Energieniveau

Ein Energieniveau eines Quantensystems (etwa eines Atoms, Moleküls oder Atomkerns) ist die Energie eines stationären oder metastabilen quantenmechanischen Zustands des Systems. Im Allgemeinen wird dieser Begriff nur für Zustände verwendet, deren Energien nicht kontinuierlich, sondern diskret verteilt sind, also mit gewissen Abständen aufeinander folgen. Eine Messung der Energie ergibt immer, dass das System eins dieser Energieniveaus besetzt, andere Werte sind ausgeschlossen. Das tiefste Energieniveau wird als Grundzustand bezeichnet, alle anderen Niveaus heißen angeregte Zustände. Von einem Energieniveau gelangt das System in ein anderes durch einen quantenmechanischen Übergang, früher als „Quantensprung“ bezeichnet.
Für die theoretische Betrachtung stellt man diese Zustände und ihre Energien als Eigenzustände bzw. Eigenwerte eines geeigneten Hamilton-Operators dar. Daraus können sich für ein bestimmtes Energieniveau weitere Eigenschaften ergeben, die auch experimentell überprüft werden können. Beispiele sind Drehimpuls, Parität, innerer Aufbau u.s.w. Gegebenenfalls werden sie durch eigene Quantenzahlen als charakteristische Kennzeichen des Energieniveaus zusammen mit der Energie angegeben. Als Eigenzustände des zugrundegelegten Hamiltonoperators sind die Energieniveaus vollkommen stabil. Spontane Änderungen wie zum Beispiel Übergänge, Zerfall oder Teilchenemission werden nur durch Erweiterung des Hamiltonoperators um zusätzliche Glieder erklärt, die oft als Wechselwirkung oder Störung bezeichnet werden. Dadurch erhält die vorher scharf definierte Energie eine bestimmte Unschärfe, die als Niveaubreite oder natürliche Linienbreite bezeichnet wird.
Gehören mehrere quantenmechanische Zustände zu einem Niveau, wird das Niveau als entartet bezeichnet. Beispielsweise gehören zu einem Niveau mit nicht-verschwindendem Drehimpuls alle „Unterniveaus“ mit verschiedenen Orientierungen des Drehimpulses, d. h. mit verschiedenen magnetische Quantenzahlen relativ zu einer festen Achse, wenn die Orientierung zu dieser Achse keinen Einfluss auf die Energie hat. Wenn so ein System ein magnetisches Moment besitzt, hebt ein zusätzliches Magnetfeld diese Entartung auf und das Niveau spaltet sich je nach magnetischer Quantenzahl in Unterniveaus auf (Zeeman-Effekt).
Übergänge zwischen Energieniveaus
Zu höherer Energie

Energieaufnahme in das System kann nur durch Wechsel in ein höheres Energieniveau oder in das Kontinuum erfolgen. Dies geschieht beispielsweise durch Absorption eines Photons oder durch unelastischen Stoß eines Teilchens wie beim Franck-Hertz-Versuch. Bei Übergängen zwischen diskreten Niveaus muss dabei der jeweils passende Energiebetrag zugeführt werden; der Vorgang heißt Anregung. Er führt zu diskreten Absorptionslinien im Spektrum.
Zu niedrigerer Energie
Der umgekehrte Übergang von einem höheren auf ein tieferes Niveau unter Abgabe eines Photons kann im Atom durch spontane oder von außen stimulierte Emission erfolgen.
Spontan
Der spontane Prozess wird Zerfall des angeregten Zustands oder spontane Emission genannt. Er ist ähnlich wie der radioaktive Zerfall durch eine Halbwertszeit charakterisiert. Die Energie der abgegebenen Photonen entspricht der Energiedifferenz zwischen den beiden beteiligten Energieniveaus. Dies bewirkt die diskreten Spektrallinien im Emissionsspektrum angeregter Atome und Moleküle.
Stimuliert
Ein Emissionsvorgang, der nicht spontan erfolgt, ist die Stimulierte Emission, die beim Laser ausgenutzt wird.
Allgemein
Mathematisch wird ein quantenmechanischer Übergang mit Hilfe des Übergangsdipolmoments berechnet, welche den zeitlichen und örtlichen Verlauf des quantenmechanisch superponierten Mischzustandes aus Grund- und angeregten Zustand beschreibt. Wegen der Auswahlregeln sind z. T. nicht alle Übergänge erlaubt.
Angeregte Zustände und Zerfall unter Emission elektromagnetischer Strahlung, d. h. Übergänge in Richtung höherer und in Richtung niedrigerer Energie, gibt es nicht nur bei Atomen, sondern auch bei Atomkernen. Bei diesen sind die Energiedifferenzen der Zustände deutlich höher. Hier entsteht durch spontane Emission daher die energiereiche Gammastrahlung.
Energieniveaus im Atom
Die Energieniveaus der Atome werden durch die Hauptquantenzahl beschrieben. Die Energie des Zustands mit der Quantenzahl in einem wasserstoffähnlichen Atom der Ordnungszahl ist näherungsweise
mit der Rydberg-Energie .
Dazu kommen noch Feinstruktur- und Hyperfeinstruktur-Korrekturen und der Lamb-Shift.
Literatur
- Paul A. Tipler, Gene Mosca: Physik: für Wissenschaftler und Ingenieure. Springer-Verlag, 2014, ISBN 978-3-642-54166-7 (google.de [abgerufen am 3. September 2020]).