu sein. Geistig lag ihm Mozart mehr als Wagner, und er wünschte sich, mit Werken wie ''[[Ariadne auf Naxos]]'' oder ''[[Der Rosenkavalier]]'' die mozartsche Komödie wiederzubeleben. Insbesondere "Der Rosenkavalier" ist eine Referenz an Mozart, nämlich an dessen ''Le Nozze di Figaro'', dem nicht nur der Plot ähnelt, sondern vor allem die Besetzung mit jeweils zwei Sopranen in zentralen Frauenrollen und einer "Frau in Hosen" (einer so genannten [[Hosenrolle]]) als jugendlichen Liebhaber. |
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Die erste Oper eines „deutschen“ Komponisten war 1627 die (verschollene) ''Dafne'' von [[Heinrich Schütz]], der die Musikform der Oper bei seinem Studienaufenthalt 1609–1613 in Italien kennengelernt hatte. 1644 entstand die erste erhaltene deutschsprachige Oper von [[Sigmund Theophil Staden]] nach einem Libretto von [[Georg Philipp Harsdörffer]] ''Das geistlich Waldgedicht oder Freudenspiel, genannt Seelewig'', ein [[Pastorale (Operngattung)|pastorales Lehrstück]] in starker Nähe zum moralisierenden [[Jesuitentheater|Schuldrama]] der Renaissance. |
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=== [[Alban Berg]] === |
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Einer der wichtigsten Schüler von [[Arnold Schönberg]]. Schuf mit seinen freitonalen Opern ''[[Wozzeck]]'' (nach Büchners "[[Woyzeck]]") und dem Fragment ''[[Lulu]]'', das von Friedrich Cerha vollendet wurde, Schlüsselwerke des 20. Jahrhunderts. |
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Kurz nach dem [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] etablierten sich auch im deutschsprachigen Raum Opernhäuser zunehmend als zentrale Versammlungs- und Repräsentationsorte der führenden Gesellschaftsschichten. Eine zentrale Rolle spielten dabei die führenden Fürsten- und Königshäuser, die sich zunehmend eigene [[Hoftheater]] samt der zugehörigen Künstler leisteten, die in der Regel auch für die (wohlhabende) Öffentlichkeit zugänglich waren. So erhielt München sein erstes Opernhaus 1657, Dresden 1667. |
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=== Opernkomponisten nach 1950 === |
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Auch im 20. Jahrhundert wurden Opern komponiert, auch wenn das 19. Jahrhundert sicherlich als das Jahrhundert der Oper betrachtet werden muss, wenn man sowohl das Opernschaffen als auch die Rezeption bzw. das Publikum in Rechnung stellt. Im 17. und [[18. Jahrhundert]] war die Oper ein überwiegend höfisches und somit adeliges Vergnügen. |
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Bürgerliche, d. h. durch Städte und/oder private bürgerliche Akteure finanzierte „öffentliche und populäre“ Opernhäuser wie in Venedig existierten hingegen lediglich in [[Hamburg]] (1678), Hannover (1689) und [[Leipzig]] (1693). Im bewussten Gegensatz zum durch italienischsprachige Opern dominierten Betrieb an den „adligen“ Häusern, setzte insbesondere die Hamburger [[Oper am Gänsemarkt]] als ältestes bürgerliches Opernhaus Deutschlands bewusst auf deutschsprachige Werke und Autoren. So [[Georg Friedrich Händel|Händel]], [[Reinhard Keiser|Keiser]], [[Johann Mattheson|Mattheson]] und [[Georg Philipp Telemann|Telemann]]. Jene etablierten bereits ab Beginn des 18. Jahrhunderts unter Verwendung deutschsprachiger Libretti von Dichtern wie [[Heinrich Elmenhorst|Elmenhorst]], [[Barthold Feind|Feind]], [[Christian Friedrich Hunold|Hunold]] und [[Christian Heinrich Postel|Postel]] eine eigenständige deutschsprachige Opern- und [[Singspiel]]tradition. Die Bedeutung Hamburgs für die Entwicklung einer eigenständigen deutschsprachigen Operntradition unterstreichen auch die beiden zeitgenössischen Schriften zur Theorie der Oper: Heinrich Elmenhorsts ''Dramatologia'' (1688) und Barthold Feinds ''Gedancken von der Opera'' (1708). |
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Wichtige Komponisten nach 1950 sind beispielsweise [[Benjamin Britten]], [[Luigi Nono]], [[Luciano Berio]], [[Philip Glass]] und [[Hans Werner Henze]]. |
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==== England ==== |
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In [[Vereinigtes Königreich|England]] verbreitete sich die Oper erst relativ spät. Die vorherrschende musikalische Theaterform in der Zeit des [[Elisabethanisches Theater|Elisabethanischen Theaters]] war die [[Masque]], eine Kombination aus Tanz, Pantomime, Sprechtheater und musikalischen Einlagen, bei denen der vertonte Text meist nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Handlung stand. Im Anschluss an das puritanische Verbot von Musik- und Theateraufführungen von 1642 begründete erst die [[Stuart-Restauration]] ab 1660 wiederum ein Theaterleben, in das die Oper integriert wurde. |
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Stockhausen entwarf mit seinem Zyklus "LICHT", der 1981 begonnen und 2005 vom Komponisten vollendet wurde, eine monumentale Heptalogie, aufgeschlüsselt auf die sieben Tage der Woche. Der Zyklus um Eva, Michael und Luzifer setzt enorme aufführungstechnische Schwierigkeiten, verlangt sehr spezialisierte Chöre, Solisten, Tänzer und Instrumentalisten. In seinen revolutionären Anforderungen lässt sich das Lebenswerk als zweiter "Ring der Nibelungen" für unsere Zeiten begreifen. |
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Ein in jeder Hinsicht singuläres Werk ist [[Henry Purcell]]s knapp einstündige Oper ''[[Dido and Aeneas]]'' (Uraufführung vermutlich 1689, Libretto: [[Nahum Tate]]). Der Komponist greift darin Elemente der französischen und der italienischen Oper auf, entwickelt jedoch eine eigene Tonsprache, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie sehr eng am Text bleibt. Chorpassagen und tänzerische Abschnitte stehen den ariosen Passagen der Hauptfiguren gegenüber, die fast ohne arienartige Formen auskommen. Die wechselnden Stimmungen und Situationen werden mit musikalischen Mitteln genau wiedergegeben; die Schlussszene, wenn die karthagische Königin [[Dido (Mythologie)|Dido]] aus unglücklicher Liebe zu dem trojanischen Helden [[Aeneas]] an gebrochenem Herzen stirbt, gehört zum Bewegendsten der Opernliteratur. |
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=== 18. Jahrhundert === |
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== Oper heute: Weitere Aspekte == |
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==== Allgemeine Entwicklung ==== |
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Im Laufe des 18. Jahrhunderts bilden sich zwei Operntypen heraus: Neben der etablierten [[Opera seria]] als vorwiegend vom Repräsentations- und Legitimationsbedürfnis des Adels getragene Form, die mehrheitlich auf mythologischen oder historischen Stoffen basiert und deren Personal aus Göttern, Halbgöttern, Heroen, Fürsten sowie deren Geliebten und ihrer Dienerschaft besteht, entwickelt sich um 1720 die [[Opera buffa]] mit zunächst grobschlächtig komischen Handlungen, die sich zu bürgerlich-sentimentalen entwickeln. |
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Eine Konkurrenz zu den italienischen Opern bilden in Frankreich einerseits die höfische [[Tragédie lyrique]], mit ihrem im Vergleich zu älteren italienischen Opern volleren Instrumentarium, und andererseits die [[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]], die vom [[Pariser Jahrmarktstheater]] herstammt. Diese Gattungen regen auch außerhalb Frankreichs Opernaufführungen in der eigenen Landessprache an, als einheimisches Gegengewicht zu den allgegenwärtigen italienischen Gesangsvirtuosen. |
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=== Regie === |
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Bis etwa 1800 war Operntheater vor allem Uraufführungstheater. [[Komponist]] und [[Publikum]] lebten in derselben Zeit und somit in derselben Gesellschaft. Die Konventionen und "Spielregeln" für Theater waren für Aufführende wie Zuschauer allgemein klar. Mit der Aufführung auch älterer Werke bildete sich im 19. Jahrhundert das [[Repertoiretheater]], das neben neuen Werken auch diejenigen historischen Opern aufführte, die in ihrer Zeit ein Publikum fanden. Hierbei änderte sich der Theaterstil der Aufführung gegenüber der Zeit ihrer Entstehung oft erheblich, da sich die Sicht der Zeit auf Stoffe, Themen und Motive verändert hatte. Die Werke Mozarts z. B. erfuhren im [[19. Jahrhundert]] eine deutliche ''Romantisierung''. Je weiter Entstehung und Aufführung eines Werkes zeitlich auseinander klafften, desto mehr bedurfte es der [[Interpretation]] eines Werkes. Dies führte schließlich zum Beruf des [[Regisseur]]s, also eines künstlerischen Gesamtleiters einer Opernaufführung, der Spielweise und ästhetische Gestaltung des Werkes festlegt. |
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[[Datei:Marco Ricci - Rehearsal of an opera - Google Art Project (2328395).jpg|mini|hochkant=1.2|[[Marco Ricci]]: ''Opernprobe'', 1709]] |
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=== Werktreue und [[Regietheater]] === |
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Unter diesen Schlagworten lassen sich zwei gegensätzliche Positionen zur Aufführung von Opern heute fassen, die unter Zuschauern und Künstlern oft heftig und kontrovers gegeneinander gestellt werden. |
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Stilprägend wurde die im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts von Italien ausgehende Tendenz, aus dem ursprünglichen [[Dramma per musica]] ein Arienkonzert bzw. eine [[Nummernoper]] mit festgelegtem Inhalt und Musik zu machen. Eine weitere zentrale Entwicklung während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die Einteilung der auf fünf Teile angewachsenen [[Da-capo-Arie]]n mit der Abfolge AA'–B–AA' in spezifische Untergruppen: |
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* '''Werktreue'''. Anhänger der Auffassung, dass eine Oper "werktreu" aufgeführt werden solle, vertreten die Auffassung, dass die Absicht der Autoren eines Werkes für die Aufführung eine Gültigkeit hat und eine Oper entsprechend aufzuführen sei. Da die Autoren meist nicht mehr am Leben sind und es auch keine Ton- oder Bildaufzeichnungen aus deren Zeit gibt, ist nicht immer einfach, herauszufinden, was die Absicht der Autoren gewesen ist. Oft bezieht sich das Postulat der Werktreue daher auf eine Aufführungstradition, namentlich auf diejenige aus der ersten Hälfte des [[20. Jahrhundert]]s, fast immer sind [[Bühnenbild]] und [[Kostüm]] hier die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung. Zweifellos kann die Herangehensweise an eine Oper zunächst beim Werk und seiner Analyse beginnen. Ziel der Gestaltung ist dann vorrangig die Aufführung des Werkes selbst und seiner Inhalte im Sinne des Werkes. Hierfür ist der Begriff "Werkgerechtigkeit" wohl treffender als der der "Werktreue". |
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* '''Regietheater'''. Bei vielen Regisseuren steht bei einer Opernaufführung der Bezug zur heutigen Zeit und Gesellschaft oder zu ihrer eigenen Person im Vordergrund. Oftmals versuchen diese, eine Gestaltung zu wählen, die optisch einen deutlichen Bezug zur Jetztzeit hat. Aspekte des Werkes, die nur in der Entstehungszeit klar verständlich waren, werden interpretiert - oder uminterpretiert. Die Aufführungen dieser Regisseure können den Charakter von Werkbearbeitungen annehmen, bei denen die persönliche Interpretation durch den Regisseur das Werk überdeckt. Hierfür hat sich der Begriff ''Regietheater'' etabliert. Da seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch zunehmend im Schauspiel ausgebildete Regisseure Opern inszenieren, treten zuweilen auch musikalisch-praktische Notwendigkeiten in den Hintergrund. |
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* ''Aria di bravura'' (Bravourarie) mit überreichen Koloraturen; |
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Zwischen diesen beiden Polen steht heute jede Opernaufführung. Der Anspruch der meisten Künstler in der Oper ist jedoch, gleichermaßen dem Werk und der heutigen Realität gerecht zu werden. [[Adolf Dresen]] hat hierzu (sinngemäß) formuliert: ''Die Werktreue ist für eine Oper ebenso schädlich wie die Werkverwurstung.'' |
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* ''Aria cantabile'' mit schöner Linienführung; |
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* ''Aria di mezzo carattere'' mit charakteristischer Orchesterbegleitung; |
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* ''Aria concertata'' mit konzertierenden Instrumenten; |
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* ''Aria parlante'', die heftige Gefühlsausbrüche schildert. |
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Der Star des Abends konnte zudem eine virtuose ''Aria baule'' („Koffer-Arie“) einschieben, die mit der Handlung nichts zu tun hatte. Solche Arien konnten leicht vertauscht oder mehrfach eingesetzt werden. Der [[Belcanto]]-Gesang wurde zu einer Präsentation virtuoser Gesangstechniken, die extreme Spitzentöne, geschmeidige Triller und weite Sprünge umfassten. |
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=== Regietheater === |
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Stand früher grundsätzlich die musikalische und sängerische Qualität einer Aufführung im Vordergrund der künstlerischen Bemühungen, so hat sich seit den 1960er Jahren fortschreitend und unterstützt von fachfremden Verantwortlichen ein Primat von [[Regie]] und [[Dramaturgie]] gebildet, welcher dazu führt, dass aufgrund teilweise grotesker szenischer Forderungen immer grössere Abstriche am musikalisch-sängerischen Wert einer Aufführung gemacht werden müssen. Dies geht hin bis zu entstellenden Eingriffen in die musikalische oder textliche Substanz eines Opernwerkes, die von Regisseurinnen und Regisseuren, die in vielen Fällen ebenfalls fachfremd sind, vorgenommen werden. |
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==== Pasticcio ==== |
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Weil im 18. Jahrhundert das Konzept der [[Werktreue]] noch nicht etabliert war und Auftraggeber und Publikum stets neue, noch nie gehörte Opern wünschten, und weil vielen Opernkompanien häufig nur begrenzte Ressourcen an Instrumentalisten und Sängern zur Verfügung standen, bestand eine weitverbreitete Aufführungspraxis des 18. Jahrhunderts darin, Arien und Ensembles aus verschiedenen Werken je nach vorhandener Besetzung möglichst wirkungsvoll zusammenzustellen und eine solche Abfolge musikalischer Nummern mit neuen Texten und einer neuen Handlung zu unterlegen. Diese Art von Opern nannte man [[Pasticcio (Musik)|Pasticcio]]; ein Opernpasticcio konnte sowohl aus der Feder eines einzigen Komponisten stammen, der vorhandene Nummern aus früheren Werken wiederverwendete, als auch aus Werken verschiedener Komponisten zusammengesetzt sein. Diese Praxis führte dazu, dass Handlung und Stimmung einer Opernaufführung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – an einigen Aufführungsorten auch bis in die 1830er Jahre hinein – nicht festgelegt waren und ständigen Anpassungen, Wandlungen und Veränderungen unterlagen. Die Praxis des Pasticcio bedeutete, dass bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts kaum eine Aufführung des gleichen Werks musikalisch oder inhaltlich einer vorhergehenden glich. |
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Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden Opern in der jeweiligen Landessprache des Aufführungsortes aufgeführt, so wurden Verdi-Opern in Deutschland in deutscher Sprache und Wagner-Opern in Italien in italienischer Sprache gesungen, wie auch Radio- und Fernsehaufzeichnungen belegen. Erst durch [[Herbert von Karajan]] kam die Wende. Mit seiner Begründung, die Einheit von Wort und Musik gehe bei Übersetzungen in eine andere Sprache verloren, wurden Opern allmählich immer mehr in der Originalsprache aufgeführt. Auch der Schallplatten-Markt, der sich zunehmend internationalisierte, trug entscheidend zu dieser Entwicklung bei. In der DDR gab es hingegen weiterhin eine große Tradition von Übersetzungen, jedoch wurde mit neuen Übertragungen (z.B. [[Walter Felsenstein]], Siegfried Schoenbohm) versucht, den Inhalt des Originals genauer, sprachlich gelungener und vor allem musikalisch passender umzusetzen. Heute werden in fast allen Opernhäusern simultan zur Aufführung Übertitel eingeblendet. An vielen kleineren Theatern, vor allem im Osten Deutschlands, gibt es noch Aufführungen in deutscher Sprache. Auch gibt es in einigen Städten (z.B. Berlin, München, Wien) mehrere Opernhäuser, von denen eines Opern in Übersetzungen aufführt, wie etwa die [[Komische Oper Berlin]]. Hin und wieder gibt es auch eine autorisierte Übersetzung (wie im Falle der Opern [[Leoš Janáček]]s, deren deutscher Text von Janáčeks Freund [[Max Brod]] stammt, so dass der deutsche Text als original gelten darf). Schwierig gestaltet sich die Aufführung in Originalsprache auch immer dann, wenn Dialoge in dem Werk vorkommen. Hier gibt es auch Mischformen, d.h. gesprochene Texte werden übersetzt, gesungene erklingen jedoch in Originalsprache. Im Bereich Singspiel, Operette, Musical ist daher die übersetzte Musiktheateraufführung weit verbreitet. |
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==== Nummernoper ==== |
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=== Opernführer und Programmhefte === |
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Das daraus folgende Handlungschaos – erzeugt von der Strategie, unterschiedlichen Erwartungen zugleich gerecht zu werden – stieß die italienischen Librettisten [[Apostolo Zeno]] und [[Pietro Metastasio]] ab. Als Gegenmaßnahme verzichteten sie ab den späten 1730er Jahren zunehmend auf überflüssige Seitenhandlungen, mythische [[Allegorie]]n und Nebenfiguren und bevorzugten stattdessen eine klare, nachvollziehbare Handlung und Sprache. Damit schufen sie die Grundlage für einen „ernsteren“ Operntypus jenseits der bis dahin üblichen Aufführungspraxis der [[Opera seria]]. Das zu diesem Zweck entwickelte Handlungsschema verwickelt die Hauptfiguren nach und nach in ein scheinbar unlösbares Dilemma, das sich zum Schluss durch einen unverhofften Einfall zum Guten wendet (''lieto fine''). Auch dichterisch leiteten beide Autoren eine Erneuerung der Oper ein. Gegen die Beliebigkeit des [[Pasticcio (Musik)|Pasticcio]] nummerierten sie die musikalischen Teile, wodurch deren Austausch erschwert wurde. So trugen sie wesentlich zur Herausbildung der [[Nummernoper]] mit ihrer festgelegten Abfolge bei. Als in sich geschlossenes Werk mit stringenter Handlung konnte sich die Oper nunmehr gegenüber dem [[Schauspiel]] behaupten. |
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[[Bild:Puccini La Bohème.jpg|150px|thumb|Plakat zur Oper "La Bohème" von Giacomo Puccini]] |
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Italienisch als ''lingua franca'' vergangener Jahrhunderte war den Opernbesuchern eine vertraute Sprache. Seit den Bemühungen Karajans werden die meisten Werke wieder in ihrer Originalsprache aufgeführt. Die Verständnisschwierigkeiten für heutige Zuschauer werden neben den Übertiteln auch durch Opernführer und Programmhefte ausgeglichen. |
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==== Opera buffa ==== |
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Durch die große Anzahl von Opern, die seit Richard Wagners Bayreuth-Repertoire stetig neu wiederholt werden, hat sich ein allgemeiner Kanon an Werken herausgebildet, die zum Repertoire vieler Theater gehören. Um dem wissenshungrigen Zuschauer eine Einführung in das ihm fremde Werk zu geben, sind im Buchhandel verschiedene Opernführer erhältlich, welche die bekanntesten Werke zu katalogisieren versuchen. |
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Die Gattung der [[Opera buffa]] entstand gleichzeitig in Neapel und Venedig als zumeist heiterer und lebensnaher Operntypus. Einerseits gab es selbstständige musikalische Komödien, andererseits die komischen [[Intermezzo (Oper)|Intermezzi]] zur [[Opera seria]] Anfang der 1730er Jahre, aus der [[Apostolo Zeno]] und [[Pietro Metastasio]] die komischen Elemente ausgeschlossen hatten, sodass sie auf Einlagen zwischen den Akten beschränkt werden mussten. Als stilprägende Werke gelten die Oper ''[[Lo frate ’nnamorato]]'' von [[Giovanni Battista Pergolesi]], uraufgeführt am 28. September 1732 im [[Teatro dei Fiorentini]] in Neapel, und die ab Mitte der 1740er Jahre in Venedig uraufgeführten Werke [[Baldassare Galuppi]]s, die in enger Zusammenarbeit mit [[Carlo Goldoni]] entstanden. |
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Für die Inszenierung der jeweiligen Aufführung werden die Programmhefte des Theaters herangezogen. |
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Nicht alle Werke sind in Opernführern aufgelistet, ebenso wie sich die Zusammensetzung der "Standards" sich auch zeit- und gesellschaftsbedingt wandelt. (So finden sich z.B. in Opernführern der [[DDR]] wesentlich mehr Werke russischer Komponisten.) Programmhefte bieten hier eine unverzichtbare Alternative für schwer zugängliche Werke. |
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Inhaltlich schöpfte die Opera buffa aus dem reichen Fundus der [[Commedia dell’arte]]. Die Handlungen waren oft Verwechslungskomödien, deren Personal aus einem adligen Liebespaar und zwei Untergebenen, oft Magd und Diener, bestand. Letztere können im Unterschied zur Opera seria als Hauptakteure auftreten, womit sich ein bürgerliches und subbürgerliches Publikum identifizieren konnte. Die Opera buffa wurde aber auch von der Aristokratie geschätzt, die ihre Provokationen kaum ernst nahm. |
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== Literatur == |
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==== Entwicklung der Opera buffa zur Opera semiseria ==== |
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* Rudolf Kloiber, Wulf Konold, Robert Maschka: ''Handbuch der Oper'', München (dtv) und Kassel (Bärenreiter), 9., erweiterte Auflage 2002, ISBN 3423325267 und ISBN 376181605, |
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Seit Mitte des 18. Jahrhunderts begann eine Verlagerung der Komik in der Opera buffa auf alltagsweltliche und gegenwartsbezogene Handlungen, in denen Adlige nicht mehr unangreifbar waren. Mozarts ''Don Giovanni'' (1787) wurde zunächst als Opera buffa angesehen und erst im 19. Jahrhundert uminterpretiert, als das Schicksal der bürgerlichen Verführten ernst genommen und der adlige Verführer als Schurke betrachtet werden konnte. |
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* ''Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters'', 6 Bände und ein Registerband, hrsg. von Carl Dahlhaus und Sieghart Döhring, München: Piper 1986 |
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* Ulrich Schreiber: ''Die Kunst der Oper'', Bände 1-3, Frankfurt/Main: Büchergilde Gutenberg, 1988/1991/2000 |
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* ''Praxis Musiktheater. Ein Handbuch'', hrsg. von Arnold Jacobshagen, Laaber-Verlag, 2002, ISBN 3890075126 |
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* Silke Leopold / Robert Maschka: ''Who's who in der Oper'', Kassel [u.a.]: dtv, 2004, ISBN 3-423-34126-2 |
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* Johannes Jansen: ''Schnellkurs Oper'', Köln: Dumont Buchverlag, 1998 ISBN 3-7701-4280-2 |
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Ausdruck dieser Veränderungen ist die Weiterentwicklung der Opera buffa zum Typus der [[Opera semiseria]] Ende des 18. Jahrhunderts, weil ein bürgerliches Publikum sich auf der Bühne nicht mehr verlacht sehen wollte. Die Alltagsnähe der Opera buffa und ihres französischen Gegenstücks, der [[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]], besaß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts soziale Sprengkraft. Damit im Zusammenhang stand der von 1752 bis 1754 in Frankreich ausgetragene [[Buffonistenstreit]]. [[Jean-Jacques Rousseau]] schätzte den bürgerlich geprägten „heiteren“ Operntypus mehr als die Tragédie lyrique der Hocharistokratie. Seine Verurteilung der französischen Oper zu Gunsten der italienischen führte zu wütenden Reaktionen. |
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== Siehe auch == |
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==== England ==== |
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* [[Geschichte der Oper]] bis 1880 |
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Im englischen Sprachraum wurde [[Georg Friedrich Händel]] (anglisiert George Frideric Handel) zu einem der produktivsten Opernkomponisten (mehr als 45 Opern). Sein Wirken in [[London]] hatte nicht den gewünschten geschäftlichen Erfolg, u. a. wegen der starken Konkurrenz des berühmten Kastraten [[Farinelli]], der in der rivalisierenden Operntruppe sang, und ruinöser Gagen für die engagierten Primadonnen. Im 20. Jahrhundert sind vor allem ''[[Alcina]]'', ''[[Giulio Cesare]]'' und ''[[Serse]]'' wieder in die Spielpläne gekommen, in den letzten Jahrzehnten auch viele andere Händel-Opern (u. a. ''[[Ariodante]]'', ''[[Rodelinda]]'', ''[[Giustino (Händel)|Giustino]]''). Nachdem im Zuge der [[Alte Musik|Alte-Musik]]-Bewegung die [[historische Aufführungspraxis]] immer besser erforscht worden war, entstanden auch an den großen Opernhäusern stilbildende Produktionen unter Mitwirkung von [[Barock]]-Spezialisten. |
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[[Datei:Scene from Le devin de village - opera by Rousseau - engraving by Jean-Michel Moreau - Heartz 2003p715.jpg|mini|hochkant|[[Jean-Michel Moreau]]: Szenenbild zu ''Le devin du village'' (1753)]] |
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==== Frankreich ==== |
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Frankreichs Pendant zur in Paris umstrittenen [[Opera buffa]] wurde die ''[[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]]''. Die Rezitative wurden durch gesprochene Dialoge ersetzt. Auch dieses Modell fand im Ausland Erfolg. Die neue Einfachheit und Lebensnähe schlägt sich auch in kleineren Arietten und ''nouveaux airs'', die im Unterschied zu den allseits bekannten [[Vaudeville]]s neu komponiert wurden, nieder. |
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1752 erlebte Frankreich eine neue Konfrontation zwischen der französischen und der italienischen Oper, die unter dem Namen ''[[Buffonistenstreit]]'' in die Geschichte einging. [[Giovanni Battista Pergolesi]]s Oper ''[[La serva padrona]]'' (deutsch: ''Die Magd als Herrin'') war der Anlass dafür. Gegen die Künstlichkeit und Stilisierung der herkömmlichen französischen Adelsoper waren vor allem [[Jean-Jacques Rousseau]] und [[Denis Diderot]], die sich gegen die Kunst und Stilisierung [[Jean-Philippe Rameau|Rameaus]] zur Wehr setzten. Rousseau verfasste neben der bewusst einfach gestalteten Oper ''[[Le devin du village]]'' (deutsch: ''Der Dorfwahrsager'') auch ein preisgekröntes Traktat mit dem Titel ''Discours sur les sciences et les arts'' (1750), in dem er ein von Wissenschaft und Kultur unverdorbenes Leben zum Ideal erklärt. Weitere Musikartikel schrieb er für die berühmte umfassende [[Encyclopédie]] der französischen Aufklärung. Der Buffonistenstreit ging schließlich zu Ungunsten der italienischen Operntruppe aus, die aus der Stadt vertrieben wurde. Somit war der Streit zwar vorläufig beendet, an Beliebtheit stand die Grand opéra aber immer noch hinter der Opéra comique zurück. |
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==== Deutscher Sprachraum ==== |
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[[Datei:Papageno.jpg|mini|hochkant|[[Emanuel Schikaneder|Schikaneder]] als erster [[Die Zauberflöte|Papageno]], 1791]] |
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Die Schließung der Oper am Gänsemarkt im Jahr 1738 führte zu einer weiteren Stärkung des zu diesem Zeitpunkt bereits dominanten italienischsprachigen Opernbetriebs im deutschen Sprachraum. Dennoch etablierte sich – ausgehend vom Hamburger Vorbild – ab Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend die Praxis bei Aufführungen französischer und italienischer Opern die Rezitative ins Deutsche zu übersetzen und – aus vorwiegend musikalischen Gründen – lediglich bei den Arien die Originalsprache beizubehalten. Auch wurden ab Mitte des 18. Jahrhunderts der Verkauf oder die Verteilung gedruckter Erläuterungen und Übersetzungen nicht-deutschsprachiger Werke in deutscher Sprache an das Publikum mehr und mehr üblich. |
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[[Datei:Mozart Portrait Croce.jpg|links|mini|[[Wolfgang Amadeus Mozart]]]] |
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Um 1780 setzt mit dem Werk [[Wolfgang Amadeus Mozart]]s schließlich eine bis weit ins 19. Jahrhundert reichende Entwicklung ein, die zur zunehmenden Verdrängung des bis dahin dominierenden Italienischen zugunsten deutschsprachiger Werke und Aufführungen in deutscher Übersetzung führte. Dabei fand Mozart seinen ganz eigenen Weg, mit der Tradition der italienischen Oper umzugehen. Er reüssierte bereits in jugendlichen Jahren mehrfach in Italien (u. a. mit ''[[Lucio Silla]]'' und ''[[Mitridate, re di Ponto]]'') und komponierte mit ''[[Idomeneo]]'' (1781), einer ebenfalls auf Italienisch geschriebenen ''Opera seria'', für München sein erstes Meisterwerk. Auf diese Form sollte er mit ''[[La clemenza di Tito]]'' (1791) kurz vor seinem Tod nochmals zurückkommen. Nach den Singspielen ''[[Bastien und Bastienne]]'', ''[[Zaide]]'' (Fragment) und ''[[Die Entführung aus dem Serail]]'' (mit dieser 1782 uraufgeführten Oper gelang es ihm, sich in Wien als freier Komponist zu etablieren) schaffte er es in seinem ''[[Le nozze di Figaro|Figaro]]'' (1786) und mehr noch im ''[[Don Giovanni]]'' (1787), Opera seria und Opera buffa einander wieder anzunähern. Neben den zuletzt genannten entstand 1790 als drittes Werk in kongenialer Zusammenarbeit mit dem Librettisten [[Lorenzo Da Ponte]] ''[[Così fan tutte]].'' In der ''[[Die Zauberflöte|Zauberflöte]]'' (1791) verband Mozart Elemente der Oper mit jenen des [[Singspiel]]s und des lokal vorherrschenden [[Alt-Wiener Zaubertheater]]s, das seine Wirkung besonders aus spektakulären [[Bühneneffekt]]en und einer märchenhaften Handlung bezog. Dazu kamen Ideen und Symbole aus der [[Freimaurerei]] (Mozart war selbst Logenmitglied). Mozart-Opern (und insbesondere die ''Zauberflöte'') gehören bis heute zum Standardrepertoire eines jeden Opernhauses. Er selbst bezeichnete die Oper als „Große Oper in 2 Akten“. |
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==== Opernreform ==== |
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[[Datei:Die Gartenlaube (1887) b 757.jpg|mini|hochkant|Titelvignette für ''Orfeo ed Euridice'' (Paris 1764)]] |
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Der ebenfalls sowohl in Italien wie auch in Wien tätige [[Christoph Willibald Gluck]] leitete mit seinen Opern ''[[Orfeo ed Euridice]]'' (1762) und ''[[Alceste (Gluck)|Alceste]]'' (1767), in denen er Elemente der ernsten Oper aus Italien und Frankreich mit der realistischeren Handlungsebene der [[Opera buffa]] kombinierte, eine umfassende [[Opernreform]] ein. Der konsequent klar und logisch aufgebaute Handlungsablauf, gestaltet von [[Ranieri de’ Calzabigi]], kommt dabei ohne komplexe Intrigen oder Verwechslungsdramen aus. Die Zahl der Protagonisten schrumpft. Oberstes Ziel ist eine größere Einfachheit und Nachvollziehbarkeit der Handlung. |
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Dabei ordnet sich Glucks Musik vollständig Dramaturgie und Text unter, charakterisierte Situationen und Personen und stand nicht für den [[belcanto]]-Gesang an sich. Durchkomponierte oder strophisch gestaltete Lieder ersetzten die Da-capo-Arie. Dadurch wurde eine neue Natürlichkeit und Einfachheit erreicht, die hohlem Pathos und Sängermanierismen entgegenwirkte. Der Chor schaltete sich getreu dem antiken Vorbild aktiv in die Handlung ein. Die Ouvertüre bezieht sich auf die Handlung und steht nicht mehr als abgelöstes Instrumentalstück vor der Oper. Italienisches Arioso, französisches Ballett und Pantomime, englisches und deutsches Lied sowie Vaudeville wurden in die Oper integriert, nicht als nebeneinanderstehende Einzelstücke, sondern als neuer klassischer Stil. Glucks ästhetische Ideen wurden von seinem Schüler [[Antonio Salieri]] im späten 18. Jahrhundert zu einer neuen Blüte gebracht. Besonders bedeutend sind die Opern ''[[Les Danaïdes]], [[Tarare (Oper)|Tarare]]'' und ''[[Axur, re d’Ormus]]''. |
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==== Verschwinden der Kastratenpartien ==== |
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Weiterer Ausdruck der größeren Alltagsnähe der [[Opera buffa]] und der durch [[Christoph Willibald Gluck]] angeregten Neuerungen der [[Opernreform]] ist die in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzende Praxis auf hohe Kastratenpartien für Männerpartien zugunsten realistischerer Stimmlagen zu verzichten. Neben der bewussten Abgrenzung von der stark durch das [[Virtuose]]ntum der Kastraten geprägten Opernkultur der [[Opera seria]] des Adels, spielten hierfür nicht zuletzt Kostengründe eine entscheidende Rolle. Da [[Impresario]]s mit der Opera buffa auf ein weniger zahlungskräftiges bürgerliches und sub-bürgerliches Publikum zielten, waren die horrenden Kosten für die [[Honorar|Gage]] eines bekannten [[Kastrat]]en kaum zu erwirtschaften. Die hieraus folgende Identifikation der Virtuosenkultur der Kastratenpartien mit der durch den Adel geprägten kostspieligen Tradition der Opera seria erklärt auch das Verschwinden der Kastraten aus dem Opernbetrieb nach dem Ende des [[Ancien Régime]] und dem hierdurch bedingten Aufstieg der durch die „natürlichere“ Stimmbesetzung der Opera buffa und [[Opera semiseria]] geprägten bürgerlichen Schichten zur auch in Sachen Oper führenden Gesellschaftsschicht des 19. Jahrhunderts. |
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=== 19. Jahrhundert === |
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==== Allgemeine Entwicklung ==== |
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Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts verschwinden zunehmend die durch den [[Generalbass]] begleiteten Rezitative zugunsten einer ausnotierten Orchesterfassung. Neben der bis dahin noch führenden italienischen Oper und den französischen Operntypen treten nach und nach andere nationale Opernformen auf, so zuerst in Deutschland. Die [[Französische Revolution]] und der Aufstieg [[Napoleon Bonaparte|Napoleons]] zeigten ihre Auswirkungen auf die Oper am deutlichsten bei [[Ludwig van Beethoven]]s einziger Oper ''[[Fidelio]]'' bzw. ''Leonore'' (1805, 1806 und 1814). Dramaturgie und musikalische Sprache orientierten sich deutlich an [[Luigi Cherubini]]s ''[[Médée (Cherubini)|Médée]]'' (1797). Die Handlung beruht auf einem „fait historique“ von [[Jean-Nicolas Bouilly]], das 1798 von [[Pierre Gaveaux]] unter dem Titel ''[[Léonore, ou L’amour conjugal]]'' komponiert worden war; die Ideale der französischen Revolution bilden daher auch den Hintergrund von Beethovens Oper. ''Fidelio'' kann zum Typus der „[[Rettungsoper]]“ gezählt werden, in der die dramatische Errettung eines Menschen aus großer Gefahr der Gegenstand ist. Formal ist das Werk uneinheitlich: der erste Teil ist singspielhaft, der zweite mit dem groß angelegten Chorfinale erreicht symphonische Durchschlagskraft und nähert sich dem [[Oratorium]]. Nach der ''Zauberflöte'' und dem ''Fidelio'' brauchte die deutsche Produktion mehrere Anläufe, um schließlich in der Romantik eine eigene Opernsprache zu entwickeln. Eine der wichtigsten Vorstufen hierzu lieferten [[E. T. A. Hoffmann]] mit seiner romantischen Oper ''[[Undine (Hoffmann)|Undine]]'' und [[Louis Spohr]] mit seiner Vertonung des ''[[Faust (Spohr)|Faust]]'' (beide 1816). |
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==== Deutscher Sprachraum ==== |
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[[Datei:Fierrabras 0461 Michelides.jpg|mini|links|''Fierrabras'' von [[Franz Schubert]], [[Salzburger Festspiele]] 2014]] |
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[[Carl Maria von Weber]] war es schließlich, der aus der Tradition des [[Singspiel]]s mit viel dramatischem Farbenreichtum im Orchester die deutsche Oper in Gestalt des ''[[Der Freischütz|Freischütz]]'' im Jahr 1821 gebührend aufleben ließ. Sein wegen des schlechten Textbuches kaum gespieltes Werk ''[[Oberon (Weber)|Oberon]]'' (London 1826) maß dem Orchester so viel Bedeutung zu, dass sich später namhafte Komponisten wie [[Gustav Mahler]], [[Claude Debussy]] und [[Igor Strawinsky]] auf ihn beriefen. |
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Weitere Komponisten der deutschen Romantik waren die als Opernkomponisten kaum bekannten Hochromantiker [[Franz Schubert]] (''[[Fierrabras]]'', komponiert 1823, [[Uraufführung|UA]] 1897), dessen Freunde ihm keine kongeniale Textvorlage liefern konnten, und [[Robert Schumann]], der mit der Vertonung des unter Romantikern beliebten [[Genoveva]]-Stoffs nur eine Oper (1850) vorlegte. Ferner zu nennen sind [[Heinrich Marschner]], der mit seinen Opern um übernatürliche Ereignisse und Naturschilderungen (''[[Hans Heiling]]'', 1833) großen Einfluss auf [[Richard Wagner]] ausübte, [[Albert Lortzing]] mit seinen Spielopern (u. a. ''[[Zar und Zimmermann]]'', 1837, sowie ''[[Der Wildschütz]]'', 1842), [[Friedrich von Flotow]] mit seiner komischen Oper ''[[Martha (Oper)|Martha]]'' (1847) und schließlich [[Otto Nicolai]], der mit den ''[[Die lustigen Weiber von Windsor (Oper)|Lustigen Weibern von Windsor]]'' (1849) etwas „italianità“ in die deutsche Oper trug. |
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[[Datei:Lohengrin 9264b-Michelides.jpg|mini|hochkant=1.2|[[Lohengrin]] von [[Richard Wagner]], [[Oper Oslo]], 2015]] |
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[[Richard Wagner]] schließlich formte die Oper so grundlegend nach seinen Ideen um, dass die oben genannten deutschen Komponisten neben ihm schlagartig verblassten. Mit ''[[Rienzi]]'' (1842) erlebte der bis dahin eher glücklose Wagner seinen ersten Erfolg in Dresden; er wurde später von ''[[Der fliegende Holländer]]'' (1843) noch übertroffen. Wegen seiner Verwicklung in die [[Märzrevolution]] von 1848 in [[Dresden]] musste Wagner für viele Jahre ins Exil in die Schweiz. Sein späterer Schwiegervater [[Franz Liszt]] trug durch die Uraufführung des ''[[Lohengrin]]'' (1850) in [[Weimar]] dazu bei, dass Wagner trotzdem weiterhin in Deutschland präsent war. Mit der Unterstützung des jungen bayerischen Königs [[Ludwig II. (Bayern)|Ludwig II.]] konnte Wagner schließlich den lang gehegten Plan des ''[[Der Ring des Nibelungen|Ring des Nibelungen]]'' verwirklichen, für den er<!-- natürlich Wagner als das Subjekt des vorangehenden Satzes --> eigens das [[Bayreuther Festspielhaus]] erbauen ließ, in dem bis heute nur seine Werke gespielt werden. |
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[[Datei:RichardWagner.jpg|mini|hochkant|Richard Wagner]] |
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Die grundlegende Neuerung Wagners bestand in der vollständigen Auflösung der Nummernoper. Tendenzen zur durchkomponierten Oper zeigten sich schon in Webers ''Freischütz'' oder in [[Robert Schumann]]s selten gespielter ''[[Genoveva (Oper)|Genoveva]]'' (1850). Konsequent vollendet wurde diese Entwicklung erst durch Wagner. Daneben behandelte er Singstimmen und Orchesterpart grundsätzlich gleichberechtigt. Das Orchester begleitet also nicht mehr den Sänger, sondern tritt als „[[mystischer Abgrund]]“ in vielfältige Beziehung zum Gesungenen. Die Länge von Wagners Opern verlangt Sängern und Zuhörern viel Konzentration und Ausdauer ab. Die Themen seiner – mit Ausnahme einiger Frühwerke sowie der ''[[Die Meistersinger von Nürnberg|Meistersinger]]'' – durchweg ernsten Opern, deren Libretti er sämtlich selbst verfasste, sind häufig Erlösung durch Liebe, [[Askese|Entsagung]] oder Tod. |
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In ''[[Tristan und Isolde (Oper)|Tristan und Isolde]]'' (1865) verlegte Wagner das Drama weitgehend in den psychischen Innenraum der Hauptfiguren, den er dann mit seiner Musik ausleuchten konnte – die äußere Handlung der Oper ist dagegen ungewöhnlich ereignisarm. Der Gestaltung dieses „ozeanischen“ Innenraums diente auch die Harmonik, die mit dem „[[Tristan-Akkord]]“ die bis dahin gültigen harmonischen Regeln in den Hintergrund rückte und damit in die Musikgeschichte einging. Musikalisch zeichnen sich Wagners Opern sowohl durch seine geniale Behandlung des Orchestersatzes, die auch auf die symphonische Musik der Zeit bis hin zu [[Gustav Mahler]] starken Einfluss ausübte, aus, als auch durch den Einsatz wiederkehrender Motive, der sogenannten [[Leitmotiv]]e, die sich mit Figuren, Situationen, einzelnen Begriffen oder auch mit bestimmten Ideengehalten verbinden. Mit dem ''Ring des Nibelungen'' (komponiert 1853–1876), dem wohl bekanntesten Opernzyklus in vier Teilen (daher auch schlicht „die Tetralogie“ genannt) mit etwa 16 Stunden Aufführungszeit insgesamt, schuf Wagner eine monumentale musikdramatische Verwirklichung seiner in der Schrift ''[[Oper und Drama]]'' (1852) entwickelten Reform der überkommenen Oper. Das Bühnenweihfestspiel ''[[Parsifal]]'' war die letzte seiner Opern, die die Musikwelt in zwei Lager spalteten und sowohl Nachahmer ([[Engelbert Humperdinck]], [[Richard Strauss]] vor seiner ''[[Salome (Oper)|Salome]]'') als auch Skeptiker – insbesondere in Frankreich – hervorriefen. |
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==== Frankreich ==== |
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In Frankreich herrschte zunächst die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte Form der [[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]] vor. [[Daniel-François-Esprit Auber]] gelang mit seiner Oper ''[[La muette de Portici]]'' (1828) deren Titelheldin von einer stumm bleibenden Ballerina dargestellt wurde, der Anschluss an die [[Grand opéra]] („große Oper“). Der Dramatiker [[Eugène Scribe]] wurde zu deren maßgeblichem Librettisten. In der Grand opéra traten neben den Verwicklungen der operntypischen Liebesgeschichte vor allem historisch-politische Motive in den Vordergrund, wie es deutlich in [[Gioachino Rossini|Rossinis]] letzter Oper ''[[Guillaume Tell (Rossini)|Guillaume Tell]]'' (1829) vorgeprägt ist. Der erfolgreichste Vertreter der Grand Opéra war [[Giacomo Meyerbeer]], mit seinen Werken ''[[Robert le diable]]'' (1831), ''[[Les Huguenots]]'' (1836) und ''[[Le prophète]]'' (1849), die jahrzehntelang und noch bis ins beginnende 20. Jahrhundert hinein, im internationalen Repertoire gespielt wurden. Andere bedeutende Beispiele sind ''[[La Juive]]'' („Die Jüdin“, 1835) von [[Fromental Halévy|Halévy]], [[Gaetano Donizetti|Donizettis]] ''[[Dom Sébastien]]'' (1843), oder [[Giuseppe Verdi|Verdis]] ''[[Don Carlos (Verdi)|Don Carlos]]'' (1867). |
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Etwa ab 1850 vermischten sich Opéra comique und Grand opéra zu einer neuen Opernform ohne Dialoge. [[Georges Bizet]] schrieb 1875 sein bekanntestes Bühnenwerk ''[[Carmen]]'' noch als Opéra comique, deren Rezitative erst postum von [[Ernest Guiraud]] hinzugefügt wurden. Wenn die „realistische“ Handlung und der Ton des Werks nicht zu einer Grand opéra passen, so steht wiederum das tragische Ende, das bei der Uraufführung zunächst für einen Misserfolg sorgte, im Widerspruch zur Opéra comique. Weitere Beispiele für die Vermischung von Opéra comique und Grand opéra sind [[Charles Gounod]]s ''[[Faust (Gounod)|Faust]]'' (1859) – hier wird zum ersten Mal der Begriff ''Drame lyrique'' verwendet – und [[Jacques Offenbach]]s ''[[Hoffmanns Erzählungen|Les contes d’Hoffmann]]'' (''Hoffmanns Erzählungen'', 1871–1880). |
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==== Russland ==== |
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Schließlich trat auch Russland mit seinen ersten Nationalopern auf den Plan, genährt durch den Import anderer Erfolge aus dem Westen. [[Michail Iwanowitsch Glinka|Michail Glinka]] komponierte 1836 die Oper Жизнь за царя (''Schisn sa zarja,'' deutsch: ''[[Ein Leben für den Zaren]],'' in der Sowjetunion zu ''Iwan Sussanin'' umbenannt). Das Werk hat ein russisches Sujet, ist aber musikalisch noch stark in westlichen Einflüssen verhaftet. Seine bekannteste Oper ''[[Ruslan und Ljudmila (Oper)|Ruslan und Ljudmila]]'' übte großen Einfluss auf die folgenden Generationen russischer Komponisten aus. [[Modest Petrowitsch Mussorgski|Modest Mussorgski]] löste sich mit ''[[Boris Godunow (Oper)|Boris Godunow]]'' (1874) nach einem Drama von [[Alexander Sergejewitsch Puschkin|Alexander Puschkin]] endgültig von westlichen Einflüssen. Auch [[Alexander Porfirjewitsch Borodin|Borodins]] ''[[Fürst Igor]]'' (1890) führte Glinkas Erbe weiter. [[Pjotr Iljitsch Tschaikowski|Pjotr Tschaikowski]] stand zwischen den russischen Traditionen und denen der westlichen Welt und entwarf mit ''[[Eugen Onegin (Oper)|Eugen Onegin]]'' (1879) und ''[[Pique Dame (Oper)|Pique Dame]]'' (1890) Liebesdramen mit bürgerlichem Personal, die beide ebenfalls auf einer Vorlage von Puschkin beruhen. |
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==== Böhmen ==== |
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In [[Böhmen]] waren [[Bedřich Smetana]] und [[Antonín Dvořák]] die meistgespielten Komponisten der Prager Nationaloper, die mit Smetanas ''[[Libuše (Oper)|Libuše]]'' (1881) im neuen [[Nationaltheater (Prag)|Nationaltheater]] in Prag ihren Anfang nahm. ''[[Die verkaufte Braut]]'' (1866) desselben Komponisten wurde zum Exportschlager. Dvořaks Oper ''[[Rusalka (Oper)|Rusalka]]'' (1901) verknüpfte volkstümliche Sagen und deutsche Märchenquellen zu einer lyrischen Märchenoper. [[Bohuslav Martinů]] und [[Leoš Janáček]] führten ihre Bestrebungen weiter. Letztgenannter Komponist ist in seiner Modernität in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckt worden und hat vermehrt die Spielpläne erobert. Während ''[[Das schlaue Füchslein]]'' (1924) noch immer meist in der deutschen Übersetzung von [[Max Brod]] gegeben wird, werden andere Werke wie ''[[Jenůfa]]'' (1904), ''[[Káťa Kabanová]]'' (1921) oder ''[[Věc Makropulos]]'' (1926) immer häufiger in der tschechischsprachigen Originalversion aufgeführt; das ist insofern wichtig, da Janáčeks Tonsprache sich eng an die [[Phonetik]] und [[Prosodie]] seiner Muttersprache anlehnt. |
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==== Italien ==== |
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Italien verfiel ab dem Jahr 1813, in dem seine Opern ''[[Tancredi]]'' und ''[[L’italiana in Algeri]]'' aufgeführt wurden, dem jungen und überaus produktiven [[Belcanto]]-Komponisten [[Gioachino Rossini]]. ''[[Il barbiere di Siviglia]]'' (1816), ''[[La gazza ladra]]'' (dt. ''Die diebische Elster'') und ''[[La Cenerentola (Oper)|La Cenerentola]]'' (beide 1817) nach dem Aschenputtel-Märchen von [[Charles Perrault]] sind bis heute im Standardrepertoire der Opernhäuser zu finden. Federnder Rhythmus und eine geistreich-brillante Orchestrierung sowie eine virtuose Behandlung der Singstimme ließen Rossini zu einem der beliebtesten und verehrtesten Komponisten Europas werden. Die bis dato noch üblichen improvisierten Verzierungen der Sänger schrieb Rossini dezidiert in seine Partien hinein und unterband damit ausufernde Improvisationen. Eine neue formale Idee verwirklichte er mit seiner ''scena ed aria'', die den starren Wechsel von Rezitativ und Arie auflockerte und doch das Prinzip der Nummernoper aufrechterhielt. Daneben hat Rossini auch eine ganze Reihe von ''Opere serie'' geschrieben (z. B. seinen ''[[Otello (Rossini)|Otello]]'', 1816, oder ''[[Semiramide]]'', 1823). 1824 ging er nach Paris und schrieb wichtige Werke für die Opéra. Eine politische ''Grand opéra'' verfasste er über Wilhelm Tell (''[[Guillaume Tell (Rossini)|Guillaume Tell]]'', 1829), die in Österreich verboten und an verschiedenen europäischen Orten in entschärfter Fassung mit anderen Haupthelden aufgeführt wurde. |
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[[Datei:Enrico Caruso, Bessie Abott, Louise Homer, Antonio Scotti, Giuseppe Verdi, Bella figlia dell' amore (Rigoletto).ogg|mini|Enrico Caruso, Bessie Abott, Louise Homer, Antonio Scotti, singen das Quartett „Bella figlia dell’amore“ aus Verdis ''Rigoletto'']] |
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Rossinis jüngere Zeitgenossen und Nachfolger kopierten zunächst seinen koloraturenreichen Stil, bis vor allem [[Vincenzo Bellini]] und [[Gaetano Donizetti]] es schafften, sich mit einem eigenen, etwas schlichteren, ausdrucksvollen und romantischeren Stil von dem übermächtigen Vorbild zu emanzipieren. Bellini war berühmt für die ausdrucksvolle und ausgefeilte Deklamation seiner Rezitative und die „unendlich“ langen und ausdrucksvollen Melodien seiner Opern, wie ''[[Il pirata]]'' (1827), ''[[I Capuleti e i Montecchi]]'' (1830), ''[[I puritani]]'' (1835), ''[[La sonnambula]]'' (1831), und vor allem ''[[Norma (Oper)|Norma]]'' (1831). Die Titelpartie dieser Oper mit der berühmten Arie „Casta diva“ schrieb Bellini, genau wie die Amina in ''La sonnambula'', der großen Sängerin [[Giuditta Pasta]] auf den Leib. Die Norma ist so anspruchsvoll, dass sie nur von ganz wenigen großen Sängerinnen gesungen und interpretiert werden kann, sie wurde durch die historische Interpretation von [[Maria Callas]] wieder der Vergessenheit entrissen. |
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Der wenige Jahre ältere Donizetti war ein ungemein fleißiger Komponist, der neben Bellini und vor allem nach dessen frühzeitigem Tode (1835) zum erfolgreichsten italienischen Opernkomponisten aufstieg. Seinen ersten großen Durchbruch hatte er mit ''[[Anna Bolena]]'' (1830), deren Titelpartie ebenfalls von der Pasta kreiert und von der Callas wiederentdeckt wurde. Dagegen ist ''[[Lucia di Lammermoor]]'' (1835) mit der berühmten koloraturreichen Wahnsinnsszene nie ganz aus dem Repertoire verschwunden und hält sich neben den heiteren Opern ''[[L’elisir d’amore]]'' (1832), ''[[Don Pasquale]]'' (1843), und ''[[La fille du régiment]]'' (1840) konsequent auf den Spielplänen der Opernhäuser. |
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[[Datei:Giuseppe Verdi lithograph.jpeg|mini|links|hochkant|Giuseppe Verdi (1813–1901)]] Die weit gespannten Melodiebögen Bellinis machten starken Eindruck auf den jungen [[Giuseppe Verdi]]. Seit seiner dritten Oper ''[[Nabucco]]'' galt er als [[Nationalkomponist]] für das immer noch von den [[Habsburg]]ern beherrschte Italien. Sein Chor [[Va, pensiero|„Va, pensiero, sull’ ali dorate“]] (1842) entwickelte sich rasch zur heimlichen Nationalhymne des besetzten und zerteilten Landes. Musikalisch zeichnet Verdis Musik eine betonte Rhythmik aus, über der sich einfache, oft extrem ausdrucksstarke Melodien entwickeln. In seinen Opern, bei denen Verdi mit untrüglichem Theaterinstinkt auch oft selbst am Textbuch mitwirkte, nehmen Chorszenen zunächst eine wichtige Stellung ein. Verdi verließ zunehmend die traditionelle Nummernoper; ständige emotionale Spannung verlangte nach einer abwechslungsreichen Durchmischung der einzelnen Szenen und Arien. Mit ''[[Macbeth (Verdi)|Macbeth]]'' wandte sich Verdi endgültig von der Nummernoper ab und ging seinen Weg der intimen Charakterschilderung von Individuen weiter. Mit ''[[La traviata]]'' (1853, nach dem 1848 erschienenen Roman ''[[Die Kameliendame]]'' von [[Alexandre Dumas der Jüngere|Alexandre Dumas d. J.]], der um die authentische Figur der Kurtisane [[Marie Duplessis]] kreist) brachte er erstmals einen Gegenwartsstoff auf die Opernbühne, wurde von der [[Zensur (Informationskontrolle)|Zensur]] jedoch gezwungen, die Handlung aus der Jetztzeit zu verlegen. Verdi vertonte häufig literarische Vorlagen, etwa von [[Friedrich Schiller]] (z. B. ''[[Luisa Miller]]'' nach ''[[Kabale und Liebe]]'' oder ''[[I masnadieri]]'' nach ''[[Die Räuber]]''), Shakespeare oder [[Victor Hugo]] (''[[Rigoletto]]''). Mit seinen für Paris geschriebenen Beiträgen zur ''Grand Opéra'' (z. B. ''[[Don Carlos (Verdi)|Don Carlos]]'', 1867) erneuerte er auch diese Form und nahm mit dem späten ''[[Otello (Verdi)|Otello]]'' Elemente von Richard Wagners Musikdrama auf, bis er mit der überraschenden Komödie ''[[Falstaff (Verdi)|Falstaff]]'' (1893; Dichtung in beiden Fällen von [[Arrigo Boito]]) im Alter von 80 Jahren seine letzte von fast 30 Opern komponierte. Als seine populärsten Opern gelten ''La traviata'' (1853) und ''[[Aida (Oper)|Aida]]'' (1871). |
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=== Jahrhundertwende === |
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[[Datei:'Visi d'Arte' Tosca Puccini Francisca Pomar de Maristany (1929).ogg|mini|Francisca Pomar de Maristany singt „Vissi d’arte“ aus Giacomo Puccinis ''Tosca'' – Aufnahme von 1929]] |
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Nach dem Abtreten Verdis eroberten die jungen [[Verismus|Veristen]] (ital. ''vero'' = wahr) in Italien die Szene. Ungeschönter Naturalismus war eines ihrer höchsten ästhetischen Ideale – dementsprechend wurde von säuberlich verfassten Versen Abstand genommen. [[Pietro Mascagni]] (''[[Cavalleria rusticana]],'' 1890) und [[Ruggero Leoncavallo]] (''[[Pagliacci]],'' 1892) waren die typischsten Komponisten aus dieser Zeit. [[Giacomo Puccini]] wuchs hingegen an Ruhm weit über sie hinaus und ist bis heute einer der meistgespielten Opernkomponisten überhaupt. ''[[La Bohème]]'' (1896), ein Sittengemälde aus dem Paris der Jahrhundertwende, der „Politkrimi“ ''[[Tosca]]'' (1900, nach dem gleichnamigen Drama von Victorien Sardou) und die fernöstliche ''[[Madama Butterfly]]'' (1904), mit der unvollendeten ''[[Turandot (Puccini)|Turandot]]'' (Uraufführung posthum 1926) noch um ein weiteres an Exotismus gesteigert, sind vor allem wegen ihrer Melodien zu Schlagern geworden. Puccini war ein eminenter Theatraliker und wusste genau für die Stimme zu schreiben; die Instrumentierung seiner meist für großes Orchester gesetzten Partituren ist sehr differenziert und meisterhaft.<ref>Johannes Jansen: ''Schnellkurs Oper''. S. 127, „Aufbruch in die Moderne“.</ref> Zurzeit wird der damals sehr populäre italienisch-deutsche Komponist [[Alberto Franchetti]], trotz dreier Welterfolge (''Asrael'', ''Christoforo Colombo'' und ''Germania'') zwischendurch fast vergessen, zaghaft wiederentdeckt. |
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Einem anderen musikdramatischen Ideal verpflichtet als die Veristen war der gleichzeitig tätige [[Alfredo Catalani]], dessen beim Publikum sehr beliebten Werke auch mit fantastischen Elementen durchsetzt sind. Seine letzte und heute bekannteste Oper, ''[[La Wally]]'' nach dem Roman ''[[Die Geier-Wally (Roman)|Die Geier-Wally]]'' von [[Wilhelmine von Hillern]], wurde am 20. Januar 1892 im [[Teatro alla Scala]] in Mailand uraufgeführt. |
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=== Frühes 20. Jahrhundert === |
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[[Datei:Mary Garden in Debussy's Pelléas et Mélisande.jpg|mini|[[Mary Garden]] als Melisande]] |
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==== Frankreich ==== |
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[[Claude Debussy]] gelang es schließlich, sich vom Einfluss des Deutschen zu befreien, und schuf mit ''[[Pelléas et Mélisande (Oper)|Pelléas et Mélisande]]'' 1902 eines der nuanciertesten Beispiele für die von Wagner übernommene [[Leitmotiv]]technik. [[Maurice Maeterlinck]]s Textvorlage bot viel an mehrdeutigen Symbolismen an, die Debussy in die Orchestersprache übernahm. Die Gesangspartien wurden fast durchweg rezitativisch gestaltet und boten der „unendlichen Melodie“ Wagners mit dem „unendlichen Rezitativ“ ein Gegenbeispiel. Eine der raren Ausnahmen, die dem Hörer eine gesangliche Linie darbieten, ist das schlichte Lied der Mélisande, das wegen seiner Kürze und Schmucklosigkeit kaum als echte Arie angesehen werden kann. |
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==== Wiener Schule ==== |
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Nach [[Richard Strauss]], der mit ''[[Salome (Oper)|Salome]]'' und ''[[Elektra (Strauss)|Elektra]]'' zunächst zum spätromantischen Expressionisten wurde, sich dann allerdings mit ''[[Der Rosenkavalier]]'' wieder früheren Kompositionsstilen zuwendete und mit einer Reihe von Werken bis heute viel gespielt wird (z. B. ''[[Ariadne auf Naxos]]'', ''[[Arabella (Strauss)|Arabella]]'', ''[[Die Frau ohne Schatten]]'' und ''[[Die schweigsame Frau]]''), schafften es nur noch wenige Komponisten, einen festen Platz im Repertoire der Opernhäuser zu finden. Stattdessen wurden (und werden) eher die Werke der Vergangenheit gepflegt. Die Aufnahme eines zeitgenössischen Werkes in das Standardrepertoire bleibt die Ausnahme. |
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[[Alban Berg]] gelang dies dennoch mit seinen Opern ''[[Wozzeck (Berg)|Wozzeck]],'' der freitonal angelegt wurde, und ''[[Lulu (Oper)|Lulu]],'' die sich ganz der Zwölftonmusik bedient. Die zuerst Fragment gebliebene ''Lulu'' wurde von [[Friedrich Cerha]] für die Pariser Aufführung unter [[Pierre Boulez]] und [[Patrice Chéreau]] in ihrer dreiaktigen Gestalt vollendet. Von beiden Opern hat insbesondere ''Wozzeck,'' bei dem Gehalt des Stücks und musikalische Vision zu einer Einheit finden, inzwischen weltweit in unzähligen Inszenierungen an großen wie kleineren Bühnen Eingang in das vertraute Opernrepertoire gefunden und eine unbestrittene Stellung erobert. Durchaus ähnlich verhält es sich mit ''Lulu,'' die jedoch wegen ihres im Werk angelegten Aufwands oft nur von größeren Bühnen bewältigt werden kann. Sie inspiriert allerdings regelmäßig wichtige Interpretinnen wie [[Anja Silja]], [[Evelyn Lear]], [[Teresa Stratas]] oder [[Julia Migenes]]. |
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[[Datei:Arnold Schoenberg la 1948.jpg|mini|hochkant|Arnold Schönberg, 1948]] |
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Von [[Arnold Schönberg]] werden regelmäßig das [[Monodrama|Monodram]] ''[[Erwartung (Schönberg)|Erwartung]]'' – die erste Oper für eine einzige Sängerin – sowie das vom Komponisten bewusst unvollendet hinterlassene, höchste Ansprüche an den Chor stellende Werk ''[[Moses und Aron]]'' aufgeführt. ''Erwartung,'' bereits 1909 entstanden, doch erst 1924 in [[Prag]] mit [[Marie Gutheil-Schoder]] unter der Leitung von [[Alexander von Zemlinsky]] uraufgeführt, bewies in den dem Zweiten Weltkrieg folgenden Jahren eine spezifische Faszination gleichermaßen für Sängerinnen (besonders [[Anja Silja]] und [[Jessye Norman]]) wie für Regisseure (z. B. [[Klaus Michael Grüber]] mit Silja 1974 in Frankfurt; [[Robert Wilson (Regisseur)|Robert Wilson]] mit Norman 1995 bei den [[Salzburger Festspiele]]n). 1930 begann Schönberg die Arbeit an ''Moses und Aron,'' die er 1937 abbrach; nach der szenischen Uraufführung in Zürich 1957 hat diese Oper international zumal seit den 1970er Jahren in zahlreichen Aufführungen ihre besondere Bühnentauglichkeit bewiesen. Interessant ist ferner, dass Moses sich über die gesamte Oper hinweg eines Sprechgesangs bedient, dessen Tonhöhe vorgezeichnet ist, Aron dagegen singt. |
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==== Weitere Entwicklungen im Deutschen Sprachraum ==== |
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Ansonsten hinterließ die [[Wiener Schule (Moderne)|Wiener Schule]] keine weiteren Spuren im Standardrepertoire. Musikalisch musste sich allerdings jeder moderne Komponist mit der [[Zwölftonmusik]] auseinandersetzen und entscheiden, ob er auf ihrer Grundlage weiter arbeitete oder eher in tonalen Bahnen dachte. |
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[[Hans Pfitzner]] gehörte zu den bedeutendsten Komponisten der ersten Jahrhunderthälfte, die bewusst an den tonalen Traditionen festhielten. Sein Opernschaffen zeigt gleichermaßen Einflüsse Richard Wagners und frühromantischer Komponisten, wie Weber und Marschner. Pfitzners Musik wird zum großen Teil von linear-polyfonem Denken bestimmt, die Harmonik bewegt sich zwischen schlichter Diatonik und bis an die Grenzen der Tonalität gehender Chromatik. Von Pfitzners Opern ist die 1917 uraufgeführte Musikalische Legende ''[[Palestrina (Oper)|Palestrina]]'' am bekanntesten geworden. Er schrieb außerdem: ''[[Der arme Heinrich (Oper)|Der arme Heinrich]]'', ''[[Die Rose vom Liebesgarten]]'', ''[[Das Christ-Elflein]]'' und ''[[Das Herz]].'' |
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[[Datei:Les Stigmatises 1367-Michelides.jpg|mini|hochkant=1.2|''[[Die Gezeichneten (Oper)|Die Gezeichneten]]'' von [[Franz Schreker]],<br />Inszenierung: [[David Bösch]], [[Opéra de Lyon]] 2015]] |
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[[Datei:Die Tote Stadt 5060-Peralta.jpg|mini|hochkant=1.2|''[[Die tote Stadt]]'' von [[Erich Wolfgang Korngold]],<br />Inszenierung: [[Johannes Erath]], [[Oper Graz]] 2015]] |
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[[Franz Schreker]] schuf 1912 mit ''[[Der ferne Klang]]'' einen der großen Opernerfolge vor dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], geriet jedoch später in Vergessenheit, als der [[Nationalsozialismus]] seine Werke aus den Spielplänen verdrängte. Nach vielen früheren Versuchen begann erst in den 1980er Jahren die wirklich tief greifende Wiederentdeckung dieses Komponisten, die neben Neuinszenierungen von ''Der ferne Klang'' ([[Teatro La Fenice]] 1984, [[Wiener Staatsoper]] 1991) auch Aufführungen von ''[[Die Gezeichneten (Oper)|Die Gezeichneten]]'', ''[[Der Schatzgräber]]'' oder ''[[Irrelohe]]'' zeitigte. Eine wesentliche Rolle in Schrekers Musik spielen stark ausdifferenzierte Klangfarben. Die chromatische Harmonik Wagners erfährt bei Schreker eine nochmalige Intensivierung, die nicht selten die tonalen Bindungen bis zur Unkenntlichkeit verwischt. |
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Ähnlich wie Schreker erging es dem Wiener [[Alexander von Zemlinsky]] und dem Brünner [[Erich Wolfgang Korngold]], deren Werke es nach 1945 ebenfalls schwer hatte. Seit den 1980er Jahren gelang es beiden Komponisten, wieder einen Platz im internationalen Repertoire zu erlangen, Zemlinsky mit ''[[Kleider machen Leute (Zemlinsky)|Kleider machen Leute]],'' besonders aber ''[[Eine florentinische Tragödie]]'', ''[[Der Zwerg (Oper)|Der Zwerg]]'' und ''[[Der König Kandaules]],'' Korngold mit ''[[Die tote Stadt]].'' |
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Auch das Schaffen von [[Walter Braunfels]] wurde von den Nationalsozialisten verboten und erfährt erst seit Ende des 20. Jahrhunderts wieder verstärkte Aufmerksamkeit. Mit seiner Oper ''[[Die Vögel (Braunfels)|Die Vögel]]'' war Braunfels in den 1920er Jahren einer der meistgespielten Komponisten auf deutschen Opernbühnen. An seinen Werken fällt ihre stilistische Vielseitigkeit auf: Bietet ''[[Prinzessin Brambilla]]'' einen auf die [[Commedia dell’arte]] zurückgreifenden Gegenentwurf zum Musikdrama der Wagnernachfolge, zeigen ''Die Vögel'' den Einfluss Pfitzners. Mit den späteren Opern ''[[Verkündigung (Braunfels)|Verkündigung]]'', ''[[Der Traum ein Leben]]'' und ''[[Jeanne d’Arc – Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna]]'' nähert Braunfels sich der Tonsprache des späteren Hindemith an. |
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Zu den in den 1920ern erfolgreichsten Komponisten der jungen Generation zählte [[Ernst Krenek]], ein Schüler Schrekers, der zunächst mit in freier Atonalität gehaltenen, expressionistischen Werken für Aufsehen sorgte. Ein Skandalerfolg wurde 1927 seine Oper ''[[Jonny spielt auf]]'', die Elemente des Jazz aufgreift. Sie ist ein typisches Beispiel für die damals entstandene Gattung der „Zeitoper“, die ihre Handlungen dem stark vom Wechsel unterschiedlicher Moden bestimmten Alltag der damaligen Zeit entnahm. Kreneks Musik wurde von den Nationalsozialisten später als „entartet“ abgelehnt und verboten. Der Komponist emigrierte in die USA und brachte es bis 1973 auf über 20 Opern, in denen sich die wechselvolle Entwicklung der Musik des 20. Jahrhunderts exemplarisch widerspiegelt. |
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=== Zweiter Weltkrieg === |
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Der [[Zweiter Weltkrieg|Zweite Weltkrieg]] bezeichnete einen großen Einschnitt in der Geschichte Europas und Amerikas, der sich auch auf die musikalische Welt auswirkte. In Deutschland wurden kaum noch Opern mit modernen Klängen gespielt und gerieten immer mehr ins Abseits. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür bildet [[Paul Hindemith]], der in den 1920ern mit Werken wie der Oper ''[[Cardillac]]'' als musikalischer „Bürgerschreck“ galt, nach 1930 aber schließlich zu einem gemäßigt modernen Stil neoklassizistischer Prägung gefunden hatte, dem u. a. ''[[Mathis der Maler]]'' (aus Teilen dieser Oper stellte der Komponist eine viel gespielte Sinfonie zusammen) zuzurechnen ist. Trotz des Stilwandels bekam Hindemith die Ablehnung deutlich zu spüren, da [[Adolf Hitler]] persönlichen Anstoß an seiner 1929 vollendeten Oper [[Neues vom Tage]] genommen hatte. Schließlich wurden auch Hindemiths Werke mit dem Etikett „entartet“ versehen und ihre Aufführung verboten. Hindemith ging, wie andere Künstler und Komponisten vor und nach ihm, 1938 ins Exil. |
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=== Zeit nach 1945 === |
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==== Allgemeine Entwicklung ==== |
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Die Zeit nach 1945 ist durch eine deutliche Internationalisierung und Individualisierung des Opernbetriebes gekennzeichnet, welche die bis dahin übliche Unterteilung in nationale Traditionen kaum mehr sinnvoll erscheinen lässt. |
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Die Oper wurde immer stärker von individuellen Einflüssen der Komponisten abhängig als von allgemeinen Strömungen. Die ständige Präsenz der „Klassiker“ des Opernrepertoires ließ die Ansprüche an moderne Opern steigen, und jeder Komponist musste seinen eigenen Weg finden, um mit der Vergangenheit umzugehen, sie fortzuführen, zu verfremden oder mit ihr zu brechen. |
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Im Folgenden entstanden immer wieder Opern, die die Grenzen der Gattung sprengten und zu überwinden trachteten. Auf musikalischer wie textlicher Ebene verließen die Komponisten zunehmend bekanntes Terrain und bezogen die Bühne und die szenische Aktion in den – oft genug abstrakten – musikalischen Ablauf mit ein. Kennzeichen für die Erweiterung der visuellen Mittel im 20. Jahrhundert sind die zunächst handlungsbegleitenden, später selbstständigeren Videoprojektionen. |
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[[Datei:Lear at Hamburgische Staatsoper 2012 - Photo No 1 by Brinkhoff-Mogenburg.jpg|mini|[[Bo Skovhus]] als ''Lear'' in der gleich­namigen Oper von Aribert Reimann an der Hamburgischen Staatsoper 2012.]] |
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In der zunehmenden Individualisierung der Musiksprache lassen sich in der Oper der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dennoch Strömungen erkennen: zum einen die [[Literaturoper]]n, deren Dramaturgie sich zu großen Teilen an der Tradition ausrichtet. Dazu werden aber mehr und mehr aktuelle Stoffe und Libretti verwendet. Dennoch sind zwei wegweisende Werke dieser Zeit ausgerechnet Opern, die Klassiker der Literatur als Grundlage verwenden, nämlich [[Bernd Alois Zimmermann]]s Oper ''[[Die Soldaten (Oper)|Die Soldaten]]'' nach [[Jakob Michael Reinhold Lenz]] und [[Aribert Reimann]]s ''[[Lear (Oper)|Lear]]'' nach [[William Shakespeare]]. Weitere Beispiele für die Literaturoper wären Reimanns ''[[Das Schloss (Oper)|Das Schloss]]'' (nach [[Franz Kafka|Kafka]]) und ''[[Bernarda Albas Haus (Oper)|Bernarda Albas Haus]]'' (nach [[Federico García Lorca|Lorca]]). Zunehmend werden auch politische Stoffe vertont, beginnend mit [[Luigi Nono]] und [[Hans Werner Henze]]; ein jüngeres Beispiel ist [[Gerhard Rosenfeld]]s Oper ''Kniefall in Warschau'' über [[Willy Brandt]], deren Uraufführung 1997 in Dortmund allerdings bei Publikum wie Presse gleichermaßen wenig Wirkung zeigte und keine Folgeproduktionen zeitigte. |
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Können schon [[Luigi Nono]]s Werke aufgrund ihrer experimentellen Musiksprache nicht mehr als Literaturoper kategorisiert werden, so wird auch die Dramaturgie der Opernvorlage auf ihre experimentellen Möglichkeiten hin ausgelotet. Der Begriff ''Oper'' erfährt daher eine Wandlung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, viele Komponisten ersetzen ihn durch ''Musiktheater'' oder ''musikalische Szenen'' und verwenden den Begriff Oper nur für explizit mit der Tradition verbundene Werke. In den Werken experimenteller Komponisten ist nicht nur ein kreativer Umgang mit Text und Dramaturgie zu entdecken, auch die Bühne, die Orchesterbesetzung und nicht zuletzt die Musik selbst überwindet konservative Muster, das Genre ist hier nicht mehr klar eingrenzbar. Zudem werden neue Medien wie Video, Elektronik eingesetzt, aber auch das Schauspiel, Tanz und Performance halten Einzug in die Oper. |
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Eine ganz eigene Stimme im zeitgenössischen Musiktheater verkörpert ein anderer italienischer Komponist: [[Salvatore Sciarrino]]. Er schafft mit seinem Interesse an Klangfarben oder auch der Stille in der Musik, z. T. im Rückgriff auf Kompositionstechniken der [[Renaissance]] (z. B. in seiner Oper ''[[Luci mie traditrici]]'' von 1998 über das Leben des Madrigal-Komponisten [[Carlo Gesualdo]]) unverwechselbare Werke. |
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[[Benjamin Britten]] ließ das moderne England auf den internationalen Opernbühnen Einzug halten. Von seinen überwiegend tonalen Opern sind ''[[Ein Sommernachtstraum (Britten)|A Midsummer Night’s Dream]]'', basierend auf dem Schauspiel [[William Shakespeare]]s, ''[[Albert Herring]]'', ''[[Billy Budd (Oper)|Billy Budd]]'' und ''[[Peter Grimes]]'' am bekanntesten. Immer wieder zeigte sich Brittens Vorliebe und Talent zur Klangmalerei insbesondere in der Darstellung des Meeres. |
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Die ''[[Dialogues des Carmélites]]'' ''(Gespräche der Karmelitinnen'', Uraufführung 1957) von [[Francis Poulenc]] gelten als eines der bedeutendsten Werke des modernen Musiktheaters. Grundlage bildet der historische Stoff der [[Märtyrinnen von Compiègne]], die 1794 unter den Augen des Revolutionstribunals singend zum Schafott schritten, nachdem sie sich geweigert hatten, ihre Ordensgelübde zu brechen. Auf Poulenc geht auch die zweite bekannt gewordene Oper für eine einzige Sängerin zurück: In ''[[La voix humaine]]'' zerbricht die schlicht als „Frau“ bezeichnete Person an der Untreue ihres Geliebten, der ihr per Telefon den Laufpass gibt. [[Luciano Berio]] verwendete in ''[[Passaggio (Oper)|Passaggio]]'' zu der weiblichen Hauptfigur „Sie“ auch einen kommentierenden Chor. |
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Der Komponist [[Philip Glass]], der [[Minimal Music]] verhaftet, verwendete für ''[[Einstein on the Beach]]'' keine zusammenhängenden Sätze mehr, sondern Zahlen, [[Solfège]]-Silben, Nonsens-Worte. Entscheidend war die Darstellung der Geschehnisse auf der Bühne. 1976 entstand ''Einstein on the Beach'', der erste Teil einer Trilogie, in der auch ''[[Satyagraha (Oper)|Satyagraha]]'' und ''[[Akhnaten]]'' vertreten sind – Hommagen an Persönlichkeiten, die die Weltgeschichte veränderten: [[Albert Einstein]], [[Mahatma Gandhi]] und den ägyptischen Pharao [[Echnaton]]. Glass’ Arbeiten haben besonders in Verbindung mit den als kongenial empfundenen Inszenierungen von Robert Wilson oder [[Achim Freyer]] große Publikumswirksamkeit bewiesen. |
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[[Mauricio Kagel]]s Bühnenwerke sind ebenso oft Werke über Musik oder Theater an sich, die am ehesten als „Szenisch-musikalische Aktion“ zu klassifizieren ist – die Musik ist kaum festgelegt, da Kagel sich der freien Improvisation seiner Interpreten überlässt, die auf Nicht-Instrumenten (Reißverschlüssen, Babyflaschen etc.) spielen oder sie ungewöhnlich benutzen, bedeutungslose Silben singen oder Handlung und/oder Musik per Zufall oder durch improvisierte Lesart entstehen lassen. Mit Witz übte Kagel dabei hintersinnige Kritik an Staat und Theater, Militär, Kunstbetrieb usw. Skandale erregte sein berühmtestes Werk ''[[Staatstheater (Kagel)|Staatstheater]]'', in dem die verborgenen Mechanismen desselben an die Oberfläche gekehrt werden. |
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[[Luigi Nono]] verwendete seine Musik dagegen, um politische und soziale Missstände anzuklagen. Besonders deutlich wird dies in ''[[Intolleranza 1960]]'', wo ein Mann auf einer Reise zu seiner Heimat Demonstrationen, Proteste, Folterungen, [[Konzentrationslager]], Gefängnishaft und Missbrauch bis hin zu einer Überschwemmung erlebt und schließlich feststellt, dass seine Heimat dort ist, wo er gebraucht wird. |
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Ein sehr produktiver Komponist war der 2003 mit dem [[Premium Imperiale]] der Japan Art Foundation (sog. ''Nobelpreis der Kunst'') ausgezeichnete [[Hans Werner Henze]]. Er stand von Anfang an im Konflikt mit den teilweise dogmatisch ausgerichteten herrschenden Strömungen der zeitgenössischen Musik in Deutschland (Stichwort ''Darmstadt'' bzw. ''Donaueschingen'', s. o.), griff [[Zwölftonmusik|serielle]] Techniken auf, wandte jedoch auch ganz andere Kompositionstechniken bis hin zur [[Aleatorik]] an. Am Beginn seines Opernschaffens stand seine Zusammenarbeit mit der Dichterin [[Ingeborg Bachmann]] (''[[Der junge Lord]]'', 1952, und die Kleist-Adaption ''[[Der Prinz von Homburg]]'', 1961). Die ''[[Elegie für junge Liebende]]'' (1961) entstand mit [[W. H. Auden]] und Chester Kallman, den Librettisten von [[Igor Strawinsky|Strawinskys]] Oper ''[[The Rake’s Progress]]''. Später vertonte er Libretti von [[Edward Bond]] (''[[The Bassarides]]'', 1966, und ''[[The English Cat]]'', 1980). Sein Werk ''[[L’Upupa und der Triumph der Sohnesliebe]]'' wurde 2003 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Henze, der seit vielen Jahrzehnten in Italien lebte, hat viele jüngere Komponisten nachhaltig gefördert und beeinflusst. Seit 1988 gibt es in München die von ihm gegründete ''[[Münchener Biennale|Biennale für Neues Musiktheater]]''. |
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[[Datei:Stockhausen Welt-Parlament 24Aug2012(1).png|mini|Das Weltparlament der ersten Szene von MITTWOCH, aus [[Karlheinz Stockhausen|Stockhausens]] Opernzyklus LICHT. Birmingham Opera 2012]] |
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[[Karlheinz Stockhausen]] vollendete 2005 seine 1978 begonnene Heptalogie ''[[Licht (Stockhausen)|LICHT]]''. Mit seinem Hauptwerk hinterließ er ein religiöse Themen behandelndes, monumentales Opus, bestehend aus sieben Opern, die jeweils für einen Wochentag stehen. Die ersten Opern erlebten in Mailand ihre Uraufführung (''Donnerstag'', ''Samstag'', ''Montag''), in [[Opernhaus Leipzig|Leipzig]] wurden ''Dienstag'' und ''Freitag'' zum ersten Mal gespielt. In seiner Gesamtheit wurde das insgesamt 29 Stunden Musik umfassende komplexe Werk nicht zuletzt wegen der immensen organisatorischen Schwierigkeiten noch nicht aufgeführt. |
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Aufmerksamkeit erregte in Deutschland 1996 die Oper ''[[Das Mädchen mit den Schwefelhölzern (Lachenmann)|Das Mädchen mit den Schwefelhölzern]]'' von [[Helmut Lachenmann]]. Sie basiert auf der bekannten Weihnachtsgeschichte von [[Hans Christian Andersen]]. Auf eigenwillige Weise und mit teilweise neuartigen Instrumentaltechniken setzt Lachenmann hier das Gefühl der Kälte in Klang um. |
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Nach der Statistik von [[Operabase]] sind die fünf meistaufgeführten lebenden Opernkomponisten in den fünf Spielzeiten von 2013/14 bis 2017/18 die Amerikaner [[Philip Glass]], [[Jake Heggie]], der Engländer [[Jonathan Dove]], der Niederländer Leonard Evers, und der Engländer [[Thomas Adès]]. Als meistaufgeführte deutsche Komponisten nennt Operabase [[Peter Lund (Autor)|Peter Lund]] an 8., [[Marius Felix Lange]] an 11., [[Wolfgang Rihm]] an 14., [[Ludger Vollmer]] an 17., und [[Aribert Reimann]] an 23. Stelle.<ref>[http://operabase.com/top.cgi?lang=de&splash=t Statistik 2017/18.] [[Operabase]]; abgerufen am 14. Juni 2018.</ref> |
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Seit [[Engelbert Humperdinck|Humperdincks]] Märchenoper ''[[Hänsel und Gretel (Oper)|Hänsel und Gretel]]'' haben Opernkomponisten immer wieder [[Kinderoper]]n geschrieben, wie z. B. [[Hans Werner Henze|Henze]] (''[[Pollicino]]'', 1980), [[Oliver Knussen]] (''[[Wo die wilden Kerle wohnen]]'', 1980 und 1984) und [[Wilfried Hiller]] (''[[Tranquilla Trampeltreu]]'', ''Norbert Nackendick'', ''Der Rattenfänger'', ''Eduard auf dem Seil'', ''[[Wolkenstein (Oper)|Wolkenstein]]'' und ''[[Der Goggolori]]''). |
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==== Weitere bedeutende Opernkomponisten des 20. und 21. Jahrhunderts ==== |
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{{Mehrspaltige Liste |
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|liste = * [[Maurice Ravel]] (1875–1937) |
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* [[Ottorino Respighi]] (1879–1936) |
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* [[Karol Szymanowski]] (1882–1937) |
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* [[Igor Strawinsky]] (1882–1971) |
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* [[Othmar Schoeck]] (1886–1957) |
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* [[Sergei Sergejewitsch Prokofjew|Sergei Prokofjew]] (1891–1953) |
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* [[Carl Orff]] (1895–1982) |
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* [[Jaromír Weinberger]] (1896–1967) |
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* [[Erich Wolfgang Korngold]] (1897–1957) |
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* [[Viktor Ullmann]] (1898–1944) |
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* [[Kurt Weill]] (1900–1950) |
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* [[Ernst Krenek]] (1900–1991) |
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* [[Werner Egk]] (1901–1983) |
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* [[Boris Blacher]] (1903–1975) |
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* [[Luigi Dallapiccola]] (1904–1975) |
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* [[Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch|Dmitri Schostakowitsch]] (1906–1975) |
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* [[Wolfgang Fortner]] (1907–1987) |
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* [[Günter Bialas]] (1907–1995) |
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* [[Rolf Liebermann]] (1910–1999) |
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* [[Nino Rota]] (1911–1979) |
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* [[Gian Carlo Menotti]] (1911–2007) |
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* [[Leonard Bernstein]] (1918–1990) |
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* [[Mieczysław Weinberg]] (1919–1996) |
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* [[Bruno Maderna]] (1920–1973) |
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* [[Astor Piazzolla]] (1921–1992) |
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* [[Luciano Berio]] (1925–2003) |
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* [[Giselher Klebe]] (1925–2009) |
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* [[Friedrich Cerha]] (1926–2023) |
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* [[Carlisle Floyd]] (1926–2021) |
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* [[Krzysztof Penderecki]] (1933–2020) |
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* [[Alfred Schnittke]] (1934–1998) |
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* [[Harrison Birtwistle]] (1934–2022) |
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* [[Peter Maxwell Davies]] (1934–2016) |
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* [[Siegfried Matthus]] (1934–2021) |
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* [[Hans Zender]] (1936–2019) |
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* [[Franz Hummel]] (1939–2022) |
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* [[Udo Zimmermann]] (1943–2021) |
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* [[Péter Eötvös]] (1944–2024) |
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* [[John Adams (Komponist)|John Adams]] (* 1947) |
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* [[Salvatore Sciarrino]] (* 1947) |
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* [[Peter Ruzicka]] (* 1948) |
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* [[Kalevi Aho]] (* 1949) |
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* [[Manfred Trojahn]] (* 1949) |
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* [[Tom Waits]] (* 1949) |
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* [[Fabio Vacchi]] (* 1949) |
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* [[Wolfgang Rihm]] (1952–2024) |
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* [[Hans-Jürgen von Bose]] (* 1953) |
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* [[Adriana Hölszky]] (* 1953) |
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* [[Pascal Dusapin]] (* 1955) |
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* [[Herbert Lauermann]] (* 1955) |
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* [[Detlev Müller-Siemens]] (* 1957) |
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* [[Detlev Glanert]] (* 1960) |
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* [[Unsuk Chin]] (* 1961) |
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* [[Wolfram Wagner (Komponist)|Wolfram Wagner]] (* 1962) |
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* [[Moritz Eggert]] (* 1965) |
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* [[Olga Neuwirth]] (* 1968) |
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* [[Matthias Pintscher]] (* 1971) |
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* [[Gordon Kampe]] (* 1976) |
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* [[Iain Bell]] (* 1980) |
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== Form == |
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{{Belege fehlen||Diese Abschnitte|Plural=1}}<!-- Angesichts des ungewöhnlich umfangreichen Literaturabschnitts ist die bei fehlender Pflichtbegründung dieses Bausteins aufgestellte Pauschalbehauptung, hier wäre angeblich etwas unbelegt, nicht nachvollziehbar. Alle Aussagen sind plausibel. Da wegen fehlender Begründung in diesem Baustein nicht dargelegt wurde, welche konkreten Aussagen beanstandet werden, liegt kein Grund für das weitere Verbleiben vor. Mindestens kann nicht festgestellt werden, in welchem Moment der behauptete Mangel behoben wäre. Der nächste Bearbeiter mag den Baustein löschen. --> |
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Opern sind von einer Formenvielfalt geprägt, die durch konventionelle Kompositionsstile ebenso wie durch individuelle Lösungen der Komponisten bestimmt wird. Deshalb gibt es keine allgemeingültige Formel für ihre Struktur. Grob gesehen, kann man jedoch eine Entwicklung von der [[Nummernoper]] über viele verschiedene Mischformen bis hin zur durchkomponierten Oper gegen 1900 feststellen. |
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=== Nummernoper === |
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Von der Barockzeit bis in die Romantik hinein ist die Oper eine Aneinanderreihung in sich geschlossener Musikstücke („[[Nummer (Darstellende Kunst)|Nummern]]“), die durch [[Rezitativ]]e oder (im [[Singspiel]]) gesprochene [[Dialog]]e miteinander verbunden werden und eine durchgängige [[Handlung (Erzählkunst)|Handlung]] darstellen. Wie auch das Schauspiel kann eine Oper in [[Akt (Theater)|Akte]], in [[Bild (Theater)|Bilder]], [[Szene (Theater)|Szenen]] bzw. [[Auftritt (Darstellende Kunst)#Theater: Auftritt und Szene|Auftritte]] gegliedert sein. Die musikalischen Bestandteile der Oper sind vielfältig: |
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==== Instrumentalmusik ==== |
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* Ein eigenständiges Musikstück ist die [[Ouvertüre]], ital. oft ''Sinfonia'', die eine Oper oder einen Akt eröffnet. Seit dem 19. Jahrhundert wird zunehmend thematisches Material aus der Oper zitiert, oder die Ouvertüre schildert wesentliche Züge der Handlung, was auch „Programmouvertüre“ genannt wird (z. B. ''[[Der Freischütz]]'', 1821, von [[Carl Maria von Weber]]). Klassische und romantische Ouvertüren werden auch separat von der Oper als Konzertstücke eingesetzt. Deshalb liegen für eine Ouvertüre manchmal zwei Schlüsse vor: einer, der in die Oper überleitet, und ein sogenannter Konzertschluss. |
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* Die [[Introduktion]] oder das ''Vorspiel'' ist meist kürzer als eine Ouvertüre und geht oft direkt in die erste Szene über (z. B. ''[[Der Rosenkavalier]]'', 1911, von [[Richard Strauss]]). |
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* Ein [[Entracte]] oder [[Zwischenspiel]] des Orchesters verbindet Akte, Bilder oder Szenen. Solche Passagen werden häufig für [[Verwandlung (Theater)|Verwandlungen]] auf der Bühne genutzt. In manchen Fällen werden Zwischenspiele getrennt vom Bühnenstück, aus dem sie stammen, als Konzertstücke aufgeführt (''[[L’Arlésienne (Bizet)|L’Arlésienne]]'', 1872, oder auch die Zwischenspiele aus ''[[Carmen]]'', 1875, von [[Georges Bizet]], ''Four Sea Interludes'' aus [[Benjamin Britten]]s ''[[Peter Grimes]]'', 1945). |
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* Vor allem die französische Oper enthält traditionell eine längere [[Ballett]]musik, die für Aufführungen im 20. Jahrhundert aber zunehmend weggelassen wurde. Bekannt wurden etwa das Nonnenballett aus [[Giacomo Meyerbeer]]s ''[[Robert le diable]]'' (1831), das höfische Ballett aus [[Giuseppe Verdi]]s ''[[Don Carlos (Verdi)|Don Carlos]]'' (1867) oder das [[Bacchanal]] zu Beginn der Pariser Fassung von Wagners ''[[Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg]]'' (1861). |
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* Viele Opern enthalten zudem einzelne [[Gesellschaftstanz|Gesellschaftstänze]], [[Marschmusik|Märsche]], [[Pantomime]]n, Auftrittsmusiken etc. Frühe französische Opern werden durch eine Reihe kleiner Tanzstücke ([[Divertissement]]s) beschlossen. |
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==== Geschlossene lyrische Formen ==== |
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* Die [[Arie]] ist der Oberbegriff für alle Sologesänge in der Oper. Andere Bezeichnungen für Solostücke sind [[Lied]], [[Cavatine]], [[Couplet]], ''Ariette'', ''Romanze'', [[Ballade]]. Virtuose italienische Arien hatten einen verzierten Schlusssatz, der [[Cabaletta]] genannt wird. Arien sind oft die publikumswirksamsten und bekanntesten Teile einer Oper und werden einzeln, manchmal mit vorausgehendem Rezitativ, außerhalb des Opernrahmens in Konzerten gegeben. Die Arie beschreibt häufig einen Gefühlszustand, Erinnerungen oder Gedanken der singenden Figur und lässt so die dramatische Handlung stillstehen. |
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* [[Ensemble (Musik)|Ensembles]] sind Gesänge für mehrere Solostimmen: [[Duett]], [[Terzett]], [[Quartett (Musik)|Quartett]] etc. Größere Ensembles bilden seit dem späteren 18. Jahrhundert oft das [[Finale (Oper)|Finale]] eines [[Akt (Theater)|Aktes]] und führen die Handlung weiter wie in ''[[Don Giovanni]]'' (1787) von [[Wolfgang Amadeus Mozart|W. A. Mozart]]. |
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* Der [[Chor (Musik)|Chor]] bietet Abwechslung zu den Solostücken und lässt im 19. Jahrhundert häufig das [[Volk]] zu Wort kommen. In manchen Opern lässt er die solistischen Stücke in den Hintergrund treten, wie bei [[Antonio Salieri]] in ''[[Les Danaïdes]]'' (1784), [[Gioachino Rossini]]s ''[[Moïse et Pharaon]]'' (1827) oder [[Modest Mussorgski]]s ''[[Boris Godunow (Oper)|Boris Godunow]]'' (1874). |
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* Eine Sonderstellung nimmt das französische [[Vaudeville]] des 17./18. Jahrhunderts ein, ein abwechselnd gesungenes bekanntes [[Strophe]]nlied, oft mit gemeinsamem [[Refrain]], zum Beispiel im Finale von Mozarts ''[[Die Entführung aus dem Serail]]'' (1782). |
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==== Handlungsbetonte Passagen und Nummern ==== |
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* Das [[Rezitativ]] ist eine Textvertonung, die sich dem [[Sprachrhythmus]] und der [[Sprachmelodie]] angleicht. Es dient hauptsächlich dazu, Handlung zu transportieren, vor allem in Dialogszenen. In der Musik des Barock und der Klassik unterscheidet man zwischen ''Recitativo secco'' (ital. ''secco'', trocken) und ''Recitativo accompagnato'' (ital. ''accompagnato'', begleitet). Beim Secco-Rezitativ sind nur Gesangs- und Bassstimme notiert, später auch die dazugehörigen Akkorde als [[Generalbass]] oder in ausgeschriebener Form. Der Sänger wird von einem oder wenigen Instrumenten begleitet, meistens ein Bass- und ein [[Harmonieinstrument]] (Zupf- oder Tasteninstrument). Im 18. Jahrhundert fiel diese Aufgabe zunehmend nur noch dem Cembalo, später auch dem [[Hammerklavier]] zu. Beim Accompagnato-Rezitativ ist die Begleitung für das Orchester auskomponiert, es steht oft im Zusammenhang mit einer Arie, deren Situation es vorbereitet. |
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* Die Szene, ital. ''Scena'', entstand im 19. Jahrhundert aus dem handlungsbetonten Rezitativ und wird vom Orchester begleitet. Meist schließt sich daran eine Arie an. |
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* Das [[Melodram (Musik)|Melodram]] besteht entweder aus musikbegleitetem Sprechen, wie etwa in [[Antonio Salieri]]s ''[[Der Rauchfangkehrer|Rauchfangkehrer]]'' (1781), der Kerkerszene aus [[Ludwig van Beethoven]]s ''[[Fidelio]]'' (1805/1814) und der Wolfsschluchtszene aus [[Carl Maria von Weber]]s ''[[Der Freischütz]]'' (1821), oder auch nur aus musikbegleiteter [[Pantomime]] wie in [[Daniel-François-Esprit Auber]]s ''[[La muette de Portici]]'' (1828) oder [[Giacomo Puccini]]s ''[[Suor Angelica]]'' (1918). Das Melodram bildet eine eigenständige Form, die ganze Werke umfasste wie [[Franz Schubert]]s ''[[Die Zauberharfe]]'' (1820), ist aber heute von den Theatern verschwunden. Auf die Wirkung des Melodrams greift die heutige [[Filmmusik]] zurück. |
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[[Datei:Salzburger Festspiele 2012 - Ariadne auf Naxos.jpg|mini|hochkant|''[[Ariadne auf Naxos]]'' mit [[Emily Magee|Magee]] und [[Jonas Kaufmann|Kaufmann]], [[Salzburger Festspiele]] 2012]] |
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=== Durchkomponierte Großform === |
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Die Trennung der Nummern und die Abgrenzung zwischen Rezitativ und Arie wurden im 19. Jahrhundert in Frage gestellt. Ab 1825 verschwand allmählich das [[Secco-Rezitativ]], an seine Stelle trat in der italienischen Literatur das Prinzip von ''scena ed aria'', das bei [[Giuseppe Verdi]] die Akte zu einem größeren musikalischen Ganzen formt. [[Richard Wagner]] propagierte ab der Mitte des Jahrhunderts den Verzicht auf die Nummernstruktur zugunsten eines [[durchkomponiert]]en, auf der Grundlage von [[Leitmotiv]]en geformten Ganzen. Für Wagners Opern hat sich der Begriff [[Musikdrama]] durchgesetzt, das Stichwort „[[Unendliche Melodie]]“ steht für ein kontinuierliches Fortschreiten der musikalischen und emotionalen Entwicklung, das sich nach seiner Auffassung gegen musikalische Tanzformen durchsetzen sollte. Seine Oper ''[[Tristan und Isolde (Oper)|Tristan und Isolde]]'' (1865) bezeichnete Wagner als „Handlung in Musik“, was an die ursprünglichen Opernbegriffe „favola in musica“ oder „dramma per musica“ erinnern sollte. |
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Die durchkomponierte Form wurde im späten 19. Jahrhundert allgemein bevorzugt, auch bei [[Jules Massenet]] oder [[Giacomo Puccini]], und blieb das vorherrschende Modell der frühen [[Neue Musik|Moderne]] bis zum [[Neoklassizismus (Musik)|Neoklassizismus]], der mit brüchigen Strukturen und mit Rückbezügen auf Formen der frühen Operngeschichte experimentierte. Auch in sich abgeschlossene Teile aus durchkomponierten Opern werden in Konzerten aufgeführt, wie etwa viele Arien aus Puccini-Opern. Als Meister der durchkomponierten Großform gilt Richard Strauss, der dies insbesondere in den Einaktern ''[[Salome (Oper)|Salome]]'', ''[[Elektra (Strauss)|Elektra]]'' und ''[[Ariadne auf Naxos]]'' unter Beweis stellte. |
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Im 20. Jahrhundert griffen viele Komponisten wieder auf das Nummernprinzip zurück, zum Beispiel [[Zoltán Kodály]], [[Igor Strawinski]] oder [[Kurt Weill]]. Die Nummernoper besteht außerdem in [[Operette]] und [[Musical]] weiter. |
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=== Opera seria und Opera buffa === |
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In der Geschichte der Oper gab es zumeist einen „hohen“ und einen „niederen“ Stil, frei nach der antiken Unterscheidung zwischen [[Tragödie]] und [[Komödie]]. Nicht immer bedeutet dies jedoch eine Grenze zwischen ernst und lustig. Der „hohe“ Stil kann sich über den „niederen“ auch einfach durch antike Stoffe erheben oder durch adlige Figuren oder durch eine „literarisch“ ernst zu nehmende Vorlage oder durch „schwierige“ (bzw. bloß [[durchkomponiert]]e) Musik. All diese Anhaltspunkte für das Wertvollere wurden im Lauf der Geschichte angegriffen. Dabei gab es Gattungen, die den Gegensatz abzuschwächen versuchten wie die Opera semiseria. |
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Solange die Oper noch im Stadium des Experiments war, wie bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts, war eine Trennung noch nicht nötig. Sie ergab sich erst, als Opernaufführungen zur Gewohnheit wurden, und zwar aus sozialen Gründen: Die ernste Oper enthielt aristokratisches Personal und „hohe“ politische Symbolik, die komische hatte bürgerliche Figuren und „unwesentliche“ alltägliche Handlungen zum Thema. Allmählich trennten sich [[Opera seria]] und [[Tragédie lyrique]] von ihren komischen [[Intermezzo (Oper)|Intermezzi]], aus denen [[Opera buffa]] und [[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]] hervorgingen. Diese Trennung wurde erst am Ende des 18. Jahrhunderts aufgebrochen: Weil die Bürger in der für sie bestimmten „niederen“ Operngattung nicht mehr komisch (also lächerlich) dargestellt werden wollten, wurde das Komische oft ins Sentimentale abgebogen und aufgewertet. Daher sind „komische Opern“ oft nicht lustig. Nach der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] löst sich die [[Ständeklausel]] auf, und auch bürgerliche Opern durften „ernst“ sein. Somit ergaben sich im 19. Jahrhundert andere Abgrenzungen zwischen Tragödie und Komödie als im 18. Jahrhundert. |
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Ein Sammelbegriff sowohl für tragische als auch für komische Werke ist das italienische [[Dramma per musica]], wie die Oper in ihrer Anfangszeit betitelt wurde. Ein Beispiel für eine frühe ernste Oper ist ''[[Il ritorno d’Ulisse in patria]]'' von [[Claudio Monteverdi]]. Der seriöse Anspruch resultiert aus dem Rückgriff auf antike Theaterstoffe – insbesondere Tragödien – und [[Epik|epische]] Heldendichtungen. Sie wurden seit dem späteren 18. Jahrhundert von jüngeren historischen Sujets verdrängt. Im Italien des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff Dramma in der Zusammensetzung [[Melodramma]] verwendet und nicht mehr auf das antike Drama bezogen. Sowohl [[Vincenzo Bellini|Bellinis]] tragische Oper ''[[Norma (Oper)|Norma]]'' als auch die komödiantische Oper ''[[L’elisir d’amore]]'' von [[Gaetano Donizetti]] wurden so genannt. |
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=== „Hoher“ Stil === |
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Als fester Begriff etablierte sich die [[Opera seria]] erst im 18. Jahrhundert. Mischformen oder tragikomische Inhalte waren mit dieser Titelbezeichnung ausgeschlossen. [[Georg Friedrich Händel|Händels]] Oper ''[[Radamisto]]'' ist ein typisches Werk. Als Antipode zu Italien verlieh Frankreich seiner eigenen Form der Opera seria den Titel [[Tragédie lyrique]], wesentlich geprägt durch [[Jean-Baptiste Lully]] und das [[Ballett]] am Hofe [[Ludwig XIV.|Louis’ XIV.]], später durch [[Jean-Philippe Rameau]]. Nach der Französischen Revolution etablierte sich allmählich die [[Grand opéra]] als bürgerliche ernste Oper. Dazu zählen ''[[Les Huguenots]]'' von [[Giacomo Meyerbeer]], auch weniger erfolgreiche Werke wie ''[[Les Troyens]]'' von [[Hector Berlioz]]. |
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Das durchkomponierte [[Musikdrama]] des reiferen [[Richard Wagner]] ''([[Der Ring des Nibelungen]])'' hatte großen internationalen Einfluss. Französische Komponisten jener Zeit wie [[Jules Massenet|Massenet]] setzten dagegen eher auf einen durchsichtigen und gesanglichen Opernstil, für den die Bezeichnung [[Drame lyrique]] verwendet wurde. Noch [[Claude Debussy|Debussy]] verwendete diesen Begriff für seine Oper ''[[Pelléas et Mélisande (Oper)|Pelléas et Mélisande]]''. |
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Schon immer konnten Opernstoffe von [[Roman]]en, [[Novelle]]n oder [[Bühnenwerk]]en herstammen. Die italienische Oper des 18. Jahrhunderts verstand sich als in Musik gekleidete [[Literatur]]. Seitdem die Musik die absolute Vorherrschaft erlangt hat, also seit dem späten 19. Jahrhundert, nennt man ausgesprochen literarische Opern [[Literaturoper]]. ''[[Death in Venice]]'' von [[Benjamin Britten]] nach der Vorlage von [[Thomas Mann]] ist eine recht getreue Umsetzung des literarischen Stoffes in Musik. |
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=== „Niederer“ Stil === |
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[[Datei:Salzburger Festspiele 2012 - Carmen.jpg|mini|hochkant|''[[Carmen]]'' mit [[Magdalena Kožená]] und [[Jonas Kaufmann]], [[Salzburger Festspiele]] 2012]] |
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Die [[Opera buffa]] ist die Urform der heiteren Oper. [[Giovanni Battista Pergolesi|Pergolesis]] ''[[La serva padrona]]'' galt um die Mitte des 18. Jahrhunderts als das maßgebliche Beispiel. Ein spätes Beispiel ist ''[[Il barbiere di Siviglia]]'' von [[Gioachino Rossini]]. Die ausnehmend heiteren Opern waren oft geringer angesehen als die sentimentalen. Ihre Stoffe stammen aus dem Volkstheater und von der [[Posse]], stark beeinflusst durch die italienische [[Commedia dell’arte]]. |
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Aus der frühen Opera buffa geht die französische [[Opéra-comique (Werkgattung)]] hervor, die vor der Revolution zur Oper eines zunehmend selbstbewussten Bürgertums wird. Zunächst verstand man hierunter eher ein [[Liederspiel]] ([[Vaudeville]]). Doch der musikalische Anteil wurde immer größer und begann zu überwiegen. Aus der Opéra-comique ist das deutschsprachige [[Singspiel]] entstanden. Das Singspiel trägt oft volkstümlich-bürgerlichen Charakter, ist geprägt von einfachen [[Lied]]- bzw. [[Rondo (Musik)|Rondo]]-Formen und verwendet statt [[Rezitativ]]en gesprochene Dialoge, gelegentlich auch [[Melodram (Musik)|Melodramen]] zwischen den musikalischen Nummern. |
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Der Hof sprach Französisch. Das Problem der deutschen Oper war im 18. und zum Teil noch im 19. Jahrhundert, dass sie als volkssprachliche Oper zur „niederen“ Gattung gehörte und sich behaupten und emanzipieren musste. ''[[Die Entführung aus dem Serail]]'' von [[Wolfgang Amadeus Mozart]] ist eines der bekanntesten Singspiele mit dieser Zielsetzung. Mozart bedient sich für die Arien auch komplexerer musikalischer Formen. Das im Auftrag von Kaiser [[Joseph II.]] zur Etablierung eines ''Nationalsingspiels'' geschaffene, 1782 am Wiener [[Burgtheater]] uraufgeführte Werk war für die Entwicklung der deutschen Oper von entscheidender Bedeutung. |
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Paris war im 19. Jahrhundert führend für die Operngeschichte, und auch die Italiener wie Rossini und Verdi kamen hierher. Die [[Opéra-comique (Werkgattung)|Opéra-comique]], die im Haus der [[Opéra-Comique (Paris)|Opéra-Comique]] aufgeführt wurde, blieb auch gegenüber der neu entstandenen, durchkomponierten [[Grand opéra]], die in der [[Pariser Oper|Opéra]] zur Aufführung kam, zweitrangig – weniger von ihrer musikalischen als von ihrer sozialen Bedeutung her. Aus den erwähnten Gründen musste sie nicht unbedingt einen heiteren Inhalt haben. Ein auch im deutschen Sprachgebiet bekanntes Beispiel einer komisch-rührseligen Opéra-comique ist ''[[Der Postillon von Lonjumeau]]'' von [[Adolphe Adam]]. Eine Gruppe von formal noch als Opéra-comique zu bezeichnenden Werken nach 1860 verstärkte den sentimentalen Grundcharakter (etwa ''[[Mignon (Oper)|Mignon]]'' von [[Ambroise Thomas]]). Ein sentimentaler Einschlag findet sich auch in einigen komischen Opern von Rossini (''[[La Cenerentola (Oper)|La Cenerentola]]''). |
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Eine Erneuerung der Opéra-comique gelang mit ''[[Carmen]]'' von [[Georges Bizet]], deren Dramatik in die Richtung der [[Verismus|Verismo]]-Oper weist. Bei ihr war – abgesehen von den proletarischen Figuren – das Reißerische ein Merkmal des „niederen“ Stils. |
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=== Große Oper – Kammeroper === |
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Auch die „Größe“ kann ein Zeichen für hohen oder niederen Stil sein. Zuweilen findet sich der Begriff „Große Oper“ als Untertitel eines Werkes. Damit wird zum Beispiel gesagt, dass das Orchester und der Chor in großer Besetzung spielen und singen sollten, oder dass die Oper ein abendfüllendes Werk mit integriertem Ballett ist. Dies sind Opern, die nur in einem größeren Theater zur Aufführung kommen und sich vom Repertoire der fahrenden Truppen unterscheiden konnten. Als Beispiel für eine „Große Oper“ ist ''[[Manon (Massenet)|Manon]]'' von [[Jules Massenet]] zu nennen. |
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Der Begriff [[Kammeroper]] bezieht sich dagegen auf ein mit geringem Personal realisierbares Werk. Die Anzahl der Sänger ist in der Regel nicht mehr als fünf, das Orchester wird auf ein [[Kammerorchester]] begrenzt. Dies konnte aus der Not materielle Armut hervorgehen und damit auf das „niedere“ Genre verweisen oder im Gegenteil die größere Exklusivität und Konzentration eines „höheren“ Genres bedeuten. Auch die Bühne ist oftmals kleiner, was zu einer intimeren Atmosphäre beitragen kann, die für die Wirkung des Werkes von Vorteil ist. Beispiele dafür wären ''[[Albert Herring]]'' von [[Benjamin Britten]] oder „Les Larmes de couteau“ von [[Bohuslav Martinů]]. |
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=== Gattung oder bloß Untertitel? === |
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Manche Opernkomponisten wehrten sich auch gegen die Einordnung in Gattungstraditionen oder bezeichneten ihre Werke in bewusster Relation zu diesen mit bestimmten Untertiteln. Wagners ''Tristan und Isolde'' trägt zum Beispiel die Bezeichnung „Handlung in Musik“, [[Luciano Berio]] verwendete für sein Werk ''Passaggio'' etwa den Begriff „messa in scena“ (‚Inszenierung‘). [[George Gershwin]] beschrieb sein Werk ''[[Porgy and Bess]]'' als „An American Folk Opera“. Um sich von klischeehaften Vorstellungen abzugrenzen, bevorzugen moderne Komponisten oft alternative Bezeichnungen wie etwa „azione scenica“ (''[[Al gran sole carico d’amore]]'' von Luigi Nono) oder „azione musicale“ (‚musikalische Handlung‘, ''Un re in ascolto'' von Luciano Berio). Auch [[Pjotr Iljitsch Tschaikowski|Peter Tschaikowskis]] bekannte Oper ''[[Eugen Onegin (Oper)|Eugen Onegin]]'' wurde vom Komponisten „Lyrische Szenen“ genannt. |
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=== Weitere Sonderformen === |
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[[Richard Geppert]] schrieb 2016 die deutsche [[Rockoper]] ''Freiheit'' mit den musikalischen Ausdrucksmitteln und Instrumenten der [[Rockmusik]].<ref>Roswitha Frey: [https://www.badische-zeitung.de/theater-2/die-realitaet-hat-uns-eingeholt--119690488.html ''„Die Realität hat uns eingeholt“''.] [[Badische Zeitung]], 18. März 2016.</ref> |
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Vereinzelt gibt es Beispiele für Opern – darunter [[John Corigliano]]s 1991 uraufgeführtes Werk ''[[The Ghosts of Versailles]]'' –, die bezogen auf die Form [[Selbstreferenzialität|selbstreferenziell]] sind, indem sie selbst wiederum Schauspiel oder Oper enthalten.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.metopera.org/season/on-demand/opera/?upc=811357013700 |titel=The Ghosts of Versailles |abruf=2019-07-07}}</ref> |
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== Aufführungspraxis der Oper == |
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=== Repertoire === |
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Aufgrund der nicht immer leichten Abgrenzbarkeit der Gattung Oper von anderen musikalischen Gattungen und Genres und der Praxis des [[Pasticcio (Musik)|Pasticcios]] ist eine Aussage zum Gesamtumfang des Opern-Repertoires mit zahlreichen Schwierigkeiten behaftet. Aktuelle Auflistungen gehen von ca. 5800 bis 6000 bekannten Werken aus. Rechnet man die nicht unerhebliche Anzahl verschollener und verlorener Werke, insbesondere des 18. und frühen 19. Jahrhunderts mit ein, dürfte eine Gesamtzahl von ca. 60.000 Opern realistisch sein.<ref>[[Kurt Pahlen]]: ''Das neue Opern-Lexikon.'' Seehamer, Weyarn 2000, ISBN 3-934058-58-2, S. 9.</ref> |
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[[Datei:Katarina Karnéus as Xerxes 2009.jpg|mini|hochkant|Katarina Karnéus als ''Serse'' an der [[Königliche Oper (Stockholm)|Schwedischen Oper Stockholm]], 2009]] |
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Die große Menge an Werken macht es Theatern und Opernhäusern nicht einfach, eine Auswahl zu treffen, die einem hohen Anspruch genügt und auch genügend Publikum findet. Abhängig von der Größe des Theaters und dem vorhandenen Budget wird von [[Intendant]] und [[Dramaturgie]] für jede Sparte des Theaters (Schauspiel, Musiktheater, Ballett, Kinder- und Jugendtheater, [[Puppentheater]] etc.) ein [[Repertoire|Spielplan]] erarbeitet, der dem Haus und seinen Mitarbeitern angepasst ist. Der Spielplan geht auf die regionalen Eigenheiten und Aufführungstraditionen des Ortes ein – zum Beispiel durch open air-Festspiele, Weihnachts- oder Neujahrskonzerte – weist aber auch auf aktuelle Strömungen des Musiktheaters hin, indem auch zeitgenössische Werke aufgeführt werden. Je nach Größe des Hauses werden verschiedene Opern in einer [[Spielzeit (Theater)|Spielzeit]] neu inszeniert. Die erste öffentliche Darbietung einer neuen Oper nennt man [[Uraufführung]], die erste öffentliche Darbietung einer Oper in einer neuen Inszenierung [[Premiere]]. |
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Nach und nach hat sich ein praxiserprobter, mehr oder weniger enger Kanon an Opern herausgebildet, die regelmäßig auf dem Spielplan stehen. Etwa 150 Opern bilden diesen nicht festgeschriebenen Kanon im Kern. Entsprechend hat sich das Interesse vor allem des [[Feuilleton]]s von den vielfach bereits bekannten Werken hin zu deren [[Interpretation]] verlagert, wobei vor allem die [[Inszenierung]] in den Vordergrund rückt. Das Publikum verbindet seine Lieblingsopern oft mit bestimmten Traditionen, die zum Teil auch in [[Konvention]]en erstarrt sind, und reagiert auf radikale Deutungsansätze ([[Regietheater]]) kontrovers. |
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=== Sprache der Aufführungen === |
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{{Siehe auch|Originalsprache|Übertitel}} |
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Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden Opern zumeist in der jeweiligen Landessprache des Aufführungsortes aufgeführt. So wurden Verdi-Opern in Deutschland in deutscher Sprache und Wagner-Opern in Italien in italienischer Sprache gesungen, wie auch Radio- und Fernsehaufzeichnungen belegen. Bereits zuvor gab es jedoch Theater, die Opern in der jeweiligen Originalsprache aufführten, etwa die [[Metropolitan Opera]] in New York. Auch die [[Salzburger Festspiele]] zeigten Opern stets ausschließlich in der Originalsprache. Aufgrund eines Vertrages mit der [[Mailänder Scala]], bei dem sich italienische Sänger verpflichteten, auch an der [[Wiener Staatsoper]] zu singen, führte [[Herbert von Karajan]] 1956 an der Wiener Staatsoper das Prinzip ein, Opern in der Originalsprache aufzuführen. Mit seiner Begründung, die Einheit von Wort und Musik gehe bei Übersetzungen in eine andere Sprache verloren, wurden Opern allmählich immer mehr in ihrer ursprünglichen Form aufgeführt. Auch der Schallplatten und Sänger-Markt, der sich zunehmend internationalisierte, trug entscheidend zu dieser Entwicklung bei. In der DDR gab es hingegen weiterhin eine große Tradition von Übersetzungen, jedoch wurde mit neuen Übertragungen (z. B. [[Walter Felsenstein]], [[Siegfried Schoenbohm]]) versucht, den Inhalt des Originals genauer, sprachlich gelungener und vor allem musikalisch passender umzusetzen. Heute werden in fast allen großen Opernhäusern Opern in der Originalsprache aufgeführt und dazu simultan [[Übertitel]] eingeblendet. |
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An vielen kleineren Theatern, vor allem im Osten Deutschlands, gibt es noch Aufführungen in deutscher Sprache. Auch gibt es in einigen Städten (z. B. Berlin, München, Wien) mehrere Opernhäuser, von denen eines Opern in Übersetzungen aufführt, wie etwa die [[Volksoper Wien]], die [[Komische Oper Berlin]], das [[Staatstheater am Gärtnerplatz]] in München, oder in London die [[English National Opera]]. Hin und wieder gibt es auch eine autorisierte Übersetzung (wie im Falle der Opern [[Leoš Janáček]]s, deren deutscher Text von Janáčeks Freund [[Max Brod]] stammt, so dass auch der deutsche Text als original gelten darf). Schwierig gestaltet sich die Aufführung in Originalsprache auch immer dann, wenn Dialoge in dem Werk vorkommen. Hier gibt es auch Mischformen, das heißt, gesprochene Texte werden übersetzt, gesungene erklingen jedoch in Originalsprache. Im Bereich [[Singspiel]], [[Operette]], [[Musical]] ist daher die übersetzte Musiktheateraufführung weit verbreitet. Für die exakte Übersetzung aus einer Fremdsprache ist am Theater die Dramaturgie zuständig. Wenn die Sprachkenntnisse der [[Korrepetitor]]en vertieft werden sollen, werden auch spezialisierte Coaches für eine Fremdsprache hinzugezogen. |
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== Siehe auch == |
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* [[Liste von Opern]] |
* [[Liste von Opern]] |
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* [[Liste von Opernverlagen]] |
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* [[Singspiel]], [[Operette]], [[Musical]], [[Kinderoper]], [[Fernsehoper]], [[Semi-Oper]] |
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* [[Liste von Sängerinnen und Sängern klassischer Musik]] |
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* [[Chinesische Oper]] |
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* [[Theaterpädagogik]] |
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* [[Liste berühmter Sängerinnen und Sänger klassischer Musik]] |
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* [[ |
* [[Opernführer]] |
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* [[Singspiel]], [[Operette]], [[Musical]], [[Kinderoper]], [[Fernsehoper]], [[Opera seria]], [[Semi-Oper]], [[Opera semiseria]], [[Chinesische Oper]], [[Peking-Oper]], [[Modelloper]], [[Funkoper]], [[Musikdrama]], [[Maskenspiel]], [[Masque]] |
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* [[Portal:Musik]] |
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* [[Weltoperntag]] |
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* [[Liste bekannter Regisseure]] |
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* [[Ópera Flamenca]] |
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* [[Opernlänge]] |
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* [[Intendant]] |
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* [[Generalmusikdirektor]] |
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* [[Operndirektor]] |
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== |
== Literatur == |
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=== Bücher === |
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* [[Paul Bekker]]: ''Wandlungen der Oper.'' Zürich 1983 (Reprint von 1934), ISBN 3-280-01409-3. |
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* Barbara Beyer: ''Warum Oper?'' Alexander, Berlin 2006, ISBN 3-89581-145-9. |
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* [[Oscar Bie]]: ''Die Oper.'' Mainz 1988 (Reprint von 1923), ISBN 978-3-492-18234-8. |
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* [[Carl Dahlhaus]] u. a. (Hrsg.): ''[[Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters]].'' 6 Bände und Register. Piper, München/Zürich 1986–1997, ISBN 3-492-02411-4, ISBN 3-492-03972-3. |
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* [[Jens Malte Fischer]]: ''Oper – das mögliche Kunstwerk.'' Müller-Speiser, Anif/Salzburg 1991. |
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* Jens Malte Fischer: ''Vom Wunderwerk der Oper.'' Zsolnay, Wien 2007, ISBN 978-3-552-05396-0. |
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* Johannes Jansen: ''Schnellkurs Oper.'' Dumont Buchverlag, Köln 1998, ISBN 3-7701-4280-2. |
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* [[Rudolf Kloiber]], [[Wulf Konold]], Robert Maschka: ''Handbuch der Oper.'' 14., grundlegend überarbeitete Auflage. J. B. Metzler, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-476-02586-9. |
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* [[Arnold Jacobshagen]] (Hrsg.): ''Praxis Musiktheater. Ein Handbuch.'' Laaber-Verlag, Laaber 2002, ISBN 978-3-89007-512-9. |
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* [[Isolde Schmid-Reiter]] (Hrsg.): ''L’Europe Baroque. Oper im 17. und 18. Jahrhundert. L’opéra aux XVIIe et XVIIIe siècles.'' ConBrio, Regensburg 2010, ISBN 978-3-940768-17-9. |
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* [[Ulrich Schreiber (Autor)|Ulrich Schreiber]]: ''Die Kunst der Oper.'' 4 Bände. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1988–2005, ISBN 3-7632-3101-3, ISBN 3-7632-5643-1. |
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* Ulrich Schreiber: ''Opernführer für Fortgeschrittene I: Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution.'' Bärenreiter, 1999, ISBN 3-7618-0899-2. |
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* Ulrich Schreiber: ''Opernführer für Fortgeschrittene II: Das 19. Jahrhundert.'' Bärenreiter, 2000, ISBN 3-7618-1028-8. |
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* Ulrich Schreiber: ''Opernführer für Fortgeschrittene III: Das 20. Jahrhundert.'' 3 Bände. Bärenreiter, 2000–2006, III.1: ISBN 3-7618-1436-4, III.2: ISBN 3-7618-1437-2, III.3: ISBN 3-7618-1859-9. |
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* [[Silke Leopold]], Robert Maschka: ''Who’s who in der Oper.'' Deutscher Taschenbuch-Verlag, München / Bärenreiter, Kassel u. a. 2004, ISBN 3-423-34126-2 oder ISBN 3-7618-1780-0. |
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* Stanley Sadie (Hrsg.): ''The New Grove Dictionary of Opera.'' Grove, New York/Oxford 2004, ISBN 0-19-522186-9 (englisch). |
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* [[Siegfried Mauser]] (Hrsg.): ''Handbuch der musikalischen Gattungen.'' Band 11; Silke Leopold: ''Die Oper im 17. Jahrhundert.'' Verlag Laaber, 2004, ISBN 978-3-89007-134-3. |
|||
* Siegfried Mauser (Hrsg.): ''Handbuch der musikalischen Gattungen.'' Band 12; Herbert Schneider, Reinhard Wiesend (Hrsg.): ''Die Oper im 18. Jahrhundert.'' Verlag Laaber, 2001, ISBN 978-3-89007-135-0. |
|||
* Siegfried Mauser (Hrsg.): ''Handbuch der musikalischen Gattungen.'' Band 13; Sieghart Döhring, [[Sabine Henze-Döhring]]: ''Oper und Musikdrama im 19. Jahrhundert''. Verlag Laaber 1997, ISBN 978-3-89007-136-7. |
|||
* Siegfried Mauser (Hrsg.): ''Handbuch der musikalischen Gattungen.'' Band 14; Siegfried Mauser (Hrsg.): ''Musiktheater im 20. Jahrhundert''. Verlag Laaber, 2002, ISBN 978-3-89007-285-2. |
|||
* Dieter Zöchling: ''Die Oper. Westermanns farbiger Führer durch Oper, Operette, Musical. Mit einem Vorwort von Placido Domingo.'' Westermann Verlag, Braunschweig 1981, Redaktionsbüro Harenberg, Schwerte, ISBN 3-611-00024-8 (mit 166 Komponistenporträts und Vorstellung von 400 Opern, Operetten und Musicals – jeweils mit Handlung und kritischer Wertung sowie Informationen zu [[Libretto]], Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, Uraufführung, deutscher Erstaufführung, einzelnen Rollen und Sekundärliteratur). |
|||
* ''The New Franzen Opera Encyclopedia I'' – ein Werkverzeichnis aller je geschriebenen und uraufgeführten Opern, Operetten und Singspiele. Zürich 1998, ISBN 3-905587-05-X. |
|||
* ''The New Franzen Opera Encyclopedia II'' – ein Verzeichnis aller Opernsängerinnen und Opernsänger. Zürich 1999, ISBN 3-905587-08-4. |
|||
* ''The New Franzen Opera Encyclopedia III'' – ein Verzeichnis aller Opernkomponisten mit Diskografie. Zürich 1999, ISBN 3-905587-10-6. |
|||
* ''Harenberg Opernführer – Der Schlüssel zu 500 Opern, ihrer Handlung und Geschichte.'' (Mit CD-Empfehlungen der „Opernwelt“-Redaktion). Dortmund 1995, ISBN 3-611-00496-0. |
|||
* [[Elisabeth Schmierer]]: ''Lexikon der Oper in 2 Bänden.'' Laaber-Verlag, Laaber 2002, ISBN 978-3-89007-524-2. |
|||
* Clemens Wolthens: ''Oper und Operette.'' Tosa Verlag, Wien 1970. |
|||
* [[Peter Overbeck]]: ''Oper.'' Reclam-Verlag, Ditzingen 2019, ISBN 978-3-15-020537-2. |
|||
* Bernd Feuchtner: ''Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken.'' Wolke Verlag, Hofheim 2020, ISBN 978-3-95593-250-3. |
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=== Fachzeitschriften === |
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{{Wiktionary1|Oper}} |
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* ''[[OPER!|Oper!]] das Magazin.'' OPER Medien GmbH & Co. KG, Berlin, {{ISSN|2365-2217}}. |
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* ''[[Opernwelt]].'' Friedrich-Berlin-Verlags-Gesellschaft, Berlin, {{ISSN|0030-3690}}. |
|||
* ''[[Opernglas (Zeitschrift)|Das Opernglas]].'' Opernglas-Verlags-Gesellschaft, Hamburg, {{ISSN|0935-6398}}. |
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== Weblinks == |
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{{Wiktionary}} |
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{{Commonscat|Opera|Oper}} |
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{{Wikisource}} |
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{{Wikiquote}} |
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* [https://opera-inside.com/geschichte-der-oper-epochen-werke-und-komponisten/?lang=de Die Geschichte der Oper 1597–1945, beschrieben nach den 11 wichtigsten Epochen mit interessanten Informationen und Links zu vielen Youtube-Videos.] |
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* [https://www.opera-guide.ch/opern_komponisten.php?uilang=de&first-letter=A Opera-Guide (Opernführer)] Synopsis – Libretti – Höhepunkte |
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* [https://operone.de/ Operone: Datensammlung über Opern, Rollen, Komponisten etc.] |
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* [https://www.opernnetz.de/ Opernnetz – Das Online-Musiktheater-Magazin] |
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* [http://www.theaterportal.de/ Opern in den Spielplänen deutschsprachiger Bühnen] |
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* [http://opera.stanford.edu/ Daten- und Linksammlung ''OperaGlass'' (englisch)] |
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* {{dmoz|World/Deutsch/Kultur/Musik/Genres/Klassische_Musik/Oper/|Oper}}7 |
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* {{DNB-Portal|4043582-9}} |
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* [https://www.vifamusik.de/audiosammlung/streaming/ ViFaMusik-Sammlung von Opernstreaming-Angeboten] |
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== Einzelnachweise == |
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* http://www.karadar.com - Opernlibretti in Originalsprache |
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<references /> |
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* http://operone.de |
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* http://www.theaterportal.de - Opern in den Spielplänen deutschsprachiger Bühnen |
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* http://www.sirene.at/ Musiktheater für Uraufführungen |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4043582-9|LCCN=sh85094900|NDL=00564452}} |
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[[Kategorie:Gattungen und Formen (Musik)]] |
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[[Kategorie:Gattung des Musiktheaters]] |
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[[fr:Opéra (musique)]] |
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[[ga:Opera]] |
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[[gd:Opra]] |
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[[he:אופרה]] |
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[[hr:Opera]] |
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[[hu:Opera (színmű)]] |
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[[id:Opera]] |
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[[it:Opera lirica]] |
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[[ja:オペラ]] |
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[[ko:오페라]] |
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[[nl:Opera]] |
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[[pl:Opera (muzyka)]] |
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[[pt:Ópera]] |
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[[ru:Опера]] |
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[[simple:Opera]] |
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[[sr:Опера]] |
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[[sv:Opera]] |
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[[th:อุปรากร]] |
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[[tr:Opera]] |
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[[uk:Опера]] |
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[[vo:Lop]] |
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[[zh:歌剧]] |
Aktuelle Version vom 29. Juni 2025, 11:04 Uhr


