Homöopathie
Die Homöopathie Vorlage:Lautschrift ist eine sehr kontrovers diskutierte sogenannte "alternative Heilmethode", die nach dem Grundsatz Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt Krankheiten mit stark verdünnten (potenzierten) Substanzen, die der Krankheit ähnliche Symptome hervorrufen, zu heilen versucht.
Sie wurde von Samuel Hahnemann (1755-1843) begründet und hat bis heute Anhänger. Sie wird in Deutschland vor allem von Heilpraktikern, aber auch gelegentlich von Ärzten ausgeübt (die Zahl der Ärztinnen und Ärzte mit anerkannter Zusatzausbildung Homöopathie ist in den jüngsten Jahren deutlich gestiegen auf mittlerweile mehr als 4.500. Unter den Heilpraktikern gibt es ebenfalls mehrere tausend, die eine intensive homöopathische Ausbildung haben.). In Österreich darf Homöopathie nur von Ärzten nach einer speziellen Ausbildung angewendet werden. Weltweit hat sie insbesondere Verbreitung in den USA, Südamerika und Indien gefunden.
Grundsätze
Ähnlichkeitsprinzip
Der erste Grundsatz von Hahnemann ist similia similibus curentur ("Ähnliches heile Ähnliches"). Bei der Behandlung wird versucht, das Symptombild des Stoffes ("Arzneimittel-Bild") möglichst genau mit dem Krankheitsbild jedes einzelnen Betroffenen in Beziehung zu bringen (Individualisierung der Therapie). Homöopathisch wird zum Beispiel ein Durchfall behandelt, indem man eine Substanz wählt, die selbst einen Durchfall mit gleichem Symptombild erzeugt und von dieser eine sehr niedrig konzentrierte Verdünnung wählt, die dem Kranken verabreicht wird. Ziel ist es, das individuell richtige Mittel mit möglichst vielen symptomatischen Übereinstimmungen zu finden.
Um dieses Prinzip auszuführen, muss der Homöopath zunächst wissen, welche Symptome eine Substanz bei gesunden Menschen hervorruft. Dafür werden empirische Arzneimittel-Prüfungen durchgeführt. Weil die Arzneimittel-Bilder durch praktische Versuche an freiwilligen gesunden Menschen ermittelt werden, sollen sie eine empirische Basis dafür bilden, welche Symptome ein homöopathisches Mittel bei Gesunden erzeugt.
In den in der Literatur vorhandenen Prüfungen ist oft unklar, welche Dosis benutzt worden ist. Samuel Hahnemann selbst hat wohl zeitweise hohe, d.h. chemisch relevante, Dosen benutzt, und zeitweise starke (C30) Verdünnungen. Die Tatsache, dass die meisten Prüfungsberichte aus dem 19. Jahrhundert stammen und nicht blind durchgeführt worden sind, macht die Bewertung der Ergebnisse noch problematischer. Eine wissenschaftlich saubere Prüfung von Pulsatilla 3X ist 1978 von Anne Clover (British Homeopathic Journal, Bd. 69, Nr. 3, Juli 1980, S. 134) durchgeführt worden, mit dem Ergebnis, dass die beobachtete Placebo-Symptome so stark waren, dass echte Symptome, falls es überhaupt solche gab, nicht festgestellt werden konnten. [1]
Potenzierung
Der nächste wichtige Grunsatz der Homöopathie ist die Verwendung sehr niedrig konzentrierter Verdünnungen (oft 1:10030 bis 1:100200 (sog. C-Potenz), aber auch 1:1030 bis 1:10200 (sog. D-Potenz)), so dass in der Arznei statistisch kein Molekül des Stoffes mehr enthalten ist (ab etwa C12 bzw D24). Die Forderung nach Verdünnung entstand ursprünglich, weil zunächst vor allem giftige Stoffe verwendet wurden. Sie erfolgt schrittweise, es soll eine so genannte "Dynamisierung" des Stoffes erreicht werden.
Genaue Beschreibungen, wie die einzelnen Arzneimittel hergestellt werden sollten, finden sich in Hahnemanns Werken "Reine Arzneimittellehre" und "Die Chronischen Krankheiten". Heutzutage werden die Arzneimittel in der Regel nicht streng nach Hahnemann sondern fabrikmäßig nach den Vorschriften des Homöopathischen Arzneibuches ("HAB") hergestellt. Die Arzneimittel in der Form von Tropfen, Tabletten, oder Globuli werden durch stufenweises "Potenzieren" aus Urtinkturen (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder mineralischen und chemischen Ursprungs: Symbol O) und aus indifferenten Verdünnungsmitteln wie Weingeist, destilliertem Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt.
