„Drosophila melanogaster“ – Versionsunterschied
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Version vom 22. April 2005, 14:16 Uhr
| Schwarzbäuchige Taufliege | ||||||||||||||||
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Drosophila melanogaster ist der lateinische Name für die "Schwarzbäuchige Taufliege", die eine der am besten untersuchten Organismen der Welt ist. Sie wird oft auch als Fruchtfliege bezeichnet, weil sie im englischen fruit fly heißt, was auf die Vorliebe dieser Art für faulende Früchte und gärende Säfte zurückzuführen ist.
Die Art Drosophila melanogaster wurde erstmals 1830 beschrieben. Als geeigneten Versuchsorganismus nutzte sie 1901 zuerst der Zoologe und Vererbungsforscher William Ernest Castle. Er untersuchte an Drosophila-Stämmen die Wirkung von Inzucht über zahlreiche Generationen und den nach Kreuzung von Inzuchtlinien auftretenden Effekten. 1910 begann ebenfalls Thomas Hunt Morgan, die Fliegen im Labor zu züchten und systematisch zu untersuchen. Seitdem haben viele andere Genetiker an diesem Modellorganismus wesentliche Erkenntnisse zur Anordnung der Gene in den Chromosomen des Genoms dieser Fliege gewonnen.
Beschreibung und Entwicklung
Drosophila melanogaster war ursprünglich eine tropische und subtropische Art, sie hat sich jedoch mit dem Menschen gemeinsam über die ganze Welt verbreitet. Die Weibchen sind etwa 2,5 Millimeter lang, die Männchen sind etwas kleiner. Sie sind leicht an ihrem dunklen Hinterleib von den Weibchen unterscheidbar.
Die Weibchen legen insgesamt ca. 400, von einem Chorion und einer Vitellinmembran umhüllte Eier, die etwa einen halben Millimeter groß sind. Aus jedem Ei schlüpft nach ca. 22 Stunden (bei 25 °C, die Entwicklungszeit ist insgesamt stark temperaturabhängig) eine Larve, die sich sofort auf die Suche nach Futter macht. Da das Weibchen sie in verfaulendem Obst und anderem gärendem organischen Material ablegt, finden sie bald Nahrung, die in erster Linie aus den Mikroorganismen besteht, die das Obst zersetzen, wie zum Beispiel Hefen und Bakterien, und erst in zweiter Linie aus dem zuckerhaltigen Obst selber. Nach etwa 24 Stunden häutet sich die Larve, die ständig wächst, zum ersten Mal, und erreicht das zweite Larvenstadium.
Embryonalentwicklung
Nach der Befruchtung des Drosophila-Eies und der Verschmelzung der Zellkerne erfolgen mehrere schnell aufeinander folgende synchrone Kernteilungen (Mitosen), bei denen eine Abgrenzung durch Zellmembranen unterbleibt. So entsteht ein Embryo, der aus einer Zelle mit vielen Zellkernen besteht, die nicht durch Membranen abgegrenzt werden, ein Zustand, der als „synzytiales Blastoderm“ bezeichnet wird. Bereits nach der siebten Kernteilung wandern die meisten Kerne an die Peripherie des Embryos, also unter die äußere Zellmembran. Zwischen der achten und neunten Kernteilung werden acht bis zehn Zellkerne in das posteriore Polplasma eingeschlossen und beginnen sich daraufhin unabhängig von den anderen Kernen zu teilen. Mit diesem Vorgang beginnt die Determinierung der Polzellen als Keimbahn. Aus dem synzytialen Blastoderm entsteht nach ca. 2,5 Stunden nach Eiablage durch Wachstum der äußeren Zellmembran zwischen die einzelnen Kerne das „zelluläre Blastoderm“. Damit wird das erste einschichtige Epithel der entstehenden Fliege gebildet und den Zellkernen der Zugang zu asymmetrisch verteilten, morphogenen Genprodukten verwehrt (siehe zum Beispiel bicoid). Entsprechend ist das Entwicklungspotential der Zellen zu diesem Zeitpunkt in Abhängigkeit von ihrer Position bereits weitgehend festgelegt. Eine ventrale Einfurchung entlang der Längsachse (Ventralfurche) leitet die Gastrulation ein, die in der Aufteilung des peripheren Epithels in drei Keimblätter resultiert. Durch die ventrale Einfurchung, also an der "Bauchseite" längs des Embryos entsteht die Mesodermanlage. Eine anterior der Ventralfurche stattfindende Invagination, die das Stomodeum bildet, und eine am posterioren Pol des Embryos stattfindende Invagination, die das Proktodeum bildet, grenzen das spätere Endoderm ab. Die an der Außenseite des Embryos verbleibenden Zellen und die Endbereiche der stomodealen und proktodealen Invaginationen bilden das Ektoderm. Mit der Verlängerung des Keimstreifs wandern die Polzellen von posterior in das Innere des Embryos. Die Organogenese setzt ein und zum ersten Mal wird eine embryonale Metamerie erkennbar. Etwa 7,5 Stunden nach der Befruchtung beginnt die Keimstreifverkürzung, die mit dem Dorsalschluss (dorsal closure) endet. Nach weiteren Differenzierungschritten schlüpft etwa 24 Stunden nach der Befruchtung die vollständig entwickelte Larve.