Als Oper (von italienisch opera in musica, „musikalisches Werk“) bezeichnet man seit 1639[1] eine um 1600 (mit Beginn des Barockzeitalters) entstandene musikalische Gattung des Theaters. Ferner werden auch das Opernhaus (die Aufführungsstätte oder produzierende Institution) oder die aufführende Kompagnie als Oper bezeichnet.
Eine Oper besteht aus der Vertonung einer dramatischen Dichtung, die von einem Sängerensemble, einem begleitenden Orchester sowie manchmal von einem Chor und einem Ballettensemble ausgeführt wird. Neben dem Gesang führen die Darsteller Schauspiel und Tanz auf einer Theaterbühne aus, die mit den Mitteln von Malerei, Architektur, Requisite, Beleuchtung und Bühnentechnik gestaltet ist. Die Rollen der Darsteller werden durch Maske und Kostüme optisch verdeutlicht. Als künstlerische Leitung betätigen sich Dirigenten für das Musikalische, Regisseure für die Personenführung sowie Bühnen– und Kostümbildner für die Ausstattung. Im Hintergrund unterstützt sie die Dramaturgie.
Abgrenzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Oper wird mit Tanz, Musical und Operette unter dem Begriff Musiktheater zusammengefasst.[2] Die Grenzen zu verwandten Kunstwerken sind fließend und definieren sich in jeder Epoche, meist auch im Hinblick auf bestimmte nationale Vorlieben, immer wieder neu. Auf diese Art bleibt die Oper als Gattung lebendig und erhält immer wieder neue Anregungen aus den verschiedensten Bereichen des Theaters.
Oper und Schauspiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schauspiele in dem strengen Sinne, dass auf der Bühne nur gesprochen würde, sind in der Theatergeschichte selten. Mischformen aus Musik, Rezitation und Tanz waren die Regel, auch wenn sich zu manchen Zeiten Literaten und Theaterleute um eine Rettung oder Reform des Schauspiels bemüht haben. Seit dem 18. Jahrhundert sind Mischformen zwischen Schauspiel und Oper aus den verschiedenen Spielarten der Opéra-comique hervorgegangen, wie Ballad Opera, Singspiel oder Posse mit Gesang. Die Singspiele Mozarts werden der Oper zugerechnet, diejenigen Nestroys gelten als Schauspiele. Auf der Grenze bewegen sich z. B. auch die Werke von Brecht/Weill, deren Dreigroschenoper dem Schauspiel näher steht, während Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny eine Oper ist. Sich dem Schauspiel völlig unterordnende Musik bezeichnet man als Schauspielmusik.
Eine verbreitete, dem Schauspiel verwandte Theaterform seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts war das Melodram, das heute nur noch im populären Film gegenwärtig ist. Es hatte mit seinen Abenteuerstoffen großen Einfluss auf die Oper in jener Zeit. Stellenweise enthielt es Hintergrundmusik als Untermalung der Bühnenhandlung (weniger des gesprochenen Texts). Darauf bezieht sich der heute noch bekannte Begriff Melodram. Eine solche Untermalung findet sich zum Beispiel in Mozarts Idomeneo, Ludwig van Beethovens Fidelio, in Webers Der Freischütz (in der Wolfsschluchtszene) und in Humperdincks Königskinder.
Oper und Ballett
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In französischer Tradition war der Tanz seit dem Barock in die Oper integriert. Das klassische Ballett löste sich im 19. Jahrhundert mühevoll aus dieser Verbindung, aber in neoklassizistischen Werken des 20. Jahrhunderts, beispielsweise von Igor Strawinsky oder Bohuslav Martinů, bestätigt sich die Verwandtschaft von Oper und Ballett erneut. Auch die italienische Oper war nicht frei von Tanz, wenn auch der Tanz nicht im gleichen Maß dominierte. Heute werden die Ballette und Divertissements der Repertoirewerke meist aus den Partituren gestrichen, sodass der Eindruck einer Spartentrennung entsteht.
Oper und Operette/Musical
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Genre der Operette und verwandter Formen wie der Zarzuela grenzt sich als Weiterentwicklung aus dem Singspiel durch die gesprochenen Dialoge, aber auch durch dessen vorherrschenden Unterhaltungsanspruch und das vorrangige Bemühen um Popularität oder kommerziellen Erfolg von der ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend durchkomponierten Oper ab. Diese Abgrenzung entstand erst im ausgehenden 19. Jahrhundert: Als die „komische Oper“ vom „niederen“ zum „hohen“ Genre geworden war, bildete sich die Operette als neues „niederes“ Genre. Ähnliches gilt für das Musical, die Weiterentwicklung des populären Musiktheaters in den Vereinigten Staaten. Operette und Musical sind gleichwohl in nicht geringerem Maße Kunstformen als die Oper.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Antike
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Bereits im Theater der griechischen Antike verband man szenische Aktion mit Musik. Die Oper der Neuzeit berief sich immer wieder auf dieses Vorbild und konnte es, weil von der Aufführungspraxis wenig überliefert ist, auf unterschiedlichste Weise deuten. Ein Chor, der sang und tanzte, hatte eine tragende Rolle, indem er das Drama in Episoden gliederte oder auch die Aufgabe hatte, die Handlung zu kommentieren. Die Römer pflegten eher die Komödie als die Tragödie. Mimus und später Pantomimus hatten einen hohen Musikanteil. Durch die Zerstörung der römischen Theater im 6. Jahrhundert und die Bücherverluste in der Spätantike sind viele Quellen darüber verloren gegangen.
Jedoch werden seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche antike Bauten, insbesondere Amphitheater und Theaterbauten, für Opernaufführungen genutzt. Die bekanntesten sind das Théâtre Antique in Orange (mit Unterbrechungen seit 1869), die Arena di Verona (seit 1913), das Odeon des Herodes Atticus in Athen (seit den 1930er Jahren), die Thermen des Caracalla in Rom (seit 1937) und der Römersteinbruch St. Margarethen (seit 1996).
Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Hochmittelalter entstand ausgehend vom Gottesdienst der Ostermesse eine neue Tradition gesungener Handlung. Das geistliche Spiel fand zunächst in der Kirche, im 13. Jahrhundert dann als Passionsspiel oder Prozessionsspiel außerhalb der Kirche statt. Beliebte Themen waren das biblische Oster- und Weihnachtsgeschehen, auch mit komödiantischen Einlagen. Die Melodien sind oft überliefert, der Einsatz von Musikinstrumenten ist wahrscheinlich, aber selten belegbar. Im höfischen Bereich gab es weltliche Stücke wie Adam de la Halles melodienreiches Jeu de Robin et de Marion (1280).
Renaissance
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Die Zeit des Karnevals, die später zur traditionellen Opernsaison wurde, bot seit dem 15. Jahrhundert Gelegenheit zu musikalisch-theatralischen Aktionen, die von den damals größten europäischen Städten in Italien ausgingen: Intermedien, Tanzspiele, Masken- und Triumphaufzüge gehören zur städtischen Repräsentation in der italienischen Renaissance. Das Madrigal war die wichtigste Gattung der Vokalmusik und verband sich oft mit Tänzen.
Der Königshof in Frankreich gewann im 16. Jahrhundert gegenüber Italien an Bedeutung. Das Ballet comique de la reine 1581 war eine getanzte und gesungene Handlung und gilt als bedeutender Vorläufer der Oper.
Ein früher Versuch in Deutschland, eine dramatische Handlung mit singenden Protagonisten in einem Bühnenbild aufzuführen, ist die Aufführung von Orpheus und Amphion auf einer Simultanbühne anlässlich der Jülichschen Hochzeit von Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg mit Markgräfin Jakobe von Baden in Düsseldorf 1585. Als möglicher Komponist der nicht überlieferten Musik wird Andrea Gabrieli genannt. Die Musik sei so schön gewesen, „daß es denselben / so dazumahl nit zugegen gewesen / und solchen Musicum concentum & Symphoniam gehört haben / onmüglich zu glauben.“ Die Handlung war freilich primär eine Allegorese im Sinne eines Fürstenspiegels.
Ursprung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Florentiner Camerata
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Oper im heutigen Sinn entstand Ende des 16. Jahrhunderts in Florenz. Eine wichtige Rolle in der Entstehungsgeschichte spielte die Florentiner Camerata, ein akademischer Gesprächskreis, in dem sich Dichter (z. B. Ottavio Rinuccini), Musiker, Philosophen, Adelige und ein Kunstmäzen – zunächst übernahm Graf Bardi diese Rolle, später Graf Corsi – zusammenfanden. Diese Humanisten versuchten, das antike Drama wiederzubeleben, an dem ihrer Meinung nach Gesangssolisten, Chor und Orchester beteiligt waren. Nach den Pastoraldramen des 16. Jahrhunderts wurde das Libretto gestaltet und mit den musikalischen Mitteln der Zeit in Musik gesetzt. Vincenzo Galilei gehörte dieser Gruppe an. Er entdeckte (heute verlorene) Hymnen des Mesomedes und schrieb ein Traktat gegen die niederländische Polyphonie. Dies war ein deutlicher Beweis für den gewünschten musikalischen Stil, den damals neuen Sologesang mit Instrumentalbegleitung.
Textverständlichkeit der Vokalmusik war für die Florentiner Camerata das Wichtigste. Eine klare, einfache Gesangslinie wurde zum Ideal erklärt, der sich die sparsame Generalbass-Begleitung mit wenigen und leisen Instrumenten wie Laute oder Cembalo unterzuordnen hatte. Großartig ausgearbeitete melodische Einfälle waren unerwünscht, um den Inhalt der Worte nicht durch den Gesang zu verschleiern. Man sprach sogar von einer „nobile sprezzatura del canto“ (Giulio Caccini: Le nuove musiche, 1601), einer „noblen Verachtung des Gesangs“. Diese Art des Singens nannte man recitar cantando, rezitierenden Gesang. Die Schlichtheit und Beschränkung des recitar cantando steht im Gegensatz zur vorherrschenden Polyphonie mit ihren komplexen Ton- und Textschichtungen. Mit der Monodie, wie man diesen neuen Stil in Anlehnung an die Antike nannte, sollte das Wort wieder zu seinem vollen Recht kommen. Es entwickelte sich eine Theorie der Affekte, die durch den gesungenen Text transportiert werden konnten. Zur Monodie der einzelnen Gesangsstimme gesellten sich Chöre in Madrigalform oder als Motette. Das Orchester spielte dazwischen Ritornelle und Tänze.
Als erstes Werk der Gattung Oper gilt La Dafne von Jacopo Peri (Uraufführung 1598) mit einem Text von Ottavio Rinuccini, von der nur einzelne Fragmente erhalten geblieben sind. Weitere bedeutende Werke aus der Anfangszeit sind Peris Euridice (1600) als älteste erhaltene Oper, sowie Euridice (1602) und Il Rapimento di Cefalo (1602) von Giulio Caccini. Stoffe dieser frühen Opern entnahm man der Schäferdichtung und vor allem der griechischen Mythologie. Wunder, Zauber und Überraschungen, dargestellt durch aufwändige Bühnenmaschinerie, wurden zu beliebten Bestandteilen.
Monteverdi
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Besondere Beachtung fand Claudio Monteverdis erste Oper L’Orfeo (1607). Sie wurde anlässlich des Geburtstags von Francesco IV. Gonzaga am 24. Februar 1607 in Mantua uraufgeführt. Hier sind im Vergleich zu seinen Vorgängern erstmals ein reicheres Instrumentarium (wenngleich es in der Partitur meist nur angedeutet ist), ausgebaute Harmonik, tonmalerisch-psychologische und bildhafte Ausdeutung von Worten und Figuren sowie eine die Personen charakterisierende Instrumentation zu hören. Posaunen werden zum Beispiel für die Unterwelt- und Todesszenen eingesetzt, Streicher bei Schlafszenen, für die Hauptfigur Orfeo kommt eine Orgel mit Holzregistern (organo di legno) zum Einsatz.
Monteverdi erweitert die Gesangslinie des recitar cantando zu einem mehr arienhaften Stil und gibt den Chören größeres Gewicht. Seine Spätwerke Il ritorno d’Ulisse in patria (1640) und L’incoronazione di Poppea (1643) sind in Hinblick auf ihre Dramatik Höhepunkte der Operngeschichte. Noch in dieser letzten Oper Monteverdis, L’incoronazione di Poppea, findet man den Prolog durch drei allegorische Figuren dargestellt, in der Fortuna die Virtù (Tugend) verspottet. Die übrige Handlung spielt in der irdischen Welt um den römischen Kaiser Nero, dessen ungeliebte Gattin Ottavia und Poppea, die Gattin des Prätors Ottone. Diese wird Neros Gattin und Kaiserin. Neros brutaler Charakter wird von einem Kastraten und entsprechend virtuoser Musik dargestellt, Ottone wirkt dagegen weich, und Neros würdiger Lehrer und Berater Seneca bekommt die Bassstimme zugewiesen. Belcanto-Gesang und Koloraturreichtum werden für den Adel und für Göttergestalten eingesetzt, für die übrigen Personen schlichtere Ariosi und Lieder.
17. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Italien
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1637 wurde das Teatro San Cassiano in Venedig als erstes öffentliches Opernhaus eröffnet. In schneller Folge entstanden neue Spielstätten, und Venedig wurde mit seiner „venezianischen Oper“ zum Opernzentrum Norditaliens. Historische Darstellungen verdrängten bald die mythischen Stoffe, wie in der Oper L’incoronazione di Poppea (1642), die noch den Namen Claudio Monteverdis trägt, wobei die Forschung seit Alan Curtis darüber diskutiert, ob es sich vielmehr um ein Pasticcio handle, das sich den berühmten Namen zu Nutze machte.[3]
Das Publikum dieser Opern setzte sich vornehmlich aus Angehörigen der nichtadeligen Stände zusammen. Den Spielplan bestimmte der geldgebende Adel auf Grund des Publikumsgeschmacks. Die aus den Akademien hervorgegangene Oper wurde in diesem Zusammenhang kommerzialisiert und vereinfacht, das Orchester reduziert. Die Da-capo-Arie mit vorangestelltem Rezitativ prägte für lange Zeit den Sologesang, Chöre und Ensembles wurden gekürzt. Verwechslungen und Intrigen bildeten das Grundgerüst der Handlungen, die mit komischen Szenen der beliebten Nebenfiguren angereichert wurden. Francesco Cavalli und Antonio Cesti waren die bekanntesten venezianischen Opernkomponisten in der auf Monteverdi folgenden Generation. Die Schriftsteller Giovanni Francesco Busenello und Giovanni Faustini galten als stilbildend und wurden häufig nachgeahmt.
Zum zweiten, stärker vom Geschmack der Aristokratie geprägten Opernzentrum Italiens wurde seit den 1650er Jahren die Großstadt Neapel. Als Begründer der neapolitanischen Oper gilt der Komponist Francesco Provenzale. In der folgenden Generation wurde Alessandro Scarlatti zum Vorreiter der neapolitanischen Schule.
Die Librettisten erhielten ihr Geld durch den Verkauf von Textbüchern, die zusammen mit Wachskerzen zum Mitlesen vor der Vorstellung verteilt wurden. Lange Zeit blieb die Literatur des Renaissance-Humanismus Vorbild der italienischen Operntexte.
Opern wurden nur zu bestimmten Spielzeiten (ital.: stagione) gegeben: während des Karnevals, von Ostern bis zur Sommerpause sowie vom Herbst bis zum Advent. In der Passions- und Adventszeit wurden stattdessen Oratorien gespielt. In Rom erhielten nicht nur Maschineneffekte und Chöre ein größeres Gewicht, sondern auch geistliche Stoffe.