Unter dem Potenzieren oder Dynamisieren verstehen Homöopathen dabei nicht nur eine Verdünnung. Durch mehrstufige Verreibung nach einem festen Schema oder durch Verschüttelung sollen die Arzneistoffe zusätzlich noch eine "Umwandlung" erfahren, bzw. die Flüssigkeit soll sich an die Substanzen der Urtinktur "erinnern". Mit jedem Potenzierungsschritt soll sich die Wirksamkeit der Ursprungssubstanz erhöhen, weil die latenten, dynamischen Kräfte der Substanz geweckt und entwickelt würden.
Diese Sicht ist jedoch umstritten und durch keine soliden wissenschaftlichen Arbeiten belegt. Naturwissenschaftler gehen davon aus, dass ein echtes homöopathisches Medikament chemisch und wahrscheinlich auch physikalisch gesehen praktisch reines Wasser bzw. Milchzucker ist (siehe unten).
Für die verschiedenen Verdünnungsprozesse wurden folgende Abkürzungen entwickelt:
Dil. | (Verdünnung; flüssige Zubereitung durch Potenzieren) |
---|---|
D1 | einmalige Verdünnung im Verhältnis 1:10 |
D2 | zweimalige Verdünnung jeweils im Verhältnis 1:10 |
D3 | dreimalige Verdünnung jeweils im Verhältnis 1:10 |
D | -malige Verdünnung jeweils im Verhältnis 1:10 |
C1 | einmalige Verdünnung im Verhältnis 1:100 |
C2 | zweimalige Verdünnung jeweils im Verhältnis 1:100 |
C3 | dreimalige Verdünnung jeweils im Verhältnis 1:100 |
C | -malige Verdünnung jeweils im Verhältnis 1:100 |
Auch andere sogenannte Potenzen außer D und C (mit jeweils anderem Verdünnungsverhältnis pro Verschüttelungsschritt) existieren, diese werden jedoch wesentlich seltener verwendet. Zu beachten ist, dass das Verfahren C1 nicht das selbe ist wie das Verfahren D2, denn die Zwischenschritte und damit die Anzahl der Verschüttelungen unterscheiden sich.
Entgegen weit verbreiteter Auffassung ist die Verdünnung unter die physikalische Auflösungsgrenze jedoch kein zwingendes Element der Homöopathie. Viele Heilpraktiker und einige Ärzte arbeiten in Deutschland gern mit Niedrigpotenzen (D4, D6), in denen die Stoffe noch in nennenswerter Konzentration vorliegen. Eine D6 enthält den Ausgangsstoff in der Verdünnung von 1:1.000.000, also in µg/g. Bei diesen nur schwach verdünnten Mitteln sind die regulären Dosis-Wirkungs-Beziehungen des verwendeten Stoffes zu beachten und unerwünschte Wirkungen möglich.
Die Lehre der chronischen Krankheiten
Hahnemann glaubte herausgefunden zu haben, dass die chronischen Krankheiten zu Beginn homöopathisch sehr gut zu behandeln sind, in der Folge aber weniger günstig und im Ausgang hoffnungslos (Band I. Die chronischen Krankheiten, S. Hahnemann, Haug Verlag). Daraus schloss er, dass hinter den chronischen Krankheiten ein tief liegender Mechanismus bestehen muss, den man mit den bisherigen Forschungen nicht erreicht hatte (1816/1817). So kam er durch Forschung in seinen Krankenunterlagen und durch eigene Schlussfolgerungen darauf, dass es sich um chronisch-miasmatische Krankheiten handeln müsse. Diese chronischen und vererbbaren Krankheiten erkannte er in der Syphilis, der Sykosis (Feigwarzenkrankheit als Folge der Gonorrhoe) und der Psora (welche er als Folge der Krätzekrankheit Skabies sah). Viele seiner Anhänger kritisierten diese Aussagen. Manche Homöopathen arbeiten miasmatisch, andere nicht.
