Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung
Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung umfasst das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (Föderation) sowie derzeit 181 anerkannte nationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften. All diese Organisationen sind voneinander rechtlich unabhängig.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ist die einzige Organisation, die im Humanitären Völkerrecht erfasst und als dessen Kontrollorgan genannt ist. Es ist neben dem Heiligen Stuhl und dem Souveränen Malteser-Ritterorden eines der wenigen originären nicht-staatlichen Völkerrechtssubjekte.
Geschichte
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
Solferino, Henry Dunant und die Gründung des IKRK

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es keine auch nur annähernd systematische Kriegskrankenpflege, keine gesicherten Einrichtungen zur Unterbringung und Behandlung von Verwundeten, geschweige denn eine Vorsorge durch Bereitstellung von Hilfskräften in ausreichender Zahl und mit angemessener Ausrüstung und Ausbildung. Im Jahre 1859 reiste der Schweizer Geschäftsmann Henry Dunant nach Italien, um dort mit dem französischen Kaiser Napoléon III über seine Probleme beim Erhalt von Landkonzessionen im französisch besetzten Algerien zu sprechen. Dabei wurde er am 24. Juni 1859 Zeuge der Schlacht von Solferino, in deren Verlauf an einem einzigen Tag 40.000 Soldaten getötet oder verwundet wurden. Die völlig unzureichende medizinische Versorgung und Betreuung sowie das Leid der verwundeten Soldaten entsetzten ihn so sehr, dass er den ursprünglichen Zweck seiner Reise völlig vergaß und sich mehrere Tage lang der Versorgung der Verwundeten sowie der Organisation von Hilfsmaßnahmen widmete. Unter dem Eindruck dieser Erlebnisse schrieb er ein Buch, welches er 1862 unter dem Titel "Eine Erinnerung an Solferino" auf eigene Kosten veröffentlichte und an führende Persönlichkeiten aus Politik und Militär in ganz Europa verschickte. Neben einer sehr eindringlichen Schilderung dessen, was er 1859 erlebte, regte er in diesem Buch die Bildung von freiwilligen Hilfsorganisationen an, die sich in Friedenszeiten auf Hilfe für Verwundete im Krieg vorbereiten sollten. Des Weiteren forderte er den Abschluss von Verträgen, in denen die Neutralität und der Schutz der Kriegsverwundeten und der sie versorgenden Personen sowie aller für sie getroffenen Einrichtungen gesichert werden sollte.

In seiner Heimatstadt Genf gründete Henry Dunant mit vier weiteren Bürgern (Gustave Moynier, Louis Appia, Théodore Maunoir und Guillaume-Henri Dufour), als Kommission der Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft, ein Komitee der Fünf zur Vorbereitung einer internationalen Konferenz zur Umsetzung seiner Ideen. Am 17. Februar 1863 beschlossen die fünf Gründungsmitglieder die Umbenennung der Kommission in Internationales Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege. Vom 26. bis zum 29. Oktober des gleichen Jahres fand auf Anregung des Komitees eine Internationale Konferenz in Genf statt, "[...] die über die Mittel beraten soll, mit denen man der Unzulänglichkeit der Sanitätsdienste im Felde abhelfen könnte [...]" (Zitat aus der Einladung zu dieser Konferenz). Insgesamt 36 Personen nahmen an dieser Konferenz teil, und zwar 18 offizielle Delegierte von Regierungen ihrer jeweiligen Länder, sechs Delegierte verschiedener Vereine und Verbände, sieben nicht offizielle ausländische Teilnehmer und die fünf Mitglieder des Internationalen Komitees. Die auf dieser Konferenz durch offizielle Delegierte vertretenen Länder waren Baden, Bayern, Frankreich, Grossbritannien, Hannover, Hessen, Italien, Niederlande, Österreich, Preußen, Russland, Sachsen, Schweden und Spanien. Zu den Beschlüssen und Forderungen dieser Konferenz, welche am 29. Oktober 1863 in Form von Resolutionen angenommen wurden, zählten unter anderem:
- die Gründung von nationalen Hilfsgesellschaften für Kriegsverwundete
- die Neutralisierung der Verwundeten
- die Entsendung freiwilliger Pflegekräfte für Hilfeleistungen auf das Schlachtfeld
- die Organisation und Durchführung weiterer internationaler Konferenzen
- die Einführung eines Kenn- und Schutzzeichens in Form einer weissen Armbinde mit rotem Kreuz
Bereits ein Jahr später kam es auf Einladung der Schweizer Regierung an alle europäischen Länder sowie an die Vereinigten Staaten von Amerika, Brasilien und Mexiko zu einer diplomatischen Konferenz, an der 26 Delegierte aus 16 Staaten teilnahmen. Am 22. August 1864 wurde während dieser Konferenz die erste Genfer Konvention "zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde" durch Vertreter von zwölf Staaten (Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Hessen, Italien, Niederlande, Portugal, Preußen, Schweiz, Spanien, Württemberg) unterzeichnet. In dieser Konvention wurden in zehn Artikeln die Vorschläge zum Schutz und zur Neutralisierung der Verwundeten, des Hilfspersonals und der entsprechenden Einrichtungen verbindlich festgelegt. Desweiteren enthielt die Konvention zwei Bedingungen zur Anerkennung einer Nationalen Gesellschaft:
- Die Nationale Gesellschaft muss zuvor von der Regierung ihres Landes anerkannt worden sein.
- Die Regierung des betreffenden Landes muss zuvor der Genfer Konvention beigetreten sein.