Paris
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Paris entwickelte Jean-Baptiste Lully zusammen mit seinem Librettisten Philippe Quinault eine französische Variante der Oper, deren herausragendstes Merkmal neben den Chören das Ballett ist. Lully verfasste eine französische Version von Cavallis L’ercole amante (1662), in die er Ballette einfügte, die größeren Beifall fanden als die Oper. Cadmus et Hermione (1673) wird als erste Tragédie lyrique angesehen und blieb modellhaft für die nachfolgenden französischen Opern.
Die aus Italien importierte Oper wurde von der Tragédie lyrique zurückgedrängt. Dennoch versuchten Lullys Nachfolger Marc-Antoine Charpentier und André Campra, französische und italienische Stilmittel zu verbinden.
Deutsches Sprachgebiet
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ausgehend von italienischen Vorbildern, entwickelte sich bereits gegen Mitte des 17. Jahrhunderts eine eigenständige Operntradition innerhalb des deutschen Sprachgebietes, die auch die Verwendung deutschsprachiger Libretti mit einschließt.
Die erste Oper eines „deutschen“ Komponisten war 1627 die (verschollene) Dafne von Heinrich Schütz, der die Musikform der Oper bei seinem Studienaufenthalt 1609–1613 in Italien kennengelernt hatte. 1644 entstand die erste erhaltene deutschsprachige Oper von Sigmund Theophil Staden nach einem Libretto von Georg Philipp Harsdörffer Das geistlich Waldgedicht oder Freudenspiel, genannt Seelewig, ein pastorales Lehrstück in starker Nähe zum moralisierenden Schuldrama der Renaissance.
Kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg etablierten sich auch im deutschsprachigen Raum Opernhäuser zunehmend als zentrale Versammlungs- und Repräsentationsorte der führenden Gesellschaftsschichten. Eine zentrale Rolle spielten dabei die führenden Fürsten- und Königshäuser, die sich zunehmend eigene Hoftheater samt der zugehörigen Künstler leisteten, die in der Regel auch für die (wohlhabende) Öffentlichkeit zugänglich waren. So erhielt München sein erstes Opernhaus 1657, Dresden 1667.
Bürgerliche, d. h. durch Städte und/oder private bürgerliche Akteure finanzierte „öffentliche und populäre“ Opernhäuser wie in Venedig existierten hingegen lediglich in Hamburg (1678), Hannover (1689) und Leipzig (1693). Im bewussten Gegensatz zum durch italienischsprachige Opern dominierten Betrieb an den „adligen“ Häusern, setzte insbesondere die Hamburger Oper am Gänsemarkt als ältestes bürgerliches Opernhaus Deutschlands bewusst auf deutschsprachige Werke und Autoren. So Händel, Keiser, Mattheson und Telemann. Jene etablierten bereits ab Beginn des 18. Jahrhunderts unter Verwendung deutschsprachiger Libretti von Dichtern wie Elmenhorst, Feind, Hunold und Postel eine eigenständige deutschsprachige Opern- und Singspieltradition. Die Bedeutung Hamburgs für die Entwicklung einer eigenständigen deutschsprachigen Operntradition unterstreichen auch die beiden zeitgenössischen Schriften zur Theorie der Oper: Heinrich Elmenhorsts Dramatologia (1688) und Barthold Feinds Gedancken von der Opera (1708).
England
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In England verbreitete sich die Oper erst relativ spät. Die vorherrschende musikalische Theaterform in der Zeit des Elisabethanischen Theaters war die Masque, eine Kombination aus Tanz, Pantomime, Sprechtheater und musikalischen Einlagen, bei denen der vertonte Text meist nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Handlung stand. Im Anschluss an das puritanische Verbot von Musik- und Theateraufführungen von 1642 begründete erst die Stuart-Restauration ab 1660 wiederum ein Theaterleben, in das die Oper integriert wurde.
Ein in jeder Hinsicht singuläres Werk ist Henry Purcells knapp einstündige Oper Dido and Aeneas (Uraufführung vermutlich 1689, Libretto: Nahum Tate). Der Komponist greift darin Elemente der französischen und der italienischen Oper auf, entwickelt jedoch eine eigene Tonsprache, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie sehr eng am Text bleibt. Chorpassagen und tänzerische Abschnitte stehen den ariosen Passagen der Hauptfiguren gegenüber, die fast ohne arienartige Formen auskommen. Die wechselnden Stimmungen und Situationen werden mit musikalischen Mitteln genau wiedergegeben; die Schlussszene, wenn die karthagische Königin Dido aus unglücklicher Liebe zu dem trojanischen Helden Aeneas an gebrochenem Herzen stirbt, gehört zum Bewegendsten der Opernliteratur.
18. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemeine Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Laufe des 18. Jahrhunderts bilden sich zwei Operntypen heraus: Neben der etablierten Opera seria als vorwiegend vom Repräsentations- und Legitimationsbedürfnis des Adels getragene Form, die mehrheitlich auf mythologischen oder historischen Stoffen basiert und deren Personal aus Göttern, Halbgöttern, Heroen, Fürsten sowie deren Geliebten und ihrer Dienerschaft besteht, entwickelt sich um 1720 die Opera buffa mit zunächst grobschlächtig komischen Handlungen, die sich zu bürgerlich-sentimentalen entwickeln.
Eine Konkurrenz zu den italienischen Opern bilden in Frankreich einerseits die höfische Tragédie lyrique, mit ihrem im Vergleich zu älteren italienischen Opern volleren Instrumentarium, und andererseits die Opéra-comique, die vom Pariser Jahrmarktstheater herstammt. Diese Gattungen regen auch außerhalb Frankreichs Opernaufführungen in der eigenen Landessprache an, als einheimisches Gegengewicht zu den allgegenwärtigen italienischen Gesangsvirtuosen.