Entwicklung
Geschichte
Der Arzt Samuel Hahnemann übersetzte eine englische Abhandlung über die Heilweise von Chinarinde bei Malaria. Er empfand die in dem Artikel bemühten Erklärungen als willkürlich und verfiel deshalb auf die Idee, als gesunder Mensch Chinarinde einzunehmen. Daraufhin bekam er einige der bekannten Malaria-Symptome. Diese Zufallsentdeckung löste seinen Forscherdrang aus, und er begann, weitere giftige Substanzen selbst einzunehmen, wie z. B. viele giftige Heilpflanzen. Die darauf auftretenden Symptome notierte er. Später behandelte er Kranke mit ähnlichen Symptombildern mit diesen Stoffen. Um sie ihrer Toxizität zu berauben, verdünnte er die Stoffe. Erstaunt war er selbst darüber, dass die Heilwirkung nicht verschwand, sondern sich sogar zu verstärken schien. Die von Hahnemann beobachteten Symptome sind jedoch für Chinin untypisch und entstammen eher einer Allergie Hahnemanns gegen Chinin. Zudem hat Hahnemann vorher tatsächlich an Malaria gelitten, es ist daher gut möglich, dass er sich an die entsprechenden Symptome erinnerte.
Als historischen Verdienst der Lehre Hahnemanns kann auch einiges an Innovationen gesehen werden, die sie zur Zeit ihrer Konstitution als eine sinnvolle Alternative zur damaligen "Schulmedizin" (die von ihm "Allopathie" tituliert wurde) darstellte. Mikroorganismen waren damals noch nicht als Krankheitserreger erkannt worden. Viele damals gängige Mittel und Behandlungen (die oft keineswegs auf uralter Erfahrung beruhten, sondern erst im 17. Jahrhundert nach der alchimistisch geprägten Lehre des Paracelsus eingeführt worden waren) gefährdeten den Patienten mehr, als sie halfen -- nicht ganz umsonst nannte man diese Art der Medizin auch "heroische Medizin". Das heißt, so genannte Drastika mit Wirkstoffen wie beispielsweise Bleiacetat oder Quecksilberchlorid wurden den Patienten verabreicht, was nicht wenige Patienten tötete. Dies erklärt die Bestimmung Hahnemanns, nur jeweils ein einziges Mittel geduldig anzuwenden und die eingehende Beschäftigung mit dem Patienten. Seine (aus chemischer Sicht) oftmals fast wirkstofflosen "Mittel" trugen ebenfalls zur Durchsetzung eines "sanfteren" Weges der Medizin generell bei.
Status im deutschsprachigen Raum
Homöopathie ist in Deutschland eine anerkannte Besondere Therapieform im Sinne des Sozialgesetzbuches. Seit 1978 bekennt sich der deutsche Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz zum Wissenschaftspluralismus der Medizin. Darunter werden derzeit die Schulmedizin einerseits und andererseits drei Besondere Therapierichtungen verstanden:
- Anthroposophisch erweiterte Medizin
- Homöopathie
- Phytotherapie
Die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dürfen verordnet werden, auch ohne einen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis gebracht zu haben.
In Österreich ist die Homöopathie seit dem Arzneimittelgesetz 1983 ein anerkannter Teil der Medizin. In der Schweiz gehört die Homöopathie zu den fünf Klassen der Komplementärmedizin. Homöopathische Arzneimittel werden von den Krankenkassen-Grundversicherung übernommen, sofern sie von einem Arzt verschrieben werden.
Die europäische Gesetzgebung sieht seit der Richtlinie 2001/83 ein eigenes Zulassungsverfahren für homöopathische Arzneimittel vor. In der Novelle zu dieser Richtlinie (2004/27) wird dieses vereinfachte Zulassungsverfahren erstmals für alle Mitgliedsländer verpflichtend. Die Richtlinie verlangt das "Fehlen einer besonderen Heilanzeige auf dem Etikett oder in den Informationen zu dem Arzneimittel."
Homöopathie in weiteren Ländern
In Indien ist die Homöopathie seit Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet. Behandlungen erfolgten im Bereich der Bekämpfung von Seuchen, wie asiatische Cholera und häufig wiederkehrenden Pestwellen, die jedoch wenig dokumentiert sind.
Schulen der Homöopathie
Homöopathie ist keine einheitliche Lehre. Es gibt verschiedene Richtungen, die sich teilweise gegenseitig hart bekämpfen. Andererseits ist die Diversität eher als ein Spektrum zu betrachten als abgetrennte "Schulen".
Klassische Homöopathie
An einem Ende des Spektrums stehen die "klassische" Homöopathen, die sich als die wahre Erben Hahnemanns sehen. Sie tendieren dazu, die Homöopathie als vollwertiger Ersatz für die Schulmedizin, die sie abwertig als "Allopathie" bezeichnen, zu sehen. Sie betonen die mystische Seite der Homöopathie und arbeiten oft mit der Miasma-Lehre. Vor allem folgen sie den Grundsatz, dass nur ein Mittel auf einmal verabreicht werden darf, am besten auch nur ein einziges Mal und in sehr hoher Potenz. Ihnen ist auch wichtig, das Mittel nach dem individuellen Symptombild zu wählen, das in einer eingehenden Anamnese festgestellt wird.