Bereits im Jahr 1864 entstanden auch die ersten Nationalen Gesellschaften, und zwar in Belgien, Dänemark, Frankreich, Oldenburg, Preußen, Spanien und Württemberg . Am 16. April 1864 nahmen an den Düppeler Schanzen erstmals Hilfskräfte und Delegierte unter dem Zeichen des Roten Kreuzes an einem Krieg teil. 1867 fand unter Beteiligung von Vertretern von neun Regierungen, 16 nationalen Rotkreuzgesellschaften und des Internationalen Komitees die erste Internationale Rotkreuzkonferenz statt.
Im gleichen Jahr musste Henry Dunant aufgrund des desolaten Verlaufs seiner Geschäfte in Algerien seinen Bankrott erklären und Genf verlassen. Nachdem Gustave Moynier bereits 1864 den Vorsitz des Internationalen Komitees übernommen hatte, wurde Henry Dunant nun auch vollständig aus dem Komitee ausgeschlossen. In den folgenden Jahren kam es in nahezu allen Ländern Europas zur Gründung von nationalen Rotkreuz-Gesellschaften. 1876 bekam das Internationale Komitee den noch heute gültigen Namen Internationales Komitees vom Roten Kreuz (engl. International Committee of the Red Cross, ICRC). Fünf Jahre später wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika auf Initiative von Clara Barton das Amerikanische Rote Kreuz gegründet. Immer mehr Staaten unterzeichneten die Genfer Konvention und respektierten diese auch weitesgehend in kriegerischen Auseinandersetzungen. 1907 wurde die Zweite Genfer Konvention "zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken und Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See" beschlossen und die Erste Genfer Konvention von 1864 überarbeitet. Die Dritte Genfer Konvention "über die Behandlung von Kriegsgefangenen" wurde, zusammen mit Überarbeitungen der bestehenden zwei Konventionen, im Jahr 1929 angenommen. 1914, fünfzig Jahre nach der Annahme der ersten Genfer Konvention, gab es bereits 45 Nationale Gesellschaften. Neben Gesellschaften in fast allen europäischen Ländern und den USA existierten weitere Gesellschaften unter anderem auch in Mittel- und Südamerika (Argentinien, Brasilien, Chile, Kuba, Mexiko, Peru, Salvador, Uruguay, Venezuela), Asien (China, Japan, Korea, Siam) und Afrika (Republik Südafrika).
Das IKRK während des Ersten Weltkrieges
Der Erste Weltkrieg stellte das IKRK vor große Herausforderungen, die es nur in Zusammenarbeit mit den nationalen Rotkreuzgesellschaften bewältigen konnte. Selbst aus den USA und Japan waren Rotkreuzschwestern zur Unterstützung der Sanitätsdienste der betroffenen europäischen Länder im Einsatz. Am 15. Oktober 1914, unmittelbar nach Kriegsbeginn, richtete das IKRK seine Internationale Zentralstelle für Kriegsgefangene ein, welche Ende 1914 bereits 1.200 vorwiegend freiwillige Mitarbeiter beschäftigte. Im Verlauf des gesamten Krieges übermittelte die Zentralstelle ca. 20 Millionen Briefe und Mitteilungen, fast 1,9 Millionen Pakete und Geldspenden in Höhe von ca. 18 Millionen Schweizer Franken an Kriegsgefangene aller beteiligten Staaten. Ferner kam es durch Vermittlung der Zentralstelle zum Austausch von ca. 200.000 Gefangenen. Die Kartei der Zentralstelle, die in den Jahren von 1914 bis 1923 entstand, enthält rund 7 Millionen Karteikarten. Sie führte in ca. 2 Millionen Fällen zur Identifizierung von Gefangenen und damit zu einem Kontakt zwischen den Gefangenen und ihren Angehörigen. Die gesamte Kartei kann heutzutage als Leihgabe des IKRK im Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum in Genf besichtigt werden, wobei eine Einsichtnahme weiterhin dem IKRK vorbehalten bleibt.
Das IKRK überwachte während des gesamten Krieges die Einhaltung der Genfer Konventionen in der Fassung von 1907 und leitete Beschwerden über Verstöße an die beteiligten Staaten weiter. Desweiteren protestierte das IKRK gegen die Verwendung von chemischen Kampfstoffen, welche im Ersten Weltkrieg erstmalig zum Einsatz kamen. Ohne Mandat durch die Genfer Konventionen setzte sich das IKRK auch für die vom Krieg betroffene Zivilbevölkerung ein, insbesondere in besetzten Territorien, wo das IKRK auf die Haager Landkriegsordnung als rechtverbindliche Vereinbarung zurückgreifen konnte. Ebenfalls basierend auf der Haager Landkriegsordnung waren die Aktivitäten des IKRK im Bezug auf Kriegsgefangene, wozu neben dem bereits beschriebenem Suchdienst und Informationsaustausch vor allem der Besuch von Kriegsgefangenenlagern gehörte. Insgesamt wurden im Kriegsverlauf 524 Lager in ganz Europa durch 41 Delegierte des IKRK besichtigt.
Zwischen 1916 und 1918 veröffentlichte das IKRK mehrere Ansichtskarten mit Motiven der von seinen Delegierten besuchten Länder. Dafür wurden Bilder ausgewählt, welche die Gefangenen bei alltäglichen Tätigkeiten wie zum Beispiel der Verteilung der Post zeigten. Ziel der Veröffentlichung dieser Karten war es, den Angehörigen der Gefangenen Hoffnung zu vermitteln und sie zu beruhigen. Nach Kriegsende organisierte das IKRK die Rückführung von ca. 420.000 Kriegsgefangenen in ihre Heimatländer. Die weitere Repatriierung der Gefangenen wurde ab 1920 vom neugegründeten Völkerbund unter der Verantwortung seines "Hochkommissars für die Heimschaffung der Kriegsgefangenen" Fridtjof Nansen übernommen. Sein Mandat wurde später ausgeweitet auf die Unterstützung und Versorgung von Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen. Zu seiner Unterstützung für diese Tätigkeiten wählte er zwei Delegierte des IKRK als seine Stellvertreter.