Stilprägend wurde die im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts von Italien ausgehende Tendenz, aus dem ursprünglichen Dramma per musica ein Arienkonzert bzw. eine Nummernoper mit festgelegtem Inhalt und Musik zu machen. Eine weitere zentrale Entwicklung während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die Einteilung der auf fünf Teile angewachsenen Da-capo-Arien mit der Abfolge AA'–B–AA' in spezifische Untergruppen:
- Aria di bravura (Bravourarie) mit überreichen Koloraturen;
- Aria cantabile mit schöner Linienführung;
- Aria di mezzo carattere mit charakteristischer Orchesterbegleitung;
- Aria concertata mit konzertierenden Instrumenten;
- Aria parlante, die heftige Gefühlsausbrüche schildert.
Der Star des Abends konnte zudem eine virtuose Aria baule („Koffer-Arie“) einschieben, die mit der Handlung nichts zu tun hatte. Solche Arien konnten leicht vertauscht oder mehrfach eingesetzt werden. Der Belcanto-Gesang wurde zu einer Präsentation virtuoser Gesangstechniken, die extreme Spitzentöne, geschmeidige Triller und weite Sprünge umfassten.
Pasticcio
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weil im 18. Jahrhundert das Konzept der Werktreue noch nicht etabliert war und Auftraggeber und Publikum stets neue, noch nie gehörte Opern wünschten, und weil vielen Opernkompanien häufig nur begrenzte Ressourcen an Instrumentalisten und Sängern zur Verfügung standen, bestand eine weitverbreitete Aufführungspraxis des 18. Jahrhunderts darin, Arien und Ensembles aus verschiedenen Werken je nach vorhandener Besetzung möglichst wirkungsvoll zusammenzustellen und eine solche Abfolge musikalischer Nummern mit neuen Texten und einer neuen Handlung zu unterlegen. Diese Art von Opern nannte man Pasticcio; ein Opernpasticcio konnte sowohl aus der Feder eines einzigen Komponisten stammen, der vorhandene Nummern aus früheren Werken wiederverwendete, als auch aus Werken verschiedener Komponisten zusammengesetzt sein. Diese Praxis führte dazu, dass Handlung und Stimmung einer Opernaufführung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – an einigen Aufführungsorten auch bis in die 1830er Jahre hinein – nicht festgelegt waren und ständigen Anpassungen, Wandlungen und Veränderungen unterlagen. Die Praxis des Pasticcio bedeutete, dass bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts kaum eine Aufführung des gleichen Werks musikalisch oder inhaltlich einer vorhergehenden glich.
Nummernoper
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das daraus folgende Handlungschaos – erzeugt von der Strategie, unterschiedlichen Erwartungen zugleich gerecht zu werden – stieß die italienischen Librettisten Apostolo Zeno und Pietro Metastasio ab. Als Gegenmaßnahme verzichteten sie ab den späten 1730er Jahren zunehmend auf überflüssige Seitenhandlungen, mythische Allegorien und Nebenfiguren und bevorzugten stattdessen eine klare, nachvollziehbare Handlung und Sprache. Damit schufen sie die Grundlage für einen „ernsteren“ Operntypus jenseits der bis dahin üblichen Aufführungspraxis der Opera seria. Das zu diesem Zweck entwickelte Handlungsschema verwickelt die Hauptfiguren nach und nach in ein scheinbar unlösbares Dilemma, das sich zum Schluss durch einen unverhofften Einfall zum Guten wendet (lieto fine). Auch dichterisch leiteten beide Autoren eine Erneuerung der Oper ein. Gegen die Beliebigkeit des Pasticcio nummerierten sie die musikalischen Teile, wodurch deren Austausch erschwert wurde. So trugen sie wesentlich zur Herausbildung der Nummernoper mit ihrer festgelegten Abfolge bei. Als in sich geschlossenes Werk mit stringenter Handlung konnte sich die Oper nunmehr gegenüber dem Schauspiel behaupten.
Opera buffa
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gattung der Opera buffa entstand gleichzeitig in Neapel und Venedig als zumeist heiterer und lebensnaher Operntypus. Einerseits gab es selbstständige musikalische Komödien, andererseits die komischen Intermezzi zur Opera seria Anfang der 1730er Jahre, aus der Apostolo Zeno und Pietro Metastasio die komischen Elemente ausgeschlossen hatten, sodass sie auf Einlagen zwischen den Akten beschränkt werden mussten. Als stilprägende Werke gelten die Oper Lo frate ’nnamorato von Giovanni Battista Pergolesi, uraufgeführt am 28. September 1732 im Teatro dei Fiorentini in Neapel, und die ab Mitte der 1740er Jahre in Venedig uraufgeführten Werke Baldassare Galuppis, die in enger Zusammenarbeit mit Carlo Goldoni entstanden.
Inhaltlich schöpfte die Opera buffa aus dem reichen Fundus der Commedia dell’arte. Die Handlungen waren oft Verwechslungskomödien, deren Personal aus einem adligen Liebespaar und zwei Untergebenen, oft Magd und Diener, bestand. Letztere können im Unterschied zur Opera seria als Hauptakteure auftreten, womit sich ein bürgerliches und subbürgerliches Publikum identifizieren konnte. Die Opera buffa wurde aber auch von der Aristokratie geschätzt, die ihre Provokationen kaum ernst nahm.
Entwicklung der Opera buffa zur Opera semiseria
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit Mitte des 18. Jahrhunderts begann eine Verlagerung der Komik in der Opera buffa auf alltagsweltliche und gegenwartsbezogene Handlungen, in denen Adlige nicht mehr unangreifbar waren. Mozarts Don Giovanni (1787) wurde zunächst als Opera buffa angesehen und erst im 19. Jahrhundert uminterpretiert, als das Schicksal der bürgerlichen Verführten ernst genommen und der adlige Verführer als Schurke betrachtet werden konnte.
Ausdruck dieser Veränderungen ist die Weiterentwicklung der Opera buffa zum Typus der Opera semiseria Ende des 18. Jahrhunderts, weil ein bürgerliches Publikum sich auf der Bühne nicht mehr verlacht sehen wollte. Die Alltagsnähe der Opera buffa und ihres französischen Gegenstücks, der Opéra-comique, besaß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts soziale Sprengkraft. Damit im Zusammenhang stand der von 1752 bis 1754 in Frankreich ausgetragene Buffonistenstreit. Jean-Jacques Rousseau schätzte den bürgerlich geprägten „heiteren“ Operntypus mehr als die Tragédie lyrique der Hocharistokratie. Seine Verurteilung der französischen Oper zu Gunsten der italienischen führte zu wütenden Reaktionen.
England
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im englischen Sprachraum wurde Georg Friedrich Händel (anglisiert George Frideric Handel) zu einem der produktivsten Opernkomponisten (mehr als 45 Opern). Sein Wirken in London hatte nicht den gewünschten geschäftlichen Erfolg, u. a. wegen der starken Konkurrenz des berühmten Kastraten Farinelli, der in der rivalisierenden Operntruppe sang, und ruinöser Gagen für die engagierten Primadonnen. Im 20. Jahrhundert sind vor allem Alcina, Giulio Cesare und Serse wieder in die Spielpläne gekommen, in den letzten Jahrzehnten auch viele andere Händel-Opern (u. a. Ariodante, Rodelinda, Giustino). Nachdem im Zuge der Alte-Musik-Bewegung die historische Aufführungspraxis immer besser erforscht worden war, entstanden auch an den großen Opernhäusern stilbildende Produktionen unter Mitwirkung von Barock-Spezialisten.

Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Frankreichs Pendant zur in Paris umstrittenen Opera buffa wurde die Opéra-comique. Die Rezitative wurden durch gesprochene Dialoge ersetzt. Auch dieses Modell fand im Ausland Erfolg. Die neue Einfachheit und Lebensnähe schlägt sich auch in kleineren Arietten und nouveaux airs, die im Unterschied zu den allseits bekannten Vaudevilles neu komponiert wurden, nieder.
1752 erlebte Frankreich eine neue Konfrontation zwischen der französischen und der italienischen Oper, die unter dem Namen Buffonistenstreit in die Geschichte einging. Giovanni Battista Pergolesis Oper La serva padrona (deutsch: Die Magd als Herrin) war der Anlass dafür. Gegen die Künstlichkeit und Stilisierung der herkömmlichen französischen Adelsoper waren vor allem Jean-Jacques Rousseau und Denis Diderot, die sich gegen die Kunst und Stilisierung Rameaus zur Wehr setzten. Rousseau verfasste neben der bewusst einfach gestalteten Oper Le devin du village (deutsch: Der Dorfwahrsager) auch ein preisgekröntes Traktat mit dem Titel Discours sur les sciences et les arts (1750), in dem er ein von Wissenschaft und Kultur unverdorbenes Leben zum Ideal erklärt. Weitere Musikartikel schrieb er für die berühmte umfassende Encyclopédie der französischen Aufklärung. Der Buffonistenstreit ging schließlich zu Ungunsten der italienischen Operntruppe aus, die aus der Stadt vertrieben wurde. Somit war der Streit zwar vorläufig beendet, an Beliebtheit stand die Grand opéra aber immer noch hinter der Opéra comique zurück.
Deutscher Sprachraum
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Die Schließung der Oper am Gänsemarkt im Jahr 1738 führte zu einer weiteren Stärkung des zu diesem Zeitpunkt bereits dominanten italienischsprachigen Opernbetriebs im deutschen Sprachraum. Dennoch etablierte sich – ausgehend vom Hamburger Vorbild – ab Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend die Praxis bei Aufführungen französischer und italienischer Opern die Rezitative ins Deutsche zu übersetzen und – aus vorwiegend musikalischen Gründen – lediglich bei den Arien die Originalsprache beizubehalten. Auch wurden ab Mitte des 18. Jahrhunderts der Verkauf oder die Verteilung gedruckter Erläuterungen und Übersetzungen nicht-deutschsprachiger Werke in deutscher Sprache an das Publikum mehr und mehr üblich.