Pragmatische Homöopathie
Viele Homöopathen weichen auf verschiedene Weise von diesem klassischen Ansatz ab. Häufig ist die Verwendung von "Komplexmitteln", d. h. einer Vermengung oder gleichzeitigen Verabreichung von verschiedenen Mitteln. Diese Methode vereinfacht die Findung des richtigen Mittels. Statt auf die individuelle Symptome einzugehen, braucht der Homöopath für eine Erkältung, zum Beispiel, nur eine Mischung von Substanzen zu verschreiben, die alle typische Symptome einer Erkältung in ihrem Bild haben. Der Einwand der klassischen Homöopathen, dass potenzierte Arzneien sich gegenseitig behindern können, begegnen die Pragmatiker mit Erfolgen aus der eigenen Praxis.
Diese Gruppe von Homöopathen ist eher offen gegenüber konventioneller Medizin und betrachtet die Homöopathie nicht als "Alternative", sondern als "komplementär" (sich ergänzend). Sie ist auch offener gegenüber einer wissenschaftlichen Betrachtung der klinischen Wirksamkeit und möglicher Mechanismen.
Die extremste Form der pragmatischen Homöopathie ist der Verkauf von homöopathischen Mitteln an Kranke in Apotheken oder Drogerien, ohne eine Behandlung durch einen ausgebildeten Homöopathen.
Tier-Homöopathie
Neben Homöopathie für Menschen wird auch Homöopathie für Tiere praktiziert. Zum Beispiel wird an der Veterinärmedizinischen Universität Wien eine Vorlesung zum Thema "Homöopathie für Nutztiere" gehalten. Eine Ausbildung zum Fachtierarzt für Homöopathie ist vorgesehen. Ein Vorteil für die Landwirtschaft wäre, dass Nutztiere behandelt werden können, ohne Befürchtungen, dass sich Reste von Medikamenten etwa im Fleisch oder in der Milch finden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass milchgängige Schadstoffe, wie sie in manchen schwach verdünnten Homöopathika ("Niedrigpotenzen") enthalten sind, diese Ansätze konterkarieren können.
Es ist auch zu bemerken, dass Arzneimittelprüfungen immer an Menschen ausgeführt werden. Es wird einfach angenommen, dass sie auf Tiere übertragbar sind. In der klassischen Homöopathie wird Wert darauf gelegt, dass die Symptome in der Sprache des Patienten beschrieben werden, und ein besonderes Gewicht wird mentalen Symptomen beigemessen. Beides ist bei Tieren nicht möglich. Außerdem empfehlen viele Homöopathen ihren menschlichen Patienten, nicht zu essen oder trinken, wenn sie homöopathische Mittel einnehmen. Bei Tieren werden die Mittel üblicherweise dem Futter oder Trinkwasser beigemischt.
Anwendung
Indikationen
Die Homöopathie kann laut ihrer Lehren bei jeglicher Krankheit ergänzend oder als alleiniges Heilmittel angewandt werden.
Ernsthafte Erkrankungen sind jedoch nur durch belegt wirksame Arzneimittel anzugehen. Die Verschleppung einer zielführenden Therapie bei akuten, schweren Beschwerden kann lebensgefährlich sein, so dass hier von eigenen Behandlungsversuchen oder Behandlungsversuchen von ungeeigneten Personen dringend abzuraten ist.
Wahl des Mittels
In einem "Repertorium" werden die bei der Arzneimittelprüfung beobachteten Symptome in Buchform hierarchisch aufgeführt, und zu jedem Symptom werden alle Mittel genannt, bei denen es bisher auftrat. Die Wertigkeit eines Mittels (1-wertig bis 4-wertig) gibt einen Hinweise darauf, wie bewährt das Mittel bei der Heilung dieses Symptoms ist. Eine hohe Wertigkeit im Repertorium erhält ein Mittel nur, wenn es einerseits bei der Arzneimittelprüfung am Gesunden bei einer hohen Zahl von Probanden dieses Symptom hervorrief und wenn es andererseits auch viele Berichte erfolgreicher Heilung von Fällen mit diesem Symptom gibt. Eine klare statistische Definition für die "hohe Anzahl" gibt es nicht. Deshalb werden in modernen Repertorien auch Kennzeichnungen für bewährte Mittel geführt, die auf die Erfahrung einzelner Homöopathen mit hohem Ansehen zurückgehen. Die so genannten Künzli-Punkte werden zum Beispiel von vielen Autoren zitiert. Dadurch wird aber die empirische Belastbarkeit verwässert. Statt eine Wertigkeit, die auf eine Kombination von vielen Arzneimittelprüfungen und vielen Behandlungsverläufen berührt, rückt man in die Nähe von Einzelfallkenntnissen (en:anecdotal evidence).