Als direkte Folge des Ersten Weltkrieges im Hinblick auf das Humanitäre Völkerrecht kam es 1925 durch ein zusätzliches Protokoll zu den Genfer Konventionen zum Verbot des Einsatzes von erstickenden und giftigen Gasen sowie bakteriellen Kampfstoffen zur Kriegsführung. Für seine Aktivitäten während des Ersten Weltkriegs erhielt das IKRK 1917 den Friedensnobelpreis, den einzigen, der in den Kriegsjahren von 1914 bis 1918 vergeben wurde.
Das IKRK und der Zweite Weltkrieg

Basis der Tätigkeit des IKRK während des Zweiten Weltkrieges waren die Genfer Konventionen in der Fassung von 1929. Die Aktivitäten des IKRK im Zweiten Weltkrieg konzentrierten sich analog zum Ersten Weltkrieg auf die Überwachung der Kriegsgefangenenlager, die Hilfe für die Zivilbevölkerung und der Informationsaustausch über Gefangene und vermisste Personen. Im gesamten Kriegsverlauf kam es zu 12.750 Besuchen von Kriegsgefangenenlagern in 41 Ländern durch 179 Delegierte. In der Zentralauskunftsstelle für Kriegsgefangene waren während dieses Krieges ca. 3.000 Menschen beschäftigt. Ihre Kartei umfasste ca. 45 Millionen Karten, ca. 120 Millionen Nachrichten wurden vermittelt. Ein großes Problem für die Arbeit des IKRK war die Gleichschaltung des Deutschen Roten Kreuzes in der Zeit des Nationalsozialismus und die damit verbundenen massiven Einschränkungen in der Zusammenarbeit mit dem DRK im Bezug auf die Deportation der Juden aus Deutschland und den Massenmord in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern. Erschwerend kam auch die Tatsache hinzu, dass mit der Sowjetunion und Japan zwei Hauptmächte des Krieges nicht an die Genfer Konventionen von 1929 gebunden waren.
Es gelang dem IKRK während des gesamten Krieges nicht, bei den nationalsozialistischen Machthabern die Gleichstellung der in den Konzentrationslagern internierten Menschen mit Kriegsgefangenen zu erreichen. Aufgrund der Befürchtung, durch ein weiteres Beharren auf entsprechenden Forderungen seine Aktivitäten für Kriegsgefangene und damit seine völkerrechtlich legitimierte Mission zu gefährden, unterliess das IKRK weiterführende Bemühungen in dieser Hinsicht. Aus dem gleichen Grund und wegen einer möglichen Gefährdung seiner Neutralität unternahm das IKRK nur zögerliche und unzureichende Schritte bei den Alliierten im Hinblick auf seine Kenntnisse über die Existenz der Vernichtungslager und die Deportation der jüdischen Bevölkerung. Erst ab November 1943 war es dem IKRK erlaubt, Pakete an diejenigen KZ-Insassen zu schicken, deren Namen und Aufenthaltsort dem Komitee bekannt waren und die keinen verschärften Haftbedingungen unterlagen. Durch die Empfangsbestätigungen, die neben den Empfängern oft auch von mehreren anderen Insassen unterzeichnet waren, gelang es dem IKRK, ca. 105.000 Menschen in den Lagern zu registrieren und insgesamt 1,1 Millionen Pakete zu verschicken, vorwiegend in die Lager Dachau, Buchenwald, Ravensbrück und Oranienburg-Sachsenhausen.
Am 12. März 1945 erhielt der damalige IKRK-Präsident Carl Burckhardt von SS-General Ernst Kaltenbrunner die Zusage, dass IKRK-Delegierten Zugang zu den Konzentrationslagern gewährt werden würde. Dies galt allerdings unter der Voraussetzung, dass diese Delegierten bis zum Ende des Krieges in den Lagern verblieben. Zehn Delegierte, unter ihnen Louis Haefliger (Mauthausen), Paul Dunant (Theresienstadt) und Victor Maurer (Dachau) erklärten sich zu einer solchen Mission bereit. Louis Haefliger verhinderte durch seinen persönlichen Einsatz die Räumung bzw. Sprengung des Lagers Mauthausen und rettete damit ca. 60.000 Gefangenen das Leben. Er wurde für sein eigenmächtiges Handeln vom IKRK verurteilt und erst 1990 durch den damaligen Präsidenten Cornelio Sommaruga rehabilitiert.
Herausragend aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges sind die Aktivitäten des IKRK-Delegierten Friedrich Born (* 1903; † 1963) in Ungarn. Er besorgte für Juden in Budapest Immigrationspapiere lateinamerikanischer Staaten, die den betroffenen Menschen zwar nicht die Ausreise ermöglichten, ihnen aber ein gewisses Maß an Schutz garantierten. Desweiteren organisierte er den Aufbau von ca. 60 Kinderheimen im Land für ca. 7.000 bis 8.000 jüdische Kinder, unter ihnen viele Waisen. Die Deportation der ungarischen Juden gegen Ende des Krieges konnte er größtenteils nicht verhindern. Es gelang ihm jedoch, den Abtransport der letzten Konvois aufzuhalten, wodurch er ca. 7.500 Menschen das Leben rettete. Friedrich Born wurde am 5. Juni 1987 als "Gerechter unter den Völkern" in die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem aufgenommen. Ein weiterer bekannter Delegierter des IKRK im Zweiten Weltkrieg war der Genfer Arzt Marcel Junod (* 1904; † 1961), dessen Erlebnisse in seinem Buch "Kämpfer beidseits der Front" nachzulesen sind.