Um 1780 setzt mit dem Werk Wolfgang Amadeus Mozarts schließlich eine bis weit ins 19. Jahrhundert reichende Entwicklung ein, die zur zunehmenden Verdrängung des bis dahin dominierenden Italienischen zugunsten deutschsprachiger Werke und Aufführungen in deutscher Übersetzung führte. Dabei fand Mozart seinen ganz eigenen Weg, mit der Tradition der italienischen Oper umzugehen. Er reüssierte bereits in jugendlichen Jahren mehrfach in Italien (u. a. mit Lucio Silla und Mitridate, re di Ponto) und komponierte mit Idomeneo (1781), einer ebenfalls auf Italienisch geschriebenen Opera seria, für München sein erstes Meisterwerk. Auf diese Form sollte er mit La clemenza di Tito (1791) kurz vor seinem Tod nochmals zurückkommen. Nach den Singspielen Bastien und Bastienne, Zaide (Fragment) und Die Entführung aus dem Serail (mit dieser 1782 uraufgeführten Oper gelang es ihm, sich in Wien als freier Komponist zu etablieren) schaffte er es in seinem Figaro (1786) und mehr noch im Don Giovanni (1787), Opera seria und Opera buffa einander wieder anzunähern. Neben den zuletzt genannten entstand 1790 als drittes Werk in kongenialer Zusammenarbeit mit dem Librettisten Lorenzo Da Ponte Così fan tutte. In der Zauberflöte (1791) verband Mozart Elemente der Oper mit jenen des Singspiels und des lokal vorherrschenden Alt-Wiener Zaubertheaters, das seine Wirkung besonders aus spektakulären Bühneneffekten und einer märchenhaften Handlung bezog. Dazu kamen Ideen und Symbole aus der Freimaurerei (Mozart war selbst Logenmitglied). Mozart-Opern (und insbesondere die Zauberflöte) gehören bis heute zum Standardrepertoire eines jeden Opernhauses. Er selbst bezeichnete die Oper als „Große Oper in 2 Akten“.
Opernreform
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Der ebenfalls sowohl in Italien wie auch in Wien tätige Christoph Willibald Gluck leitete mit seinen Opern Orfeo ed Euridice (1762) und Alceste (1767), in denen er Elemente der ernsten Oper aus Italien und Frankreich mit der realistischeren Handlungsebene der Opera buffa kombinierte, eine umfassende Opernreform ein. Der konsequent klar und logisch aufgebaute Handlungsablauf, gestaltet von Ranieri de’ Calzabigi, kommt dabei ohne komplexe Intrigen oder Verwechslungsdramen aus. Die Zahl der Protagonisten schrumpft. Oberstes Ziel ist eine größere Einfachheit und Nachvollziehbarkeit der Handlung.
Dabei ordnet sich Glucks Musik vollständig Dramaturgie und Text unter, charakterisierte Situationen und Personen und stand nicht für den belcanto-Gesang an sich. Durchkomponierte oder strophisch gestaltete Lieder ersetzten die Da-capo-Arie. Dadurch wurde eine neue Natürlichkeit und Einfachheit erreicht, die hohlem Pathos und Sängermanierismen entgegenwirkte. Der Chor schaltete sich getreu dem antiken Vorbild aktiv in die Handlung ein. Die Ouvertüre bezieht sich auf die Handlung und steht nicht mehr als abgelöstes Instrumentalstück vor der Oper. Italienisches Arioso, französisches Ballett und Pantomime, englisches und deutsches Lied sowie Vaudeville wurden in die Oper integriert, nicht als nebeneinanderstehende Einzelstücke, sondern als neuer klassischer Stil. Glucks ästhetische Ideen wurden von seinem Schüler Antonio Salieri im späten 18. Jahrhundert zu einer neuen Blüte gebracht. Besonders bedeutend sind die Opern Les Danaïdes, Tarare und Axur, re d’Ormus.
Verschwinden der Kastratenpartien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weiterer Ausdruck der größeren Alltagsnähe der Opera buffa und der durch Christoph Willibald Gluck angeregten Neuerungen der Opernreform ist die in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzende Praxis auf hohe Kastratenpartien für Männerpartien zugunsten realistischerer Stimmlagen zu verzichten. Neben der bewussten Abgrenzung von der stark durch das Virtuosentum der Kastraten geprägten Opernkultur der Opera seria des Adels, spielten hierfür nicht zuletzt Kostengründe eine entscheidende Rolle. Da Impresarios mit der Opera buffa auf ein weniger zahlungskräftiges bürgerliches und sub-bürgerliches Publikum zielten, waren die horrenden Kosten für die Gage eines bekannten Kastraten kaum zu erwirtschaften. Die hieraus folgende Identifikation der Virtuosenkultur der Kastratenpartien mit der durch den Adel geprägten kostspieligen Tradition der Opera seria erklärt auch das Verschwinden der Kastraten aus dem Opernbetrieb nach dem Ende des Ancien Régime und dem hierdurch bedingten Aufstieg der durch die „natürlichere“ Stimmbesetzung der Opera buffa und Opera semiseria geprägten bürgerlichen Schichten zur auch in Sachen Oper führenden Gesellschaftsschicht des 19. Jahrhunderts.
19. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemeine Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts verschwinden zunehmend die durch den Generalbass begleiteten Rezitative zugunsten einer ausnotierten Orchesterfassung. Neben der bis dahin noch führenden italienischen Oper und den französischen Operntypen treten nach und nach andere nationale Opernformen auf, so zuerst in Deutschland. Die Französische Revolution und der Aufstieg Napoleons zeigten ihre Auswirkungen auf die Oper am deutlichsten bei Ludwig van Beethovens einziger Oper Fidelio bzw. Leonore (1805, 1806 und 1814). Dramaturgie und musikalische Sprache orientierten sich deutlich an Luigi Cherubinis Médée (1797). Die Handlung beruht auf einem „fait historique“ von Jean-Nicolas Bouilly, das 1798 von Pierre Gaveaux unter dem Titel Léonore, ou L’amour conjugal komponiert worden war; die Ideale der französischen Revolution bilden daher auch den Hintergrund von Beethovens Oper. Fidelio kann zum Typus der „Rettungsoper“ gezählt werden, in der die dramatische Errettung eines Menschen aus großer Gefahr der Gegenstand ist. Formal ist das Werk uneinheitlich: der erste Teil ist singspielhaft, der zweite mit dem groß angelegten Chorfinale erreicht symphonische Durchschlagskraft und nähert sich dem Oratorium. Nach der Zauberflöte und dem Fidelio brauchte die deutsche Produktion mehrere Anläufe, um schließlich in der Romantik eine eigene Opernsprache zu entwickeln. Eine der wichtigsten Vorstufen hierzu lieferten E. T. A. Hoffmann mit seiner romantischen Oper Undine und Louis Spohr mit seiner Vertonung des Faust (beide 1816).
Deutscher Sprachraum
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Carl Maria von Weber war es schließlich, der aus der Tradition des Singspiels mit viel dramatischem Farbenreichtum im Orchester die deutsche Oper in Gestalt des Freischütz im Jahr 1821 gebührend aufleben ließ. Sein wegen des schlechten Textbuches kaum gespieltes Werk Oberon (London 1826) maß dem Orchester so viel Bedeutung zu, dass sich später namhafte Komponisten wie Gustav Mahler, Claude Debussy und Igor Strawinsky auf ihn beriefen.
Weitere Komponisten der deutschen Romantik waren die als Opernkomponisten kaum bekannten Hochromantiker Franz Schubert (Fierrabras, komponiert 1823, UA 1897), dessen Freunde ihm keine kongeniale Textvorlage liefern konnten, und Robert Schumann, der mit der Vertonung des unter Romantikern beliebten Genoveva-Stoffs nur eine Oper (1850) vorlegte. Ferner zu nennen sind Heinrich Marschner, der mit seinen Opern um übernatürliche Ereignisse und Naturschilderungen (Hans Heiling, 1833) großen Einfluss auf Richard Wagner ausübte, Albert Lortzing mit seinen Spielopern (u. a. Zar und Zimmermann, 1837, sowie Der Wildschütz, 1842), Friedrich von Flotow mit seiner komischen Oper Martha (1847) und schließlich Otto Nicolai, der mit den Lustigen Weibern von Windsor (1849) etwas „italianità“ in die deutsche Oper trug.

Richard Wagner schließlich formte die Oper so grundlegend nach seinen Ideen um, dass die oben genannten deutschen Komponisten neben ihm schlagartig verblassten. Mit Rienzi (1842) erlebte der bis dahin eher glücklose Wagner seinen ersten Erfolg in Dresden; er wurde später von Der fliegende Holländer (1843) noch übertroffen. Wegen seiner Verwicklung in die Märzrevolution von 1848 in Dresden musste Wagner für viele Jahre ins Exil in die Schweiz. Sein späterer Schwiegervater Franz Liszt trug durch die Uraufführung des Lohengrin (1850) in Weimar dazu bei, dass Wagner trotzdem weiterhin in Deutschland präsent war. Mit der Unterstützung des jungen bayerischen Königs Ludwig II. konnte Wagner schließlich den lang gehegten Plan des Ring des Nibelungen verwirklichen, für den er eigens das Bayreuther Festspielhaus erbauen ließ, in dem bis heute nur seine Werke gespielt werden.

Die grundlegende Neuerung Wagners bestand in der vollständigen Auflösung der Nummernoper. Tendenzen zur durchkomponierten Oper zeigten sich schon in Webers Freischütz oder in Robert Schumanns selten gespielter Genoveva (1850). Konsequent vollendet wurde diese Entwicklung erst durch Wagner. Daneben behandelte er Singstimmen und Orchesterpart grundsätzlich gleichberechtigt. Das Orchester begleitet also nicht mehr den Sänger, sondern tritt als „mystischer Abgrund“ in vielfältige Beziehung zum Gesungenen. Die Länge von Wagners Opern verlangt Sängern und Zuhörern viel Konzentration und Ausdauer ab. Die Themen seiner – mit Ausnahme einiger Frühwerke sowie der Meistersinger – durchweg ernsten Opern, deren Libretti er sämtlich selbst verfasste, sind häufig Erlösung durch Liebe, Entsagung oder Tod.
In Tristan und Isolde (1865) verlegte Wagner das Drama weitgehend in den psychischen Innenraum der Hauptfiguren, den er dann mit seiner Musik ausleuchten konnte – die äußere Handlung der Oper ist dagegen ungewöhnlich ereignisarm. Der Gestaltung dieses „ozeanischen“ Innenraums diente auch die Harmonik, die mit dem „Tristan-Akkord“ die bis dahin gültigen harmonischen Regeln in den Hintergrund rückte und damit in die Musikgeschichte einging. Musikalisch zeichnen sich Wagners Opern sowohl durch seine geniale Behandlung des Orchestersatzes, die auch auf die symphonische Musik der Zeit bis hin zu Gustav Mahler starken Einfluss ausübte, aus, als auch durch den Einsatz wiederkehrender Motive, der sogenannten Leitmotive, die sich mit Figuren, Situationen, einzelnen Begriffen oder auch mit bestimmten Ideengehalten verbinden. Mit dem Ring des Nibelungen (komponiert 1853–1876), dem wohl bekanntesten Opernzyklus in vier Teilen (daher auch schlicht „die Tetralogie“ genannt) mit etwa 16 Stunden Aufführungszeit insgesamt, schuf Wagner eine monumentale musikdramatische Verwirklichung seiner in der Schrift Oper und Drama (1852) entwickelten Reform der überkommenen Oper. Das Bühnenweihfestspiel Parsifal war die letzte seiner Opern, die die Musikwelt in zwei Lager spalteten und sowohl Nachahmer (Engelbert Humperdinck, Richard Strauss vor seiner Salome) als auch Skeptiker – insbesondere in Frankreich – hervorriefen.
Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Frankreich herrschte zunächst die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte Form der Opéra-comique vor. Daniel-François-Esprit Auber gelang mit seiner Oper La muette de Portici (1828) deren Titelheldin von einer stumm bleibenden Ballerina dargestellt wurde, der Anschluss an die Grand opéra („große Oper“). Der Dramatiker Eugène Scribe wurde zu deren maßgeblichem Librettisten. In der Grand opéra traten neben den Verwicklungen der operntypischen Liebesgeschichte vor allem historisch-politische Motive in den Vordergrund, wie es deutlich in Rossinis letzter Oper Guillaume Tell (1829) vorgeprägt ist. Der erfolgreichste Vertreter der Grand Opéra war Giacomo Meyerbeer, mit seinen Werken Robert le diable (1831), Les Huguenots (1836) und Le prophète (1849), die jahrzehntelang und noch bis ins beginnende 20. Jahrhundert hinein, im internationalen Repertoire gespielt wurden. Andere bedeutende Beispiele sind La Juive („Die Jüdin“, 1835) von Halévy, Donizettis Dom Sébastien (1843), oder Verdis Don Carlos (1867).
Etwa ab 1850 vermischten sich Opéra comique und Grand opéra zu einer neuen Opernform ohne Dialoge. Georges Bizet schrieb 1875 sein bekanntestes Bühnenwerk Carmen noch als Opéra comique, deren Rezitative erst postum von Ernest Guiraud hinzugefügt wurden. Wenn die „realistische“ Handlung und der Ton des Werks nicht zu einer Grand opéra passen, so steht wiederum das tragische Ende, das bei der Uraufführung zunächst für einen Misserfolg sorgte, im Widerspruch zur Opéra comique. Weitere Beispiele für die Vermischung von Opéra comique und Grand opéra sind Charles Gounods Faust (1859) – hier wird zum ersten Mal der Begriff Drame lyrique verwendet – und Jacques Offenbachs Les contes d’Hoffmann (Hoffmanns Erzählungen, 1871–1880).
Russland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schließlich trat auch Russland mit seinen ersten Nationalopern auf den Plan, genährt durch den Import anderer Erfolge aus dem Westen. Michail Glinka komponierte 1836 die Oper Жизнь за царя (Schisn sa zarja, deutsch: Ein Leben für den Zaren, in der Sowjetunion zu Iwan Sussanin umbenannt). Das Werk hat ein russisches Sujet, ist aber musikalisch noch stark in westlichen Einflüssen verhaftet. Seine bekannteste Oper Ruslan und Ljudmila übte großen Einfluss auf die folgenden Generationen russischer Komponisten aus. Modest Mussorgski löste sich mit Boris Godunow (1874) nach einem Drama von Alexander Puschkin endgültig von westlichen Einflüssen. Auch Borodins Fürst Igor (1890) führte Glinkas Erbe weiter. Pjotr Tschaikowski stand zwischen den russischen Traditionen und denen der westlichen Welt und entwarf mit Eugen Onegin (1879) und Pique Dame (1890) Liebesdramen mit bürgerlichem Personal, die beide ebenfalls auf einer Vorlage von Puschkin beruhen.
Böhmen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Böhmen waren Bedřich Smetana und Antonín Dvořák die meistgespielten Komponisten der Prager Nationaloper, die mit Smetanas Libuše (1881) im neuen Nationaltheater in Prag ihren Anfang nahm. Die verkaufte Braut (1866) desselben Komponisten wurde zum Exportschlager. Dvořaks Oper Rusalka (1901) verknüpfte volkstümliche Sagen und deutsche Märchenquellen zu einer lyrischen Märchenoper. Bohuslav Martinů und Leoš Janáček führten ihre Bestrebungen weiter. Letztgenannter Komponist ist in seiner Modernität in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckt worden und hat vermehrt die Spielpläne erobert. Während Das schlaue Füchslein (1924) noch immer meist in der deutschen Übersetzung von Max Brod gegeben wird, werden andere Werke wie Jenůfa (1904), Káťa Kabanová (1921) oder Věc Makropulos (1926) immer häufiger in der tschechischsprachigen Originalversion aufgeführt; das ist insofern wichtig, da Janáčeks Tonsprache sich eng an die Phonetik und Prosodie seiner Muttersprache anlehnt.
Italien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Italien verfiel ab dem Jahr 1813, in dem seine Opern Tancredi und L’italiana in Algeri aufgeführt wurden, dem jungen und überaus produktiven Belcanto-Komponisten Gioachino Rossini. Il barbiere di Siviglia (1816), La gazza ladra (dt. Die diebische Elster) und La Cenerentola (beide 1817) nach dem Aschenputtel-Märchen von Charles Perrault sind bis heute im Standardrepertoire der Opernhäuser zu finden. Federnder Rhythmus und eine geistreich-brillante Orchestrierung sowie eine virtuose Behandlung der Singstimme ließen Rossini zu einem der beliebtesten und verehrtesten Komponisten Europas werden. Die bis dato noch üblichen improvisierten Verzierungen der Sänger schrieb Rossini dezidiert in seine Partien hinein und unterband damit ausufernde Improvisationen. Eine neue formale Idee verwirklichte er mit seiner scena ed aria, die den starren Wechsel von Rezitativ und Arie auflockerte und doch das Prinzip der Nummernoper aufrechterhielt. Daneben hat Rossini auch eine ganze Reihe von Opere serie geschrieben (z. B. seinen Otello, 1816, oder Semiramide, 1823). 1824 ging er nach Paris und schrieb wichtige Werke für die Opéra. Eine politische Grand opéra verfasste er über Wilhelm Tell (Guillaume Tell, 1829), die in Österreich verboten und an verschiedenen europäischen Orten in entschärfter Fassung mit anderen Haupthelden aufgeführt wurde.
Rossinis jüngere Zeitgenossen und Nachfolger kopierten zunächst seinen koloraturenreichen Stil, bis vor allem Vincenzo Bellini und Gaetano Donizetti es schafften, sich mit einem eigenen, etwas schlichteren, ausdrucksvollen und romantischeren Stil von dem übermächtigen Vorbild zu emanzipieren. Bellini war berühmt für die ausdrucksvolle und ausgefeilte Deklamation seiner Rezitative und die „unendlich“ langen und ausdrucksvollen Melodien seiner Opern, wie Il pirata (1827), I Capuleti e i Montecchi (1830), I puritani (1835), La sonnambula (1831), und vor allem Norma (1831). Die Titelpartie dieser Oper mit der berühmten Arie „Casta diva“ schrieb Bellini, genau wie die Amina in La sonnambula, der großen Sängerin Giuditta Pasta auf den Leib. Die Norma ist so anspruchsvoll, dass sie nur von ganz wenigen großen Sängerinnen gesungen und interpretiert werden kann, sie wurde durch die historische Interpretation von Maria Callas wieder der Vergessenheit entrissen.
Der wenige Jahre ältere Donizetti war ein ungemein fleißiger Komponist, der neben Bellini und vor allem nach dessen frühzeitigem Tode (1835) zum erfolgreichsten italienischen Opernkomponisten aufstieg. Seinen ersten großen Durchbruch hatte er mit Anna Bolena (1830), deren Titelpartie ebenfalls von der Pasta kreiert und von der Callas wiederentdeckt wurde. Dagegen ist Lucia di Lammermoor (1835) mit der berühmten koloraturreichen Wahnsinnsszene nie ganz aus dem Repertoire verschwunden und hält sich neben den heiteren Opern L’elisir d’amore (1832), Don Pasquale (1843), und La fille du régiment (1840) konsequent auf den Spielplänen der Opernhäuser.