Dosierung
Potenzierte Mittel gibt es in Forum von alkoholischen Lösungen, Tabletten und Globuli (mit homöopathischer Lösung imprägnierte Kügelchen aus Zucker). Bei der Einnahme von Lösungen sollte nach Empfehlung von manchen Homöopathen auf die Verwendung eines metallenen Löffels verzichtet werden, da dieser die vermeintlichen "Erinnerungseigenschaften" der Flüssigkeit beeinflussen könne. Statt dessen kann ein Löffel aus Holz oder Plastik verwendet werden. Homöopathische Mittel sind unter die Zunge zu träufeln bzw. unter der Zunge aufzulösen und ca. eine Minute im Mund zu belassen, um die Resorption über die Mundschleimhaut zu verbessern. Das beste Ergebnis soll erreicht werden können, wenn die homöopathischen Arzneimittel sofort nach Auftreten der ersten Symptome eingenommen werden.
Ohne Absprache mit dem Arzt oder Heilpraktiker sollten homöopathische Arzneimitteln nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Homöopathische Hochpotenzen sollen besonders wirksam sein, weshalb von Seiten der Homöopathen gefordert wird, dass diese immer durch einen versierten Homöopathen verordnet werden und der Verlauf beobachtet wird.
Gegenanzeigen
- Alkoholismus (bei Einnahme der alkoholischen Lösung)
- Allergien gegen einen der Inhaltsstoffe (bei niedriger Potenzierung) bzw. den Trägerstoff
- In Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern nur in Absprache mit dem Arzt oder Heilpraktiker einnehmen.
Nebenwirkungen
Als Nebenwirkung wird von Vertretern dieses Verfahrens oft lediglich die sogenannte Erstverschlimmerung, d. h. eine vorübergehende Verstärkung der Symptome, erwähnt. Die Erstverschlimmerung sei ein Zeichen, dass das Mittel anschlage. Kritiker sehen darin eine Umdeutung in der Weise, dass das Mittel eben nicht wirkt, das heißt, die Krankheit ihren üblichen Verlauf nimmt, wie er sich auch ohne Scheinbehandlung darstelle.
Die "Erstverschlimmerung" kann eine reguläre unerwünschte Wirkung sein, wenn Verdünnungsstufen angewandt werden, in denen noch nennenswerte Stoffmengen enthalten sind. So können z. B. durch die Anwendung von Mercurius (Quecksilber), Arsenicum (Arsen) oder Nux vomica (Brechnuss), einer Pflanze, die Strychnin-Alkaloide enthält, in geringen Verdünnungsstufen, d. h. einem nennenswerten Stoffgehalt (D4 bis D6), durchaus Vergiftungen hervorgerufen werden.
Vertreter behaupten, die "Wirkung" eines potenzierten Arzneimittels könne durch allgemein schädigende Faktoren in der Lebensweise und durch Reiz- und Genussmittel ungünstig beeinflusst werden. Kritiker sehen darin eine Schutzbehauptung der Anwender für den Fall, dass sich die Beschwerden nicht bessern.
Kritik an der Homöopathie
"Abdrücke" des Wirkstoffs in der Lösung
Für die einzelnen Elemente der homöopathischen Behandlung sind die verschiedensten Erklärungsversuche bemüht worden. Aus physikalisch-chemischer Sicht sind die bekannten Erklärungsversuche schlichtweg falsch oder nicht nachvollziehbar. So kann beispielsweise das Modell der Wassercluster (Wirkstoffe verursachen "Abdrücke" in Wassermolekülen) nicht erklären, warum homöopathische Mittel auch in ungelöster Form auf Milchzucker wirken sollen. Die eventuellen Mechanismen einer (vermutlich nicht existierenden) "homöopathischen Heilung" sind unbekannt.
