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Rocker

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Der Begriff Rocker ist englischen Ursprungs, er stand ab den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts abwertend für die Mitglieder einer Motorrad fahrenden Jugendsubkultur und ihre Musik.

In Deutschland haben die Mitglieder entsprechender Motorradgruppen den Begriff mit der Zeit in positiver Bedeutung übernommen und bezeichnen sich heute auch selbst so. Im englischsprachigen Ausland gilt der Begriff aber bis heute als abwertend, dort zieht man die neutrale Bezeichnung Biker vor.

Geschichte

Das Phänomen der Rocker geht in das Amerika schon vor dem Zweiten Weltkrieg (Outlaws MC 1935) zurück, es handelt sich seinen Ursprüngen nach jedoch nicht um eine Jugendkultur, wie in den sechziger bis achtziger Jahren in England und auch Deutschland begriffen. Nach (polizei-)soziologischer Auffassung waren Gruppen heimkehrender Soldaten nicht in der Lage, sich wieder in das zivile Leben einzufügen und bildeten sozial geschlossene Randgruppen. Nach Aussagen früher Mitglieder der Gruppen selbst, zum Beispiel Sonny Barger, einem prägenden Mitglied der Hells Angels, war dies vielmehr dem Wunsch nach fortdauernder Kameradschaft zuzuschreiben. So bezeichnen sich Mitglieder solcher Gruppen untereinander als "Brother". Das Bindeglied der Gruppen war das gemeinsame Motorradfahren. Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel (und um schnelleren Fahrens willen) bildete sich als bevorzugtes Motorrad der Chopper heraus.

Datei:Hollister1947.jpg
Biker in Hollister

Als wichtigstes Ereignis für ihr Selbstverständnis und ihr Bild nach außen sehen Rocker heute die Vorgänge beim Motorradtreffen in Hollister am 4. Juli 1947. Die Ereignisse wurden in dem Film "Der Wilde" mit Marlon Brando thematisiert, vor allem aber auch dramatisiert.

Tatsächlich gab es Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern verschiedener Gruppen und der Polizei, die aber nach heutigen Maßstäben als harmlos gelten müssen. Selbst damals machten weniger die Bürger von Hollister und die Polizei als die Presse den "Hollister Bash" zum Ereignis. Vor allem ein gestelltes Bild im Life-Magazine, das einen betrunkenen Biker auf seiner Harley umgeben von Bierflaschen zeigt, erregte großes Aufsehen. Die "American Motorcyclist Association" (AMA) erklärte nach Hollister, nur "1 Prozent" der Motoradfahrer hätten sich beteiligt. Angeblich daraus (es gibt auch andere Thesen) leitet sich heute der Begriff des "one-percenter" ab, für jemanden der kompromisslos nach den Ideen der Rockerszene lebt.

In der damaligen Zeit entstanden zum Beispiel die Hells Angels, heute eine der größten Gruppen dieser Szene. In Deutschland wurden MCs, wie sich die Gruppen nach dem englischen "motorcycle club" auch selbst nennen, ab den sechziger Jahren gegründet, meist von hier stationierten amerikanischen Soldaten, oder zumindest von ihnen inspiriert. Die deutsche MC-Szene wurde, infolge des Zeitgeistes der späten 1960er und frühen 1970er, schnell sehr vielfältig. Dies konnte sich die Szene bis in die späten 1990er bewahren. Dadurch, dass dann große deutsche MCs zu Unterabteilungen amerikanischer MCs wurden, nahm die Vielfalt jedoch stark ab. So wurden aus den "Ghost-Riders MC" die "Outlaws MC Germany" und der "Bones MC" ging zum "Hells Angels MC Germany". Von den ursprünglichen deutschen Clubs ist der "Gremium MC" der größte Verbliebene. Zahlreiche mittelgroße und kleine MCs verschwanden oder wurden von den größeren als Chapter/Charter einverleibt (patchover).

Mitgliedschaft

Die Mitglieder eines MCs verstehen sich als "brother" und fühlen sich einander stark verpflichtet. Daher bestehen Clubs im Allgemeinen auf einem restriktiven Aufnahmeverfahren. MCs verlangen eine Anwartschaft oft in mehreren Stufen, die sich bis zu Jahren hinziehen kann. Nach Auffassung der MCs soll dies sowohl für den Club selbst als Probe dienen, als auch dem Anwärter Bedenkzeit geben, um die komplexen Beziehungen innerhalb eines MCs einzuschätzen, und ob er sich darauf einlassen will. Dies wird von Polizei und manchen Soziologen jedoch anders gewertet (siehe unten), die darin Parallelen zu kriminellen Vereinigungen sehen. Eine negative Auswirkung dieser besonderen Verbundenheit kann es sein, dass ursprünglich individuelle Konflikte durch Gruppen ausgetragen werden und so eskalieren und verhärten ("Your brother ain't always right, but he's always your brother" ist ein gängiges Zitat, oder auch "God forgives, Outlaws don't").