Larvalentwicklung
Nach dem Durchlaufen von drei Larvenstadien und einem viertägigen Puppenstadium schlüpft bei 25 °C nach neun Tagen die Imago.
Verpuppung
Drosophila als Forschungsobjekt der Genetik
Vorteile von Drosophila als Modellorganismus
Geschichte
Drosophila melanogaster wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Forschungen des amerikanischen Zoologen und Genetikers Thomas Hunt Morgan und seiner Schule zum Versuchstier der klassischen Genetik. Diese Art hat nur 4 Chromosomen, ein Paar Geschlechtschromosomen, die auch als erstes Chromosom oder X- bzw. Y-Chromosom bezeichnet werden, und drei Paar Autosomen, die als zweites, drittes und viertes Chromosom bezeichnet werden. Das vierte Chromosom ist jedoch nur sehr klein und enthält nur wenige Gene. Ideal für die Forschung ist auch, dass die Zucht einer großen Anzahl von Fliegen in Flaschen leicht möglich und die Generationenfolge kurz ist. "Eine halbe Milchtüte mit einem Stück verfaulender Banane genügte, um zweihundert Fruchtfliegen vierzehn Tagen lang bei Laune zu halten", schreibt Martin Brookes in seinem 2002 erschienenen Buch über Drosophila. So hat man eine Unzahl von Kreuzungsexperimenten mit den Taufliegen durchführen können, dabei Kopplungsgruppen von Genen, die auf ein und demselben Chromosom sitzen, festgestellt, dabei das Phänomen des Crossing Over entdeckt und auch etliche Mutanten beschrieben und näher untersucht, etwa Fliegen mit weißen statt mit roten Augen oder Exemplare mit Stummelflügeln, die flugunfähig sind. Hermann Muller war der erste, der die mutationsauslösende Wirkung von Röntgenstrahlen auf die Erbsubstanz der Taufliege erkannte. Seitdem wurden die harten Strahlen sehr oft eingesetzt, um bei den Fliegen eine Vielzahl von unterschiedlichen Mutationen auszulösen.
Im Jahr 2000 wurde die Sequenzierung des Genoms abgeschlossen und insgesamt etwa 13.600 Gene wurden annotiert. Viele dieser Gene haben zum Teil erstaunliche Ähnlichkeit mit den Genen des Menschen. Forscher haben herausgefunden, dass etwa 70 Prozent der menschlichen Gene, die im Zusammenhang mit Krebs beschrieben wurden und im Verdacht stehen, in mutiertem Zustand an der Krebsentstehung beteiligt zu sein, auch im Erbgut der Taufliege vorkommen.
Auch im Rahmen entwicklungsbiologischer Untersuchungen hat man an den Embryonalstadien der Taufliegen zahlreiche Erkenntnisse gewinnen können. Schon um 1900 war der Harvard-Professor William Castle der erste, der auf der Suche nach einem Organismus, der sich als Objekt für embryologische Studien eignete, auf die Taufliege stieß. Seitdem hat sich auf diesem Gebiet viel getan. In den 1970er Jahren begann sich Christiane Nüsslein-Volhard mit den Entwicklungsgenen von Drosophila zu beschäftigen. Sie kam dabei zu der Erkenntnis, dass nur vier Gene innerhalb des Eis die weitere Entwicklung des Embryos bestimmen und kontrollieren (siehe auch Homöobox und Hox-Gen). 1980 veröffentlichte sie ihre bahnbrechende Studie über die "Mutationen, die Zahl und Polarität der Segmente bei Drosophila beeinflussen", für die sie 1995 den Nobelpreis für Medizin erhielt.
Heutige Forschungsschwerpunkte
In den USA findet jährlich die größte internationale Drosophila-Konferenz statt. Die europäische Drosophila-Konferenz findet alle zwei Jahre statt, und eine deutsche regionale Tagung jährlich. Des weiteren ist Drosophila als Forschungsobjekt auf vielen internationalen Life Science-, Entwicklungsbiologie-, Neurobiologie- und weiteren Tagungen vertreten.
Mutationen
Die Züchtungen in den wissenschaftlichen Labors hat eine Unzahl von Mutationen hervorgebracht. In systematischen Screens wurde inzwischen ein Großteil der Gene mutiert. Zu den Mutationen mit einem im heterozygoten Zustand sichtbaren Phänotyp, zu denen die ältesten Mutanten gehören, zählen zum Beispiel:
- Mutationen der Augenfarbe
- white: Veränderung der Augenfarbe von rot auf weiß. Dies war die erste Mutation, die Thomas Hunt Morgan wissenschaftlich untersuchte und an denen er die Mendelsche Vererbungslehre empirisch belegen konnte.
- pink: Veränderung der Augenfarbe von rot auf pink
- Flügeldeformationen
- rudimentary: Fruchtfliegen mit normal großem Körper aber nur rudimentären Flügeln
- truncate: Fruchtfliegen mit normal großem Körper aber mit gestutzten Flügeln
- miniature: Fruchtfliegen mit normal großem Körper aber mit Miniaturflügeln
Literatur
- Martin Brookes; Drosophila - Die Erfolgsgeschichte der Fruchtfliege, Rowohlt Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-498-00622-3
Weblinks
Siehe auch: Zeittafel der Evolutionsforschung