Grundsätzliche Kritik an der Theorie gibt es auch was die "Potenzierung" angeht. So ist fraglich, warum nur die gewünschten Eigenschaften eines jeweiligen Stoffes durch eine "Potenzierung" ihre Wirkung verstärken und nicht auch die unerwünschten Nebenwirkungen bzw. die Wirkungen und Nebenwirkungen all der anderen Spurenelemente, Reststoffe etc., die sich außerdem noch im Alkohol/Wasser oder im Gefäß befunden haben. Auch die besten Filtrierverfahren lassen manchmal mehr Reststoffe im Wasser zurück als sich homöopathische Wirkstoffe darin befinden.
Manche Homöopathen glauben, Information über die Wirksubstanz werde von der Trägersubstanz "gespeichert", gewissermaßen eine Art Erinnerung des Wassers, ähnlich einem Abdruck in Lehm. Dass ein solcher Mechanismus existiert, und wie er funktioniert, konnte jedoch bislang nicht schlüssig dargelegt werden. Wenn die ungewöhnlichen physikalischen Eigenschaften von Wasser die Wirkung der Homöopathie erklären sollten, müssten die oft angewendeten Präparate auf Basis von Traubenzucker und Alkohol wirkungslos sein.
Verdünnung der Heilmittel
Als Argument gegen die Homöopathie wird unter anderem angeführt, dass bei den oft verwendeten sehr hohen Verdünnungen rein rechnerisch kein einziges Molekül der Wirksubstanz mehr vorhanden ist (eine Potenzierung von C 200 etwa entspricht einem Molekül Substanz pro 10400 Molekülen Wasser; das bekannte Universum enthält jedoch nur 1080 Atome). Hahnemann hat allerdings die Avogadro-Zahl noch gar nicht gekannt, weil sie erst später berechnet wurde; er konnte also bei seinem damaligen Wissensstand davon ausgehen, dass Wirkstoffe unendlich weiterverdünnt werden können. Hahnemann starb 1843, die Avogadro-Konstante wurde 1865 durch Loschmidt berechnet. Gemäss der Avogadro-Zahl kann ein mol einer Substanz höchstens bis zum Verhältnis 1:6*1023 verdünnt werden (d.h. ein Molekül des Wirkstoffs bleibt übrig).
Hohe Verdünnungen können rein technisch nicht entsprechend den Angaben durchgeführt werden. So hat man z. B. eine Phosphor D 200 hergestellt; nach einer analytischen Untersuchung stellte sich heraus, dass es eine D 9 war, eben eine viel geringere Verdünnung.
Rechtliche Lage: sie "sind" Heilmittel
Als Argument für den Wirkmechanismus der Homöopathie wird gelegentlich angeführt, dass in Deutschland Mittel verboten sind, die nach medizinischer Sichtweise so verdünnt sind, dass sie gar nicht wirken können. Warum müsse man Mittel verbieten, die gar nicht wirken könnten? Es müsse dann doch "etwas dran sein". Kritiker der Homöopathie weisen darauf hin, dass auch die deutschen Behörden sich keineswegs immer auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und besonders in Deutschland die Homöopathie viele Freunde in der Politik hat.
Homöopathie ist Nostalgie und nicht kohärent
Im Gegensatz zu der etablierten Medizin kümmert sich die Homöopathie nur um die Symptome einer Krankheit (da ja die Heilmittel streng auf ein Symptom zielen); während die Schulmedizin sich etwa auch mit der Prävention und mit den Ursachen eines Leidens befasst. Dazu kann jeder Mensch wegen einer Grippe zum Homöopathen in die Behandlung gehen, während zum Beispiel bei Krebstumoren die Homöopathie schlichtweg keine Behandlungsmöglichkeiten anbieten kann. Dazu verlässt sich ein Homöopath auf die persönliche Schilderung des Patienten (Anamnese), stellt aber keine wissenschaftlichen Untersuchungen an wie etwa Röntgenbilder, Ultraschall und Gewebeproben. Man bekommt den Eindruck, die Homöopathie sei technologisch in Hahnemanns Zeit - das heißt im 19. Jahrhundert - stehengeblieben. Vielleicht ist gerade diese "Nostalgie" ein Grund, weshalb die Heilmethode so beliebt ist.
Dogmatismus
Speziell den klassischen Homöopathen (siehe oben, Schulen der Homöopathie) wird oft ein geschlossenes, dogmatisches Denken unterstellt, welches Hahnemanns ursprüngliche Arbeiten geradezu vergöttert. Die übliche Medizin hat keine solche überragende Figuren, und gerade diese Eigenschaft der Homöopathie - dass eine einzelne Person wesentliche Teile der Lehre gestaltet hat und so "persönlich" wirkt - ist für viele Menchen verfänglich. Die Homöopathie bekommt so den Anschein einer stimmigen und klar formulierten medizinischen Theorie.