Im Jahr 1944 erhielt das IKRK erneut den Friedensnobelpreis, der seit Beginn des Krieges nicht vergeben worden war. Nach Ende des Krieges organisierte das IKRK, in Zusammenarbeit mit verschiedenen nationalen Rotkreuzgesellschaften, Hilfsmaßnahmen in den vom Krieg betroffenen Ländern. In Deutschland wurde dies vor allem vom Schwedischen Roten Kreuz unter Leitung von Folke Bernadotte übernommen. 1948 veröffentlichte das IKRK einen "Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz über sein Wirken während des Zweiten Weltkriegs (1. September 1939 - 30. Juni 1947)". Seit dem 17. Januar 1996 ist das Archiv des IKRK für die Öffentlichkeit zugänglich.
Das IKRK nach dem Zweiten Weltkrieg
Am 12. August 1949 wurden grundlegende Neufassungen der bestehenden Konventionen angenommen, die den Erkenntnissen aus dem Zweiten Weltkrieg entsprechen sollten und als wesentliche Neuerung eine zusätzliche Konvention "zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten" enthielten. Zwei Zusatzprotokolle vom 8. Juni 1977 ergänzen den Schutz der Zivilbevölkerung auf Situationen in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten wie z.B. Bürgerkriegen. Heute umfassen die vier Genfer Abkommen und ihre zwei Zusatzprotokolle über 600 Artikel.
Zum 100-jährigen Jubiläum seiner Gründung erhielt das IKRK, diesmal gemeinsam mit der Föderation, im Jahr 1963 zum dritten Mal den Friedensnobelpreis. Seit 1993 können auch Personen ohne Schweizer Nationalität für das IKRK tätig sein, sowohl vor Ort im Hauptquartier in Genf als auch als Delegierte bei Auslandseinsätzen. Dies war vorher ausschließlich Schweizer Staatsbürgern vorbehalten. Der Anteil von Mitarbeitern ohne Schweizer Staatsangehörigkeit ist seitdem kontinuierlich angestiegen und liegt derzeit bei ca. 35%.
Die Präsidenten des IKRK
Derzeitiger Präsident des IKRK ist seit dem Jahr 2000 Jakob Kellenberger, Vizepräsidenten sind Anne Petitpierre und Jacques Forster.
Bisherige Präsidenten des IKRK waren:



Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften
Historische Entwicklung
1919 gründeten die nationalen Rotkreuz-Gesellschaften Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Japans und der USA auf Anregung des damaligen Präsidenten des Amerikanischen Roten Kreuzes, Henry Davison, in Paris die "Liga der Rotkreuz-Gesellschaften". Die Ausdehnung der Rotkreuz-Aktivitäten über die strikte Mission des IKRK hinaus auch auf Opfer von nicht kriegsbedingten Notsituationen (wie z.B. nach technischen Unglücken und Naturkatastrophen), welche auf internationaler Ebene Aufgabe der Liga werden sollte, ging ebenfalls auf die Initiative des Amerikanischen Roten Kreuzes und insbesondere seiner Gründerin Clara Barton zurück. Die erste durch die Liga organisierte Hilfsaktion unmittelbar nach ihrer Gründung war die Versorgung der Betroffenen einer Typhus-Epidemie und Hungersnot in Polen. Bereits in den ersten fünf Jahren nach ihrer Gründung erliess die Liga 47 Spendenappelle für Hilfsaktionen in 34 Ländern. Auf diesen Wege gelangten Hilfsgüter im Wert von ca. 685 Millionen Schweizer Franken unter anderem an die Opfer von Hungersnöten in Russland, Deutschland und Albanien, Erdbeben in Chile, Persien, Japan, Kolumbien, Ecuador, Costa Rica und der Türkei und an Flüchtlinge in Griechenland und der Türkei. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Liga war die Unterstützung der Nationalen Gesellschaften bei der Schaffung von Jugendsektionen. Der erste große Katastropheneinsatz der Liga war das Erdbeben in Japan im Jahr 1923, bei dem ca. 200.000 Menschen ums Leben kamen. Durch Vermittlung der Liga erhielt das Japanische Rote Kreuz Hilfeleistungen von anderen Nationalen Gesellschaften im Gesamtwert von ca. 100 Millionen Dollar.
Mit dem Einsatz der Liga zusammen mit dem IKRK im Russischen Bürgerkrieg (1917-1922) wurde die Bewegung erstmals in einem innerstaatlichen Konflikt aktiv. Während die Liga mit Unterstützung von mehr als 25 Nationalen Gesellschaften vor allem die Verteilung von Hilfsgütern und die Versorgung der hungernden und von Seuchen betroffenen Zivilbevölkerung übernahm, unterstützte das IKRK durch seine Neutralität das Russische und später das Sowjetische Rote Kreuz bei seinen Aktivitäten gegenüber den Konfliktparteien. Zur weiteren Koordinierung der Aktivitäten zwischen dem IKRK und der Liga wurde 1928 das International Council gegründet, dessen Aufgaben später die Ständige Kommission (engl. Standing Commission) übernahm. Im gleichen Jahr wurden erstmals gemeinsame Statuten der Internationalen Rotkreuz-Bewegung beschlossen, welche die jeweiligen Aufgaben des IKRK und der Liga beschrieben. Diese Statuten wurden 1952 und 1986 überarbeitet. Während des Krieges zwischen Äthiopien und Italien (1935/36) erbrachte die Liga Hilfeleistungen im Umfang von ca. 1,7 Millionen Schweizer Franken, die jedoch aufgrund der Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz durch Italien ausschliesslich der äthiopischen Seite zukamen. Vorwiegend durch Angriffe der Italienischen Armee verloren in diesem Konflikt 29 Menschen, die unter dem Schutz des Roten Kreuzes tätig waren, ihr Leben. Während des Spanischen Bürgerkrieges von 1936 bis 1939 war die Liga erneut zusammen mit dem IKRK aktiv und wurde dabei von 41 Nationalen Gesellschaften unterstützt. 1939 verlegte die Liga aufgrund des Beginns der Zweiten Weltkrieges ihren Hauptsitz von Paris nach Genf, um für ihre Aktivitäten den sich aus der Schweizer Neutralität ergebenden Schutz in Anspruch nehmen zu können.