Die weit gespannten Melodiebögen Bellinis machten starken Eindruck auf den jungen Giuseppe Verdi. Seit seiner dritten Oper Nabucco galt er als Nationalkomponist für das immer noch von den Habsburgern beherrschte Italien. Sein Chor „Va, pensiero, sull’ ali dorate“ (1842) entwickelte sich rasch zur heimlichen Nationalhymne des besetzten und zerteilten Landes. Musikalisch zeichnet Verdis Musik eine betonte Rhythmik aus, über der sich einfache, oft extrem ausdrucksstarke Melodien entwickeln. In seinen Opern, bei denen Verdi mit untrüglichem Theaterinstinkt auch oft selbst am Textbuch mitwirkte, nehmen Chorszenen zunächst eine wichtige Stellung ein. Verdi verließ zunehmend die traditionelle Nummernoper; ständige emotionale Spannung verlangte nach einer abwechslungsreichen Durchmischung der einzelnen Szenen und Arien. Mit Macbeth wandte sich Verdi endgültig von der Nummernoper ab und ging seinen Weg der intimen Charakterschilderung von Individuen weiter. Mit La traviata (1853, nach dem 1848 erschienenen Roman Die Kameliendame von Alexandre Dumas d. J., der um die authentische Figur der Kurtisane Marie Duplessis kreist) brachte er erstmals einen Gegenwartsstoff auf die Opernbühne, wurde von der Zensur jedoch gezwungen, die Handlung aus der Jetztzeit zu verlegen. Verdi vertonte häufig literarische Vorlagen, etwa von Friedrich Schiller (z. B. Luisa Miller nach Kabale und Liebe oder I masnadieri nach Die Räuber), Shakespeare oder Victor Hugo (Rigoletto). Mit seinen für Paris geschriebenen Beiträgen zur Grand Opéra (z. B. Don Carlos, 1867) erneuerte er auch diese Form und nahm mit dem späten Otello Elemente von Richard Wagners Musikdrama auf, bis er mit der überraschenden Komödie Falstaff (1893; Dichtung in beiden Fällen von Arrigo Boito) im Alter von 80 Jahren seine letzte von fast 30 Opern komponierte. Als seine populärsten Opern gelten La traviata (1853) und Aida (1871).
Jahrhundertwende
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Abtreten Verdis eroberten die jungen Veristen (ital. vero = wahr) in Italien die Szene. Ungeschönter Naturalismus war eines ihrer höchsten ästhetischen Ideale – dementsprechend wurde von säuberlich verfassten Versen Abstand genommen. Pietro Mascagni (Cavalleria rusticana, 1890) und Ruggero Leoncavallo (Pagliacci, 1892) waren die typischsten Komponisten aus dieser Zeit. Giacomo Puccini wuchs hingegen an Ruhm weit über sie hinaus und ist bis heute einer der meistgespielten Opernkomponisten überhaupt. La Bohème (1896), ein Sittengemälde aus dem Paris der Jahrhundertwende, der „Politkrimi“ Tosca (1900, nach dem gleichnamigen Drama von Victorien Sardou) und die fernöstliche Madama Butterfly (1904), mit der unvollendeten Turandot (Uraufführung posthum 1926) noch um ein weiteres an Exotismus gesteigert, sind vor allem wegen ihrer Melodien zu Schlagern geworden. Puccini war ein eminenter Theatraliker und wusste genau für die Stimme zu schreiben; die Instrumentierung seiner meist für großes Orchester gesetzten Partituren ist sehr differenziert und meisterhaft.[4] Zurzeit wird der damals sehr populäre italienisch-deutsche Komponist Alberto Franchetti, trotz dreier Welterfolge (Asrael, Christoforo Colombo und Germania) zwischendurch fast vergessen, zaghaft wiederentdeckt. Einem anderen musikdramatischen Ideal verpflichtet als die Veristen war der gleichzeitig tätige Alfredo Catalani, dessen beim Publikum sehr beliebten Werke auch mit fantastischen Elementen durchsetzt sind. Seine letzte und heute bekannteste Oper, La Wally nach dem Roman Die Geier-Wally von Wilhelmine von Hillern, wurde am 20. Januar 1892 im Teatro alla Scala in Mailand uraufgeführt.
Frühes 20. Jahrhundert
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Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Claude Debussy gelang es schließlich, sich vom Einfluss des Deutschen zu befreien, und schuf mit Pelléas et Mélisande 1902 eines der nuanciertesten Beispiele für die von Wagner übernommene Leitmotivtechnik. Maurice Maeterlincks Textvorlage bot viel an mehrdeutigen Symbolismen an, die Debussy in die Orchestersprache übernahm. Die Gesangspartien wurden fast durchweg rezitativisch gestaltet und boten der „unendlichen Melodie“ Wagners mit dem „unendlichen Rezitativ“ ein Gegenbeispiel. Eine der raren Ausnahmen, die dem Hörer eine gesangliche Linie darbieten, ist das schlichte Lied der Mélisande, das wegen seiner Kürze und Schmucklosigkeit kaum als echte Arie angesehen werden kann.
Wiener Schule
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach Richard Strauss, der mit Salome und Elektra zunächst zum spätromantischen Expressionisten wurde, sich dann allerdings mit Der Rosenkavalier wieder früheren Kompositionsstilen zuwendete und mit einer Reihe von Werken bis heute viel gespielt wird (z. B. Ariadne auf Naxos, Arabella, Die Frau ohne Schatten und Die schweigsame Frau), schafften es nur noch wenige Komponisten, einen festen Platz im Repertoire der Opernhäuser zu finden. Stattdessen wurden (und werden) eher die Werke der Vergangenheit gepflegt. Die Aufnahme eines zeitgenössischen Werkes in das Standardrepertoire bleibt die Ausnahme.
Alban Berg gelang dies dennoch mit seinen Opern Wozzeck, der freitonal angelegt wurde, und Lulu, die sich ganz der Zwölftonmusik bedient. Die zuerst Fragment gebliebene Lulu wurde von Friedrich Cerha für die Pariser Aufführung unter Pierre Boulez und Patrice Chéreau in ihrer dreiaktigen Gestalt vollendet. Von beiden Opern hat insbesondere Wozzeck, bei dem Gehalt des Stücks und musikalische Vision zu einer Einheit finden, inzwischen weltweit in unzähligen Inszenierungen an großen wie kleineren Bühnen Eingang in das vertraute Opernrepertoire gefunden und eine unbestrittene Stellung erobert. Durchaus ähnlich verhält es sich mit Lulu, die jedoch wegen ihres im Werk angelegten Aufwands oft nur von größeren Bühnen bewältigt werden kann. Sie inspiriert allerdings regelmäßig wichtige Interpretinnen wie Anja Silja, Evelyn Lear, Teresa Stratas oder Julia Migenes.

Von Arnold Schönberg werden regelmäßig das Monodram Erwartung – die erste Oper für eine einzige Sängerin – sowie das vom Komponisten bewusst unvollendet hinterlassene, höchste Ansprüche an den Chor stellende Werk Moses und Aron aufgeführt. Erwartung, bereits 1909 entstanden, doch erst 1924 in Prag mit Marie Gutheil-Schoder unter der Leitung von Alexander von Zemlinsky uraufgeführt, bewies in den dem Zweiten Weltkrieg folgenden Jahren eine spezifische Faszination gleichermaßen für Sängerinnen (besonders Anja Silja und Jessye Norman) wie für Regisseure (z. B. Klaus Michael Grüber mit Silja 1974 in Frankfurt; Robert Wilson mit Norman 1995 bei den Salzburger Festspielen). 1930 begann Schönberg die Arbeit an Moses und Aron, die er 1937 abbrach; nach der szenischen Uraufführung in Zürich 1957 hat diese Oper international zumal seit den 1970er Jahren in zahlreichen Aufführungen ihre besondere Bühnentauglichkeit bewiesen. Interessant ist ferner, dass Moses sich über die gesamte Oper hinweg eines Sprechgesangs bedient, dessen Tonhöhe vorgezeichnet ist, Aron dagegen singt.
Weitere Entwicklungen im Deutschen Sprachraum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ansonsten hinterließ die Wiener Schule keine weiteren Spuren im Standardrepertoire. Musikalisch musste sich allerdings jeder moderne Komponist mit der Zwölftonmusik auseinandersetzen und entscheiden, ob er auf ihrer Grundlage weiter arbeitete oder eher in tonalen Bahnen dachte.
Hans Pfitzner gehörte zu den bedeutendsten Komponisten der ersten Jahrhunderthälfte, die bewusst an den tonalen Traditionen festhielten. Sein Opernschaffen zeigt gleichermaßen Einflüsse Richard Wagners und frühromantischer Komponisten, wie Weber und Marschner. Pfitzners Musik wird zum großen Teil von linear-polyfonem Denken bestimmt, die Harmonik bewegt sich zwischen schlichter Diatonik und bis an die Grenzen der Tonalität gehender Chromatik. Von Pfitzners Opern ist die 1917 uraufgeführte Musikalische Legende Palestrina am bekanntesten geworden. Er schrieb außerdem: Der arme Heinrich, Die Rose vom Liebesgarten, Das Christ-Elflein und Das Herz.

Inszenierung: David Bösch, Opéra de Lyon 2015

Inszenierung: Johannes Erath, Oper Graz 2015
Franz Schreker schuf 1912 mit Der ferne Klang einen der großen Opernerfolge vor dem Zweiten Weltkrieg, geriet jedoch später in Vergessenheit, als der Nationalsozialismus seine Werke aus den Spielplänen verdrängte. Nach vielen früheren Versuchen begann erst in den 1980er Jahren die wirklich tief greifende Wiederentdeckung dieses Komponisten, die neben Neuinszenierungen von Der ferne Klang (Teatro La Fenice 1984, Wiener Staatsoper 1991) auch Aufführungen von Die Gezeichneten, Der Schatzgräber oder Irrelohe zeitigte. Eine wesentliche Rolle in Schrekers Musik spielen stark ausdifferenzierte Klangfarben. Die chromatische Harmonik Wagners erfährt bei Schreker eine nochmalige Intensivierung, die nicht selten die tonalen Bindungen bis zur Unkenntlichkeit verwischt.
Ähnlich wie Schreker erging es dem Wiener Alexander von Zemlinsky und dem Brünner Erich Wolfgang Korngold, deren Werke es nach 1945 ebenfalls schwer hatte. Seit den 1980er Jahren gelang es beiden Komponisten, wieder einen Platz im internationalen Repertoire zu erlangen, Zemlinsky mit Kleider machen Leute, besonders aber Eine florentinische Tragödie, Der Zwerg und Der König Kandaules, Korngold mit Die tote Stadt.
Auch das Schaffen von Walter Braunfels wurde von den Nationalsozialisten verboten und erfährt erst seit Ende des 20. Jahrhunderts wieder verstärkte Aufmerksamkeit. Mit seiner Oper Die Vögel war Braunfels in den 1920er Jahren einer der meistgespielten Komponisten auf deutschen Opernbühnen. An seinen Werken fällt ihre stilistische Vielseitigkeit auf: Bietet Prinzessin Brambilla einen auf die Commedia dell’arte zurückgreifenden Gegenentwurf zum Musikdrama der Wagnernachfolge, zeigen Die Vögel den Einfluss Pfitzners. Mit den späteren Opern Verkündigung, Der Traum ein Leben und Jeanne d’Arc – Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna nähert Braunfels sich der Tonsprache des späteren Hindemith an.
Zu den in den 1920ern erfolgreichsten Komponisten der jungen Generation zählte Ernst Krenek, ein Schüler Schrekers, der zunächst mit in freier Atonalität gehaltenen, expressionistischen Werken für Aufsehen sorgte. Ein Skandalerfolg wurde 1927 seine Oper Jonny spielt auf, die Elemente des Jazz aufgreift. Sie ist ein typisches Beispiel für die damals entstandene Gattung der „Zeitoper“, die ihre Handlungen dem stark vom Wechsel unterschiedlicher Moden bestimmten Alltag der damaligen Zeit entnahm. Kreneks Musik wurde von den Nationalsozialisten später als „entartet“ abgelehnt und verboten. Der Komponist emigrierte in die USA und brachte es bis 1973 auf über 20 Opern, in denen sich die wechselvolle Entwicklung der Musik des 20. Jahrhunderts exemplarisch widerspiegelt.
Zweiter Weltkrieg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Zweite Weltkrieg bezeichnete einen großen Einschnitt in der Geschichte Europas und Amerikas, der sich auch auf die musikalische Welt auswirkte. In Deutschland wurden kaum noch Opern mit modernen Klängen gespielt und gerieten immer mehr ins Abseits. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür bildet Paul Hindemith, der in den 1920ern mit Werken wie der Oper Cardillac als musikalischer „Bürgerschreck“ galt, nach 1930 aber schließlich zu einem gemäßigt modernen Stil neoklassizistischer Prägung gefunden hatte, dem u. a. Mathis der Maler (aus Teilen dieser Oper stellte der Komponist eine viel gespielte Sinfonie zusammen) zuzurechnen ist. Trotz des Stilwandels bekam Hindemith die Ablehnung deutlich zu spüren, da Adolf Hitler persönlichen Anstoß an seiner 1929 vollendeten Oper Neues vom Tage genommen hatte. Schließlich wurden auch Hindemiths Werke mit dem Etikett „entartet“ versehen und ihre Aufführung verboten. Hindemith ging, wie andere Künstler und Komponisten vor und nach ihm, 1938 ins Exil.
Zeit nach 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemeine Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Zeit nach 1945 ist durch eine deutliche Internationalisierung und Individualisierung des Opernbetriebes gekennzeichnet, welche die bis dahin übliche Unterteilung in nationale Traditionen kaum mehr sinnvoll erscheinen lässt.
Die Oper wurde immer stärker von individuellen Einflüssen der Komponisten abhängig als von allgemeinen Strömungen. Die ständige Präsenz der „Klassiker“ des Opernrepertoires ließ die Ansprüche an moderne Opern steigen, und jeder Komponist musste seinen eigenen Weg finden, um mit der Vergangenheit umzugehen, sie fortzuführen, zu verfremden oder mit ihr zu brechen. Im Folgenden entstanden immer wieder Opern, die die Grenzen der Gattung sprengten und zu überwinden trachteten. Auf musikalischer wie textlicher Ebene verließen die Komponisten zunehmend bekanntes Terrain und bezogen die Bühne und die szenische Aktion in den – oft genug abstrakten – musikalischen Ablauf mit ein. Kennzeichen für die Erweiterung der visuellen Mittel im 20. Jahrhundert sind die zunächst handlungsbegleitenden, später selbstständigeren Videoprojektionen.

In der zunehmenden Individualisierung der Musiksprache lassen sich in der Oper der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dennoch Strömungen erkennen: zum einen die Literaturopern, deren Dramaturgie sich zu großen Teilen an der Tradition ausrichtet. Dazu werden aber mehr und mehr aktuelle Stoffe und Libretti verwendet. Dennoch sind zwei wegweisende Werke dieser Zeit ausgerechnet Opern, die Klassiker der Literatur als Grundlage verwenden, nämlich Bernd Alois Zimmermanns Oper Die Soldaten nach Jakob Michael Reinhold Lenz und Aribert Reimanns Lear nach William Shakespeare. Weitere Beispiele für die Literaturoper wären Reimanns Das Schloss (nach Kafka) und Bernarda Albas Haus (nach Lorca). Zunehmend werden auch politische Stoffe vertont, beginnend mit Luigi Nono und Hans Werner Henze; ein jüngeres Beispiel ist Gerhard Rosenfelds Oper Kniefall in Warschau über Willy Brandt, deren Uraufführung 1997 in Dortmund allerdings bei Publikum wie Presse gleichermaßen wenig Wirkung zeigte und keine Folgeproduktionen zeitigte.
Können schon Luigi Nonos Werke aufgrund ihrer experimentellen Musiksprache nicht mehr als Literaturoper kategorisiert werden, so wird auch die Dramaturgie der Opernvorlage auf ihre experimentellen Möglichkeiten hin ausgelotet. Der Begriff Oper erfährt daher eine Wandlung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, viele Komponisten ersetzen ihn durch Musiktheater oder musikalische Szenen und verwenden den Begriff Oper nur für explizit mit der Tradition verbundene Werke. In den Werken experimenteller Komponisten ist nicht nur ein kreativer Umgang mit Text und Dramaturgie zu entdecken, auch die Bühne, die Orchesterbesetzung und nicht zuletzt die Musik selbst überwindet konservative Muster, das Genre ist hier nicht mehr klar eingrenzbar. Zudem werden neue Medien wie Video, Elektronik eingesetzt, aber auch das Schauspiel, Tanz und Performance halten Einzug in die Oper.
Eine ganz eigene Stimme im zeitgenössischen Musiktheater verkörpert ein anderer italienischer Komponist: Salvatore Sciarrino. Er schafft mit seinem Interesse an Klangfarben oder auch der Stille in der Musik, z. T. im Rückgriff auf Kompositionstechniken der Renaissance (z. B. in seiner Oper Luci mie traditrici von 1998 über das Leben des Madrigal-Komponisten Carlo Gesualdo) unverwechselbare Werke.
Benjamin Britten ließ das moderne England auf den internationalen Opernbühnen Einzug halten. Von seinen überwiegend tonalen Opern sind A Midsummer Night’s Dream, basierend auf dem Schauspiel William Shakespeares, Albert Herring, Billy Budd und Peter Grimes am bekanntesten. Immer wieder zeigte sich Brittens Vorliebe und Talent zur Klangmalerei insbesondere in der Darstellung des Meeres.
Die Dialogues des Carmélites (Gespräche der Karmelitinnen, Uraufführung 1957) von Francis Poulenc gelten als eines der bedeutendsten Werke des modernen Musiktheaters. Grundlage bildet der historische Stoff der Märtyrinnen von Compiègne, die 1794 unter den Augen des Revolutionstribunals singend zum Schafott schritten, nachdem sie sich geweigert hatten, ihre Ordensgelübde zu brechen. Auf Poulenc geht auch die zweite bekannt gewordene Oper für eine einzige Sängerin zurück: In La voix humaine zerbricht die schlicht als „Frau“ bezeichnete Person an der Untreue ihres Geliebten, der ihr per Telefon den Laufpass gibt. Luciano Berio verwendete in Passaggio zu der weiblichen Hauptfigur „Sie“ auch einen kommentierenden Chor.
Der Komponist Philip Glass, der Minimal Music verhaftet, verwendete für Einstein on the Beach keine zusammenhängenden Sätze mehr, sondern Zahlen, Solfège-Silben, Nonsens-Worte. Entscheidend war die Darstellung der Geschehnisse auf der Bühne. 1976 entstand Einstein on the Beach, der erste Teil einer Trilogie, in der auch Satyagraha und Akhnaten vertreten sind – Hommagen an Persönlichkeiten, die die Weltgeschichte veränderten: Albert Einstein, Mahatma Gandhi und den ägyptischen Pharao Echnaton. Glass’ Arbeiten haben besonders in Verbindung mit den als kongenial empfundenen Inszenierungen von Robert Wilson oder Achim Freyer große Publikumswirksamkeit bewiesen.
Mauricio Kagels Bühnenwerke sind ebenso oft Werke über Musik oder Theater an sich, die am ehesten als „Szenisch-musikalische Aktion“ zu klassifizieren ist – die Musik ist kaum festgelegt, da Kagel sich der freien Improvisation seiner Interpreten überlässt, die auf Nicht-Instrumenten (Reißverschlüssen, Babyflaschen etc.) spielen oder sie ungewöhnlich benutzen, bedeutungslose Silben singen oder Handlung und/oder Musik per Zufall oder durch improvisierte Lesart entstehen lassen. Mit Witz übte Kagel dabei hintersinnige Kritik an Staat und Theater, Militär, Kunstbetrieb usw. Skandale erregte sein berühmtestes Werk Staatstheater, in dem die verborgenen Mechanismen desselben an die Oberfläche gekehrt werden.
Luigi Nono verwendete seine Musik dagegen, um politische und soziale Missstände anzuklagen. Besonders deutlich wird dies in Intolleranza 1960, wo ein Mann auf einer Reise zu seiner Heimat Demonstrationen, Proteste, Folterungen, Konzentrationslager, Gefängnishaft und Missbrauch bis hin zu einer Überschwemmung erlebt und schließlich feststellt, dass seine Heimat dort ist, wo er gebraucht wird.
Ein sehr produktiver Komponist war der 2003 mit dem Premium Imperiale der Japan Art Foundation (sog. Nobelpreis der Kunst) ausgezeichnete Hans Werner Henze. Er stand von Anfang an im Konflikt mit den teilweise dogmatisch ausgerichteten herrschenden Strömungen der zeitgenössischen Musik in Deutschland (Stichwort Darmstadt bzw. Donaueschingen, s. o.), griff serielle Techniken auf, wandte jedoch auch ganz andere Kompositionstechniken bis hin zur Aleatorik an. Am Beginn seines Opernschaffens stand seine Zusammenarbeit mit der Dichterin Ingeborg Bachmann (Der junge Lord, 1952, und die Kleist-Adaption Der Prinz von Homburg, 1961). Die Elegie für junge Liebende (1961) entstand mit W. H. Auden und Chester Kallman, den Librettisten von Strawinskys Oper The Rake’s Progress. Später vertonte er Libretti von Edward Bond (The Bassarides, 1966, und The English Cat, 1980). Sein Werk L’Upupa und der Triumph der Sohnesliebe wurde 2003 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Henze, der seit vielen Jahrzehnten in Italien lebte, hat viele jüngere Komponisten nachhaltig gefördert und beeinflusst. Seit 1988 gibt es in München die von ihm gegründete Biennale für Neues Musiktheater.

Karlheinz Stockhausen vollendete 2005 seine 1978 begonnene Heptalogie LICHT. Mit seinem Hauptwerk hinterließ er ein religiöse Themen behandelndes, monumentales Opus, bestehend aus sieben Opern, die jeweils für einen Wochentag stehen. Die ersten Opern erlebten in Mailand ihre Uraufführung (Donnerstag, Samstag, Montag), in Leipzig wurden Dienstag und Freitag zum ersten Mal gespielt. In seiner Gesamtheit wurde das insgesamt 29 Stunden Musik umfassende komplexe Werk nicht zuletzt wegen der immensen organisatorischen Schwierigkeiten noch nicht aufgeführt.
Aufmerksamkeit erregte in Deutschland 1996 die Oper Das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Helmut Lachenmann. Sie basiert auf der bekannten Weihnachtsgeschichte von Hans Christian Andersen. Auf eigenwillige Weise und mit teilweise neuartigen Instrumentaltechniken setzt Lachenmann hier das Gefühl der Kälte in Klang um.
Nach der Statistik von Operabase sind die fünf meistaufgeführten lebenden Opernkomponisten in den fünf Spielzeiten von 2013/14 bis 2017/18 die Amerikaner Philip Glass, Jake Heggie, der Engländer Jonathan Dove, der Niederländer Leonard Evers, und der Engländer Thomas Adès. Als meistaufgeführte deutsche Komponisten nennt Operabase Peter Lund an 8., Marius Felix Lange an 11., Wolfgang Rihm an 14., Ludger Vollmer an 17., und Aribert Reimann an 23. Stelle.[5]
Seit Humperdincks Märchenoper Hänsel und Gretel haben Opernkomponisten immer wieder Kinderopern geschrieben, wie z. B. Henze (Pollicino, 1980), Oliver Knussen (Wo die wilden Kerle wohnen, 1980 und 1984) und Wilfried Hiller (Tranquilla Trampeltreu, Norbert Nackendick, Der Rattenfänger, Eduard auf dem Seil, Wolkenstein und Der Goggolori).
Weitere bedeutende Opernkomponisten des 20. und 21. Jahrhunderts
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Maurice Ravel (1875–1937)
- Ottorino Respighi (1879–1936)
- Karol Szymanowski (1882–1937)
- Igor Strawinsky (1882–1971)
- Othmar Schoeck (1886–1957)
- Sergei Prokofjew (1891–1953)
- Carl Orff (1895–1982)
- Jaromír Weinberger (1896–1967)
- Erich Wolfgang Korngold (1897–1957)
- Viktor Ullmann (1898–1944)
- Kurt Weill (1900–1950)
- Ernst Krenek (1900–1991)
- Werner Egk (1901–1983)
- Boris Blacher (1903–1975)
- Luigi Dallapiccola (1904–1975)
- Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
- Wolfgang Fortner (1907–1987)
- Günter Bialas (1907–1995)
- Rolf Liebermann (1910–1999)
- Nino Rota (1911–1979)
- Gian Carlo Menotti (1911–2007)
- Leonard Bernstein (1918–1990)
- Mieczysław Weinberg (1919–1996)
- Bruno Maderna (1920–1973)
- Astor Piazzolla (1921–1992)
- Luciano Berio (1925–2003)
- Giselher Klebe (1925–2009)
- Friedrich Cerha (1926–2023)
- Carlisle Floyd (1926–2021)
- Krzysztof Penderecki (1933–2020)
- Alfred Schnittke (1934–1998)
- Harrison Birtwistle (1934–2022)
- Peter Maxwell Davies (1934–2016)
- Siegfried Matthus (1934–2021)
- Hans Zender (1936–2019)
- Franz Hummel (1939–2022)
- Udo Zimmermann (1943–2021)
- Péter Eötvös (1944–2024)
- John Adams (* 1947)
- Salvatore Sciarrino (* 1947)
- Peter Ruzicka (* 1948)
- Kalevi Aho (* 1949)
- Manfred Trojahn (* 1949)
- Tom Waits (* 1949)
- Fabio Vacchi (* 1949)
- Wolfgang Rihm (1952–2024)
- Hans-Jürgen von Bose (* 1953)
- Adriana Hölszky (* 1953)
- Pascal Dusapin (* 1955)
- Herbert Lauermann (* 1955)
- Detlev Müller-Siemens (* 1957)
- Detlev Glanert (* 1960)
- Unsuk Chin (* 1961)
- Wolfram Wagner (* 1962)
- Moritz Eggert (* 1965)
- Olga Neuwirth (* 1968)
- Matthias Pintscher (* 1971)
- Gordon Kampe (* 1976)
- Iain Bell (* 1980)
Form
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Opern sind von einer Formenvielfalt geprägt, die durch konventionelle Kompositionsstile ebenso wie durch individuelle Lösungen der Komponisten bestimmt wird. Deshalb gibt es keine allgemeingültige Formel für ihre Struktur. Grob gesehen, kann man jedoch eine Entwicklung von der Nummernoper über viele verschiedene Mischformen bis hin zur durchkomponierten Oper gegen 1900 feststellen.
Nummernoper
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von der Barockzeit bis in die Romantik hinein ist die Oper eine Aneinanderreihung in sich geschlossener Musikstücke („Nummern“), die durch Rezitative oder (im Singspiel) gesprochene Dialoge miteinander verbunden werden und eine durchgängige Handlung darstellen. Wie auch das Schauspiel kann eine Oper in Akte, in Bilder, Szenen bzw. Auftritte gegliedert sein. Die musikalischen Bestandteile der Oper sind vielfältig:
Instrumentalmusik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ein eigenständiges Musikstück ist die Ouvertüre, ital. oft Sinfonia, die eine Oper oder einen Akt eröffnet. Seit dem 19. Jahrhundert wird zunehmend thematisches Material aus der Oper zitiert, oder die Ouvertüre schildert wesentliche Züge der Handlung, was auch „Programmouvertüre“ genannt wird (z. B. Der Freischütz, 1821, von Carl Maria von Weber). Klassische und romantische Ouvertüren werden auch separat von der Oper als Konzertstücke eingesetzt. Deshalb liegen für eine Ouvertüre manchmal zwei Schlüsse vor: einer, der in die Oper überleitet, und ein sogenannter Konzertschluss.
- Die Introduktion oder das Vorspiel ist meist kürzer als eine Ouvertüre und geht oft direkt in die erste Szene über (z. B. Der Rosenkavalier, 1911, von Richard Strauss).
- Ein Entracte oder Zwischenspiel des Orchesters verbindet Akte, Bilder oder Szenen. Solche Passagen werden häufig für Verwandlungen auf der Bühne genutzt. In manchen Fällen werden Zwischenspiele getrennt vom Bühnenstück, aus dem sie stammen, als Konzertstücke aufgeführt (L’Arlésienne, 1872, oder auch die Zwischenspiele aus Carmen, 1875, von Georges Bizet, Four Sea Interludes aus Benjamin Brittens Peter Grimes, 1945).
- Vor allem die französische Oper enthält traditionell eine längere Ballettmusik, die für Aufführungen im 20. Jahrhundert aber zunehmend weggelassen wurde. Bekannt wurden etwa das Nonnenballett aus Giacomo Meyerbeers Robert le diable (1831), das höfische Ballett aus Giuseppe Verdis Don Carlos (1867) oder das Bacchanal zu Beginn der Pariser Fassung von Wagners Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg (1861).
- Viele Opern enthalten zudem einzelne Gesellschaftstänze, Märsche, Pantomimen, Auftrittsmusiken etc. Frühe französische Opern werden durch eine Reihe kleiner Tanzstücke (Divertissements) beschlossen.
Geschlossene lyrische Formen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Arie ist der Oberbegriff für alle Sologesänge in der Oper. Andere Bezeichnungen für Solostücke sind Lied, Cavatine, Couplet, Ariette, Romanze, Ballade. Virtuose italienische Arien hatten einen verzierten Schlusssatz, der Cabaletta genannt wird. Arien sind oft die publikumswirksamsten und bekanntesten Teile einer Oper und werden einzeln, manchmal mit vorausgehendem Rezitativ, außerhalb des Opernrahmens in Konzerten gegeben. Die Arie beschreibt häufig einen Gefühlszustand, Erinnerungen oder Gedanken der singenden Figur und lässt so die dramatische Handlung stillstehen.
- Ensembles sind Gesänge für mehrere Solostimmen: Duett, Terzett, Quartett etc. Größere Ensembles bilden seit dem späteren 18. Jahrhundert oft das Finale eines Aktes und führen die Handlung weiter wie in Don Giovanni (1787) von W. A. Mozart.
- Der Chor bietet Abwechslung zu den Solostücken und lässt im 19. Jahrhundert häufig das Volk zu Wort kommen. In manchen Opern lässt er die solistischen Stücke in den Hintergrund treten, wie bei Antonio Salieri in Les Danaïdes (1784), Gioachino Rossinis Moïse et Pharaon (1827) oder Modest Mussorgskis Boris Godunow (1874).
- Eine Sonderstellung nimmt das französische Vaudeville des 17./18. Jahrhunderts ein, ein abwechselnd gesungenes bekanntes Strophenlied, oft mit gemeinsamem Refrain, zum Beispiel im Finale von Mozarts Die Entführung aus dem Serail (1782).
Handlungsbetonte Passagen und Nummern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Rezitativ ist eine Textvertonung, die sich dem Sprachrhythmus und der Sprachmelodie angleicht. Es dient hauptsächlich dazu, Handlung zu transportieren, vor allem in Dialogszenen. In der Musik des Barock und der Klassik unterscheidet man zwischen Recitativo secco (ital. secco, trocken) und Recitativo accompagnato (ital. accompagnato, begleitet). Beim Secco-Rezitativ sind nur Gesangs- und Bassstimme notiert, später auch die dazugehörigen Akkorde als Generalbass oder in ausgeschriebener Form. Der Sänger wird von einem oder wenigen Instrumenten begleitet, meistens ein Bass- und ein Harmonieinstrument (Zupf- oder Tasteninstrument). Im 18. Jahrhundert fiel diese Aufgabe zunehmend nur noch dem Cembalo, später auch dem Hammerklavier zu. Beim Accompagnato-Rezitativ ist die Begleitung für das Orchester auskomponiert, es steht oft im Zusammenhang mit einer Arie, deren Situation es vorbereitet.
- Die Szene, ital. Scena, entstand im 19. Jahrhundert aus dem handlungsbetonten Rezitativ und wird vom Orchester begleitet. Meist schließt sich daran eine Arie an.
- Das Melodram besteht entweder aus musikbegleitetem Sprechen, wie etwa in Antonio Salieris Rauchfangkehrer (1781), der Kerkerszene aus Ludwig van Beethovens Fidelio (1805/1814) und der Wolfsschluchtszene aus Carl Maria von Webers Der Freischütz (1821), oder auch nur aus musikbegleiteter Pantomime wie in Daniel-François-Esprit Aubers La muette de Portici (1828) oder Giacomo Puccinis Suor Angelica (1918). Das Melodram bildet eine eigenständige Form, die ganze Werke umfasste wie Franz Schuberts Die Zauberharfe (1820), ist aber heute von den Theatern verschwunden. Auf die Wirkung des Melodrams greift die heutige Filmmusik zurück.