Studien
Die Kritik stützt sich im Wesentlichen darauf, dass es bis heute keinen formalen, reproduzierbaren Nachweis für die Wirksamkeit der Homöopathie gibt, weshalb sie von dem Großteil der Schulmedizin und der Wissenschaft als unwirksam abgelehnt wird. In ca. 100 unabhängigen Studien konnten die positiven Ergebnisse aus der Homöopathie-Forschung nicht reproduziert werden. Obwohl es auch Studien gibt, welche die Wirkung homöopathischer Mittel auf Gewebeproben und Zellkulturen untersuchen, sind deren teils positive Ergebnisse ebenfalls umstritten, da sie noch nicht unabhängig reproduziert werden konnten.
Medikamententests an Patienten ergaben oft, dass der Nutzen von homöopathischen Mitteln in etwa zahlenmässig der gleiche ist wie von Placebos, oft lag der Nutzen auch innerhalb der statistischen Unsicherheit. Je strenger (natur-)wissenschaftliche Methoden beim Test angewendet werden, desto geringer fällt der Nutzen der Homöopathie aus.
Es wird auch kritisiert, dass die Dokumentation von Fällen aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht genau genug wäre, weil sie zum Beispiel die Reaktion von Laborwerten auf die kleinsten Gaben nicht zeitnah belegen kann.
Kritiker weisen auch darauf hin, dass die berichteten Erfolge der Homöopathie, wie auch viele der TCM, auf "unspezifische" Effekte zurückzuführen sind (mehr Zuwendung, mehr Hoffnung etc.) Dies sollte auch das Augenmerk der Schulmedizin auf diese Effekte lenken, etwa auf eine partnerschaftlichere Arzt-Patienten-Beziehung ("Compliance").
Einzelfallberichte
Befürworter verweisen oft auf Einzelfälle, bei denen die Gabe eines homöopathischen Mittels gewirkt habe; ein oft verwendeter Satz lautet: "Wer heilt, hat recht". In diesen Fällen wird meist nicht berücksichtigt, dass die Krankheit oft von allein verschwindet oder periodisch auftritt. Außerdem bleiben negative Resultate meist unberücksichtigt, so dass ein Erfolg (zum Beispiel bei einer Krebserkrankung) in Wahrheit auf eine Spontanheilung zurückzuführen sein kann. Der Ruf der Homöopathie lebt auch davon, dass Bekannte und Freunde von Krankheiten geheilt wurden, während sie von der Schulmedizin nicht kuriert werden konnten. Allerdings sind solche anekdotische Beweise völlig wertlos, da in solchen "Ein-Mann-Versuchen" Kontrollgruppen fehlen. Die Wirksamkeit eines Heilmittels wird sehr oft in einer Doppelblindstudie gegenüber einem Placebo gemessen. Wer lässt sich gerne im Krankheitsfall absichtlich nicht behandeln, um zu sehen, was der Unterschied zwischen Nichtbehandlung und Homöopathie ist?
Unsaubere Methodik
Einen weitere Kritikpunkt betrifft die Therapiedauer, die von den Therapeuten meist bei der Gabe der Mittel nicht genannt wird und die in manchen Fällen den Verdacht aufkommen lässt, daß die Therapie bei "Heilung" einfach beendet wird, egal, ob die Besserung vorübergehend oder dauerhaft ist.
Die sogenannte "Erstverschlimmerung" ist für Homöopathen der Beweis, dass der Körper auf das Heilmittel anspricht. Der Schulmediziner hält diese "Verschlimmerung" für den Beweis, dass das Heilmittel eben nicht wirkt. Dem Homöopathen wird also vorgeworfen, dass er die Unwirksamkeit mit einem "schönen" Wort wegdefiniert.
Zitate
- Hahnemann, Originalbeschreibung:
- "Schon im Jahre 1790.... machte ich mit der Chinarinde den ersten reinen Versuch an mir selbst..., und mit diesem ersten Versuch ging mir zuerst die Morgenröthe zu der bis zum hellsten Tag sich aufklärenden Heillehre auf. Ich nahm des Versuches halber etliche Tage zweimahl täglich jedesmal vier Quentchen gute China ein; die Füse, die Fingerspitzen usw. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläfrig, mein Puls ward hart und geschwind; eine unleidliche Ängstlichkeit, ein Zittern (aber ohne Schaudern), eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; dann Klopfen im Kopfe, Röthe in Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen Symptome erschienen nacheinander, doch ohne eigentlichen Fieberschauder. Mit kurzem: auch die mir bei Wechselfieber gewöhnlich besonders charakteristischen Symptomen, die Stumpfheit der Sinne, die Art von Steifigkeit in allen Gelenken, besonders aber die taube widrige Empfindung, welche in dem Periostium über allen Knochen des ganzen Körpers ihren Sitz zu haben scheint - alle erschienen. Dieser Paroxysm dauerte zwei bis drei Stunden jedesmahl, und erneuerte sich, wenn ich diese Gabe wiederholte, sonst nicht. Ich hörte auf und war gesund."