Von 1960 bis 1970 verzeichnete die Liga einen starken Anstieg in der Zahl der anerkannten nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, von denen es zum Ende des Jahrzehnts mehr als 100 gab. Dieser Trend war zum Teil auf die Unabhängigkeit von früheren Kolonien in Afrika und Asien zurückzuführen. 1963 erhielt die Föderation, zusammen mit dem IKRK, den Friedensnobelpreis. Im Jahr 1983 wurde die Liga umbenannt in "Liga der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften", und 1991 wurde der Name erneut geändert in "Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften" (engl. International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies, IFRC). Das 1997 mit dem IKRK geschlossene Abkommen von Sevilla definiert die Zuständigkeiten beider Organisationen bei internationalen Einsätzen. Die bisher umfangreichste Hilfsaktion unter Leitung der Föderation ist mit Beteiligung von ca. 22.000 Helfern nationaler Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften der Einsatz nach der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean am 26. Dezember 2004.
Die Präsidenten der Föderation
Präsident der Föderation ist seit 2001 Don Juan Manuel Suárez Del Toro Rivero (Spanien). Vizepräsidenten sind René Rhinow (Kraft seines Amtes als Präsident des Schweizer Roten Kreuzes) sowie als Vertreter der veschiedenen Weltregionen Robert Barnes (Kanada), Murli S. Deora (Indien), Dr. Mamdouh Gabr (Ägypten) und Dr. Massimo Barra (Italien).
Bisherige Präsidenten (bis 1977 Chairman) waren:


Aktivitäten
Organisation der Bewegung

Zusammengefasst unter der Bezeichnung "Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung" sind für das IKRK, die Föderation und die nationalen Gesellschaften heute etwa 97 Millionen Mitglieder aktiv, davon ca. 300.000 Menschen hauptberuflich. Die 1965 auf der Wiener Konferenz beschlossenen und 1986 in die "Statuten der Bewegung" aufgenommenen gemeinsamen sieben Grundsätze der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung sind
- Menschlichkeit (engl. Humanity)
- Unparteilichkeit (engl. Impartiality)
- Neutralität (engl. Neutrality)
- Unabhängigkeit (engl. Independence)
- Freiwilligkeit (engl. Voluntary Service)
- Einheit (engl. Unity)
- Universalität (engl. Universality)
Die alle vier Jahre stattfindende Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Konferenz ist das oberste Organ der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. Vertreten sind jeweils Delegationen der nationalen Gesellschaften, des IKRK, der Föderation und der Unterzeichnerstaaten der Genfer Abkommen. Zwischen den Konferenzen ist die Ständige Kommission das höchste Organ der Bewegung und überwacht die Umsetzung der Konferenzbeschlüsse. Darüber hinaus koordiniert die Kommission die Zusammenarbeit zwischen dem IKRK und der Föderation. Die Kommission setzt sich zusammen aus je zwei Vertretern des IKRK und der Föderation (inklusive der jeweiligen Präsidenten) sowie fünf durch die Konferenz gewählten Mitgliedern.
Aufgaben des IKRK
Das IKRK hat seinen Hauptsitz in Genf (Schweiz) und Niederlassungen in ca. 80 weiteren Ländern. Entgegen weitverbreiteter Annahmen ist das IKRK im Bezug auf seine Struktur und Organisationsform weder eine Nichtregierungsorganisation noch, wie der Name vermuten ließe, eine internationale Organisation. Das Wort "international" im Namen bezieht sich vielmehr auf sein durch die weltweite Staatengemeinschaft in den Genfer Abkommen erteiltes Mandat, welche die rechtliche Basis für seine Aktivitäten bildet. Es besitzt jedoch durch Verträge mit einzelnen Staaten sowie mit internationalen Organisationen oder entsprechende nationale Gesetze in einzelnen Ländern weitergehende Rechte, Privilegien und Immunitätsschutz zur Durchführung seiner Aufgaben. In der UNO hat das IKRK beispielsweise aufgrund eines solchen Abkommens Beobachter-Status. Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen für seine Existenz und Organisation ist das IKRK eine private Vereinigung nach Schweizer Vereinsrecht. Es setzt sich aus bis zu 25 Schweizer Staatsbürgern zusammen, welche durch das Komitee selbst kooptiert werden. Für seine internationalen Aktivitäten sind ca. 12.000 Menschen weltweit im Einsatz, davon ca. 800 im Hauptquartier in Genf, ca. 1.200 Delegierte zur Leitung internationaler Missionen und ca. 10.000 Mitglieder nationaler Gesellschaften vor Ort. Das jährliche Budget des IKRK beläuft sich auf ca. 900 Millionen Schweizer Franken, welche zum größten Teil durch Zahlungen der Schweiz als Depositarstaat der Genfer Abkommen, durch Zahlungen der nationalen Rotkreuz-Gesellschaften und der Unterzeichnerstaaten der Genfer Abkommen, durch Zahlungen internationaler Organisationen wie der Europäischen Union und durch Spenden aufgebracht werden. Alle diese Zahlungen erfolgen freiwillig. Die Mission des IKRK als unparteiische, neutrale und unabhängige Organisation ist der Schutz des Lebens und der Würde von Opfern von Kriegen und innerstaatlichen Konflikten sowie ihre Unterstützung. Es leitet und koordiniert die internationalen Hilfsaktivitäten der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung bei bewaffneten Konflikten und ist damit nach dem Abkommen von Sevilla das verantwortliche Organ (engl. Lead Agency) der Bewegung für entsprechende Situationen.
