Zivilprozessordnung (Deutschland)
Zivilprozessordnung (abgekürzt ZPO) ist in Deutschland und Österreich der Name des Gesetzes, das das gerichtliche Verfahren in Zivilprozessen regelt.
Deutschland
Basisdaten | |
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Titel: | Zivilprozessordnung |
Abkürzung: | ZPO |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Gerichtsverfahren, Zivilrecht |
FNA: | 310-4 |
Ursprüngliche Fassung vom: | 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83) |
Inkrafttreten am: | 1. Oktober 1879 |
Neubekanntmachung vom: | 12. September 1950 (BGBl. I S. 533) |
Letzte Änderung durch: | Art. 4 Gesetz vom 21. April 2005 (BGBl. I 2005, S. 1073, 1075) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: 1) |
1. Juli 2005 (Art. 12 Gesetz BGBl. I 2005, S. 1073, 1080) |
1) Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung! |
Die deutsche Zivilprozessordnung (ZPO) trat als Gesetz am 1. Oktober 1879 in Kraft. Sie umfasst grundsätzlich alle für die Fragen des Zivilprozesses relevanten Vorschriften. Nur wenige sind in anderen Gesetzen geregelt. Daneben sind für die Zuständigkeit das Gerichtsverfassungsgesetz und für die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen das Zwangsversteigerungsgesetz zu nennen. Für die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten die Vorschriften der ZPO nur, wenn die Vorschriften des FGG dies vorschreiben oder nichts weiter vorsehen. Die ZPO kommt daher vor allem bei den bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten zum Zuge. Als "Mutter aller Prozessordnungen" wird jedoch in Vorschriften zu den Verfahren in anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit häufig auf Teile der ZPO verwiesen, so beispielsweise im Arbeitsgerichtsgesetz und in der Verwaltungsgerichtsordnung.
Über die wesentlichen Prozessmaximen erscheint in der ZPO nur wenig. Wichtigste Verfahrensarten sind das Erkenntnisverfahren, das Mahnverfahren und das schiedsrichterliche Verfahren. Das Zivilprozessrecht sieht in der ZPO die Leistungsklage, die Feststellungsklage, die Zwischenfeststellungsklage und die Gestaltungsklage vor.
Das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) enthält neben einigen Randvorschriften vor allem Übergangsvorschriften, die insbesondere durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 und die Euro-Umstellung bedingt waren.
Inhalt
Aus der Inhaltsübersicht der ZPO ergibt sich folgende Aufstellung:
Buch 1 - Allgemeine Vorschriften
- Gerichte
- Parteien
- Verfahren
Buch 2 - Verfahren im ersten Rechtszug
- Verfahren vor den Landgerichten
- Verfahren vor den Amtsgerichten
Buch 3 - Rechtsmittel
Buch 4 - Wiederaufnahme des Verfahrens
Buch 5 - Urkunden- und Wechselprozess
Buch 6 - Verfahren in Familiensachen
- Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Ehesachen
- Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Familiensachen
- Verfahren in Scheidungs- und Folgesachen
- Verfahren auf Aufhebung und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe
- Verfahren in Kindschaftssachen
- Verfahren über den Unterhalt
- Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen
Buch 7 - Mahnverfahren
Buch 8 - Zwangsvollstreckung
- Allgemeine Vorschriften
- Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
- Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen
- Eidesstattliche Versicherung und Haft
- Arrest und einstweilige Verfügung
Buch 9 - Aufgebotsverfahren
Buch 10 - Schiedrichterliches Verfahren
- Allgemeine Vorschriften
- Schiedsvereinbarung
- Bildung des Schiedsgerichts
- Zuständigkeit des Schiedsgerichts
- Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens
- Schiedsspruch und Beendigung des Verfahrens
- Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch
- Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
- Gerichtliches Verfahren
- Außervertragliche Schiedsgerichte
Buch 11 - Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
- Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
- Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001
Österreich
Basisdaten | |
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Kurztitel: | Zivilprozessordnung |
Voller Titel: | Gesetz vom 1. August 1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung) |
Typ: | Bundesgesetz |
Rechtsmaterie: | Zivilrecht |
Gültigkeitsbereich: | Republik Österreich |
Abkürzung: | ZPO |
Datum des Gesetzes: | 1. August 1895 (RGBl. 113/1895) |
Die Zivilprozessordnung trat am 1. Januar 1898 in Kraft und wurde seither über 75 Mal novelliert. Übergangsbestimmungen, aber auch Bestimmungen für Börsenschiedsgerichte enthielt das gleichzeitig erlassene und in Kraft getretene Gesetz vom 1. August 1895 betreffend die Einführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung), RGBl. 112/1895 (kurz Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung bzw. EGZPO). Auch nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich blieb in den ehemals österreichischen Gebieten die ZPO in Geltung.
Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sind grundsätzlich auch im Verfahren über Arbeits- und Sozialrechtssachen anzuwenden, so weit nicht im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz etwas anderes angeordnet wird.