- Johannes Köberling von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (1997)
- „Noch eindeutiger ist die Situation bei der Homöopathie. Für die gläubigen Anhänger dieser Therapieform existiert eine Art Bibel der reinen Lehre, nämlich Hahnemanns Organon. Hahnemann hat vor 200 Jahren ein in sich geschlossenes und von ihm selbst als definitiv erachtetes Lehrgebäude errichtet. Solche geschlossenen Systeme, so unsinnig sie auch sind, üben eine gewisse Faszination auf manche Menschen aus. So haben es die Vertreter dieser Lehre geschafft, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, hier sei eine ernsthafte Alternative zur Medizin zu finden, eine Auffassung die nicht selten auch von sonst kritischen und in anderen Bereichen vernünftigen Menschen geteilt wird. Weder der bekannte Ähnlichkeitssatz noch die Potenzierung durch extremes Verdünnen sind in irgendeiner Weise wissenschaftlich belegt. Erfolgsberichte über homöopathische Heilungen betreffen nie größere Patientengruppen mit bestimmten Krankheiten, sondern bestehen aus einzelnen Fallbeschreibungen. Fallbeschreibungen entziehen sich aber der Falsifikationsmöglichkeit, sie sind prinzipiell wahr.“[2]
Siehe auch
- Samuel Hahnemann
- Liste wichtiger Homöopathen
- Materia medica
- Nosoden
- Konstitutionstherapie
- Liste homöopathischer Arzneistoffe
- Medizinische Wirksamkeit
- Schüßler-Salze
- Phytotherapie
- TCM
- Anthroposophisch erweiterte Medizin
- Bach-Blütentherapie
- Isopathie
Literatur
- Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst [3] 6. Auflage
- Samuel Hahnemann: Reine Arzneimittellehre
- Samuel Hahnemann: Die Chronischen Krankheiten
- Robert Jütte: Samuel Hahnemann. Begründer der Homöopathie [4], dtv premium, München 2005
- Johann Ernst Stapf: Stapfs Archiv (Original Titel: Archiv für die homöopathische Heilkunst - Herausgegeben von einem Vereine deutscher Aerzte)
- Martin Lambeck (Physiker, Professor an der TU Berlin): "Irrt die Physik? Über alternative Medizin und Esoterik" Beck 2003, ISBN 3406494692
- Peter Christian Endler (Humanbiologe, Mitarbeiter des Ludwig-Boltzmann-Institutes für Homöopathie): Expedition Homöopathieforschung Ein altes Heilsystem wird plausibel ISBN 3-85175-695-9
- Michael Shermer, Lee Traynor (Hg.): Skeptisches Jahrbuch 3. Heilungsversprechen. Zwischen Versuch und Irrtum. Alibri 2000.
- Hans-Werner Lüdke: Homöopathie: Ein fruchtbarer, kein furchtbarer Irrtum. Deutsches Ärzteblatt (Köln) 100(3), S. A107 - A109 (2003), ISSN 0012-1207
Weblinks
- Deutscher Zentralverein Homöopathischer Ärzte Homepage der hom. Ärzte Deutschlands und international
- Offene Homöopathie-Datenbank für Homöopathen HomöoWiki
- Homéopathe international Internationale Homöopathie-Website mit Quellentexten
- Marburger Erklärung zur Homöopathie Philipps-Universität Marburg verwirft die Homöopathie als eine Irrlehre
- Karl Carstens Stiftung Unterstützt unter anderem wissenschaftliche Untersuchungen zur Homöopathie
- Die Homöopathie ist ein großer Irrtum Kritik von Dr. med. Wolfgang Vahle
- Einführung in die Grundlagen der Homöopathie
- Roche, Lexikon der Medizin
- Service Seite Für klassische Homöopathen
- Forschungen zur Wirksamkeit
- Erfolge der Homöopathie - nur ein Placebo-Effekt? Webseiten der GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.)
- Einführung in die Kritik der Homöopathie (GWUP)
- Pseudowissenschaftliche Forschung an der Universität Leipzig? (GWUP)