Zu den durch die Genfer Abkommen definierten originären Aufgaben des IKRK gehören die Organisation und die Durchführung folgender Maßnahmen in Kriegs- und Krisensituationen:
- Überwachung der Einhaltung der Genfer Konventionen
- Pflege und Versorgung von Verwundeten
- Überwachung der Behandlung von Kriegsgefangenen sowie ihre Versorgung
- Familienzusammenführung sowie die Suche nach vermissten Personen (Suchdienst)
- Schutz und Versorgung der Zivilbevölkerung
- Vermittlung zwischen den Konfliktparteien
Bedingt durch die Lage Genfs im französischsprachigen Teil der Schweiz agiert das IKRK im Regelfall unter seinem französischem Namen Comité international de la Croix-Rouge bzw. dem sich daraus ergebenden Kürzel CICR. Als Symbol verwendet das IKRK das Rote Kreuz auf weißem Grund mit der im Kreis umlaufenden Beschriftung "COMITE INTERNATIONAL GENEVE",
Aufgaben der Föderation
Die Föderation hat ihren Hauptsitz ebenfalls in Genf und darüber hinaus 14 Regionalbüros in verschiedenen Regionen sowie Delegationen in mehr als 60 Ländern. Die verbindliche Rechtsgrundlage der Föderation hinsichtlich ihrer Ziele, ihrer Struktur, ihrer Finanzierung und ihrer Kooperation mit anderen Organisationen inklusive des IKRK ist ihre Verfassung. Innerhalb der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung koordiniert sie die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gesellschaften und unterstützt die Gründung und den Aufbau neuer nationaler Gesellschaften in Ländern, in denen noch keine entsprechende Gesellschaft existiert. Auf internationaler Ebene organisiert und leitet die Föderation insbesondere Hilfseinsätze in nicht-kriegerischen Notsituationen, wie z.B. nach Naturkatastrophen, technischen Unglücken, Epidemien, bei Massenfluchten und nach dem Ende eines bewaffneten Konflikts. Nach dem Abkommen von Sevilla ist die Föderation damit das verantwortliche Organ der Bewegung (engl. Lead Agency) für entsprechende Einsätze. Sie arbeitet dabei sowohl mit den nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften der betroffenen Länder (engl. Operating National Societies, ONS) als auch nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften anderer Länder (engl. Participating National Societies, PNS) zusammen. Von den derzeit 187 nationalen Gesellschaften, welche entweder als Mitglieder oder als Beobachter (engl. Observer) der Generalversammlung der Föderation angehören, sind ca. 25-30 regelmäßig als PNS in anderen Ländern im Einsatz. Zu den aktivsten nationalen Gesellschaften auf internationaler Ebene gehören unter anderem das Amerikanische Rote Kreuz, das Britische Rote Kreuz, das Deutsche Rote Kreuz und die nationalen Rotkreuz-Gesellschaften Schwedens und Norwegens. Ein aktueller Schwerpunkt der Arbeit der Föderation ist der Einsatz für ein Verbot des Einsatzes von Landminen und die medizinische, psychologische und soziale Betreuung von Minenopfern.
Die Aufgaben der Föderation lassen sich demzufolge zu den folgenden Schwerpunkten zusammenfassen:
- Verbreitung humanitärer Prinzipien und Werte
- Reaktion auf Katastrophen und andere Notsituationen durch Hilfsmaßnahmen
- Katastrophenvorsorge durch Aus- und Weiterbildung von Hilfskräften sowie Bereitstellung und Verteilung von Hilfsgütern
- Gesundheitsvorsorge und sozialmedizinische Betreuung auf lokaler Ebene
Die Föderation verwendet für ihre Aktivitäten die Kombination aus Rotem Kreuz (links) und Rotem Halbmond (rechts) auf weißem Grund ohne weitere Beschriftung als Kennzeichen.
Symbole
Unterscheidung zwischen Schutzzeichen und Kennzeichen
Die im folgenden beschriebenen Symbole besitzen eine doppelte Funktion, zum einen als Schutzzeichen im Sinne der Genfer Abkommen (Rotes Kreuz, Roter Halbmond, Roter Löwe mit roter Sonne), zum anderen als Kennzeichnen nationaler Gesellschaften. Als Schutzzeichen dienen sie der Markierung von Personen und Objekten (Gebäuden, Fahrzeugen etc.), welche im Fall eines bewaffneten Konflikts zur Umsetzung der in den Genfer Abkommen vereinbarten Schutzregelungen und Hilfsmaßnahmen im Einsatz sind. Sie dürfen in einem solchen Fall insbesondere auch von entsprechenden Organisationen und Einrichtungen, welche nicht Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung bzw. einer nationalen Gesellschaft sind, genutzt werden, wie z.B. den militärischen Sanitätsdiensten der beteiligten Streitkräfte, zivilen Krankenhäusern oder den Zivilschutz-Einheiten der betroffenen Länder. Als Schutzzeichen sind diese Zeichen möglichst weithin sichtbar (z.B. durch Fahnen) und ohne Zusätze zu verwenden. Bei einer Verwendung als Kennzeichen zeigen diese Zeichen nur an, daß bestimmte Personen oder Einrichtungen Teil einer bestimmten Rotkreuz- oder Rothalbmond-Organisation (IKRK, Föderation, nationale Gesellschaften) sind. Sie sollen in diesem Fall kleiner und mit einem entsprechenden Zusatz (z.B. "Deutsches Rotes Kreuz") verwendet werden.