Die innere Organisation der MCs ist sehr heterogen, anzutreffende Strukturen reichen von "gar keine" bis hin zu "militärähnlich". Gängige Clubämter sind "President", "Vice President", "Secretary" und "Treasurer" und entsprechen damit typischen Vereinsämtern. Andere Ämter sind "Road Captain" (fährt bei Ausfahrten voraus) oder "Sergeant at Arms" alternativ "Enforcer" (wacht über die Clubdisziplin). Größere MCs haben oft lokale Unterabteilungen, die "Chapter" oder "Charter" genannt werden. Neugründungen von MCs führen oft zu ernsten Auseinandersetzungen mit bestehenden Gruppen, wenn sie nicht mit diesen abgesprochen sind.

Die Selbstbezeichnung Friedrich Merz' als Rocker betrachten MCs als Beleidigung, bestenfalls als schlechten Scherz.

Abzeichen

Als wichtigstes Zeichen der Zusammengehörigkeit gilt das so genannte "Colour" (das im englischen jedoch "backpatch" genannt wird) und das auf der Rückseite der "Kutte" getragen wird. Es besteht üblicherweise aus einem zentralen Bild (Center Crest) und darüber sowie darunterliegenden Schriftzügen (Toprocker, Bottomrocker), die Namen und geographische Herkunft des MC angeben. Zur Abgrenzung gegen ähnliche Abzeichen anderer Motorradfahrerclubs, die sich nicht in der obigen Tradition sehen, fügen MCs mitunter die Buchstaben "MC" oder ein "1%" ein. Das Abzeichen gilt als unantastbar, es darf keinesfalls anderen (außer unter Umständen anderen Mitgliedern) überlassen werden. Mitglieder auf Probe ("Prospects") erhalten zunächst nur ein unvollständiges Abzeichen, im Allgemeinen nur die Schriftzüge.

Kleinere Abzeichen auf der Vorderseite der Kutte geben Auskunft über Stellung im Club, wie etwa die oben genannten Ämter, und dienen der Selbstdarstellung. Zum Beispiel gibt es auch hier "1%" Abzeichen, die Zahl "74" für Besitzer einer Harley-Davidson mit 74 cubic-inches Hubraum und ähnliches.

Viele MCs haben Freundschafts-, Erinnerungs- und Gedenkabzeichen, die zum Beispiel das Clubabzeichen im Kleinformat (unter 10 cm) wiederholen, so genannte "Patches", die auch von Nichtmitgliedern getragen werden können. Es ist jedoch bei großen Clubs nicht üblich, Abzeichen anderer MCs zu tragen, seien sie auch noch so klein.

Eine Vorliebe vieler MCs sind Umschreibungen ihres Namens, da auch die Benutzung des Namens oft nur Mitgliedern und nur in Clubangelegenheiten gestattet ist. So bedeuten zum Beispiel:

  • Hells Angels MC: 81 (für HA), Big Red Machine (nach den Clubfarben)
  • Bandidos MC: The Fat Mexican (nach dem Abzeichen), Red and Gold (nach den Clubfarben)
  • Gremium MC: 7 oder Black Seven (für G, aber auch die Anzahl der Buchstaben im Namen und eines internen Chapter-Rates mit sieben Mitgliedern, sowie die Clubfarben)
  • Sons of Silence MC: SOS oder Rot Schwarz Weiß - oder auch Red Circle Crew

Oben genannte Namensbestandteile weisen bei szenetypischen Aktivitäten, zum Beispiel Tätowierstudios oder Motorradrenngruppen, auf MC-Beteiligung hin. Der Angfangsbuchstabe eines MC wird oft mit FF gruppiert (zum Beispiel als AFFA) und bedeutet dann 'MC' forever, forever 'MC'.

Konflikte mit der Gesellschaft

MCs und ihre Mitglieder geraten immer wieder in den Brennpunkt polizeilicher Arbeit. Der in diesem Zusammenhang oft benutzte Begriff der "Brotherhood of Outlaws" ist eigentlich irreführend, da dies im amerikanischen Sprachgebrauch nicht "Gesetzlose" meint, sondern zunächst jene, die nach Hollister (siehe oben) aus der AMA ausgeschlossen (outlawed) wurden. Allerdings hat sich der Gebrauch des Wortes über die Jahrzehnte gewandelt.

Durch die Medien werden Verurteilungen von MC-Mitgliedern oft zusammen mit dem Namen des MC genannt, ohne dass dies in Tatzusammenhang stünde. Andererseits können Ereignisse wie der so genannte "skandinavische Rockerkrieg" in den 1990ern zwischen Bandidos MC und Hells Angels MC nicht unerwähnt bleiben, in dessen Verlauf es zu mehreren Toten und Kriegswaffeneinsatz kam.

Insgesamt ist zu bemerken, dass es nicht nur einzelne kriminelle Mitglieder gibt, sondern einzelne MCs sich auch mehrheitlich aus einem solchen Milieu rekrutieren. Der gern gezogene Schluss, das infolgedessen diese MCs, oder sogar MCs im Allgemeinen, kriminelle Vereinigungen seien, ist jedoch unzulässig. Tatsächlich sind trotz vielfacher Anklagen Verurteilungen oder gar Clubverbote in diesem Bereich eine Seltenheit, Freisprüche dagegen zahlreich. Aufgrund dessen versuchen die Exekutivorgane der Bundesrepublik Deutschland Verbote vermehrt auf dem Wege des Vereinsrechts durchzusetzen, bislang ohne besonderen Erfolg.

Siehe auch: Lifestyle

Filme

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