Durchkomponierte Großform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Trennung der Nummern und die Abgrenzung zwischen Rezitativ und Arie wurden im 19. Jahrhundert in Frage gestellt. Ab 1825 verschwand allmählich das Secco-Rezitativ, an seine Stelle trat in der italienischen Literatur das Prinzip von scena ed aria, das bei Giuseppe Verdi die Akte zu einem größeren musikalischen Ganzen formt. Richard Wagner propagierte ab der Mitte des Jahrhunderts den Verzicht auf die Nummernstruktur zugunsten eines durchkomponierten, auf der Grundlage von Leitmotiven geformten Ganzen. Für Wagners Opern hat sich der Begriff Musikdrama durchgesetzt, das Stichwort „Unendliche Melodie“ steht für ein kontinuierliches Fortschreiten der musikalischen und emotionalen Entwicklung, das sich nach seiner Auffassung gegen musikalische Tanzformen durchsetzen sollte. Seine Oper Tristan und Isolde (1865) bezeichnete Wagner als „Handlung in Musik“, was an die ursprünglichen Opernbegriffe „favola in musica“ oder „dramma per musica“ erinnern sollte.
Die durchkomponierte Form wurde im späten 19. Jahrhundert allgemein bevorzugt, auch bei Jules Massenet oder Giacomo Puccini, und blieb das vorherrschende Modell der frühen Moderne bis zum Neoklassizismus, der mit brüchigen Strukturen und mit Rückbezügen auf Formen der frühen Operngeschichte experimentierte. Auch in sich abgeschlossene Teile aus durchkomponierten Opern werden in Konzerten aufgeführt, wie etwa viele Arien aus Puccini-Opern. Als Meister der durchkomponierten Großform gilt Richard Strauss, der dies insbesondere in den Einaktern Salome, Elektra und Ariadne auf Naxos unter Beweis stellte.
Im 20. Jahrhundert griffen viele Komponisten wieder auf das Nummernprinzip zurück, zum Beispiel Zoltán Kodály, Igor Strawinski oder Kurt Weill. Die Nummernoper besteht außerdem in Operette und Musical weiter.
Opera seria und Opera buffa
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Geschichte der Oper gab es zumeist einen „hohen“ und einen „niederen“ Stil, frei nach der antiken Unterscheidung zwischen Tragödie und Komödie. Nicht immer bedeutet dies jedoch eine Grenze zwischen ernst und lustig. Der „hohe“ Stil kann sich über den „niederen“ auch einfach durch antike Stoffe erheben oder durch adlige Figuren oder durch eine „literarisch“ ernst zu nehmende Vorlage oder durch „schwierige“ (bzw. bloß durchkomponierte) Musik. All diese Anhaltspunkte für das Wertvollere wurden im Lauf der Geschichte angegriffen. Dabei gab es Gattungen, die den Gegensatz abzuschwächen versuchten wie die Opera semiseria.
Solange die Oper noch im Stadium des Experiments war, wie bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts, war eine Trennung noch nicht nötig. Sie ergab sich erst, als Opernaufführungen zur Gewohnheit wurden, und zwar aus sozialen Gründen: Die ernste Oper enthielt aristokratisches Personal und „hohe“ politische Symbolik, die komische hatte bürgerliche Figuren und „unwesentliche“ alltägliche Handlungen zum Thema. Allmählich trennten sich Opera seria und Tragédie lyrique von ihren komischen Intermezzi, aus denen Opera buffa und Opéra-comique hervorgingen. Diese Trennung wurde erst am Ende des 18. Jahrhunderts aufgebrochen: Weil die Bürger in der für sie bestimmten „niederen“ Operngattung nicht mehr komisch (also lächerlich) dargestellt werden wollten, wurde das Komische oft ins Sentimentale abgebogen und aufgewertet. Daher sind „komische Opern“ oft nicht lustig. Nach der Französischen Revolution löst sich die Ständeklausel auf, und auch bürgerliche Opern durften „ernst“ sein. Somit ergaben sich im 19. Jahrhundert andere Abgrenzungen zwischen Tragödie und Komödie als im 18. Jahrhundert.
Ein Sammelbegriff sowohl für tragische als auch für komische Werke ist das italienische Dramma per musica, wie die Oper in ihrer Anfangszeit betitelt wurde. Ein Beispiel für eine frühe ernste Oper ist Il ritorno d’Ulisse in patria von Claudio Monteverdi. Der seriöse Anspruch resultiert aus dem Rückgriff auf antike Theaterstoffe – insbesondere Tragödien – und epische Heldendichtungen. Sie wurden seit dem späteren 18. Jahrhundert von jüngeren historischen Sujets verdrängt. Im Italien des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff Dramma in der Zusammensetzung Melodramma verwendet und nicht mehr auf das antike Drama bezogen. Sowohl Bellinis tragische Oper Norma als auch die komödiantische Oper L’elisir d’amore von Gaetano Donizetti wurden so genannt.
„Hoher“ Stil
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als fester Begriff etablierte sich die Opera seria erst im 18. Jahrhundert. Mischformen oder tragikomische Inhalte waren mit dieser Titelbezeichnung ausgeschlossen. Händels Oper Radamisto ist ein typisches Werk. Als Antipode zu Italien verlieh Frankreich seiner eigenen Form der Opera seria den Titel Tragédie lyrique, wesentlich geprägt durch Jean-Baptiste Lully und das Ballett am Hofe Louis’ XIV., später durch Jean-Philippe Rameau. Nach der Französischen Revolution etablierte sich allmählich die Grand opéra als bürgerliche ernste Oper. Dazu zählen Les Huguenots von Giacomo Meyerbeer, auch weniger erfolgreiche Werke wie Les Troyens von Hector Berlioz.
Das durchkomponierte Musikdrama des reiferen Richard Wagner (Der Ring des Nibelungen) hatte großen internationalen Einfluss. Französische Komponisten jener Zeit wie Massenet setzten dagegen eher auf einen durchsichtigen und gesanglichen Opernstil, für den die Bezeichnung Drame lyrique verwendet wurde. Noch Debussy verwendete diesen Begriff für seine Oper Pelléas et Mélisande.
Schon immer konnten Opernstoffe von Romanen, Novellen oder Bühnenwerken herstammen. Die italienische Oper des 18. Jahrhunderts verstand sich als in Musik gekleidete Literatur. Seitdem die Musik die absolute Vorherrschaft erlangt hat, also seit dem späten 19. Jahrhundert, nennt man ausgesprochen literarische Opern Literaturoper. Death in Venice von Benjamin Britten nach der Vorlage von Thomas Mann ist eine recht getreue Umsetzung des literarischen Stoffes in Musik.
„Niederer“ Stil
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Die Opera buffa ist die Urform der heiteren Oper. Pergolesis La serva padrona galt um die Mitte des 18. Jahrhunderts als das maßgebliche Beispiel. Ein spätes Beispiel ist Il barbiere di Siviglia von Gioachino Rossini. Die ausnehmend heiteren Opern waren oft geringer angesehen als die sentimentalen. Ihre Stoffe stammen aus dem Volkstheater und von der Posse, stark beeinflusst durch die italienische Commedia dell’arte.
Aus der frühen Opera buffa geht die französische Opéra-comique (Werkgattung) hervor, die vor der Revolution zur Oper eines zunehmend selbstbewussten Bürgertums wird. Zunächst verstand man hierunter eher ein Liederspiel (Vaudeville). Doch der musikalische Anteil wurde immer größer und begann zu überwiegen. Aus der Opéra-comique ist das deutschsprachige Singspiel entstanden. Das Singspiel trägt oft volkstümlich-bürgerlichen Charakter, ist geprägt von einfachen Lied- bzw. Rondo-Formen und verwendet statt Rezitativen gesprochene Dialoge, gelegentlich auch Melodramen zwischen den musikalischen Nummern.
Der Hof sprach Französisch. Das Problem der deutschen Oper war im 18. und zum Teil noch im 19. Jahrhundert, dass sie als volkssprachliche Oper zur „niederen“ Gattung gehörte und sich behaupten und emanzipieren musste. Die Entführung aus dem Serail von Wolfgang Amadeus Mozart ist eines der bekanntesten Singspiele mit dieser Zielsetzung. Mozart bedient sich für die Arien auch komplexerer musikalischer Formen. Das im Auftrag von Kaiser Joseph II. zur Etablierung eines Nationalsingspiels geschaffene, 1782 am Wiener Burgtheater uraufgeführte Werk war für die Entwicklung der deutschen Oper von entscheidender Bedeutung.
Paris war im 19. Jahrhundert führend für die Operngeschichte, und auch die Italiener wie Rossini und Verdi kamen hierher. Die Opéra-comique, die im Haus der Opéra-Comique aufgeführt wurde, blieb auch gegenüber der neu entstandenen, durchkomponierten Grand opéra, die in der Opéra zur Aufführung kam, zweitrangig – weniger von ihrer musikalischen als von ihrer sozialen Bedeutung her. Aus den erwähnten Gründen musste sie nicht unbedingt einen heiteren Inhalt haben. Ein auch im deutschen Sprachgebiet bekanntes Beispiel einer komisch-rührseligen Opéra-comique ist Der Postillon von Lonjumeau von Adolphe Adam. Eine Gruppe von formal noch als Opéra-comique zu bezeichnenden Werken nach 1860 verstärkte den sentimentalen Grundcharakter (etwa Mignon von Ambroise Thomas). Ein sentimentaler Einschlag findet sich auch in einigen komischen Opern von Rossini (La Cenerentola).
Eine Erneuerung der Opéra-comique gelang mit Carmen von Georges Bizet, deren Dramatik in die Richtung der Verismo-Oper weist. Bei ihr war – abgesehen von den proletarischen Figuren – das Reißerische ein Merkmal des „niederen“ Stils.
Große Oper – Kammeroper
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch die „Größe“ kann ein Zeichen für hohen oder niederen Stil sein. Zuweilen findet sich der Begriff „Große Oper“ als Untertitel eines Werkes. Damit wird zum Beispiel gesagt, dass das Orchester und der Chor in großer Besetzung spielen und singen sollten, oder dass die Oper ein abendfüllendes Werk mit integriertem Ballett ist. Dies sind Opern, die nur in einem größeren Theater zur Aufführung kommen und sich vom Repertoire der fahrenden Truppen unterscheiden konnten. Als Beispiel für eine „Große Oper“ ist Manon von Jules Massenet zu nennen.
Der Begriff Kammeroper bezieht sich dagegen auf ein mit geringem Personal realisierbares Werk. Die Anzahl der Sänger ist in der Regel nicht mehr als fünf, das Orchester wird auf ein Kammerorchester begrenzt. Dies konnte aus der Not materielle Armut hervorgehen und damit auf das „niedere“ Genre verweisen oder im Gegenteil die größere Exklusivität und Konzentration eines „höheren“ Genres bedeuten. Auch die Bühne ist oftmals kleiner, was zu einer intimeren Atmosphäre beitragen kann, die für die Wirkung des Werkes von Vorteil ist. Beispiele dafür wären Albert Herring von Benjamin Britten oder „Les Larmes de couteau“ von Bohuslav Martinů.
Gattung oder bloß Untertitel?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Manche Opernkomponisten wehrten sich auch gegen die Einordnung in Gattungstraditionen oder bezeichneten ihre Werke in bewusster Relation zu diesen mit bestimmten Untertiteln. Wagners Tristan und Isolde trägt zum Beispiel die Bezeichnung „Handlung in Musik“, Luciano Berio verwendete für sein Werk Passaggio etwa den Begriff „messa in scena“ (‚Inszenierung‘). George Gershwin beschrieb sein Werk Porgy and Bess als „An American Folk Opera“. Um sich von klischeehaften Vorstellungen abzugrenzen, bevorzugen moderne Komponisten oft alternative Bezeichnungen wie etwa „azione scenica“ (Al gran sole carico d’amore von Luigi Nono) oder „azione musicale“ (‚musikalische Handlung‘, Un re in ascolto von Luciano Berio). Auch Peter Tschaikowskis bekannte Oper Eugen Onegin wurde vom Komponisten „Lyrische Szenen“ genannt.
Weitere Sonderformen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Richard Geppert schrieb 2016 die deutsche Rockoper Freiheit mit den musikalischen Ausdrucksmitteln und Instrumenten der Rockmusik.[6]
Vereinzelt gibt es Beispiele für Opern – darunter John Coriglianos 1991 uraufgeführtes Werk The Ghosts of Versailles –, die bezogen auf die Form selbstreferenziell sind, indem sie selbst wiederum Schauspiel oder Oper enthalten.[7]
Aufführungspraxis der Oper
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Repertoire
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufgrund der nicht immer leichten Abgrenzbarkeit der Gattung Oper von anderen musikalischen Gattungen und Genres und der Praxis des Pasticcios ist eine Aussage zum Gesamtumfang des Opern-Repertoires mit zahlreichen Schwierigkeiten behaftet. Aktuelle Auflistungen gehen von ca. 5800 bis 6000 bekannten Werken aus. Rechnet man die nicht unerhebliche Anzahl verschollener und verlorener Werke, insbesondere des 18. und frühen 19. Jahrhunderts mit ein, dürfte eine Gesamtzahl von ca. 60.000 Opern realistisch sein.[8]

Die große Menge an Werken macht es Theatern und Opernhäusern nicht einfach, eine Auswahl zu treffen, die einem hohen Anspruch genügt und auch genügend Publikum findet. Abhängig von der Größe des Theaters und dem vorhandenen Budget wird von Intendant und Dramaturgie für jede Sparte des Theaters (Schauspiel, Musiktheater, Ballett, Kinder- und Jugendtheater, Puppentheater etc.) ein Spielplan erarbeitet, der dem Haus und seinen Mitarbeitern angepasst ist. Der Spielplan geht auf die regionalen Eigenheiten und Aufführungstraditionen des Ortes ein – zum Beispiel durch open air-Festspiele, Weihnachts- oder Neujahrskonzerte – weist aber auch auf aktuelle Strömungen des Musiktheaters hin, indem auch zeitgenössische Werke aufgeführt werden. Je nach Größe des Hauses werden verschiedene Opern in einer Spielzeit neu inszeniert. Die erste öffentliche Darbietung einer neuen Oper nennt man Uraufführung, die erste öffentliche Darbietung einer Oper in einer neuen Inszenierung Premiere.
Nach und nach hat sich ein praxiserprobter, mehr oder weniger enger Kanon an Opern herausgebildet, die regelmäßig auf dem Spielplan stehen. Etwa 150 Opern bilden diesen nicht festgeschriebenen Kanon im Kern. Entsprechend hat sich das Interesse vor allem des Feuilletons von den vielfach bereits bekannten Werken hin zu deren Interpretation verlagert, wobei vor allem die Inszenierung in den Vordergrund rückt. Das Publikum verbindet seine Lieblingsopern oft mit bestimmten Traditionen, die zum Teil auch in Konventionen erstarrt sind, und reagiert auf radikale Deutungsansätze (Regietheater) kontrovers.
Sprache der Aufführungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden Opern zumeist in der jeweiligen Landessprache des Aufführungsortes aufgeführt. So wurden Verdi-Opern in Deutschland in deutscher Sprache und Wagner-Opern in Italien in italienischer Sprache gesungen, wie auch Radio- und Fernsehaufzeichnungen belegen. Bereits zuvor gab es jedoch Theater, die Opern in der jeweiligen Originalsprache aufführten, etwa die Metropolitan Opera in New York. Auch die Salzburger Festspiele zeigten Opern stets ausschließlich in der Originalsprache. Aufgrund eines Vertrages mit der Mailänder Scala, bei dem sich italienische Sänger verpflichteten, auch an der Wiener Staatsoper zu singen, führte Herbert von Karajan 1956 an der Wiener Staatsoper das Prinzip ein, Opern in der Originalsprache aufzuführen. Mit seiner Begründung, die Einheit von Wort und Musik gehe bei Übersetzungen in eine andere Sprache verloren, wurden Opern allmählich immer mehr in ihrer ursprünglichen Form aufgeführt. Auch der Schallplatten und Sänger-Markt, der sich zunehmend internationalisierte, trug entscheidend zu dieser Entwicklung bei. In der DDR gab es hingegen weiterhin eine große Tradition von Übersetzungen, jedoch wurde mit neuen Übertragungen (z. B. Walter Felsenstein, Siegfried Schoenbohm) versucht, den Inhalt des Originals genauer, sprachlich gelungener und vor allem musikalisch passender umzusetzen. Heute werden in fast allen großen Opernhäusern Opern in der Originalsprache aufgeführt und dazu simultan Übertitel eingeblendet.
An vielen kleineren Theatern, vor allem im Osten Deutschlands, gibt es noch Aufführungen in deutscher Sprache. Auch gibt es in einigen Städten (z. B. Berlin, München, Wien) mehrere Opernhäuser, von denen eines Opern in Übersetzungen aufführt, wie etwa die Volksoper Wien, die Komische Oper Berlin, das Staatstheater am Gärtnerplatz in München, oder in London die English National Opera. Hin und wieder gibt es auch eine autorisierte Übersetzung (wie im Falle der Opern Leoš Janáčeks, deren deutscher Text von Janáčeks Freund Max Brod stammt, so dass auch der deutsche Text als original gelten darf). Schwierig gestaltet sich die Aufführung in Originalsprache auch immer dann, wenn Dialoge in dem Werk vorkommen. Hier gibt es auch Mischformen, das heißt, gesprochene Texte werden übersetzt, gesungene erklingen jedoch in Originalsprache. Im Bereich Singspiel, Operette, Musical ist daher die übersetzte Musiktheateraufführung weit verbreitet. Für die exakte Übersetzung aus einer Fremdsprache ist am Theater die Dramaturgie zuständig. Wenn die Sprachkenntnisse der Korrepetitoren vertieft werden sollen, werden auch spezialisierte Coaches für eine Fremdsprache hinzugezogen.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Liste von Opern
- Liste von Opernverlagen
- Liste von Sängerinnen und Sängern klassischer Musik
- Theaterpädagogik
- Opernführer
- Singspiel, Operette, Musical, Kinderoper, Fernsehoper, Opera seria, Semi-Oper, Opera semiseria, Chinesische Oper, Peking-Oper, Modelloper, Funkoper, Musikdrama, Maskenspiel, Masque
- Weltoperntag
- Ópera Flamenca
- Opernlänge
- Intendant
- Generalmusikdirektor
- Operndirektor
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bücher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Paul Bekker: Wandlungen der Oper. Zürich 1983 (Reprint von 1934), ISBN 3-280-01409-3.
- Barbara Beyer: Warum Oper? Alexander, Berlin 2006, ISBN 3-89581-145-9.
- Oscar Bie: Die Oper. Mainz 1988 (Reprint von 1923), ISBN 978-3-492-18234-8.
- Carl Dahlhaus u. a. (Hrsg.): Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. 6 Bände und Register. Piper, München/Zürich 1986–1997, ISBN 3-492-02411-4, ISBN 3-492-03972-3.
- Jens Malte Fischer: Oper – das mögliche Kunstwerk. Müller-Speiser, Anif/Salzburg 1991.
- Jens Malte Fischer: Vom Wunderwerk der Oper. Zsolnay, Wien 2007, ISBN 978-3-552-05396-0.
- Johannes Jansen: Schnellkurs Oper. Dumont Buchverlag, Köln 1998, ISBN 3-7701-4280-2.
- Rudolf Kloiber, Wulf Konold, Robert Maschka: Handbuch der Oper. 14., grundlegend überarbeitete Auflage. J. B. Metzler, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-476-02586-9.
- Arnold Jacobshagen (Hrsg.): Praxis Musiktheater. Ein Handbuch. Laaber-Verlag, Laaber 2002, ISBN 978-3-89007-512-9.
- Isolde Schmid-Reiter (Hrsg.): L’Europe Baroque. Oper im 17. und 18. Jahrhundert. L’opéra aux XVIIe et XVIIIe siècles. ConBrio, Regensburg 2010, ISBN 978-3-940768-17-9.
- Ulrich Schreiber: Die Kunst der Oper. 4 Bände. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1988–2005, ISBN 3-7632-3101-3, ISBN 3-7632-5643-1.
- Ulrich Schreiber: Opernführer für Fortgeschrittene I: Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution. Bärenreiter, 1999, ISBN 3-7618-0899-2.
- Ulrich Schreiber: Opernführer für Fortgeschrittene II: Das 19. Jahrhundert. Bärenreiter, 2000, ISBN 3-7618-1028-8.
- Ulrich Schreiber: Opernführer für Fortgeschrittene III: Das 20. Jahrhundert. 3 Bände. Bärenreiter, 2000–2006, III.1: ISBN 3-7618-1436-4, III.2: ISBN 3-7618-1437-2, III.3: ISBN 3-7618-1859-9.
- Silke Leopold, Robert Maschka: Who’s who in der Oper. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München / Bärenreiter, Kassel u. a. 2004, ISBN 3-423-34126-2 oder ISBN 3-7618-1780-0.
- Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Opera. Grove, New York/Oxford 2004, ISBN 0-19-522186-9 (englisch).
- Siegfried Mauser (Hrsg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Band 11; Silke Leopold: Die Oper im 17. Jahrhundert. Verlag Laaber, 2004, ISBN 978-3-89007-134-3.
- Siegfried Mauser (Hrsg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Band 12; Herbert Schneider, Reinhard Wiesend (Hrsg.): Die Oper im 18. Jahrhundert. Verlag Laaber, 2001, ISBN 978-3-89007-135-0.
- Siegfried Mauser (Hrsg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Band 13; Sieghart Döhring, Sabine Henze-Döhring: Oper und Musikdrama im 19. Jahrhundert. Verlag Laaber 1997, ISBN 978-3-89007-136-7.
- Siegfried Mauser (Hrsg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Band 14; Siegfried Mauser (Hrsg.): Musiktheater im 20. Jahrhundert. Verlag Laaber, 2002, ISBN 978-3-89007-285-2.
- Dieter Zöchling: Die Oper. Westermanns farbiger Führer durch Oper, Operette, Musical. Mit einem Vorwort von Placido Domingo. Westermann Verlag, Braunschweig 1981, Redaktionsbüro Harenberg, Schwerte, ISBN 3-611-00024-8 (mit 166 Komponistenporträts und Vorstellung von 400 Opern, Operetten und Musicals – jeweils mit Handlung und kritischer Wertung sowie Informationen zu Libretto, Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, Uraufführung, deutscher Erstaufführung, einzelnen Rollen und Sekundärliteratur).
- The New Franzen Opera Encyclopedia I – ein Werkverzeichnis aller je geschriebenen und uraufgeführten Opern, Operetten und Singspiele. Zürich 1998, ISBN 3-905587-05-X.
- The New Franzen Opera Encyclopedia II – ein Verzeichnis aller Opernsängerinnen und Opernsänger. Zürich 1999, ISBN 3-905587-08-4.
- The New Franzen Opera Encyclopedia III – ein Verzeichnis aller Opernkomponisten mit Diskografie. Zürich 1999, ISBN 3-905587-10-6.
- Harenberg Opernführer – Der Schlüssel zu 500 Opern, ihrer Handlung und Geschichte. (Mit CD-Empfehlungen der „Opernwelt“-Redaktion). Dortmund 1995, ISBN 3-611-00496-0.
- Elisabeth Schmierer: Lexikon der Oper in 2 Bänden. Laaber-Verlag, Laaber 2002, ISBN 978-3-89007-524-2.
- Clemens Wolthens: Oper und Operette. Tosa Verlag, Wien 1970.
- Peter Overbeck: Oper. Reclam-Verlag, Ditzingen 2019, ISBN 978-3-15-020537-2.
- Bernd Feuchtner: Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken. Wolke Verlag, Hofheim 2020, ISBN 978-3-95593-250-3.
Fachzeitschriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oper! das Magazin. OPER Medien GmbH & Co. KG, Berlin, ISSN 2365-2217.
- Opernwelt. Friedrich-Berlin-Verlags-Gesellschaft, Berlin, ISSN 0030-3690.
- Das Opernglas. Opernglas-Verlags-Gesellschaft, Hamburg, ISSN 0935-6398.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Geschichte der Oper 1597–1945, beschrieben nach den 11 wichtigsten Epochen mit interessanten Informationen und Links zu vielen Youtube-Videos.
- Opera-Guide (Opernführer) Synopsis – Libretti – Höhepunkte
- Operone: Datensammlung über Opern, Rollen, Komponisten etc.
- Opernnetz – Das Online-Musiktheater-Magazin
- Opern in den Spielplänen deutschsprachiger Bühnen
- Daten- und Linksammlung OperaGlass (englisch)
- Linkkatalog zum Thema Oper bei curlie.org (ehemals DMOZ)7
- Literatur von und über Oper im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- ViFaMusik-Sammlung von Opernstreaming-Angeboten
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wilibald Gurlitt, Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musik Lexikon (Sachteil). B. Schott’s Söhne, Mainz 1967, S. 654.
- ↑ Arnold Jacobshagen: Musiktheater (PDF; 1,9 MB). Deutsches Musikinformationszentrum.
- ↑ Zusammenfassung siehe: Wolfgang Osthoff: Monteverdi: L’incoronazione di Poppea. In: Carl Dahlhaus (Hrsg.): Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 4. München 1991, S. 253–259.
- ↑ Johannes Jansen: Schnellkurs Oper. S. 127, „Aufbruch in die Moderne“.
- ↑ Statistik 2017/18. Operabase; abgerufen am 14. Juni 2018.
- ↑ Roswitha Frey: „Die Realität hat uns eingeholt“. Badische Zeitung, 18. März 2016.
- ↑ The Ghosts of Versailles. Abgerufen am 7. Juli 2019.
- ↑ Kurt Pahlen: Das neue Opern-Lexikon. Seehamer, Weyarn 2000, ISBN 3-934058-58-2, S. 9.