Anerkannte Schutz- und Kennzeichen
Rotes Kreuz auf weißem Grund
Als ursprüngliches Schutz- und Kennzeichen wurde das rote Kreuz auf weißem Grund bestimmt. Es handelt sich dabei um die Umkehrung der Schweizer Flagge, eine Festlegung, die zu Ehren des Rotkreuz-Gründers Henri Dunant und seines Heimatlandes angenommen wurde. Die Idee für ein einheitliches Schutzzeichen sowie für seine Gestaltung geht zurück auf die Gründungsmitglieder des Internationalen Komitees, Dr. Louis Appia und General Henri Dufour. Als Schutzzeichen wird das rote Kreuz in Artikel 7 der Genfer Konvention von 1864 bzw. Artikel 38 des I. Genfer Abkommens (vom 12. August 1949) "zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde" beschrieben. Bei der Gestaltung des Kreuzes wurde inzwischen international festgelegt, dass das Kreuz sich aus fünf Quadraten zusammensetzt. Dies ist jedoch nur eine Rotkreuz-interne Vereinbarung, offiziell ist jedes Rote Kreuz auf weißem Grund anzuerkennen. Von den 181 anerkannten nationalen Gesellschaften verwenden derzeit 150 das Rote Kreuz als Kennzeichen, darüber hinaus die nationalen Gesellschaften von Ost-Timor und Tuvalu, welche ihre Anerkennung beantragt haben.
Roter Halbmond
Im Russisch-Türkischen Krieg (1876-1878) benutzte das Osmanische Reich anstelle des roten Kreuzes den roten Halbmond, da die türkische Regierung der Meinung war, dass das Rote Kreuz das religiöse Empfinden ihrer Soldaten verletzen würde. 1877 verpflichtete sich Russland auf Anfrage des IKRK, die Unantastbarkeit aller mit dem Roten Halbmond versehenen Personen und Einrichtungen anzuerkennen, woraufhin die türkische Regierung im gleichen Jahr die volle Anerkennung des Roten Kreuzes bekannt gab. Nach dieser de facto Gleichstellung des Roten Halbmondes mit dem Roten Kreuz erklärte das Internationale Komitee im Jahr 1878, dass prinzipiell die Möglichkeit bestehen würde. für nichtchristliche Staaten ein weiteres Schutzzeichen in die Bestimmungen der Genfer Konvention aufzunehmen, da Grundsätze der Menschlichkeit Vorrang haben müssten vor religiösen Überzeugungen. Formal wurde der rote Halbmond im Jahr 1929 durch eine diplomatische Konferenz der Unterzeichnerstaaten der Genfer Konventionen als gleichberechtigtes Schutzzeichen anerkannt (Artikel 19 der I. Genfer Konvention in der Fassung von 1929) und damals durch Ägypten sowie die neu gegründete Türkische Republik als solches genutzt. Seit der offiziellen Anerkennung nutzen die nationalen Gesellschaften fast aller islamisch geprägten Länder seit ihrer jeweiligen Gründung den roten Halbmond als Schutz- und Kennzeichen. Die nationalen Gesellschaften einiger Länder, wie z.B. Pakistan (1974), Malaysia (1975) und Bangladesh (1989) wechselten hinsichtlich ihres Namens und des Zeichens vom Roten Kreuz zum Roten Halbmond. Der Rote Halbmond wird derzeit von 31 der 181 anerkannten nationalen Gesellschaften als Kennzeichen verwendet, zusätzlich von den nationalen Gesellschaften der Komoren und Palästinas, deren Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist bzw. ruht.
Roter Löwe mit roter Sonne
Der Iran verwendete von 1924 bis 1980 einen roten Löwen mit roter Sonne in Anlehnung an die alte Flagge und das alte Wappen des Irans unter der Herrschaft des Schahs. Die formale Anerkennung als Schutzzeichen erfolgte 1929 gemeinsam mit dem Roten Halbmond durch die Überarbeitung der Genfer Konventionen. Trotz des Wechsels zum Roten Halbmond im Jahr 1980 behält sich der Iran weiterhin ausdrücklich das Recht zur Verwendung des Roten Löwen mit roter Sonne vor, der deshalb weiterhin den Status eines offiziell anerkannten Schutzzeichens besitzt.
Nicht anerkannte Kennzeichen
Roter Davidstern
Die nationale Gesellschaft Israels, Magen David Adom, verwendet, ohne Anerkennung als Schutzzeichen durch die Genfer Abkommen, einen roten Davidstern als Kennzeichen. Als Argument für die Nichtanerkennung wird oft genannt, man wollte die Einheitlichkeit und Symbolwirkung der anerkannten und damit allgemein bekannten Schutzzeichen nicht verwässern. Des Weiteren wird auf die ihrem Ursprung nach nicht-religiöse Bedeutung des Roten Kreuzes verwiesen. Kritiker der Nichtanerkennung halten dem entgegen, es sei auch der rote Halbmond anerkannt worden, und der Grund für die Nichtanerkennung liege eher am hohen Stimmenanteil islamischer und negativ gegenüber Israel eingestellter Staaten bei internationalen Organisationen. Magen David Adom hat aufgrund der Nichtanerkennung des Roten Davidsterns sowie der Weigerung, eines der anerkannten Symbole zu verwenden, derzeit nur Beobachter-Status innerhalb der Föderation, besitzt jedoch trotz der Nichtanerkennung als Vollmitglied ein hohes Ansehen innerhalb der Bewegung und ist im Rahmen der sich aus dieser Einschränkung ergebenden völkerrechtlichen Möglichkeiten in vielfältige internationale Aktivitäten eingebunden.