Im Verfahren außer Streitsachen sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung nicht sinngemäß anzuwenden, da das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene neue Außerstreitgesetz eine umfassende eigene, den Bedürfnissen des Außerstreitverfahrens angepasste Regelung des Verfahrens enthält.
Inhalt
Die Zivilprozessordnung regelt die Partei- und Prozessfähigkeit, die Stellung der Prozessparteien sowie Aufgaben und Befugnisse des Richters, die Grundsätze für Schriftsätze, Fristen und Tagsatzungen und Folgen der Säumnis, die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, den Gang der Verhandlung vom der Klage bis zum Urteil sowie die Bestimmungen über Urteile und Beschlüsse, das Rechtsmittelverfahren sowie besondere Verfahrensarten.
Nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 1. August 1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm), RGBl. 111/1895, geregelt ist die sachliche und örtliche Zuständigeit der Gerichte in Zivilrechtssachen einschließlich dem Instanzenzug im Rechtsmittelverfahren sowie die Besetzung der Gerichte je nach Zuständigkeit (Einzelrichter - Senat, siehe Gerichtsorganisation in Österreich).
Auch die Zwangsvollstreckung ist nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 27. Mai 1896 über das Exekutions- und Sicherungvserfahren (Exekutionsordnung), RGBl. 79/1896, geregelt.
Gliederung
- Erster Teil. Allgemeine Bestimmungen
- Erster Abschnitt. Parteien
- Prozessfähigkeit
- Streitgenossenschaft und Hauptintervention
- Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
- Bevollmächtigte
- Prozesskosten
- Sicherheitsleistung für Prozesskosten
- Verfahrenshilfe.
- Zweiter Abschnitt. Verfahren
- Schriftsätze
- Zustellungen
- Fristen und Tagsatzungen
- Folgen der Versäumung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
- Unterbrechung und das Ruhen des Verfahrens.
- Dritter Abschnitt. Mündliche Verhandlung
- Öffentlichkeit
- Vorträge der Parteien und Prozessleitung
- Sitzungspolizei
- Vergleiche
- Protokolle
- Akten
- Strafen
- Sonntagsruhe und verhandlungsfreie Zeit.
- Erster Abschnitt. Parteien
- Zweiter Teil. Verfahren vor den Gerichtshöfen erster Instanz
- Erster Abschnitt. Verfahren bis zum Urteil
- Klage, Klagebeantwortung, vorbereitendes Verfahren und Streitverhandlung
- Allgemeine Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme
- Beweis durch Urkunden
- Beweis durch Zeugen
- Beweis durch Sachverständige
- Beweis durch Augenschein
- Beweis durch Vernehmung der Parteien
- Sicherung von Beweisen.
- Zweiter Abschnitt. Urteile und Beschlüsse
- Urteile
- Beschlüsse
- Erster Abschnitt. Verfahren bis zum Urteil
- Dritter Teil. Verfahren vor den Bezirksgerichten
- Vierter Teil. Rechtsmittel
- Fünfter Teil. Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage
- Sechster Teil. Besondere Arten des Verfahrens
- Erster Abschnitt. Mandatsverfahren
- Zweiter Abschnitt. Verfahren in Wechselstreitigkeiten
- Dritter Abschnitt. Verfahren bei Streitigkeiten aus dem Bestandvertrag
- Vierter Abschnitt. Schiedsrichterliches Verfahren
Europa
Das Zivilprozessrecht ist traditionell autonomes (nationales) Recht.
Jedoch spielt das wegen der zunehemenden wirtschaftlichen Vernetzung aufgrund der Rechtsgrundlage der Art. 61 lit. c) iVm Art. 65 EGV ergangene europäische Sekundärrecht der EG (vgl. Europäisches Recht) im Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen eine immer erheblichere Rolle. So sind u.a. folgende Verordnungen im Bereich des Zivilprozessrechts ergangen:
- EG-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (auch EuGVO, EuGVVO und Brüssel-I-Verordnung genannt)
- Weblink zu dieser Verordnung
- EG-Verordnung Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (auch EheVO-II und Brüssel-IIa-Verordnung genannt, ersetzt die EG-Verordnung Nr. 1347/2000)
- Weblink zu dieser Verordnung
- EG-Verordnung Nr. 1348/2000 vom 29.5.2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (auch EuZVO genannt)
- Weblink zu dieser Verordnung
Literatur
- Adolf Baumbach, Wolfgang Lauterbach et al.: Zivilprozessordnung. 63. Auflage C. H. Beck München 2005, ISBN 340651913X
- Hans-Joachim Musielak: Zivilprozessordnung. 4. Auflage Vahlen München 2005, ISBN 3800630524
- Heinz Thomas, Hans Putzo: Zivilprozessordnung. 26. Auflage C. H. Beck München 2004, ISBN 3406524230
- Richard Zöller: Zivilprozessordnung. 25. Auflage, Otto Schmidt Köln 2005, ISBN 3504470143
Siehe auch
Ordentliche Gerichtsbarkeit, Gericht, Bürgerliches Gesetzbuch