Geplant: Rote Raute
Ursprünglich war beabsichtigt, im Jahr 2000 ein weiteres Zeichen neben dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond einzuführen. Hintergrund war die Debatte um die Anerkennung der israelischen Gesellschaft Magen David Adom mit ihrem Roten Davidstern, insbesondere gefordert von Israel und den USA. Weitere Bestrebungen nach Einführung neuer Schutzzeichen bzw. gesonderter Regelungen waren frühere Anträge der nationalen Gesellschaften Sri Lankas (1957) und Indiens (1977) nach Verwendung einer roten Swastika (spiegelverkehrtes Hakenkreuz) sowie die derzeitigen Bestrebungen der nationalen Gesellschaften Kasachstans (derzeit unter dem Roten Halbmond aktiv) und Eritreas (derzeit unter dem Roten Kreuz aktiv, jedoch nur mit Beobachter-Status in der Föderation), eine Kombination aus Rotem Kreuz und Rotem Halbmond verwenden zu dürfen. Zur Anerkennung eines weiteren Schutzzeichens ist jedoch eine diplomatische Konferenz unter Teilnahme aller 189 Unterzeichnerstaaten der Genfer Abkommen notwendig.
Motto, Gedenktag und Sehenswürdigkeiten
Der ursprüngliche Wahlspruch des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz lautete Inter Arma Caritas - "Inmitten der Waffen Nächstenliebe". Diese christlich geprägte Formulierung wurde 1961 für die gesamte Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ergänzt um die neutrale Losung Per Humanitatem ad Pacem - "Durch Menschlichlichkeit zum Frieden".
Das aus den Erfahrungen der Neunziger Jahre hervorgegangene Mission Statement der von der Föderation beschlossenen "Strategie 2010" lautet: To improve lifes of vulnerable people by mobilizing the power of humanity - "Das Leben von Menschen in Not und sozial Schwachen durch die Kraft der Menschlichkeit verbessern". Von 1999 bis 2004 standen deshalb alle Aktivitäten der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung unter dem Slogan The power of Humanity - "Die Kraft der Menschlichkeit". Auf der 28. Internationalen Koferenz in Genf im Dezember 2003 wurde das Konferenzmotto Protecting human Dignity - "Schutz der Menschenwürde" zur neuen Losung für die Aktivitäten der Bewegung gewählt.
Auf der 16. Internationalen Rotkreuz-Konferenz in London im Jahr 1938 wurde beschlossen, den Geburtstag von Henry Dunant am 8. Mai alljährlich als Gedenk- und Feiertag der Internationalen Bewegung zu begehen. Seit 1984 trägt dieser Tag den Namen "Weltrotkreuz- und Rothalbmondtag".
In Solferino befindet sich neben einem kleinen Museum, welches sich hauptsächlich der Schlacht von Solferino und der Geschichte der Italienischen Befreiungskriege widmet, die Knochenkapelle Ossario di Solferino, in der die Schädel von 1.413 Gefallenen der Schlacht und Knochen von ca. 7.000 weiteren Opfern aufbewahrt sind, sowie das 1959 eingeweihte Denkmal des Roten Kreuzes. Im benachbarten Castiglione delle Stiviere wurde im gleichen Jahr das Internationale Museum des Roten Kreuzes eröffnet. Direkt neben dem Hauptsitz des IKRK in Genf ist das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum zu finden. Das Henry-Dunant-Museum in Heiden am Bodensee, welches sich mit dem Leben und Wirken von Henry Dunant beschäftigt, wurde in dem Spital eingerichtet, in welchem er die letzten 18 Jahre seines Lebens verbrachte.
Literatur
- Hans Haug, Hans-Peter Gasser, Francoise Perret, Jean-Pierre Robert-Tissot: Menschlichkeit für alle. Die Weltbewegung des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds. Haupt Verlag AG, Bern 1995, ISBN 3-25-805038-4
- Henry Dunant: Eine Erinnerung an Solferino. Eigenverlag des Österreichischen Roten Kreuzes, Wien 1997, ISBN 3-95-008010-4
- Roger Mayou (Hrsg.), Cornelia Kerkhoff (dt. Übers.): Internationales Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum. Eigenverlag des Museums, Genf 2000, ISBN 2-88-336009-X
- Hans M. Enzensberger: Krieger ohne Waffen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Eichborn Verlag, Frankfurt 2001, ISBN 3-82-184500-7
- Eveline Hasler: Der Zeitreisende. Die Visionen des Henry Dunant. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003, ISBN 3-42-313073-3
- Dietrich Schindler, Jirí Toman (Eds.): The laws of armed conflicts: a collection of conventions, resolutions, and other documents. Sijthoff & Noordhoff International Publishers, Alphen aan den Rijn 1984, ISBN 9-02-860199-6
- Georges Willemin, Roger Heacock: The International Committee of the Red Cross. Brill Academic Publishers Inc., Boston 1984, ISBN 9-02-473064-3
- Pierre Boissier: History of the International Committee of the Red Cross. Volume I: From Solferino to Tsushima. Henry Dunant Institute, Genf 1985, ISBN 2-88-044012-2
- André Durand: History of the International Committee of the Red Cross. Volume II: From Sarajevo to Hiroshima. Henry Dunant Institute, Genf 1984, ISBN 2-88-044009-2
- International Committee of the Red Cross: Handbook of the International Red Cross and Red Crescent Movement. 13th edition, ICRC, Genf 1994, ISBN 2-88-145074-1
- Caroline Moorehead: Dunant's dream: War, Switzerland and the history of the Red Cross. HarperCollins, London 1998, ISBN 0-00-255141-1
Weblinks
- International Red Cross and Red Crescent Movement (engl., frz., span.)
- International Committee of the Red Cross (ICRC) (engl., frz., span.)
- International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (IFRC) (engl., frz., span.)
- Internationales Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum in Genf, Schweiz
- Internationales Museum des Roten Kreuzes in Castiglione delle Stiviere, Italien
- Henry-Dunant-Museum in Heiden, Schweiz